L 5 KR 293/17

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 63 KR 336/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 293/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.03.2017 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 12.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2015 verurteilt, dem Kläger 1.220,70 EUR zuzüglich 4 % Zinsen aus 122,85 EUR ab dem 01.12.2014, aus weiteren 733,20 EUR ab 01.05.2015 und aus weiteren 364,65 EUR ab 01.02.2016 zu erstatten. Die Beklagte und die Beigeladenen zu 1 und 2 tragen die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Erstattung gezahlter Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.

Der 1984 geborene Kläger, der von der Beigeladenen zu 1 bislang keine Leistungen erhalten oder zu beanspruchen hat, war seit Januar 2010 als Beschäftigter versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten und von Oktober 2013 bis Juni 2015 als Rechtsreferendar Angestellter des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit Verfügung der Präsidentin des Landgerichts Dortmund vom 14.07.2014 wurde er für den Zeitraum von September 2014 bis Juni 2015 im Rahmen der Anwaltsstation dem Rechtsanwalt C, seinerzeit Partner der Beigeladenen zu 3, zugewiesen. Nach Ausscheiden des Rechtsanwalts C bei der Beigeladenen zu 3 erfolgte (von April bis Juni 2015) eine Zuweisung des Klägers an den dort tätigen Rechtsanwalt Dr. I.

Bereits am 11.06.2014 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 3 eine als Ausbildungsvertrag für Referendare bezeichnete schriftliche Vereinbarung. Danach (§ 1 der Vereinbarung) war der Kläger für die Zeit vom 01.09.2014 bis 30.06.2015 als Referendar am Standort Düsseldorf der Beigeladenen zu 3 angestellt. Unter § 2 der Vereinbarung verpflichtete er sich, regelmäßig an vier Tagen pro Woche im Büro zur Ausbildung anwesend zu sein. In § 3 wurde eine monatliche Ausbildungsvergütung i.H.v. 1.300 EUR brutto für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit vereinbart. Hinsichtlich der weiteren Vertragsinhalte wird auf Blatt 5 bis 10 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Der Kläger trat am 01.09.2014 seine Referendarstation bei der Beigeladenen zu 3 an und absolvierte diese - wie vereinbart - bis zum 30.06.2015 bei den Rechtsanwälten C (September 2014 bis März 2015) und I (April bis Juni 2015). Sowohl von Rechtsanwalt C als auch von Dr. I erhielt der Kläger (unter dem 31.03.2015 bzw. dem 30.06.2015) ein Zeugnis über den Ausbildungsabschnitt. Hinsichtlich des genauen Inhalts wird verwiesen auf Blatt 37 bis 42 der Gerichtsakten.

Die Beigeladene zu 3 zahlte dem Kläger jeweils zur Mitte des Monats das vereinbarte Entgelt und führte hierauf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Beklagte ab. Als Arbeitnehmerbeitrag zur Rentenversicherung wurden für die Tätigkeitszeiträume in 2014 monatlich 122,85 EUR (9,45%) sowie in 2015 monatlich 121,55 EUR (9,35%) von den Bruttobezügen des Klägers einbehalten.

Am 01.10.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage des Ausbildungsvertrages die Erstattung des Arbeitnehmerbeitrages zur Rentenversicherung für den Monat September 2014. Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3 sei (nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB VI) rentenversicherungsfreier Teil der Ausbildung im juristischen Vorbereitungsdienst. Es handele sich nicht um ein daneben bestehendes rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Ferner berief er sich auf die Ausführungen in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 31.05.1978 - 12 RK 25/77. Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung habe er bislang weder beantragt noch in Anspruch genommen.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Beigeladene zu 3 mit, der Kläger sei bei ihr ausschließlich zu Ausbildungszwecken beschäftigt. Die tatsächliche Gestaltung des Arbeitsablaufes sie nicht in zwei voneinander unabhängige Teile (Ausbildung und Zweitbeschäftigung) getrennt.

Mit Bescheid vom 12.11.2014 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3 sei als Zweitbeschäftigung zu qualifizieren, da ihm ein Entgelt aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung gewährt werde. Ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis sei nur dann anzunehmen, wenn das zusätzliche Entgelt für die Tätigkeit während der Anwaltsstation ohne ausdrückliche Vereinbarung und damit ohne Rechtsgrund, gewährt werde. Eine (grundsätzlich denkbare) sog. Gewährleistungserstreckungsentscheidung der obersten Landesverwaltungsbehörde, die zu einer Rentenversicherungsfreiheit der Zweitbeschäftigung führen könne, sei nicht getroffen worden.

