Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 9 KA 187/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 55/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 05.12.2012 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die Zeit von April 2005 bis August 2006 Auskunft darüber zu erteilen, bei welchen ambulanten Operationen mit welcher Vergütung - einschließlich Angabe der betreffenden Gebührennummern nach dem EBM - die im N-krankenhaus T tätigen Anästhesisten mit den Ärzten Dres. Q, T und C kooperierten. Die Entscheidung über Kosten und Streitwert bleibt dem Endurteil vorbehalten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin im Wege der Stufenklage Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Krankenhausträgerin zustehen, weil diese in den Jahren 2005 und 2006 bei ihr angestellte Anästhesisten in rechtswidriger Weise mit Vertragsärzten ambulant hat operieren und abrechnen lassen.
Die Klägerin betrieb im strittigen Zeitraum eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis in T, der die Fachärzte für Anästhesiologie Dres. E und F angehörten. Ihrer Praxis war ein ambulantes Operationszentrum (AOZ) angegliedert, in dem ortsansässige Vertragsärzte unter Mitwirkung der Anästhesisten der Klägerin ambulant operierten. Die Beklagte führte am selben Ort das nach dem Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen zugelassene N-krankenhaus.
Anfang des Jahres 2005 teilte die Beklagte den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen- Lippe und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ihre Absicht mit, Operationen und stationsersetzende Eingriffe (im Folgenden zusammengefasst: ambulante Operationen) gemäß dem "Vertrag nach § 115b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus -" (AOP-Vertrag) durchzuführen bzw. daran mitzuwirken. In der Zeit von April 2005 bis August 2006 ließ die Beklagte ambulante Operationen in ihren OP-Sälen durch drei Vertragsärzte, die Gefäßchirurgen Dres. Q und T sowie den Neurochirurgen Dr. C unter Mitwirkung jeweils eines ihrer Anästhesisten durchführen. Die Beklagte rechnete anschließend die anästhesistischen Leistungen nach dem AOP-Vertrag gegenüber den beigeladenen Krankenkassen ab. Die Vertragsärzte erhielten die Vergütungen für ihre Leistungen von der beigeladenen KV Westfalen-Lippe.
Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten geltend, § 115b SGB V und der AOP-Vertrag erlaubten die ambulanten Operationen der Dres. Q, T und C mit (Anästhesie-) Ärzten des Krankenhauses nicht. Im März 2006 beantragte sie daher beim Sozialgericht (SG) Dortmund - S 9 KA 23/06 -, der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, anästhesiologische Leistungen selbst oder durch Ärzte des Krankenhauses außerhalb einer bestehenden Zulassung oder Ermächtigung zu erbringen oder erbringen zu lassen und diese gem. § 115b SGB V gegenüber den Krankenkassen abzurechnen oder kostenlos zu erbringen, soweit es sich nicht um Anästhesieleistungen für die am Krankenhaus tätigen Belegärzte im Rahmen einer durch Feststellungsbescheid zugelassenen Belegabteilung handelt. Das Verfahren endete infolge eines von der Beklagten am 17.08.2006 abgegebenen Anerkenntnisses.
Im November 2006 hat die Klägerin Stufenklage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte in der ersten Stufe zu verurteilen, Auskunft über die von ihr für die Dres. Q, T und C durchgeführten Anästhesieleistungen zu geben, die im Zusammenhang mit den von diesen gegenüber der KV abgerechneten operativen Leistungen stehen. Beruhend auf dieser Auskunft werde der geltend gemachte Schadensersatz auf der zweiten Stufe beziffert und sodann beantragt werden, die Beklagte zum Ersatz des durch ihr rechtswidriges Verhalten verursachten Schadens zu verurteilen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 09.09.2009 - S 9 KA 105/06 -). Der Klägerin stehe weder ein Auskunfts- noch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Mit der Bereitstellung anästhesiologischer Leistungen in ihren Räumlichkeiten für die Ärzte Dres. Q, T und C habe die Beklagte weder Rechte der Klägerin verletzt noch sei ein Schaden nachgewiesen. Es stehe nicht fest, dass die betreffenden Ärzte gerade die für die Klägerin tätigen Anästhesisten und deren AOZ herangezogen hätten, um die von ihnen benötigten anästhesiologischen Leistungen erbringen zu lassen, hätte die Beklagte nicht ihre OP-Säle samt ihrer Anästhesisten zur Verfügung gestellt.
Auf die vom SG zugelassene und von der Klägerin eingelegte Sprungrevision hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - den Rechtsstreit an das SG zurückverwiesen und ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs lägen mit Ausnahme des noch zu prüfenden Umstandes vor, ob und inwieweit ein Schaden verursacht worden sei. Die von der Klägerin beanstandete Handlungsweise der Beklagten verstoße gegen die Vorgaben des § 115b SGB V in Verbindung mit dem AOP-Vertrag. Der durch diese Normen gesetzte rechtliche Rahmen für ambulantes Operieren im Krankenhaus werde nur eingehalten, wenn eine der zwei erlaubten Kooperationsformen vorliege. Entweder müssten sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses oder der Operateur müsse ein am Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses sein. Kooperiere ein Krankenhaus hingegen - wie hier die Beklagte - mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passe, so stelle es sich außerhalb des Reglements des § 115 b SGB V und des AOP-Vertrags und habe dementsprechend auch keinen Honoraranspruch nach § 115b SGB V. Für eine derartige Kooperation - mit einer solchen Abrechnungsweise - sei auch keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich. Deshalb sei das Vorgehen der Beklagten rechtswidrig gewesen. Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten seien dabei die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden. Hiernach fordere die Klägerin zunächst Auskunft von der Beklagten darüber, wann die Ärzte Dres. Q, T und C welche ambulanten Operationen in Kooperation mit Anästhesisten des Krankenhauses erbrachten hätten. Nach Erhalt dieser Auskunft wolle sie den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch errechnen. Sei ein Auskunftsbegehren - wie hier - ein Hilfsanspruch für das Schadensersatzbegehren, so setze der Auskunftsanspruch voraus, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte rechtlich denkbar sei, es also nicht ausgeschlossen erscheine, dass die Klägerin durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitten habe. Somit werde das SG (nur noch) zu prüfen haben, ob die rechtswidrige Handlungsweise der Beklagten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Klägerin geschädigt habe.
