Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Meiningen (FST)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
18
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 18 SO 671/07
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 1137/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2006 und der Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2007 werden abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 01. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2007 einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Zusatzbarbetrages nach den §§ 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und § 133 a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 30. Juni 2004 beantragte der Kläger, vertreten durch seinen Betreuer, gegenüber dem Beklagten Sozialhilfe durch die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen. Dem Formular lag ein Antrag auf Eingliederungshilfe nach §§ 39 ff. BSHG des Therapiezentrums R. -Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen- vom 12. Mai 2004 bei, aus dem sich ergibt, dass es sich bei dem Kläger um einen seelisch nicht nur vorübergehend wesentlich Behinderten oder von einer solchen Behinderung Bedrohten handelt, für den eine vollstationäre Unterbringung in einem sozialtherapeutischen Wohnheim vorgeschlagen wurde.
Mit Bescheid vom 02. Juli 2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 07. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 die beantragte Eingliederungshilfe im Sozialtherapeutischen Wohnheim in S.
Aufgrund von Unstimmigkeiten bei der Aufnahme des Klägers in das Wohnheim in S. bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2004 für den Zeitraum 13. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 Eingliederungshilfe für den Kläger im Wohnheim für Abhängigkeitskranke in W. Der Beklagte gewährte dem Kläger insoweit einen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 1 BSHG in Höhe von 84,60 EUR.
Der Kläger beantragte am 21. Juli 2004 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, welche durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung -LVA Thüringen- vom 10. August 2004 abgelehnt wurde.
Nach entsprechendem Folgeantrag und amtsärztlicher Begutachtung gewährte der Beklagte auch für die Zeiträume Juli 2005 bis Juni 2006 und Juni 2006 bis Dezember 2006 die Eingliederungshilfe für den Kläger (Bescheid vom 22. September 2005 und 19. Juni 2006).
Aufgrund eines Vergleiches in dem Verfahren S 5 RJ 1759/04 des Sozialgerichtes Meiningen bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (vormals: LVA Thüringen) mit Bescheid vom 16. November 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Oktober 2004. Im Oktober und Dezember 2004 betrug der Zahlbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung 529,25 EUR. Der Nachzahlbetrag in Höhe von 14.313,42 EUR für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2006 wurde im November 2006 nach Anmeldung des Erstattungsanspruches an den Beklagten ausgekehrt und von diesem auf die seit Oktober 2004 für den Kläger gewährte Sozialhilfe angerechnet.
Der Kläger beantragte sodann am 20. November 2006 die Zahlung des Zusatzbarbetrages ab Oktober 2004 (nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG) auf ein separates Konto, da er noch vor dem 01. Januar 2005 in ein Heim aufgenommen worden sei und daher unter die für ihn günstige Taschengeldregelung falle.
Mit Bescheid vom 30. November 2006 lehnte der Beklagte die Zahlung des Zusatzbarbetrages ab, da ein Nachzahlbetrag, der rückwirkend zu einem Rentenanspruch für das Jahr 2004 führt, nicht im Wege einer rechtlichen Fiktion im Nachhinein zur Erfüllung der Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII führen könne.
Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger weiterhin eine Eingliederungshilfe für den Aufenthalt im Wohnheim in W. ohne Berücksichtigung eines Zusatzbarbetrages (Bescheid vom 03. Januar 2007).
Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 30. November 2006 und 03. Januar 2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2007 zurück.
Der Kläger meint, dass für die Anwendung der Übergangsregelung des § 133 a SGB XII entscheidend ist, dass die dort genannten Personen hinsichtlich der Gewährung des zusätzlichen Barbetrages anspruchsberechtigt sind, was auch dann gegeben sei, wenn rückwirkend die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vorliegen. Auf die Auszahlung des Zusatzbarbetrages und den Zufluss der Leistung komme es insoweit nicht an.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2007 einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig und verweist hinsichtlich der Begründung auf den Widerspruchsbescheid vom 02. März 2007.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2008 der Zulassung der Sprungrevision zugestimmt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligte wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die Verwaltungsakten des Beklagten (Bl. 1 bis 78 und Bl. 1 bis 272) lagen vor und sind neben der Gerichtsakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2006 und der Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2007 sind abzuändern und der Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 01. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2007 einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen, da die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten beschweren (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage sind der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2006, mit dem die Gewährung eines Zusatzbarbetrages für den Zeitraum ab Oktober 2004 angelehnt wurde, und der Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2007 mit welchem dem Kläger ab Januar 2007 Leistungen ohne Berücksichtigung des Zusatzbarbetrages bewilligt wurden. 1) Entscheidend ist daher, ob der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung des Zusatzbarbetrages nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG hatte, da er diese Leistung bereits ab Oktober 2004 und damit unter Geltung des BSHG beantragt hat.
Nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG erhält der Leistungsempfänger einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 5 vom Hundert seines Einkommens, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes, wenn er einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt.
Auf diese Norm ist vorliegend zunächst auch abzustellen, auch wenn das BSHG nach Art. 68 Abs 1 Nr 1, Art. 70 Abs 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S 3022) mit Ablauf des 31. Dezember 2004 aufgehoben worden ist. Für den hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum ist die seinerzeit geltende Fassung des BSHG maßgebend, da in den Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch nichts anderes bestimmt ist und insbesondere nicht geregelt ist, dass die Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zurückliegende Bewilligungszeiträume betreffen oder bis zum 31. Dezember 2004 entstandene Rechtsansprüche wieder beseitigen (so auch Bayerisches Landessozialgericht vom 18. Mai 2006, L 11 AS 117/05 unter Hinweis auf BVerwG vom 01.12.1989 BVerwGE 84, 157/160 ff). Insbesondere ist durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 nicht ausgeschlossen, dass sich die Regelungen des SGB XII, soweit diese eine dem BSHG vergleichbare Leistung nicht mehr vorsehen, auf vorausgehende Bewilligungszeiträume erstrecken sollen (BayLSG aaO unter Hinweis auf BVerwG vom 20.03.1996 BVerwGE 100, 346/348).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gewährung des zusätzlichen Barbetrages sind erfüllt, da der Kläger ab Oktober 2004 einen Teil der Kosten des Aufenthaltes in der Einrichtung (hier: Wohnheim für Abhängigkeitskranke in W.) durch den Einsatz seines Einkommens selbst getragen hat. Aufgrund des Vergleiches mit der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland erhielt der Kläger rückwirkend ab 01. Oktober 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 529,25 EUR. Der entsprechende Nachzahlbetrag wurde nach Angaben des Beklagten ausschließlich auf die verauslagten Kosten der Eingliederungshilfe (hier: Unterbringung des Klägers im Wohnheim für Abhängigkeitskranke) verwandt, so dass der Kläger einen Teil des Kosten durch Einsatz seiner Rente selbst getragen hat.
Entgegen der Auffassung des Beklagten lösen auch die zur Erfüllung eines Erstattungsanspruches gezahlten Beträge anderer Sozialleistungsträger den Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag aus, da es sich letztendlich um Einkommen im Sinne des § 76 BSHG handelt, welches zur Deckung der Kosten der Sozialhilfe verwendet wurde (so auch Schoch in LPK-BSHG § 21 Rn. 81).
Vorliegend richtet sich der Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland nach § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), wobei sich der Kläger im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht entgegenhalten lassen muss.
Die Regelung des § 103 Abs. 1 SGB X bestimmt für den Fall, dass ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, dass der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig ist, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
Die Eingliederungshilfe nach § 39 BSHG war bei der Gewährung der Hilfe in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung auch dann in voller Höhe zu gewähren, wenn den Hilfeempfängern die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BSHG). In Höhe dieses Teiles hatten die Leistungsempfänger zu den Kosten der Hilfe beizutragen (Abs. 1 Satz 2). Grundsätzlich hatten die Leistungsempfänger unter Berücksichtigung des § 43 Abs. 1 Satz 2 BSHG ihr Einkommen (soweit dessen Einsatz zumutbar ist) bei der Gewährung der Hilfe mit einzusetzen und daher einen Teil der Kosten mitzutragen. Wenn der Hilfebedürftige nach der Bewilligung der Leistung der Eingliederungshilfe (die mangels Einkommenserzielung des Leistungsempfängers ohne Anrechnung erfolgte) durch eine rückwirkende Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente nunmehr über anzurechnendes Einkommen verfügt, ist der Leistungsanspruch auf Eingliederungshilfe gegenüber dem Leistungsträger (hier: Sozialamt) teilweise entfallen, so dass dieser einen Erstattungsanspruch gegenüber dem für die entsprechende Leistung zuständigen Leistungsträger (hier: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland) geltend machen kann.
