Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 45/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 805/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit seines Verletztengeldbezuges in den Jahren 2010 bis 2012 einen Zuschuss zu dem Beitrag für seine private Krankenversicherung zu leisten.
Der Kläger erhielt von der Beklagten vom 20.11.2010 bis 18.05.2012 Verletztengeld. Wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze war er nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) pflichtversichert, sondern hat die vereinbarten Beiträge zu seiner privaten KV entrichtet.
Der Kläger beantragte am 18.12.2014 bei der Beklagten einen Zuschuss zu den Beiträgen der privaten KV. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.2015 ab. Es gebe hierfür keine Anspruchsgrundlage. § 44 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) komme nicht in Betracht, da der Kläger weder an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben noch als Arbeitsloser an einer medizinischen Reha-Maßnahme teilgenommen habe. Eine ergänzende Leistung nach § 39 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) komme nicht in Betracht. Das Verletztengeld sei anhand eines höheren Nettoentgelts berechnet worden, weil von diesem kein Beitrag zur gesetzlichen KV zu entrichten war. Damit beinhalte das Verletztengeld faktisch bereits einen Zuschuss zu den KV-Beiträgen. Deshalb bestehe keine besondere Bedarfssituation. Eine besondere Schutzwürdigkeit privat Versicherter bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze bestehe nicht (Verweis auf LSG NRW, Urteil vom 12.03.2002, L 15 U 246/01).
Der Kläger widersprach mit der Begründung, dass Privatversicherte auch bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze schutzwürdig seien. Nach § 2 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) seien soziale Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 08.12.2015 zurück. Eine besondere Härte liege beim Kläger ebenso wenig vor wie eine unzumutbare Belastung. Personen, die die Beitragsbemessungsgrenze überschritten, seien nicht im gleichen Maße schutzwürdig wie Pflichtversicherte.
Seine hiergegen am 14.01.2016 beim Sozialgericht Dortmund (SG) erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass privat und gesetzlich versicherte Personen dieselben Risiken trügen. Es liege kein Unterschied in der Schutzwürdigkeit und mithin ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor. Zudem lägen in seinem Fall die Kosten der gesetzlichen KV über denen der privaten KV, so dass schon deshalb ein Zuschuss zu gewähren sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 20.11.2010 bis zum 18.05.2012 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und gemeint, dass § 2 SGB I in den besonderen Teilen des SGB im einzelnen bestimmte Rechte voraussetzt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2016, dem Kläger zugestellt am 05.12.2016, abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und auf das Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 12.03.2002, aaO Bezug genommen. Aus § 2 Abs. 2 SGB I lasse sich der Anspruch des Klägers nicht ableiten. Letztlich könne die genannte Norm nur als Auslegungsrichtlinie oder Handlungsanweisung für die Ausübung des Ermessens herangezogen werden. Der Hinweis auf die übereinstimmenden Risiken gesetzlich und privat Krankenversicherter verkenne, dass die finanziellen Konsequenzen in beiden Regelungssystemen unterschiedlich seien. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung dahingehend, ob es für die Beklagte finanziell günstiger wäre, wenn der Kläger gesetzlich versichert wäre, verbiete sich. Verfassungsrechtliche Bedenken hat das SG verneint.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 30.12.2016. Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 SGB I sei offenkundig und gerichtskundig. Wäre der Kläger Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, so wäre für ihn eine beitragsfreie Mitgliedschaft gegeben. Dann seien aber Personen, die die Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben, in vergleichbarem Maße schutzwürdig. Die Berufsgenossenschaft habe mit allen geeigneten Mitteln zu entschädigen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2015 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 20.11.2010 bis zum 18.05.2012 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu leisten.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2016 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, da - wie § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) voraussetzt - die Berufsrichter des Senats sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich halten und die Beteiligten zu der beabsichtigten Vorgehensweise angehört worden sind.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm für den streitbefangenen Zeitraum einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu zahlen. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB I herleiten, wonach die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden sollen (dazu nachstehend 1.). Für seinen Anspruch fehlt es an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage (dazu nachstehend 2.).
