Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 U 273/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 268/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.03.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Vorhofflimmern sowie Herzrhythmusstörungen auf einen Unfall des Klägers zurückzuführen sind und ihm eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der im Mai 1968 geborene Kläger erlitt am 10.09.2010 während seiner Tätigkeit als Systemingenieur bei der Fa. U in L während der Fahrt zu einer Betriebsstätte einen Arbeitsunfall, als sein PKW bei der langsamen Einfahrt in eine Ampelkreuzung von einem von rechts kommenden Fahrzeug an der vorderen rechten Seite erfasst wurde. Der Airbag löste hierbei nicht aus. Der im Zeitpunkt des Aufpralls angeschnallte Kläger könnte das Fahrzeug selbständig verlassen und wurde in die Notfallambulanz des St. G-hospitals L verbracht.
Hier wurde eine Sternumprellung (ohne Prellmarken oder sonstige äußere Verletzungszeichen) sowie eine HWS-Distorsion diagnostiziert. Anzeichen für knöcherne Verletzungen fanden sich nicht. Bei der EKG-Untersuchung zeigte sich ein Vorhofflimmern mit 110/Minute. Auf Wunsch des Klägers erfolgte eine weitere Abklärung erst im Rahmen einer stationäre Behandlung vom 13.09.2010 bis zum 18.09.2010 durch Prof. Dr. L, Krankenhaus L, wo ausweislich des Behandlungsberichtes vom 17.09.2010 mittels einer elektrischen Kardioversion zunächst ein stabiler Sinusrhytmus hergestellt werden konnte. Die dort durchgeführte transthorakale Echokardiographie ergab den Verdacht auf eine global leicht bis mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion; der rechte und linke Vorhof wurde als dilatiert beschrieben. Wegen fortbestehender Beschwerden und weiteren Episoden eines tachykard übergeleiteten Vorhofflimmerns mit der Notwendigkeit von Kardioversionen fand die weitere Behandlung bei dem Kardiologen Dr. C statt. Dieser meinte in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 22.02.2011, der Kläger sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen und habe keine Herzrhythmusstörungen bemerkt. Es sei davon auszugehen, dass durch den Unfall mit Thoraxprellung die Herzrhythmusstörungen zum ersten Mal ausgelöst worden seien. Möglicherweise habe bereits vorher eine dilative Kardiomyopathie bestanden, ohne jedoch klinisch in Erscheinung zu treten. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte Dr. C auf 30 v. H. ein.
Die bei der privaten Krankenkasse beigezogenen Unterlagen wiesen auf mehrfache hausärztliche Behandlungen des Klägers im Jahr 2008 wegen Bradykardie (niedrige Herzschlagfrequenz) hin; der Kläger wiederum gab an, bei ihm bestehe von Jugend an eine Herzvergrößerung. 2005 war bei dem Kläger eine Magenverkleinerungsoperation durchgeführt worden.
Anschließend holte die Beklagte ein kardiologisches Gutachten bei Prof. Dr. L ein. Dieser führte am 10.10.2011 aus, beim Kläger bestehe ein früh persistierendes Vorhofflimmern, eine Tachykardiomyopathie sowie eine Sternumprellung und eine HWS-Distorsion. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitsschaden lasse sich nur für die Sternumprellung und die HWS-Distorsion herstellen. Die klinische Symptomatik und die Laborparamenter sprächen nicht für eine Contusio cordis. Zwischen dem Vorhofflimmern und dem Unfall bestehe kein Zusammenhang. Aus internistisch-kardiologischer Sicht habe keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und keine MdE bestanden.
Mit Bescheid vom 24.01.2012 erkannte die Beklagte daraufhin den Unfall vom 10.09.2010 als Arbeitsunfall an mit den Unfallfolgen: "Sternumprellung und HWS-Distorsion". In dem Bescheid heißt es weiter, das Vorhofflimmern und die dadurch bedingte Behandlungsbedürftigkeit seien nicht auf die Folgen des Versicherungsfalls zurückzuführen. Entschädigungsleistungen könnten nicht erbracht werden, da die anerkannten Unfallfolgen weder eine Behandlungsbedürftigkeit noch eine Arbeitsunfähigkeit nach sich gezogen hätten.
Den Widerspruch des Klägers vom 22.02.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.06.2012 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, das bei ihm festgestellte Vorhofflimmern sowie die Herzrhythmusstörungen seien auf den Unfall vom 10.09.2010 zurückzuführen. Vor dem Unfall habe er nie Herzprobleme gehabt. Ein Zusammenhang sei zudem von Dr. C ausdrücklich festgestellt worden.
Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Kardiologen Prof. C2 vom 24.06.2013. Dieser kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang des rezidivierenden Vorhofflimmerns mit dem Unfall sei möglich, auch als Trigger, könne aber nicht gesichert werden.
Mit Urteil vom 21.03.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 04.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.05.2014 (Montag) Berufung eingelegt. Er macht unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens geltend, vor dem maßgeblichen Unfall habe er keine Herzprobleme gehabt. Er sei vor dem Unfall nur kurzzeitig wegen Hypertonie behandelt worden, auch sein Gewicht sei im Normbereich anzusiedeln. Es sei davon auszugehen, dass der Gurtstraffer eine Herzquetschung verursacht habe, welche wiederum ursächlich für das Vorhofflimmern sei. Hierzu verweise er auf Dr. C, der eine solche Möglichkeit ausdrücklich bejaht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Köln zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2012 zu verurteilen, bei ihm ein Vorhofflimmern sowie Herzrythmusstörungen als Folge des am 10.09.2010 erlittenen Arbeitsunfalles anzuerkennen und ihm Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat weitere ärztliche Befundunterlagen im G-hospital sowie bei Dr. N (dem Praxisnachfolger seines früheren Hausarztes Dr. T) und ein am 09.03.2009 erstelltes EKG beigezogen.
Der Senat hat anschließend nach § 106 SGG ein Gutachten des Kardiologen Prof. Dr. D, Bad P, eingeholt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 26.02.2015 zu dem Ergebnis gelangt, Befunde für eine contusio cordis fänden sich nicht. In Anbetracht der prädisponierenden Faktoren wie Übergewicht und Hypertonie sowie unter Berücksichtigung des Verlaufs mit Rezidiven und Übergang in persistierendes Vorhofflimmern sei ein Unfallzusammenhang nicht wahrscheinlich. Der Unfallschock könne allenfalls als Trigger eines Anfalls von Vorhofflimmern, nicht aber der nachfolgenden Rezidive angesehen werden.
Der Kläger hat dieses Gutachten kritisiert und geltend gemacht, bei ihm habe bis auf eine kurzeitige Episode kein Bluthochdruck bestanden. Prof. Dr. D ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.05.2015 bei seiner Auffassung verblieben. Eine Bluthochdruckerkrankung sei bereits aus der Wandverdickung des Herzens abzuleiten.
Anschließend hat des Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten bei Prof. Dr. G angefordert. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 06.09.2015 ausgeführt, die Annahme von Vorerkrankungen sei rein spekulativ. Die Beschleunigung des Herzens durch Frontalunfall und die vorliegende Krankengeschichte sprächen deutlich für einen Kausalzusammenhang. Eine Einschränkung der Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit sei allerdings nicht gegeben. In einem unaufgefordert übersandten Schreiben vom 17.11.2015 hat Prof. Dr. G seine Auffassung nochmals erläutert. In einer ergänzenden Stellungnahme (§109 SGG) vom 06.12.2015 hat er weiter ausgeführt, er gehe bis zum 10.02.2012 (Pulmonalvenenablation) nun doch von einer MdE von 20 v. H. aus. Durch diesen Eingriff sei das Vorhofflimmern beseitigt worden.
Anschließend hat der Senat ein kardiologisches Gutachten nach Aktenlage der Kardiologin Prof. Dr. C1 eingeholt, die am 14.07.2016 zu dem Ergebnis gelangt ist, eine Contusio cordis, die als Trigger für eine erstmalige Auslösung von Vorhofflimmern in Betracht zu ziehen wäre, sei beim Kläger nicht zu sichern. Weder das EKG noch die laborchemischen Befunde, die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhoben worden seien, ergäben irgendwelche Hinweise auf eine kardiale Gewebsschädigung. Auch sei eine solche Herzkontusion nur nach schweren Gewalteinwirkungen auf den Brustkorbbereich denkbar, die hier nicht anzunehmen sei. Neben einer ausgeprägten Adipositas und einer zeitweilig gemessenen Hypertonie stelle die nachgewiesene Bradykardie im Sinusrhytmus und die zugehörige Erweiterung des linken Vorhofes einen erheblichen Risikofaktor für die Entwicklung eines Vorhofflimmerns dar. Beim Kläger sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer genetischen Cardiomyopathie mit Leitungsstörungen auszugehen. Insoweit könne das Unfallereignis allenfalls als Auslöser eines einmaligen Vorhofflimmerns, nicht aber für den weiteren Verlauf der Erkrankung kausal in Betracht gezogen werden.