Nach der Zurückverweisung an das SG hat die Klägerin vorgetragen: Gemäß der Entscheidung des BSG hänge der geltend gemachte Auskunftsanspruch davon ab, dass der zu beziffernde Schadensersatzanspruch "ernstlich in Betracht komme". Ein strenger Kausalzusammenhang müsse nicht nachgewiesen werden. Ausreichend sei festzustellen, dass die Dres. Q, T und C - das rechtswidrige Konkurrenzangebot der Beklagten ausgeblendet - "tendenziell" anästhesiologische Leistungen bei ihr in Auftrag gegeben hätten. Dies sei anzunehmen, weil diese Ärzte bis zur rechtswidrigen Handlung der Beklagten stets die Anästhesisten der Klägerin und deren AOZ für ihre ambulanten Operationen in Anspruch genommen hätten. Gegen eine Inanspruchnahme sprechende Misstimmigkeiten habe es nicht gegeben. Andere Anästhesiologen als diejenigen der Klägerin hätten im strittigen Zeitraum für die ambulante Operationen nicht zur Verfügung gestanden. Das zeige sich u.a. daran, dass die Beklagte nach erfolgter Abmahnung über ein Jahr benötigt habe, um Anästhesiologen zu finden, die diese Leistungen anbieten wollen und können. Dafür habe sie sogar auf Anästhesisten aus E und C zurückgreifen müssen, die hierfür über 100 km anreisen mussten. Im Frühjahr 2005 sei sie - die Klägerin - gezwungen gewesen, einen Ortswechsel des AOZ vorzubereiten. In den bisherigen Räumen "C" in T hätten die verschärften Anforderungen an Operationsräume nicht dauerhaft erfüllt werden können. Man habe dann einen Investor gefunden, der bereit gewesen sei, das neue AOZ zu bauen, allerdings auf einen langfristigen Mietvertrag über (die üblichen) 15 Jahre bestanden habe. Hierüber seien die im alten AOZ tätigen Operateure einschließlich der Dres. Q, T und C informiert worden. Ihnen seien Vertragsentwürfe für eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit im neuen AOZ übersandt worden, durch die sie sich verpflichten sollten, unter im Wesentlichen gleichgebliebenen (finanziellen) Konditionen für bestimmte Zeiträume bzw. jeweils für ein Jahr einen OP-Saal anzumieten. Auf dieses Angebot seien alle Operateure mit Ausnahme der Dres. Q, T und C eingegangen, die stattdessen das finanziell lukrativere aber rechtswidrige Angebot der Beklagten zur Operation im Krankenhaus mit den dort angestellten Anästhesisten angenommen hätten. Für die Beklagte habe sich hieraus u.a. der Vorteil ergeben, im Falle stationärer Einweisungen besonders berücksichtigt zu werden. Weiter habe die Beklagte in erheblichem Umfang durch die von ihr in unzulässiger Weise erbrachten anästhesiologischen Leistungen profitiert.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
1. in der ersten Stufe Auskunft über die von ihr für die Gefäßchirurgen Dres. Q, T und C durchgeführten Anästhesieleistungen zu erteilen, die im Zusammenhang mit den von diesen Gefäßchirurgen gegenüber der KV abgerechneten Leistungen stehen, und zwar unter Angabe der Gebührennummer nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab,
2. in der zweiten Stufe an die Klägerin den sich aufgrund der erteilten Auskunft zu errechnenden Schaden nebst Zinsen in Höhe von fünf Punkten über den Basissatz als Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihr Vorbringen aus dem Ausgangsverfahren wiederholt und vertieft.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das SG hat die Ärzte Dres. C und T als Zeugen einvernommen und anschließend die Klage bezüglich der begehrten Auskunft abgewiesen (Urteil vom 05.12.2012). Die Klage sei zulässig und im Umfang der Revisionsentscheidung vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Hinsichtlich des vom BSG in Anlehnung an die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) festgestellten rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten werde auf das Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - Bezug genommen. Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung seien dabei an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde lege. Nach Einvernahme der Zeugen Dr. T und Dr. C sei die Kammer insoweit zur Überzeugung gelangt, dass aus der rechtswidrigen Handlungsweise der Beklagten nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein Schaden bei der Klägerin resultiere. So habe der Zeuge Dr. T ausgeführt , dass die Klägerin damals ein neues AOZ gebaut habe. Dr. Q und er hätten einen Fünfzehnjahresvertrag mit der Klägerin eingehen müssen, um dort weiter operieren zu können. Dieses habe er natürlich nicht gewollt. Hätte man statt im neuen AOZ nicht bei der Beklagten operieren können, hätte er sich eine Alternative suchen müssen. Möglicherweise hätte man alternativ einen eigenen OP-Saal gebaut. Es hätte dann allerdings nahegelegen, die Anästhesieleistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Der Zeuge Dr. C habe bekundet, für ihn habe immer der Vorrang für Operationen im Krankenhaus bestanden, zum einen, weil er dort hundertprozentig hygienische Umstände vorgefunden habe, zum anderen, weil sich im postoperativen Verlauf bei Komplikationen die Notwendigkeit habe ergeben können, Patienten in den stationären Bereich zu überführen. Wenn er nicht im Krankenhaus hätte operieren können, dann hätte auch er sich eine andere Alternative gesucht. Dies könne er nicht näher präzisieren. Auf jeden Fall hätte er sich bei der Klägerin nicht für die avisierten 15 Jahre gebunden. Deshalb sei das neue AOZ nicht in Frage gekommen. Beide Zeugen hätten sich somit nicht an das neue AOZ binden wollen. Damit fehle die zur Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs notwendige Kausalität zwischen dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden und der rechtswidrigen Handlungsweise der Beklagten.
Dieses Urteil greift die Klägerin fristgerecht mit der Berufung an. Sie trägt vor: Zunächst sei die vom SG zutreffend zitierte Rechtsprechung des BSG und des Bundesgerichtshofs (BGH) zu beachten, nach der es eine Beweisaufnahme bei Konkurrenzsituationen wie der vorliegenden und darin involvierter Zeugen nicht zwingend bedürfe. Tatrichter könnten in solchen Fällen auf Basis ihrer Lebenserfahrung urteilen. Dabei bleibe zu berücksichtigen, dass das AOZ T im Jahre 1988 gegründet worden sei, um den Bedarf ambulant operierender Vertragsärzte aus T zu befriedigen, die allesamt über keinen Operationsraum verfügten, sich aber vom ambulante Operieren eine Verbesserung ihrer Honorarsituation versprochen hätten. 2004 sei dann allerdings der neue OP-Trakt des N-krankenhauses fertig gestellt geworden, und die Beklagte habe nach einer Verwendung für die alten OP-Räume gesucht. In der Folgezeit seien habe sie immer wieder Operateure des AOZ der Klägerin angesprochen worden, ob sie nicht lieber im Krankenhaus zu günstigeren finanziellen Bedingungen operieren wollten, u.a. auch die Ärzte Dres. Q, T und C. Diese hätten ihre ambulanten Operationen daraufhin Ende des Quartals I/2005 in die OP-Räume der Beklagten verlagert. Die Diskussion über eine 15-jährige Bindung für Operationen im neuen AOZ stelle in diesem Zusammenhang eine Scheinproblematik dar. Die neuen Räume seien erst im April 2006 fertiggestellt und Anfang Mai eröffnet worden. Bis zum Umzug hätten die Dres. Q, T und C somit ohne weiteres noch über ein Jahr zu den alten Bedingungen in den alten Räumen operieren können. Der dennoch Ende des Quartals I/2005 vorgenommene Wechsel habe jedenfalls für die Zeit bis zum Ende des Quartals II/2006 nichts mit der angeblichen 15-jährigen Vertragsbindung im neuen AOZ zu tun, sei vielmehr ausschließlich Folge der Fertigstellung des neuen OP-Traktes im N-krankenhaus und der anschließenden Suche der Beklagten nach einer neuen Verwendung für die alten OP-Räume gewesen. Konkrete Hygienemängel seien im (alten) AOZ nie aufgetreten oder auch nur moniert worden. Daher sei es wenig glaubhaft, wenn der Zeuge Dr. C angebe, aus hygienischen Gründen in die alten OP-Säle im N-hospital gewechselt zu sein. In finanzieller Hinsicht sei zu beachten, dass die Dres. Q, T und C bei der Beklagten geschätzt 30.000,00 EUR pro Jahr an Nutzungskosten gespart und die Möglichkeit bekommen hätten, auch noch die Aufwachziffer in Höhe von 71,00 EUR pro Operation abzurechnen. Die Ärzte seien auch nicht durch eine 15-jährige Vertragsbindung für Operationen im neuen AOZ von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit abgehalten worden. Eine solch lange Vertragsbindung habe nicht im Raume gestanden. Soweit der Zeuge Dr. T als Alternative angedacht habe, einen eigenen OP-Saal zu bauen, so hätte es nach seinen eigenen Angaben selbst für diesen Fall nahegelegen, die Anästhesieleistungen weiterhin von den Ärzten der Klägerin zu beziehen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 05.12.2012 zu verurteilen, ihr - der Klägerin - für die Zeit von April 2005 bis August 2006 Auskunft darüber zu erteilen, bei welchen ambulanten Operationen, mit welcher Vergütung - einschließlich Angaben der betreffenden Gebührennummern nach dem EBM - die im N-hospital T tätigen Anästhesisten mit den Ärzten Dres. Q, T und C kooperierten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Es sei weiterhin nicht nachgewiesen, dass sie die Klägerin geschädigt habe. Im Umkreis von 25 km um den Standort des von ihr betriebenen Krankenhauses seien im maßgeblichen Zeitraum 15 weitere Fachärzte für Anästhesiologie niedergelassen. Im Übrigen würden Anästhesisten auch deutlich außerhalb ihres eigentlichen Standortes tätig. Entsprechend habe sie - die Beklagte - anästhesiologische Kooperationspartner aus E bzw. C gefunden. Soweit die Klägerin den als Zeugen gehörten Dres. Q, T und C einen Vertragsentwurf übermittelt haben wolle, werde dies mit Nichtwissen bestritten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ergebe sich hieraus keine für eine weitere Zusammenarbeit sprechende Bindung der Zeugen an die Klägerin. Gegen eine weitere Zusammenarbeit sprächen vielmehr die Aussagen der Zeugen und der Umstand, dass man sich als Beklagte um andere Anästhesisten bemüht und diese auch gefunden habe, so dass seither weder die Räumlichkeiten noch die Dienste der Klägerin in Anspruch genommen werden mussten.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat als Zeugen vernommen: Dr. C am 08.04.2015, Dr. T am 05.08.2015 und Dr. Q am 04.11.2015. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Dass dies zunächst nur im Namen von Dr. E geschah und nicht für die klagende Gemeinschaftspraxis insgesamt, ist unschädlich. Insoweit lag eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, die durch die Berichtigung des Rubrums behoben worden ist (BGH, Beschluss vom 14.03.2003 - XII ZB 154/01 -).
