Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Meiningen (FST)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 9 RA 783/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 1026/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Fachverkäuferin - Lebensmittel, die in einem Handelsbetrieb arbeitete, ist nicht einer Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk gleichzustellen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Juni 2006 aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab dem 1. September 2002 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Die 1951 geborene Klägerin absolvierte vom 1. September 1968 bis 21. Juli 1970 erfolgreich eine Ausbildung zur Fachverkäuferin - Lebensmittel - in der Konsumgenossenschaft des Kreises H ... In den Jahren 1972 und 1973 nahm sie an einer Weiterbildungsmaßnahme zur Geschäftsstellenleiterin teil. Von Mai 1977 bis Dezember 1990 arbeitete sie als Verkäuferin im Bereich Genussmittel im Centrum Warenhaus. Zu ihren Aufgaben gehörte der Verkauf, die Beratung und Kassierung. Nach Übernahme des Centrum Warenhauses durch die Kaufhof Warenhaus AG arbeitete die Klägerin dort von 1991 bis zum 30. April 1998 als Verkäuferin und Kassiererin im Trocken-, Frisch- und Süßwarenbereich. Vom 8. Juli 2000 bis 31. März 2001 war sie als Backwarenverkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war von vornherein bis zum 30. April 2001 befristet. Ab dem 9. September 2002 nahm die Klägerin an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten berufspraktischen Weiterbildung für Schwerbehinderte teil, die sie am 18. September 2002 abbrach.
Im Oktober 2002 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein internistisches Gutachten des Dr. K. vom 11. November 2002 (Diagnosen: Mischform des Asthma bronchiale zurzeit in Vollremission, Osteochondrose der Wirbelsäule; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin unter drei Stunden, mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhte Anforderungen an das Hörvermögen vollschichtig) und ein orthopädisches Gutachten des Dr. R. vom 14. November 2002 (Diagnosen: chronisches Lumbalsyndrom, Schwerhörigkeit beidseits, Befunde laut internistischem Gutachten; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin sechs Stunden und mehr, leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen über 10 kg, ohne Zwangshaltungen, möglichst ohne Lärmbelastung und in wechselnder Körperhaltung vollschichtig möglich) ein. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2002 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig auszuüben. Sie sei auch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte den Rehabilitationsentlassungsbericht der Kurparkklinik Dr. L.-Klinik GmbH vom 18. März 2003 (Diagnosen: chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom, Schwerhörigkeit beidseits, Asthma bronchiale, grippaler Infekt; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin 6 Stunden und mehr, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen vollschichtig ohne schweres Heben, Tragen und Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen und Gerüsten, ohne Allergene oder Lärmbelastung möglich) bei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2003).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen und Krankenunterlagen beigezogen, ein orthopädisches Gutachten des Dr. K. vom 13. April 2004 und ein hals-, nasen-, ohrenärztliches Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006 eingeholt.
Der Sachverständige Dr. K. hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: fehltstatisch und verschleißbedingtes Lendenwirbelsäulensyndrom bei lumbosakraler Übergangsstörung mit Teillumbalisation des ersten Sakralwirbelkörpers und Spondylolisthese im Grad 1 nach Meyerding im Segment L 5/6 ohne Instabilitätszeichen und ohne Spondylolyse mit leichter Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfallssymptomatik, fehltstatisch und verschleißbedingtes Brustwirbelsäulensyndrom ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen und ohne neurologische Ausfallsymptomatik, fehlstatisch und verschleißbedingtes Halswirbelsäulensyndrom bei diskreten Bandscheibenveränderungen und Wirbelgelenksarthrose C 6/7 beidseits ohne funktionelle Einschränkungen und ohne neurologische Ausfallsymptomatik, Spreizfüße, auf fremdem Fachgebiet: Übergewicht, Bluthochdruckkrankheit, Innenohrschwerhörigkeit. Zusammenfassend hat er ausgeführt, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten acht Stunden im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne langwierige Zwangshaltungen des Achsenorgans, ohne Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 kg, ohne Vibrationsbelastungen und ohne Einflüsse wie Kälte, Nässe und Zugluft ausüben. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht, betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat folgende Diagnosen genannt: mittelgradige Perzeptionsschwerhörigkeit beidseits mit einem Schrägabfall bis 90 dB bei 8 kHz beiderseits, kompensierter Tinnitus beidseits, Hörgeräteträgerin rechts. Durch die festgestellte mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits und den Tinnitus bestehe eine Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben. Arbeiten im Lärm und unter Publikumsverkehr seien nicht möglich. Dies habe keinen Einfluss auf die Schwere und den zeitlichen Umfang der auszuführenden Tätigkeiten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus medizinischen Gründen sei der Klägerin eine Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr möglich, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie jedoch in der Lage, täglich 6 Stunden und mehr tätig zu sein. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, weil sie mindestens 6 Stunden täglich als kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten (Registratorin) im kaufmännisch-verwaltenden Bereich tätig sein könne. Als Verkäuferin genieße sie keinen Facharbeiterschutz, sondern sei nach dem Mehrstufenschema für Angestelltenberufe der mittleren Gruppe (sonstige Berufe mit einer bis zu zweijährigen Regelausbildung) zuzuordnen. Hierzu hat sie berufskundliche Unterlagen sowie verschiedene Urteile eingereicht. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein qualifizierter Berufsschutz als Facharbeiterin zu.
