S 2 R 396/07

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 2 R 396/07
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
Der Kläger hat in der DDR eine Lehre von 2 Jahren als Maurer absolviert. Er hat nach eigenen Angaben seit 1974 Tätigkeiten als Maurer/Polier ausgeübt und wurde als Facharbeiter entlohnt.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Aus orthopädischer Sicht leidet der Kläger an folgenden Erkrankungen: Chronisches Schmerzsyndrom der Brust- und Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in die rückwärtigen Oberschenkel ohne neurologische Ausfälle mit schwerer Fehlform der Brustwirbelsäule, erheblicher Einsteifung sowie degenerativen Veränderungen der Lendenwirbelsäule, ebenfalls mit Funktionseinschränkungen auf degenerativer Grundlage im Rahmen einer Spondylosis hyperostotika Degenerative Kniegelenksveränderungen beidseits, links mehr als rechts mit retropatellarer Betonung.

Der Kläger kann noch leichte körperliche Tätigkeiten im Umfang von mehr als sechs Stunden täglich 5 Tage in der Woche in wechselnder Körperhaltung verrichten ohne schwere und mittelschwere Belastungen, ohne mehr als gelegentliches Bücken, ohne schweres und mittelschweres Heben und Tragen, ohne Kälte, Nässe und Zuglufteinwirkungen, ohne vorgeneigte Körperhaltung (auch mäßige Vorneigung über längeren Zeitraum). Auszuschließen sind auch Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, auf unebenem Boden, auf Baustellen und Arbeiten mit sehr langen Gehstrecken während der Arbeit und sehr häufigem Treppensteigen während der Arbeit. Keine Arbeiten im Hocken und Knien.

Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht leidet der Kläger an einer Agoraphobie leichter Ausprägung und einer spezifischen Phobie leichter Ausprägung, einer Migräne ohne Aura. Nervenärztlicherseits kommen daher Tätigkeiten mit engem Personenkontakt (unter einem Meter) nicht in Betracht, auch nicht solche in kleinen, engen Räumen. Besondere Anforderungen an das Arbeitstempo können nicht gestellt werden.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu drei Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1. und 2. Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen halte ich den Kläger nicht mehr für in der Lage, berufsnahe Tätigkeiten auszuüben.

Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsfremde Tätigkeit zu verrichten:

Warenaufmacher/in - Versand
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren, das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen, das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen. Schließlich gehört zu ihren Aufgaben auch, die Waren in geeigneter Form manuell oder maschinell zu verpacken und für den Versand auszuzeichnen.

Warenaufmacher-Versand können in Unternehmen unterschiedlicher Wirtschaftsbereiche tätig sein. Eine vollständige Auflistung ist nicht möglich. Nachfolgend finden Sie eine exemplarische Auswahl: Handel, Nahrung und Genussmittel, Chemie, Pharmazie, Metall- und Elektroindustrie, Herstellung und Reparatur von Büromaschinen und Computern, Textil, Bekleidung, Leder, Kunststoff, Holz und Möbel, Glas, Keramik, Feinmechanik, Optik.

Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen oder Lagerhallen, überwiegend sitzend mit gelegentlichem Gehen. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist meist möglich. Funktionstüchtigkeit beider Arme und Hände sollte gegeben sein (z.B. für beidhändiges Arbeiten). Für diese Tätigkeiten sind meist keine Lese- und Rechtschreibkenntnisse erforderlich.

zu 3.) Für die Tätigkeit als Warenaufmacher/in - Versand ist im allgemeinen eine Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen.

zu 4.) Unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers ist davon auszugehen, dass der Kläger die genannten Tätigkeiten innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit vollwertig verrichten kann.

zu 5.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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Datum