1. § 2 Abs. 2 SGB I begründet für den Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Zuschuss. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass die Vorschrift im Regelungszusammenhang mit Abs. 1 steht, der seinerseits darauf verweist, dass Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden können, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile des SGB im einzelnen bestimmt sind. Das ist hier nicht der Fall (vgl. nachstehend 2.). Auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen der Senat nach eigener Prüfung folgt, wird insoweit Bezug genommen.
2. Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des SGB dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zuläßt (§ 31 SGB I in der Fassung vom 11.12.1975). An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehlt es hier für den Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung.
a) Mögliche Anspruchsgrundlagen aus dem Fünften und Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB V, SGB IX) kommen nicht in Betracht. § 257 SGB V in der vom 01.01.2009 an geltenden Fassung normiert einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, nicht gegen die Sozialversicherung. Der Kläger gehört auch nicht zu dem in § 258 SGB V genannten anspruchsberechtigten Personenkreis. Beide Anspruchsgrundlagen sind nicht auf Bezieher von Verletztengeld übertragbar (LSG NRW, Urteil vom 12.03.2002, aaO.). § 44 SGB IX Abs. 2 S. 2 in der Fassung ab 23.12.2003 ermöglicht einen Zuschuss zur privaten KV nur für arbeitslose Teilnehmer an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben stößt. Alle diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger im Leistungszeitraum nicht.
b) Auf § 39 Abs. 2 SGB VII kann der Kläger seinen Anspruch ebenfalls nicht stützen. Nach dieser Vorschrift in der Fassung vom 19.06.2001 kann den Versicherten oder deren Angehörigen zum Ausgleich besonderer Härten eine besondere Unterstützung gewährt werden. Die besondere Unterstützung ist nach der Stellung der Vorschrift im Gesetz entweder eine Leistung zur Teilhabe oder eine solche, die die Leistungen zur Teilhabe hinsichtlich besonderer Bedarfe ergänzt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, juris-Rn. 37). Das Tatbestandsmerkmal "besondere Härte" in § 39 Abs 2 SGB VII ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Vorliegen der vollen Nachprüfung durch die Gerichte unterliegt. Eine besondere Härte kann bei einem Versicherten anzunehmen sein, bei dem eine besondere, atypische Bedarfssituation entstanden ist, die seinen Bedarf von dem typischen Bedarf anderer Versicherter mit der gleichen BK oder den gleichen Arbeitsunfallfolgen unterscheidet (BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 21/10 R - SozR 4-2700 § 39 Nr 1, juris-Rn. 38 mwN).
Beim Kläger liegt keine besondere Härte in diesem Sinne vor. Der Kläger ist schon nicht schlechter gestellt, als die gesetzlich Krankenversicherten. Denn das Verletztengeld wurde ihm in Höhe des Nettoentgelts gezahlt (§§ 47 Abs. 1 SGB VII, 47 Abs. 1 SGB V, vgl. Bescheid vom 18.08.2015), also ohne Kürzung um nicht unmittelbar vom Lohn abgezogene Krankenversicherungsbeiträge, was ähnlich wirkt, wie eine beitragsfreie Versicherung bei gesetzlich Versicherten mit einem entsprechend niedrigeren Nettoeinkommen. Ohnehin muss es sich aber zur Bejahung einer besonderen Härte um eine durch den Versicherungsfall bedingte, besonders schwierige persönliche oder wirtschaftliche Lage handeln (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, juris-Rn. 37). Eine atypische wirtschaftliche Notlage des Klägers in den hier allein zu betrachtenden Jahren 2010 bis 2012 ist nicht ersichtlich. Der Kläger war in derselben Situation wie jeder andere privat Versicherte, der die Krankenversicherung vom eigenen Netto-Einkommen finanzieren muss. Für eine besonders schwierige wirtschaftliche Lage oder gar eine existenzgefährdende Lage des Klägers (zu den Voraussetzungen der Annahme einer besonderen Härte vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, Rn. 37) gibt der Sachvortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit seines Verletztengeldbezuges in den Jahren 2010 bis 2012 einen Zuschuss zu dem Beitrag für seine private Krankenversicherung zu leisten.
Der Kläger erhielt von der Beklagten vom 20.11.2010 bis 18.05.2012 Verletztengeld. Wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze war er nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (KV) pflichtversichert, sondern hat die vereinbarten Beiträge zu seiner privaten KV entrichtet.