Der Kläger ist diesem Gutachten unter Vorlage eines Berichtes von Prof. Dr. C2 vom 26.08.2016, in dem über eine am 23.08.2016 durchgeführte Re-Pulmonalvenenisolation berichtet wurde, entgegengetreten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.12.2016 hat die Sachverständige ihre Ausführungen nochmals erläutert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtenen Bescheid vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2012 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs.2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente unter Anerkennung weiterer Folgen des Unfalls vom 10.09.2010.
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 - Siebtes Buch - Sozialgesetzbuch - (SGB VII) haben Versicherte, bei denen wie hier ein Stütztatbestand im Sinne von § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII nicht ersichtlich ist, Anspruch auf Rente, wenn deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Unfallfolgen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern, § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII.
Nach §§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis-dem Unfallereignis-geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung zur Zeit des Unfalls, Unfallereignis sowie Gesundheitserst bzw. Gesundheitsfolgeschaden im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung vergl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R m. w. N.).
Die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper-und oder einem Gesundheitsschaden und einem Unfall ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernstliche Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m. w. N). Danach ist eine Gesundheitsstörung Unfallfolge eines Versicherungsfalles i. S. des § 8 SGB VII, wenn sie durch den Gesundheitserstschaden infolge des anerkannten Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden, und dieser dem Arbeitsunfall als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist, beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr.12; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96,196 = SozR4-2700 § 8 Nr. 14). Diese Kausalitätsprüfung erfordert zunächst die Ermittlung der objektiven - naturwissenschaftlichen - Verursachung, bei der es darauf ankommt, ob die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod eine Wirkursache war (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112,177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz.31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen beantwortet werden (grundlegend BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz.55 ff; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz. 31 ff.) Bezogen auf medizinische Sachverhalte ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die versicherte Verrichtung nur dann eine Wirkursache der Einwirkung oder des Gesundheitsschadens ist, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden bewirkt hat. Ein Gesundheitsschaden ist Wirkung der festgestellten Einwirkung, wenn zwischen der Einwirkung auf den Körper und einer Gesundheitsstörung ein Wirkungszusammenhang nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt (BSG, Urteil vom 24.07.2012 a. a. O.). Dies schließt die Prüfung mit ein, ob ein Ereignis nach medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen und welche Vorerkrankungen/Schadensanlagen ggfls. bestanden haben, die nach den genannten wissenschaftlichen Kriterien ebenfalls geeignet sind, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu bewirken (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellen. Kriterien zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache bei medizinischen Sachverhalten sind die versicherte Ursache als solche hinsichtlich Art und Stärke, einschließlich des zeitlichen Ablaufs, die konkurrierende(n) Ursache(n) hinsichtlich Art und Stärke, Krankheitsbild und Krankengeschichte, also die weitere Entwicklung und mögliche Vorgeschichte (vgl. Becker, Med-Sach 112 1/2016 S. 6 ff).
Beweisrechtlich folgt hieraus , dass von der naturwissenschaftlichen nicht automatisch auf die wesentliche Verursachung geschlossen werden kann; es gibt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch keine Beweisregel, wonach bei nicht bekannter Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19,52). Ebenso wenig ist eine Ursache bereits deswegen wesentlich, weil sie die letzte war; ein rein zeitliches Zusammentreffen des Auftretens bestimmter Gesundheitsstörungen mit einem Unfallereignis, reicht daher für die Annahme des rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhangs nicht aus. (BSGE 38, 127, 129; BSG, Urteil vom 09.05.2006 a. a. O.). Eine Gelegenheitsursache ist nach dieser Diktion eine (naturwissenschaftliche) Wirkursache, die keine wesentliche Ursache ist. Das Gleiche gilt für Ursachen, die als "Auslöser" bezeichnet werden, oder für das sog. "Auslösen" eines Erfolges durch eine Ursache (vgl. Becker, a. a. O. m. w. N).
Nach diesen Maßstäben lässt sich ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 10.09.2010 und der beim Kläger vorliegenden Erkrankung, dem rezidivierenden Vorhofflimmern, nicht begründen. Im Übrigen hat der Unfall keine weiteren über die 26. Woche nach dem Ereignis hinaus unmittelbaren oder mittelbaren Folgen, die eine MdE in relevantem Ausmaß bewirken würden, hinterlassen.
Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen.
Danach hat der Kläger bei dem von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Ereignis vom 10.09.2010 durch die bei dem Zusammenstoß auf seinen Köper wirkenden Kräfte unstreitig eine HWS-Distorsion sowie eine Sternumprellung erlitten. Die daraus unmittelbar resultierenden Beschwerden erforderten lediglich eine kurzzeitige symptomatische Behandlung und haben keine weiteren Folgen hinterlassen.