II.
Über den von der Klägerin gestellten Auskunftsantrag ist durch Teilurteil zu entscheiden (BGH, Urteil vom 16.06.2010 - VIII ZR 62/09 -). Erst nach Rechtskraft des Teilurteils wird eine Verhandlung über den in der nächsten Stufe gestellten Antrag, gerichtet auf einen noch konkret zu beziffernden Schadensersatz, zulässig (BGH, Urteil vom 28.11.2001 - VIII ZR 37/01 - und 16.06.2010 - VIII ZR 62/09 -). Dieser zweite Teil der Stufenklage ist nicht an das SG zurück zu verweisen, da dies von keinem Beteiligten beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 Satz 1 SGG; Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012 , § 157 Rdn. 16)
III. 1. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr Auskunft darüber erteilt, bei welchen ambulanten Operationen mit welcher Vergütung - einschließlich Angabe der betreffenden Gebührennummer nach dem EBM - die am N-krankenhaus T tätigen Anästhesisten mit den Ärzten Dres. Q, T und C in der Zeit von April 2005 und August 2006 kooperierten. Hierbei handelt es sich um einen Hilfsanspruch, der der Klägerin ermöglichen soll, den ihr zumindest möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.).
a) Im Verhältnis zwischen den Beteiligten sind die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden. Ein Anspruch auf Schadensersatz bei wettbewerbswidrigem Verhalten folgt aus den §§ 2 und 3 i.V.m. § 4 Nr. 11 und den §§ 9 und 10 UWG (vgl. für die vorliegend betroffenen Jahre 2005 und 2006 die Fassung des UWG vom 03.07.2004, Bundesgesetzblatt I 1414). Diese Vorschriften regeln, dass ein Marktteilnehmer einem Konkurrenten jedenfalls dann Schadensersatz leisten muss, wenn er im geschäftlichen Verkehr gesetzlichen Vorschriften zuwiderhandelt, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (sogenannter Rechtsbruchtatbestand; BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.). Um solche Vorschriften handelt es sich bei § 115b SGB V i.V.m. dem AOP-Vertrag, gegen die die Beklagte verstoßen hat, indem sie den Ärzten Dres. Q, T und C ermöglichte, ambulante Operationen mit Anästhesisten des Krankenhauses durchzuführen. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des BSG vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - verwiesen.
b) Bestehen mithin hier anwendbare Regelungen über den Schadensersatzanspruch, ist zusätzlich erforderlich, dass ein solcher "ernstlich" in Betracht kommt. Insoweit muss es "möglich erscheinen, dass die Klägerin durch die Handlungsweise der Beklagten einen Schaden erlitt". (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R -). Nur dann ist ein Schadensersatzanspruch denkbar und kann auch der Hilfsanspruch der Klägerin gegeben sein, Auskunft darüber zu erhalten, bei welchen ambulanten Operationen - und mit welcher Vergütung - die Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten mit den Chirurgen Dres. Q, T und C kooperierten.
Zum Beweismaßstab hat das BSG (a.a.O.) ausgeführt:
"Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung sind - entsprechend der Fundierung des Schadensersatzanspruchs in Anlehnung an die Regelungen des UWG - an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde legt. Der BGH hat in einem Urteil vom 17.09.2009 - in einem Streit zwischen zwei laborärztlichen Gemeinschaftspraxen wegen unzulässiger Anlockhandlungen durch Angebote nicht kostendeckender Preise bei O I- und O II-Laborleistungen - herausgestellt, dass es keine Vermutung dafür gebe, dass die Anlockhandlung auch die angestrebte Anlockwirkung - mit Schädigung der Konkurrenten - entfalte; es gebe nicht einmal eine Vermutung dafür, dass Ärzte ihre O III-Laboraufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie die O I- und O II-Aufträge geben (BGH NJW-RR 2010, 1059, RdNr 14 = GesR 2010, 197, RdNr 14). Andererseits bedürfe es aber auch nicht des Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs. Ausreichend sei die Feststellung, dass die Ärzte tendenziell eher ihre O III-Aufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie auch die O I- und O II-Aufträge geben; dies könne vom Tatrichter aufgrund seiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des jeweiligen Falles entschieden werden (BGH a.a.O. RdNr 16, 21)."
Durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten ist der Klägerin zumindest "möglicherweise" bzw. "tendenziell" ein Schaden dadurch entstanden, dass die Beklagte die Ärzte Dres. Q, T und C mit den bei ihr angestellten Anästhesisten kooperieren ließ und somit die Zeugen die Anästhesieleistungen nicht von der Klägerin bezogen (dazu aa)). Ob ein weiterer Schadensersatzanspruch dadurch hinzutritt, dass die ambulanten Operationen statt im AOZ der Klägerin in den alten OP-Sälen der Beklagten stattfanden, kann offenbleiben (bb)). Der zumindest möglicherweise eingetretene Schaden umfasst den gesamten strittigen Zeitraum (cc)). Da die Klägerin den dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch nicht ohne weitere Informationen der Beklagten zum Umfang der rechtswidrigen Kooperation beziffern kann, steht ihr der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu (2).
aa) Der Klägerin ist (zumindest) "möglicherweise" ein Schaden entstanden, weil die von den Dres. Q, T und C - unterstellt die Beklagte hätte die rechtswidrige Zur-Verfügung-Stellung ihrer Anästhesisten unterlassen - für die strittigen ambulanten Operationen höchstwahrscheinlich auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen hätte nworden wäre. Das steht aufgrund der Gesamtumstände des Falls, insbesondere der Aussagen der Zeugen fest und entspricht auch der Lebenserfahrung der Richter des Senats. Die Zeugen haben "tendenziell" bereits deshalb auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen, weil sie mit ihnen zuvor jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet haben. Zudem hat keiner der Zeugen bekundet, dass es zu Misstimmigkeiten gekommen sei, die dagegen gesprochen hätten, die anästhesiologischen Leistungen weiter bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Gestritten worden sei zwar gelegentlich zwischen Dr. Q und Dr. E, dies allerdings ausschließlich über die Höhe der Beteiligung der Zeugen an den Kosten des AOZ und nicht über die Zusammenarbeit als solches.
