L 8 BA 1374/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 BA 4365/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 BA 1374/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Das Tätigwerden in den Räumen des Auftraggebers ist nicht ohne Weiteres als Argument für eine Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation zu werten, wenn dies sicherheitstechnischen Gegebenheiten geschuldet ist, welche eine Arbeit über einen Remote – Zugriff aus den eigenen Arbeitsräumen nicht erlauben.
2. Bei agilen Entwicklungsmethoden im IT-/Software-Bereich wie der Scrum-Methode ist im Rahmen der Prüfung der Eingliederung in den Betriebsablauf zu beachten, dass es keine Projektleitung gibt, welche fortwährend die Aufgaben an die Teammitglieder verteilt und deren Arbeit überwacht. Insofern ist das Kriterium der Eingliederung im Rahmen solcher Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres passend und bedarf der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt.
3. Es kann auch dann eine ausreichend präzise Leistungsbeschreibung vorliegen, wenn der Endkunde die Änderungswünsche an der Software zunächst mitteilt, diese dann in Arbeitsprojekte zur Bearbeitung im Rahmen von Scrum-Formaten geschnürt werden, und eine Abnahme durch den Endkunden erst am Ende nach Testung und Implementierung erfolgt. Die Tatsache, dass eine weitere Leistungspräzisierung erst nach Rücksprache und Prüfung beim Endkunden möglich ist, schließt daher nicht grundsätzlich eine ausreichende Bestimmtheit des Auftragsinhalts aus.

Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.01.2020 und der Bescheid der Beklagten vom 21.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2018 aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Programmierer für die Beigeladene zu 1) ab dem 01.01.2018 selbstständig tätig war und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen selbst.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens über die Versicherungspflicht des Klägers während seiner Tätigkeit als Programmierer bzw. IT-Berater für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 01.01.2018 bis 30.06.2018.

Der im Jahr 1986 geborene Kläger ist Softwareentwickler. Er war bereits seit September 2011 über eine Zwischenfirma bei der Beigeladenen zu 1) als Softwareentwickler tätig. Nach eigenen Angaben ist er als Selbstständiger für verschiedene Auftraggeber tätig.

Die Beigeladene zu 1) ist ein 1986 gegründetes IT-Unternehmen im Bereich Softwareentwicklung. Sie erstellt unter anderem Individualsoftware für die Y AG.

Der Kläger verrichtete in der Zeit vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 Tätigkeiten als Programmierer bzw. IT-Berater für die Beigeladene zu 1) im Rahmen eines Projekts für die Erstellung von Individualsoftware für die Y AG. Der Tätigkeit lag ein am 05.01.2018 geschlossener Rahmenvertrag sowie ein am 09.01.2018 geschlossener Einzelvertrag zu Grunde.

In dem Rahmenvertrag vom 05.01.2018 über eine freie Mitarbeit sind auszugsweise folgende Regelungen enthalten:

§ 1 Vertragsgegenstand

1. Der Auftragnehmer wird für den Auftraggeber im Projekt als freier Softwareentwickler tätig. Durch vom Auftraggeber erteilte Einzelaufträge werden die anfallenden Aufgaben vereinbart. Der Einsatz von Erfüllungsgehilfen bedarf der Zustimmung des Auftraggebers 2. Der Auftragnehmer überträgt dem Auftraggeber an seinen gemäß Nr. 1 erbrachten Arbeiten und Arbeitsergebnissen umfassenden, ausschließlichen sowie räumlich, inhaltlich und zeitlich unbegrenzten Nutzung-und Verwertungsrecht auch für unbekannte Nutzungsarten. Es verbleiben keine Nutzung-und Verwertungsrechte beim Auftragnehmer.

2. Der Auftraggeber sagt keine Mindestabnahme zu.

§ 2 Vertragsbeginn, Vertragsende und Volumen

1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, dem Auftraggeber im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 30.06.2018 für insgesamt 40 Personentage zur Verfügung zu stehen, soweit dem keine ärztlich bestätigten gesundheitlichen Gründe ausschließend entgegenstehen.

§ 3 Vergütung

1. Der Auftragnehmer erhält für seinen nach § 1 dieses Vertrages erbrachte Tätigkeit ein Tageshonorar von 524 EUR zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, soweit einzelvertraglich nichts anderes vereinbart wird. Die Tätigkeitsvergütung ist vom Auftragnehmer kalendermonatlich im Nachhinein unter Vorlage eines vom Auftraggeber abgezeichneten Tätigkeitsnachweises abzurechnen und 14 Tage nach Rechnungseingang beim Auftraggeber zur Zahlung fällig. Der Tätigkeitsnachweis enthält eine Auflistung der erbrachten Tätigkeiten mit den jeweils benötigten Aufwendungen in Tagen zu acht Stunden.

§ 5 Verhältnisse des Auftragnehmers zu Dritten

Der Auftragnehmer hat das Recht, auch für Dritte Auftraggeber tätig zu sein. Einer vorherigen Zustimmung des Auftraggebers bedarf es nicht, es sei denn, bei dem Dritten handelt es sich um einen Wettbewerber des Auftraggebers.

§ 6 Tätigkeitsort

Dem Auftragnehmer wird kein bestimmter Einsatzort/-Bereich zugeteilt.

