L 15 U 292/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 36 U 853/12
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 292/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 31.03.2016 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastendenden Tätigkeiten - BK 2102 -. Der am 00.00.1967 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Straßenbauer absolviert und arbeitete von August 1984 bis September 2009 - mit kurzfristigen Unterbrechungen, bei 16 verschiedenen Arbeitgebern aus dem Bereich Straßen- und Tiefbau, Garten- und Landschaftsbau sowie im Rahmen einer von Mai 1994 bis April 1997 dauernden Selbständigkeit in diesem Beruf. Hierbei führte er Pflasterarbeiten mit Naturstein/Klein- und Betonverbundsteinpflaster aus. Darüber hinaus war er mit dem Transport von Baugütern, dem Be- und Entladen von Fahrzeugen, dem Anmischen von Beton und Mörtel, dem Schaufeln von Schutzgütern wie Sand, Kies, Splitt, Schotter, dem Versetzen von Rand- und Bordsteinen, dem Verlegen von Bodenplatten, dem Einbauen von Asphalt und Betonmischgut von Hand, dem Bedienen und Führen von Straßenbaumaschinen wie Straßenfertiger, Vibro-Platten und Walzen etc., dem Verbauen von Gräben, dem Verlegen von Versorgungsleitungen, dem Erstellen von Straßenentwässerungseinrichtungen einschließlich der Kanalanschlüsse, dem Herstellen von Rohrdurchlässen und Schachtarbeiten von Hand befasst. Hinsichtlich der Aufstellung der Beschäftigungsverhältnisse wird auf Blatt 90 ff. der Gerichtsakten Bezug genommen.

Auf Grund einer Anzeige der Krankenkasse leitete die Beklagte ein Feststellungsverfahren zur BK 2102 ein. Nach den beigezogenen ärztlichen Befund- und Behandlungsunterlagen war beim Kläger am 28.08.2001 eine Innenmeniskusteilresektion am linken Knie durchgeführt worden. Weitere Arthroskopien und Resektionen wegen eines horizontalen Lappenrisses des Innenmeniskushinterhorns links erfolgten 2002 und 2006 mit unveränderter Darstellung von Knorpelschäden im Bereich der medialen Femurkondyle und des Tibiaplateaus; histologische Untersuchungen des Meniskusmaterials waren hierbei jeweils nicht veranlasst worden. Bei einer Kernspintomographie des linken Kniegelenkes vom 08.12.2009 wurde eine hochgradige mediale Gonarthrose nach Innenmeniskusresektion mit ausgedehnter Knorpelglatze dokumentiert. Am 30.12.2010 erfolgte die Implantation einer Hybrid-Endoprothese links.

Nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme bei Prof. Dr. F vom 21.12.2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2012 die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV ab. Es lägen keine das alterstypische Maß übersteigende degenerativen Veränderungen an den Menisken vor.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 14.03.2012 Widerspruch ein und machte geltend, es seien nicht alle medizinischen Unterlagen beigezogen worden.

Die Beklagte zog daraufhin einen Reha-Entlassungsbericht vom 25.02.2011 sowie weitere medizinische Unterlagen bei.

Die Beklagte holte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. E, L, vom 21.08.2012 ein, der ausführte, über das Vorliegen eines primären Meniskusschadens könne ohne histologische Untersuchung, die offenbar nicht vorgenommen worden sei, keine abschließende Aussage getroffen werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 23.11.2012 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, bei ihm liege eine Berufskrankheit vor und ihm stehe Rente zu. Die beruflichen Belastungen seien nicht vollständig erfasst worden.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 die Beklagte zu verurteilen, unter Anerkennung der Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur BKV Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Dr. C, I. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 26.04.2013 zu dem Ergebnis gelangt: Er gehe davon aus, dass erstmalig 2001 ohne histologische Untersuchung eine degenerative Innenmeniskusläsion links festgestellt worden sei. Im vorliegenden Verlauf habe sich der Knorpelschaden parallel zur rezidivierenden Kontinuitätsunterbrechung entwickelt. Auch wenn eine histologische Untersuchung fehle, sei doch festzustellen, dass die rezidivierende Kontinuitätsunterbrechung ursächlich auf eine erhöhte Rissbereitschaft zurückzuführen sei. Dies könne durchaus ihre Ursache in der beruflichen Belastung als Pflasterer haben. Wenn sich die beruflichen Voraussetzungen nachweisen ließen, werde die Anerkennung des Meniskusschadens als BK 2102 empfohlen. Die MdE werde mit 20 v.H. eingeschätzt. Dieser Beurteilung ist die Beklagte unter Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. T vom 30.07.2013 entgegengetreten. Der Umstand, dass am linken Kniegelenk lediglich das Innenmeniskushinterhorn degenerative Veränderungen zeige, während im äußeren Kompartiment bis jetzt keinerlei degenerative Veränderungen entstanden seien und am rechten Knie bislang kein Meniskusschaden aufgetreten sei, spreche gegen das Vorliegen einer BK 2102. Das Gericht hat hierzu eine ergänzende Stellungnahme von Dr. C vom 25.11.2013 eingeholt, der bei seiner Einschätzung verblieben ist. Auch spreche die Einseitigkeit des Befundes seiner Meinung nach nicht gegen das Vorliegen einer beruflichen Verursachung.