Auf die Frage, was man getan hätte, wenn Operationen wenn Operationen in den OP-Sälen der Beklagten mit deren Anästhesisten nicht möglich gewesen wärennicht möglich gewesen wären, hat der Zeuge Dr. Q angegeben, darüber habe man nicht nachgedacht, als Alternative sei nur in Betracht gekommen, weiter im AOZ der Klägerin mit deren Anästhesisten zu operieren. Der Zeuge Dr. T hat ebenfalls bestätigt, dass es nahe gelegen hätte, weiterhin auf die Anästhesisten der Klägerin zurückzugreifen. Persönliche Vorbehalte habe er insoweit nicht gehabt. Schließlich hat auch der Zeuge Dr. C nicht ausgeschlossen, dass weiter auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen worden wäreworden wäre, wenn diejenigen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden hätten. Soweit er in diesem Zusammenhang ein Problem mit einer langfristigen (fünfzehn jährigen) Bindung im neuen AOZ sahsah, habe dies keine unmittelbare Auswirkung auf die Inanspruchnahme der Anästhesisten der Klägerin gehabt. So sei das neue AOZ erst im Mai 2006 eröffnet worden, in der Zeit davor hätte er also weiter im alten AOZ zusammen mit den Anästhesisten der Klägerin operieren können.
Gegen eine Inanspruchnahme anderer Anästhesisten durch die Ärzte Dres. Q, T und C in der Zeit von April 2005 bis August 2006 spricht im Übrigen: Bis heute konnten weder die Zeugen noch die Beklagte konkret Anästhesisten benennen, die zur Zusammenarbeit bei den ambulanten Operationen in den Jahren 2005 und 2006 zeitlich in der Lage und (inhaltlich) bereit gewesen wären. Daher ist ohne Relevanz, wie viele niedergelassene Anästhesisten in den Jahren 2005 und 2006 in T und Umgebung tätig waren. Allein ihr Vorhandensein macht die Fortsetzung der Zusammenarbeit der Zeugen mit den Anästhesisten der Klägerin nicht unwahrscheinlich(-er).
Wie schwierig das Auffinden "passender" Anästhesisten gewesen wäre, zeigt der Umstand, dass selbst die Beklagte trotz Vorhandenseins der notwendigen OP-Säle und Suchens in einem Umkreis von mehr als 100 km um T über ein Jahr an Zeit benötigt hat, solche Anästhesisten zu finden.
bb) Ob der Klägerin darüber hinaus "möglicherweise" ein Schaden dadurch entstanden ist, dass die ambulanten Operationen statt in ihrem AOZ in den OP-Sälen der Beklagten stattfanden, kann für die Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der strittigen Auskunft offenbleiben.
Allerdings spricht einiges dafür, dass die Dres Q, T und C zumindest für die Zeit bis zur Inbetriebnahme des neuen AOZ tendenziell auch insoweit auf die bisher von ihnen genutzten alten Räume des AOZ der Klägerin zurückgegriffen hätten. So haben sie dies Jahre lang getan , ohne sich nach Alternativen umzusehen, bevor die Beklagte ihre alten OP-Säle und Anästhesisten zu günstigeren Konditionen zur Verfügung gestellt hat. Gegen das grundsätzlich als Alternative in Betracht kommende Operieren der Zeugen mit Anästhesisten der Klägerin in OP-Sälen der Beklagten spricht, dass die Ärzte dieses Procedere ausdrücklich angeboten haben, die Beklagte es indes abgelehnt hat. Andere OP-Säle in T oder Umgebung, die für solche Operationen zur Verfügung gestanden hätten, konnten bis heute weder die Beteiligten noch die Zeugen benennen. Dr. Q hat die damalige Situation dahingehend zusammengefasst, dass man (ausschließlich) die Wahl zwischen den OP-Sälen der Klägerin und denen der Beklagten gehabt habe. Sein Praxispartner und Zeuge Dr. T hat diese Einschätzung grundsätzlich geteilt. Gegen die von ihm als Alternative gesehene Möglichkeit, einen eigenen OP-Saal zu bauen, sprechen die benötigte Zeit für Planung, Bau und Finanzierung eines solchen Projekts und die Aussage von Dr. Q, der eine finanzielle Beteiligung aufgrund seines bevorstehenden Ruhestands ausgeschlossen hat. Der Zeuge Dr. C hat allerdings angegeben, dass für ihn - neben hygienischen Gründen und der Nähe der der Krankenhaus-OP-Säle zu seiner Praxis - insbesondere der Umstand eine Rolle gespielt habe, dass er im Krankenhaus auch stationär operiert habe. Konkrete Hygienemängel seien am "alten" AOZ jedoch nicht aufgetreten.
Dies alles und die Frage, ob für die Zeit ab Mai 2006 und das neue AOZ etwas anderes gelten muss, weil alle Zeugen davon ausgegangen sind, die Klägerin werde auf einen langjährigen Mietvertrag bestehen, den sie nicht wollten, kann (noch) offenbleiben. Zumindest teilweise dürfte der Klägerin jedoch ein Schaden auch dadurch entstanden sein, dass Dres Q, T und C die OP-Säle wegen des rechtswidrigen Alternativangebots des Beklagten nicht genutzt haben.
cc) Der danach zumindest "mögliche" Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst die Zeit von April 2005 bis August 2006. In dieser Zeitspanne hätten die Zeugen - das rechtswidrige Verhalten der Beklagten weggedacht - "möglicherweise" bzw. "tendenziell" im AOZ der Klägerin mit deren Anästhesisten ambulant operiert. Das folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. So hat der Zeuge Dr. C ausgesagt, ab Februar 2005, u.U. auch etwas später, in Räumlichkeiten der Beklagten mit den dort angestellten Anästhesisten ambulant operiert zu haben. Der Zeuge Dr. T sprach davon , "wohl im Mai" 2005 in die OP-Säle der Beklagten gewechselt zu sein und der Zeuge Dr. Q konnte sich daran erinnern, dass dieser Wechsel im Jahr 2005 stattgefunden hat. Bezüglich des Endes des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten gilt: Erst mit Schriftsatz vom 17.08.2006 hat sie im einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem SG Dortmund - S 9 KA 23/06 ER - erklärt, dass nunmehr - statt bei ihr angestellter Anästhesisten - die Vertragsärzte Dr. O aus C und Dr. C aus E die Anästhesieleistungen im Rahmen des ambulanten Operierens erbringen. Erst seit Abgabe dieser Erklärung scheint ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nicht mehr ausreichend wahrscheinlich i.S.d. der Rechtsprechung des BSG. 2. Um den ihr ("möglicherweise" bzw. "tendenziell") entstandenen Schaden beziffern zu können, benötigt die Klägerin Angaben dazu, bei welchen Operationen mit welcher Vergütung bei der Beklagten angestellte Anästhesisten im vorgenannten Zeitraum an ambulanten Operationen der Zeugen mitgewirkt haben. Zur genauen Ermittlung des Schadens ist dabei auch die Angabe der betreffenden Gebührennummern nach dem EBM erforderlich und die Beklagte entsprechend zu verurteilen. Insoweit besteht ein den Schadensersatzanspruch unterstützender (Hilfs-) Anspruch der Klägerin auf Auskunft, der rechtlich auf § 242 Bürgerliches Gesetzbuch fußt (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R -).
IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten ( § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verbietet eine isolierte Kostenentscheidung (BSG, Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 48/12 R -). Auch die Festsetzung des Streitwerts erfolgt erst, wenn eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz ).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Klägerin im Wege der Stufenklage Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Krankenhausträgerin zustehen, weil diese in den Jahren 2005 und 2006 bei ihr angestellte Anästhesisten in rechtswidriger Weise mit Vertragsärzten ambulant hat operieren und abrechnen lassen.
