L 4 BA 33/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 KR 828/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 BA 33/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein Werkvertrag liegt – in Abgrenzung zu einem Dienstvertrag – nicht vor, wenn Vertragsinhalt zwar die Herstellung eines bestimmten Produkts ist (hier: Erstellung sendereifer Folgen einer sog. Doku-Soap aus umfangreichem Rohmaterial), der Auftragnehmer die hierfür erforderlichen Handlungen aber nicht nach eigenen betrieblichen, sondern nach fremdbestimmten Voraussetzungen organisiert.

2. Auch wenn eine bestimmte berufliche Tätigkeit innerhalb einer Branche einhellig als selbständige Tätigkeit qualifiziert werden sollte, ist dies für die Statusabgrenzung ohne Bedeutung.

3. Bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung von Kunstwerken, Rundfunksendungen oder Film(beiträg)en gebieten Gesichtspunkte der Kunst- oder Rundfunkfreiheit keinerlei Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Statusabgrenzung. Ob Erwerbstätige programmgestaltend tätig sind, ist daher unerheblich.

 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 5. Februar 2018 wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

 

 

Tatbestand

 

 

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 (im Folgenden: die Beigeladene) in der Zeit von Juni 2012 bis September 2013.

 

In diesem Zeitraum war der 1986 geborene Kläger, der über einen IHK-Abschluss als Mediengestalter Bild und Ton verfügt, als Film- und Videoeditor für die Beigeladene im Rahmen der Produktionen „S“, „T“, „B“, „Z“ und „T“ – entweder für die gesamte Staffel einer Sendereihe oder nur für einzelne Folgen – tätig. Grundlage seiner Arbeit war Rohmaterial im Umfang von 15 bis 20 Stunden je Sendung, für dessen Nachbearbeitung die Beigeladene vom (Film-)Produktionsunternehmen (U) engagiert wurde und ihrerseits Cutter und Editoren wie den Kläger beauftragte. Seine Aufgabe bestand darin, aus dem Rohmaterial eine sendefähige, 45, 60 oder 90 Minuten umfassende Folge (Schnitt, Farbkorrektur, Tonmischung, Grafikgestaltung, musikalische Untermalung) „bis hin zur technischen Abnahme mit Senderrichtlinie und Ausspiel und Kodierung des sendefertigen Beitrags“ zu erstellen, Drehbänder einzuladen und die fertigen Sendungsmaster auszuspielen. Hierfür klärte die Beigeladene schon vor Drehbeginn mit dem Kläger ab, ob er eine bestimmte Anzahl von Folgen innerhalb eines bestimmten Zeitraums – ein Abgabetermin wurde bereits genannt – fertigstellen könne, und informierte ihn zugleich über Veränderungen, z.B. neue Mitwirkende (Protagonisten, Handwerker, Drehstab). In der Regel hatte der Kläger zur Herstellung einer Folge einen Zeitraum von drei Wochen zur Verfügung. Sowohl das Rohmaterial als auch das vom Kläger hergestellte Produkt für die Beigeladene, der sog. Sendemaster, befinden sich auf Datenträgern. Übertragungen von einem Datenträger auf einen anderen werden branchenintern als Ausspielen bezeichnet. Die o.g. Senderrichtlinien betreffen von senderspezifische technische Daten für die Sendemaster.

 

Der Kläger arbeitete – teilweise zwischen acht und 14 Stunden je Arbeitstag – mit einem von der Produktionsfirma gestellten, täglich anwesenden Redakteur zusammen, der den „roten Faden“ und die einzelnen Charaktere der zu erzählenden Geschichte festlegte. Dieser gab der Kläger durch Schnittfrequenzen, Bildelemente und Farbkorrektur Gestalt und bearbeitete sie dramaturgisch. Hierbei waren ihm im Hinblick auf das Corporate Design des Produktionsunternehmens Grafiken vorgegeben. Die Musikauswahl oblag ihm, die Bearbeitung der Sprechertexte dem Redakteur. Den Arbeitsfortschritt besprach der Kläger regelmäßig mit dem Redakteur, der sich schon vor der Abnahme einzelne Arbeitsergebnisse zeigen ließ, etwa um die Einhaltung der Vorgaben zum Sponsoring – bestimmte Produkte waren in einem festgelegten zeitlichen Umfang in der Sendung zu platzieren – zu kontrollieren. Der Kläger hatte auch die Möglichkeit, einen sog. Nachdreh vorzuschlagen, z.B. um inhaltliche Brüche der Geschichte zu vermeiden. An der Abnahme jeder einzelnen Folge nahmen für die Produktionsfirma der Redakteur und der Produzent teil. Bei inhaltlichen oder das Sponsoring betreffenden Problemen musste der Kläger nacharbeiten.