Beim Kläger besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Sachverständigen außerdem ein rezidivierendes Vorhofflimmern (mit entsprechenden Arrhythmien), welches erstmals im Rahmen der notfallärztlichen Versorgung registriert worden ist. Es lässt sich jedoch ein Zusammenhang der Gesundheitserstschäden mit dem rezidivierenden Vorhofflimmern nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen. Wie Prof. Dr. L, Prof. Dr. D und insbesondere Prof. Dr. C1 überzeugend und anschaulich dargelegt haben, kommen Thoraxtraumen zwar grundsätzlich als Ursache von Vorhofflimmern in Betracht. Dies ist nach der herrschenden wissenschaftlichen Auffassung dann möglich, wenn ein solches Thoraxtrauma zu einer Contusio cordis geführt hat, also einem Gewebeschaden des Herzens. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass beim Kläger keine Prellmarken oder Gurtmarken im Bereich des Thorax vorlagen. Eine strukturelle knöcherne Verletzung des Sternums konnte radiologisch ausgeschlossen werden. Allein aus der Sternumprellung, welche ein leichtes Thoraxtrauma darstellt, kann nicht auf eine Herzkontusion geschlossen werden. Eine solche Diagnose verlangt, wie die Sachverständige Prof. Dr. C1 überzeugend ausgeführt hat, das Vorliegen einer Herzgewebeschädigung, die wiederum - da ein Nachweis durch Gewebeentnahme am Herzen naturgemäß ausscheidet -, eine Zusammenschau verschiedener klinischer und apparativer Befunde erfordert. Hier hat Prof. Dr. C1 anschaulich dargelegt, dass der linke Herzvorhof, in dem Vorhofflimmern entsteht, gut geschützt hinten links im Brustkorb liegt, während die beiden Herzkammern und auch der rechte Vorhof vorne liegen. Daher ist es verständlich, dass bei allen Traumata, die von rechts oder von vorne auf den Brustkorb einwirken, wie dies beim Kläger der Fall war, der linke Vorhof am wenigsten betroffen ist. Erst bei schweren penetrierenden Thoraxverletzungen wird auch der linke Vorhof erreicht. Ein solches schweres Trauma lag beim Kläger ersichtlich nicht vor.
Zeichen einer Gewebsschädigung konnten beim Kläger auch im EKG wobei Prof. Dr. C1 auch das Notfall-EKG vom 10.09.2010 ausgewertet hat, und in den übrigen zeitnah erhobenen apparativen Befunden (z. B. Echokardiogramm) nicht gefunden werden. Darüber hinaus werden bei einer Herzkontusion in der Regel bestimmte herzspezifische Enzyme freigesetzt. Der insoweit maßgebende Troponin-I Schnelltest war beim Kläger nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Sachverständigen völlig unauffällig; auch stellten sich die Herzenzyme im anschließenden stationären Aufenthalt ebenfalls als normwertig dar, worauf bereits Prof. Dr. L hingewiesen hatte.
Soweit Prof. Dr. G argumentiert, das Fehlen der entsprechenden Enzymmarker schließe eine Contusio cordis nicht aus, deshalb eine solche Kontusion für möglich erachtet, und diese Annahme dann zur Grundlage seiner weiteren, letztlich auf das zeitliche Zusammentreffen der Beschwerden mit dem Unfallereignis gestützten Argumentation macht, ist dies vor dem Hintergrund der übrigen von Prof. Dr. C1 dargestellten Faktoren wie der Schwere und Lokalisation des Traumas, nicht überzeugend. Darüber hinaus sind, wie Prof Dr. D und Prof. Dr. C1 dargelegt haben, in der Literatur keine Fälle von hartnäckigem rezidivierendem oder persistierendem Vorhofflimmern als Folge eines leichten stumpfen Thoraxtraumas, wie es beim Kläger vorlag, beschrieben. Damit ist eine nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderliche strukturelle Gewebeschädigung am Herzen im Bereich des linken Herzvorhofs, welche das beim Kläger vorliegende fortdauernde Vorhofflimmern erklären könnte, nicht wahrscheinlich zu machen.
Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Überlegungen, inwieweit die von den Sachverständigen thematisierten übrigen Risikofaktoren für die Entstehung von Vorhoflimmern (Bradykardie, Hypertonie, Adipositas, erweiterte Herzkammern) beim Kläger zu sichern und wie sie zu gewichten sind ... Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Vorhofflimmern sowie Herzrhythmusstörungen auf einen Unfall des Klägers zurückzuführen sind und ihm eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.
Der im Mai 1968 geborene Kläger erlitt am 10.09.2010 während seiner Tätigkeit als Systemingenieur bei der Fa. U in L während der Fahrt zu einer Betriebsstätte einen Arbeitsunfall, als sein PKW bei der langsamen Einfahrt in eine Ampelkreuzung von einem von rechts kommenden Fahrzeug an der vorderen rechten Seite erfasst wurde. Der Airbag löste hierbei nicht aus. Der im Zeitpunkt des Aufpralls angeschnallte Kläger könnte das Fahrzeug selbständig verlassen und wurde in die Notfallambulanz des St. G-hospitals L verbracht.