Die Klägerin betrieb im strittigen Zeitraum eine vertragsärztliche Gemeinschaftspraxis in T, der die Fachärzte für Anästhesiologie Dres. E und F angehörten. Ihrer Praxis war ein ambulantes Operationszentrum (AOZ) angegliedert, in dem ortsansässige Vertragsärzte unter Mitwirkung der Anästhesisten der Klägerin ambulant operierten. Die Beklagte führte am selben Ort das nach dem Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen zugelassene N-krankenhaus.
Anfang des Jahres 2005 teilte die Beklagte den Landesverbänden der Krankenkassen, den Ersatzkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen- Lippe und der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen ihre Absicht mit, Operationen und stationsersetzende Eingriffe (im Folgenden zusammengefasst: ambulante Operationen) gemäß dem "Vertrag nach § 115b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) - Ambulantes Operieren und stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus -" (AOP-Vertrag) durchzuführen bzw. daran mitzuwirken. In der Zeit von April 2005 bis August 2006 ließ die Beklagte ambulante Operationen in ihren OP-Sälen durch drei Vertragsärzte, die Gefäßchirurgen Dres. Q und T sowie den Neurochirurgen Dr. C unter Mitwirkung jeweils eines ihrer Anästhesisten durchführen. Die Beklagte rechnete anschließend die anästhesistischen Leistungen nach dem AOP-Vertrag gegenüber den beigeladenen Krankenkassen ab. Die Vertragsärzte erhielten die Vergütungen für ihre Leistungen von der beigeladenen KV Westfalen-Lippe.
Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten geltend, § 115b SGB V und der AOP-Vertrag erlaubten die ambulanten Operationen der Dres. Q, T und C mit (Anästhesie-) Ärzten des Krankenhauses nicht. Im März 2006 beantragte sie daher beim Sozialgericht (SG) Dortmund - S 9 KA 23/06 -, der Beklagten im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, anästhesiologische Leistungen selbst oder durch Ärzte des Krankenhauses außerhalb einer bestehenden Zulassung oder Ermächtigung zu erbringen oder erbringen zu lassen und diese gem. § 115b SGB V gegenüber den Krankenkassen abzurechnen oder kostenlos zu erbringen, soweit es sich nicht um Anästhesieleistungen für die am Krankenhaus tätigen Belegärzte im Rahmen einer durch Feststellungsbescheid zugelassenen Belegabteilung handelt. Das Verfahren endete infolge eines von der Beklagten am 17.08.2006 abgegebenen Anerkenntnisses.
Im November 2006 hat die Klägerin Stufenklage mit dem Ziel erhoben, die Beklagte in der ersten Stufe zu verurteilen, Auskunft über die von ihr für die Dres. Q, T und C durchgeführten Anästhesieleistungen zu geben, die im Zusammenhang mit den von diesen gegenüber der KV abgerechneten operativen Leistungen stehen. Beruhend auf dieser Auskunft werde der geltend gemachte Schadensersatz auf der zweiten Stufe beziffert und sodann beantragt werden, die Beklagte zum Ersatz des durch ihr rechtswidriges Verhalten verursachten Schadens zu verurteilen.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 09.09.2009 - S 9 KA 105/06 -). Der Klägerin stehe weder ein Auskunfts- noch ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Mit der Bereitstellung anästhesiologischer Leistungen in ihren Räumlichkeiten für die Ärzte Dres. Q, T und C habe die Beklagte weder Rechte der Klägerin verletzt noch sei ein Schaden nachgewiesen. Es stehe nicht fest, dass die betreffenden Ärzte gerade die für die Klägerin tätigen Anästhesisten und deren AOZ herangezogen hätten, um die von ihnen benötigten anästhesiologischen Leistungen erbringen zu lassen, hätte die Beklagte nicht ihre OP-Säle samt ihrer Anästhesisten zur Verfügung gestellt.
Auf die vom SG zugelassene und von der Klägerin eingelegte Sprungrevision hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - den Rechtsstreit an das SG zurückverwiesen und ausgeführt: Die tatbestandlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs lägen mit Ausnahme des noch zu prüfenden Umstandes vor, ob und inwieweit ein Schaden verursacht worden sei. Die von der Klägerin beanstandete Handlungsweise der Beklagten verstoße gegen die Vorgaben des § 115b SGB V in Verbindung mit dem AOP-Vertrag. Der durch diese Normen gesetzte rechtliche Rahmen für ambulantes Operieren im Krankenhaus werde nur eingehalten, wenn eine der zwei erlaubten Kooperationsformen vorliege. Entweder müssten sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses oder der Operateur müsse ein am Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses sein. Kooperiere ein Krankenhaus hingegen - wie hier die Beklagte - mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passe, so stelle es sich außerhalb des Reglements des § 115 b SGB V und des AOP-Vertrags und habe dementsprechend auch keinen Honoraranspruch nach § 115b SGB V. Für eine derartige Kooperation - mit einer solchen Abrechnungsweise - sei auch keine andere Rechtsgrundlage ersichtlich. Deshalb sei das Vorgehen der Beklagten rechtswidrig gewesen. Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten seien dabei die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden. Hiernach fordere die Klägerin zunächst Auskunft von der Beklagten darüber, wann die Ärzte Dres. Q, T und C welche ambulanten Operationen in Kooperation mit Anästhesisten des Krankenhauses erbrachten hätten. Nach Erhalt dieser Auskunft wolle sie den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch errechnen. Sei ein Auskunftsbegehren - wie hier - ein Hilfsanspruch für das Schadensersatzbegehren, so setze der Auskunftsanspruch voraus, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte rechtlich denkbar sei, es also nicht ausgeschlossen erscheine, dass die Klägerin durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten einen Schaden erlitten habe. Somit werde das SG (nur noch) zu prüfen haben, ob die rechtswidrige Handlungsweise der Beklagten mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit die Klägerin geschädigt habe.