Die Beigeladene stellte dem Kläger für einen bestimmten Zeitraum (Schicht) in ihren Räumlichkeiten einen ihrer Schnittplätze zur Verfügung. Der Kläger war nicht verpflichtet, die Schnittplätze während des gebuchten Zeitraums auch tatsächlich zu nutzen, sondern musste nur angeben, ob er den – von ihm ausgewählten – Schnittplatz am folgenden Tag nutzen wolle. Außerhalb der jeweiligen Schicht des Klägers wurde ein solcher Schnittplatz auch von anderen Editoren genutzt. Wegen der für diese Tätigkeit erforderlichen außerordentlich großen Speicherkapazitäten hätte der Kläger sie nicht an einem eigenen, von ihm finanzierten Schnittplatz ausüben können. Der Kläger durf­te eigene Geräte einsetzen – Tastatur, PC-Maus, USB-Sticks, DVDs sowie Festplatten mit Soundeffekten und Musik (letztere wird ihm von Musikverlagen kostenlos zur Verfügung gestellt) –, jedoch nur ausnahmsweise, um Kompatibilitätsprobleme und Schäden an den teuren Arbeitsgeräten der Beigeladenen zu vermeiden.

Der Kläger schloss sog. Tagessatzvereinbarungen, die es ihm erlaubten, einerseits den vereinbarten, zuvor von ihm kalkulierten Tagessatz auch dann abzurechnen, wenn er für seine Tätigkeit weniger als die für den jeweiligen Tag kalkulierte Zeit benötigte, und andererseits über die kalkulierte Zeit hinaus erforderliche Mehrarbeit zusätzlich – ab einer gewissen Stundenzahl (z.B. 10 oder 12 Stunden täglich) auch mit Zuschlägen – geltend zu machen; beruhte die Mehrarbeit auf vom Kläger zu vertretenden Gründen, hätte er sie in der Erwartung, hierfür von der Beigeladenen keine zusätzliche Vergütung zu erhalten, nicht geltend gemacht. Der Kläger legte seinen Abrechnungen gegenüber der Beigeladenen einen Stundensatz zwischen 28 und 32,50 € zugrunde. Für zusätzlich übernommene Aufgaben, z.B. die Herstellung eines Trailers, wurde er gesondert vergütet. Die Beigeladene trug auch die vom Kläger geltend gemachten Fahrt- und Hotelkosten. Ausfallhonorare wurden Editoren für eine Produktion gezahlt, für die sie vorgesehen waren, die jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu Ende gebracht wurde.

Im Krankheitsfall hätte der Kläger der Beigeladenen eine andere Person empfehlen können, die dann ggf. selbst mit der Beigeladenen abgerechnet hätte.

Der Kläger arbeitete während des o.g. Zeitraums in seinem Beruf auch für andere Auftraggeber. Der überwiegende Teil seines Gesamteinkommens beruhte nicht auf selbständiger Tätigkeit.

 

Am 28. Oktober 2013 beantragte er durch seinen Prozessbevollmächtigten bei der Beklagten, ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) einzuleiten. Im Rahmen des sich anschließenden Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens gab die Klägerseite u.a. Folgendes an, teilweise unter Bezugnahme auf ein ebenfalls vom Prozessbevollmächtigten des Klägers geführtes Verfahren eines anderen Editors:

Einzelaufträge und Auftragsbestätigungen seien branchenüblich nicht erteilt, sondern je nach Arbeitsanfall mündlich vereinbart worden.

Die Sendereihen seien jeweils auf maximal ein bis drei Monate begrenzt. In dieser Zeit könne der Kläger wegen freier Einteilung seiner Arbeitszeit zwischen den einzelnen Projekten „springen“, um jederzeit selbständig und flexibel zu reagieren.