Am 06.02.2015 führte der Präventionsdienst der Beklagten eine Befragung des Klägers zu dessen beruflichen Tätigkeiten durch. Auf der Grundlage des am 09.02.2015 gefertigten und vom Kläger am 17.02.2015 ohne Änderungen unterzeichneten Gesprächsprotokolls sowie unter Berücksichtigung der Erfahrungen an Vergleichsarbeitsplätzen, führte der Präventionsdienstes der Beklagten in seinem Bericht vom 03.03.2015 aus, Tätigkeiten im Straßen- oder Tiefbauhandwerk würden oft kniebelastend in kniender, hockender, gebückter und unbequemer Haltung ausgeübt. Eine kniebelastende Tätigkeit sei jedoch nicht automatisch auch meniskusbelastend. Vielmehr setze eine als meniskusbelastend anzusehende Dauerzwangshaltung Tätigkeiten in der Hocke oder im extremen Fersensitz bei gleichzeitiger Kraftanwendung voraus. In Abhängigkeit von Art und Beschaffenheit der Baustellen bzw. aufgrund der verschiedenen Tätigkeitsbereiche könnten Zeitanteile für Meniskusbelastungen von Tag zu Tag unterschiedlich hoch sein. Der Kläger sei von 1984 bis 2009, zusammenfassend ca. 15 Jahre, - mit Unterbrechungen - einer Meniskusbelastung von 5 bis 65 % Zeitanteil pro Arbeitsschicht - teilweise - ausgesetzt gewesen. Auf die tabellarische Aufstellung und Übersicht Bl. 92 ff. Gerichtsakten wird Bezug genommen.

Das Gericht hat weiter Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Dr. W, S. Der Sachverständige ist in seinem Gutachten vom 12.09.2015 zu folgendem Ergebnis gelangt:

Er gehe zunächst, vorbehaltlich einer rechtlichen Würdigung davon aus, dass formal die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2102 gegeben seien. Für den beruflichen Zusammenhang spreche, dass die Tätigkeiten des Klägers nach den Ermittlungen des technischen Aufsichtsdienstes zumindest teilweise meniskusbelastend gewesen seien. Für den Zusammenhang spreche, dass bei günstiger Betrachtung der bei der Erstmanifestation im Jahr 2001 erhobenen Befunde eine altersuntypische primäre Meniskopathie am linken Kniegelenk des Klägers vorliege und dass sichere konkurrierende Ursachenfaktoren nicht benannt werden könnten.