Nach der Zurückverweisung an das SG hat die Klägerin vorgetragen: Gemäß der Entscheidung des BSG hänge der geltend gemachte Auskunftsanspruch davon ab, dass der zu beziffernde Schadensersatzanspruch "ernstlich in Betracht komme". Ein strenger Kausalzusammenhang müsse nicht nachgewiesen werden. Ausreichend sei festzustellen, dass die Dres. Q, T und C - das rechtswidrige Konkurrenzangebot der Beklagten ausgeblendet - "tendenziell" anästhesiologische Leistungen bei ihr in Auftrag gegeben hätten. Dies sei anzunehmen, weil diese Ärzte bis zur rechtswidrigen Handlung der Beklagten stets die Anästhesisten der Klägerin und deren AOZ für ihre ambulanten Operationen in Anspruch genommen hätten. Gegen eine Inanspruchnahme sprechende Misstimmigkeiten habe es nicht gegeben. Andere Anästhesiologen als diejenigen der Klägerin hätten im strittigen Zeitraum für die ambulante Operationen nicht zur Verfügung gestanden. Das zeige sich u.a. daran, dass die Beklagte nach erfolgter Abmahnung über ein Jahr benötigt habe, um Anästhesiologen zu finden, die diese Leistungen anbieten wollen und können. Dafür habe sie sogar auf Anästhesisten aus E und C zurückgreifen müssen, die hierfür über 100 km anreisen mussten. Im Frühjahr 2005 sei sie - die Klägerin - gezwungen gewesen, einen Ortswechsel des AOZ vorzubereiten. In den bisherigen Räumen "C" in T hätten die verschärften Anforderungen an Operationsräume nicht dauerhaft erfüllt werden können. Man habe dann einen Investor gefunden, der bereit gewesen sei, das neue AOZ zu bauen, allerdings auf einen langfristigen Mietvertrag über (die üblichen) 15 Jahre bestanden habe. Hierüber seien die im alten AOZ tätigen Operateure einschließlich der Dres. Q, T und C informiert worden. Ihnen seien Vertragsentwürfe für eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit im neuen AOZ übersandt worden, durch die sie sich verpflichten sollten, unter im Wesentlichen gleichgebliebenen (finanziellen) Konditionen für bestimmte Zeiträume bzw. jeweils für ein Jahr einen OP-Saal anzumieten. Auf dieses Angebot seien alle Operateure mit Ausnahme der Dres. Q, T und C eingegangen, die stattdessen das finanziell lukrativere aber rechtswidrige Angebot der Beklagten zur Operation im Krankenhaus mit den dort angestellten Anästhesisten angenommen hätten. Für die Beklagte habe sich hieraus u.a. der Vorteil ergeben, im Falle stationärer Einweisungen besonders berücksichtigt zu werden. Weiter habe die Beklagte in erheblichem Umfang durch die von ihr in unzulässiger Weise erbrachten anästhesiologischen Leistungen profitiert.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen,
1. in der ersten Stufe Auskunft über die von ihr für die Gefäßchirurgen Dres. Q, T und C durchgeführten Anästhesieleistungen zu erteilen, die im Zusammenhang mit den von diesen Gefäßchirurgen gegenüber der KV abgerechneten Leistungen stehen, und zwar unter Angabe der Gebührennummer nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab,
2. in der zweiten Stufe an die Klägerin den sich aufgrund der erteilten Auskunft zu errechnenden Schaden nebst Zinsen in Höhe von fünf Punkten über den Basissatz als Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihr Vorbringen aus dem Ausgangsverfahren wiederholt und vertieft.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das SG hat die Ärzte Dres. C und T als Zeugen einvernommen und anschließend die Klage bezüglich der begehrten Auskunft abgewiesen (Urteil vom 05.12.2012). Die Klage sei zulässig und im Umfang der Revisionsentscheidung vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - begründet, im Übrigen jedoch unbegründet. Hinsichtlich des vom BSG in Anlehnung an die Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) festgestellten rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten werde auf das Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - Bezug genommen. Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung seien dabei an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde lege. Nach Einvernahme der Zeugen Dr. T und Dr. C sei die Kammer insoweit zur Überzeugung gelangt, dass aus der rechtswidrigen Handlungsweise der Beklagten nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ein Schaden bei der Klägerin resultiere. So habe der Zeuge Dr. T ausgeführt , dass die Klägerin damals ein neues AOZ gebaut habe. Dr. Q und er hätten einen Fünfzehnjahresvertrag mit der Klägerin eingehen müssen, um dort weiter operieren zu können. Dieses habe er natürlich nicht gewollt. Hätte man statt im neuen AOZ nicht bei der Beklagten operieren können, hätte er sich eine Alternative suchen müssen. Möglicherweise hätte man alternativ einen eigenen OP-Saal gebaut. Es hätte dann allerdings nahegelegen, die Anästhesieleistungen der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Der Zeuge Dr. C habe bekundet, für ihn habe immer der Vorrang für Operationen im Krankenhaus bestanden, zum einen, weil er dort hundertprozentig hygienische Umstände vorgefunden habe, zum anderen, weil sich im postoperativen Verlauf bei Komplikationen die Notwendigkeit habe ergeben können, Patienten in den stationären Bereich zu überführen. Wenn er nicht im Krankenhaus hätte operieren können, dann hätte auch er sich eine andere Alternative gesucht. Dies könne er nicht näher präzisieren. Auf jeden Fall hätte er sich bei der Klägerin nicht für die avisierten 15 Jahre gebunden. Deshalb sei das neue AOZ nicht in Frage gekommen. Beide Zeugen hätten sich somit nicht an das neue AOZ binden wollen. Damit fehle die zur Anerkennung eines Schadensersatzanspruchs notwendige Kausalität zwischen dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden und der rechtswidrigen Handlungsweise der Beklagten.
Dieses Urteil greift die Klägerin fristgerecht mit der Berufung an. Sie trägt vor: Zunächst sei die vom SG zutreffend zitierte Rechtsprechung des BSG und des Bundesgerichtshofs (BGH) zu beachten, nach der es eine Beweisaufnahme bei Konkurrenzsituationen wie der vorliegenden und darin involvierter Zeugen nicht zwingend bedürfe. Tatrichter könnten in solchen Fällen auf Basis ihrer Lebenserfahrung urteilen. Dabei bleibe zu berücksichtigen, dass das AOZ T im Jahre 1988 gegründet worden sei, um den Bedarf ambulant operierender Vertragsärzte aus T zu befriedigen, die allesamt über keinen Operationsraum verfügten, sich aber vom ambulante Operieren eine Verbesserung ihrer Honorarsituation versprochen hätten. 2004 sei dann allerdings der neue OP-Trakt des N-krankenhauses fertig gestellt geworden, und die Beklagte habe nach einer Verwendung für die alten OP-Räume gesucht. In der Folgezeit seien habe sie immer wieder Operateure des AOZ der Klägerin angesprochen worden, ob sie nicht lieber im Krankenhaus zu günstigeren finanziellen Bedingungen operieren wollten, u.a. auch die Ärzte Dres. Q, T und C. Diese hätten ihre ambulanten Operationen daraufhin Ende des Quartals I/2005 in die OP-Räume der Beklagten verlagert. Die Diskussion über eine 15-jährige Bindung für Operationen im neuen AOZ stelle in diesem Zusammenhang eine Scheinproblematik dar. Die neuen Räume seien erst im April 2006 fertiggestellt und Anfang Mai eröffnet worden. Bis zum Umzug hätten die Dres. Q, T und C somit ohne weiteres noch über ein Jahr zu den alten Bedingungen in den alten Räumen operieren können. Der dennoch Ende des Quartals I/2005 vorgenommene Wechsel habe jedenfalls für die Zeit bis zum Ende des Quartals II/2006 nichts mit der angeblichen 15-jährigen Vertragsbindung im neuen AOZ zu tun, sei vielmehr ausschließlich Folge der Fertigstellung des neuen OP-Traktes im N-krankenhaus und der anschließenden Suche der Beklagten nach einer neuen Verwendung für die alten OP-Räume gewesen. Konkrete Hygienemängel seien im (alten) AOZ nie aufgetreten oder auch nur moniert worden. Daher sei es wenig glaubhaft, wenn der Zeuge Dr. C angebe, aus hygienischen Gründen in die alten OP-Säle im N-hospital gewechselt zu sein. In finanzieller Hinsicht sei zu beachten, dass die Dres. Q, T und C bei der Beklagten geschätzt 30.000,00 EUR pro Jahr an Nutzungskosten gespart und die Möglichkeit bekommen hätten, auch noch die Aufwachziffer in Höhe von 71,00 EUR pro Operation abzurechnen. Die Ärzte seien auch nicht durch eine 15-jährige Vertragsbindung für Operationen im neuen AOZ von einer Fortsetzung der Zusammenarbeit abgehalten worden. Eine solch lange Vertragsbindung habe nicht im Raume gestanden. Soweit der Zeuge Dr. T als Alternative angedacht habe, einen eigenen OP-Saal zu bauen, so hätte es nach seinen eigenen Angaben selbst für diesen Fall nahegelegen, die Anästhesieleistungen weiterhin von den Ärzten der Klägerin zu beziehen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Dortmund vom 05.12.2012 zu verurteilen, ihr - der Klägerin - für die Zeit von April 2005 bis August 2006 Auskunft darüber zu erteilen, bei welchen ambulanten Operationen, mit welcher Vergütung - einschließlich Angaben der betreffenden Gebührennummern nach dem EBM - die im N-hospital T tätigen Anästhesisten mit den Ärzten Dres. Q, T und C kooperierten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor: Es sei weiterhin nicht nachgewiesen, dass sie die Klägerin geschädigt habe. Im Umkreis von 25 km um den Standort des von ihr betriebenen Krankenhauses seien im maßgeblichen Zeitraum 15 weitere Fachärzte für Anästhesiologie niedergelassen. Im Übrigen würden Anästhesisten auch deutlich außerhalb ihres eigentlichen Standortes tätig. Entsprechend habe sie - die Beklagte - anästhesiologische Kooperationspartner aus E bzw. C gefunden. Soweit die Klägerin den als Zeugen gehörten Dres. Q, T und C einen Vertragsentwurf übermittelt haben wolle, werde dies mit Nichtwissen bestritten. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ergebe sich hieraus keine für eine weitere Zusammenarbeit sprechende Bindung der Zeugen an die Klägerin. Gegen eine weitere Zusammenarbeit sprächen vielmehr die Aussagen der Zeugen und der Umstand, dass man sich als Beklagte um andere Anästhesisten bemüht und diese auch gefunden habe, so dass seither weder die Räumlichkeiten noch die Dienste der Klägerin in Anspruch genommen werden mussten.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat als Zeugen vernommen: Dr. C am 08.04.2015, Dr. T am 05.08.2015 und Dr. Q am 04.11.2015. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Dass dies zunächst nur im Namen von Dr. E geschah und nicht für die klagende Gemeinschaftspraxis insgesamt, ist unschädlich. Insoweit lag eine offensichtliche Unrichtigkeit vor, die durch die Berichtigung des Rubrums behoben worden ist (BGH, Beschluss vom 14.03.2003 - XII ZB 154/01 -).