Der am 09.01.2018 abgeschlossen Einzelvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) über die Tätigkeit im Projekt „XXX“ lautet auszugsweise wie folgt:

"Tätigkeitsbeschreibung": Tätigkeiten im Zusammenhang mit Software-Engineering im Rahmen des genannten Projekts für die aufgeführten Systeme, insbesondere

• professionelle Entwicklung von Software im agilen Scrum-Prozess

• Umsetzung von Entwicklung-Storys im Scrum-Prozess

• Erstellung von Aufwandschätzungen

• Teilnahme an Daily-Scrums, Sprint-Plannings, Sprint Reviews sowie Sprint Retrospektiven

•Konzeption individueller Gesamtlösungen (wirtschaftlich, algorithmisch, technologisch)

im Bereich Produktkonfiguration

• Erstellung von Testkatalogen; Betreuung, Durchführung und Dokumentation von Soft-

ware-Tests; Systemdokumentation

Am 19.03.2018 beantragte der Kläger die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status hinsichtlich der von ihm für die Beigeladene zu 1) ausgeübten Tätigkeit. Im Rahmen des Antragsverfahrens gab er an, seine Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) umfasse die Unterstützung bei der Weiterentwicklung eines Software-Produkts. Das Produkt sei Eigentum des Kunden des Auftraggebers. Auf die Frage, wie die Auftragsausführung kontrolliert werde und ob vom Auftraggeber Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Auftragsausführung gemacht würden, führte er aus, die Entwickler kontrollierten ihre Arbeit gegenseitig. Der Kunde prüfe alle 14 Tage die Änderungen auf Funktionalität. Es gebe keine Beschränkung in der Art und Weise der Auftragsausführung, vorausgesetzt die Ergebnisse entsprächen den Anforderungen des Kunden, seien verständlich und robust. Die Tätigkeit übe er aus Gründen der IT-Sicherheit in den Räumen des Auftraggebers aus. Es gebe regelmäßige Besprechungen des Projektteams, wobei er an unternehmensinternen Besprechungen des Auftraggebers nicht teilnehme, ebenso nehme er nicht an den Begünstigungen in der Kantine des Auftraggebers teil. Er sei in der Regel an drei bis vier Tagen wöchentlich für ca. 8 Stunden für die Beigeladene zu 1) tätig. Der Großteil der Kommunikation erfolge mit dem Projektleiter des Auftraggebers. Täglich werde ein kurzes Status-Meeting durchgeführt. Ein- bis zweimal wöchentlich erfolgten ca. zweistündige Meetings bezüglich der Aufwandsschätzung und Planung der nächsten Wochen. Auf dem von ihm genutzten Schreibtisch beim Auftraggeber stehe ein Schild, auf dem der Name seines Unternehmens zu sehen sei. Er pflege eigene Internetauftritte und mache Werbung für Softwareprojekte. Zudem sei er im Aufbau eigener kommerzieller Softwarelösungen und Bildung einer GmbH, der P GmbH, um sich mittelfristig von der Notwendigkeit von Auftragsarbeiten abzulösen.

Der Kläger legte auf Anforderung der Beklagten Rechnungen über die Tätigkeiten bei der Beigeladenen zu 1) sowie den Gesellschaftsvertrag der P GmbH vor.

Die Beigeladene zu 1) teilte in einem Fragebogen der Beklagten mit, dass nur die Ergebnisse der Arbeit des Klägers, nicht jedoch die Art und Weise der Umsetzung kontrolliert würden. Er erhalte fachliche Weisungen, was für eine Aufgabe umzusetzen sei, jedoch nicht hinsichtlich der Art und Weise, wie die Aufgabe umzusetzen sei. Der Kläger verhandele mindestens einmal pro Jahr den Stundensatz seiner Arbeit. Er trage auch ein Unternehmerrisiko dadurch, dass die Beigeladene zu 1) ihm vertraglich explizit keine Mindestabnahme seiner Leistungen zugesagt habe. Die Abrechnung erfolge monatlich auf Stundenbasis.

Die Beklagte hörte den Kläger sowie die Beigeladene zu 1) jeweils mit Schreiben vom 24.05.2018 zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen Beschäftigung mit Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung an.

Die Beigeladene zu 1) gab mit Schreiben vom 14.06.2018 eine Stellungnahme ab und teilte mit, dass der Kläger in jeder Beziehung als externer Mitarbeiter geführt werde. Er habe einen Externen – Arbeitsplatz mit entsprechender Kennzeichnung. Er nehme nicht an Mitarbeiter – Veranstaltungen teil und er beziehe keine mitarbeiterbezogenen Vergünstigungen, wie bezuschusstes Kantinenessen, Schulungen und Sportangebot u.ä.. Er nehme auch nur an den Meetings teil, die für den Erfolg des von ihm verantworteten Teilprojekts maßgeblich seien. Es liege somit eine selbstständige Tätigkeit vor.

Der Kläger teilte mit Schreiben vom 10.06.2018 mit, dass die Tatsache, dass die Tätigkeit in den Räumen der Beigeladenen zu 1) ausgeübt werde, bezogen auf die Software – Entwicklungsbranche kein Merkmal für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei, da dies eine Sicherheitsmaßnahme darstelle. Auch investiere er in seine Rolle als Experte durch umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen und trage daher auch ein Unternehmerrisiko. Er verkaufe als Ein – Mann – Unternehmen seine Expertise. Diese könne nicht von Angestellten geliefert werden. Auch seien Meetings bei Projekten erforderlich und in der Softwarebranche üblich. Auch bestünden deutliche Unterschiede zwischen ihm und den Mitarbeitern der Beigeladenen zu 1). Er nehme nicht an internen Meetings teil und habe keine Beschränkung in der Ausübung weiterer Gewerbe. Er erhalte auch keine mitarbeiterspezifischen Vergünstigungen.

Mit Bescheiden vom 21.06.2018 stellte die Beklagte jeweils gegenüber dem Kläger sowie der Beigeladenen zu 1) fest, dass die Tätigkeit des Klägers im Bereich Entwicklung und Weiterentwicklung bei der X AG im streitgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Es bestehe Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen. Im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit seien keine maßgeblichen eigenen Gestaltungsmöglichkeiten erkennbar. Er erhalte einen Projektauftrag und sei somit in das vorhandene Netzwerk des Endkunden eingebunden. Zudem sei er in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) eingebunden. Er arbeite nicht auf eigenen Namen und eigene Rechnung und rechne auch nicht selbst mit dem Kunden ab. Auch das eigenständige Arbeiten löse nicht das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit aus. Es bestehe zudem kein Unternehmensrisiko; der Kläger setze kein eigenes Kapital oder eigene Betriebsmittel in erheblichem Umfang ein. Damit sei der Kläger funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sei indes ausgeschlossen, weil der Kläger hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sei, § 5 Abs. 5 SGB V.