Gegen den beruflichen Zusammenhang spreche, dass der Kläger zwischen 1984 und 2002 nur an relativ wenigen Tagen (ca. 71 Tage in 18 Jahren) mit einem hohen Schichtanteil meniskusbelastender Tätigkeit gearbeitet habe. Gegen den beruflichen Zusammenhang spreche, dass sich die Meniskusschäden, soweit sie die Altersnorm überstiegen, auf den hinteren Bereich des Innenmeniskus beschränkten und, soweit eine klinische Meniskuserkrankung gesichert sei, ausschließlich am linken Kniegelenk des Klägers vorlägen. Insoweit könne er sich der Auffassung von Dr. C nicht anschließen. Die vorstehend genannten Überlegungen müssten schließlich vor dem Hintergrund der Tatsache bewertet werden, dass der Kläger nach eigenen Angaben langjährig meniskusbelastend tätig gewesen sei und insofern ein belastungskonformes Schadensbild mit Ausbreitung der Veränderungen auf alle Meniskusbereiche beider Kniegelenke eher zu erwarten sei als bei einem Betroffenen, bei dem die Belastung noch nicht sehr lange eingewirkt habe und möglicherweise das Frühstadium der Erkrankung angetroffen werde. Wäge man die vorstehend genannten Gesichtspunkte gegeneinander ab und berücksichtige, dass degenerative Veränderung des Meniskusgewebes vor allen Dingen am Hinterhornbereich sehr häufig auch auf körpereigener Grundlage entstünden, so lasse sich eine überwiegende Anzahl und Bedeutung der Argumente, die für den beruflichen Zusammenhang im Sinne der BK sprechen würden, nicht erkennen.

Der Kläger hat das Gutachten kritisiert und ausgeführt, bei Pflasterarbeiten habe er auf dem linken Knie gekniet und das rechte Knie sei angewinkelt gewesen. Er habe überwiegend - ca 50 % der Arbeitsschichten - Pflasterarbeiten ausgeführt.

Mit Urteil vom 31.03.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das am 14.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.04.2016 Berufung eingelegt.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens macht er geltend, das Ausmaß und die Art der von ihm verrichteten Arbeiten seien nicht zutreffend bewertet worden. Er sei in erhöhtem Maße der Gefahr der Erkrankung eines Meniskusschadens ausgesetzt gewesen, da die seit 1984 überwiegend ausgeübte Pflastertätigkeit unstreitig meniskusbelastend sei. Insoweit liege auch ein typischer Geschehensablauf vor, der die Anwendung des Anscheinsbeweises gemäß § 9 Abs. 3 SGB VII rechtfertige. Er verfolge daher sein Ziel der Anerkennung der BK 2102 und der Gewährung der gesetzlichen Leistungen weiter.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30.03.2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 zu verurteilen, bei ihm in das Vorliegen einer BK 2102 der Anl. 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und Rente nach einer MdE von mindestens 20 v.H. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, unabhängig von der expositionsmäßigen Bewertung sprächen die Lokalisation des Meniskusschadens und die Einseitigkeit des Schadens gegen eine Anerkennung der BK 2102. Einseitige Belastungen des linken Knies seien in Bezug auf das Berufsbild des Klägers von Seiten der Prävention nicht gesehen worden. Die Anwendung des § 9 Abs. 3 SGB VII sei vorliegend nicht Gegenstand des Verfahrens.

Der Senat hat einen Befundbericht bei dem Orthopäden Dr. T vom 10.10.2016 zu den Akten genommen und eine weitere Stellungnahme der Präventionsabteilung der Beklagten vom 13.10.2016 angefordert. Hierin heißt es, Grundlage der Feststellungen seien - neben den Angaben des Klägers bei seiner Befragung - die Erkenntnisse zu vergleichbaren Arbeitsplätzen und die Messergebnisse des IFA-Reports 1/2010 sowie die Ausführungen des IFA- Reports 2/2012 (Erfassung arbeitsbedingter Kniebelastungen an ausgewählten Arbeitsplätzen). Danach spiele bei Pflasterarbeiten der mittlere Zeitanteil im einbeinigen Knien mit 4,4 % rechts bzw. 2,6 % links eine eher untergeordnete Rolle. Im konkreten Einzelfall sei ausschließlich bei der Ausführung von Pflasterarbeiten mit Kleinpflaster eine Meniskusbelastung festgestellt worden, die sich auf den überwiegenden Anteil der Schicht beziehe. Den weitaus größeren Anteil der Schichten habe der Kläger Pflasterarbeiten mit Verbundpflaster ausgeführt oder Gehwegplatten verlegt und die dazu gehörenden Nebenarbeiten erstellt, die insgesamt eine geringe Meniskusbelastung mit sich bringe. Der Kläger sei insgesamt bei 16 verschiedenen Arbeitgebern als Tief- und Straßenbauer tätig geworden; er habe erklärt, dass er bei insgesamt drei Arbeitgebern Arbeiten mit Kleinpflaster ausgeführt habe, wobei der Anteil dieser Arbeiten bei ca. 5 bis 10 % der Gesamtschichten gelegen habe. Betrachte man nun die gesamte berufliche Tätigkeit des Klägers, sei die Angabe, er habe überwiegend eine Position auf dem linken Knie eingenommen und dabei gepflastert, nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat weitere medizinische Unterlagen zu den Akten gereicht.