Im Widerspruchsverfahren wandte der Kläger unter Hinweis auf die Urteile des Bundessozialgerichts vom 31.05.1978 - 12 RK 48/76, vom 26.03.1998 - B 12 KR 17/97 R und vom 03.02.1994 - 12 RK 18/93 ein, allein maßgeblich sei die inhaltliche Ausgestaltung der Anwaltsstation. Im vorliegenden Fall sei seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 3 organisatorisch vollständig in die Ausbildungstätigkeit integriert. Daran ändere sich auch nichts dadurch, dass eine zusätzliche Vergütung gezahlt werde. Der Ausbildungsvertrag enthalte keine synallagmatischen Leistungspflichten, sondern setze die Ausbildungsverpflichtung des Klägers nach §§ 34, 41 JAG NRW voraus. Dementsprechend werde das zusätzliche Entgelt selbst unter Zugrundelegung des Beurteilungsmaßstabes der Beklagten freiwillig gezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Wenn - wie hier - aufgrund einer besonderen vertraglichen Vereinbarung eine zusätzliche Vergütung gezahlt werde, sei grundsätzlich von Versicherungspflicht auszugehen (Bezugnahme auf BSG, Urteile vom 11.03.1970 - 3 RK 40/67 sowie vom 31.05.1978 - 12 RK 48/76, 12 RK 49/76 und 12 RK 25/77).

Am 20.03.2015 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Dortmund mit dem Begehren erhoben, ihm die für die Zeit ab September 2014 von der Beigeladenen zu 3 entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten.

Nach Abschluss der Anwaltsstage bei der Beigeladenen zu 3 hat er sein Begehren am 21.12.2015 auf die Erstattung der für die Zeit von September 2014 bis Juni 2015 zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlten Arbeitnehmerbeiträge zzgl. 4% hieraus ab dem 01.12.2014 umgestellt.

Zur Begründung der Klage hat er ergänzend ausgeführt, auch das Land Nordrhein-Westfalen gehe davon aus, dass Rechtsreferendaren ein Entgelt für eine in den Ausbildungsrichtlinien vorgeschriebene Tätigkeit gezahlt werden könne, ohne dass dadurch eine Nebentätigkeit begründet werde (§ 3 der Verordnung über die Gewährung einer monatlichen Unterhaltsbeihilfe an Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare). Dass während des gesamten Ausbildungszeitraumes eine gesonderte (weitere) Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 3 nicht bestanden habe, ergebe sich auch aus den beiden Stationszeugnissen. Die Rechtsauffassung der Beklagten führe zu willkürlichen Ergebnissen; denn danach sei maßgebliches Kriterium letztlich nur, ob für die Anwaltsstation mündliche oder schriftliche Abreden mit der ausbildenden Kanzlei getroffen worden seien. In dem vergleichbaren Fall einer ebenfalls bei der Beigeladenen zu 3 tätigen Referendarin habe das Sozialgericht Münster bereits eine für die dortige Klägerin positive Entscheidung getroffen (SG Münster, Urteil vom 08.08.2016 - S 9 KR 698/15; nachgehend Urteil des erkennenden Senats vom 30.03.2017 - L 5 KR 719/16).

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab dem 01.09.2014 und 30.06.2015 die durch die Beigeladene zu 3 entrichteten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu erstatten, nebst Zinsen hieraus i.H.v. 4% des jeweils zu erstattenden Betrags ab dem 01.12.2014.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für die Annahme einer Zweitbeschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 3 spreche, dass die Ausbildungsvereinbarung über das reine Ausbildungsverhältnis hinausgehende Regelungen enthalte; so etwa einen eigenen Anspruch des Klägers auf Jahresurlaub, einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie eine Mitteilungspflicht im Falle der Aufnahme von Nebentätigkeiten. Ferner sei in der Vereinbarung ein eigenes Kündigungsrecht der Beigeladenen zu 3 vorgesehen. Aus dem Urlaubsanspruch und dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung lasse sich ableiten, dass ein selbständiges Arbeitsverhältnis vorliege, da sich diese Ansprüche für das Ausbildungsverhältnis bereits aus § 32 JAG NRW ergäben und es daher insoweit einer eigenständigen Regelung nicht bedurft hätte. Schließlich zeige die Abführung der Rentenversicherungsbeiträge durch die Beigeladene zu 3, dass sie selbst von einer Zweitbeschäftigung des Klägers bei ihr ausgegangen sei.

Das Sozialgericht hat die Beigeladenen zu 1 bis 3 zu dem Verfahren hinzugezogen (Beschlüsse vom 03.07.2015, 11.05.2016, 31.05.2016 und 28.06.2016).

Die Beigeladene zu 1 hat sich dem Vorbringen und dem Antrag der Beklagten angeschlossen.