Der Kläger beantragte am 18.12.2014 bei der Beklagten einen Zuschuss zu den Beiträgen der privaten KV. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.2015 ab. Es gebe hierfür keine Anspruchsgrundlage. § 44 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) komme nicht in Betracht, da der Kläger weder an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben noch als Arbeitsloser an einer medizinischen Reha-Maßnahme teilgenommen habe. Eine ergänzende Leistung nach § 39 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) komme nicht in Betracht. Das Verletztengeld sei anhand eines höheren Nettoentgelts berechnet worden, weil von diesem kein Beitrag zur gesetzlichen KV zu entrichten war. Damit beinhalte das Verletztengeld faktisch bereits einen Zuschuss zu den KV-Beiträgen. Deshalb bestehe keine besondere Bedarfssituation. Eine besondere Schutzwürdigkeit privat Versicherter bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze bestehe nicht (Verweis auf LSG NRW, Urteil vom 12.03.2002, L 15 U 246/01).
Der Kläger widersprach mit der Begründung, dass Privatversicherte auch bei Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze schutzwürdig seien. Nach § 2 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) seien soziale Rechte möglichst weitgehend zu verwirklichen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 08.12.2015 zurück. Eine besondere Härte liege beim Kläger ebenso wenig vor wie eine unzumutbare Belastung. Personen, die die Beitragsbemessungsgrenze überschritten, seien nicht im gleichen Maße schutzwürdig wie Pflichtversicherte.
Seine hiergegen am 14.01.2016 beim Sozialgericht Dortmund (SG) erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass privat und gesetzlich versicherte Personen dieselben Risiken trügen. Es liege kein Unterschied in der Schutzwürdigkeit und mithin ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor. Zudem lägen in seinem Fall die Kosten der gesetzlichen KV über denen der privaten KV, so dass schon deshalb ein Zuschuss zu gewähren sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2015 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 20.11.2010 bis zum 18.05.2012 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu leisten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die angefochtenen Bescheide verwiesen und gemeint, dass § 2 SGB I in den besonderen Teilen des SGB im einzelnen bestimmte Rechte voraussetzt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 09.11.2016, dem Kläger zugestellt am 05.12.2016, abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen und auf das Urteil des Landessozialgerichts NRW vom 12.03.2002, aaO Bezug genommen. Aus § 2 Abs. 2 SGB I lasse sich der Anspruch des Klägers nicht ableiten. Letztlich könne die genannte Norm nur als Auslegungsrichtlinie oder Handlungsanweisung für die Ausübung des Ermessens herangezogen werden. Der Hinweis auf die übereinstimmenden Risiken gesetzlich und privat Krankenversicherter verkenne, dass die finanziellen Konsequenzen in beiden Regelungssystemen unterschiedlich seien. Eine rein wirtschaftliche Betrachtung dahingehend, ob es für die Beklagte finanziell günstiger wäre, wenn der Kläger gesetzlich versichert wäre, verbiete sich. Verfassungsrechtliche Bedenken hat das SG verneint.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 30.12.2016. Ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 SGB I sei offenkundig und gerichtskundig. Wäre der Kläger Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, so wäre für ihn eine beitragsfreie Mitgliedschaft gegeben. Dann seien aber Personen, die die Beitragsbemessungsgrenze überschritten haben, in vergleichbarem Maße schutzwürdig. Die Berufsgenossenschaft habe mit allen geeigneten Mitteln zu entschädigen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.08.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.12.2015 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 20.11.2010 bis zum 18.05.2012 einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu leisten.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 09.11.2016 zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihr bisheriges Vorbringen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, da - wie § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) voraussetzt - die Berufsrichter des Senats sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich halten und die Beteiligten zu der beabsichtigten Vorgehensweise angehört worden sind.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, ihm für den streitbefangenen Zeitraum einen Zuschuss zu den Beiträgen zur privaten Krankenversicherung zu zahlen. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht aus § 2 Abs. 2 SGB I herleiten, wonach die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden sollen (dazu nachstehend 1.). Für seinen Anspruch fehlt es an einer gesetzlichen Anspruchsgrundlage (dazu nachstehend 2.).