Bei den o.g. genannten Projekten/Produktionen handele es sich um Doku-Soaps. Auch wenn es sich hierbei um Sendereihen handele, sei jede Sendung anders, sodass für den eigenschöpferischen Anteil der beauftragten Künstler viel Spielraum übrig bleibe. Bei seiner Arbeit handele der Kläger in eigener Verantwortung und mit eigener gestalterische Freiheit. Er könne seine eigene Vorstellungen und Ideen einbringen und umsetzen. Er strukturiere das ihm zur Verfügung gestellte Material nach seinen eigenen künstlerischen Vorlieben, anhand seiner eigenen dramaturgischen Vorstellung und anhand seines eigenen Konzeptes. Er unterlege die Bilder nach seinen eigenen Vorstellungen und in eigener Verantwortung mit den ausgewählten Originaltönen, Musiken und Off-Texten. Er sei eigenschöpferisch, künstlerisch und damit auch programmgestaltend tätig. Inhaltliche oder sonstige Weisungen erhalte der Editor weder für die Erstellung seines künstlerischen Konzepts noch für die konkrete Umsetzung. Auch wenn die Projekte letztlich als Staffel bestimmten Sendervorgaben unterlägen, bedeute dies nicht, dass der eigenschöpferische Anteil des Editors als gering anzusehen sei.

Der Auftraggeber könne weder Besprechungen noch andere Abgabetermine einseitig festlegen. Eine Kontrolle der Anwesenheitszeiten erfolge nicht. Beginn und Ende der Arbeitszeit werde mit dem Produzenten und dem jeweiligen Redaktionsleiter abgesprochen, weil der Kläger zum Großteil in Teams arbeite. Die Zusammenarbeit des Klägers im Team mit dem Redakteur setze eine selbständige gestalterische Arbeit hinsichtlich Musik-, Ton- und Effekt-Gestaltung voraus.

Die der Kontrolle dienende Abnahme der Leistung erfolge durch die Beigeladene „nach der Bearbeitung des übergebenen Bildmaterials“.

Der Kläger dürfe seine Tätigkeit nur persönlich ausüben. Bei Krankheit oder unvorhersehbarer Verhinderung müsse er sich bei der Beigeladenen abmelden oder einen von ihm für qualifiziert befundenen Ersatz empfehlen.

Die Zahlung der Aufträge erfolge frühestens im Monat nach Beendigung der Tätigkeit (Abnahme).

Der Kläger unterliege einem eigenen unternehmerischen Risiko, weil er z.B. bei zu langsamer Arbeit nicht mehr gebucht werde. Das gelte auch bei Meinungsverschiedenheiten mit dem jeweiligen Redakteur oder wenn dem Kunden bei Fehlern die gestaltende Arbeit missfalle. Das Risiko einer Insolvenz des Auftraggebers trage der Kläger selbst.

Er betreibe eigene Werbung mit Kundenakquise per Telefon oder Merchandiseartikeln (Visitenkarten, USB-Sticks, etc.).

 

Der Kläger reichte bei der Beklagten zahlreiche, den o.g. Zeitraum betreffende Rechnungen „aus der Tätigkeit als Editor, für die Erstellung von Einspielfilmen“ ein, darunter eine Rechnung vom 13. März 2013, die an die Studio Adlershof (SBA) GmbH gerichtet war und sich auf seine Tätigkeit im Zeitraum vom 26. August bis 2. September 2012 bezog.

 

Mit Bescheid vom 5. August 2014, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2015, stellte die Beklagte fest, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene in den Zeiten von 20. bis 29. Juni, 26. August bis 2. September, 19. September bis 11. Oktober, 14. Oktober bis 7. Dezember 2012, 10. Dezember 2012 bis 15. Januar 2013, 18. bis 22. Februar, 28. Februar bis 20. März, 26. März bis 8. Mai, 14. bis 15. Mai, 23. Mai bis 17. Juni, 9. Juli, 24. bis 26. Juli sowie 15. August bis 9. September 2013 aufgrund eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung (KV, PV, RV) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

 

Für zahlreiche Tage, an denen der Kläger innerhalb dieser Zeiträume für die Beigeladene tätig war, wurde er von der Beigeladenen zu 2, bei der er ab Februar 2013 gesetzlich krankenversichert war, als versicherungspflichtig Beschäftigter geführt. Der Grund für die entsprechenden Meldungen durch die Beigeladene ist unbekannt.