Diesem Erstattungsanspruch des Beklagten gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland kann nicht zu Lasten des Klägers entgegengehalten werden, dass der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt, soweit der Erstattungsanspruch besteht (sog. "Erfüllungsfiktion" § 107 Abs. 1 SGB X). Die Erfüllungsfiktion greift vorliegend allein im Verhältnis Kläger - Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland ein und führt dazu, dass der Anspruch des Klägers gegen die Rentenversicherung auf Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung als erfüllt gilt, soweit der Erstattungsanspruch des Beklagten besteht. Im Ergebnis kann der Kläger für die Zeiträume, für die der Erstattungsanspruch des Beklagten wegen Zahlung der Eingliederungshilfe besteht, keine Zahlungsansprüche gegenüber der Rentenversicherung geltend machen.
Dadurch ist aber die Qualifizierung der aufgrund des Erstattungsanspruchs an den Beklagten fließenden Rente als Einkommen im Sinne des § 43 Abs. 1 BSHG nicht ausgeschlossen.
In diesem Zusammenhang geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der rückwirkenden Bewilligung und Nachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung im Rahmen des Erstattungsanspruchs um einsetzbares Einkommen im Sinne der §§ 76, 77 BSHG handelt.
Zum Einkommen im Sinne des BSHG gehören nach § 76 Abs. 1 BSHG alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit den dort genannten Ausnahmen, welche im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle spielen. Da es sich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) um eine Geldleistung handelt, stellt sie Einkommen im Sinne von § 76 Abs 1 BSHG dar.
Die Höhe des Zusatzbarbetrages richtet sich nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG, wonach der Leistungsempfänger einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 5 vom Hundert seines Einkommens, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes erhält, wenn er einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt.
Im Oktober 2004 erzielte der Kläger ein Einkommen (Rente wegen voller Erwerbsminderung) in Höhe von 529,25 EUR monatlich, so dass ein zusätzlicher Barbetrag in Höhe von 26,46 EUR (5 vH von 529,25 EUR, abgerundet) zu zahlen ist.
Im Ergebnis hat der Kläger für den Zeitraum 01. Oktober bis 31. Dezember 2004 unter Beachtung des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG einen Anspruch auf Zahlung des Zusatzbarbetrages in Höhe von 26,46 EUR.
2) Dem Kläger ist nach § 133a SGB XII auch für den Zeitraum 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 ein zusätzlicher Barbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen.
Die Regelung des § 133a SGB XII besagt, dass für Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht wird.
Dabei ist nach Auffassung der Kammer für die Anwendbarkeit des § 133a SGB XII und damit für die Zahlungspflicht des Beklagten ausreichend aber auch erforderlich, dass der Kläger bis spätestens 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG hatte, während eine Zahlung desselben (bis zum 31. Dezember 2004) an den Hilfeempfänger keine tatbestandliche Voraussetzung der Übergangsvorschrift ist.
In diesem Zusammenhang ist der Kammer sehr wohl bewusst, dass die Voraussetzungen des § 133a SGB XII sprachlich ungenau formuliert worden sind, so dass nicht eindeutig ersichtlich ist, ob die Regelung allein an den Anspruch als subjektives Recht eines einzelnen, von einem anderen ein Tun, die Abgabe einer Erklärung oder die Übergabe einer Sache oder ein Unterlassen zu verlangen oder an die Erfüllung dieses Anspruches (hier: Zahlung des Geldbetrages) anknüpft. Mithin ist eine sachgerechte Auslegung des Gesetzeswortlautes erforderlich, wobei auch zu bedenken ist, dass die "zwingende" Voraussetzung des Auszahlens des Zusatzbarbetrages an den Leistungsempfänger gerade nicht normiert wurde.
Bei grammatischer Auslegung der Norm ist zu berücksichtigen, dass allein der Begriff des "Anspruches" dafür spricht, dass es nur auf das Recht ankommt, von einem anderen ein Tun (hier: Zahlung des Zusatzbarbetrages) zu verlangen, während die Erfüllung des Verlangens sprachlich nicht mehr zum Anspruch gehört. Weiterhin muss beachtet werden, dass die Höhe des Zusatzbarbetrages für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellt worden sein muss und nicht im Dezember 2004. Damit ist nach Auffassung der Kammer insbesondere eine rückwirkende Berechnung des Zusatzbarbetrages in Folge der rückwirkenden Bewilligung anderer Sozialleistungen nicht ausgeschlossen.
Da nach Anwendung systematischer Auslegungsregeln keine der genannten Varianten der Rechtsordnung als Ganzes und die Norm keiner anderen widerspricht, ist die teleologische Auslegung entscheidend, die erfordert, den Sinn des Gesetzes danach festzusetzen, was für ein Ziel (also Sinn und Zweck) mit der Norm erreicht werden soll. Der gesetzlichen Übergangsregelung des § 133a SGB XII liegt eine Beschlussempfehlung und ein Bericht des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung zugrunde, der im allgemeinen Teil ausführt, dass sich ein Teil der Ausschussmitglieder für den Erhalt des Zusatzbarbetrages ausgesprochen haben, da mit diesem der der eigenverantwortlichen Vorsorge der Menschen für das Alter Rechnung getragen werde. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass "Menschen, die sich auf die bestehende Regelung bereits eingestellt hätten, den Zusatzbarbetrag weiter erhalten sollen" (BT-Drucks 15/3977 S. 7). Demgegenüber wird im besonderen Teil der Beschlussempfehlung zur Begründung des Gesetzentwurfs aufgeführt, dass die "Regelung sicherstellt, dass diejenigen Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag im Sinne von § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diesen zusätzlichen Barbetrag weiterhin erhalten" (BT-Drucks 15/3977 S. 8/9). Im Ergebnis ist auch die teleologische Auslegung nicht eindeutig, da zwar erkennbar ist, welchen Sinn der Erhalt des Zusatzbarbetrages hat (Erwerb von Vorsorgeansprüchen), aber nicht ausgeschlossen ist, dass sich ein Leistungsempfänger unter Verweis auf eine zukünftige Leistung (hier: rückwirkende Bewilligung einer Rente) auch auf die bestehende Regelung eingestellt und entsprechende Vorsorgeaufwendungen hat.
Zusammenfassend ist daher für die Kammer ausschlaggebend, dass § 133a SGB XII an das Bestehen eines Anspruches auf den zusätzlichen Barbetrag anknüpft, der seinem Wortlaut und -sinn nach keine Erfüllung des Anspruches, sondern ausschließlich das Bestehen des Rechtes voraussetzt.
Der Kläger hatte im Dezember 2004 einen Anspruch im Sinne des Rechtes gegenüber dem Beklagten, von diesem einen Zusatzbarbetrag im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG zu fordern, da er mit seinem rückwirkenden Renteneinkommen an den Kosten der Eingliederungshilfe zu beteiligen war.
Da der Kläger im Dezember 2004 ein Einkommen in Form einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 529,25 EUR hatte, beläuft sich der Zusatzbarbetrag auf den Betrag in Höhe von 26,46 EUR. Dieser ist nach der Intention des § 133a SGB XII solange zu zahlen, wie der Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe bei stationärer Unterbringung erhält.
Der Zeitraum der gerichtlichen Entscheidung ist begrenzt, da der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden über die Bewilligung für die Zeiten Januar 2005 bis Dezember 2007 entscheiden hat und das Gericht nicht über andere Zeiträume entscheiden kann.
3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Sprungrevision war mit Zustimmung der Beteiligten zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 161 Abs. 2, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage der Voraussetzungen des § 133a SGB XII ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt und noch in weiteren Verfahren bei dem Beklagten streitig.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Zahlung eines Zusatzbarbetrages nach den §§ 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und § 133 a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 30. Juni 2004 beantragte der Kläger, vertreten durch seinen Betreuer, gegenüber dem Beklagten Sozialhilfe durch die Gewährung von Hilfe in besonderen Lebenslagen. Dem Formular lag ein Antrag auf Eingliederungshilfe nach §§ 39 ff. BSHG des Therapiezentrums R. -Fachklinik für Abhängigkeitserkrankungen- vom 12. Mai 2004 bei, aus dem sich ergibt, dass es sich bei dem Kläger um einen seelisch nicht nur vorübergehend wesentlich Behinderten oder von einer solchen Behinderung Bedrohten handelt, für den eine vollstationäre Unterbringung in einem sozialtherapeutischen Wohnheim vorgeschlagen wurde.
Mit Bescheid vom 02. Juli 2004 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum 07. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 die beantragte Eingliederungshilfe im Sozialtherapeutischen Wohnheim in S.
Aufgrund von Unstimmigkeiten bei der Aufnahme des Klägers in das Wohnheim in S. bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Juli 2004 für den Zeitraum 13. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 Eingliederungshilfe für den Kläger im Wohnheim für Abhängigkeitskranke in W. Der Beklagte gewährte dem Kläger insoweit einen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 1 BSHG in Höhe von 84,60 EUR.
Der Kläger beantragte am 21. Juli 2004 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, welche durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung -LVA Thüringen- vom 10. August 2004 abgelehnt wurde.
Nach entsprechendem Folgeantrag und amtsärztlicher Begutachtung gewährte der Beklagte auch für die Zeiträume Juli 2005 bis Juni 2006 und Juni 2006 bis Dezember 2006 die Eingliederungshilfe für den Kläger (Bescheid vom 22. September 2005 und 19. Juni 2006).
Aufgrund eines Vergleiches in dem Verfahren S 5 RJ 1759/04 des Sozialgerichtes Meiningen bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (vormals: LVA Thüringen) mit Bescheid vom 16. November 2006 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Oktober 2004. Im Oktober und Dezember 2004 betrug der Zahlbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung 529,25 EUR. Der Nachzahlbetrag in Höhe von 14.313,42 EUR für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2006 wurde im November 2006 nach Anmeldung des Erstattungsanspruches an den Beklagten ausgekehrt und von diesem auf die seit Oktober 2004 für den Kläger gewährte Sozialhilfe angerechnet.
Der Kläger beantragte sodann am 20. November 2006 die Zahlung des Zusatzbarbetrages ab Oktober 2004 (nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG) auf ein separates Konto, da er noch vor dem 01. Januar 2005 in ein Heim aufgenommen worden sei und daher unter die für ihn günstige Taschengeldregelung falle.
Mit Bescheid vom 30. November 2006 lehnte der Beklagte die Zahlung des Zusatzbarbetrages ab, da ein Nachzahlbetrag, der rückwirkend zu einem Rentenanspruch für das Jahr 2004 führt, nicht im Wege einer rechtlichen Fiktion im Nachhinein zur Erfüllung der Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 133 a SGB XII führen könne.
Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger weiterhin eine Eingliederungshilfe für den Aufenthalt im Wohnheim in W. ohne Berücksichtigung eines Zusatzbarbetrages (Bescheid vom 03. Januar 2007).
Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 30. November 2006 und 03. Januar 2007 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 02. März 2007 zurück.
Der Kläger meint, dass für die Anwendung der Übergangsregelung des § 133 a SGB XII entscheidend ist, dass die dort genannten Personen hinsichtlich der Gewährung des zusätzlichen Barbetrages anspruchsberechtigt sind, was auch dann gegeben sei, wenn rückwirkend die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung vorliegen. Auf die Auszahlung des Zusatzbarbetrages und den Zufluss der Leistung komme es insoweit nicht an.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 03. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum Oktober 2004 bis Dezember 2007 einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für rechtmäßig und verweist hinsichtlich der Begründung auf den Widerspruchsbescheid vom 02. März 2007.
Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung vom 02. Juli 2008 der Zulassung der Sprungrevision zugestimmt.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligte wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die Verwaltungsakten des Beklagten (Bl. 1 bis 78 und Bl. 1 bis 272) lagen vor und sind neben der Gerichtsakte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2006 und der Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. März 2007 sind abzuändern und der Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum 01. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2007 einen Zusatzbarbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen, da die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig sind und den Kläger in seinen Rechten beschweren (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage sind der Bescheid des Beklagten vom 30. November 2006, mit dem die Gewährung eines Zusatzbarbetrages für den Zeitraum ab Oktober 2004 angelehnt wurde, und der Bescheid des Beklagten vom 03. Januar 2007 mit welchem dem Kläger ab Januar 2007 Leistungen ohne Berücksichtigung des Zusatzbarbetrages bewilligt wurden. 1) Entscheidend ist daher, ob der Kläger einen Anspruch auf Bewilligung des Zusatzbarbetrages nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG hatte, da er diese Leistung bereits ab Oktober 2004 und damit unter Geltung des BSHG beantragt hat.
Nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG erhält der Leistungsempfänger einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 5 vom Hundert seines Einkommens, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes, wenn er einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt.
Auf diese Norm ist vorliegend zunächst auch abzustellen, auch wenn das BSHG nach Art. 68 Abs 1 Nr 1, Art. 70 Abs 1 des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 (BGBl I S 3022) mit Ablauf des 31. Dezember 2004 aufgehoben worden ist. Für den hier streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum ist die seinerzeit geltende Fassung des BSHG maßgebend, da in den Übergangsvorschriften zum Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch nichts anderes bestimmt ist und insbesondere nicht geregelt ist, dass die Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) zurückliegende Bewilligungszeiträume betreffen oder bis zum 31. Dezember 2004 entstandene Rechtsansprüche wieder beseitigen (so auch Bayerisches Landessozialgericht vom 18. Mai 2006, L 11 AS 117/05 unter Hinweis auf BVerwG vom 01.12.1989 BVerwGE 84, 157/160 ff). Insbesondere ist durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27. Dezember 2003 nicht ausgeschlossen, dass sich die Regelungen des SGB XII, soweit diese eine dem BSHG vergleichbare Leistung nicht mehr vorsehen, auf vorausgehende Bewilligungszeiträume erstrecken sollen (BayLSG aaO unter Hinweis auf BVerwG vom 20.03.1996 BVerwGE 100, 346/348).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Gewährung des zusätzlichen Barbetrages sind erfüllt, da der Kläger ab Oktober 2004 einen Teil der Kosten des Aufenthaltes in der Einrichtung (hier: Wohnheim für Abhängigkeitskranke in W.) durch den Einsatz seines Einkommens selbst getragen hat. Aufgrund des Vergleiches mit der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland erhielt der Kläger rückwirkend ab 01. Oktober 2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 529,25 EUR. Der entsprechende Nachzahlbetrag wurde nach Angaben des Beklagten ausschließlich auf die verauslagten Kosten der Eingliederungshilfe (hier: Unterbringung des Klägers im Wohnheim für Abhängigkeitskranke) verwandt, so dass der Kläger einen Teil des Kosten durch Einsatz seiner Rente selbst getragen hat.
Entgegen der Auffassung des Beklagten lösen auch die zur Erfüllung eines Erstattungsanspruches gezahlten Beträge anderer Sozialleistungsträger den Anspruch auf einen Zusatzbarbetrag aus, da es sich letztendlich um Einkommen im Sinne des § 76 BSHG handelt, welches zur Deckung der Kosten der Sozialhilfe verwendet wurde (so auch Schoch in LPK-BSHG § 21 Rn. 81).
Vorliegend richtet sich der Erstattungsanspruch des Beklagten gegen die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland nach § 103 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), wobei sich der Kläger im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG die Erfüllungsfiktion des § 107 SGB X nicht entgegenhalten lassen muss.
Die Regelung des § 103 Abs. 1 SGB X bestimmt für den Fall, dass ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat und der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen ist, dass der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig ist, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat.
Die Eingliederungshilfe nach § 39 BSHG war bei der Gewährung der Hilfe in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung auch dann in voller Höhe zu gewähren, wenn den Hilfeempfängern die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten sind (§ 43 Abs. 1 Satz 1 BSHG). In Höhe dieses Teiles hatten die Leistungsempfänger zu den Kosten der Hilfe beizutragen (Abs. 1 Satz 2). Grundsätzlich hatten die Leistungsempfänger unter Berücksichtigung des § 43 Abs. 1 Satz 2 BSHG ihr Einkommen (soweit dessen Einsatz zumutbar ist) bei der Gewährung der Hilfe mit einzusetzen und daher einen Teil der Kosten mitzutragen. Wenn der Hilfebedürftige nach der Bewilligung der Leistung der Eingliederungshilfe (die mangels Einkommenserzielung des Leistungsempfängers ohne Anrechnung erfolgte) durch eine rückwirkende Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente nunmehr über anzurechnendes Einkommen verfügt, ist der Leistungsanspruch auf Eingliederungshilfe gegenüber dem Leistungsträger (hier: Sozialamt) teilweise entfallen, so dass dieser einen Erstattungsanspruch gegenüber dem für die entsprechende Leistung zuständigen Leistungsträger (hier: Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland) geltend machen kann.
Diesem Erstattungsanspruch des Beklagten gegenüber der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland kann nicht zu Lasten des Klägers entgegengehalten werden, dass der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt, soweit der Erstattungsanspruch besteht (sog. "Erfüllungsfiktion" § 107 Abs. 1 SGB X). Die Erfüllungsfiktion greift vorliegend allein im Verhältnis Kläger - Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland ein und führt dazu, dass der Anspruch des Klägers gegen die Rentenversicherung auf Zahlung der Rente wegen Erwerbsminderung als erfüllt gilt, soweit der Erstattungsanspruch des Beklagten besteht. Im Ergebnis kann der Kläger für die Zeiträume, für die der Erstattungsanspruch des Beklagten wegen Zahlung der Eingliederungshilfe besteht, keine Zahlungsansprüche gegenüber der Rentenversicherung geltend machen.
Dadurch ist aber die Qualifizierung der aufgrund des Erstattungsanspruchs an den Beklagten fließenden Rente als Einkommen im Sinne des § 43 Abs. 1 BSHG nicht ausgeschlossen.
In diesem Zusammenhang geht die Kammer davon aus, dass es sich bei der rückwirkenden Bewilligung und Nachzahlung der Rente wegen voller Erwerbsminderung im Rahmen des Erstattungsanspruchs um einsetzbares Einkommen im Sinne der §§ 76, 77 BSHG handelt.
Zum Einkommen im Sinne des BSHG gehören nach § 76 Abs. 1 BSHG alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit den dort genannten Ausnahmen, welche im vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle spielen. Da es sich bei der Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) um eine Geldleistung handelt, stellt sie Einkommen im Sinne von § 76 Abs 1 BSHG dar.
Die Höhe des Zusatzbarbetrages richtet sich nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG, wonach der Leistungsempfänger einen zusätzlichen Barbetrag in Höhe von 5 vom Hundert seines Einkommens, höchstens jedoch in Höhe von 15 vom Hundert des Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes erhält, wenn er einen Teil der Kosten des Aufenthalts in der Einrichtung selbst trägt.
Im Oktober 2004 erzielte der Kläger ein Einkommen (Rente wegen voller Erwerbsminderung) in Höhe von 529,25 EUR monatlich, so dass ein zusätzlicher Barbetrag in Höhe von 26,46 EUR (5 vH von 529,25 EUR, abgerundet) zu zahlen ist.
Im Ergebnis hat der Kläger für den Zeitraum 01. Oktober bis 31. Dezember 2004 unter Beachtung des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG einen Anspruch auf Zahlung des Zusatzbarbetrages in Höhe von 26,46 EUR.
2) Dem Kläger ist nach § 133a SGB XII auch für den Zeitraum 01. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007 ein zusätzlicher Barbetrag in Höhe von 26,46 EUR monatlich zu zahlen.
Die Regelung des § 133a SGB XII besagt, dass für Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diese Leistung in der für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellten Höhe weiter erbracht wird.
Dabei ist nach Auffassung der Kammer für die Anwendbarkeit des § 133a SGB XII und damit für die Zahlungspflicht des Beklagten ausreichend aber auch erforderlich, dass der Kläger bis spätestens 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag nach § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG hatte, während eine Zahlung desselben (bis zum 31. Dezember 2004) an den Hilfeempfänger keine tatbestandliche Voraussetzung der Übergangsvorschrift ist.
In diesem Zusammenhang ist der Kammer sehr wohl bewusst, dass die Voraussetzungen des § 133a SGB XII sprachlich ungenau formuliert worden sind, so dass nicht eindeutig ersichtlich ist, ob die Regelung allein an den Anspruch als subjektives Recht eines einzelnen, von einem anderen ein Tun, die Abgabe einer Erklärung oder die Übergabe einer Sache oder ein Unterlassen zu verlangen oder an die Erfüllung dieses Anspruches (hier: Zahlung des Geldbetrages) anknüpft. Mithin ist eine sachgerechte Auslegung des Gesetzeswortlautes erforderlich, wobei auch zu bedenken ist, dass die "zwingende" Voraussetzung des Auszahlens des Zusatzbarbetrages an den Leistungsempfänger gerade nicht normiert wurde.