II.
Über den von der Klägerin gestellten Auskunftsantrag ist durch Teilurteil zu entscheiden (BGH, Urteil vom 16.06.2010 - VIII ZR 62/09 -). Erst nach Rechtskraft des Teilurteils wird eine Verhandlung über den in der nächsten Stufe gestellten Antrag, gerichtet auf einen noch konkret zu beziffernden Schadensersatz, zulässig (BGH, Urteil vom 28.11.2001 - VIII ZR 37/01 - und 16.06.2010 - VIII ZR 62/09 -). Dieser zweite Teil der Stufenklage ist nicht an das SG zurück zu verweisen, da dies von keinem Beteiligten beantragt worden ist (§ 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 Satz 1 SGG; Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012 , § 157 Rdn. 16)
III. 1. Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr Auskunft darüber erteilt, bei welchen ambulanten Operationen mit welcher Vergütung - einschließlich Angabe der betreffenden Gebührennummer nach dem EBM - die am N-krankenhaus T tätigen Anästhesisten mit den Ärzten Dres. Q, T und C in der Zeit von April 2005 und August 2006 kooperierten. Hierbei handelt es sich um einen Hilfsanspruch, der der Klägerin ermöglichen soll, den ihr zumindest möglicherweise zustehenden Schadensersatzanspruch zu beziffern (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.).
a) Im Verhältnis zwischen den Beteiligten sind die allgemeinen Regelungen des Wettbewerbsrechts über Auskunfts- und Schadensersatzansprüche anzuwenden. Ein Anspruch auf Schadensersatz bei wettbewerbswidrigem Verhalten folgt aus den §§ 2 und 3 i.V.m. § 4 Nr. 11 und den §§ 9 und 10 UWG (vgl. für die vorliegend betroffenen Jahre 2005 und 2006 die Fassung des UWG vom 03.07.2004, Bundesgesetzblatt I 1414). Diese Vorschriften regeln, dass ein Marktteilnehmer einem Konkurrenten jedenfalls dann Schadensersatz leisten muss, wenn er im geschäftlichen Verkehr gesetzlichen Vorschriften zuwiderhandelt, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (sogenannter Rechtsbruchtatbestand; BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.). Um solche Vorschriften handelt es sich bei § 115b SGB V i.V.m. dem AOP-Vertrag, gegen die die Beklagte verstoßen hat, indem sie den Ärzten Dres. Q, T und C ermöglichte, ambulante Operationen mit Anästhesisten des Krankenhauses durchzuführen. Wegen der Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des BSG vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - verwiesen.
b) Bestehen mithin hier anwendbare Regelungen über den Schadensersatzanspruch, ist zusätzlich erforderlich, dass ein solcher "ernstlich" in Betracht kommt. Insoweit muss es "möglich erscheinen, dass die Klägerin durch die Handlungsweise der Beklagten einen Schaden erlitt". (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R -). Nur dann ist ein Schadensersatzanspruch denkbar und kann auch der Hilfsanspruch der Klägerin gegeben sein, Auskunft darüber zu erhalten, bei welchen ambulanten Operationen - und mit welcher Vergütung - die Anästhesisten des Krankenhauses der Beklagten mit den Chirurgen Dres. Q, T und C kooperierten.
Zum Beweismaßstab hat das BSG (a.a.O.) ausgeführt:
"Die Anforderungen an die Darlegungen zur konkreten Schadensverursachung sind - entsprechend der Fundierung des Schadensersatzanspruchs in Anlehnung an die Regelungen des UWG - an den Maßstäben auszurichten, die die Rechtsprechung auch sonst bei Schadensersatzbegehren nach dem UWG zugrunde legt. Der BGH hat in einem Urteil vom 17.09.2009 - in einem Streit zwischen zwei laborärztlichen Gemeinschaftspraxen wegen unzulässiger Anlockhandlungen durch Angebote nicht kostendeckender Preise bei O I- und O II-Laborleistungen - herausgestellt, dass es keine Vermutung dafür gebe, dass die Anlockhandlung auch die angestrebte Anlockwirkung - mit Schädigung der Konkurrenten - entfalte; es gebe nicht einmal eine Vermutung dafür, dass Ärzte ihre O III-Laboraufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie die O I- und O II-Aufträge geben (BGH NJW-RR 2010, 1059, RdNr 14 = GesR 2010, 197, RdNr 14). Andererseits bedürfe es aber auch nicht des Nachweises eines strengen Kausalzusammenhangs. Ausreichend sei die Feststellung, dass die Ärzte tendenziell eher ihre O III-Aufträge denselben Laborärzten gäben, denen sie auch die O I- und O II-Aufträge geben; dies könne vom Tatrichter aufgrund seiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des jeweiligen Falles entschieden werden (BGH a.a.O. RdNr 16, 21)."
Durch das rechtswidrige Verhalten der Beklagten ist der Klägerin zumindest "möglicherweise" bzw. "tendenziell" ein Schaden dadurch entstanden, dass die Beklagte die Ärzte Dres. Q, T und C mit den bei ihr angestellten Anästhesisten kooperieren ließ und somit die Zeugen die Anästhesieleistungen nicht von der Klägerin bezogen (dazu aa)). Ob ein weiterer Schadensersatzanspruch dadurch hinzutritt, dass die ambulanten Operationen statt im AOZ der Klägerin in den alten OP-Sälen der Beklagten stattfanden, kann offenbleiben (bb)). Der zumindest möglicherweise eingetretene Schaden umfasst den gesamten strittigen Zeitraum (cc)). Da die Klägerin den dem Grunde nach bestehende Schadensersatzanspruch nicht ohne weitere Informationen der Beklagten zum Umfang der rechtswidrigen Kooperation beziffern kann, steht ihr der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu (2).
aa) Der Klägerin ist (zumindest) "möglicherweise" ein Schaden entstanden, weil die von den Dres. Q, T und C - unterstellt die Beklagte hätte die rechtswidrige Zur-Verfügung-Stellung ihrer Anästhesisten unterlassen - für die strittigen ambulanten Operationen höchstwahrscheinlich auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen hätte nworden wäre. Das steht aufgrund der Gesamtumstände des Falls, insbesondere der Aussagen der Zeugen fest und entspricht auch der Lebenserfahrung der Richter des Senats. Die Zeugen haben "tendenziell" bereits deshalb auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen, weil sie mit ihnen zuvor jahrelang erfolgreich zusammengearbeitet haben. Zudem hat keiner der Zeugen bekundet, dass es zu Misstimmigkeiten gekommen sei, die dagegen gesprochen hätten, die anästhesiologischen Leistungen weiter bei der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Gestritten worden sei zwar gelegentlich zwischen Dr. Q und Dr. E, dies allerdings ausschließlich über die Höhe der Beteiligung der Zeugen an den Kosten des AOZ und nicht über die Zusammenarbeit als solches.
