L 7 AS 733/18 B ER; L 7 AS 734/18 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 41 AS 1007/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 733/18 B ER; L 7 AS 734/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.04.2018 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 12.03.2018 bis zum 30.09.2018 in Höhe von monatlich insgesamt 573,20 EUR sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung ab dem Einzug der Antragsteller in die Wohnung in der B-straße 00, E zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu erstatten. Den Antragstellern wird für beide Rechtszüge Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S, E, beigeordnet.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren mit ihrer Beschwerde im Wege des einstweiligen Rechtschutzes Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 12.03.2018

Der am 00.00.1987 geborene Antragsteller zu 1) ist mazedonischer Staatsbürger und mit der am 00.00.1983 geborenen Antragstellerin zu 2), die slowenische Staatsbürgerin ist, verheiratet. Aus der Ehe sind die am 00.00.2009, 00.00.2011, 00.00.2012 und 00.00.2015 geborenen gemeinsamen Kinder, die Antragsteller zu 3) bis 6) hervorgegangen. Die Antragsteller zu 3) bis 6) sind slowenische Staatsbürger. Die Antragsteller zu 3) und 4) besuchen eine Grundschule in E.

Die Antragsteller bestritten ihren Lebensunterhalt zunächst mit dem Erwerbseinkommen des Antragstellers zu 1) nebst Kinder- und Wohngeld. Für den Antragsteller zu 6) zahlt die AOK Nordwest (Pflegekasse) ein monatliches Pflegegeld iHv 316 EUR. Der Antragsteller zu 1) war zuletzt vom 13.02.2017 bis zum 28.04.2017 bei der Fa. M, F und vom 26.06.2017 bis zum 07.07.2017 bei der Zeitarbeitsfirma U beschäftigt.

Am 01.08.2017 beantragten die Antragsteller beim Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Am 13.11.2017 schloss die Antragstellerin zu 2) einen Arbeitsvertrag mit der Firma K & P C GmbH, F, als Reinigungskraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden zu je 10 EUR ab. Das Beschäftigungsverhältnis begann zum 15.11.2017. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Antragstellerin zu 2) den Antragsgegner hierüber vor Eingang des gerichtlichen Eilantrags unterrichtet hatte.

Mit Bescheid vom 07.02.2018 lehnte der Antragsgegner die Leistungsgewährung unter Bezugnahme auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ab. Zwar sei der Antragsteller zu 1) zuletzt Beschäftigungen bei den Firmen M und U nachgegangen. Eine Überprüfung der Kündigungsgründe durch die Agentur für Arbeit sei jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeitslosigkeit "freiwillig (selbstverschuldet)" eingetreten sei, so dass ein nachgehendes Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer ausscheide.

Hiergegen haben die Antragsteller mit Schreiben vom 12.03.2018 Widerspruch eingelegt, über den der Antragsgegner bisher noch nicht entschieden hat.

Am 12.03.2018 haben die Antragsteller bei dem SG Duisburg beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens haben die Antragsteller maßgeblich darauf abgestellt, dass die Antragstellerin zu 2) ein aufenthaltsbegründendes Arbeitsverhältnis eingegangen sei, sodass der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II - auch für die übrigen Antragsteller - nicht greife.

Mit Beschluss vom 09.04.2018 hat das SG den Antrag und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei nicht gegeben. Die Antragsteller hätten vor Inanspruchnahme gerichtlichen Eilrechtsschutzes dem Antragsgegner mitteilen müssen, dass die Antragstellerin zu 2) seit dem 15.11.2018 einer Beschäftigung nachgehe. Allein der Umstand, dass der Antragsteller zu 1) bis zum 07.07.2017 einer Beschäftigung nachgegangen ist, rechtfertige keinen Eilantrag, da zum einen der Antragsteller zu 1) als Nicht-EU-Ausländer nicht vom Aufenthaltsrecht wegen Beschäftigung nach dem FreizügG/EU profitiere und zum anderen das nachwirkende Aufenthaltsrecht von einem halben Jahr nach § 2 Abs. 3 Satz 2 FreizügG/EU bei Antragstellung bereits abgelaufen gewesen sei.