Die Beigeladene zu 2 hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen und hat keinen eigenen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 3 hat sich, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, der Rechtsansicht des Klägers angeschlossen. Die gesamte Tätigkeit des Klägers habe sich innerhalb des durch die Justizausbildungsordnung vorgegebenen Rahmens vollzogen. Eine Trennung in einen ausbildungsbezogenen und einen hiervon unabhängigen Teil sei weder vertraglich vorgesehen, noch faktisch möglich gewesen. Sämtliche Tätigkeiten, die der Kläger für die Beigeladene zu 3 ausgeführt habe, hätte er auch ohne Vergütung erbringen müssen. Den Bedürfnissen der Ausbildung sei stets Vorrang eingeräumt worden (Freistellung wegen Einführungslehrgang, Arbeitsgemeinschaft, Examen). Im Übrigen beschäftige die Beigeladene zu 3 auch Referendare in Nebentätigkeit, diese würden bei ihr als wissenschaftliche Mitarbeiter eingestuft und erhielten einen Arbeitsvertrag, der sich von dem hier zu Grunde liegenden Ausbildungsvertrag grundlegend unterscheide. So erfolge die Vergütung von Referendaren in Nebentätigkeit nicht etwa pauschal, sondern auf Stundenbasis mit entsprechender Abrechnungskontrolle über Arbeitszeitnachweise. Die von der Beklagten im vorliegenden Fall unterstellte Trennung zwischen einem schriftlichen Arbeitsvertrag in Form des Ausbildungsvertrages einerseits und einer formlosen Regelung der Stationstätigkeit andererseits sei konstruiert und entspreche nicht der Lebenswirklichkeit. Der Umstand, dass die Beigeladene zu 3 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Kläger abgeführt habe, sei lediglich der Vermeidung einer Strafbarkeit nach § 266a Abs. 1 StGB geschuldet gewesen.

Im Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht am 13.03.2017 durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klage abgewiesen.

Die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 3 in dem fraglichen Zeitraum habe der Rentenversicherungspflicht unterlegen. Die entsprechenden Arbeitnehmerbeiträge seien daher mit Rechtsgrund abgeführt worden, sodass die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 26 Abs. 2 SGB IV nicht erfüllt seien.

Der Kläger sei dem Grunde nach gemäß § 1 S. 1 Ziff. 1 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen, wobei die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 1 S. 1 Ziff. 2 SGB VI nicht vorgelegen hätten. Denn bei der von dem Kläger bei der Beigeladenen zu 3 ausgeübten Tätigkeit habe es sich nicht um eine Beschäftigung gehandelt, für die nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert worden sei, sondern um ein hinzugetretenes eigenständiges Beschäftigungsverhältnis.

Der Begründung der Beklagten im Wesentlichen folgend hat es maßgeblich auf den Inhalt und die Ausgestaltung des Ausbildungsvertrages zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3 abgestellt. So sei in § 1 des Vertrags von einer "Anstellung" des Klägers als Referendar die Rede. Ferner lege § 2 zwar keine nach Stunden bemessene Arbeitszeit fest, bestimme den Arbeitsumfang aber nach Tagen. Die Regelung enthalte auch eine Verpflichtung des Klägers, sich seiner Ausbildung innerhalb des vereinbarten Umfangs uneingeschränkt zu widmen und die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Sie sehe zudem ein Weisungsrecht der Beigeladenen zu 3 vor. In § 3 des Vertrages werde als "vertraglich geschuldete" Gegenleistung für die Tätigkeit des Klägers eine monatliche Vergütung i.H.v. 1.300 EUR brutto versprochen. Der Vertrag entspreche auch im Übrigen etwa mit Blick auf die Regelungen zum Urlaubsanspruch, zur Mitteilungspflicht bei der Aufnahme von Nebenbeschäftigungen und zum Anspruch auf Entgeltfortzahlung dem, was üblicherweise im Rahmen eines Ausbildungsvertrages geregelt werde. Insgesamt könne die Vereinbarung danach nur so verstanden werden, dass ein Beschäftigungsverhältnis mit synallagmatischen Leistungspflichten und Weisungsgebundenheit des Klägers gegenüber der Beigeladenen zu 3 begründet werden sollte. Die Parteien hätten erkennbar nicht nur die Modalitäten der praktischen Durchführung der Referendarstation regeln wollen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte man erwarten können, dass sie als "Profis" auf dem Gebiet der Vertragsgestaltung dies auch so zum Ausdruck gebracht hätten.

Die Kammer sehe die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses ferner dadurch bestätigt, dass die Beigeladene zu 3 die Rentenversicherungsbeiträge für den Kläger tatsächlich abgeführt habe. Soweit sie geltend mache, dies sei nur vorsorglich erfolgt, um eine etwaige Strafbarkeit zu vermeiden, sei dem entgegenzuhalten, dass im Zweifelsfall eine vorherige Klärung mit der Beklagten oder dem Rentenversicherungsträger hätte herbeigeführt werden können.