Der Senat hat eine ergänzende Stellungnahme bei dem Sachverständigen Dr. W vom 14.10.2017 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt: Aus den vorgelegten zusätzlichen Röntgenaufnahmen der Kniegelenke vom 05.01.2004, 10.02.2006 und 08.12. 2009 ergäben sich keine weitergehenden Erkenntnisse. Aus seiner Sicht sei unter Berücksichtigung der Ausführungen des Präventionsdienstes eine besondere berufliche Belastung des linken Kniegelenkes, an dem sich ausschließlich der klinisch relevante Meniskusschaden gezeigt habe, nicht nachgewiesen. Der bezogen auf die Ausführung von Pflasterarbeiten mit Kleinpflaster beschriebene Anteil der meniskusbelastenden Arbeiten stelle sich als relativ niedrig da und spräche gegen einen beruflichen Zusammenhang. Er bleibe daher bei seiner bisherigen Einschätzung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger nicht zum Termin erschienen ist. Der Kläger ist mit der ordnungsgemäß zugestellten Ladung (Postzustellungsurkunde) auf diese zulässige Verfahrensweise hingewiesen worden (§§ 124 Abs. 1,153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Die gemäß §§ 143,144 SGG statthafte und nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die auf Anerkennung der BK 2102 gerichteten zulässige kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG (vgl. BSG, Urt. v. 05.07.2011-B 2 U 17/10 R-, juris Rn.12,17 ff.) zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Soweit der Kläger darüber hinaus auch die Gewährung einer Rente nach § 56 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - 7. Buch - SGB VII geltend gemacht hat, war die insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ( § 54 Abs. 1 i.V.m Abs. 4 SGG) allerdings bereits unzulässig, da es bezogen auf die Ablehnung einer Rente an einer anfechtbaren Entscheidung der Beklagten durch Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S. 1 Sozialgesetzbuch - 10. Buch - SGB X fehlt (vgl. insoweit auch LSG Baden-Württemberg, Urt. vom 25.08.2017- L 8 U 1894/17-, juris Rn 38 ff.). Die Beklagte hat in dem Bescheid vom 07.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 ausschließlich über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer BK 2102 entschieden und keine Regelung bezogen auf Leistungen oder gar Rente getroffen.

Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S.1 SGG beschwert, denn die Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung einer BK 2102. Rechtsgrundlage für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 SGB VII i.V.m. der Nr. 2102 der Anlage 1 zur BKV (BK 2102).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten nur diejenigen Krankheiten, die durch die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats als solche bezeichnet sind (sog Listen-BK) und die der Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleidet. Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Darüber hinaus müssen die als tatbestandliche Voraussetzungen formulierten Anforderungen an die betreffenden Einwirkungen (sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen) erfüllt sein. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" i.S. des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Der Beweisgrad der hinreichenden Wahrscheinlichkeit ist erfüllt, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Voraussetzung einer Listen-BK, wohl aber für eine Leistung (Leistungsfall) (siehe zum Ganzen zusammenfassend BSG, Urt. v. 27.06.2017 - B 2 U 17/15 R -, juris Rn. 13 m.w.N.).

Die haftungsbegründende Kausalität ist in zwei Stufen zu prüfen. Auf einer ersten Prüfungsstufe ist zu fragen, ob die Einwirkungen eine naturwissenschaftlich-philosophische Bedingung für den Eintritt der Krankheit sind. Dabei ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nach den einschlägigen Erfahrungssätzen nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Wenn festzustellen ist, dass der Versicherungsfall eine (von möglicherweise vielen) Bedingungen für den Erfolg ist, ist auf der ersten Prüfungsstufe weiter zu fragen, ob es für den Eintritt des Erfolgs noch andere Ursachen im Sinne der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie gibt; das können Bedingungen aus dem nicht versicherten Lebensbereich wie z.B. Vorerkrankungen, Anlagen, nicht versicherte Betätigungen oder Verhaltensweisen sein. Erst wenn sowohl die Einwirkungen als auch andere Umstände als Ursachen des Gesundheitsschadens feststehen, ist auf einer zweiten Prüfungsstufe rechtlich wertend zu entscheiden, welche der positiv festzustellenden adäquaten Ursachen für die Gesundheitsstörung die rechtlich "wesentliche" ist (zum Ganzen BSG, Urt. v. 15.05.2012 - B 2 U 31/11 R -, juris Rn. 27 m.w.N.).

