L 9 SO 424/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 11 SO 92/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 9 SO 424/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die erstmalige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Vorverfahren kann nicht zu einer hälftigen Kürzung der Geschäftsgebühr in Anwendung von Nr. 2302 VV RVG führen, wenn der Rechtsanwalt ausschließlich als gesetzlicher Betreuer im Verwaltungsausgangsverfahren tätig gewesen ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.07.2016 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere 178,50 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht eine höhere Erstattung von Kosten für ihr Tätigwerden im Widerspruchsverfahren nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X).

Die Klägerin ist Rechtsanwältin und mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) P vom 17.09.2013 zur vorläufigen gesetzlichen Betreuerin für Frau M bestellt worden, die zunächst in P lebte. Frau M zog am 22.09.2013 in das Frauenhaus der Arbeiterwohlfahrt in C ein, woraufhin die Klägerin am 24.09.2013 die Übernahme der hierdurch entstehenden Kosten bei der Beklagten beantragte. In diesem Schreiben wies die Klägerin darauf hin, dass sie durch das AG P zur gesetzlichen Betreuerin für Frau M u.a. mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung von Vermögensangelegenheiten und Behördenangelegenheiten bestellt worden sei. Ferner reichte sie die Bestellungsurkunde ein.

Die Beklagte übernahm mit Bescheid vom 11.12.2013 zwar die Kosten für die Unterbringung im Frauenhaus, nicht jedoch die Kosten für die bisherige Wohnung in P.

Die Klägerin legte hiergegen mit Schreiben vom 16.12.2013 auch in ihrer Eigenschaft als Rechtsanwältin Widerspruch ein. Diesen begründete sie damit, dass auch die Unterkunftskosten für die Wohnung in P zu übernehmen seien. Frau M habe ihre Wohnung nur vorübergehend verlassen und sei nach einiger Zeit wieder dorthin zurückgekehrt. Die Überschneidungskosten seien unvermeidbar gewesen, so dass ausnahmsweise doppelte Unterkunftskosten zu übernehmen seien.

Die Beklagte half dem Widerspruch der Frau M mit Bescheid vom 08.01.2014 dergestalt ab, dass sie für den Monat Oktober 2013 auch die Miete für die Wohnung in P übernahm.

Die Klägerin reichte am 03.02.2014 ihre Kostenrechnung für das o.a. Widerspruchsverfahren bei der Beklagten ein und beantragte Kostenerstattung in Höhe von insgesamt 309,40 EUR. Dabei machte sie eine Geschäftsgebühr in Höhe von 240,00 EUR geltend. Zuvor ließ sie sich den Kostenfestsetzungsanspruch von Frau M mündlich abtreten.

Die Beklagte setzte die Kosten für das Widerspruchsverfahren mit Bescheid vom 27.02.2014 auf insgesamt 202,30 EUR fest. Dabei ging sie von einer Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR aus. Darauf sei nach der Vorbemerkung 2.3 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG (VV RVG) die aufgrund der vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen. Es verbleibe daher für das Widerspruchsverfahren noch eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG in Höhe von 150,00 EUR; zuzüglich der Nebenkosten (Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR und 19% MwSt.: 32,30 EUR) ergebe sich der festgesetzte Gesamtbetrag von 202,30 EUR.

Die Klägerin legte hiergegen am 25.03.2014 Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass sie im Rahmen der Antragstellung als Betreuerin für Frau M tätig geworden sei. Erst im nachfolgenden Widerspruchsverfahren sei sie erstmalig anwaltlich tätig geworden. Es sei daher für das Antragsverfahren keine Geschäftsgebühr nach dem RVG entstanden, die auf die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren angerechnet werden könne. Sie bitte daher um Überweisung des fehlenden Betrages von 150,00 EUR zzgl. 19% Mehrwertsteuer i.H.v. 28,50 EUR, also insgesamt 178,50 EUR.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin aufgrund ihrer Tätigkeit als Betreuerin bereits vor der Widerspruchserhebung mit dem Sachverhalt vertraut gewesen sei. Diese Vertrautheit mit dem Sachverhalt habe ihr die Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens erleichtert, so dass hier eine Anrechnung der Geschäftsgebühr gerechtfertigt sei.

