Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 12 U 47/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls. Der Kläger war Mitinhaber der Firma T-K-W M. K. & S. OHG Gesellschaft für Sch. Diese Firma führte Schwerlastbegleitung von Lastkraftwagen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen mit entsprechend ausgestatteten BF3-Fahrzeugen durch.
Der Kläger schloss mit dem Verein SV B. e.V. einen Sponsoring – Vertrag mit einer jährlichen Unterstützung von 600 EUR am 27. Oktober 2001 ab.
Im Rahmen dieses Sponsoring führte der Kläger Sponsorgespräche am 28. April 2002 auf dem Sportplatz in F ... Der Ablauf der Ereignisse an diesem Tag war der folgende.
Der Kläger traf gegen 14.45 Uhr auf dem Sportplatz ein. Nach dem Eintreffen führte er ein Sponsorgespräch über die weitere Zusammenarbeit. Diese Besprechung wurde aufgrund des Aufstiegs der Fußballer notwendig. Nach dem Gespräch sah der Kläger sich das Punktspiel im Fußball zwischen F. und B. an. Im Anschluss hieran unterhielt er sich freundschaftlich mit den Fußballspielern der Mannschaft. Der Kläger verließ den Fußballplatz gegen 17.30 Uhr.
Auf dem Weg vom Sportplatz verunglückte der Kläger um 17.49 Uhr. Die Verkehrsunfallanzeige enthält die folgenden Angaben: "Nach dem Passieren des Verkehrsleitpfosten, mit der Markierung L-80, Abs. 45, Km 2,448, kam 01 nach 47 m nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr weitere 38 m mit den rechten Rädern neben der Fahrbahn, ca. 80 cm und streifte mit der rechten Fahrzeugseite einen Straßenbaum, wobei der rechte Außenspiegel abgerissen wurde und die Heckscheibe raussprang. 01 fuhr, ohne anzuhalten weiter und hielt sein Fahrzeug in Höhe Ortseingang K.z an, um sich die Schäden anzusehen. Nachdem 01 den ankommenden Zeugen 01 bemerkte, stieg 01 sofort in den Kleintransporter und fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit, ca. 80-90 km/h, nach Angaben des nachfahrenden Zeugen 01 durch die Ortschaft K. weiter in Richtung B-2. Nachdem 01 den Leitpfosten mit der Markierung, L-80 abs. 60, km 1,608, passiert hatte, kam 01 nach 36,5m in der dortigen Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn ab, streifte nach 43,5m einen Leitpfosten rechts neben der Fahrbahn und fuhr den folgenden Leitpfosten, nach 60 m vom km 1,608, um. 01 kam danach noch weiter nach rechts von der Fahrbahn ab und stieß frontal gegen einen Straßenbaum, nach 63m."
Die Ehefrau des Klägers informierte die Beklagte am 02. Mai 2002 über das Unfallgeschehen.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2003 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Verkehrsunfalls vom 28. April 2002 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Alkohol die wesentliche Ursache für den Unfall darstelle.
Hiergegen legte der Kläger am 18. Juli 2003 Widerspruch ein und führte aus, dass weitere krankheitsbedingte Ursachen für den Unfall ursächlich seien – nämlich ein "Zuckerschock".
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die wesentliche Bedingung für den Unfall der Alkohol gewesen sei.
Mit der am 15. März 2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Klägerbevollmächtigte ist der Ansicht, dass eine versicherte Tätigkeit als Sponsoring über den gesamten Zeitraum von 14.45 Uhr bis 17.30 Uhr vorliege, da eine Tätigkeit als Werbung dem Unternehmen diene. Weiterhin liege keine Unterbrechung des inneren Zurechnungszusammenhang vor, da der Kläger auf der gesamten Fahr das Ziel der Heimfahrt hatte. Sie behauptet, dass der Kläger aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen – "Zuckerschock" – nicht in der Lage gewesen sei, eine neue Zielrichtung zu fassen. Hinsichtlich der inneren Ursache ist die Klägerbevollmächtigte der Auffassung, dass zwar eine innere Ursache vorliege aber dass die Art und Schwere der Unfallfolgen hier durch das Zurücklegen des Weges geprägt seien. Aus diesem Grunde sei die innere Ursache nicht wesentlich.