Die Voraussetzungen von § 9 Abs. 1 SGB VII i.V.m. der BK 2102, die nach dem Verordnungstext Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten umfasst, liegen nicht vor. Der Senat stützt sich hierbei zum einen auf die Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten, der über die erforderliche Sachkunde hinsichtlich der arbeitstechnischen Vorgänge verfügt, und auf den Sachverständigen Dr. W, der eine große Erfahrung hinsichtlich der Beurteilung von Berufskrankheiten auf orthopädischem Sachgebiet aufweist und dem Senat aus einer Vielzahl von Verfahren als kompetent und ausgewogen urteilender Sachverständiger bekannt ist.

Dabei hat der Senat bereits Zweifel, ob beim Kläger überhaupt die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 2102 erfüllt sind. Wenn auch diese BK nach dem Verordnungstext keine quantitative Einwirkungsgröße benennt, ist nach dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK 2102 (Bek. des BMA vom 11.10.1989, BArbBl.1990 H./S.135, II), auf das ergänzend abzustellen ist (vgl. auch Hessisches LSG Urt. v. 30.09.2013 - L 9 U 214/09 - juris Rn. 30), eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke und zwar der Menisken - worauf der Präventionsdienst der Beklagten zutreffend hingewiesen hat. Dies ist biomechanisch gebunden an eine Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei geleichzeitiger Kraftaufwendung oder häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob unebener Unterlage, da nur unter diesen Umständen die Menisken in verstärktem Maße belastet werden. Bezogen auf die nach dem Berufsbild des Klägers in Betracht zu ziehenden Dauerzwangshaltungen sind relevant daher nur Arbeiten im Hocken und Fersensitz mit erzwungener maximaler Knieanwinkelung und gleichzeitiger Kraftanwendung. Nicht meniskusbelastend sind hingegen kniende Positionen in rechtwinkeliger Beugung des Kniegelenkes, so dass" kniebelastende" Tätigkeiten nicht mit meniskusbelastenden Tätigkeiten gleichgesetzt werden können. "Andauernd oder häufig wiederkehrend" sind meniskusbelastende Tätigkeiten dann, wenn sie den Menisken keine außerordentliche Zeit zur Erholung belassen. Dies ist dann der Fall, wenn das Erscheinungsbild der Tätigkeit durch überdurchschnittliche Meniskusbelastungen geprägt ist, wobei keine prozentuale Mindestbelastung zu fordern ist (vgl. Mehrtens/Brandenburg, BKV M 2102 Anm. 3).

Bezogen auf die Tätigkeiten des Klägers, die dieser bis zu Erstmanifestation seiner Meniskuserkrankung Mitte 2001 mit Operation am 11.10.2001 ausgeübt hat, vermochte der Senat nicht zur Überzeugung gelangen, dass das Erscheinungsbild des Berufes bzw. der Tätigkeiten an den zahlreichen verschiedenen Arbeitsplätzen des Klägers durch eine derartige überdurchschnittliche Kniebelastung geprägt gewesen ist.

Dabei hat der Präventionsdienst der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die bezogen auf einzelne Tätigkeitsmodule und Belastungsprofile in den IFA-Reporten 1/2010 und 2/2012, d.h aus einem von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung initiierten Forschungsprojekt gewonnen worden sind, nachvollziehbar herausgearbeitet, dass spezifisch meniskusbelastende Einwirkungen nicht bei Pflasterarbeiten schlechthin, sondern nur bei Pflasterarbeiten mit Kleinpflastern zu erwarten sind. Dies ergibt sich daraus, dass bei der Verlegung von Kleinpflaster sich das Arbeitsgeschehen auf einem kleinen Areal abspielt, sich die Verlegearbeiten dabei vergleichsweise filigran gestalten und somit die Einnahme z.B. der Hockstellung nachvollziehbar macht. Hingegen sind die Verlegung von Verbundpflaster und die Verlegung von Gehwegplatten sowie die damit verbundenen Nebenarbeiten durch große Flächenorientierung geprägt, die von der Arbeitsposition eine geringere Meniskusbelastung bewirken.