Hiergegen erhob der Kläger am 10.07.2018 unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens Widerspruch. Er setze regelmäßig eigenes Kapital ein, indem er sein Fachwissen auf eigene Kosten erweitere. Zudem sei er alleiniger Eigentümer des Unternehmens „S" und verkaufe seine Expertise im Bereich Softwareentwicklung. Auch seien Absprachen mit allen Beteiligten des Softwareentwicklungsprozesses fundamentale Bestandteile qualitativ hochwertiger Entwicklung. Er nehme auch nur an fachlichen, projektbezogenen und nicht an internen Meetings teil. Die Beklagte habe auch entgegen der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 31.03.2017 (B 12 R 7/15 R) nicht berücksichtigt, dass sein Stundensatz in Höhe von 65,50 € deutlich über dem Arbeitsentgelt der angestellten Softwareentwickler liege und Eigenversorgung in allen Bereichen der sozialen Absicherung ermögliche. Er sei sogenannter IT- Freelancer und stehe damit seinen Kunden auf Augenhöhe gegenüber.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2018 als unbegründet zurück. Nach Gesamtwürdigung aller Umstände also der vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen sowie der dargestellten tatsächlichen Umstände und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG sei der Kläger in die betriebliche Organisation der Beigeladenen zu 1) funktionsgerecht dienend eingebunden. Zwar sei nach dem Willen der Beteiligten ein Anstellungsverhältnis nicht gewollt; dies sei bei der Bewertung jedoch unerheblich. Er könne zudem die Dienstleistung zwingend nur in den Räumlichkeiten des Auftraggebers unter Einhaltung von dessen Leistungsstandards zu den vereinbarten und vorgegebenen Parametern erbringen. Das Hauptindiz für eine abhängige Beschäftigung sei der Umstand, dass der Vertragsgegenstand derart unbestimmt sei und nur durch weitere Vorgaben durch die Auftraggeberin oder eine Eingliederung in deren Projektbetrieb konkretisiert werde. Es liege auch kein nennenswertes Unternehmensrisiko vor. Er erhalte ein vorab ausgehandeltes erfolgsunabhängiges Stunden- bzw. Tageshonorar. Dies sei gerade typisch für abhängige Beschäftigungsverhältnisse. Den vom Kläger vorgebrachten Argumenten, wonach ein unternehmerisches Risiko bestehe, keine Folgeaufträge zu erhalten, bei Schlechtleistung eine kurzfristige Kündigung des Auftraggebers zu erhalten und die Dienstleistung nur bei Vertragserfüllung in Rechnung stellen zu können, könne nicht gefolgt werden. Diesen Risiken sei auch jeder Arbeitnehmer ausgesetzt. Er habe gerade nicht die eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt. Die vertraglich vereinbarte eingeräumte Dispositionsbefugnis bezogen auf die vereinbarte Arbeitsleistung sei allein auch kein entscheidendes Kriterium für die selbstständige Tätigkeit.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 12.12.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen das bisherige Vorbringen bekräftigt und ergänzend vorgetragen, nur aus Gründen des Zugriffs auf und der Erarbeitung von geheimzuhaltenden Daten sei es der sachlichen Notwendigkeit geschuldet, den Zugang zum Datennetzwerk des Auftraggebers nur von Computern herzustellen, die von der hauseigenen IT-Abteilung freigeschaltet würden. Deshalb könne darin kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung gesehen werden. Auch könne eine detaillierte Beschreibung des Leistungsumfangs zu Beginn der Übernahme des Auftrages schon aus der Natur der Sache nicht erfolgen. Denn es komme auf den Endkunden des Auftraggebers an, so dass eine ständige Überarbeitung des Projektes erforderlich werden könne. Er habe die Aufgaben im Projekt auch selbstständig und alleine ausgeübt. Fachliche Weisungen hätten sich lediglich darauf bezogen, welche Aufgabe im Einzelnen umzusetzen sei, nicht jedoch auf die Art und Weise und Inhalt der Tätigkeit. Es habe auch keine Weisungsabhängigkeit in zeitlicher Hinsicht vorgelegen, da der Kläger selbst bestimmt habe, wann er die Tätigkeiten ausübe. Zudem sei auch der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel keine notwendige Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit. Bei reinen Dienstleistungen sei ein unternehmerisches Tätigwerden mit größeren Investitionen nicht üblich. Es sei auch keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Zahlung einer Urlaubsvergütung vereinbart gewesen. Dies sei als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit anzusehen. Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Leistung für den Auftraggeber persönlich zu erbringen. Insbesondere aus den vorgelegten Rechnungen, die er dem Auftraggeber für seine Leistungen in Rechnung gestellt habe, sei das selbstständige Handeln erkennbar.

Mit Beschluss vom 04.03.2019 hat das SG die X AG, die I als Kranken – und Pflegekasse sowie die Agentur für Arbeit S1 zum Verfahren beigeladen.

Das SG hat am 30.01.2020 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und den Kläger und die Beigeladene zu 1) ergänzend mündlich befragt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 30.01.2020 abgewiesen. Zudem hat das SG dem Kläger die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der außergerichtlichen Beigeladenen auferlegt.

Maßgeblich für eine abhängige Beschäftigung spreche, dass eine Eingliederung des Klägers in organisatorisch funktionellem Sinne bei der Beigeladenen zu 1) vorgelegen habe. Bezogen auf die in Streit stehende Tätigkeit im Rahmen der Umsetzung des Projekts „MBKS Vans 3.x und 4.0 (Entwicklungsleistungen im Bereich Konfigurationssysteme), wie sie sich dem Einzelvertrag vom 09.01.2018 ergebe, habe der Kläger im Rahmen der Arbeitsprozesse der Beigeladenen zu 1) in dem Sinne mitgearbeitet, dass die einzelnen Softwareprozesse durch den Kläger im Rahmen von Besprechungen bei der Beigeladenen zu 1) abgestimmt werden mussten. Der Kläger sei danach bei der tatsächlichen Umsetzung nicht weisungsfrei gewesen, auch wenn er nachvollziehbar im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt habe, ihm habe bei der Umsetzung des Projekts ein Spielraum zur Verfügung gestanden, da er sich einzelne Arbeitspakete im Rahmen des Projekts habe frei auswählen können. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche auch nicht allein die von dem Kläger beschriebene Flexibilität bei der Auswahl der Arbeitspakete. So sei nämlich auch den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen, dass der Kläger bei der Auswahl -jedenfalls faktisch- auf solche Arbeitspakete begrenzt gewesen sei, für die er auch Fachkenntnisse vorzuweisen hatte.