Hier wurde eine Sternumprellung (ohne Prellmarken oder sonstige äußere Verletzungszeichen) sowie eine HWS-Distorsion diagnostiziert. Anzeichen für knöcherne Verletzungen fanden sich nicht. Bei der EKG-Untersuchung zeigte sich ein Vorhofflimmern mit 110/Minute. Auf Wunsch des Klägers erfolgte eine weitere Abklärung erst im Rahmen einer stationäre Behandlung vom 13.09.2010 bis zum 18.09.2010 durch Prof. Dr. L, Krankenhaus L, wo ausweislich des Behandlungsberichtes vom 17.09.2010 mittels einer elektrischen Kardioversion zunächst ein stabiler Sinusrhytmus hergestellt werden konnte. Die dort durchgeführte transthorakale Echokardiographie ergab den Verdacht auf eine global leicht bis mittelgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion; der rechte und linke Vorhof wurde als dilatiert beschrieben. Wegen fortbestehender Beschwerden und weiteren Episoden eines tachykard übergeleiteten Vorhofflimmerns mit der Notwendigkeit von Kardioversionen fand die weitere Behandlung bei dem Kardiologen Dr. C statt. Dieser meinte in einer gutachterlichen Stellungnahme vom 22.02.2011, der Kläger sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen und habe keine Herzrhythmusstörungen bemerkt. Es sei davon auszugehen, dass durch den Unfall mit Thoraxprellung die Herzrhythmusstörungen zum ersten Mal ausgelöst worden seien. Möglicherweise habe bereits vorher eine dilative Kardiomyopathie bestanden, ohne jedoch klinisch in Erscheinung zu treten. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) schätzte Dr. C auf 30 v. H. ein.
Die bei der privaten Krankenkasse beigezogenen Unterlagen wiesen auf mehrfache hausärztliche Behandlungen des Klägers im Jahr 2008 wegen Bradykardie (niedrige Herzschlagfrequenz) hin; der Kläger wiederum gab an, bei ihm bestehe von Jugend an eine Herzvergrößerung. 2005 war bei dem Kläger eine Magenverkleinerungsoperation durchgeführt worden.
Anschließend holte die Beklagte ein kardiologisches Gutachten bei Prof. Dr. L ein. Dieser führte am 10.10.2011 aus, beim Kläger bestehe ein früh persistierendes Vorhofflimmern, eine Tachykardiomyopathie sowie eine Sternumprellung und eine HWS-Distorsion. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und einem Gesundheitsschaden lasse sich nur für die Sternumprellung und die HWS-Distorsion herstellen. Die klinische Symptomatik und die Laborparamenter sprächen nicht für eine Contusio cordis. Zwischen dem Vorhofflimmern und dem Unfall bestehe kein Zusammenhang. Aus internistisch-kardiologischer Sicht habe keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und keine MdE bestanden.
Mit Bescheid vom 24.01.2012 erkannte die Beklagte daraufhin den Unfall vom 10.09.2010 als Arbeitsunfall an mit den Unfallfolgen: "Sternumprellung und HWS-Distorsion". In dem Bescheid heißt es weiter, das Vorhofflimmern und die dadurch bedingte Behandlungsbedürftigkeit seien nicht auf die Folgen des Versicherungsfalls zurückzuführen. Entschädigungsleistungen könnten nicht erbracht werden, da die anerkannten Unfallfolgen weder eine Behandlungsbedürftigkeit noch eine Arbeitsunfähigkeit nach sich gezogen hätten.
Den Widerspruch des Klägers vom 22.02.2012 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.2012 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 29.06.2012 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Der Kläger hat vorgetragen, das bei ihm festgestellte Vorhofflimmern sowie die Herzrhythmusstörungen seien auf den Unfall vom 10.09.2010 zurückzuführen. Vor dem Unfall habe er nie Herzprobleme gehabt. Ein Zusammenhang sei zudem von Dr. C ausdrücklich festgestellt worden.
Zur weiteren Sachaufklärung hat das Gericht von Amts wegen Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Kardiologen Prof. C2 vom 24.06.2013. Dieser kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, ein Zusammenhang des rezidivierenden Vorhofflimmerns mit dem Unfall sei möglich, auch als Trigger, könne aber nicht gesichert werden.
