L 11 KR 427/16 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 34 KR 1193/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 427/16 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 28.04.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 700,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

1. Die zulässige Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 28.04.2016 ist nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt nicht 750,00 EUR. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr. Streitig sind allein noch Zinsen und Mahngebühren als Nebenforderung. Diese stellen keine Leistungen i.S. von § 144 Abs. 1 SGG dar (BSG, Urteile vom 11.03.1987 - 8 RK 43/85 - und vom 13.12.1984 - 11 RA 30/84 -).

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Keiner dieser enumerativen Zulassungsgründe liegt hier vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Diese liegt nach § 144 Abs. 2 Nr.1 SGG vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten. Das kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist bzw. wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist. Die Weiterentwicklung des Rechts wird dabei gefördert, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesvorschriften aufzustellen oder Lücken zu füllen oder wenn die Entscheidung Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähger Sachverhalte geben kann (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rn. 28 und § 160 Rn. 6 ff.). Dies setzt jedoch zumindest voraus, dass es sich bei der aufgeworfenen Rechtsfrage um eine Zweifelsfrage handelt und mithin Rechtsunsicherheit besteht. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer, a.a.O., § 144 Rn. 28, § 160 Rn. 8 ff.).

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder hat die Klägerin eine klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgezeigt, noch ist eine solche erkennbar. Entscheidungserheblich für den hier zugrundeliegenden Rechtsstreit ist allein die Frage, ob bzw. wann die streitbefangenen Rechnungen fällig geworden waren.

Das Urteil des SG beruht auch nicht auf einer Abweichung von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des GmS-OGB oder des BVerfG.

Eine Divergenz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG setzt voraus, dass einerseits ein abstrakter Rechtssatz der anzufechtenden Entscheidung und andererseits ein der Entscheidung eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte zu entnehmender abstrakter Rechtssatz nicht übereinstimmen. Ein abstrakter Rechtssatz liegt nur bei einer fallübergreifenden, nicht lediglich auf Würdigung des Einzelfalles bezogenen rechtlichen Aussage vor (vgl. nur Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 13 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BSG). Für die Annahme einer Divergenz genügt es mithin nicht, dass die angefochtene Entscheidung deshalb unrichtig ist, weil sie nicht den Kriterien entspricht, die das LSG, das BSG, der GmS-OBG oder das BVerfG aufgestellt haben (Fichte in Breitkreutz/Fichte, SGG, 2. Auflage, 2014, § 160 Rn. 39 f.; Frehse in Jansen, SGG, 4. Auflage, 2012, § 144 Rn. 18, jeweils m.w.N.) oder das Sozialgericht eine Rechtsfrage übersehen hat (Leitherer a.a.O., § 160 Rn. 14 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben liegt keine Divergenz vor. Das SG hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von einem der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte aufgestellten Rechtssatz abweicht.

Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt ebenfalls nicht vor. Soweit der Vortrag der Klägerin auf eine Unrichtigkeit der Entscheidung abzielt, rechtfertigt dieser Gesichtspunkt nicht die Annahme eines Verfahrensmangels. Eine (angebliche) inhaltliche Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung durch fehlerhafte Rechtsanwendung betrifft nicht das Verfahren und ist nicht Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde (BSG, Beschluss vom 09.02.2011 - B 11 AL 71/10 B -) bzw. stellt keinen Verfahrensmangel dar (vgl. Leitherer a.a.O., § 144 Rn. 4a). Soweit die Klägerin rügt, sie habe mit der Argumentation des SG, die Klägerin habe den Verzicht der Beklagten auf die Vorlage von Verordnungen nicht bewiesen, nicht rechnen müssen, sodass es sich um eine Überraschungsentscheidung handle, fehlt es an entsprechenden Darlegungen. Abgesehen davon, dass es keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz gibt, der das Gericht verpflichtete, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene bestimmte Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG, Beschlüsse vom 21.9.2006 - B 12 KR 24/06 B - und vom 5.3.2007 - B 4 RS 58/06 B -), wäre die Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nur dargetan, wenn aufgezeigt würde, dass das Gericht seiner Pflicht, Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen, nicht nachgekommen ist. Daran fehlt es. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung und damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur dann vor, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis seine Entscheidung auf einen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt, der weder im Verwaltungsverfahren noch im gerichtlichen Verfahren zur Sprache gekommen war und mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (Bundesfinanzhof, Beschluss vom 14.04.2008 - V B 205/07 - m.w.N.)

2. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG). Mit der Ablehnung der Zulassung wird das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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