Aufgrund dieser Umstände habe die Beklagte nachvollziehbar ausgeführt, für eine selbstständige Tätigkeit sei typisch eine detaillierte Beschreibung des Leistungsumfangs aus Gründen der Kalkulierbarkeit des Leistungsangebotes für den Selbstständigen, und auch um bei Abschluss der Leistung eine Kontrolle der Vollständigkeit der erbrachten Leistung zu ermöglichen. Liege eine solche detaillierte Leistungsbeschreibung hingegen nicht vor, seien die weitergehenden Angaben zu den Einzelheiten des Auftrages im Rahmen einer Projektbearbeitung in Form von Einzelanweisungen an den Auftragnehmer zu übertragen, woraus wiederum eine Weisungsabhängigkeit resultiere. Vorliegend sei aus den vertraglichen Unterlagen keinerlei konkretere Aufgabenbeschreibung zu entnehmen, so dass die vertragliche Ausgestaltung von der Zuweisung einzelner Arbeitsaufträge abhängig gewesen sei.

Der Kläger habe auch nach eigenen Angaben zwischen drei und vier Tagen in der Woche bei der Beigeladenen zu 1) vor Ort gearbeitet. Schon nach seinem eigenen Vortrag sei es ihm nicht gänzlich möglich gewesen, völlig flexibel seine Arbeitszeit und seinen Arbeitsort zu wählen. Denn nach seinen eigenen Ausführungen sei er gehalten gewesen, regelmäßig an Meetings teilzunehmen, in denen die Arbeitsprojekte alle zwei Wochen verteilt bzw. vorgestellt wurden.

Auch liege kein unternehmerisches Risiko vor. Es sei zwar zu berücksichtigen, dass entsprechende Dienstleistungen generell betriebsmittelarm seien. Auch liege es in der Natur der Sache, dass dem Kläger bei der Beigeladenen zu 1) aus Sicherheitsgründen Zugang zur Hard- und Software zur Verfügung gestellt worden sei. Von entscheidender Bedeutung sei indes, dass die tatsächlich geleisteten Stunden vergütet worden seien, was wiederum für eine abhängige Beschäftigung spricht. Denn damit habe der Kläger kein wesentliches Verlustrisiko hinsichtlich des Einsatzes seiner Arbeitskraft getragen. Der Einwand des Klägers, dass seine Vergütung mit einem Honorar von 65,50 f/Stunde deutlich über den Vergütungen vergleichbarer Angestellter der Beigeladenen zu 1) liege, sei auch noch kein erhebliches Abwägungskriterium. In der Gesamtabwägung überwiegten nach alledem die Gesichtspunkte, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Ganz im Vordergrund sehe das SG dabei die Eingliederung des Klägers in die betrieblichen Abläufe der Beigeladenen zu 1) im Rahmen seiner Tätigkeit für die Softwareentwicklung beim Endkunden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat gegen das ihm am 02.04.2020 zugestellte Urteil am 29.04.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden – Württemberg (LSG) eingelegt.

Er hat zur Berufungsbegründung vorgetragen, dass das SG den rechtlichen Charakter des „Arbeitspakets“ als Einzelauftrag verkenne. Insoweit handele es sich nicht um eine (arbeitsrechtliche) Weisung über Art und Weise der Arbeitsausführung, sondern um eine - im Sinne einer Beauftragung - vertragliche Abrede über die Ausführung einer bestimmten, genau umrissenen Tätigkeit. Da die Kundenanforderungen nicht von vorne herein bekannt und über längere Zeiträume feststehend seien, sondern den Veränderungen der technischen und sonstigen Spezifikationen folgten, werde auch die laufende Anpassung des Programms in oft kurzen Abständen erforderlich, insbesondere dann, wenn eine Modellreihe neu auf den Markt komme. Diese Dynamik in den Kundenanforderungen spiegele sich in der Arbeitsmethode wieder. Die Aufteilung der Programmieraufgaben erfolge in entsprechend kleine Module, um den Anpassungsaufwand klein zu halten. Auch bei dieser kleinteiligen Aufteilung in die so genannten „Arbeitspakete“ handele es sich jedoch – entgegen der Annahme des SG – um jeweils einzelne Aufträge, die gesondert und einzeln erteilt und vom Kläger bearbeitet worden seien, ohne dass diese Aufträge ihm etwa zugewiesen worden seien. Vielmehr habe er die von ihm zu erbringenden Leistungen im Sinne der Arbeitspakete selbst ausgesucht und sie dann auch weisungsfrei und ohne inhaltliche Vorgaben ausgeführt. Dieses Tätigkeitsbild entspreche dem typischen Tätigkeitsbild selbstständiger Dienstleister, wie sie auch in anderen Branchen üblich seien. Das SG verkenne auch, dass dem Kläger in mehrerlei Hinsicht eine Wahlfreiheit zugestanden habe, nämlich sowohl dahingehend, einen Auftrag, also ein Arbeitspaket anzunehmen oder es abzulehnen, als auch hinsichtlich der inhaltlichen und zeitlichen Ausgestaltung der Bearbeitung. Diese mehrfache Wahlfreiheit stehe einem Arbeitnehmer, auch im Rahmen einer zur dienenden Teilhabe verfeinerten Weisungsunterworfenheit nicht zu.

Auch sei weder beim Zuschnitt der Arbeitspakete Rücksicht auf die besonderen Fähigkeiten des Klägers genommen worden, noch sei seine Auswahl von Seiten der Auftraggeberin in irgendeiner Form eingeschränkt worden. Selbstverständlich habe es dem Kläger freigestanden, auch solche Arbeitspakete auszuführen, hinsichtlich derer er nicht über besondere oder vertiefte Fachkenntnisse verfügte. Dass dies nicht sinnvoll gewesen wäre, bedürfe keiner Erörterung. Es handele sich dabei aber nicht um einen Gesichtspunkt, der als für eine abhängige Beschäftigung sprechend herangezogen werden könne. Auch der Umstand, dass es aus Sicht des Klägers sinnvoll gewesen sei, bei der Vergabe der Arbeitspakete persönlich anwesend zu sein, sei kein Umstand, aus dem sich eine entweder aus dem Vertrag oder aus der Natur der Sache abzuleitende Verpflichtung des Klägers ergeben hätte, an diesen Meetings und Besprechungen teilzunehmen. Selbstverständlich wäre es ihm möglich gewesen, sich seine Arbeitspakete auch ohne Teilnahme an diesen Meetings auszuwählen, was das SG weder beachtet noch gewürdigt hat. Der Umstand, dass einzelne Dienstleister im Rahmen einer Kooperation ihre Leistungen voneinander abgrenzen und sich hierfür sinnvolle Gelegenheiten – beispielsweise Besprechungen – schaffen, sei nicht im Sinne einer organisatorischen Eingliederung zu deuten. Es sei in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die einzelnen Leistungen bei der Bearbeitung der Pakete selbstverständlich zu einem Endprodukt zusammenzuführen waren, die Zusammenarbeit aber keinerlei hierarchische Organisation erforderte. Eine solche habe auch im Vertragsverhältnis des Klägers mit der Beigeladenen Ziff. 1. zu keiner Zeit bestanden.

Soweit das SG ein unternehmerisches Risiko des Klägers verneine oder jedenfalls für unmaßgeblich halte, stehe dies nicht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. Insbesondere bei Dienstleistern sei der Einsatz eigenen Kapitals oder besonderer eigener Betriebsmittel keine notwendige Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit. Anderenfalls könnten geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbstständig ausgeführt werden.

Soweit das SG meine, die Höhe der Vergütung des Klägers scheide als Unterscheidungskriterium zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vorliegend aus, weil nur deutlich über den Gehältern von Arbeitnehmern liegende Vergütungen für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, so sei es zumindest erforderlich gewesen, die Höhe der üblichen Vergütung für Programmierer in abhängiger Beschäftigung festzustellen. Dies habe das SG nicht getan. Tatsächlich lägen die Gehälter festangestellter Programmierer – auch mit vergleichbaren Spezialkenntnissen wie denjenigen des Klägers – deutlich unter den vorliegend vereinbarten Vergütungen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30.01.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2018 aufzuheben und festzustellen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ab dem 01.01.2018 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung angeführt, dass die Entscheidung des SG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden sei. In der Berufungsbegründung würden keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung der bisher von der Beklagten vertretenen Auffassung rechtfertigten.

Die Berichterstatterin hat das Verfahren nichtöffentlich am 23.06.2021 mit den Beteiligten erörtert (vgl. Niederschrift Bl. 74 bis 77 der Senatsakte).

Der Kläger hat mit Schreiben vom 29.06.2021 vorgetragen, dass die Bearbeitung von Arbeitspaketen mit besonderen Anforderungen der „Delphi“-Programmiersprache von den anderen Projektbeteiligten aus freien Stücken dem Kläger überlassen worden sei, weil dieser der Spezialist für jene Programmiersprache gewesen sei und die anderen Projektbeteiligten nicht über ausreichend vertiefte Kenntnisse der „Delphi“-Programmiersprache verfügten, um Aufgabenstellungen mit hoher Komplexität lösen zu können. Der Kläger hatte aber stets die Möglichkeit, auch derartige Pakete nicht zu bearbeiten oder im Falle der Übernahme eines Auftrags die Bearbeitungsdauer nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Im Falle der Nichtannahme entsprechender Aufträge, sei es Sache des Auftraggebers gewesen, die anderweitige Erledigung zu organisieren oder die Aufgabenstellung so zu verändern, nämlich zu vereinfachen, dass sie auch von anderen Projektbeteiligten bearbeitet werden konnte. Der Kläger sei sogar an der Weiterentwicklung dieser Programmiersprache in Zusammenarbeit mit der Softwarefirma E beteiligt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erklärt.

Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist statthaft und zulässig und in der Sache auch begründet. Der Bescheid vom 21.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2018 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das Urteil des SG vom 30.01.2020 war daher aufzuheben. Der Kläger war bei der Beigeladenen zu 1) nicht abhängig beschäftigt, weshalb keine Versicherungspflicht für die Tätigkeit als Programmierer bzw. IT-Berater bei der Beigeladenen zu 1) im Zeitraum ab dem 01.01.2018 in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.

Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der hier anzuwendenden, seit 01.01.2009 geltenden Fassung des Art 1 Nr. 1 des 2. SGB IV ÄndG vom 21.12.2008 (BGBl I 2933) können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Diese entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Absätzen 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Abs. 7 der Vorschrift ordnet die aufschiebende Wirkung von Klage und Widerspruch bezüglich der Fälligkeit der Beiträge an (Satz 1). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I, Seite 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drucks 14/1855, Seite 6).

Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat der Kläger am 19.03.2018 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist nicht ersichtlich.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterlagen im streitgegenständlichen Zeitraum in Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (LSG Baden - Württemberg, Urteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 mwN).

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Diese sind ebenfalls nur maßgebend, soweit sie rechtlich zulässig sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen und auszuschließen, dass es sich hierbei um einen bloßen „Etikettenschwindel“ handelt, der uU als Scheingeschäft iS des § 117 BGB zur Nichtigkeit dieser Vereinbarungen und der Notwendigkeit führen kann, ggf. den Inhalt eines hierdurch verdeckten Rechtsgeschäfts festzustellen. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 25).

Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass der Kläger im Zeitraum ab dem 01.01.2018 bei der Beigeladenen zu 1) keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat.

Die Beigeladene zu 1) erstellt Individualsoftware für den Endkunden, die Y AG. Das Projekt „XXX“ umfasste Entwicklungsleistungen im Bereich Konfigurationssysteme. Mit der Erbringung von Programmierdienstleistungen beauftragte sie nachfolgend den Kläger. Der Senat nimmt diesbezüglich auf den Rahmenvertrag sowie den Einzelvertrag zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) in der Verwaltungsakte Bezug. Der Leistungszeitraum war nach dem Rahmenvertrag auf den 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 festgelegt mit einem Umfang von 40 Personentagen.  Es wurde ein Tageshonorar von 524 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer in § 3 des Rahmenvertrages vereinbart. Eine derartige Tätigkeit ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern grundsätzlich auch als selbstständige Tätigkeit (Werkvertrag) möglich. Für die Statusabgrenzung ist sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des BSG nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw. war (BAG, Urteil vom 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Abzustellen ist daher nur auf die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1).

Im konkreten Fall lässt sich eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) und eine Weisungsabhängigkeit zur Überzeugung des Senats nicht feststellen. Der Kläger wurde zwar in den Räumen der Beigeladenen zu 1) tätig. Dies war jedoch den sicherheitstechnischen Gegebenheiten geschuldet, welche eine Arbeit über einen Remote – Zugriff in den eigenen Arbeitsräumen des Klägers nicht erlaubten. Diese Umstände sind jedoch bei grundsätzlich sicherheitsrelevanten Arbeiten an Datenstrukturen im Unternehmensbereich üblich und aus Sicherheitsgründen auch oftmals unumgänglich und können daher vorliegend nicht ohne Weiteres als Argument für eine Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) gewertet werden. Entscheidend sind daher vielmehr die konkreten Umstände der Tätigkeit des Klägers.

Der Senat stellt anhand der schlüssigen Angaben des Klägers im Erörterungstermin vom 23.06.2021 fest, dass dieser die Arbeitspakte ausgesucht hat, die sein Arbeitsgebiet – Programmierung mit der Programmiersprache Delphi – betreffen. Seine Ergebnisse hat er dann in einen separaten Entwicklungszweig eingestellt, in dem sie dann durch den zuständigen Teamleiter der Beigeladenen zu 1) geprüft und im Fall, dass sie zufriedenstellend waren, in das Programm eingefügt wurden. Ansonsten wäre eine Rücksprache erfolgt. Die Programmierung erfolgte anhand von sogenannten 2 - Wochen – Sprints nach der sogenannte Scrum - Methode. Diese bezeichnet eine agile Methodik im Bereich Projektmanagement, welche flexibel auf diverse Projekte angewendet werden kann. Sie unterscheidet sich vom klassischen Projektmanagement in der Hinsicht, dass es keine Projektleitung mehr gibt, welche die Aufgaben an die Teammitglieder verteilt. Für die 2 – Wochen – Sprints wurden das Vorgehen und die Arbeitsaufteilung besprochen. Am Anfang dieses Sprints hat der Kläger mitgeteilt, wie viele Arbeitspakete er ungefähr erledigen will. Falls es in einer Woche weniger Pakete waren, hat er dies auch vorab mitgeteilt. Der Kläger war daher in seinem Auftragsbereich bezüglich der Auswahl der Arbeitspakete frei. Dass er angesichts seiner Spezialisierung als Delphi – Programmierer vor allem Arbeitspakete mit entsprechenden Problemstellungen bearbeitet hat, welche ihm auch bei entsprechender Komplexität nach seinen Angaben im Erörterungstermin speziell zugewiesen wurde, stellt kein Argument für eine Eingliederung dar, da die Beigeladene zu 1) den Kläger gerade wegen seiner Spezialkenntnisse beauftragt hat und sein Einsatz daher gerade an Paketen erfolgen sollte, welche die Programmierer der Beigeladenen zu 1) mangels Kenntnisse nicht bearbeiten konnten. Bedeutsam ist jedoch, das dem Kläger von Seiten der Beigeladenen zu 1) ab Annahme eines Arbeitspaketes zur Bearbeitung bis zur Abnahme der Programmkomponenten keine weiteren Vorgaben zum Inhalt oder Ablauf gemacht wurden. Dass eine solche Abnahme erfolgte und der Kläger nicht selbst befugt war, die programmierten Komponenten selbst in das Programm einzufügen, ist der agilen Arbeitsweise im IT – Bereich geschuldet. Die Programmierung erfolgt kleinteilig und variabel nach den Anforderungen und Änderungswünschen des Endkunden. Die endgültigen Vorgaben entstehen oftmals erst nach Testung der Progammbestandteile auf Tauglichkeit und Kompatibilität mit den weiteren Programmierungen durch den Endkunden. Das Einfügen der abgenommenen und fertigen Bestandteile in das Endprogramm erfolgt somit im letzten Schritt und erst nach Vornahme sämtlicher Testungen. Dass die Inbetriebnahme und Implementierung in das System des Endkunden von der Abnahme durch den zuständigen Fachbereich abhängt, ist somit der Komplexität und den hohen Sicherheitsanforderungen geschuldet und indiziert daher nicht per se eine Eingliederung des Programmierers des einzelnen Datenpakets (so auch bereits Senatsurteil vom 25.10.2019, L 8 BA 4226/18, nicht veröffentlicht). Insofern ist das Kriterium der Eingliederung im Rahmen solcher Arbeitsprozesse nicht ohne weiteres passend und bedarf der Fortentwicklung an die Gegebenheiten der modernen Arbeitswelt.

Entscheidend für die Eingliederung ist die Abgrenzbarkeit der Tätigkeit des Klägers im Vergleich zu den Tätigkeiten der angestellten Programmierer der Beigeladenen zu 1) im Rahmen des konkreten Projekts. Die Beigeladene zu 1) hat sowohl in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2020 als auch im Erörterungstermin vom 23.06.2021 nachvollziehbar erläutert, dass der Kläger aufgrund seiner Spezialkenntnisse eine Sonderstellung eingenommen hat und daher bei der Aufteilung der Arbeitspakete sich die für ihn in Frage kommenden Arbeitspakete aussuchen konnte. Insofern hat er seine Ergebnisse auch in einen separaten Entwicklungszweig eingestellt, was die Sonderstellung nochmals verdeutlicht. Die Beigeladenen zu 1) hat auch für den Senat nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30.10.2020 anschaulich den Ablauf des Projekts und den Einsatz der zur Verfügung stehenden eigenen Programmierer beschreiben. Der Kläger selbst hat auch bei seiner Stellungnahme vom 30.03.2018 angegeben, dass er sich bei jedem Kontakt zu anderen Unternehmen als selbstständiger Softwareentwickler zu erkennen gegeben habe. Auch stand auf dem bei der Beigeladenen zu 1) genutzten Schreibtisch ein Schild mit dem Namen seines Unternehmens. Somit war auch für die Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1) sofort deutlich erkennbar, dass der Kläger kein Angestellter der Beigeladenen zu 1) ist. Im Unterschied zu den angestellten Programmierern hat der Kläger auch nur solche Arbeitspakete bearbeitet, welche sein Fachgebiet betrafen und hat in der Folge auch nur an solchen Besprechungen teilgenommen, welche die von ihm bearbeiteten Bereiche betrafen. Die Beigeladenen hatte auch keine rechtliche Möglichkeit, den Kläger zu anderen Projekten heranzuziehen. Nach § 4 des Rahmenvertrags hatte der Kläger zudem die Möglichkeit, einzelne Aufträge der Beigeladenen zu 1) – ohne Angabe von Gründen – abzulehnen. Die Beigeladenen zu 1) konnte dem Kläger somit keine Weisungen erteilen, sondern lediglich die vertraglich festgelegten Tätigkeiten im Rahmen des konkreten Projekts fordern. Eine Eingliederung und insbesondere eine generelle Verfügbarkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) im Rahmen des Projekts war daher nicht gegeben.

Der Kläger unterlag auch keiner zeitlichen Anwesenheitspflicht bei der Beigeladenen zu 1). Er konnte somit frei entscheiden, wann er die vereinbarten Personentage erfüllt. Nach seinen Angaben gegenüber dem SG vom 30.01.2020 war er zwischen drei und vier Tagen die Woche bei der Beigeladenen zu 1), um die von ihm angenommenen Arbeitspakete zu bearbeiten. Die Beigeladene zu 1) wusste jedoch nach den Angaben des Prokuristen M in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2020 nicht, wann der Kläger jeweils kommen würde. Dass er die Arbeitspakete in der Zeitspanne der 2- Wochen – Sprints bearbeiten musste, beruht auf den Umständen der Projektorganisation. Dies ändert jedoch an der Tatsache nichts, dass der Kläger weder verpflichtet war, an bestimmten Tagen anwesend zu sein, noch an Besprechungen teilzunehmen. Ein zeitliches Weisungsrecht ist nur gegeben, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird oder der Mitarbeiter auch ohne entsprechende Vereinbarung in nicht unerheblichem Umfang herangezogen wird, ihm die Arbeitszeiten letztlich zugewiesen werden (vgl. LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 21.10.2014, L 11 R 4761/13, juris). Fehlende Weisungen hinsichtlich Ort und Zeit der Ausübung der Tätigkeit sind starke Indizien für eine selbstständige Tätigkeit. Der Senat kann nach den vorliegenden Umständen kein zeitliches Weisungsrecht der Beigeladenen zu 1) gegenüber dem Kläger feststellen.

Das vereinbarte Tageshonorar von 524 € zuzüglich Mehrwertsteuer im Rahmenvertrag war unabhängig davon, an welchen Tagen, zu welcher Tageszeit, in welchem Umfang und an welchem Ort die Arbeiten durchgeführt werden. Auch in fachlicher Hinsicht bestand kein Weisungsrecht, denn die vereinbarten Programmierleistungen beruhten gerade auf den Spezialkenntnissen des Klägers, der die sich stellenden Probleme ohne weitere, der Beigeladene zu 1) auch gar nicht mögliche Vorgaben lösen sollte. Für eine durch umfangreiche Spezialkenntnisse bedingte Unabhängigkeit des Klägers spricht auch der deutlich höhere Stundensatz von 65,50 € bei einem 8 – Stundentag im Vergleich zu den von der Beigeladenen zu 1) im Erörterungstermin vom 23.06.2021 mitgeteilten Verdienst eines angestellten Programmierers von 23 € (vgl. hierzu auch LSG Baden – Württemberg, Urteil vom 07.11.2017, L 11 R 2507/16 ZVW, juris). Liegt das vereinbarte Honorar wie hier deutlich über dem Arbeitsentgelt eines vergleichbar eingesetzten sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und lässt es dadurch Eigenvorsorge zu, ist dies ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris). Eine faktische, durch die Arbeitsabläufe im Projekt entstehende Abhängigkeit lag im konkreten Fall des Klägers nach dessen umfangreichen, glaubhaften und plausiblen Angaben nicht vor. Insoweit ergibt sich nichts anderes aus der Rechtsprechung des BSG zur Verfeinerung des Weisungsrechts bei Diensten höherer Art (BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 8/01 R, juris), denn jede Verfeinerung ist nicht ad infinitum möglich, ohne dass sich das maßgebliche juristische Kriterium auflöst (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.02.2015, L 4 R 3943/13, juris). Auf eine Weisungsabhängigkeit als Merkmal abhängiger Beschäftigung kann daher nicht vollständig verzichtet werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten war auch die vertragliche Beschreibung der Tätigkeit des Klägers ausreichend präzise (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 25.10.2019, L 8 BA 4226/18, n.v.). Nach der Leistungsbeschreibung im Einzelvertrag umfassten die Tätigkeiten im Zusammenhang mit Software-Engineering im Rahmen des genannten Projekts für die aufgeführten Systeme, insbesondere die professionelle Entwicklung von Software im agilen Scrum-Prozess, die Umsetzung von Entwicklung-Storys im Scrum-Prozess, die Erstellung von Aufwandschätzungen, die Teilnahme an Daily-Scrums, Sprint-Plannings, Sprint Reviews sowie Sprint Retrospektiven, die Konzeption individueller Gesamtlösungen (wirtschaftlich, algorithmisch, technologisch) und im Bereich Produktkonfiguration die Erstellung von Testkatalogen; Betreuung, Durchführung und Dokumentation von Software-Tests; Systemdokumentation. Der Kläger sowie der Prokurist der Beigeladenen haben in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2020 bestätigt, dass der Endkunde, die Y AG, die Änderungswünsche an der Software zunächst mitteilt und diese dann in Arbeitsprojekte geschnürt werden, welche dann im Rahmen eines Scrumformats bearbeitet wurden. Eine Abnahme durch den Endkunden erfolgt dann erst am Ende nach Testung und Implementierung. Es ist für den Senat daher nachvollziehbar, dass bei einer solchen Vorgehensweise sich die konkreten Einzelheiten erst bei Bearbeiten der einzelnen Arbeitspakete oder im Rahmen des Test- und Implementierungsprozesses zeigen. Insofern schließt die Tatsache, dass eine weitere Leistungspräzisierung erst nach Rücksprache und Prüfung beim Endkunden möglich war, die Bestimmtheit des Auftragsinhalts nicht aus (vgl. so auch Senatsurteil vom 25.10.2019, L 8 BA 4226/18, n.v.).