 

Im Klageverfahren hat die Klägerseite weitergehend vorgetragen:

Die Beklagte habe die Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen als Freie-Mitarbeiter-Verträge mit selbständiger Tätigkeit und Abrechnung von Honoraren gegenüber dem Auftraggeber nicht berücksichtigt, ebenso wenig das tägliche Aushandeln der Arbeitszeit mit jederzeit möglichen spontanen Änderungen nach Ermessen des Klägers, der freien Gestaltung der Arbeitszeit ohne Kontrollen des Auftraggebers, das Fehlen von Urlaubsregelungen, Dienstbesprechungen, -bekleidung und festen Dienstplänen.

Branchenüblich werde davon ausgegangen, dass Arbeiten als Cutter/Editor als freie Mitarbeit angesehen würden. Dies werde ein noch einzuholendes Gutachten bestätigen. Lediglich ergänzend werde auf den Abgrenzungskatalog im Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherungsträger vom 16. Januar 1996 und vom 5. Juli 2005 Bezug genommen.

Die Arbeitsabläufe vor Ort würden vom Kläger mitgestaltet, d.h. jeder Auftrag mit den Kollegen/Redakteuren in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht konkret festgelegt.

Der Editor gebe der Sendung seinen Feinschliff, eine Handschrift, die man nicht einfach nachmachen könne. Es sei eine Bildsprache, die er mitentwickle, um die Sendung zu gestalten.

 

Mit Urteil vom 15. Februar 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt:

Trotz der künstlerischen Elemente der klägerischen Tätigkeit überwögen vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände. Der Kläger habe anhand der Sender- und Programmvorgaben und nach den Weisungen des stets anwesenden Redakteurs gearbeitet. Es habe fest vorgegebene Arbeitszeiten gegeben, weil die Parteien „Schichten“ vereinbart hätten, in denen dem Kläger von der Beigeladenen ein Schnittplatz zur Verfügung gestellt worden sei. Nach Abschluss des Vertrages – dies allein sei maßgeblich – sei er an die vereinbarte Arbeitszeit gebunden gewesen.

Der Kläger habe kein maßgebliches Unternehmerrisiko getragen und sei nicht als programmgestaltender Mitarbeiter anzusehen.

 

Gegen diese ihm am 27. Februar 2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 22. März 2018, zu deren Begründung er auf sein bisheriges Vorbringen verweist und ergänzend vorträgt:

Das Sozialgericht habe seinen künstlerisch-eigenschöpferischen Gestaltungsspielraum und damit seinen Einfluss auf die Programmgestaltung unterbewertet. Es habe verkannt, dass bei ihm gerade keine fest vorgegebenen Arbeitszeiten bestanden hätten, sondern nur ausnahmsweise bei Zeitdruck, der durch das Vorziehen des Abgabetermins entstanden sei. Auch die Arbeitsstelle sei von ihm im Wesentlichen frei vereinbar gewesen. Er habe ein maßgebliches Unternehmerrisiko getragen, weil er über Annahme und Ablehnung von Aufträgen selbst zu entscheiden gehabt habe, „gerne auch über die jeweilige Länge der Arbeitszeit“. Dem stehe eine Abrechnung der geleisteten Stunden und des vereinbarten Stundensatzes keineswegs entgegen, sondern sei für Selbständige geradezu üblich.

Die Abgabetermine seien manchmal nach hinten verschoben worden, wenn er – warum auch immer – mit der Arbeit nicht fertig geworden sei. Soweit sie manchmal nach vorne verlegt worden seien, habe er dem nur entsprechen können, wenn er nicht durch andere Aufträge bereits gebunden gewesen sei.

Die Beigeladene habe ohne entsprechende Vereinbarung ab einem bestimmten Zeitpunkt 20 % der von ihm – dem Kläger – in Rechnung gestellten Beträge einbehalten und bis heute nicht ausgezahlt. Soweit eingereichte Rechnungen nicht an die Beigeladene gerichtet gewesen seien, lägen dem Verträge mit anderen Produktionsfirmen zugrunde.