Die Antragsteller haben gegen den Beschluss am 03.05.2018 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung wiederholen und vertiefen sie ihr Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Eilverfahren. Ergänzend weisen sie darauf hin, dass der Antragsgegner bereits vorgerichtlich auf das Beschäftigungsverhältnis der Antragstellerin zu 2) hingewiesen habe. So seien der Arbeitsvertrag und zwei Lohnabrechnungen der Antragstellerin zu 2) in den Hausbriefkasten des Antragsgegners eingeworfen worden. Ein Anordnungsgrund sei auch im Hinblick auf die Unterkunftskosten gegeben, da das Mietverhältnis über die Wohnung in der X-straße 00, E zwischenzeitig vermieterseits gekündigt worden sei. Die Antragsteller seien deswegen in eine Unterkunft unter der Anschrift B-straße 00, E umgezogen.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, dass die Antragsteller weiterhin nicht ausreichend mitwirkten. So sei eine Anfrage des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Lohnzuflüsse nicht beantwortet worden. Auch die schriftlich angeforderten Unterlagen (Quittungen, Kontoauszüge, Anmeldung zur Sozialversicherung) seien nicht vorgelegt worden.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die Antragsteller haben im tenorierten Umfang Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II und auf Prozesskostenhilfe.

Gegenstand des Eilverfahrens ist die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 12.03.2018.

Einstweilige Anordnungen sind nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG iVm § 920 Abs. 2 ZPO). Ob ein Anordnungsanspruch vorliegt, ist in der Regel durch summarische Prüfung zu ermitteln. Können ohne Eilrechtsschutz jedoch schwere und unzumutbare Nachteile entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, ist eine abschließende Prüfung erforderlich (BVerfG Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05). Bei offenem Ausgang muss das Gericht anhand einer Folgenabwägung entscheiden, die die grundrechtlichen Belange der Antragsteller umfassend zu berücksichtigen hat (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 - 1 BvR 569/05; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. nur Beschlüsse vom 05.09.2017 - L 7 AS 1419/17 B ER und vom 21.07.2016 - L 7 AS 1045/16 B ER).

Die Antragsteller haben im tenorierten Umfang einen Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht.

1.

Die Antragsteller zu 1) und 2) haben - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (Nr. 1), sind erwerbsfähig (Nr. 2), hilfebedürftig (Nr. 3) und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4). Die Antragsteller zu 3) bis 6) haben zwar nicht das 15. Lebensjahr vollendet, leben aber unstreitig mit den Antragstellern zu 1) und 2) gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II in einer Bedarfsgemeinschaft, sodass sie nach § § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II leistungsberechtigt sind.

Ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist jedenfalls bei summarischer Prüfung nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind vom ALG II-Leistungsbezug ausgenommen Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts (Nr. 1), Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben, b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen (Nr. 2) sowie Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (Nr. 3).

Da sich die Antragsteller unstreitig schon länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten und sie auch keine Leistungen nach dem AsylbLG erhalten, kommen die Leistungsausschlüsse nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 SGB II nicht in Betracht.

Im Ergebnis scheidet auch ein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II bei der im Eilverfahren notwendig eingeschränkten Prüfungsdichte aus. Die Antragsteller haben glaubhaft gemacht, dass sie über ein Aufenthaltsrecht verfügen, dass nicht von dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II umfasst ist.