Die Klägerbevollmächtigte beantragt: Der Bescheid vom 19. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 28. April 2002 einen Arbeitsunfall mit den entsprechenden Unfallfolgen darstellt.
Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagten behauptet, dass Alkohol die wesentliche Ursache für das Unfallgeschehen gewesen sei.
Das Gericht hat zu den Geschehnissen auf dem Sportplatz den Zeugen vernommen. Wegen der Ergebnisse der Zeugenvernehmung wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 08. Mai 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (BSG, Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de) ist unbegründet.
Das Unfallgeschehen vom 28. April 2002 ist kein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII). Der Bescheid vom 19. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegen von dem Ort der Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit – Wegeunfall.
Die Fahrt des Klägers stellt keine versicherte Tätigkeit, da hier eine mehr als zweistündige Unterbrechung (1) vor Antritt des Weges (2) vorliegt. Die Kammer lässt offen, ob Versicherungsschutz bis 15.00 Uhr besteht (3), aber in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr übte der Kläger keine versicherte Tätigkeit aus.
1. Das Bundessozialgericht hat im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung eine Zeitgrenze von zwei Stunden im Rahmen der Unterbrechung des versicherten Weges festgelegt (vgl. hierzu Schulin, in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht 1996, § 33 Rn. 112 und zuletzt BSG, Urteil vom 02. Dezember 2008 – B 2 U 26/06 R). BSG aaO: "Für Wege vom und zum Ort der Tätigkeit ist vom BSG im Interesse einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung eine feste zeitliche Grenze von zwei Stunden festgelegt worden, bis zu der die Fortsetzung des ursprünglichen Weges eine versicherte Tätigkeit und deshalb die Unterbrechung für den Versicherungsschutz auf dem restlichen Weg unschädlich ist. Wird diese Grenze überschritten, ist der versicherte Weg grundsätzlich endgültig beendet und der Versicherungsschutz wird nicht neu begründet (BSG Urteil vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 16 mwN). Ein Versicherter, der den Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit um mehr als zwei Stunden durch eine eigenwirtschaftlichen Zwecken dienende Verrichtung unterbricht, hat sich regelmäßig von der versicherten Tätigkeit des Zurücklegens des Arbeitsweges gelöst."
2. Diese Grenze ist auch anzuwenden, wenn sich der Heimweg nach Beendigung der versicherten Tätigkeit verzögert (Schulin, in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht 1996, § 33 Rn. 82 und 112). Das Hinausschieben des Heimweges nach Beendigung der versicherten Tätigkeit aus privaten Gründen steht einer Unterbrechung des bereits begonnen Weges so nah, dass diese Fälle unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit gleich zu behandeln sind.
Diese Gleichbehandlung von Unterbrechung oder verzögerter Antritt des Weges wird auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gesehen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 1983 – 2 RU 51/82 = SozR 2200 § 550 Nr. 58 und Urteil vom 18.12.1979 – 2 RU 53/78 = SozR 2200 § 550 Nr. 42). In der letzten Entscheidung findet sich der folgende Leitsatz: "Ein Versicherter, der den Antritt des Weges von dem Ort der Tätigkeit bis zu 2 Stunden durch eine privaten Zwecken dienende Verrichtung hinausschiebt, steht auf dem anschließenden Weg von dem Ort der Tätigkeit wieder unter Versicherungsschutz nach RVO § 550 Abs 1; die Dauer der zuvor ausgeübten Tätigkeit und die Länge des zurückzulegenden Weges sind unerheblich (Fortführung von BSG 1976-04-28 2 RU 147/75 = SozR 2200 § 550 Nr 12)."
3. Hier trat der Kläger den Heimweg erst nach Ablauf der Zwei-Stunden-Grenze an, da die versicherte Tätigkeit um 15.00 Uhr endete und die Heimfahrt um 17.30 Uhr erfolgte.