Die Klägerin hat hiergegen am 11.04.2014 Klage bei dem Sozialgericht Detmold erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass eine Anrechnung von im Verwaltungsverfahren entstandenen Gebühren auf die Gebühren des Widerspruchsverfahrens nicht zulässig sei. Sie habe den Antrag auf Kostenübernahme für das Frauenhaus nicht als Anwältin, sondern als Betreuerin für Frau M gestellt. Dementsprechend seien im Antragsverfahren gar keine Rechtsanwaltsgebühren entstanden, die im Widerspruchsverfahren hätten angerechnet werden könnten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid vom 27.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für das Widerspruchsverfahren weitere Kosten in Höhe von 178,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Die Klägerin sei bereits im Antragsverfahren für Frau M tätig geworden, so dass es hier gerechtfertigt sei, die im Verwaltungsverfahren entstandenen Gebühren zur Hälfte auf die Gebühren des Widerspruchsverfahrens anzurechnen.

Mit Urteil vom 05.07.2016, das im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergangen ist, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:

Die zulässige Klage sei unbegründet. Der angegriffene Bescheid der Beklagten sei rechtmäßig, da die nach Abtretung des Anspruchs aus § 63 SGB X aktivlegitimierte Klägerin keinen Anspruch auf Festsetzung höherer Kosten für das Widerspruchsverfahren habe. Nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in der hier anwendbaren, ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung betrage die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), 50,00 bis 640,00 EUR. Eine Gebühr von mehr als 300,00 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen im vorliegenden Verfahren nicht vor, sodass maximal die sog. Schwellengebühr in Höhe von 300,00 EUR festgesetzt werden könne.

Auf diese Schwellengebühr sei jedoch aufgrund des Tätigwerdens der Klägerin im Antragsverfahren die insoweit entstandene Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen, so dass für das Widerspruchsverfahren lediglich eine Gebühr in Höhe von 150,00 EUR verbleibe. Dies ergebe sich aus der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG. Danach werde eine Geschäftsgebühr, die wegen desselben Gegenstandes für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstanden sei, zur Hälfte auf eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsaktes diene, angerechnet. Diese Voraussetzungen lägen nach Auffassung der Kammer vor, denn die Klägerin sei schon im Antragsverfahren für Frau M tätig geworden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass sie zugleich Betreuerin der Frau M gewesen sei und den Antrag in dieser Funktion gestellt haben wolle. Dann hätte sie auch den Widerspruch für Frau M als Betreuerin einlegen müssen mit der Folge, dass überhaupt keine Kosten für das Widerspruchsverfahren zu erstatten gewesen wären. Die Klägerin könne sich nach Auffassung der Kammer nicht die jeweilige Funktion aussuchen, in der sie auftrete, um dadurch ihre Gebühren zu optimieren. Nach dem Sinn und Zweck der Vorbemerkung 2.3 Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG sei eine Anrechnung der Gebühr auf die Geschäftsgebühr für das Widerspruchsverfahren jedenfalls gerechtfertigt, denn dieser bestehe darin, die Arbeitserleichterung, die bei einer Vorbefassung mit der Angelegenheit eintrete, bei der Gebührenfestsetzung entsprechend zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung, wonach der durch die vorangegangene Tätigkeit gesparte Aufwand ausschließlich durch die nunmehr vorgeschriebene Anrechnung berücksichtigt werden solle und nicht nochmals bei der konkreten Bestimmung der Gebühr für das nachfolgende Verfahren. Die Arbeitserleichterung aufgrund der Vorbefassung läge im vorliegenden Verfahren auf der Hand und werde auch von der Klägerin nicht bestritten.

Gegen dieses ihr am 18.07.2016 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit der am 02.08.2016 eingelegten und von dem Sozialgericht zugelassenen Berufung, die sie im Wesentlichen wie folgt begründet:

Entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts sei in ihrem Fall die Anrechnung einer vorangegangenen Tätigkeit im Verwaltungsverfahren auf die Geschäftsgebühr im Anschluss an das Urteil des HessLSG vom 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 - nicht zulässig. Sie habe für Frau M dem Sozialhilfeantrag, wie bei allen Betreuten, natürlich in ihrer Eigenschaft als gesetzliche Betreuerin gestellt. Dass ein solch einfacher Antrag durch einen Rechtsanwalt gestellt werde, sei vollkommen unüblich. Allerdings sei es durchaus üblich, dass für die Einlegung eines Widerspruchs ein Rechtsanwalt bemüht werde. Hier handele es sich um eine typische anwaltliche Tätigkeit, die nach RVG abzurechnen sei. Denn ein anwaltlich Betreuter solle nicht bessergestellt sein als ein nicht anwaltlich Betreuter. Auch ein ehrenamtlicher Betreuer oder ein Vereinsbetreuer stelle zunächst den Sozialhilfeantrag selbst und beauftrage einen Anwalt mit der Prüfung des ablehnenden Bescheides und ggfs. Durchführung des Widerspruchs- und Klageverfahrens für seinen Betreuten, weil er sich rechtlich nicht auskenne. Dass hier die jeweilige Funktion ausgesucht werde, um Gebühren zu optimieren, sei noch nicht einmal von der Gegenseite vorgetragen worden und werde bestritten.

Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.07.2016 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 27.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 zu verurteilen, für das Widerspruchsverfahren weitere Kosten in Höhe von 178,50 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Synergieeffekte aus der vorangegangenen Tätigkeit im Rahmen der Antragstellung rechtfertigten eine Anrechnung auf die Geschäftsgebühr. Ein Anwalt, der sich erst im Rahmen des Widerspruchsverfahrens in den Sachverhalt einarbeiten müsse, habe einen höheren Arbeitsaufwand. Auch wenn die Prozessbevollmächtigte den Antrag in ihrer Funktion als Betreuerin gestellt haben will, sei sie bei Einlegung des Widerspruchs bereits mit dem Sachverhalt vertraut gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, weil sie in der ihr zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (s. § 110 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).

Die zulässige, insbesondere nach Zulassung durch das Sozialgericht statthafte und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold ist überwiegend begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, soweit die Klägerin von der Beklagten die Erstattung weiterer Kosten in Höhe von 178,50 EUR begehrt. Denn die Klage ist insoweit begründet (unter 1.), im Übrigen - was den Zinsanspruch anbelangt - unbegründet (unter 2.).

1.) Der Kostenfestsetzungsbescheid der Beklagten vom 27.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2014 ist rechtswidrig und beschwert die Klägerin insoweit i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG, als sie der Klägerin die Erstattung weiterer Kosten von 178,50 EUR verweigert hat. Sie kann von der Beklagten insbesondere eine ungekürzte Geschäftsgebühr in Höhe von 300,00 EUR beanspruchen. Für eine Kürzung dieser Gebühr um die Hälfte fehlt es in der vorliegenden Fallkonstellation an einer Rechtsgrundlage.

a) Dem Anspruch der nach Abtretung durch die eigentliche Anspruchsinhaberin Frau M aktivlegitimierten Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen gemäß § 63 SGB X, dessen Umfang sich nach Maßgabe der §§ 3, 14, § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. der Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2) RVG (VV RVG) bemisst, steht nicht entgegen, dass die Klägerin in offensichtlicher Verkennung des anwendbaren Rechts in ihrem Schreiben vom 31.01.2014 noch die bis 31.07.2013 geltende, "alte" Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG in Form der Schwellengebühr von 240,00 EUR geltend gemacht hat. Zum einen ist die Beklagte in ihrem Kostenfestsetzungsbescheid vom 27.02.2014 selbst von der seit dem 01.08.2013 geltenden Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG in Höhe der sog. Schwellengebühr (300,00 EUR) ausgegangen. Zum anderen hat die Klägerin mit ihrem Widerspruch vom 25.03.2014 den ihrer Auffassung nach zu beanspruchenden Betrag von weiteren 150,00 EUR zzgl. 19% Mehrwertsteuer, also insgesamt weitere 178,50 EUR, geltend gemacht und diesen Anspruch im Klageverfahren weiterverfolgt. Sie hat folglich nicht nur die ursprünglich beantragten 309,40 EUR, sondern insgesamt 380,08 EUR geltend gemacht (Geschäftsgebühr: 300,00 EUR +Auslagenpauschale: 20,00 EUR + MwSt.: 60,08 EUR = 380,80 EUR).

b) Die Beklagte hat zu Unrecht im Rahmen des dem Grunde nach bestehenden Kostenerstattungsanspruchs den nach Maßgabe der §§ 3, 14, § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. der Anlage 1 (zu § 2 Abs. 2) RVG (VV RVG) zu bestimmenden Umfang der zu erstattenden Aufwendungen lediglich auf insgesamt 202,30 EUR festgesetzt. Sie hat dabei insbesondere rechtswidrig - ausgehend von der hier maßgebenden und zwischen den Beteiligten insoweit unstreitigen sog. Schwellengebühr von 300,00 EUR - eine um die Hälfte verminderte Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG i.V.m. der Vorbemerkung 2.3. Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG, also 150,00 EUR, zu Grunde gelegt. Danach gilt: Soweit wegen desselben Gegenstandes eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstanden ist, wird diese Gebühr zur Hälfte auf eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient, angerechnet.