Mit Urteil vom 23. Juni 2006 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2003 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. November 2005 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, die Klägerin könne ihre erlernte Tätigkeit als Fachverkäuferin - Lebensmittel - nicht mehr ausüben. Aufgrund ihrer Ausbildung und der zuletzt von ihr ausgeübten Tätigkeit sei sie als Facharbeiterin einzustufen. Die von ihr durchlaufene Ausbildung und die danach erfolgte Beschäftigung seien einer Ausbildung als Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk gleichwertig. Dieser Ausbildungsberuf habe generell für sämtliche Lebensmittelbereiche bestanden. Seit Anfang 1986 sei der Beruf von dem Nachfolgeberuf - Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk - mit den Schwerpunkten Bäckerei/Konditorei und Fleischerei abgelöst worden. Es sei davon auszugehen, dass die Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk über weit mehr Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen müsse als die Fachverkäuferin in einer Spezialisierungsrichtung. Deshalb sei nicht einzusehen, warum eine Fachverkäuferin im Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelhandwerk schlechter gestellt werden solle, als eine Fachverkäuferin mit der Ausbildung Lebensmittelhandwerk in einem Schwerpunktbereich. Eine volle Erwerbsminderung bestehe nicht, weil die Klägerin leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden und mehr im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen ohne Publikumsverkehr verrichten könne.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der bisherige Beruf der Klägerin als Verkäuferin sei nicht gleichwertig mit der einer Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (heutige Berufsbezeichnung: Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk). Die Ausbildung erfolge im Handwerksbereich und erfordere eine Prüfung vor der Handwerkskammer. Fachverkäuferinnen der ehemaligen DDR seien in unterschiedlichen Spezialisierungsrichtungen ausgebildet worden. Es habe sich u.a. um die Bereiche "Waren täglicher Bedarf", "Fleisch/Fleischwaren", "Fisch/Fischwaren", "Backwaren", "Lebensmittel" gehandelt. Dabei sei jeweils eine theoretische und berufspraktische Ausbildung von zwei Jahren Dauer durchlaufen worden, die den Abschluss der polytechnischen Oberschule voraussetzte. Die Klägerin sei aufgrund ihrer Berufsbiografie und der zuletzt verrichteten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Verkäuferin zu beurteilen und könne somit auch nur den entsprechenden Berufsschutz einer zweijährig Gelernten beanspruchen. Ihr seien diejenigen Tätigkeiten zuzumuten, die mit der ehemaligen Vergütungsgruppe IX des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT), der heutigen Entgeltgruppe 2 des Tarifvertrages öffentlicher Dienst (TVöD) vergütet werden. Sie hat hierzu weitere berufskundliche Unterlagen vorgelegt und auf Urteile anderer Landesozialgerichte Bezug genommen. Die Klägerin habe auch nicht die erweiterten Tätigkeiten einer ausgebildeten Einzelhandelskauffrau oder in den letzten 20 Jahren eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Verkaufsstellenleiterin ausgeübt. Insoweit könne sie einen entsprechenden Berufsschutz auch nicht beanspruchen. Eine Gleichwertigkeitsbescheinigung einer Industrie- und Handelskammer entfalte für die Beklagte keine Bindungswirkung, weil dieser kein transparentes, nachvollziehbares Verfahren vorausgehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die im Januar 2007 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 23. Juni 2006 hat sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Der Senat hat verschiedene Befundberichte mit den entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen und ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 18. Juli 2007 eingeholt. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: lumbosakrale Übergangsstörung mit sekundärem Wirbelgelenkverschleiß, Pseudo-Wirbelgleiten L5 auf S1, jedoch ohne funktionelles oder neurologisches Defizit, leichte so genannte "Chondropathia patellae" am linken Knie bei arthroskopisch gesicherten degenerativen Knorpelveränderungen, jedoch ohne funktionelles Defizit, Adipositas Grad II, auf fremdem Fachgebiet: Schwerhörigkeit. Weitergehende krankheitsrelevante Diagnosen am Haltungs- und Bewegungsapparat könnten im Abgleich mit früheren Befundmitteilungen nicht bestätigt werden. Die Klägerin könne nur noch leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden täglich, ohne besondere Kniebelastungen, nicht mit gehäuftem tiefem Bücken, Heben und Tragen von schweren Lasten (mehr als 12-15 kg) ausüben. Eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sei ebenso wie andere ungenannte Tätigkeiten in Industrie und Handel sowie auf dem sonstigen Arbeitsfeld möglich, wenn die genannten Einschränkungen berücksichtigt würden.
In ihrem internistisch-kardiologischen Gutachten vom 7. März 2008 hat Prof. Dr. A. auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: koronare 1-Gefäßerkrankung mit mittelgradiger Stenose des Abgangs der rechten Kranzarterie, nicht interventionsbedürftig, mit geringem insignifikanten Hinweisen auf eine Ichämie während des Belastungs-EKG bei mittelschwerer körperliche Belastung, arterielle Hypertonie, allenfalls WHO I bis I-II ohne Hypertrophiezeichen und ohne Einschränkung der Pumpfunktion (weder echokardiographisch noch laborchemisch Hinweis auf eine Herzinsuffizienz), auch klinisch keine Hinweise auf eine manifeste Herzinsuffizienz, anamnestisch Asthma bronchiale, derzeit kein sicherer pathologischer Ruhespirometriebefund, Adipositas (Klasse 1), geringe Varikosis besonders rechter Unterschenkel, fachfremd: Schwerhörigkeit, die trotz Hörgerät noch gering ausgeprägt ist, diverse orthopädischen Leiden. Die Klägerin könne noch andauernd leichte, intermittierend auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten. Es sollte sich dabei um Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen und ohne stärkere Hebe- oder Bückarbeit, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Schichtarbeit, ohne Akkordarbeit, möglichst in geschlossenen, warmen Räumen, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft insbesondere jedoch ohne Gefährdung durch Reizstoffe, wie Staub, Rauch, Gas und Dampf handeln. Sie könne die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin bzw. sonstige ungelernte Arbeiten in Industrie, Handel oder auf dem sonstigen Arbeitsfeld ausüben, die nicht mit einer erhöhten Anforderung an das Gehör verbunden sind.
Der Senat hat den Beteiligten die anonymisierte Kopie eines Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin aus einem Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) vom 6. Juni 2004 zur Kenntnisnahme übersandt, Befundberichte der Dipl.-Med. F. vom 22. September 2009, des Facharztes für Orthopädie K. vom 28. April 2011 und der Dr. J.-Sch. vom 12. Mai 2011 jeweils mit medizinischen Anlagen beigezogen und eine Auskunft der Zentralkonsum eG vom 6. Mai 2009 bezüglich der Ausbildung einer Verkäuferin im Handel in der DDR eingeholt.
Am 6. Februar 2009 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Deshalb war das Urteil des SG aufzuheben.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 240 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 241 SGB VI) erfüllen.
Die Klägerin ist nicht berufsunfähig i.S.v. § 240 SGB VI, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht in dem erforderlichen Umfang herabgesunken ist. Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Berufsunfähigkeit liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherte "seinen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht insofern der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit gilt bei der Neuregelung weiter (vgl. u.a. Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - Az.: L 6 RJ 301/03).
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe der Beitragbemessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene - d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen - im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten. Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigen Gruppe verwiesen werden.
Die Einordnung des Berufes in eine bestimmte Stufe des Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2003 - Az.: B 5 RJ 38/02 R und 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Facharbeiterschutz (dementsprechend bei Angestellten: Berufsschutz auf der dritten Stufe) kommt danach den Versicherten zu, die (1) einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mit mehr als zweijähriger, in der Regel dreijähriger Ausbildung erlangt und ausgeübt haben, (2) Versicherten, die ohne Absolvierung der vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf arbeiten und sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die sie befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern (hier: Angestellten mit einer Berufsausbildung entsprechend der dritten Stufe) auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten, ferner (3) Versicherten, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind, und schließlich (4) den Versicherten, die eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, für die kein Ausbildungsgang im Sinne des BBiG besteht und die auch als solche in einem Tarifvertrag nicht einer Lohngruppe zugeordnet sind, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die sonstigen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit den Anforderungen an einen Facharbeiter gleich zu achten sind (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. September 2005 - Az.: L 4 R 434/04 m.w.N., nach juris). In Betracht kommt hier nur die Prüfung eines qualifizierten Berufsschutzes nach (1) und (2).
Die letzte auf Dauer ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin bei der Kaufhof Warenhaus AG ist als angelernte Angestelltentätigkeit auf der zweiten Stufe einzustufen. Die Voraussetzungen für eine Einstufung als Angestellte mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren liegen nicht vor. Den Beruf der Fachverkäuferin - Lebensmittel - hat die Klägerin in einer knapp zweijährigen Berufsausbildung, die sie mit der Facharbeiterprüfung am 21. Juli 1970 abschloss, in der DDR erlernt.
Nach Artikel 37 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EVertr) gelten in der DDR erworbene oder staatlich anerkannte schulische, berufliche und akademische Abschlüsse oder Befähigungsnachweise in dem in Artikel 3 genannten Gebiet weiter (Satz 1). In dem in Artikel 3 genannten Gebiet oder in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegte Prüfungen oder erworbene Befähigungsnachweise stehen einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind (Satz 2). Die Gleichwertigkeit wird auf Antrag von der jeweils zuständigen Stelle festgestellt (Satz 3).
