L 15 R 357/18 B

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 44 R 1011/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 R 357/18 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.04.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde, über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 JVEG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beschwerdeführerin für das mehrseitige, unter dem 06.07.2017 verfasste Schreiben, das sie selbst als "Fachgutachten KZGA Form" bezeichnet und fälschlich auf den 12.07.2017 datiert (ein irgendwie geartetes Schreiben der Beschwerdeführerin vom 12.07.2017 ist nicht aktenkundig), keine Vergütung beanspruchen kann.

1. Die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts vom 20.04.2018, deren ausdrücklicher Tenor lautet: "Die für das gemäß § 109 SGG eingeholte Gutachten der Sachverständigen Dr. N zu erstattenden Kosten werden auf 0,00 EUR festgesetzt.", ist dahingehend auszulegen, dass sich die Festsetzung einer Vergütung auf 0,00 Euro auf das unter dem 06.07.2017 verfasste Schreiben der Beschwerdeführerin, das diese selbst als "Fachgutachten KZGA Form" bezeichnet, bezieht. Die Kostenrechnung der Beschwerdeführerin vom 04.10.2017 über insgesamt 5.376,53 Euro bezieht sich eindeutig auf dieses Schreiben. Ein anderes Gutachten, insbesondere das von der Beschwerdeführerin so bezeichnete "Fachgutachten in Langform", hat die Beschwerdeführerin bislang nicht erstattet bzw. dem Sozialgericht nicht vorgelegt. Sie hat vielmehr dadurch, dass sie im Schriftsatz vom 20.09.2017 unter anderem um schriftliche Zusage der Übernahme der mit der Erstellung des "Fachgutachtens in Langform" verbundenen weiteren Kosten gebeten und auf die richterliche Aufforderung vom 09.11.2017, ein Gutachten, das eine Darstellung der zugrunde liegenden Untersuchungsmethoden und -ergebnisse enthält, binnen 3 Wochen vorzulegen, nicht reagiert hat, eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie das Schreiben vom 06.07.2017 als vergütungsfähige gutachterliche Leistung betrachtet. Das Sozialgericht konnte und wollte dementsprechend gemäß § 4 Abs. 1 JVEG nur über den Kostenantrag vom 04.10.2017 bezogen auf das von der Beschwerdeführerin so bezeichnete "Fachgutachten KZGA Form" vom 06.07.2017 entscheiden.

In der Sache hat das Sozialgericht damit (nur) entschieden, dass die Beschwerdeführerin für das unter dem 06.07.2017 erstattete "Fachgutachten KZGA Form" keine Vergütung beanspruchen kann. Über einen etwaigen Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin nach einer - möglicherweise in Zukunft erfolgenden - Vorlage eines den - noch darzulegenden - Mindestanforderungen entsprechenden Sachverständigengutachtens hat das Sozialgericht nicht entschieden. Damit scheidet die spätere Festsetzung einer Vergütung zu Gunsten der Beschwerdeführerin nach Vorlage z.B. des von der Beschwerdeführerin genannten "Fachgutachtens in Langform" nach der Entscheidung des Sozialgerichts nicht aus (siehe hierzu auch unten 4.).

2. Das Sozialgericht durfte nach § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG gerichtlich über die Kostenrechnung der Beschwerdeführerin vom 04.10.2017 entscheiden. Zwar hat die Beschwerdeführerin keine gerichtliche Festsetzung beantragt. Das Sozialgericht durfte jedoch eine gerichtliche Festsetzung der Vergütung für angemessen halten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. JVEG). Ob die Beschwerdeführerin eine nach dem JVEG abrechnungsfähige Leistung erbracht hat, über deren Vergütung dann zunächst die zuständige Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu entscheiden gehabt hätte, stand nicht zuletzt aufgrund des Schriftwechsels der Beschwerdeführerin mit dem Sozialgericht im Vorfeld der Erstellung der Kostenrechnung vom 04.10.2017 nicht fest. Eine vorherige Befassung der zuständigen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle mit dem geltend gemachten Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin hätte deshalb unnötigen Verwaltungsaufwand verursacht. Es war deshalb aus verwaltungs- und prozessökonomischen Gründen sachgerecht, dass über den geltend gemachten Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin unabhängig von einem Antrag der Beschwerdeführerin direkt das Gericht entschieden hat. Die Beschwerdeführerin hat zudem, wie bereits ausgeführt, deutlich gemacht, dass sie das Schreiben vom 06.07.2017 als abrechnungsfähige Leistung verstanden haben und ohne ausdrücklich Zusage der Übernahme weiterer Kosten kein "Fachgutachten in Langform" erstatten will. Von daher war eine gerichtliche Festsetzung auch deshalb sachgerecht, um zu klären, ob und gegebenenfalls welche weiteren Leistungen die Beschwerdeführerin zu erbringen hat, um einen Vergütungsanspruch zu erwerben. So konnte zugleich der Fortgang des Verfahrens gefördert werden.

3. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG für das Schreiben vom 06.07.2017, das die Beschwerdeführerin selbst als "Fachgutachten KZGA Form" bezeichnet, keine Vergütung nach dem JVEG erhalten kann.

a) Nach § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG erhält ein Berechtigter eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist, wenn er eine mangelhafte Leistung erbracht hat. Nach dieser Vorschrift scheidet ein Vergütungsanspruch der Beschwerdeführerin für das Schreiben vom 06.07.2017 insgesamt aus, weil dieses von der Klägerin als "Fachgutachten KZGA Form" bezeichnete Schreiben eine mangelhafte Leistung darstellt und diese insgesamt unverwertbar ist.

aa) Zur Beantwortung der Frage, wann eine mangelhafte Leistung im Sinne von § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG vorliegt, ist nach ganz überwiegender Meinung zu berücksichtigen, dass der beauftragte Sachverständige nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags handelt. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf ein Werk, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt. Zivilrechtliche Regelungen über Leistungsstörungen oder Mängelhaftung sind hierauf nicht anwendbar. Demzufolge sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung. Es kommt lediglich darauf an, dass die Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie Gericht oder Verfahrensbeteiligte das Gutachten inhaltlich beurteilen. Der Honoraranspruch steht dem Sachverständigen daher auch dann zu, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Ein Entschädigungsanspruch ist nach § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG ausnahmsweise nur dann zu verneinen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 27.08.2012 - 2 S 1538/12 -, juris Rn. 4 m.w.N). Die Annahme von Unverwertbarkeit setzt dabei voraus, dass auch Nachbesserungen und Ergänzungen des Gutachtens den Mangel der Verwertbarkeit nicht abstellen könnten (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 8 m.w.N.). Darüber hinaus wird überwiegend verlangt, dass der Sachverständige die Unverwertbarkeit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig verschuldet hat (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 4 m.w.N.; a.A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.05.2018 - I-10 W 63/18, 10 W 63/18 -, juris Rn. 4).

Eine Unverwertbarkeit wegen inhaltlicher Mängel ist in der Rechtsprechung angenommen worden (siehe zusammenfassend Meyer/Höver/Bach/Oberlack/Jahnke, JVEG, § 8a Rn. 14), wenn ein Sachverständigengutachten in entscheidenden Punkten, insbesondere sprachlich, unverständlich ist (LSG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 22.02.2016 - L 5 KR 269/15 B -, juris Rn. 10), der Sachverständige nur das Ergebnis seiner Untersuchung mitteilt, so dass das Gutachten dem Gericht nicht ermöglicht, den Gedankengängen des Sachverständigen nachzugehen, sie zu prüfen und sich ihnen anzuschließen oder sie abzulehnen (OLG Düsseldorf, Beschl. vom 21.08.1995 - 10 W 66/95 -, juris Rn. 11), oder wesentliche Gutachtenteile (bei sozialmedizinischen Gutachten z.B. die Auseinandersetzung mit der Aktenlage, die Anamnese, die Biographie, die Beschwerdeschilderungen, die Darstellung der Befunderhebung auf klinischem oder labortechnischem Gebiet, die Diagnose, die Prognose, ggf. Therapieempfehlungen, die Erörterung von Kausalzusammenhängen, die Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Literatur und Vorgutachten, die Beantwortung sozialmedizinischer Fragen) fehlen (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.04.2008 - L 1 B 89/08 SK -, juris Rn. 4).