Auf die Frage, was man getan hätte, wenn Operationen wenn Operationen in den OP-Sälen der Beklagten mit deren Anästhesisten nicht möglich gewesen wärennicht möglich gewesen wären, hat der Zeuge Dr. Q angegeben, darüber habe man nicht nachgedacht, als Alternative sei nur in Betracht gekommen, weiter im AOZ der Klägerin mit deren Anästhesisten zu operieren. Der Zeuge Dr. T hat ebenfalls bestätigt, dass es nahe gelegen hätte, weiterhin auf die Anästhesisten der Klägerin zurückzugreifen. Persönliche Vorbehalte habe er insoweit nicht gehabt. Schließlich hat auch der Zeuge Dr. C nicht ausgeschlossen, dass weiter auf die Anästhesisten der Klägerin zurückgegriffen worden wäreworden wäre, wenn diejenigen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden hätten. Soweit er in diesem Zusammenhang ein Problem mit einer langfristigen (fünfzehn jährigen) Bindung im neuen AOZ sahsah, habe dies keine unmittelbare Auswirkung auf die Inanspruchnahme der Anästhesisten der Klägerin gehabt. So sei das neue AOZ erst im Mai 2006 eröffnet worden, in der Zeit davor hätte er also weiter im alten AOZ zusammen mit den Anästhesisten der Klägerin operieren können.
Gegen eine Inanspruchnahme anderer Anästhesisten durch die Ärzte Dres. Q, T und C in der Zeit von April 2005 bis August 2006 spricht im Übrigen: Bis heute konnten weder die Zeugen noch die Beklagte konkret Anästhesisten benennen, die zur Zusammenarbeit bei den ambulanten Operationen in den Jahren 2005 und 2006 zeitlich in der Lage und (inhaltlich) bereit gewesen wären. Daher ist ohne Relevanz, wie viele niedergelassene Anästhesisten in den Jahren 2005 und 2006 in T und Umgebung tätig waren. Allein ihr Vorhandensein macht die Fortsetzung der Zusammenarbeit der Zeugen mit den Anästhesisten der Klägerin nicht unwahrscheinlich(-er).
Wie schwierig das Auffinden "passender" Anästhesisten gewesen wäre, zeigt der Umstand, dass selbst die Beklagte trotz Vorhandenseins der notwendigen OP-Säle und Suchens in einem Umkreis von mehr als 100 km um T über ein Jahr an Zeit benötigt hat, solche Anästhesisten zu finden.
bb) Ob der Klägerin darüber hinaus "möglicherweise" ein Schaden dadurch entstanden ist, dass die ambulanten Operationen statt in ihrem AOZ in den OP-Sälen der Beklagten stattfanden, kann für die Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der strittigen Auskunft offenbleiben.
Allerdings spricht einiges dafür, dass die Dres Q, T und C zumindest für die Zeit bis zur Inbetriebnahme des neuen AOZ tendenziell auch insoweit auf die bisher von ihnen genutzten alten Räume des AOZ der Klägerin zurückgegriffen hätten. So haben sie dies Jahre lang getan , ohne sich nach Alternativen umzusehen, bevor die Beklagte ihre alten OP-Säle und Anästhesisten zu günstigeren Konditionen zur Verfügung gestellt hat. Gegen das grundsätzlich als Alternative in Betracht kommende Operieren der Zeugen mit Anästhesisten der Klägerin in OP-Sälen der Beklagten spricht, dass die Ärzte dieses Procedere ausdrücklich angeboten haben, die Beklagte es indes abgelehnt hat. Andere OP-Säle in T oder Umgebung, die für solche Operationen zur Verfügung gestanden hätten, konnten bis heute weder die Beteiligten noch die Zeugen benennen. Dr. Q hat die damalige Situation dahingehend zusammengefasst, dass man (ausschließlich) die Wahl zwischen den OP-Sälen der Klägerin und denen der Beklagten gehabt habe. Sein Praxispartner und Zeuge Dr. T hat diese Einschätzung grundsätzlich geteilt. Gegen die von ihm als Alternative gesehene Möglichkeit, einen eigenen OP-Saal zu bauen, sprechen die benötigte Zeit für Planung, Bau und Finanzierung eines solchen Projekts und die Aussage von Dr. Q, der eine finanzielle Beteiligung aufgrund seines bevorstehenden Ruhestands ausgeschlossen hat. Der Zeuge Dr. C hat allerdings angegeben, dass für ihn - neben hygienischen Gründen und der Nähe der der Krankenhaus-OP-Säle zu seiner Praxis - insbesondere der Umstand eine Rolle gespielt habe, dass er im Krankenhaus auch stationär operiert habe. Konkrete Hygienemängel seien am "alten" AOZ jedoch nicht aufgetreten.
Dies alles und die Frage, ob für die Zeit ab Mai 2006 und das neue AOZ etwas anderes gelten muss, weil alle Zeugen davon ausgegangen sind, die Klägerin werde auf einen langjährigen Mietvertrag bestehen, den sie nicht wollten, kann (noch) offenbleiben. Zumindest teilweise dürfte der Klägerin jedoch ein Schaden auch dadurch entstanden sein, dass Dres Q, T und C die OP-Säle wegen des rechtswidrigen Alternativangebots des Beklagten nicht genutzt haben.
cc) Der danach zumindest "mögliche" Schadensersatzanspruch der Klägerin umfasst die Zeit von April 2005 bis August 2006. In dieser Zeitspanne hätten die Zeugen - das rechtswidrige Verhalten der Beklagten weggedacht - "möglicherweise" bzw. "tendenziell" im AOZ der Klägerin mit deren Anästhesisten ambulant operiert. Das folgt aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. So hat der Zeuge Dr. C ausgesagt, ab Februar 2005, u.U. auch etwas später, in Räumlichkeiten der Beklagten mit den dort angestellten Anästhesisten ambulant operiert zu haben. Der Zeuge Dr. T sprach davon , "wohl im Mai" 2005 in die OP-Säle der Beklagten gewechselt zu sein und der Zeuge Dr. Q konnte sich daran erinnern, dass dieser Wechsel im Jahr 2005 stattgefunden hat. Bezüglich des Endes des wettbewerbswidrigen Verhaltens der Beklagten gilt: Erst mit Schriftsatz vom 17.08.2006 hat sie im einstweiligen Anordnungsverfahren vor dem SG Dortmund - S 9 KA 23/06 ER - erklärt, dass nunmehr - statt bei ihr angestellter Anästhesisten - die Vertragsärzte Dr. O aus C und Dr. C aus E die Anästhesieleistungen im Rahmen des ambulanten Operierens erbringen. Erst seit Abgabe dieser Erklärung scheint ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz nicht mehr ausreichend wahrscheinlich i.S.d. der Rechtsprechung des BSG. 2. Um den ihr ("möglicherweise" bzw. "tendenziell") entstandenen Schaden beziffern zu können, benötigt die Klägerin Angaben dazu, bei welchen Operationen mit welcher Vergütung bei der Beklagten angestellte Anästhesisten im vorgenannten Zeitraum an ambulanten Operationen der Zeugen mitgewirkt haben. Zur genauen Ermittlung des Schadens ist dabei auch die Angabe der betreffenden Gebührennummern nach dem EBM erforderlich und die Beklagte entsprechend zu verurteilen. Insoweit besteht ein den Schadensersatzanspruch unterstützender (Hilfs-) Anspruch der Klägerin auf Auskunft, der rechtlich auf § 242 Bürgerliches Gesetzbuch fußt (BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R -).
IV. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten ( § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 161 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Der Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung verbietet eine isolierte Kostenentscheidung (BSG, Urteil vom 01.07.2014 - B 1 KR 48/12 R -). Auch die Festsetzung des Streitwerts erfolgt erst, wenn eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz ).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
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