Im Rahmen der summarischen Prüfung und angesichts der beschränkten Prüfdichte im gerichtlichen Eilverfahren geht der Senat davon aus, dass die Antragstellerin zu 2), die Unionsbürgerin ist, freizügigkeitsberechtigte Arbeitnehmerin im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU ist. Die Antragsteller haben den Arbeitsvertrag, die Meldebescheinigung nach § 25 DEÜV sowie die Lohnabrechnungen für die Monate November 2017 bis März 2018 vorgelegt. Anhaltspunkte für ein fingiertes Beschäftigungsverhältnis sind weder ersichtlich, noch werden sie von der Antragsgegnerin genannt. Ggfs. verbleibenden Zweifeln an der Echtheit und des Arbeitsverhältnisses ist im Hauptsacheverfahren nachzugehen.

Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger haben nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt innerhalb aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dieses Recht gilt auch für alle Familienangehörigen des Arbeitnehmers. Familienangehörige sind nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Nr. 1 FreizügG/EU u.a. der Ehegatte und die Verwandten in gerader absteigender Linie der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU genannten Personen, die noch nicht 21 Jahre alt sind. Damit sind der Antragsteller zu 1) als Ehemann und auch die minderjährigen Antragsteller zu 3) bis 6) als Kinder unter 21 Jahren über die Antragstellerin zu 2) freizügigkeitsberechtigt. Dass der Antragsteller zu 1) nicht EU-Bürger ist, steht dem nicht entgegen. Das Nichtbestehen des Rechts nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU kann nach § 2 Abs. 7 Satz 2 FreizügG/EU bei einem Familienangehörigen, der nicht Unionsbürger ist, nur dann festgestellt werden, wenn feststeht, dass er dem Unionsbürger nicht zur Herstellung oder Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft nachzieht oder ihn nicht zu diesem Zweck begleitet. Dies ist hier weder ersichtlich, noch wurde dies von dem Antragsgegner geltend gemacht. Dem Antragsteller wurde aus diesem Grund auch nicht schriftlich die Aufenthaltskarte oder das Visum versagt oder seine Aufenthaltskarte eingezogen (vgl. zu diesem Erfordernis: § 2 Abs. 7 Satz 3 und 4 FreizügG/EU).

Ob die Antragsteller zu 1) und 2) daneben angesichts des Schulbesuchs der Antragsteller zu 3) und 4) auch über ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) Nr. 4902/11 verfügen und der Leistungsausschluss nach 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2c SGB II wegen eines möglichen Verstoßes gegen europäisches Gemeinschaftsrecht bis zu einer abweichenden Entscheidung des EuGH nicht anzuwenden ist, wie der Senat in Übereinstimmung mit den anderen Fachsenaten des LSG Nordrhein-Westfalen bereits erkannt hat (Beschluss vom 21.12.2017 - L 7 AS 2044/17 B ER), braucht daher vorliegend nicht entschieden zu werden.

Einem Anordnungsanspruch steht nicht entgegen, dass die Zuflussmonate des Erwerbseinkommens der Antragstellerin zu 2) nicht bekannt sind. Die Aufklärung des genauen monatlichen Leistungsanspruchs ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

2.

Auch einen Anordnungsgrund haben die Antragsteller glaubhaft gemacht.

a) Die Antragsteller verfügen auch unter Berücksichtigung des Erwerbseinkommens der Antragstellerin (vollmonatlich brutto 450 EUR/ netto zuletzt 433,80 EUR) und des Kindergeldes über kein bedarfsdeckendes Einkommen. Bei einem Gesamtregel- und Sozialgeldbedarf von 1820 EUR ([2 x 374 EUR] + [2 x 296 EUR] + [2 x 240 EUR]), ergibt sich abzüglich des Erwerbseinkommens von monatlich netto 433,80 EUR sowie des Kindergeldes von monatlich 813 EUR eine Bedarfsunterdeckung von monatlich 573,20 EUR (1.820 EUR - 433,80 EUR - 813 EUR). Es ist den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, die u.a. aus vier minderjährigen Kleinkindern und einer pflegebedürftigen Person besteht, nicht möglich, diese Unterschreitung des soziokulturellen Existenzminimums bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu kompensieren. Der Senat nimmt jedoch davon Abstand, von dem Erwerbseinkommen der Antragstellerin zu 2) die Absetzbeträge nach § 11b Abs. 2 und 3 SGB II zu berücksichtigen, da diese Beträge faktisch zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen und daher zumutbar das Hauptsacheverfahren abgewartet werden kann.