Die Tätigkeit eines Unternehmers im Rahmen des Sponsorings gehört grundsätzlich zu den versicherten Tätigkeiten. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten zur Kundenwerbung, welche dem Unfallversicherungsschutz unterliegen, wenn sie (mittelbar) der Förderung des Unternehmens dienen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 1997 – 2 RU 42/96, kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de). Hinsichtlich der Art und Weise der Werbungstätigkeit ist dem Unternehmen ein großer Gestaltungsspielraum einzuräumen.
Der große Gestaltungsspielraum bei der Art und Weise der Werbungstätigkeit muss im Rahmen von Tätigkeiten berücksichtigt werden, die nach dem äußeren Bild rein private Tätigkeiten sind. Es würde den Versicherungsschutz des Unternehmers erheblich erweitern, wenn der bloße Wille, diese Gelegenheit für sein Unternehmen zu nutzen, eine private Tätigkeit zu einer unternehmerischen umwidmen würde. Im Ergebnis käme es ohne eine Grenzziehung an objektiven Kriterien zu einem Versicherungsschutz des Unternehmers für sehr viele Bereiche der privaten Verrichtungen.
Es liegt aber gerade nicht in der Hand des Unternehmers, den Versicherungsschutz auf weitere Bereiche auszudehnen. Dieser Gedanke steht auch hinter der Rechtsprechung die betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen betreffend. Der Wille des Unternehmers das betriebliche Klima zu verbessern ist in diesem Bereich nicht ausreichend. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. zum Beispiel Urteil, vom 26. Oktober 2004 – B 2 U 16/04 R = SozR 4-1500 § 163 Nr. 1) sind weitere objektive Kriterien für das Bejahen von Versicherungsschutz erforderliche – zum Beispiel die Offenheit der Veranstaltung für die Beschäftigten des Unternehmens und die Teilnahme eines Teils der Unternehmensleitung. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann Versicherungsschutz bejaht werden. Der Unternehmer soll es gerade nicht in der Hand haben den Versicherungsschutz auf unversicherte Tätigkeiten auszuweiten. Das Interesse des Unternehmers an einer bestimmten Tätigkeit genügt insoweit noch nicht, den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit zu begründen (vgl. BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 11).
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit zumindest gegeben sein müssen und der Wille oder die Vorstellungen des Unternehmers allein nicht maßgeblich sein können. In diesem Zusammenhang führt das Sächsische Landessozialgericht, Urteil vom 08. November 2007 – L 2 U 73/07 (kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de) aus: "Die allgemeine Erwartung eines versicherten Unternehmers, durch seine Präsenz bei einer Veranstaltung (hier: Eröffnung eines Feuerwehrgerätehauses nach vorangegangener Sachspende) den Zwecken des Unternehmens zu dienen, weist keinen hinreichend starken inneren Zusammenhang zu der unternehmerischen Tätigkeit auf, der es rechtfertigen würde, den Besuch der Veranstaltung dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich dem Unternehmer im Rahmen dieser Veranstaltung über das bloße "Sich-Sehen-Lassen" hinaus keine Gelegenheit zur Regelung geschäftlicher Dinge oder zu einer herausgehobenen Präsentation seines Unternehmens bietet."
Nach eigener Prüfung folgt die Kammer den Ausführungen unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen, dass für den Fall, wenn die in Frage stehende Tätigkeit mit Verhaltensweisen zusammenfällt, die ihrer Art nach allgemein auch im privaten Leben anfallen, aus Gründen der Objektivierbarkeit und Beweisbarkeit ein strenger Beurteilungsmaßstab bei der Beantwortung anzulegen ist, ob eine Verbindung mit den Unternehmen und so eine versicherte Tätigkeit besteht.
Es kann offen bleiben, ob ein solcher Zusammenhang bei dem Sponsoringvertrag mit dem Fußballverein vorliegt. Hier ergeben sich zumindest gewissen Zweifel, ob Werbung für ein hoch spezialisiertes Unternehmen bei einem örtlich sehr begrenzt tätig werdenden Verein noch eine Verbindung zum Unternehmen aufweist. Zumindest endete diese Tätigkeit in Verbindung mit dem Sponsoring nach den objektivierbaren Umständen mit Beginn des Fußballspiels. Die Sponsorgespräche waren um 15.00 Uhr beendet und der Kläger sah ein Spiel des Fußballvereins an. Die Gespräche wurden auch nicht im Anschluss des Spiels fortgeführt, da der Kläger sich nach der Zeugenaussage nur noch freundschaftlich mit den Spielern unterhielt. Der Kläger verließ den Sportplatz gegen 17.30 Uhr. Die nach außen erkennbare Tätigkeit des Klägers hatte ab 15.00 Uhr keinen Zusammenhang mehr mit seinem Unternehmen.
Die Zeugenaussage ist für die Kammer glaubhaft und sie stimmt insbesondere mit den Aussagen des Zeugen im Verwaltungsverfahren überein. Eine andere Darstellung des Sachverhalts erfolgte durch den Kläger nicht.
Es liegt eine Unterbrechung der möglicherweise versicherten Tätigkeit in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr vor. Diese Unterbrechung führte zu einer Verzögerung des Antritts des Weges von mehr als zwei Stunden.
4. Unter Beachtung der Zäsur des Geschehens nach der Beendigung der Gespräche und des Ansehens des Fußballspiels liegt nach Auffassung der Kammer keine gemischte Tätigkeit vor. Falls man eine solche gemischte Tätigkeit in einer Gesamtbetrachtung der Geschehnisse auf den Fußballplatz sehen würde, läge trotzdem keine versicherte Tätigkeit vor, da hier die private Tätigkeit aufgrund des zeitlichen Umfanges den Geschehnissen auf dem Sportplatz das Gepräge gab und damit auch nach diesen Grundsätzen eine versicherte Tätigkeit nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Arbeitsunfalls. Der Kläger war Mitinhaber der Firma T-K-W M. K. & S. OHG Gesellschaft für Sch. Diese Firma führte Schwerlastbegleitung von Lastkraftwagen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen mit entsprechend ausgestatteten BF3-Fahrzeugen durch.
Der Kläger schloss mit dem Verein SV B. e.V. einen Sponsoring – Vertrag mit einer jährlichen Unterstützung von 600 EUR am 27. Oktober 2001 ab.
Im Rahmen dieses Sponsoring führte der Kläger Sponsorgespräche am 28. April 2002 auf dem Sportplatz in F ... Der Ablauf der Ereignisse an diesem Tag war der folgende.
Der Kläger traf gegen 14.45 Uhr auf dem Sportplatz ein. Nach dem Eintreffen führte er ein Sponsorgespräch über die weitere Zusammenarbeit. Diese Besprechung wurde aufgrund des Aufstiegs der Fußballer notwendig. Nach dem Gespräch sah der Kläger sich das Punktspiel im Fußball zwischen F. und B. an. Im Anschluss hieran unterhielt er sich freundschaftlich mit den Fußballspielern der Mannschaft. Der Kläger verließ den Fußballplatz gegen 17.30 Uhr.
Auf dem Weg vom Sportplatz verunglückte der Kläger um 17.49 Uhr. Die Verkehrsunfallanzeige enthält die folgenden Angaben: "Nach dem Passieren des Verkehrsleitpfosten, mit der Markierung L-80, Abs. 45, Km 2,448, kam 01 nach 47 m nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr weitere 38 m mit den rechten Rädern neben der Fahrbahn, ca. 80 cm und streifte mit der rechten Fahrzeugseite einen Straßenbaum, wobei der rechte Außenspiegel abgerissen wurde und die Heckscheibe raussprang. 01 fuhr, ohne anzuhalten weiter und hielt sein Fahrzeug in Höhe Ortseingang K.z an, um sich die Schäden anzusehen. Nachdem 01 den ankommenden Zeugen 01 bemerkte, stieg 01 sofort in den Kleintransporter und fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit, ca. 80-90 km/h, nach Angaben des nachfahrenden Zeugen 01 durch die Ortschaft K. weiter in Richtung B-2. Nachdem 01 den Leitpfosten mit der Markierung, L-80 abs. 60, km 1,608, passiert hatte, kam 01 nach 36,5m in der dortigen Linkskurve nach rechts von der Fahrbahn ab, streifte nach 43,5m einen Leitpfosten rechts neben der Fahrbahn und fuhr den folgenden Leitpfosten, nach 60 m vom km 1,608, um. 01 kam danach noch weiter nach rechts von der Fahrbahn ab und stieß frontal gegen einen Straßenbaum, nach 63m."
Die Ehefrau des Klägers informierte die Beklagte am 02. Mai 2002 über das Unfallgeschehen.
Mit Bescheid vom 19. Juni 2003 lehnte die Beklagte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund des Verkehrsunfalls vom 28. April 2002 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Alkohol die wesentliche Ursache für den Unfall darstelle.
Hiergegen legte der Kläger am 18. Juli 2003 Widerspruch ein und führte aus, dass weitere krankheitsbedingte Ursachen für den Unfall ursächlich seien – nämlich ein "Zuckerschock".
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die wesentliche Bedingung für den Unfall der Alkohol gewesen sei.
Mit der am 15. März 2004 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Klägerbevollmächtigte ist der Ansicht, dass eine versicherte Tätigkeit als Sponsoring über den gesamten Zeitraum von 14.45 Uhr bis 17.30 Uhr vorliege, da eine Tätigkeit als Werbung dem Unternehmen diene. Weiterhin liege keine Unterbrechung des inneren Zurechnungszusammenhang vor, da der Kläger auf der gesamten Fahr das Ziel der Heimfahrt hatte. Sie behauptet, dass der Kläger aufgrund seiner körperlichen Einschränkungen – "Zuckerschock" – nicht in der Lage gewesen sei, eine neue Zielrichtung zu fassen. Hinsichtlich der inneren Ursache ist die Klägerbevollmächtigte der Auffassung, dass zwar eine innere Ursache vorliege aber dass die Art und Schwere der Unfallfolgen hier durch das Zurücklegen des Weges geprägt seien. Aus diesem Grunde sei die innere Ursache nicht wesentlich.
Die Klägerbevollmächtigte beantragt: Der Bescheid vom 19. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass das Ereignis vom 28. April 2002 einen Arbeitsunfall mit den entsprechenden Unfallfolgen darstellt.
Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen. Die Beklagten behauptet, dass Alkohol die wesentliche Ursache für das Unfallgeschehen gewesen sei.
Das Gericht hat zu den Geschehnissen auf dem Sportplatz den Zeugen vernommen. Wegen der Ergebnisse der Zeugenvernehmung wird auf die Anlage 1 zur Sitzungsniederschrift vom 08. Mai 2009 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (BSG, Urteil vom 02. April 2009 – B 2 U 29/07 R, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de) ist unbegründet.
Das Unfallgeschehen vom 28. April 2002 ist kein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII). Der Bescheid vom 19. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2004 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Bedingung für die Feststellung eines Arbeitsunfalls. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegen von dem Ort der Tätigkeit eine versicherte Tätigkeit – Wegeunfall.
Die Fahrt des Klägers stellt keine versicherte Tätigkeit, da hier eine mehr als zweistündige Unterbrechung (1) vor Antritt des Weges (2) vorliegt. Die Kammer lässt offen, ob Versicherungsschutz bis 15.00 Uhr besteht (3), aber in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr übte der Kläger keine versicherte Tätigkeit aus.
1. Das Bundessozialgericht hat im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung eine Zeitgrenze von zwei Stunden im Rahmen der Unterbrechung des versicherten Weges festgelegt (vgl. hierzu Schulin, in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht 1996, § 33 Rn. 112 und zuletzt BSG, Urteil vom 02. Dezember 2008 – B 2 U 26/06 R). BSG aaO: "Für Wege vom und zum Ort der Tätigkeit ist vom BSG im Interesse einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung eine feste zeitliche Grenze von zwei Stunden festgelegt worden, bis zu der die Fortsetzung des ursprünglichen Weges eine versicherte Tätigkeit und deshalb die Unterbrechung für den Versicherungsschutz auf dem restlichen Weg unschädlich ist. Wird diese Grenze überschritten, ist der versicherte Weg grundsätzlich endgültig beendet und der Versicherungsschutz wird nicht neu begründet (BSG Urteil vom 10. Oktober 2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 16 mwN). Ein Versicherter, der den Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit um mehr als zwei Stunden durch eine eigenwirtschaftlichen Zwecken dienende Verrichtung unterbricht, hat sich regelmäßig von der versicherten Tätigkeit des Zurücklegens des Arbeitsweges gelöst."
2. Diese Grenze ist auch anzuwenden, wenn sich der Heimweg nach Beendigung der versicherten Tätigkeit verzögert (Schulin, in: Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2, Unfallversicherungsrecht 1996, § 33 Rn. 82 und 112). Das Hinausschieben des Heimweges nach Beendigung der versicherten Tätigkeit aus privaten Gründen steht einer Unterbrechung des bereits begonnen Weges so nah, dass diese Fälle unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit gleich zu behandeln sind.
Diese Gleichbehandlung von Unterbrechung oder verzögerter Antritt des Weges wird auch in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts gesehen (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juli 1983 – 2 RU 51/82 = SozR 2200 § 550 Nr. 58 und Urteil vom 18.12.1979 – 2 RU 53/78 = SozR 2200 § 550 Nr. 42). In der letzten Entscheidung findet sich der folgende Leitsatz: "Ein Versicherter, der den Antritt des Weges von dem Ort der Tätigkeit bis zu 2 Stunden durch eine privaten Zwecken dienende Verrichtung hinausschiebt, steht auf dem anschließenden Weg von dem Ort der Tätigkeit wieder unter Versicherungsschutz nach RVO § 550 Abs 1; die Dauer der zuvor ausgeübten Tätigkeit und die Länge des zurückzulegenden Weges sind unerheblich (Fortführung von BSG 1976-04-28 2 RU 147/75 = SozR 2200 § 550 Nr 12)."
3. Hier trat der Kläger den Heimweg erst nach Ablauf der Zwei-Stunden-Grenze an, da die versicherte Tätigkeit um 15.00 Uhr endete und die Heimfahrt um 17.30 Uhr erfolgte.
Die Tätigkeit eines Unternehmers im Rahmen des Sponsorings gehört grundsätzlich zu den versicherten Tätigkeiten. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten zur Kundenwerbung, welche dem Unfallversicherungsschutz unterliegen, wenn sie (mittelbar) der Förderung des Unternehmens dienen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 1997 – 2 RU 42/96, kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de). Hinsichtlich der Art und Weise der Werbungstätigkeit ist dem Unternehmen ein großer Gestaltungsspielraum einzuräumen.
Der große Gestaltungsspielraum bei der Art und Weise der Werbungstätigkeit muss im Rahmen von Tätigkeiten berücksichtigt werden, die nach dem äußeren Bild rein private Tätigkeiten sind. Es würde den Versicherungsschutz des Unternehmers erheblich erweitern, wenn der bloße Wille, diese Gelegenheit für sein Unternehmen zu nutzen, eine private Tätigkeit zu einer unternehmerischen umwidmen würde. Im Ergebnis käme es ohne eine Grenzziehung an objektiven Kriterien zu einem Versicherungsschutz des Unternehmers für sehr viele Bereiche der privaten Verrichtungen.
Es liegt aber gerade nicht in der Hand des Unternehmers, den Versicherungsschutz auf weitere Bereiche auszudehnen. Dieser Gedanke steht auch hinter der Rechtsprechung die betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen betreffend. Der Wille des Unternehmers das betriebliche Klima zu verbessern ist in diesem Bereich nicht ausreichend. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. zum Beispiel Urteil, vom 26. Oktober 2004 – B 2 U 16/04 R = SozR 4-1500 § 163 Nr. 1) sind weitere objektive Kriterien für das Bejahen von Versicherungsschutz erforderliche – zum Beispiel die Offenheit der Veranstaltung für die Beschäftigten des Unternehmens und die Teilnahme eines Teils der Unternehmensleitung. Nur wenn diese Kriterien erfüllt sind, kann Versicherungsschutz bejaht werden. Der Unternehmer soll es gerade nicht in der Hand haben den Versicherungsschutz auf unversicherte Tätigkeiten auszuweiten. Das Interesse des Unternehmers an einer bestimmten Tätigkeit genügt insoweit noch nicht, den rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit zu begründen (vgl. BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R = SozR 4-2700 § 8 Nr. 11).