Zwar war die Klägerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im anschließenden Widerspruchsverfahren betreffend die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Frau M während ihres Aufenthalts im Frauenhaus in C einschließlich der Kosten der Unterkunft zur Sicherung ihrer Wohnung in P tätig und insoweit mit dem identischen Verfahrensgegenstand befasst. Der Kürzung der Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG um die Hälfte steht jedoch entgegen, dass die Klägerin mit der ursprünglichen Beantragung von Sozialhilfeleistungen keine anwaltliche Tätigkeit i.S.d. § 1 Abs. 1 RVG, sondern eine solche im Rahmen der gesetzlichen Betreuung ausgeübt hat. Im Anschluss an die Ausführungen des HessLSG (Urt. v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, juris Rn. 40 ff.) steht einer Berücksichtigung dieser Tätigkeit des Rechtsanwalts in seiner Funktion als gesetzlicher Betreuer im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren bereits § 1 Abs. 2 Satz 2 RVG entgegen, wonach das RVG u.a. nicht für eine Tätigkeit als Betreuer gilt. Damit kann unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik mit der Tätigkeit im (vorausgegangenen) Verwaltungsverfahren alleine die anwaltliche Tätigkeit gemeint sein (HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, juris Rn. 41). Auch kommt es auf die konkreten Unterschiede zwischen der Tätigkeit eines Betreuers und eines Rechtsanwalts und die Frage, ob sich bei Personenidentität von Rechtsanwalt im Vorverfahren und Betreuer im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren tatsächlich Synergieeffekte ergeben, unter Berücksichtigung der typisierenden Regelung der Vorbemerkung 2.3. Abs. 4 zum Abschnitt 3 VV RVG nicht an (s. HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, juris Rn. 42 zu Nr. 2401 VV RVG a.F.). Diese strikt formalisierte Trennung zwischen der Tätigkeit eines gesetzlichen Betreuers einerseits und eines Rechtsanwalts andererseits gibt das Gesetz folglich auch bei Personenidentität vor. Da Bezugspunkt für die Gebührenfestsetzung gemäß § 14 RVG eben allein die anwaltliche Tätigkeit ist (vgl. BSG, Urt. v. 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R -, juris Rn. 29), kann etwa auch der auf die Betreuertätigkeit entfallende Aufwand nicht gebührensteigernd berücksichtigt werden (Senat, Beschl. v. 09.03.2017 - L 9 SO 625/16 B -, juris Rn. 7). Umgekehrt kann dann die erstmalige Tätigkeit als Rechtsanwalt im Vorverfahren nicht zu einer hälftigen Kürzung der Geschäftsgebühr führen, wenn der Rechtsanwalt (ausschließlich) als gesetzlicher Betreuer im Verwaltungsausgangsverfahren tätig gewesen ist.

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit die Klägerin einen Zinsanspruch geltend macht. Denn es fehlt hierfür an einer Rechtsgrundlage. So verweist (auch nur) bei der PKH-Kostenfestsetzung § 55 Abs. 5 Satz 1 RVG lediglich auf § 104 Abs. 2 ZPO, nicht aber § 104 Abs. 1 ZPO, der den Zinsanspruch enthält (vgl. nur BayLSG, Beschl. v. 08.05.2013 - L 15 SF 104/12 B -, juris Rn. 22). Auch ist eine entsprechende Anwendung des § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO über § 202 SGG wegen der insoweit grundsätzlichen Unterschiede beider Verfahrensarten ausgeschlossen (HessLSG, Urt. v. 25.07.2012 - L 4 SO 296/11 -, juris Rn. 43 m.w.N.).

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das Obsiegen der Klägerin hinsichtlich des Hauptanspruchs. Von einer Kostenteilung im Umfang des Unterliegens bezogen auf den Zinsanspruch als Nebenforderung hat der Senat nach dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO abgesehen.

4.) Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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