Eine andere Kammer des Sozialgerichts habe für einen vergleichbaren Editor/Cutter der Beigeladenen entschieden, dass er als programmgestaltende und damit selbständig tätige Person anzusehen sei (Urteil vom 18. September 2015 – S 166 KR 561/14). Für „selbständige Cutter bzw. Editoren“ bedürfe es einer einheitlichen Rechtsprechung bei im Wesentlichen identischer Sach- und Rechtslage. Die Branche sehe diese spezielle Tätigkeit als nicht versicherungspflichtige Beschäftigung an, weil anderenfalls die Flexibilität für die einzelnen Projekte/Sendungen nicht bewerkstelligt werden könne. Die Gerichtsbarkeit dürfe und sollte sich nicht über derartige wirtschaftliche Erfordernisse hinwegsetzen. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Berufsgruppe der Cutter/Editoren innerhalb der Postproduktion sei weiterhin nicht ersichtlich.

Es sei nicht einzusehen, dass Sozialversicherungsträger und auch Gerichte der branchenüblichen, auch von der Künstlersozialkasse (KSK) regelmäßig akzeptierten und vernünftigen Regelung, für Cutter/Editoren Beiträge in diese einzuzahlen, entgegengetreten werde. Damit werde den betroffenen Mitarbeitern eher geschadet als genützt, weil die für die schutzbedürftigen Mitarbeiter günstige Sozialversicherung in der KSK zunichte gemacht werde. Bei der Beigeladenen sei von 20 bis 30 Kollegen nur eine einzige Cutterin/Editorin (auf ihren eigenen Wunsch hin) als sozialversicherungspflichtige Mitarbeiterin eingestellt worden.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2018 und den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2015 aufzuheben und festzustellen, dass er in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 an den in den Bescheiden genannten Tagen nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

 

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

 

Die Beigeladene zu 1 gibt an, sie könne keine sachdienlichen Auskünfte mehr geben, nachdem der damalige Geschäftsführer und die kaufmännische verantwortlichen Mitarbeiter das Unternehmen verlassen hätten.

 

Die übrigen Beigeladenen äußern sich in der Sache nicht.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte ihre o.g. Bescheide dahingehend geändert, dass der Zeitraum vom 26. August bis 2. September 2012 nicht mehr erfasst wird. Dieses Teilanerkenntnis hat der Kläger angenommen.

 

Wegen des Sach- und Streitstandes im Einzelnen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind im Ergebnis nicht zu beanstanden, da der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene an den in seinem Antrag genannten Tagen versicherungspflichtig beschäftigt war.

 

A. Streitgegenstand sind neben dem Urteil des Sozialgerichts vom 15. Februar 2018 die Bescheide der Beklagten vom 5. August 2014 und 25. Februar 2015 – soweit sie von ihr zuletzt noch aufrecht erhalten wurden – und das Begehren des Klägers, diese Bescheide aufzuheben und festzustellen, dass er an den betreffenden Tagen nicht aufgrund seiner Tätigkeit für die Beigeladene der Versicherungspflicht unterlag. Infolge des o.g. angenommenen Teilanerkenntnisses ist der Zeitraum vom 26. August bis 2. September 2012 nicht mehr streitbefangen.

 

B. In den Jahren 2012 und 2013 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der KV, RV, PV sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - sowie § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III).

 

I. Beschäftigung ist gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, Rn. 13, m.w.N.; Senat, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 52/18 –; jeweils juris), wobei die Freiheit bei Ort und Zeit der Tätigkeit in der modernen Arbeitswelt nicht zwingend für Selbständigkeit spricht. Es kommt nicht darauf an, ob ein Arbeitgeber das ihm zustehende Weisungsrecht faktisch ausübt. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist nicht maßgeblich. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R –, juris, Rn. 15; Senat a.a.O.).

Die Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden.

Bei der Statusbeurteilung ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu prüfen. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (ständige Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R –, juris, Rn. 13, m.w.N.; Senat a.a.O.). Diese wertende Zuordnung kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden (vgl. § 32 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I). Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R –‍, Rn. 18, m.w.N.; Senat a.a.O.).