Mit Urteil vom 21.03.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 04.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.05.2014 (Montag) Berufung eingelegt. Er macht unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens geltend, vor dem maßgeblichen Unfall habe er keine Herzprobleme gehabt. Er sei vor dem Unfall nur kurzzeitig wegen Hypertonie behandelt worden, auch sein Gewicht sei im Normbereich anzusiedeln. Es sei davon auszugehen, dass der Gurtstraffer eine Herzquetschung verursacht habe, welche wiederum ursächlich für das Vorhofflimmern sei. Hierzu verweise er auf Dr. C, der eine solche Möglichkeit ausdrücklich bejaht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Köln zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2012 zu verurteilen, bei ihm ein Vorhofflimmern sowie Herzrythmusstörungen als Folge des am 10.09.2010 erlittenen Arbeitsunfalles anzuerkennen und ihm Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v. H nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat weitere ärztliche Befundunterlagen im G-hospital sowie bei Dr. N (dem Praxisnachfolger seines früheren Hausarztes Dr. T) und ein am 09.03.2009 erstelltes EKG beigezogen.
Der Senat hat anschließend nach § 106 SGG ein Gutachten des Kardiologen Prof. Dr. D, Bad P, eingeholt. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 26.02.2015 zu dem Ergebnis gelangt, Befunde für eine contusio cordis fänden sich nicht. In Anbetracht der prädisponierenden Faktoren wie Übergewicht und Hypertonie sowie unter Berücksichtigung des Verlaufs mit Rezidiven und Übergang in persistierendes Vorhofflimmern sei ein Unfallzusammenhang nicht wahrscheinlich. Der Unfallschock könne allenfalls als Trigger eines Anfalls von Vorhofflimmern, nicht aber der nachfolgenden Rezidive angesehen werden.
Der Kläger hat dieses Gutachten kritisiert und geltend gemacht, bei ihm habe bis auf eine kurzeitige Episode kein Bluthochdruck bestanden. Prof. Dr. D ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05.05.2015 bei seiner Auffassung verblieben. Eine Bluthochdruckerkrankung sei bereits aus der Wandverdickung des Herzens abzuleiten.
Anschließend hat des Senat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein Gutachten bei Prof. Dr. G angefordert. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 06.09.2015 ausgeführt, die Annahme von Vorerkrankungen sei rein spekulativ. Die Beschleunigung des Herzens durch Frontalunfall und die vorliegende Krankengeschichte sprächen deutlich für einen Kausalzusammenhang. Eine Einschränkung der Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit sei allerdings nicht gegeben. In einem unaufgefordert übersandten Schreiben vom 17.11.2015 hat Prof. Dr. G seine Auffassung nochmals erläutert. In einer ergänzenden Stellungnahme (§109 SGG) vom 06.12.2015 hat er weiter ausgeführt, er gehe bis zum 10.02.2012 (Pulmonalvenenablation) nun doch von einer MdE von 20 v. H. aus. Durch diesen Eingriff sei das Vorhofflimmern beseitigt worden.
Anschließend hat der Senat ein kardiologisches Gutachten nach Aktenlage der Kardiologin Prof. Dr. C1 eingeholt, die am 14.07.2016 zu dem Ergebnis gelangt ist, eine Contusio cordis, die als Trigger für eine erstmalige Auslösung von Vorhofflimmern in Betracht zu ziehen wäre, sei beim Kläger nicht zu sichern. Weder das EKG noch die laborchemischen Befunde, die unmittelbar nach dem Unfallereignis erhoben worden seien, ergäben irgendwelche Hinweise auf eine kardiale Gewebsschädigung. Auch sei eine solche Herzkontusion nur nach schweren Gewalteinwirkungen auf den Brustkorbbereich denkbar, die hier nicht anzunehmen sei. Neben einer ausgeprägten Adipositas und einer zeitweilig gemessenen Hypertonie stelle die nachgewiesene Bradykardie im Sinusrhytmus und die zugehörige Erweiterung des linken Vorhofes einen erheblichen Risikofaktor für die Entwicklung eines Vorhofflimmerns dar. Beim Kläger sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit von einer genetischen Cardiomyopathie mit Leitungsstörungen auszugehen. Insoweit könne das Unfallereignis allenfalls als Auslöser eines einmaligen Vorhofflimmerns, nicht aber für den weiteren Verlauf der Erkrankung kausal in Betracht gezogen werden.
Der Kläger ist diesem Gutachten unter Vorlage eines Berichtes von Prof. Dr. C2 vom 26.08.2016, in dem über eine am 23.08.2016 durchgeführte Re-Pulmonalvenenisolation berichtet wurde, entgegengetreten. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 10.12.2016 hat die Sachverständige ihre Ausführungen nochmals erläutert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtenen Bescheid vom 24.01.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.2012 ist nicht rechtswidrig und beschwert den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs.2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente unter Anerkennung weiterer Folgen des Unfalls vom 10.09.2010.