bb) Nach diesen Grundsätzen handelt es sich bei dem Schreiben v. 06.07.2017 um eine grob mangelhafte Leistung, die vollumfänglich unverwertbar ist. Bei dem von der Beschwerdeführerin als "Fachgutachten KZGA Form" bezeichneten Schreiben handelt es sich nicht um ein schriftliches Gutachten im Sinne von § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 1 ZPO, dessen Erstattung das Sozialgericht angeordnet hat. Es genügt weder der Form noch seinem Inhalt nach den Mindestanforderungen, die an ein medizinisches Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren zu stellen sind. Die Beschwerdeführerin hat deshalb nicht die gesetzlich von ihr geschuldete Leistung erbracht.

Dies folgt schon daraus, dass die Beschwerdeführerin selbst in der Betreff-Zeile des Schreibens vom 06.07.2017 das Schreiben nicht als "Gutachten", sondern mit "Gutachterliche Untersuchungsergebnisse/zusammenfassende Berichterstattung in Form eines Kurzgutachtens unter zusammenfassende Beantwortung der gerichtlichen Fragestellungen" bezeichnet. Offensichtlich wollte die Beschwerdeführerin nur eine Zusammenfassung eines - bereits vorliegenden, aber nicht übersandten oder noch zu erstellenden - Sachverständigengutachtens vorlegen. Dies zeigt sich auch daran, dass sie im Schreiben vom 06.07.2017 mehrfach auf ein "Fachgutachten in Langform" verweist. Die bloße Zusammenfassung eines Sachverständigengutachtens kann aber bereits begrifflich nicht mit dem Sachverständigengutachten selbst gleichgesetzt werden.

Darüber hinaus enthält das Schreiben vom 06.07.2017 keine erkennbare und schon gar nicht den üblichen Gepflogenheiten sozialmedizinischer Sachverständigengutachten entsprechende Gliederung und Struktur. Der für die Beurteilung wesentliche Akteninhalt wird ebenso wenig wiedergegeben wie die Anamnese des Klägers und die im Einzelnen erhobenen Befunde. Die Beweisfragen werden nicht explizit und vollständig, sondern nur "in Anlehnung" und "im Hinblick" und darüber hinaus nur partiell beantwortet. Die Erfüllung gewisser formaler Mindestvoraussetzungen, wie etwa eine eindeutige Trennung zwischen Anamnese und Befunderhebung oder die nachvollziehbare Herleitung der gestellten Diagnosen aus den erhobenen Befunden, ist jedoch Voraussetzung dafür, dass ein Gutachten überhaupt als Erkenntnismittel verwertbar ist (vgl. Giesbert, in jurisPK-SGG, § 128 Rn. 55). Dies ist bei dem Schreiben vom 06.07.2017 nicht der Fall.

Schließlich ist das Schreiben vom 06.07.2017 auch inhaltlich nicht aus sich heraus verständlich, so dass es von vornherein nicht auf Überzeugungskraft und Schlüssigkeit geprüft werden kann. Die Beschwerdeführerin gibt die Ergebnisse ihrer Begutachtung in ständigen Wiederholungen, sprachlich zum Teil unverständlichen und sinnentleerten Formulierungen (vgl. insoweit z.B. Seite 7 2. Absatz des Schreibens v. 06.07.2017) und ohne erkennbare gedankliche Struktur wieder. Da sie auf eine strukturierte Wiedergabe des relevanten Akteninhalts, der Anamnese des Klägers und der von ihr selbst durchgeführten Untersuchungen und erhobenen Befunde verzichtet, ist es dem Gericht von vornherein nicht möglich, aufgrund des Schreibens vom 06.07.2017 selbst die von der Beschwerdeführerin wiedergegebenen Einschätzungen zu bewerten. Hierfür müsste das Gericht vielmehr auf das - bislang nicht vorliegende - "Fachgutachten in Langform" zurückgreifen, auf das die Beschwerdeführerin selbst zur Erläuterung ihrer Ausführungen mehrfach verweist.

Die vorliegenden Mängel konnten nicht durch Nachbesserungen und Ergänzungen beseitigt werden. Für eine verwertbare Leistung im Sinne von § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411 Abs. 1 ZPO hätte die Beschwerdeführerin vielmehr ein neues Gutachten erstatten müssen, das den dargelegten formalen und inhaltlichen Mindestanforderungen an ein sozialmedizinisches Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren entspricht, z.B. möglicherweise das von der Beschwerdeführerin selbst im Schreiben vom 06.07.2017 in Bezug genommene "Fachgutachten in Langform". Ein solches Gutachten würde gegenüber dem von der Beschwerdeführerin eingereichten Schreiben vom 06.07.2017 ein aliud darstellen. Zur Erstattung des "Fachgutachtens in Langform" hat das Sozialgericht die Beschwerdeführerin zudem ausdrücklich und fruchtlos aufgefordert.

Schließlich trifft die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Erbringung der in jeder Hinsicht mangelhaften und vollständig unverwertbaren Leistung in Gestalt des Schreibens vom 06.07.2017 auch ein grobes Verschulden. Die Beschwerdeführerin firmiert unter "Institut für psychologische Fachgutachten". Sie wirbt damit, dass sie Fachgutachten unter anderem im Sozialrecht erstattet. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass ihr die Mindestanforderungen an ein sozialmedizinisches Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren bekannt sind. Sie hätte dementsprechend ohne weiteres auf den ersten Blick erkennen können, dass das Schreiben vom 06.07.2017 den Anforderungen an ein schriftliches Sachverständigengutachten sozialgerichtlichen Verfahren nicht ansatzweise genügt. Es spricht sogar viel dafür, dass die Beschwerdeführerin vorsätzlich die Erstattung eines den Anforderungen an ein sozialmedizinisches Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechenden Gutachtens unterlassen hat. Dass die Beschwerdeführerin ein ausführlicheres Gutachten selbst für notwendig erachtet hat und grundsätzlich auch erstatten wollte, zeigt sich daran, dass sie im Schreiben vom 06.07.2017 mehrfach auf ein "Fachgutachten in Langform" Bezug genommen hat. Sie hat ein solches Gutachten offensichtlich nur deshalb nicht erstattet, weil sie im Laufe der Begutachtung gemerkt hat, dass sie mit dem ursprünglich eingeplanten Zeitaufwand (nach den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 08.07.2016 40 bis 50 Stunden) nicht auskommt. So hat sie im Schriftsatz vom 07.07.2017 ausgeführt, dass der Zeitaufwand 68,75 Stunden betrage. Da sie die Überschreitung des ursprünglich angesetzten Zeitaufwandes dem Sozialgericht nicht angezeigt hatte, befürchtete sie möglicherweise, dass sie in Anwendung von § 8a Abs. 4 JVEG nur etwa 5000 Euro und damit ausgehend von ihren eigenen Berechnungsansätzen (siehe dazu aber unten 4.) weniger erstattet bekommen würde, als ihr an Zeitaufwand ihrer Einschätzung nach entstanden ist oder entstehen würde. Augenscheinlich hat sie sich deshalb entschlossen, durch die Beschränkung auf das Schreiben vom 06.07.2017 Zeit zu sparen und (nach der Rechnung vom 04.10.2017) lediglich 44,25 Stunden abzurechnen, um so den eingezahlten Kostenvorschuss von 5000 Euro nicht wesentlich zu überschreiten. Bezeichnenderweise hat die Beschwerdeführerin damit bezogen auf den insgesamt geltend gemachten Zeitaufwand von 68,75 Stunden in etwa so viel weniger angesetzt, wie sie nach ihren Angaben im Schriftsatz vom 06.11.2017 für die Erstellung des "Fachgutachtens in Langform" benötigt. Der Beschwerdeführerin ging es damit offensichtlich um Erlösoptimierung, für die sie die Erstattung eines den dargelegten Mindestanforderungen offensichtlich nicht genügenden "Gutachtens" in Kauf genommen hat.