Dem Ergebnis stehe die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht entgegen. Zwar habe das Bundessozialgericht bereits im Jahr 1978 entschieden, dass die einem Referendar während des juristischen Vorbereitungsdienstes ohne Rechtsgrund gezahlte zusätzliche Vergütung nur dann einer neben der Ausbildung bestehenden Zweitbeschäftigung zugeordnet werden und damit zur Versicherungspflicht führen könne, wenn die Beschäftigung des Referendars - sei es durch ausdrückliche Vereinbarung, sei es durch tatsächliche Gestaltung des Arbeitsablaufs - konkret in zwei voneinander unabhängige Teile getrennt sei, nämlich einerseits in ein reines Ausbildungsverhältnis und andererseits in ein von Ausbildungszwecken freies Beschäftigungsverhältnis (BSG, Urteil vom 31.05.1978 - 12 RK 25/77). Diese Rechtsprechung, die das Bundessozialgericht jüngst (mit Urteil vom 31.03.2015 - B 12 R 1/13 R) bekräftigt habe, könne auf den vorliegenden Fall indes nicht übertragen werden, da es hier gerade nicht an einem Rechtsgrund für die geleistete Zahlung fehle. Den Rechtsgrund liefere der schriftliche Ausbildungsvertrag.

Gegen dieses dem Kläger am 28.03.2017 zugestellte Urteil richtet sich seine am 25.04.2017 eingelegte Berufung.

Der wesentliche Rechtsfehler des Sozialgerichts bestehe in der Annahme, er sei neben dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis im Sinne der §§ 30 ff. JAG NRW im Zuge seiner Anwaltsstation bei der Beigeladenen zu 3 ein weiteres Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Das Sozialgericht habe die inhaltliche Ausgestaltung des Ausbildungsverhältnisses zu Unrecht außer Acht gelassen. Seine Arbeitsleistung habe er ausschließlich zu Ausbildungszwecken im Sinne des JAG NRW erbracht. Darüber hinaus gehende Arbeiten habe er nicht durchgeführt. Ggf. hätte das Sozialgericht die beiden Ausbilder als Zeugen hören müssen. Dem Ausbildungsvertrag lasse sich die Regelung über die Ausbildung hinaus gehender Inhalte ebenso wenig entnehmen, wie der ursprünglichen Abführung der Beiträge an die Beklagten.

Die Vermutung des Sozialgerichts, die Parteien der Ausbildungsvereinbarung hätten als "Profis" auf dem Gebiet der Vertragsgestaltung andere Formulierungen gewählt, wenn tatsächlich ein reines Ausbildungsverhältnis gewollt gewesen wäre, gehe fehl. So wäre etwa - wie bei Referendaren, die als wissenschaftliche Mitarbeiter in Nebentätigkeit bei der Beklagten beschäftigt seien - die genaue Arbeitszeit zu regeln gewesen, wenn eine über die Ausbildung hinaus gehende Beschäftigung gewollt gewesen wäre.

Mit Blick auf die von ihm während der Anwaltsstation übernommenen Aufgaben sei anzumerken, dass das Energiewirtschaftsrecht - anders etwa als das Steuerrecht - schon kein selbständiges Rechtsgebiet sei. Es handele sich dabei vielmehr um die Zusammenfassung sämtlicher Rechtsnormen, die die Energiewirtschaft regelten. Diese wiederum entstammten insbesondere dem allgemeinen Zivilrecht, dem Zivilprozessrecht, dem Gesellschaftsrecht, dem Europarecht, dem (allgemeinen und besonderen) Verwaltungsrecht sowie dem Verwaltungsprozessrecht. Die aus den vorgelegten Zeugnissen ersichtlichen Aufgaben des Klägers hätten sich durchweg auf Kerngebiete der Ausbildung und Pflichtfächer der zweiten juristischen Staatsprüfung bezogen. Schließlich sollten Referendarinnen und Referendare - nach Maßgabe des § 39 Abs. 3 JAG NRW - auch an Aufgaben mitarbeiten, die das selbständige Denken und die praktisch methodischen Fähigkeiten förderten. Hierfür seien gerade auch Themengebiete, die außerhalb des Pflichtstoffes der zweiten juristischen Staatsprüfung angesiedelt seien, besonders gut geeignet (Verweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 27.04.2017 - L 5 KR 719/16).

Vor dem 01.09.2014 sei er nicht bei der Beigeladenen zu 3 tätig gewesen. Während der Anwaltsstation habe er ca. 90 Schriftsätze in Verfahren vor Amts- und Landgerichten zu Fragen des allgemeinen Zivilrechts angefertigt. Ferner habe er in vielen Fällen als Unterbevollmächtigter Termine vor dem Amtsgericht wahrgenommen. Gemeinsam mit einem Kurzgutachten zur energiewirtschaftlichen Frage der Vermischung von Erdgas in Pipelines hätten diese Tätigkeiten ca. 80-90% seiner Tätigkeit während der Anwaltsstage ausgemacht. Daneben habe er noch Vermerke/Kurzgutachten zu gesellschaftsrechtlichen Fragestellungen und im Bereich des Energiewirtschaftsgesetzes verfasst. Schließlich habe er seine Anwesenheitszeiten im Büro (in der Regel 09:00 bis 18:00 Uhr - unterbrochen durch eine 1½-stündige Mittagspause) auch zum Selbststudium genutzt. Insbesondere habe er acht Termine des von der Beigeladenen zu 3 initiierten Examensrepititoriums ("Kaiserseminare") wahrgenommen und einige der dort angebotenen Klausuren mitgeschrieben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 13.03.2017 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2015 zu verurteilen, ihm 1.220,70 EUR zzgl. 4% Zinsen aus 122,85 EUR ab 01.12.2014, aus weiteren 733,20 EUR ab 01.05.2015 und aus weiteren 364,65 EUR ab 01.02.2016 zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil für zutreffend. Dem Kläger seien ausweislich seiner Stationszeugnisse schwerpunktmäßig Arbeiten aus dem Energiewirtschaftsrecht übertragen worden, welches nicht Gegenstand der zweiten juristischen Staatprüfung sei (§§ 11 und 52 JAG NRW).

Die Beigeladene zu 1 schließt sich dem Antrag der Beklagten an, äußert sich im Übrigen im Berufungsverfahren aber nicht.

Das Beigeladene zu 2 schließt sich dem Antrag der Beklagten ebenfalls an. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladene zu 3 stellt keinen Antrag. Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen. Ferner beruft sie sich auf das Urteil des erkennenden Senats vom 27.04.2017 - L 5 KR 719/16 sowie auf ein Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28.03.2017 - S 208 KR 1505/16. In beiden Fällen sei es um die Tätigkeit von Referendaren in ihrem Hause gegangen. Die zu Grunde liegenden Sachverhalte seien vergleichbar.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

A) Die zulässige Berufung ist begründet.

I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2015 (§ 95 SGG), womit die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erstattung des für den Monat September 2014 abgeführten Arbeitnehmeranteils zur gesetzlichen Rentenversicherung abgelehnt hat. Inzwischen erstreckt sich das Begehren des Klägers darüber hinausgehend auf die Erstattung sämtlicher für den Zeitraum von September 2014 bis Juni 2015 entrichteten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung nebst Zinsen.

II. Das Klagebegehren ist als (kombinierte Anfechtungs- und) Leistungsklage gemäß § 54 (Abs. 1 und) Abs. 4 SGG statthaft (vgl. dazu etwa Zieglmeier in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand März 2018, § 26 SGB IV Rn. 37 m.w.N. oder BSG, Urteil vom 25.04.1991 - 12 RK 40/90 Rn. 13) und auch im Übrigen zulässig. Der Kläger konnte sein Begehren gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG im Hinblick auf die Hauptforderung (die weiteren Beitragsmonate nach September 2014) und die Nebenforderung (den Zinsanspruch) erweitern, ohne dass dies als Klageänderung anzusehen wäre (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 99 Rn. 4).

III. Die Klage ist auch begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig. Der Kläger ist dadurch beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG. Gleichzeitig steht ihm gegen die Beklagte ein Erstattungsanspruch (dazu 1.) nebst Zinsen (dazu 2.) in der geltend gemachten Höhe zu.

1. Die angefochtenen Bescheide sind materiell rechtswidrig, weil dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung der für den Monat September 2014 abgeführten Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung zusteht. Auch für die Folgemonate (Oktober 2014 bis Juni 2015) liegen die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nach § 26 SGB IV vor. Die Vorschrift enthält eine spezialgesetzliche Ausformung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches (vgl. Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand: August 2015, § 26 SGB IV Rn. 7), wobei in tatbestandlicher Hinsicht gemäß § 26 Abs. 2 sowie Abs. 3 S. 1 SGB IV

a) Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sein müssen,

b) der Versicherungsträger bis zur Geltendmachung des Erstattungsanspruches aufgrund dieser Beiträge oder für den Zeitraum, für den die Beiträge zu Unrecht entrichtet worden sind, keine Leistungen erbracht oder zu erbringen haben darf, c) der Anspruchsteller die Beiträge getragen haben muss und

d) der angegangene Träger zur Erstattung der Beiträge zuständig sein muss.

zu a) Zu Unrecht entrichtet sind die Beiträge, wenn weder ein formeller Rechtsgrund (etwa in Form eines Bescheides) noch ein materiell-rechtlicher Grund für die Beitragsentrichtung besteht (zu Einzelheiten Zieglmeier in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand: März 2018, § 26 Rn. 27 m.w.N.).