Grundsätzlich kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist, dass in der vertraglichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Ebenso ist der Gedanke der (hier fehlenden) Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (BSG, Urteil vom 24.10.1978, 12 RK 58/76, SozR 2200 § 1227 Nr 19).

Ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene Unternehmerrisiko. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (BSG, Urteil vom 12.12.1990, 11 RaR 73/90, juris; BSG, Urteil vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R, juris). Hierbei ist auch zu beachten, dass es sich bei dem Bereich der Softwareentwicklung um eine betriebsmittelarme Dienstleistungsbranche handelt, die im Wesentlichen durch den bloßen Einsatz von Know-How geprägt wird. Die Entlohnung erfolge vorliegend zwar durch ein festes Tageshonorar in Höhe von 524 €. Der Kläger unterlag jedoch durch die Regelung in § 2 Ziff. 2 des Rahmenvertrages trotz Vereinbarung eines Tageshonorars von 524 € und Vereinbarung von 40 Personentagen einem Unternehmerrisiko, da die Beigeladene zu 1) keine Mindestabnahme zugesagt hat. Auch Kosten für den Bürobetrieb, technische Vorrichtungen und Sonstiges war nach § 7 des Rahmenvertrages vom Auftragnehmer zu tragen. Zwar hatte der Kläger im konkreten Auftragsverhältnis nicht das Risiko zu tragen, ob der Einsatz seiner Arbeitskraft überhaupt mit einem Entgelt entlohnt wird, da eine Vergütung mit festem Tagessatz nach geleisteten Arbeitsstunden erfolgte. Grundsätzlich spricht die Vereinbarung eines festen Stundenhonorars nicht zwingend für abhängige Beschäftigung. Denn wenn es - wie vorliegend - um reine Dienstleistungen geht, ist anders als bei der Erstellung zB eines materiellen Produkts ein erfolgsabhängiges Entgelt aufgrund der Eigenheiten der zu erbringenden Leistung nicht zu erwarten (BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris). Der Kläger unterlag zudem auch durch § 9 des Rahmenvertrages einem Haftungsrisiko. Da die Beigeladene zu 1) keine Mindestabnahme zugesichert hatte, hätte sie überdies bei einer nicht zufriedenstellenden Leistung die Zusammenarbeit mit dem Kläger beendet. Dies hat auch der Prokurist M in der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2020 bestätigt. Zudem tritt der Kläger werbend am Markt auf. Er hat durch seine Beteiligung an der P GmbH Kapital investiert, mit dem Ziel durch die Entwicklung und den Verkauf der von P entwickelten Softwarelösungen keine sonstigen Auftragsarbeiten mehr verrichten zu müssen. Auch ist der Kläger für weitere Auftraggeber tätig und war dies nach seinen Angaben gegenüber dem SG am 30.01.2020 auch während des streitgegenständlichen Projekts. Er ist in der Weiterentwicklung der Programmiersprache Delphi für die Software-Firma E in A tätig, wie der Senat dem im Berufungsverfahren vorgelegten, am 02.07.2018 erneuerten Rahmenvertrag entnimmt und investiert daher in die Fortentwicklung seines Wissens, um dieses weiterhin mit aktuellen Stand als Dienstleistung anbieten zu können. Diese Umstände zeigen, dass der Kläger selbst werbend am Markt auftritt und eigenständige unternehmerische Aktivitäten mit Kapitalinvestitionen getätigt hat.

Im Rahmen der Gesamtabwägung sieht der Senat daher die fehlende Weisungsgebundenheit, wie sie sich auf der Basis der individualvertraglichen Regelungen darstellt und tatsächlich gelebt wurde, und das bestehende Unternehmerrisiko durch die fehlende Abnahmeverpflichtung der Beigeladenen zu 1) sowie die unternehmerischen Tätigkeiten und Investitionen des Klägers als entscheidend an. Insgesamt überwiegen somit die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.

Das Urteil des SG vom 30.01.2020 und der Bescheid vom 21.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2018 waren daher auf die Berufung des Klägers aufzuheben und es war festzustellen, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Programmierer für die Beigeladene zu 1) im Zeitraum ab dem 01.01.2018 selbstständig tätig war und nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Entgegen der Kostenentscheidung des SG handelt es sich vorliegend um ein gerichtskostenfreies Verfahren nach § 193 SGG, da der Kläger im Streit um seinen sozialversicherungsrechtlichen Status und die Versicherungspflicht der Kostenprivilegierung des § 183 Satz 1 SGG unterfällt. Gerichtskosten fallen daher nicht an und es ist kein Streitwert festzusetzen. Auch aus diesem Grund war das Urteil des SG aufzuheben. Die Kostenentscheidung beruht daher für beide Instanzen auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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