b) Die Ausnahme von der Vergütungsbeschränkung nach § 8a Abs. 2 Satz 2 JVEG greift zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht ein. Nach dieser Vorschrift gilt die Leistung als verwertbar, soweit das Gericht sie berücksichtigt. Das Sozialgericht hat das Schreiben vom 06.07.2017 zu keinem Zeitpunkt und in keiner Hinsicht für die Entscheidung der Streitsache berücksichtigt, zumal das Verfahren weiterhin beim Sozialgericht anhängig ist.

c) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) sowie des Willkürverbots gemäß Art. 3 Abs. 1 GG rügt, sind ihre Ausführungen abwegig. Das Sozialgericht hat der Beschwerdeführerin durch den Richterbrief vom 09.11.2017 in hinreichender Form rechtliches Gehör gewährt. Seine Ausführungen entsprechen darüber hinaus der obergerichtlichen Rechtsprechung und werden, wie bereits dargelegt, vom Senat im Wesentlichen geteilt.

4. Wie sich bereits aus den Ausführungen zu 1. ergibt, ist im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beschwerdeführerin für ein den dargelegten Anforderungen entsprechendes und noch zu erstattenden Sachverständigengutachten eine Vergütung verlangen könnte. Es ist dementsprechend durch den Senat auch nicht darüber zu entscheiden, ob eine etwaige Vergütung nach § 8 Abs. 4 JVEG auf den eingezahlten Auslagenvorschuss von 5000 Euro beschränkt oder ob ein weiterer Vorschuss anzufordern ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat lediglich auf folgende Punkte hin:

a) Die Beschwerdeführerin ist nach wie vor wirksam zur Sachverständigen ernannt, auch wenn es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine approbierte Ärztin handelt und sie dementsprechend nach dem eindeutigen Wortlaut von § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht zur Sachverständigen hätte ernannt werden dürfen. Die Beschwerdeführerin ist daher nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 407 Abs. 1 ZPO weiterhin zur Erstattung eines den dargelegten Anforderungen an ein sozialmedizinisches Gutachten im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechenden Sachverständigengutachtens verpflichtet. Wie bereits ausgeführt, hat sie ihre gesetzliche Pflicht durch das Schreiben vom 06.07.2017 nicht erfüllt. Das Sozialgericht hat in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen (z.B. Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beschwerdeführerin oder ihre Abberufung als Sachverständige) zu ergreifen sind, um dem Verfahren Fortgang zu geben.

b) Sollte die Beschwerdeführerin ein den genannten Anforderungen entsprechendes Sachverständigengutachten erstatten, kann sie hierfür im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften eine Vergütung erhalten. Insoweit ist jedoch auch für die Frage, ob das Sozialgericht im Rahmen seines Ermessens einen weiteren Vorschuss anfordert oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Abs. 4 JVEG in Betracht kommt, zu berücksichtigen, dass es nicht auf die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte, sondern ausschließlich auf die ihr objektiv zustehende Vergütung ankommt (vgl. Bayerisches LSG, Beschl. v. 06.10.2015 - L 15 SF 323/14 -, juris Rn. 36). Insoweit besteht Anlass darauf hinzuweisen, dass die vorliegende Kostenrechnung der Beschwerdeführerin vom 04.10.2017 nicht der Rechtsprechung des Senats und des zuvor mit Vergütungsansprüchen nach dem JVEG befassten 4. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen entspricht. So dürfte die Beschwerdeführerin nur nach der Honorargruppe M 2 abzurechnen haben, weil sie lediglich eine Zustandsbegutachtung durchzuführen hat, bei der die körperliche Verfassung und die geistigen und körperlichen Behinderungen des Klägers zu beurteilen sind (vgl. Beschl. des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 31). Für das Aktenstudium sind entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin für 100 Seiten jeweils 1 Stunde einzusetzen (vgl. Beschl. des Senats vom 06.05.2013 -L 15 SB 40/13 B -, juris Rn. 7). Darüber hinaus erscheinen auch die Ansätze der Beschwerdeführerin für die Abfassung der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen deutlich überhöht (vgl. Beschl. des Senats v. 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 29). Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass der Beschwerdeführerin auch bei Erstattung eines den genannten Anforderungen entsprechenden Sachverständigengutachtens ein Vergütungsanspruch zusteht, der hinter dem bereits eingezahlten Auslagenvorschuss zurückbleibt. 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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