Bei grammatischer Auslegung der Norm ist zu berücksichtigen, dass allein der Begriff des "Anspruches" dafür spricht, dass es nur auf das Recht ankommt, von einem anderen ein Tun (hier: Zahlung des Zusatzbarbetrages) zu verlangen, während die Erfüllung des Verlangens sprachlich nicht mehr zum Anspruch gehört. Weiterhin muss beachtet werden, dass die Höhe des Zusatzbarbetrages für den vollen Kalendermonat Dezember 2004 festgestellt worden sein muss und nicht im Dezember 2004. Damit ist nach Auffassung der Kammer insbesondere eine rückwirkende Berechnung des Zusatzbarbetrages in Folge der rückwirkenden Bewilligung anderer Sozialleistungen nicht ausgeschlossen.
Da nach Anwendung systematischer Auslegungsregeln keine der genannten Varianten der Rechtsordnung als Ganzes und die Norm keiner anderen widerspricht, ist die teleologische Auslegung entscheidend, die erfordert, den Sinn des Gesetzes danach festzusetzen, was für ein Ziel (also Sinn und Zweck) mit der Norm erreicht werden soll. Der gesetzlichen Übergangsregelung des § 133a SGB XII liegt eine Beschlussempfehlung und ein Bericht des Ausschusses für Gesundheit und soziale Sicherung zugrunde, der im allgemeinen Teil ausführt, dass sich ein Teil der Ausschussmitglieder für den Erhalt des Zusatzbarbetrages ausgesprochen haben, da mit diesem der der eigenverantwortlichen Vorsorge der Menschen für das Alter Rechnung getragen werde. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass "Menschen, die sich auf die bestehende Regelung bereits eingestellt hätten, den Zusatzbarbetrag weiter erhalten sollen" (BT-Drucks 15/3977 S. 7). Demgegenüber wird im besonderen Teil der Beschlussempfehlung zur Begründung des Gesetzentwurfs aufgeführt, dass die "Regelung sicherstellt, dass diejenigen Personen, die am 31. Dezember 2004 einen Anspruch auf einen zusätzlichen Barbetrag im Sinne von § 21 Abs. 3 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes haben, diesen zusätzlichen Barbetrag weiterhin erhalten" (BT-Drucks 15/3977 S. 8/9). Im Ergebnis ist auch die teleologische Auslegung nicht eindeutig, da zwar erkennbar ist, welchen Sinn der Erhalt des Zusatzbarbetrages hat (Erwerb von Vorsorgeansprüchen), aber nicht ausgeschlossen ist, dass sich ein Leistungsempfänger unter Verweis auf eine zukünftige Leistung (hier: rückwirkende Bewilligung einer Rente) auch auf die bestehende Regelung eingestellt und entsprechende Vorsorgeaufwendungen hat.
Zusammenfassend ist daher für die Kammer ausschlaggebend, dass § 133a SGB XII an das Bestehen eines Anspruches auf den zusätzlichen Barbetrag anknüpft, der seinem Wortlaut und -sinn nach keine Erfüllung des Anspruches, sondern ausschließlich das Bestehen des Rechtes voraussetzt.
Der Kläger hatte im Dezember 2004 einen Anspruch im Sinne des Rechtes gegenüber dem Beklagten, von diesem einen Zusatzbarbetrag im Sinne des § 21 Abs. 3 Satz 4 BSHG zu fordern, da er mit seinem rückwirkenden Renteneinkommen an den Kosten der Eingliederungshilfe zu beteiligen war.
Da der Kläger im Dezember 2004 ein Einkommen in Form einer Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von 529,25 EUR hatte, beläuft sich der Zusatzbarbetrag auf den Betrag in Höhe von 26,46 EUR. Dieser ist nach der Intention des § 133a SGB XII solange zu zahlen, wie der Kläger Leistungen der Eingliederungshilfe bei stationärer Unterbringung erhält.
Der Zeitraum der gerichtlichen Entscheidung ist begrenzt, da der Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden über die Bewilligung für die Zeiten Januar 2005 bis Dezember 2007 entscheiden hat und das Gericht nicht über andere Zeiträume entscheiden kann.
3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Sprungrevision war mit Zustimmung der Beteiligten zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 161 Abs. 2, 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage der Voraussetzungen des § 133a SGB XII ist bisher noch nicht höchstrichterlich geklärt und noch in weiteren Verfahren bei dem Beklagten streitig.
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