Da hier ein (bestandskräftiger) Bescheid über die in Rede stehende Beitragsentrichtung nicht erlassen wurde, hängt die Antwort auf die Frage, ob die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Kläger von der Beigeladenen zu 3 zu Unrecht abgeführt wurden, allein davon ab, ob die Beiträge nach den gesetzlichen Vorgaben über die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen waren oder nicht.

aa) Gemäß § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI sind versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung alle Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sind sonstige Beschäftigte von Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Verbänden einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist, versicherungsfrei.

Dies ist hier dem Grunde nach der Fall. Denn dem Kläger wurde als Referendar vom Land Nordrhein-Westfalen in dem fraglichen Zeitraum nach beamtenrechtlichen Vorschriften Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet (§ 32 Abs. 3 S. 3 JAG NRW). Der Kläger befand sich nach § 30 Abs. 1 JAG NRW in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen. Er war gemäß § 34 Abs. 1 i.V.m. § 35 Abs. 2 Nr. 4 JAG NRW zunächst Rechtsanwalt C und wegen dessen Ausscheiden aus der Anwaltsgesellschaft anschließend dem Rechtsanwalt Dr. I zur Ausbildung zugewiesen. In dem fraglichen Zeitraum waren die genannten Rechtsanwälte die Ausbilder des Klägers, die Dienstherrschaft oblag jedoch weiterhin der Präsidentin des Landgerichts Dortmund (§ 34 Abs. 1 und 2 JAG NRW). Der Kläger hatte nach wie vor einen Anspruch auf Unterhaltsbeihilfe und Erholungs- sowie Sonderurlaub nach § 34 Abs. 3-6 JAG NRW.

bb) Ausgehend von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteile vom 31.05.1978 - 12 RK 48/76, 12 RK 49/76 und 12 RK 25/77 sowie vom 31.03.2015 - B 12 R 1/13 R), der sich der erkennende Senat in dem Urteil vom 27.04.2017 - L 5 KR 719/16 bereits ausdrücklich angeschlossen hat, wäre daneben nur dann Raum für eine gesondert rentenversicherungspflichtige ("Zusatz"-)Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 3, wenn diese Tätigkeit - sei es durch ausdrückliche Vereinbarung, sei es durch tatsächliche Gestaltung des Arbeitsablaufs - in zwei voneinander unabhängige Teile getrennt gewesen wäre, nämlich zum einen in ein reines Ausbildungsverhältnis und zum anderen in ein von Ausbildungszwecken freies Beschäftigungsverhältnis. Dies vermag der Senat nach Würdigung der Gesichtspunkte des vorliegenden Einzelfalles jedoch nicht zu erkennen.

Wesentlich für die Beurteilung sind dabei nach der Überzeugung des Senats die Überlegungen des Bundessozialgerichts (etwa in dem Urteil vom 31.05.1978 - 12 RK 48/76 Rn. 11), wonach es Ausbildungsbeschäftigungen durchaus zu eigen ist, dass sie der ausbildenden Stelle auch wirtschaftlichen Nutzen bringen können, ohne dass dies dem Sinn und Zweck der Ausbildung und dem rechtlichen Status des Auszubildenden entgegenstehen muss. Für eine abstrakte Aufspaltung des zum Zwecke der Ausbildung begründeten, diesem Zweck dienenden und auch inhaltlich von ihm geprägten Beschäftigungsverhältnisses besteht danach kein Anlass, nur weil es gleichzeitig auch wirtschaftlich relevante Arbeitsleistungen enthält. Dies gilt auch dann, wenn in Anerkennung des mit der Ausbildungsbeschäftigung verbundenen wirtschaftlichen Nutzens ohne zwingenden Rechtsgrund eine zusätzliche Vergütung gezahlt wird. (vgl. dazu bereits ausführlich Urteil des erkennenden Senats vom 27.04.2017 - L 5 KR 719/16 Rn. 32 m.w.N.)

Dieser gedankliche Ansatz wird weder in der Rechtsprechung, d.h. in den von den Beteiligten im Laufe des Verfahrens in Bezug genommenen Urteilen, noch in der Literatur (vgl. etwa Serr/Vielmeier NZS 2016 Seite 84 ff.; Wiegand JM 2016 Seite 114 ff.) oder von der Beklagten bzw. den Beigeladenen zu 1 und 2 in Zweifel gezogen.