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, dass objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit zumindest gegeben sein müssen und der Wille oder die Vorstellungen des Unternehmers allein nicht maßgeblich sein können. In diesem Zusammenhang führt das Sächsische Landessozialgericht, Urteil vom 08. November 2007 – L 2 U 73/07 (kostenpflichtig abrufbar unter www.juris.de) aus: "Die allgemeine Erwartung eines versicherten Unternehmers, durch seine Präsenz bei einer Veranstaltung (hier: Eröffnung eines Feuerwehrgerätehauses nach vorangegangener Sachspende) den Zwecken des Unternehmens zu dienen, weist keinen hinreichend starken inneren Zusammenhang zu der unternehmerischen Tätigkeit auf, der es rechtfertigen würde, den Besuch der Veranstaltung dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu unterstellen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sich dem Unternehmer im Rahmen dieser Veranstaltung über das bloße "Sich-Sehen-Lassen" hinaus keine Gelegenheit zur Regelung geschäftlicher Dinge oder zu einer herausgehobenen Präsentation seines Unternehmens bietet."
Nach eigener Prüfung folgt die Kammer den Ausführungen unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen, dass für den Fall, wenn die in Frage stehende Tätigkeit mit Verhaltensweisen zusammenfällt, die ihrer Art nach allgemein auch im privaten Leben anfallen, aus Gründen der Objektivierbarkeit und Beweisbarkeit ein strenger Beurteilungsmaßstab bei der Beantwortung anzulegen ist, ob eine Verbindung mit den Unternehmen und so eine versicherte Tätigkeit besteht.
Es kann offen bleiben, ob ein solcher Zusammenhang bei dem Sponsoringvertrag mit dem Fußballverein vorliegt. Hier ergeben sich zumindest gewissen Zweifel, ob Werbung für ein hoch spezialisiertes Unternehmen bei einem örtlich sehr begrenzt tätig werdenden Verein noch eine Verbindung zum Unternehmen aufweist. Zumindest endete diese Tätigkeit in Verbindung mit dem Sponsoring nach den objektivierbaren Umständen mit Beginn des Fußballspiels. Die Sponsorgespräche waren um 15.00 Uhr beendet und der Kläger sah ein Spiel des Fußballvereins an. Die Gespräche wurden auch nicht im Anschluss des Spiels fortgeführt, da der Kläger sich nach der Zeugenaussage nur noch freundschaftlich mit den Spielern unterhielt. Der Kläger verließ den Sportplatz gegen 17.30 Uhr. Die nach außen erkennbare Tätigkeit des Klägers hatte ab 15.00 Uhr keinen Zusammenhang mehr mit seinem Unternehmen.
Die Zeugenaussage ist für die Kammer glaubhaft und sie stimmt insbesondere mit den Aussagen des Zeugen im Verwaltungsverfahren überein. Eine andere Darstellung des Sachverhalts erfolgte durch den Kläger nicht.
Es liegt eine Unterbrechung der möglicherweise versicherten Tätigkeit in der Zeit von 15.00 Uhr bis 17.30 Uhr vor. Diese Unterbrechung führte zu einer Verzögerung des Antritts des Weges von mehr als zwei Stunden.
4. Unter Beachtung der Zäsur des Geschehens nach der Beendigung der Gespräche und des Ansehens des Fußballspiels liegt nach Auffassung der Kammer keine gemischte Tätigkeit vor. Falls man eine solche gemischte Tätigkeit in einer Gesamtbetrachtung der Geschehnisse auf den Fußballplatz sehen würde, läge trotzdem keine versicherte Tätigkeit vor, da hier die private Tätigkeit aufgrund des zeitlichen Umfanges den Geschehnissen auf dem Sportplatz das Gepräge gab und damit auch nach diesen Grundsätzen eine versicherte Tätigkeit nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
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