Nach § 56 Abs. 1 S. 1 - Siebtes Buch - Sozialgesetzbuch - (SGB VII) haben Versicherte, bei denen wie hier ein Stütztatbestand im Sinne von § 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII nicht ersichtlich ist, Anspruch auf Rente, wenn deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Unfallfolgen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern, § 56 Abs. 1 S. 3 SGB VII.
Nach §§ 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis-dem Unfallereignis-geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls. Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale versicherte Tätigkeit, Verrichtung zur Zeit des Unfalls, Unfallereignis sowie Gesundheitserst bzw. Gesundheitsfolgeschaden im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (ständige Rechtsprechung vergl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R m. w. N.).
Die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Körper-und oder einem Gesundheitsschaden und einem Unfall ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernstliche Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2003 - B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m. w. N). Danach ist eine Gesundheitsstörung Unfallfolge eines Versicherungsfalles i. S. des § 8 SGB VII, wenn sie durch den Gesundheitserstschaden infolge des anerkannten Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden, und dieser dem Arbeitsunfall als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist, beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - Juris RdNr.12; BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96,196 = SozR4-2700 § 8 Nr. 14). Diese Kausalitätsprüfung erfordert zunächst die Ermittlung der objektiven - naturwissenschaftlichen - Verursachung, bei der es darauf ankommt, ob die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder den Tod eine Wirkursache war (BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112,177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz.31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). Wirkursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen beantwortet werden (grundlegend BSG, Urteil vom 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44, Rz.55 ff; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 46, Rz. 31 ff.) Bezogen auf medizinische Sachverhalte ist an dieser Stelle festzuhalten, dass die versicherte Verrichtung nur dann eine Wirkursache der Einwirkung oder des Gesundheitsschadens ist, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden bewirkt hat. Ein Gesundheitsschaden ist Wirkung der festgestellten Einwirkung, wenn zwischen der Einwirkung auf den Körper und einer Gesundheitsstörung ein Wirkungszusammenhang nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt (BSG, Urteil vom 24.07.2012 a. a. O.). Dies schließt die Prüfung mit ein, ob ein Ereignis nach medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen und welche Vorerkrankungen/Schadensanlagen ggfls. bestanden haben, die nach den genannten wissenschaftlichen Kriterien ebenfalls geeignet sind, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu bewirken (BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17).
Steht die versicherte Tätigkeit als eine der Wirkursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellen. Kriterien zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache bei medizinischen Sachverhalten sind die versicherte Ursache als solche hinsichtlich Art und Stärke, einschließlich des zeitlichen Ablaufs, die konkurrierende(n) Ursache(n) hinsichtlich Art und Stärke, Krankheitsbild und Krankengeschichte, also die weitere Entwicklung und mögliche Vorgeschichte (vgl. Becker, Med-Sach 112 1/2016 S. 6 ff).
Beweisrechtlich folgt hieraus , dass von der naturwissenschaftlichen nicht automatisch auf die wesentliche Verursachung geschlossen werden kann; es gibt im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung auch keine Beweisregel, wonach bei nicht bekannter Alternativursache die naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19,52). Ebenso wenig ist eine Ursache bereits deswegen wesentlich, weil sie die letzte war; ein rein zeitliches Zusammentreffen des Auftretens bestimmter Gesundheitsstörungen mit einem Unfallereignis, reicht daher für die Annahme des rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhangs nicht aus. (BSGE 38, 127, 129; BSG, Urteil vom 09.05.2006 a. a. O.). Eine Gelegenheitsursache ist nach dieser Diktion eine (naturwissenschaftliche) Wirkursache, die keine wesentliche Ursache ist. Das Gleiche gilt für Ursachen, die als "Auslöser" bezeichnet werden, oder für das sog. "Auslösen" eines Erfolges durch eine Ursache (vgl. Becker, a. a. O. m. w. N).
Nach diesen Maßstäben lässt sich ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 10.09.2010 und der beim Kläger vorliegenden Erkrankung, dem rezidivierenden Vorhofflimmern, nicht begründen. Im Übrigen hat der Unfall keine weiteren über die 26. Woche nach dem Ereignis hinaus unmittelbaren oder mittelbaren Folgen, die eine MdE in relevantem Ausmaß bewirken würden, hinterlassen.
Dies folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen.
Danach hat der Kläger bei dem von der Beklagten als Arbeitsunfall anerkannten Ereignis vom 10.09.2010 durch die bei dem Zusammenstoß auf seinen Köper wirkenden Kräfte unstreitig eine HWS-Distorsion sowie eine Sternumprellung erlitten. Die daraus unmittelbar resultierenden Beschwerden erforderten lediglich eine kurzzeitige symptomatische Behandlung und haben keine weiteren Folgen hinterlassen.