Übertragen auf die Tätigkeiten des Klägers, wie sie nach seinen eigenen Angaben im Gesprächsprotokoll vom 09.02.2015 detailliert dargestellt sind, ergibt sich zunächst, dass der Kläger ein sehr heterogenes Berufsleben aufweist, welches die verschiedensten Teilbereiche des Berufsbildes eines Straßenbauers, Tiefbau-Bauarbeiters bzw. Garten-und Landschaftsbauers umfasste. Aufgeführt sind zwischen 1984 und 2009 insgesamt 22 Arbeitsstellen, wobei teilweise mehrfach in unterschiedlichen Zeitabschnitten Beschäftigungen bei ein - und demselben Unternehmen vorlagen, so dass er insgesamt an 16 Arbeitsstellen tätig war. Dabei erschließt sich das Belastungsprofil aus der tabellarischen Darstellung der Angaben des Klägers zur Exposition, wonach der Präventionsdienst unter Anwendung der Erfahrungswerte zu den Vergleichsarbeitsplätzen die entsprechenden Anteile meniskusbelastender Tätigkeiten errechnet hat. Hierbei zeigt sich wiederum, dass die Spanne von belastenden Tätigkeiten mit 5 bis 65% sehr unterschiedlich groß ist und zum anderen, dass der Anteil von Schichten, der mit einer erheblichen Meniskusbelastung einherging - nämlich beim Verlegen von Kleinpflastern, für die ein Anteil von 65% pro Tag angesetzt worden ist, und der daraus folgenden Schichten pro Jahr in Tagen bis zum Beginn der Erkrankung 2001, mit 71 Tagen bzw. 5 bis 10% der Schichten vergleichsweise gering ist. Soweit der Kläger im Nachhinein geltend gemacht hat, er habe in viel größerem Umfang "Pflasterarbeiten" verrichtet, lässt sich hieraus gerade nicht ableiten, dass damit auch zusätzliche meniskusbelastende Arbeiten mit Kleinpflaster verbunden waren. Dezidierte Einwendungen bezogen auf die unterschiedliche Gestaltung der Pflasterarbeiten hat der Kläger indessen nicht erhoben, so dass der Senat auch keine Bedenken hat, weiterhin das vom Kläger unterzeichnete Gesprächsprotokoll vom 09.02.2015 zu Grunde zu legen. Das Erscheinungsbild der beruflichen Tätigkeit war demnach auch nach Ansicht von Dr. W nicht durch überdurchschnittlich meniskusbelastende Tätigkeiten geprägt.

Aber selbst wenn man zugunsten des Klägers das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen unterstellt, geht der Senat mit Dr. W davon aus, dass sich auch unter medizinischen Gesichtspunkten eine BK 2102 nicht begründen lässt. Soweit die BK 2102 zunächst das Vorliegen einer sog. primären Meniskopathie verlangt, haben sowohl Dr. C und Dr. W zwar erläutert, dass es jedenfalls keine validen medizinischen Befundunterlagen gibt, die bezogen auf die Erstmanifestation der Meniskusschädigung im Jahr 2001 eine vorangehende Gonarthrose belegen würden. Allerdings wurde damals auch keine histologische Untersuchung veranlasst, die eine genauere Differenzierung ermöglich hätte. Ebenso ist der Operationsbericht vom Oktober 2001 wenig aufschlussreich. Ein gröberer Riss des Meniskusgewebes, der im damaligen Alter des Klägers als mit hoher Wahrscheinlichkeit altersuntypisch anzusehen wäre, wird nicht ausdrücklich beschrieben. Nur unter wohlwollender Betrachtung kann daher - so Dr. W - zugunsten des Klägers - eine primäre altersuntypische Meniskopathie angenommen werden. Konkurrierende Ursachen für die Zusammenhangstrennung wie Unfälle oder Stoffwechselerkrankungen sind nicht belegt, so dass auch dieser Umstand zugunsten des Klägers gewichtet werden kann. Allerdings wären bei einer beruflichen Verursachung nach Ansicht von Dr. W Schäden nicht nur im Bereich des Innenmeniskus-Hinterhorns, sondern auch in den übrigen Anteilen des Innenmeniskus, aber auch im Außenmeniskus zu erwarten. Wie der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, stellt die BK 2102 eine Systemerkrankung dar, die aus anatomischen wie biomechanischen Gründen bevorzugt im Bereich des Innenmeniskus-Hinterhornes beginnt, im weiteren Verlauf der Belastungen dann aber auch die übrigen Anteile des Meniskusgewebes und auch den Außenmeniskus erfasst. Beschränkt sich bei langjährigen beruflichen Belastungen der Schaden auf das Innenmeniskus-Hinterhorn und den Bereich der Pars intermedia, so spricht dies nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. W eher gegen als für den beruflichen Zusammenhang, ohne diesen auszuschließen. Schwerwiegend gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht nach Dr. W hingegen jedoch die auffällig einseitige Schwerpunktbildung der Veränderungen am linken Kniegelenk. Eine klinische Symptomatik oder Sicherung eines altersuntypischen Befundes am rechten Knie ergibt sich auch nach Einschätzung von Dr. C nicht. Soweit dieser Sachverständige in seinem vor den arbeitstechnischen Ermittlungen erstellten Gutachten hingegen gemeint hat, die Einseitigkeit des Schadensbildes stehe der Annahme der BK 2102 vorliegend nicht entgegen, überzeugt dies den Senat nicht. Dr. W hat hierzu plausibel dargelegt, dass jedenfalls bei einer langjährigen Meniskusbelastung ein zwar nicht zeitlich parallel verlaufendes, aber zumindest beide Kniegelenke betreffendes Schadensbild zu erwarten ist.

Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, er habe beim Pflastern nur auf dem linken Knie gekniet und das rechte Knie angewinkelt, erscheint dies unter Berücksichtigung des Tätigkeitsprofils nicht schlüssig. Hier weist der zu diesem Vortrag nochmals befragte Präventionsdienst darauf hin, dass laut IFA-Report 2/2012 die mittleren Zeitanteile im einbeinigen Knien von 4,4% rechts bzw. 2,6% links als Belastungsform bei vergleichbaren Arbeitsplätzen eine eher untergeordnete Rolle spielt. Es erscheint dem Senat auch wenig nachvollziehbar, dass der Kläger, nachdem er seit 2001 am linken Knie erhebliche Meniskuserkrankungen aufwies, gleichwohl auch in der Folgezeit ausschließlich auf dem linken Knie gekniet haben soll, ohne das rechte Knie zu belasten. Auch in der Zeit davor dürften die vom Kläger selbst geltend gemachten Schmerzen einer entsprechenden einseitigen Belastung entgegengestanden haben. Unter Berücksichtigung der weiteren Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 13.10.2016 und der vorgelegten weiteren bildgebenden Befunde hat Dr. W zudem hierzu ausgeführt, dass insoweit aus medizinscher Sicht eine besondere berufliche Belastung des linken Kniegelenkes, an dem sich ausschließlich ein relevanter Meniskusschaden gezeigt habe, nicht vorliege. Er hat an seiner Beurteilung, wonach bei Abwägung aller Umstände ein Überwiegen der Anzahl und Bedeutung der Argumente, die für einen beruflichen Zusammenhang im Sinne einer BK 2102 sprechen würden, nicht erkennbar ist, festgehalten, was der Senat für überzeugend erachtet und seiner Entscheidung zugrunde legt.

Der vom Kläger angeführte § 9 Abs. 3 SGB VII erlaubt keine andere Beurteilung. Diese Beweiserleichterung ist nur für solche Fälle gedacht, in denen jegliche Anhaltspunkte für eine Verursachung außerhalb der versicherten Tätigkeit ausscheiden (vgl. BSG Urt. vom 30.01.2007- B 2 U 15/05 R-, juris RdNr 26-). Hier hat Dr. W aber darauf hingewiesen, dass die Neigung zu rezidivierenden Zusammenhangsdurchtrennungen des Meniskusgewebes sich nicht auf Personen beschränkt, die einer einschlägigen beruflichen Belastung ausgesetzt waren. Sie ist vielmehr Ausdruck der degenerativen Minderwertigkeit des Meniskusgewebes gegenüber mechanischen Belastungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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