In der Bundesrepublik Deutschland handelte es sich bei der Ausbildung zur Verkäuferin nach dem BBiG ebenfalls um eine zweijährige Ausbildung, die keinen Berufsschutz als Facharbeiterin vermittelt. Den Beruf Verkäufer/in gibt es seit 1968. Nach der damaligen Ausbildungsordnung konnte die zweijährige Ausbildung als Verkäufer/in auf die dreijährige Ausbildung als Einzelhandelskaufmann/-frau angerechnet werden. Durch die Verordnung über die Berufsausbildung als Kaufmann/-frau im Einzelhandel vom 14. Januar 1987 wurde dieser Ausbildungsregelung wieder aufgehoben. Zugleich wurde aber vereinbart, dass die Absolventen und Absolventinnen der zweijährigen Verkäuferausbildung in das dritte Jahr der neuen Ausbildung einsteigen können. Im Jahr 2004 wurde die Ausbildungsordnung für Verkäufer/innen aus dem Jahr 1987 reformiert. Mit der Verordnung über die Berufsausbildung im Einzelhandel in den Ausbildungsberufen Verkäufer/Verkäuferin und Kaufmann im Einzelhandel/Kauffrau im Einzelhandel vom 16. Juli 2004 entspricht die zweijährige Ausbildung als Verkäufer/in den ersten beiden Jahren der dreijährigen Ausbildung als Kaufmann/-frau im Einzelhandel (vgl. http://www.berufenet.arbeitsagentur.de).
Die Tätigkeit der Klägerin beschränkte sich nach eigenen Angaben auf die Tätigkeit einer Verkäuferin, kaufmännische Tätigkeiten einer Einzelhandelskauffrau hat sie nicht ausgeübt.
Eine Feststellung, ob die in der ehemaligen DDR abgeschlossene Ausbildung als Fachverkäuferin generell nicht der damaligen bundesdeutschen Ausbildung als Verkäuferin sondern einer bundesdeutschen Ausbildung als Einzelhandelskaufmann/-frau gleichwertig ist, ist nicht Aufgabe des Senats. Er kann den jeweiligen Berufsschutz der Versicherten nur unter den oben genannten Kriterien überprüfen. Eine Gleichwertigkeitsbescheinigung der hier zuständigen Industrie- und Handelskammer (vgl. insoweit Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 2009 - Az.: L 6 R 1276/07) hat die Klägerin nicht vorgelegt.
Eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit einer Fachverkäuferin - Lebensmittel - mit der einer Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (seit dem 1. August 2006: Fachverkäuferin für Lebensmittelhandwerk) scheidet schon deshalb aus, weil die Berufstätigkeit der Klägerin durch die Tätigkeit in einem Handels-, nicht in einem Handwerksbetrieb geprägt war und sie auch ihre Ausbildung in einem solchen Betrieb absolviert hat.
Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Verkäuferin nicht mehr im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Er verweist sie auf die ihr sozial zumutbare (Entlohnung nach Vergütungsgruppe IX BAT, nach der Neuregelung des Tarifrechts zum 1. November 2006: Entgeltgruppe 2) Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin.
Nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 15. Dezember 2004 in einem früheren Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 544/03), das den Beteiligten zur Kenntnisnahme übersandt worden ist, gehört die Tätigkeit des Poststellenmitarbeiters zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Berufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung beziehungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es sind einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikationsmitteln.
Entlohnt wird die Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige Janke), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 - Az.: L 6 RJ 238/97). Nach der Neuregelung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst zum 1. November 2006 existieren noch keine neuen Eingruppierungsmerkmale. Die ursprüngliche Vergütungsgruppe IX wird nunmehr nach der Entgeltgruppe 2 vergütet. Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausreichender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden. Anknüpfungspunkte dafür, dass die Klägerin über die hier erforderlichen einfachen Kenntnisse im kaufmännisch-verwaltenden Bereich verfügt, ergeben sich aus der von ihr absolvierten Ausbildung zur Fachverkäuferin - Lebensmittel -. Insoweit stellen die als Poststellenmitarbeiterin zu bewältigenden Aufgaben für sie auch lediglich einfache Arbeiten dar, die sie noch bewältigen kann.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, diese Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die Gutachten des Dr. Sch. vom 18. Juli 2007, das internistisch-kardiologische Gutachtens der Prof. Dr. A. vom 7. März 2008, das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 13. April 2004 und das hals-, nasen-, ohrenärztliche Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006, deren Ausführungen er sich anschließt.
Nach dem Gutachten des Dr. Sch. liegen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet eine lumbosakrale Übergangsstörung mit sekundärem Wirbelgelenkverschleiß, ein Pseudo-Wirbelgleiten L5 auf S1, jedoch ohne funktionelles oder neurologisches Defizit, eine leichte so genannte "Chondropathia patellae" am linken Knie bei arthroskopisch gesicherten degenerativen Knorpelveränderungen, ohne funktionelles Defizit, Adipositas Grad II, fachfremd eine Schwerhörigkeit vor. Weitergehende krankheitsrelevante Diagnosen am Haltungs- und Bewegungsapparat konnte der Sachverständige im Abgleich mit früheren Befundmitteilungen nicht bestätigen. Die Klägerin kann noch leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden täglich, ohne besondere Kniebelastungen, nicht mit gehäuftem tiefem Bücken, Heben und Tragen von schweren Lasten (mehr als 12-15 kg) ausüben. Dies ist nachvollziehbar. Bei der Untersuchung ließen sich die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden am Haltungs- und Bewegungsapparat nur begrenzt mit den objektivierbaren klinisch-funktionellen und röntgenanatomischen Befunderhebungen in Einklang bringen. Im Bereich der Wirbelsäule fanden sich die bereits genannten Befunde, jedoch keine relevante Bandscheibenschädigung, auch kein echtes Wirbelgleiten. Im klinisch-funktionellen, segmentalen und neurologischen Befund spiegelten sich die röntgenanatomischen Auffälligkeiten nicht wieder. Ein neurologisches Defizit fand sich nicht. Am linken Kniegelenk besteht nach klinischen Kriterien eine leichte Chondropathie; arthroskopisch wurden darüber hinausgehend Knorpelschäden gesehen. Diese spiegeln sich derzeit im klinischen Befund nicht wieder (keine Kapselschwellung, keine Ausbildung, keine Bewegungsstörung). Andere diagnostische Mitteilungen in den eingesehenen Unterlagen kann der Sachverständige nicht bestätigen. Eine eventuell bestehende leichte Reizung der rechten Schulter ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit weitgehend bedeutungslos. Hinweise für eine Polyarthrose an den Fingergelenken ergaben sich weder klinisch noch röntgenanatomisch. Das eingeschränkte Hörvermögen war auch im Rahmen der Untersuchung erkennbar, obwohl die Klägerin im Gespräch alles verstand, ohne dass eine überlaute Sprachgebung erforderlich war. Einschränkung der Wegefähigkeit bestehen nicht; betriebsübliche Pausen sind nicht erforderlich. Die Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin hat der Sachverständige ausdrücklich bejaht. Eine andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für die Vergangenheit hat sich nicht ergeben. Insoweit stimmt Dr. Schröter hinsichtlich der Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin mit dem erstinstanzlich beauftragten orthopädischen Sachverständigen Dr. K. überein. Nach dem Gutachten vom 13. April 2004 begründeten auch zu dieser Zeit die Einschränkungen des Bewegungsapparates keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen. Eine neurologische Ausfallssymptomatik ergab sich nicht.
Nach dem Gutachten der Prof. Dr. A. vom 7. März 2008 liegt bei der Klägerin auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet eine koronare 1-Gefäßerkrankung mit mittelgradiger Stenose des Abgangs der rechten Kranzarterie, eine arterielle Hypertonie, anamnestisch Asthma bronchiale, Adipositas (Klasse 1), eine geringe Varikosis, besonders rechter Unterschenkel. Die Klägerin kann noch andauernd leichte, intermittierend auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten. Es sollte sich dabei um Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen und ohne stärkere Hebe- oder Bückarbeit, ohne Absturzgefahr nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Schichtarbeit, ohne Akkordarbeit, möglichst in geschlossenen, warmen Räumen, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft, insbesondere jedoch ohne Gefährdung durch Reizstoffe, wie Staub, Rauch, Gas und Dampf, handeln. Die Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin hat die Sachverständige ausdrücklich bejaht. Diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin ist nachvollziehbar. Die koronare 1-Gefäßerkrankung ist nicht interventionsbedürftig, die arterielle Hypertonie ist nicht mit einer Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens verbunden, auch sonst fanden sich keine Hinweise auf eine manifeste Herzinsuffizienz. Bezüglich des anamnestisch bestehenden Asthma bronchiale konnte kein sicherer pathologischer Ruhespirometriebefund festgestellt werden. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestehen bei der Klägerin nicht; betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Die Einholung eines weiteren hals-, nasen-, ohrenärztlichen Gutachtens ist nicht erforderlich. Laut Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006 bestehen bei der Klägerin eine mittelgradige Perzeptionsschwerhörigkeit beiderseits mit einem Schrägabfall bis 90 dB bei 8 kHz beiderseits und ein kompensierter Tinnitus beiderseits. Die Klägerin trägt ein Hörgerät. Leistungseinschränkungen folgen hieraus nur insofern, als Arbeiten im Lärm und unter Publikumsverkehr nicht möglich sind. Auf die Schwere und den zeitlichen Umfang der auszuführenden Tätigkeiten haben diese Erkrankungen keinen Einfluss. Nach dem Befundbericht der Dipl.-Med. F. vom 22. September 2009 haben sich die erhobenen Befunde weder erheblich verschlechtert noch deutlich gebessert.
Die von den Sachverständigen angenommenen besonderen Einschränkungen werden bei der Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin berücksichtigt: Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen, ohne längere Zwangshaltungen, ohne beidhändige Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten in vorgeneigter, gebückter oder kniender Haltung, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 Kilogramm ohne Vibrationsbelastungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Schicht- und Akkordarbeit, ohne Anforderung an das Hörvermögen, ohne Lärmbelastung, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte oder Zugluft, in geschlossenen warmen Räumen sowie ohne Gefährdung durch Reizstoffe wie Rauch, Gas, Dampf.
Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten war nicht erforderlich. Die letzte Behandlung der Klägerin bei dem Facharzt für Orthopädie K. fand im Jahr 2008 statt. Die von Dr. J.-Sch. im Befundbericht vom 12. Mai 2011 angegebene Verschlechterung durch den Hinzutritt einer koronaren 1-Gefäßerkrankungen war bereits bei der Begutachtung durch Prof. Dr. A. im Jahr 2008 bekannt und wurde berücksichtigt.
Ob der Klägerin mit ihrem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ab dem 1. September 2002 Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit hat.
Die 1951 geborene Klägerin absolvierte vom 1. September 1968 bis 21. Juli 1970 erfolgreich eine Ausbildung zur Fachverkäuferin - Lebensmittel - in der Konsumgenossenschaft des Kreises H ... In den Jahren 1972 und 1973 nahm sie an einer Weiterbildungsmaßnahme zur Geschäftsstellenleiterin teil. Von Mai 1977 bis Dezember 1990 arbeitete sie als Verkäuferin im Bereich Genussmittel im Centrum Warenhaus. Zu ihren Aufgaben gehörte der Verkauf, die Beratung und Kassierung. Nach Übernahme des Centrum Warenhauses durch die Kaufhof Warenhaus AG arbeitete die Klägerin dort von 1991 bis zum 30. April 1998 als Verkäuferin und Kassiererin im Trocken-, Frisch- und Süßwarenbereich. Vom 8. Juli 2000 bis 31. März 2001 war sie als Backwarenverkäuferin in einer Bäckerei beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis war von vornherein bis zum 30. April 2001 befristet. Ab dem 9. September 2002 nahm die Klägerin an einer von der Bundesagentur für Arbeit geförderten berufspraktischen Weiterbildung für Schwerbehinderte teil, die sie am 18. September 2002 abbrach.
Im Oktober 2002 beantragte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte holte ein internistisches Gutachten des Dr. K. vom 11. November 2002 (Diagnosen: Mischform des Asthma bronchiale zurzeit in Vollremission, Osteochondrose der Wirbelsäule; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin unter drei Stunden, mittelschwere Tätigkeiten ohne erhöhte Anforderungen an das Hörvermögen vollschichtig) und ein orthopädisches Gutachten des Dr. R. vom 14. November 2002 (Diagnosen: chronisches Lumbalsyndrom, Schwerhörigkeit beidseits, Befunde laut internistischem Gutachten; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin sechs Stunden und mehr, leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen über 10 kg, ohne Zwangshaltungen, möglichst ohne Lärmbelastung und in wechselnder Körperhaltung vollschichtig möglich) ein. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2002 lehnte sie die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung ab. Die Klägerin sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche regelmäßig auszuüben. Sie sei auch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte den Rehabilitationsentlassungsbericht der Kurparkklinik Dr. L.-Klinik GmbH vom 18. März 2003 (Diagnosen: chronisch rezidivierendes LWS-Syndrom, Schwerhörigkeit beidseits, Asthma bronchiale, grippaler Infekt; Leistungsbild: Tätigkeit als Verkäuferin 6 Stunden und mehr, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in geschlossenen Räumen vollschichtig ohne schweres Heben, Tragen und Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen und Gerüsten, ohne Allergene oder Lärmbelastung möglich) bei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 21. Mai 2003).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht diverse Befundberichte mit entsprechenden medizinischen Anlagen und Krankenunterlagen beigezogen, ein orthopädisches Gutachten des Dr. K. vom 13. April 2004 und ein hals-, nasen-, ohrenärztliches Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006 eingeholt.
Der Sachverständige Dr. K. hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: fehltstatisch und verschleißbedingtes Lendenwirbelsäulensyndrom bei lumbosakraler Übergangsstörung mit Teillumbalisation des ersten Sakralwirbelkörpers und Spondylolisthese im Grad 1 nach Meyerding im Segment L 5/6 ohne Instabilitätszeichen und ohne Spondylolyse mit leichter Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfallssymptomatik, fehltstatisch und verschleißbedingtes Brustwirbelsäulensyndrom ohne wesentliche funktionelle Einschränkungen und ohne neurologische Ausfallsymptomatik, fehlstatisch und verschleißbedingtes Halswirbelsäulensyndrom bei diskreten Bandscheibenveränderungen und Wirbelgelenksarthrose C 6/7 beidseits ohne funktionelle Einschränkungen und ohne neurologische Ausfallsymptomatik, Spreizfüße, auf fremdem Fachgebiet: Übergewicht, Bluthochdruckkrankheit, Innenohrschwerhörigkeit. Zusammenfassend hat er ausgeführt, die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten acht Stunden im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen ohne langwierige Zwangshaltungen des Achsenorgans, ohne Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 kg, ohne Vibrationsbelastungen und ohne Einflüsse wie Kälte, Nässe und Zugluft ausüben. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestünden nicht, betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich.
Der Sachverständige Prof. Dr. E. hat folgende Diagnosen genannt: mittelgradige Perzeptionsschwerhörigkeit beidseits mit einem Schrägabfall bis 90 dB bei 8 kHz beiderseits, kompensierter Tinnitus beidseits, Hörgeräteträgerin rechts. Durch die festgestellte mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits und den Tinnitus bestehe eine Minderung der Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben. Arbeiten im Lärm und unter Publikumsverkehr seien nicht möglich. Dies habe keinen Einfluss auf die Schwere und den zeitlichen Umfang der auszuführenden Tätigkeiten.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aus medizinischen Gründen sei der Klägerin eine Tätigkeit als Verkäuferin nicht mehr möglich, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei sie jedoch in der Lage, täglich 6 Stunden und mehr tätig zu sein. Auch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit komme nicht in Betracht, weil sie mindestens 6 Stunden täglich als kaufmännische Angestellte oder Verwaltungsangestellte für Bürohilfstätigkeiten (Registratorin) im kaufmännisch-verwaltenden Bereich tätig sein könne. Als Verkäuferin genieße sie keinen Facharbeiterschutz, sondern sei nach dem Mehrstufenschema für Angestelltenberufe der mittleren Gruppe (sonstige Berufe mit einer bis zu zweijährigen Regelausbildung) zuzuordnen. Hierzu hat sie berufskundliche Unterlagen sowie verschiedene Urteile eingereicht. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stehe ein qualifizierter Berufsschutz als Facharbeiterin zu.
Mit Urteil vom 23. Juni 2006 hat das Sozialgericht (SG) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Mai 2003 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. November 2005 eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG u.a. ausgeführt, die Klägerin könne ihre erlernte Tätigkeit als Fachverkäuferin - Lebensmittel - nicht mehr ausüben. Aufgrund ihrer Ausbildung und der zuletzt von ihr ausgeübten Tätigkeit sei sie als Facharbeiterin einzustufen. Die von ihr durchlaufene Ausbildung und die danach erfolgte Beschäftigung seien einer Ausbildung als Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk gleichwertig. Dieser Ausbildungsberuf habe generell für sämtliche Lebensmittelbereiche bestanden. Seit Anfang 1986 sei der Beruf von dem Nachfolgeberuf - Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk - mit den Schwerpunkten Bäckerei/Konditorei und Fleischerei abgelöst worden. Es sei davon auszugehen, dass die Verkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk über weit mehr Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen müsse als die Fachverkäuferin in einer Spezialisierungsrichtung. Deshalb sei nicht einzusehen, warum eine Fachverkäuferin im Lebensmittel- bzw. Nahrungsmittelhandwerk schlechter gestellt werden solle, als eine Fachverkäuferin mit der Ausbildung Lebensmittelhandwerk in einem Schwerpunktbereich. Eine volle Erwerbsminderung bestehe nicht, weil die Klägerin leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden und mehr im Wechselrhythmus von Gehen, Stehen und Sitzen ohne Publikumsverkehr verrichten könne.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der bisherige Beruf der Klägerin als Verkäuferin sei nicht gleichwertig mit der einer Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (heutige Berufsbezeichnung: Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk). Die Ausbildung erfolge im Handwerksbereich und erfordere eine Prüfung vor der Handwerkskammer. Fachverkäuferinnen der ehemaligen DDR seien in unterschiedlichen Spezialisierungsrichtungen ausgebildet worden. Es habe sich u.a. um die Bereiche "Waren täglicher Bedarf", "Fleisch/Fleischwaren", "Fisch/Fischwaren", "Backwaren", "Lebensmittel" gehandelt. Dabei sei jeweils eine theoretische und berufspraktische Ausbildung von zwei Jahren Dauer durchlaufen worden, die den Abschluss der polytechnischen Oberschule voraussetzte. Die Klägerin sei aufgrund ihrer Berufsbiografie und der zuletzt verrichteten versicherungspflichtigen Tätigkeit als Verkäuferin zu beurteilen und könne somit auch nur den entsprechenden Berufsschutz einer zweijährig Gelernten beanspruchen. Ihr seien diejenigen Tätigkeiten zuzumuten, die mit der ehemaligen Vergütungsgruppe IX des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT), der heutigen Entgeltgruppe 2 des Tarifvertrages öffentlicher Dienst (TVöD) vergütet werden. Sie hat hierzu weitere berufskundliche Unterlagen vorgelegt und auf Urteile anderer Landesozialgerichte Bezug genommen. Die Klägerin habe auch nicht die erweiterten Tätigkeiten einer ausgebildeten Einzelhandelskauffrau oder in den letzten 20 Jahren eine versicherungspflichtige Tätigkeit als Verkaufsstellenleiterin ausgeübt. Insoweit könne sie einen entsprechenden Berufsschutz auch nicht beanspruchen. Eine Gleichwertigkeitsbescheinigung einer Industrie- und Handelskammer entfalte für die Beklagte keine Bindungswirkung, weil dieser kein transparentes, nachvollziehbares Verfahren vorausgehe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die im Januar 2007 eingelegte Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 23. Juni 2006 hat sie in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
Der Senat hat verschiedene Befundberichte mit den entsprechenden medizinischen Anlagen beigezogen und ein orthopädisches Gutachten des Dr. Sch. vom 18. Juli 2007 eingeholt. Dieser hat auf orthopädischem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: lumbosakrale Übergangsstörung mit sekundärem Wirbelgelenkverschleiß, Pseudo-Wirbelgleiten L5 auf S1, jedoch ohne funktionelles oder neurologisches Defizit, leichte so genannte "Chondropathia patellae" am linken Knie bei arthroskopisch gesicherten degenerativen Knorpelveränderungen, jedoch ohne funktionelles Defizit, Adipositas Grad II, auf fremdem Fachgebiet: Schwerhörigkeit. Weitergehende krankheitsrelevante Diagnosen am Haltungs- und Bewegungsapparat könnten im Abgleich mit früheren Befundmitteilungen nicht bestätigt werden. Die Klägerin könne nur noch leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden täglich, ohne besondere Kniebelastungen, nicht mit gehäuftem tiefem Bücken, Heben und Tragen von schweren Lasten (mehr als 12-15 kg) ausüben. Eine Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin sei ebenso wie andere ungenannte Tätigkeiten in Industrie und Handel sowie auf dem sonstigen Arbeitsfeld möglich, wenn die genannten Einschränkungen berücksichtigt würden.
In ihrem internistisch-kardiologischen Gutachten vom 7. März 2008 hat Prof. Dr. A. auf ihrem Fachgebiet folgende Diagnosen genannt: koronare 1-Gefäßerkrankung mit mittelgradiger Stenose des Abgangs der rechten Kranzarterie, nicht interventionsbedürftig, mit geringem insignifikanten Hinweisen auf eine Ichämie während des Belastungs-EKG bei mittelschwerer körperliche Belastung, arterielle Hypertonie, allenfalls WHO I bis I-II ohne Hypertrophiezeichen und ohne Einschränkung der Pumpfunktion (weder echokardiographisch noch laborchemisch Hinweis auf eine Herzinsuffizienz), auch klinisch keine Hinweise auf eine manifeste Herzinsuffizienz, anamnestisch Asthma bronchiale, derzeit kein sicherer pathologischer Ruhespirometriebefund, Adipositas (Klasse 1), geringe Varikosis besonders rechter Unterschenkel, fachfremd: Schwerhörigkeit, die trotz Hörgerät noch gering ausgeprägt ist, diverse orthopädischen Leiden. Die Klägerin könne noch andauernd leichte, intermittierend auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten. Es sollte sich dabei um Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen und ohne stärkere Hebe- oder Bückarbeit, ohne Absturzgefahr, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Schichtarbeit, ohne Akkordarbeit, möglichst in geschlossenen, warmen Räumen, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft insbesondere jedoch ohne Gefährdung durch Reizstoffe, wie Staub, Rauch, Gas und Dampf handeln. Sie könne die Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin bzw. sonstige ungelernte Arbeiten in Industrie, Handel oder auf dem sonstigen Arbeitsfeld ausüben, die nicht mit einer erhöhten Anforderung an das Gehör verbunden sind.
Der Senat hat den Beteiligten die anonymisierte Kopie eines Gutachtens der berufskundlichen Sachverständigen J. zur Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin aus einem Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 301/02) vom 6. Juni 2004 zur Kenntnisnahme übersandt, Befundberichte der Dipl.-Med. F. vom 22. September 2009, des Facharztes für Orthopädie K. vom 28. April 2011 und der Dr. J.-Sch. vom 12. Mai 2011 jeweils mit medizinischen Anlagen beigezogen und eine Auskunft der Zentralkonsum eG vom 6. Mai 2009 bezüglich der Ausbildung einer Verkäuferin im Handel in der DDR eingeholt.
Am 6. Februar 2009 hat die Berichterstatterin mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Deshalb war das Urteil des SG aufzuheben.
Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach den §§ 43, 240 SGB VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.) scheidet aus, denn die Leistungsfähigkeit der Klägerin ist nicht in dem für eine Rentengewährung erforderlichen Umfang herabgesunken. Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI n.F. haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn sie vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 241 SGB VI) erfüllen.
Die Klägerin ist nicht berufsunfähig i.S.v. § 240 SGB VI, weil ihre Leistungsfähigkeit nicht in dem erforderlichen Umfang herabgesunken ist. Nach § 240 Abs. 2 S. 1 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Nach Satz 2 umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und den besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach Satz 4 nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Berufsunfähigkeit liegt nicht schon dann vor, wenn der Versicherte "seinen Beruf" nicht mehr ausüben kann, sondern erst dann, wenn eine Verweisung auf eine zumutbare andere Tätigkeit nicht mehr möglich ist.
Die Definition der Berufsunfähigkeit in § 240 Abs. 2 SGB VI entspricht insofern der in § 43 Abs. 2 SGB VI in der Fassung vor dem 1. Januar 2001 mit dem Unterschied, dass nunmehr auf ein Herabsinken auf weniger als sechs Stunden abgestellt wird. Die bisherige Auslegung und Rechtsprechung zur Berufsunfähigkeit gilt bei der Neuregelung weiter (vgl. u.a. Senatsurteil vom 26. Juli 2004 - Az.: L 6 RJ 301/03).
Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit wird grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes festgestellt, wozu die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) das so genannte Mehrstufenschema entwickelt hat. Die verschiedenen Stufen sind nach dem qualitativen Wert des bisherigen Berufes - dieser wird nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht anhand von Prestige oder Entlohnung bestimmt - hierarchisch geordnet (vgl. BSG, Urteile vom 14. Mai 1996 - Az.: 4 RA 60/94 in BSGE 78, 207, 218 und vom 24. März 1998 - Az.: B 4 RA 44/96 R, nach juris). Bei den Angestelltenberufen erfolgt eine Untergliederung in sechs Berufsgruppen: Angestelltenberufe von hoher Qualität, die regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht und in denen regelmäßig ein Arbeitsentgelt oberhalb, an oder in der Nähe der Beitragbemessungsgrenze erzielt wird (sechste Stufe); Angestelltenberufe, die zwar ein abgeschlossenes Studium an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule voraussetzen, jedoch nur Kenntnisse und Fähigkeiten unterhalb der Führungsebene - d.h. unterhalb der obersten Stufe – erfordern (fünfte Stufe); Angestelltenberufe, die eine Meisterprüfung oder einen erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen - im Kern mit der Berufstätigkeit der höchsten Stufe der Arbeiterberufe übereinstimmen – (vierte Stufe); der Angestelltenberufe mit einer längeren Ausbildung als zwei Jahre (dritte Stufe); der angelernten Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (zweite Stufe) und der unausgebildeten (ungelernten) Angestellten. Im Rahmen der sozialen Zumutbarkeit kann auf eine Tätigkeit der jeweils nächst niedrigen Gruppe verwiesen werden.
Die Einordnung des Berufes in eine bestimmte Stufe des Berufsschemas erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der förmlichen Berufsausbildung, sondern auch nach der Qualität der verrichteten Arbeit, das heißt dem aus der Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnden Wert der Arbeit für den Betrieb (vgl. BSG, Urteil vom 29. März 1994 - Az.: 13 RJ 35/93 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Es kommt somit auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufes, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Auch wenn in einem Beruf der herkömmliche Ausbildungsweg nicht durchlaufen wurde, besteht ein entsprechender Berufsschutz, wenn er nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübt wurde, der Versicherte über die für die Wettbewerbsfähigkeit erforderlichen theoretischen Kenntnisse und praktischen Fertigkeiten verfügt und sich dies auch in einer entsprechenden Bezahlung bzw. tariflichen oder tarifvertraglichen Einstufung widerspiegelt (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2003 - Az.: B 5 RJ 38/02 R und 20. Juli 2005 - Az.: B 13 RJ 29/04 R, nach juris). Facharbeiterschutz (dementsprechend bei Angestellten: Berufsschutz auf der dritten Stufe) kommt danach den Versicherten zu, die (1) einen anerkannten Ausbildungsberuf im Sinne des § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mit mehr als zweijähriger, in der Regel dreijähriger Ausbildung erlangt und ausgeübt haben, (2) Versicherten, die ohne Absolvierung der vorgeschriebenen Ausbildung in einem nach dem BBiG anerkannten Ausbildungsberuf arbeiten und sich durch die praktische Berufsausübung die Kenntnisse angeeignet haben, die sie befähigen, sich unter gelernten Facharbeitern (hier: Angestellten mit einer Berufsausbildung entsprechend der dritten Stufe) auf dem Arbeitsmarkt wettbewerbsfähig und damit vollwertig zu behaupten, ferner (3) Versicherten, die in Tätigkeitsbereichen ohne anerkannten Ausbildungsgang oder mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren gearbeitet haben, wenn diese Tätigkeiten - insbesondere wegen ihrer Bedeutung für den Betrieb - den anerkannten Ausbildungsberufen tarifvertraglich gleichgestellt sind, und schließlich (4) den Versicherten, die eine Berufstätigkeit ausgeübt haben, für die kein Ausbildungsgang im Sinne des BBiG besteht und die auch als solche in einem Tarifvertrag nicht einer Lohngruppe zugeordnet sind, wenn der Umfang der erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten und/oder die sonstigen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit den Anforderungen an einen Facharbeiter gleich zu achten sind (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 13. September 2005 - Az.: L 4 R 434/04 m.w.N., nach juris). In Betracht kommt hier nur die Prüfung eines qualifizierten Berufsschutzes nach (1) und (2).
Die letzte auf Dauer ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit der Klägerin als Verkäuferin bei der Kaufhof Warenhaus AG ist als angelernte Angestelltentätigkeit auf der zweiten Stufe einzustufen. Die Voraussetzungen für eine Einstufung als Angestellte mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren liegen nicht vor. Den Beruf der Fachverkäuferin - Lebensmittel - hat die Klägerin in einer knapp zweijährigen Berufsausbildung, die sie mit der Facharbeiterprüfung am 21. Juli 1970 abschloss, in der DDR erlernt.
Nach Artikel 37 Abs. 1 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (EVertr) gelten in der DDR erworbene oder staatlich anerkannte schulische, berufliche und akademische Abschlüsse oder Befähigungsnachweise in dem in Artikel 3 genannten Gebiet weiter (Satz 1). In dem in Artikel 3 genannten Gebiet oder in den anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) abgelegte Prüfungen oder erworbene Befähigungsnachweise stehen einander gleich und verleihen die gleichen Berechtigungen, wenn sie gleichwertig sind (Satz 2). Die Gleichwertigkeit wird auf Antrag von der jeweils zuständigen Stelle festgestellt (Satz 3).
In der Bundesrepublik Deutschland handelte es sich bei der Ausbildung zur Verkäuferin nach dem BBiG ebenfalls um eine zweijährige Ausbildung, die keinen Berufsschutz als Facharbeiterin vermittelt. Den Beruf Verkäufer/in gibt es seit 1968. Nach der damaligen Ausbildungsordnung konnte die zweijährige Ausbildung als Verkäufer/in auf die dreijährige Ausbildung als Einzelhandelskaufmann/-frau angerechnet werden. Durch die Verordnung über die Berufsausbildung als Kaufmann/-frau im Einzelhandel vom 14. Januar 1987 wurde dieser Ausbildungsregelung wieder aufgehoben. Zugleich wurde aber vereinbart, dass die Absolventen und Absolventinnen der zweijährigen Verkäuferausbildung in das dritte Jahr der neuen Ausbildung einsteigen können. Im Jahr 2004 wurde die Ausbildungsordnung für Verkäufer/innen aus dem Jahr 1987 reformiert. Mit der Verordnung über die Berufsausbildung im Einzelhandel in den Ausbildungsberufen Verkäufer/Verkäuferin und Kaufmann im Einzelhandel/Kauffrau im Einzelhandel vom 16. Juli 2004 entspricht die zweijährige Ausbildung als Verkäufer/in den ersten beiden Jahren der dreijährigen Ausbildung als Kaufmann/-frau im Einzelhandel (vgl. http://www.berufenet.arbeitsagentur.de).
Die Tätigkeit der Klägerin beschränkte sich nach eigenen Angaben auf die Tätigkeit einer Verkäuferin, kaufmännische Tätigkeiten einer Einzelhandelskauffrau hat sie nicht ausgeübt.
Eine Feststellung, ob die in der ehemaligen DDR abgeschlossene Ausbildung als Fachverkäuferin generell nicht der damaligen bundesdeutschen Ausbildung als Verkäuferin sondern einer bundesdeutschen Ausbildung als Einzelhandelskaufmann/-frau gleichwertig ist, ist nicht Aufgabe des Senats. Er kann den jeweiligen Berufsschutz der Versicherten nur unter den oben genannten Kriterien überprüfen. Eine Gleichwertigkeitsbescheinigung der hier zuständigen Industrie- und Handelskammer (vgl. insoweit Urteil des erkennenden Senats vom 27. Oktober 2009 - Az.: L 6 R 1276/07) hat die Klägerin nicht vorgelegt.
Eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit einer Fachverkäuferin - Lebensmittel - mit der einer Fachverkäuferin im Nahrungsmittelhandwerk (seit dem 1. August 2006: Fachverkäuferin für Lebensmittelhandwerk) scheidet schon deshalb aus, weil die Berufstätigkeit der Klägerin durch die Tätigkeit in einem Handels-, nicht in einem Handwerksbetrieb geprägt war und sie auch ihre Ausbildung in einem solchen Betrieb absolviert hat.
Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, dass die Klägerin ihren bisherigen Beruf als Verkäuferin nicht mehr im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich auszuüben vermag. Er verweist sie auf die ihr sozial zumutbare (Entlohnung nach Vergütungsgruppe IX BAT, nach der Neuregelung des Tarifrechts zum 1. November 2006: Entgeltgruppe 2) Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin.
Nach dem Gutachten der berufskundlichen Sachverständigen J. vom 15. Dezember 2004 in einem früheren Verfahren des Senats (Az.: L 6 RJ 544/03), das den Beteiligten zur Kenntnisnahme übersandt worden ist, gehört die Tätigkeit des Poststellenmitarbeiters zur Berufsgruppe der Bürohilfskräfte, für die im Allgemeinen keine Berufsausbildung erforderlich ist und bei der fehlende Kenntnisse durch Einarbeitung beziehungsweise Anlernen in weniger als drei Monaten erworben werden können. Es sind einfache wiederkehrende kaufmännisch verwaltende körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen (z.B. Öffnen und Auszeichnen sowie Verteilen von Post, Kuvertieren und Frankieren der ausgehenden Post usw.), die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum zeitweisen Gehen und Stehen ausgeführt werden; zum Teil erfordern sie Umgang mit Kommunikationsmitteln.
Entlohnt wird die Tätigkeit in der Vergütungsgruppe IX BAT-Bund/Länder (so die Sachverständige Janke), teilweise in der Vergütungsgruppe X Nr. 1 BAT-Ost (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2000 - Az.: L 6 RJ 238/97). Nach der Neuregelung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst zum 1. November 2006 existieren noch keine neuen Eingruppierungsmerkmale. Die ursprüngliche Vergütungsgruppe IX wird nunmehr nach der Entgeltgruppe 2 vergütet. Stellen für Bürohilfskräfte sind in ausreichender Menge auf dem Arbeitsmarkt der gesamten Bundesrepublik vorhanden. Anknüpfungspunkte dafür, dass die Klägerin über die hier erforderlichen einfachen Kenntnisse im kaufmännisch-verwaltenden Bereich verfügt, ergeben sich aus der von ihr absolvierten Ausbildung zur Fachverkäuferin - Lebensmittel -. Insoweit stellen die als Poststellenmitarbeiterin zu bewältigenden Aufgaben für sie auch lediglich einfache Arbeiten dar, die sie noch bewältigen kann.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen ist die Klägerin in der Lage, diese Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich auszuführen. Der Senat stützt sich insoweit insbesondere auf die Gutachten des Dr. Sch. vom 18. Juli 2007, das internistisch-kardiologische Gutachtens der Prof. Dr. A. vom 7. März 2008, das orthopädische Gutachten des Dr. K. vom 13. April 2004 und das hals-, nasen-, ohrenärztliche Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006, deren Ausführungen er sich anschließt.
Nach dem Gutachten des Dr. Sch. liegen der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet eine lumbosakrale Übergangsstörung mit sekundärem Wirbelgelenkverschleiß, ein Pseudo-Wirbelgleiten L5 auf S1, jedoch ohne funktionelles oder neurologisches Defizit, eine leichte so genannte "Chondropathia patellae" am linken Knie bei arthroskopisch gesicherten degenerativen Knorpelveränderungen, ohne funktionelles Defizit, Adipositas Grad II, fachfremd eine Schwerhörigkeit vor. Weitergehende krankheitsrelevante Diagnosen am Haltungs- und Bewegungsapparat konnte der Sachverständige im Abgleich mit früheren Befundmitteilungen nicht bestätigen. Die Klägerin kann noch leichte körperliche Arbeiten 6 Stunden täglich, ohne besondere Kniebelastungen, nicht mit gehäuftem tiefem Bücken, Heben und Tragen von schweren Lasten (mehr als 12-15 kg) ausüben. Dies ist nachvollziehbar. Bei der Untersuchung ließen sich die von der Klägerin vorgetragenen Beschwerden am Haltungs- und Bewegungsapparat nur begrenzt mit den objektivierbaren klinisch-funktionellen und röntgenanatomischen Befunderhebungen in Einklang bringen. Im Bereich der Wirbelsäule fanden sich die bereits genannten Befunde, jedoch keine relevante Bandscheibenschädigung, auch kein echtes Wirbelgleiten. Im klinisch-funktionellen, segmentalen und neurologischen Befund spiegelten sich die röntgenanatomischen Auffälligkeiten nicht wieder. Ein neurologisches Defizit fand sich nicht. Am linken Kniegelenk besteht nach klinischen Kriterien eine leichte Chondropathie; arthroskopisch wurden darüber hinausgehend Knorpelschäden gesehen. Diese spiegeln sich derzeit im klinischen Befund nicht wieder (keine Kapselschwellung, keine Ausbildung, keine Bewegungsstörung). Andere diagnostische Mitteilungen in den eingesehenen Unterlagen kann der Sachverständige nicht bestätigen. Eine eventuell bestehende leichte Reizung der rechten Schulter ist für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit weitgehend bedeutungslos. Hinweise für eine Polyarthrose an den Fingergelenken ergaben sich weder klinisch noch röntgenanatomisch. Das eingeschränkte Hörvermögen war auch im Rahmen der Untersuchung erkennbar, obwohl die Klägerin im Gespräch alles verstand, ohne dass eine überlaute Sprachgebung erforderlich war. Einschränkung der Wegefähigkeit bestehen nicht; betriebsübliche Pausen sind nicht erforderlich. Die Möglichkeit der Ausübung einer Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin hat der Sachverständige ausdrücklich bejaht. Eine andere Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin für die Vergangenheit hat sich nicht ergeben. Insoweit stimmt Dr. Schröter hinsichtlich der Einschätzung des Restleistungsvermögens der Klägerin mit dem erstinstanzlich beauftragten orthopädischen Sachverständigen Dr. K. überein. Nach dem Gutachten vom 13. April 2004 begründeten auch zu dieser Zeit die Einschränkungen des Bewegungsapparates keine wesentlichen funktionellen Einschränkungen. Eine neurologische Ausfallssymptomatik ergab sich nicht.
Nach dem Gutachten der Prof. Dr. A. vom 7. März 2008 liegt bei der Klägerin auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet eine koronare 1-Gefäßerkrankung mit mittelgradiger Stenose des Abgangs der rechten Kranzarterie, eine arterielle Hypertonie, anamnestisch Asthma bronchiale, Adipositas (Klasse 1), eine geringe Varikosis, besonders rechter Unterschenkel. Die Klägerin kann noch andauernd leichte, intermittierend auch mittelschwere körperliche Tätigkeiten mindestens sechs Stunden pro Tag verrichten. Es sollte sich dabei um Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen und ohne stärkere Hebe- oder Bückarbeit, ohne Absturzgefahr nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Schichtarbeit, ohne Akkordarbeit, möglichst in geschlossenen, warmen Räumen, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte, Zugluft, insbesondere jedoch ohne Gefährdung durch Reizstoffe, wie Staub, Rauch, Gas und Dampf, handeln. Die Möglichkeit der Ausübung der Tätigkeit einer Poststellenmitarbeiterin hat die Sachverständige ausdrücklich bejaht. Diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin ist nachvollziehbar. Die koronare 1-Gefäßerkrankung ist nicht interventionsbedürftig, die arterielle Hypertonie ist nicht mit einer Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens verbunden, auch sonst fanden sich keine Hinweise auf eine manifeste Herzinsuffizienz. Bezüglich des anamnestisch bestehenden Asthma bronchiale konnte kein sicherer pathologischer Ruhespirometriebefund festgestellt werden. Einschränkungen der Wegefähigkeit bestehen bei der Klägerin nicht; betriebsunübliche Pausen sind nicht erforderlich.
Die Einholung eines weiteren hals-, nasen-, ohrenärztlichen Gutachtens ist nicht erforderlich. Laut Gutachten des Prof. Dr. E. vom 9. Januar 2006 bestehen bei der Klägerin eine mittelgradige Perzeptionsschwerhörigkeit beiderseits mit einem Schrägabfall bis 90 dB bei 8 kHz beiderseits und ein kompensierter Tinnitus beiderseits. Die Klägerin trägt ein Hörgerät. Leistungseinschränkungen folgen hieraus nur insofern, als Arbeiten im Lärm und unter Publikumsverkehr nicht möglich sind. Auf die Schwere und den zeitlichen Umfang der auszuführenden Tätigkeiten haben diese Erkrankungen keinen Einfluss. Nach dem Befundbericht der Dipl.-Med. F. vom 22. September 2009 haben sich die erhobenen Befunde weder erheblich verschlechtert noch deutlich gebessert.
Die von den Sachverständigen angenommenen besonderen Einschränkungen werden bei der Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin berücksichtigt: Tätigkeiten in wechselnden Körperhaltungen, ohne längere Zwangshaltungen, ohne beidhändige Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten in vorgeneigter, gebückter oder kniender Haltung, ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 Kilogramm ohne Vibrationsbelastungen, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne Schicht- und Akkordarbeit, ohne Anforderung an das Hörvermögen, ohne Lärmbelastung, ohne Gefährdung durch Nässe, Kälte oder Zugluft, in geschlossenen warmen Räumen sowie ohne Gefährdung durch Reizstoffe wie Rauch, Gas, Dampf.
Die Einholung weiterer Sachverständigengutachten war nicht erforderlich. Die letzte Behandlung der Klägerin bei dem Facharzt für Orthopädie K. fand im Jahr 2008 statt. Die von Dr. J.-Sch. im Befundbericht vom 12. Mai 2011 angegebene Verschlechterung durch den Hinzutritt einer koronaren 1-Gefäßerkrankungen war bereits bei der Begutachtung durch Prof. Dr. A. im Jahr 2008 bekannt und wurde berücksichtigt.
Ob der Klägerin mit ihrem Leistungsvermögen eine entsprechende Tätigkeit als Poststellenmitarbeiterin vermittelt werden kann, ist unwesentlich. Für vollschichtig einsatzfähige Versicherte besteht im Allgemeinen ein offener Arbeitsmarkt (vgl. BSG in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Ein Versicherter muss sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich auf dem Arbeitsmarkt im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland verweisen lassen. Dort gibt es noch eine hinreichende Anzahl zumutbarer Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob diese offen oder besetzt sind. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, trägt nicht die Beklagte, sondern die Arbeitslosenversicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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