 

Die sich an diesen Maßstäben orientierende Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit ist nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder vorzunehmen. Es ist daher möglich, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit ausgeübt wird. Dem nachvollziehbaren Bedürfnis der Betroffenen nach der Verwaltungsvereinfachung und erhöhter Rechtssicherheit dienenden abstrakteren, einzelfallüberschreitenden Aussagen im Hinblick auf bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsbilder kann die Rechtsprechung daher nicht – auch nicht im Sinne einer "Regel-Ausnahme-Aussage" – nachkommen. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (BSG, Urteil vom 27. April 2021, a.a.O., m.w.N.). Bei der gebotenen Gesamtabwägung sind sämtliche, auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften oder eine öffentliche-rechtliche Aufgabenwahrnehmung bedingt sind oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen. Ihnen ist nach der Senatsrechtsprechung zwar nicht zwingend eine entscheidende Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung beizumessen; umgekehrt ist eine abhängige Beschäftigung aber auch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil sich bestimmte Weisungsrechte oder Vorgaben aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben oder ihr innewohnen (BSG a.a.O., m.w.N.; Senat a.a.O.).

 

Indizwirkung gegen eine Beschäftigung und für eine selbständige Tätigkeit besteht vielmehr dann, wenn bei Verrichtung der Tätigkeit eine Weisungsfreiheit verbleibt, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet. Denn ob und inwieweit einzelne Umstände einer Tätigkeit "ihrer Natur nach" immanent sind, hängt wesentlich mit der zu beurteilenden Tätigkeit und ihrer konkreten Ausgestaltung zusammen. Je enger der übertragene Tätigkeitsbereich abgesteckt ist, weil die Auftrag- oder Arbeitgeberin nicht auf eigene Gestaltungsmöglichkeiten verzichtet, desto weniger Spielraum kann der übertragenen Tätigkeit noch immanent sein. So ist in der Regel auch die strikte Weisungsunterworfenheit klassischer "Fabrikarbeiter" der Eigenart ihrer Tätigkeit geschuldet. Gerade dies begründet ihre Sozialversicherungspflicht und stellt sie nicht infrage. Aus welchen Gründen eine Tätigkeit nach Weisungen und unter Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation statt weisungsfrei ausgeübt wird, spielt insoweit keine Rolle. Unerheblich ist auch, ob die Ausübung der Tätigkeit mit einer größeren Gestaltungsfreiheit (rechtlich oder tatsächlich) überhaupt möglich wäre (BSG a.a.O., Rn. 16, m.w.N.; Senat a.a.O.).

 

II. Hieran gemessen ist die Beklagte zu Recht von einer Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen ausgegangen.

 

1. Ausgangspunkt sind die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen, wie sie sich aus dem Tatbestand ergeben.

 

a. Aus diesen Vereinbarungen ergibt sich, dass der Kläger nur nach konkreten Absprachen über einen bestimmten Leistungsinhalt – die Herstellung einer oder mehrerer ausstrahlungsreifen Folgen einer Sendereihe –, somit nur auf der Grundlage eines Rahmenvertrags tätig werden musste. Er war aus dem Rahmenvertrag nicht unmittelbar zur Leistung verpflichtet, weil er zur Übernahme eines ihm angebotenen Auftrags nicht verpflichtet war, aber auch nicht die Erteilung von Aufträgen mit einem bestimmten Mindestumfang verlangen konnte.

 

Für die weitere Prüfung der Statusfrage ist daher zu beachten, dass diese Rahmenvereinbarung nicht allein Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sein kann (BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – und vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R –, m.w.N.; Senat, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 4/18 –, Rn. 140; jeweils juris). Abzustellen ist vielmehr auf die Vereinbarungen der Vertragsparteien zu den jeweiligen Einzelaufträgen des Klägers (Herstellung einer oder mehrerer Folgen), weil erst durch diese die Rechtsbeziehungen hinreichend konkretisiert wurden. In diesem Zusammenhang kommen dann auch die Regelungen der Rahmenvereinbarung zum Tragen, soweit sie die einzelnen Rechtsverhältnisse rechtlich beeinflussen. Daraus ergibt sich, dass bei Rahmenverträgen Gegenstand der Prüfung grundsätzlich nicht ein einheitliches Rechtsverhältnis ist, welches sich auf den gesamten streitigen Zeitraum erstreckt, sondern eine Mehrzahl von Vereinbarungen über zeitlich befristete Einsätze. Maßgebend für die Beurteilung der Versicherungspflicht sind dann aber auch nur die einzelnen Rechtsverhältnisse, ggf. unter Berücksichtigung der Rahmenvereinbarung, was wiederum zur Folge hat, dass auf die Verhältnisse abzustellen ist, die nach Annahme des jeweiligen "Auftrags" im Hinblick (allein) hierauf bestanden (BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – und vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –; Senat a.a.O.; jeweils juris). Die Frage, ob der Kläger berechtigt war, einzelne Aufträge abzulehnen, ist demnach für die Statusbeurteilung ebenso wenig von Bedeutung wie alle anderen der Annahme der einzelnen Aufträge vorgelagerten Umstände, wie z.B. die Preisgestaltung.