Beim Kläger besteht nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Sachverständigen außerdem ein rezidivierendes Vorhofflimmern (mit entsprechenden Arrhythmien), welches erstmals im Rahmen der notfallärztlichen Versorgung registriert worden ist. Es lässt sich jedoch ein Zusammenhang der Gesundheitserstschäden mit dem rezidivierenden Vorhofflimmern nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen. Wie Prof. Dr. L, Prof. Dr. D und insbesondere Prof. Dr. C1 überzeugend und anschaulich dargelegt haben, kommen Thoraxtraumen zwar grundsätzlich als Ursache von Vorhofflimmern in Betracht. Dies ist nach der herrschenden wissenschaftlichen Auffassung dann möglich, wenn ein solches Thoraxtrauma zu einer Contusio cordis geführt hat, also einem Gewebeschaden des Herzens. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass beim Kläger keine Prellmarken oder Gurtmarken im Bereich des Thorax vorlagen. Eine strukturelle knöcherne Verletzung des Sternums konnte radiologisch ausgeschlossen werden. Allein aus der Sternumprellung, welche ein leichtes Thoraxtrauma darstellt, kann nicht auf eine Herzkontusion geschlossen werden. Eine solche Diagnose verlangt, wie die Sachverständige Prof. Dr. C1 überzeugend ausgeführt hat, das Vorliegen einer Herzgewebeschädigung, die wiederum - da ein Nachweis durch Gewebeentnahme am Herzen naturgemäß ausscheidet -, eine Zusammenschau verschiedener klinischer und apparativer Befunde erfordert. Hier hat Prof. Dr. C1 anschaulich dargelegt, dass der linke Herzvorhof, in dem Vorhofflimmern entsteht, gut geschützt hinten links im Brustkorb liegt, während die beiden Herzkammern und auch der rechte Vorhof vorne liegen. Daher ist es verständlich, dass bei allen Traumata, die von rechts oder von vorne auf den Brustkorb einwirken, wie dies beim Kläger der Fall war, der linke Vorhof am wenigsten betroffen ist. Erst bei schweren penetrierenden Thoraxverletzungen wird auch der linke Vorhof erreicht. Ein solches schweres Trauma lag beim Kläger ersichtlich nicht vor.
Zeichen einer Gewebsschädigung konnten beim Kläger auch im EKG wobei Prof. Dr. C1 auch das Notfall-EKG vom 10.09.2010 ausgewertet hat, und in den übrigen zeitnah erhobenen apparativen Befunden (z. B. Echokardiogramm) nicht gefunden werden. Darüber hinaus werden bei einer Herzkontusion in der Regel bestimmte herzspezifische Enzyme freigesetzt. Der insoweit maßgebende Troponin-I Schnelltest war beim Kläger nach den übereinstimmenden Feststellungen aller Sachverständigen völlig unauffällig; auch stellten sich die Herzenzyme im anschließenden stationären Aufenthalt ebenfalls als normwertig dar, worauf bereits Prof. Dr. L hingewiesen hatte.
Soweit Prof. Dr. G argumentiert, das Fehlen der entsprechenden Enzymmarker schließe eine Contusio cordis nicht aus, deshalb eine solche Kontusion für möglich erachtet, und diese Annahme dann zur Grundlage seiner weiteren, letztlich auf das zeitliche Zusammentreffen der Beschwerden mit dem Unfallereignis gestützten Argumentation macht, ist dies vor dem Hintergrund der übrigen von Prof. Dr. C1 dargestellten Faktoren wie der Schwere und Lokalisation des Traumas, nicht überzeugend. Darüber hinaus sind, wie Prof Dr. D und Prof. Dr. C1 dargelegt haben, in der Literatur keine Fälle von hartnäckigem rezidivierendem oder persistierendem Vorhofflimmern als Folge eines leichten stumpfen Thoraxtraumas, wie es beim Kläger vorlag, beschrieben. Damit ist eine nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen erforderliche strukturelle Gewebeschädigung am Herzen im Bereich des linken Herzvorhofs, welche das beim Kläger vorliegende fortdauernde Vorhofflimmern erklären könnte, nicht wahrscheinlich zu machen.
Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Überlegungen, inwieweit die von den Sachverständigen thematisierten übrigen Risikofaktoren für die Entstehung von Vorhoflimmern (Bradykardie, Hypertonie, Adipositas, erweiterte Herzkammern) beim Kläger zu sichern und wie sie zu gewichten sind ... Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved