S 13 R 355/08

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 13 R 355/08
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin/des Klägers:
8/1970-2/1974 Ausbildung zum Maler und Lackierer - Prüfung bestanden
1974-1992 Maler und Lackierer
1992-1994 arbeitslos
1994-2005 Zimmermannshelfer
2006-2007 Zimmermannshelfer

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen d. Kl.:
Diagnosen:
- mäßige Bewegungseinschränkungen bei Hüftgelenksarthrose, rechts Z.n. Hüfttotalendoprothesen-Implantation
- Kniegelenksarthrose beidseits, links Z.n. Knietotalendoprothesen-Implantation
- degenerative Lendenwirbelsäule mit mittelgradiger Spinalkanalstenose, Osteochondrise L5/S1, übermäßigem Hohlkreuz und Fehlstatik
- Nacken-Kopf- und Nacken-Arm-Schmerzen bei leichten degenerativen Halswirbelsäulenveränderungen
- Karpaltunnelsyndrom beidseits, Z.n. OP links
- Schuppenflechte (Psoriasis) mit Gelenkbeteiligung, dadurch bedingte Einschränkung Fingerbeweglichkeit und Schmerzen
- Impingement-Symptomatik beider Schultern mit endgradigen Bewegungsschmerzen
- mittelgradige depressive Episode ohne erwerbsminderndem Dauereinfluss
- leichte Intelligenzminderung

Nebendiagnosen:
- Schlaf-Apnoe-Syndrom
- Übergewicht
- Arterielle Hypertonie
- Hyperlipidämie / Hypercholesterinämie
- Z.n. Schlaganfall mit leichter Halbseitensymptomatik links
- chronischer Nikotinabusus
- Psoriasis

Ergänzend sind folgende Funktionsbeeinträchtigungen zu beachten:
- leichte Arbeiten
- in wechselnder Körperhaltung oder überwiegend im Sitzen
- ohne Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten, in vornüber gebeugter Stellung, im Knien, Bücken, Hocken oder mit Vibrationen der Körperlängsachse
- ohne häufiges Heben oder Bücken (zumutbar 10kg als Einzelleistung, 5kg als Dauerleistung)
- ohne volle Gebrauchsfähigkeit der Hände, vor allem ohne besondere Anforderungen an die Feinmotorik
- ohne Absturzgefahr
- ohne Schicht- oder Akkordarbeit
- nur geistig einfache Arbeiten

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann die Klägerin/der Kläger noch ausüben?
Kann d. Kl. insb. noch die Tätigkeiten eines Telefonisten oder eines Pförtners ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann die Klägerin/der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

Zu 1.) u. 2.): Aufgrund der ärztlicherseits festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen kann der Kläger berufsnahe Tätigkeiten nicht mehr ausüben. Ich halte ihn jedoch noch für in der Lage, die folgenden berufsfremden Tätigkeiten auszuüben:

Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails u. ä ... Die Anforderungen an Telefonisten/Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich.

Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten.

Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Tagespförtner
Pförtner/innen kontrollieren in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie sind erste Ansprechpartner für Besucher. Je nach Art des Betriebes oder der Behörde haben sie unterschiedliche Aufgabenschwerpunkte. Sie überwachen zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen. Sie kontrollieren Werksausweise, stellen Besucherkarten/Passierscheine für Besucher aus und melden diese bei der zuständigen Stelle an. Zu ihren Aufgaben gehören teilweise auch das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck und das Verwalten von Schlüsseln und Schließanlagen. Auch die Kontrolle des Kfz- und Warenverkehrs gehört in manchen Betrieben zu ihrer Tätigkeit.

Darüber hinaus können auch einfache Bürotätigkeiten, die Postverteilung im Betrieb sowie der Telefondienst zu ihren Aufgaben gehören.

Pförtner/innen werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Betrieben, Büro- und Geschäftshäusern und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt.

Es handelt sich dabei meist um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Die Tätigkeit erfordert keine besonderen Anforderungen an das Seh- und Hörvermögen. Die erforderlichen Lese- und Schreibkenntnisse sind als normal zu bewerten. Die Tätigkeit beinhaltet keine ständige nervliche Belastung bzw. keinen dauernden Zeitdruck wie beispielsweise Akkordarbeit. Ganz sind Stress-Situationen erfahrungsgemäß jedoch nicht zu vermeiden.

Zu 3.): Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Arbeit und Sozialordnung zu richten.

Zu 4.): Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Klägerin - auch für diese ausreichend sein. Eine Ausnahme bildet jedoch der Verweisberuf der Telefonist. Hier dürfte aufgrund der Tatsache, dass der Kläger noch nie im Büro- bzw. Verwaltungsbereich gearbeitet hat eine längere Einarbeitungszeit erforderlich sein.

Zu 5.): Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

Zu 6.): Die genannten Verweistätigkeiten stehen in der Regel auch betriebsfremden Arbeitnehmern zur Verfügung.
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