(1) Davon ausgehend ist hier - wie schon in dem vom Senat bereits entschiedenen Fall (mit identischem Passivrubrum) - nichts dafür ersichtlich, dass die gesetzlichen Vorgaben der §§ 34, 35 JAG NRW durch den Ausbildungsvertrag abbedungen worden wären. Die dort getroffenen Abreden sind vielmehr als Konkretisierung der gesetzlichen Vorgaben des JAG NRW zu verstehen, was sich nicht nur aus der Überschrift "Ausbildungsvertrag", sondern etwa auch aus den Regelungen in § 1 (zeitliche Beschränkung auf die Anwaltsstation), § 2 (Anwesenheit zur Ausbildung und Beachtung der Ausbildungsbelange durch die Beigeladene zu 3) und § 5 (Anpassung der Urlaubsgewährung an die Ausbildungserfordernisse des Referendardienstes) entnehmen lässt. Darüber hinaus gehende inhaltliche Verpflichtungen des Klägers sind dem Vertrag demgegenüber nicht zu entnehmen. Dies gilt namentlich für das vom Sozialgericht für seine Entscheidung in den Vordergrund gerückte Weisungsrecht (in § 2 S. 3 des Ausbildungsvertrages), welches lediglich zum Ausdruck bringt, dass der Kläger die ihm von seinem Ausbilder als Vorgesetzten (vgl. § 32 Abs. 2 JAG NRW) nach Maßgabe des "Ausbildungsplanes für die Ausbildung bei einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt nach dem JAG NRW vom 11.03.2003" (Ausbildungsplan) übertragenen Aufgaben zu erledigen hat. Vor diesem Hintergrund sind auch keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die von der Beklagten genannten Aspekte (insbesondere die Urlaubsregelung oder der Klausel zur Entgeltfortzahlung) konstitutive Bedeutung im Sinne der Begründung eines eigenständigen Beschäftigungsverhältnisses haben könnten. Schließlich hält sich die Höhe der dem Kläger gewährten (zusätzlichen) Ausbildungsvergütung in einem Rahmen, der nicht nahe legt, dass seine Tätigkeit ihrem Umfang und/oder ihrem Inhalt nach einen Mehrwert für die Beigeladene hatte, der über das hinausgeht, was üblicherweise eine Tätigkeit von Stationsreferendaren zur Ausbildung (etwa durch Zeitersparnis für die Ausbilder) mit sich bringt.

(2) Unter Berücksichtigung des Inhalts der beiden Stationszeugnisse sowie der in sich schlüssigen und damit glaubhaften (schriftlichen bzw. mündlichen) Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 3 spricht auch nichts dafür, dass dem Kläger entgegen den gesetzlichen Vorgaben bzw. der vertraglichen Vereinbarung in nennenswertem Umfang ausbildungsfremde Tätigkeiten übertragen waren. Mit Blick auf die Angaben des Klägers zur Wahrnehmung von Gerichtsterminen und der von ihm gefertigten schriftlichen Arbeiten, ist es nachvollziehbar, dass er sich weit überwiegend (80-90%) mit klassischen Tätigkeiten und Aufgaben befasst hat, die in einer zivilrechtlich ausgerichteten Anwaltskanzlei anfallen bzw. die Ausbildungsgegenstände nach Maßgabe von II., 1. des Ausbildungsplans sind (Wahrnehmung von Gerichtsterminen vor Amts- und Landgerichten, Abfassen von Schriftsätzen in deutscher Sprache). Soweit der Kläger auch mit Aufgaben auf dem Spezialgebiet des Energiewirtschaftsrechts betraut gewesen ist, war dies kein Schwerpunkt seiner Arbeit. Zudem ist der Einwand des Klägers plausibel, dass sich auch auf diesem Gebiet Fragestellungen allgemein zivilrechtlicher Natur ergaben (wie etwa die Frage nach den Eigentumsverhältnissen bei Vermischung von Gasen in Pipelines - § 948 BGB). Ein weiteres Indiz dafür, dass die Beigeladene zu 3 bzw. die Ausbilder des Klägers den Vorrang der Ausbildung respektiert haben, ist, dass der Kläger in nennenswertem Umfang die von der Beigeladenen zu 3 angebotenen Repititorien und Klausurenkurse zur Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen wahrgenommen hat.

(3) Alles in allem ist danach nicht ersichtlich, wo im Rahmen des zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3 begründeten Ausbildungsverhältnisses noch Raum für ein eigenständiges von ausbildungsfremden Inhalten geprägtes Beschäftigungsverhältnis geblieben sein soll. Dies gilt umso mehr, als der Kläger vor September 2014 noch nicht bei der Beigeladenen zu 3 tätig war und diese nach ihrem schlüssigen Vorbringen (insbesondere mit Blick auf die vertraglichen Inhalte) klar zwischen der "Beschäftigung" von Referendaren zur Ausbildung und solchen in Nebentätigkeit (wissenschaftliche Mitarbeiter) unterscheidet.

zu b) Da der Kläger bislang keine Leistungen von der Beigeladenen zu 1 erhalten oder zu beanspruchen hat, steht § 26 Abs. 2 S. 1 2 HS SGB IV dem Erstattungsanspruch hier nicht entgegen.

zu c) Gläubiger des Erstattungsanspruches ist gemäß § 26 Abs. 3 S. 1 SGB IV die Person, die den Beitrag getragen hat. Dies ist derjenige, der mit der Beitragssumme in seinem Vermögen belastet worden ist (vgl. Zieglmeier a.a.O. Rn. 56 m.w.N.).