Dies gilt jedoch nicht für die Anrechnung des Pflegegeldes. Dieses dient als zweckbestimmte Einnahme iSd § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II (hierzu BSG Urteil vom 17.10.2013 - B 14 AS 58/12 R) nicht der Deckung des Lebensbedarfs aller Familienmitglieder, sondern allein dazu, den besonderen behinderungsbedingten Bedarf des Kindes abzudecken. Sein Einsatz für die Bedarfsdeckung der anderen Familienmitglieder - ggfs. zu Lasten des behinderten Kindes - ist auch nur vorübergehend nicht zumutbar.

b) Bezogen auf die Unterkunfts- und Heizbedarfe ist für die frühere Wohnung in der X-straße 00, E, kein Anordnungsgrund mehr gegeben.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist für die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes bezogen auf die Unterkunfts- und Heizbedarfe keine Räumungsklage und/oder "Kündigungslage" erforderlich (Beschlüsse des Senats vom 04.05.2015 - L 7 AS 139/15 B ER und vom 06.12.2017 - L 7 AS 2133/17 B). Die Rechtsprechung des Senats deckt sich mit dem Beschluss des BVerfG vom 01.08.2017 (1 BvR 1910/12), das klargestellt hat, dass in Verfahren des Eilrechtsschutzes zu den Kosten der Unterkunft nicht allein schematisch auf die Erhebung der Räumungsklage abgestellt werden darf, sondern zu prüfen ist, welche Folgen im konkreten Einzelfall drohen. Hinsichtlich der Kosten für die Wohnung in der X-straße 00 ist gleichwohl kein Anordnungsgrund gegeben, weil die Antragsteller diese Wohnung bereits aufgegeben haben. Wenn - wie vorliegend - feststeht, dass das Mietverhältnis trotz Zusprechens der Leistungen nicht erhalten werden kann und es daher nur noch darum geht, Ansprüche des Vermieters zu sichern, liegt auch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kein Anordnungsgrund der Mieter, hier der Antragsteller vor. Dies gilt jedoch nicht für die neue Unterkunft in der B-straße 00, E.

Der Zeitraum der Verpflichtung des Antragsgegners orientiert sich an § 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II, wobei der Senat den Abschlussmonat aus Gründen der Zweckmäßigkeit zum Monatsende aufgerundet hat.

Auch die Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht ist begründet. Die Rechtverfolgung hatte von Beginn an hinreichende Aussicht auf Erfolg (§§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG, 114 ZPO). Zwar nimmt das Sozialgericht zu Recht an, dass das Rechtsschutzbedürfnis für ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren fehlen kann, wenn der Antragsteller erst in diesem Verfahren entscheidungserhebliche Unterlagen vorlegt. Dies gilt jedoch nur, wenn der Antragsgegner nach Vorlage der Unterlagen durch eine entsprechende Erklärung dem Rechtsschutzbegehren stattgibt. Nicht zulässig ist die Verneinung eines Rechtsschutzbedürfnisses, wenn der Antragsteller relevante Unterlagen zwar erst im Eilverfahren vorlegt, der Antragsgegner aber trotz dieser Vorlage weiterhin den geltend gemachten Anspruch nicht anerkennt. Dann steht eben kein einfacherer und billigerer Weg als die Einschaltung des Gerichts zur Verfügung. Der Antragsgegner hat trotz Vorlage aller zur Glaubhaftmachung erforderlichen Unterlagen bislang keine stattgebende Erklärung abgegeben.

Da die Rechtsverfolgung von Beginn an hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat, steht dem Antragsteller auch für das Verfahren vor dem Senat Prozesskostenhilfe zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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