1. § 2 Abs. 2 SGB I begründet für den Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Zuschuss. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass die Vorschrift im Regelungszusammenhang mit Abs. 1 steht, der seinerseits darauf verweist, dass Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden können, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile des SGB im einzelnen bestimmt sind. Das ist hier nicht der Fall (vgl. nachstehend 2.). Auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, denen der Senat nach eigener Prüfung folgt, wird insoweit Bezug genommen.
2. Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen des SGB dürfen nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zuläßt (§ 31 SGB I in der Fassung vom 11.12.1975). An einer solchen gesetzlichen Grundlage fehlt es hier für den Anspruch des Klägers auf Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung.
a) Mögliche Anspruchsgrundlagen aus dem Fünften und Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB V, SGB IX) kommen nicht in Betracht. § 257 SGB V in der vom 01.01.2009 an geltenden Fassung normiert einen Anspruch gegen den Arbeitgeber, nicht gegen die Sozialversicherung. Der Kläger gehört auch nicht zu dem in § 258 SGB V genannten anspruchsberechtigten Personenkreis. Beide Anspruchsgrundlagen sind nicht auf Bezieher von Verletztengeld übertragbar (LSG NRW, Urteil vom 12.03.2002, aaO.). § 44 SGB IX Abs. 2 S. 2 in der Fassung ab 23.12.2003 ermöglicht einen Zuschuss zur privaten KV nur für arbeitslose Teilnehmer an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben stößt. Alle diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger im Leistungszeitraum nicht.
b) Auf § 39 Abs. 2 SGB VII kann der Kläger seinen Anspruch ebenfalls nicht stützen. Nach dieser Vorschrift in der Fassung vom 19.06.2001 kann den Versicherten oder deren Angehörigen zum Ausgleich besonderer Härten eine besondere Unterstützung gewährt werden. Die besondere Unterstützung ist nach der Stellung der Vorschrift im Gesetz entweder eine Leistung zur Teilhabe oder eine solche, die die Leistungen zur Teilhabe hinsichtlich besonderer Bedarfe ergänzt (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, juris-Rn. 37). Das Tatbestandsmerkmal "besondere Härte" in § 39 Abs 2 SGB VII ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Vorliegen der vollen Nachprüfung durch die Gerichte unterliegt. Eine besondere Härte kann bei einem Versicherten anzunehmen sein, bei dem eine besondere, atypische Bedarfssituation entstanden ist, die seinen Bedarf von dem typischen Bedarf anderer Versicherter mit der gleichen BK oder den gleichen Arbeitsunfallfolgen unterscheidet (BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 21/10 R - SozR 4-2700 § 39 Nr 1, juris-Rn. 38 mwN).
Beim Kläger liegt keine besondere Härte in diesem Sinne vor. Der Kläger ist schon nicht schlechter gestellt, als die gesetzlich Krankenversicherten. Denn das Verletztengeld wurde ihm in Höhe des Nettoentgelts gezahlt (§§ 47 Abs. 1 SGB VII, 47 Abs. 1 SGB V, vgl. Bescheid vom 18.08.2015), also ohne Kürzung um nicht unmittelbar vom Lohn abgezogene Krankenversicherungsbeiträge, was ähnlich wirkt, wie eine beitragsfreie Versicherung bei gesetzlich Versicherten mit einem entsprechend niedrigeren Nettoeinkommen. Ohnehin muss es sich aber zur Bejahung einer besonderen Härte um eine durch den Versicherungsfall bedingte, besonders schwierige persönliche oder wirtschaftliche Lage handeln (BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, juris-Rn. 37). Eine atypische wirtschaftliche Notlage des Klägers in den hier allein zu betrachtenden Jahren 2010 bis 2012 ist nicht ersichtlich. Der Kläger war in derselben Situation wie jeder andere privat Versicherte, der die Krankenversicherung vom eigenen Netto-Einkommen finanzieren muss. Für eine besonders schwierige wirtschaftliche Lage oder gar eine existenzgefährdende Lage des Klägers (zu den Voraussetzungen der Annahme einer besonderen Härte vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2014 - B 2 U 17/13 R -, SozR 4-2700 § 54 Nr 1, Rn. 37) gibt der Sachvortrag des Klägers keinerlei Anhaltspunkte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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