Den aktenkundig gewordenen Verdienstabrechnungen der Beigeladenen zu 3 für den Kläger lässt sich unzweifelhaft entnehmen, dass die hier in Rede stehenden Arbeitnehmeranteile vom Bruttoeinkommen abgezogen und damit bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung vom Kläger getragen worden sind.

zu d) Die Beklagte ist als Einzugsstelle die für die Erstattung der Beiträge zuständige Behörde.

Nach § 211 S. 1 Nr. 1 SGB VI ist für die Erstattung zu Unrecht entrichteter (Rentenversicherungs-) Beiträge die Einzugsstelle zuständig, wenn der Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, die Beiträge vom Träger der Rentenversicherung noch nicht beanstandet worden sind und die Träger der Rentenversicherung dies mit den Einzugsstellen oder den Leistungsträgern vereinbart haben. Nach Nr. 4.3.1 Abs. 1 S. 1 der "Gemeinsamen Grundsätze für die Verrechnung und Erstattung zu Unrecht gezahlter Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aus einer Beschäftigung" der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 21.11.2006 ist für die Bearbeitung des Antrags auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge die Einzugsstelle zuständig, soweit sich aus den Abschnitten 4.3.2 und 4.3.3 nichts anderes ergibt. Die Nrn. 4.3.2 (Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers) und 4.3.3 (Zuständigkeit der Agentur für Arbeit) der Grundsätze sind hier nicht einschlägig.

e) Waren die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Rentenversicherung von der Beigeladenen zu 3 für den Kläger und den Zeitraum von September 2014 bis Juni 2016 (10 Monate) zu Unrecht entrichtet, beläuft sich die Hauptforderung auf 1.220,70 EUR (= 4 x 122,85 EUR + 6 x 121,55 EUR).

2. Die Klage ist auch mit Blick auf die geltend gemachte Zinsforderung in voller Höhe begründet.

Gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist der Erstattungsanspruch nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des vollständigen Erstattungsantrags, beim Fehlen eines Antrags nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Erstattung bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen.

Da der Antrag des Klägers auf Beitragserstattung ursprünglich auf den Monat September 2014 beschränkt war, ist hinsichtlich der Verzinsung zwischen diesem Monat und der Zeit danach zu differenzieren.

Der Antrag des Klägers auf Erstattung der Beiträge für den Monat September 2014 datiert vom 01.10.2014 und ist noch am selben Tag per E-Mail bei der Beklagten eingegangen.

Davon ausgehend beginnt die Verzinsung der für den Monat September 2014 zu Unrecht entrichteten Beiträge (122,85 EUR) ab dem 01.12.2014. Denn die Wendung in § 27 Abs. 1 S. 1 SGB IV " nach Ablauf eines Kalendermonats nach " ist so zu verstehen, dass die Verzinsung mit Ablauf des Monats, der auf den Eingang des Antrages folgt, zu beginnen hat (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 27.04.2017 - L 5 KR 719/16 Rn. 41 m.w.N. auch zu den Gegenansichten).

Was die Folgemonate von Oktober 2014 bis März 2015 (733,20 EUR) und April bis Juni 2015 (364,65 EUR) angeht, sind als Antrag auf Erstattung die Klageschrift (vom 14.03.2015 - Zugang bei der Beklagten wohl noch im März 2015) und der Schriftsatz zur Klageerweiterung (vom 15.12.2015 - Eingang bei der Beklagten wohl noch im Dezember 2015) zu werten. Denn damit hat der Kläger jeweils seine Ansprüche auf Erstattung der für die genannten Monate zu Unrecht entrichteten Beiträge erstmals geltend gemacht.

Dies zu Grunde legend beginnt die Verzinsung des Erstattungsanspruches für die Monate Oktober 2014 bis März 2015 ab dem 01.05.2015 und für die Monate April bis Juni 2015 ab dem 01.02.2016.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 184, 193 Abs. 1 S. 1 Abs. 4, 194 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

Der Senat hat es für angemessen gehalten, die Beigeladenen zu 1 und 2 an der Tragung der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu beteiligen, weil sie einen die Beklagte unterstützenden Antrag gestellt haben. Rechtsgrundlage dafür ist der insoweit heranzuziehende Rechtsgedanke aus § 197a Abs. 2 S. 1 SGG bzw. § 154 Abs. 3 VwGO (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., 12. Auflage 2017, § 193 Rn. 11 f.).

Kosten der nicht nach § 183 SGG privilegierten Beigeladenen zu 3 waren nicht zu erstatten.

C) Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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