Insoweit unterscheidet sich seine Situation nicht von der eines Arbeitnehmers, der in kurzer Abfolge eine Mehrzahl von auf kurze Zeiträume befristeten Arbeitsverträgen mit demselben oder mit unterschiedlichen Arbeitgebern abschließt: Auch diesem Arbeitnehmer steht es frei, über das Eingehen oder die Ablehnung eines neuen Arbeitsverhältnisses zu entscheiden, ohne dass hierdurch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung dieses oder der anderen Arbeitsverhältnisse beeinflusst würde (Senat, a.a.O.).

 

b. Auf der Grundlage der Einzelaufträge, die sich im vorliegenden Fall auf eine Staffel einer Sendereihe oder eine einzelne Folge bezogen, war der Kläger verpflichtet, das ihm zur Verfügung gestellte mehrstündige Drehmaterial in den Räumen der Beigeladenen bis zu einem vom Sender vorgegebenen Termin in regelmäßiger Zusammenarbeit mit einem Redakteur auf eine sendefähige Folge von 45, 60 oder 90 Minuten zu schneiden und zu gestalten.

 

2. Die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen sind rechtlich nicht als Werk-, sondern als Dienstvertrag zu qualifizieren.

 

a. Gegenstand eines Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein (§ 631 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB). Für die Abgrenzung zum Dienstvertrag ist maßgebend, ob ein bestimmtes Arbeitsergebnis bzw. ein bestimmter Arbeitserfolg oder nur eine bestimmte Dienstleistung als solche geschuldet wird. Charakteristisch für den Werkunternehmer ist seine Selbständigkeit. Er organisiert die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und ist für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Besteller verantwortlich (BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 KR 16/14 R –, 34; BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12 –; Senat, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 4/18 –, Rn. 135; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 9 KR 434/14 –; jeweils juris und m.w.N.). Zusammenkommen muss demnach zweierlei: die Verpflichtung zu einem Arbeitsergebnis/-erfolg einerseits und die Erreichung dieses Ziels unter den für Werkunternehmer typischen Bedingungen.

Fehlt es nach den vertraglichen Vereinbarungen an einem abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werk, kommt ein Werkvertrag kaum in Betracht, weil der „Auftraggeber“ durch weitere Weisungen den Gegenstand der vom „Auftragnehmer“ zu erbringenden Leistung erst bestimmen und damit Arbeit und Einsatz erst bindend organisieren muss (vgl. BAG, Urteil vom 9. November 1994 – 7 AZR 217/94 –, juris). Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem jeweiligen Bedarf des Auftraggebers, so kann auch darin ein Indiz gegen eine werk- und für eine arbeitsvertragliche Beziehung liegen, etwa wenn mit der Bestimmung von Leistungen auch über Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit entschieden wird. Wesentlich ist, inwiefern Weisungsrechte ausgeübt werden und in welchem Maß der Auftragnehmer in einen bestellerseitig organisierten Produktionsprozess eingegliedert ist. Zwar steht auch einem Werkbesteller gegenüber dem Werkunternehmer das Recht zu, Anweisungen für die Ausführung des Werks zu erteilen (vgl. § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese Weisungen dürfen sich indes nur auf das vereinbarte Werk beziehen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Preis, 22.A., § 611a BGB, Rd. 39). Wird die Tätigkeit aber durch den „Besteller“ geplant und organisiert und wird der „Werkunternehmer“ in einen arbeitsteiligen Prozess eingegliedert, liegt ein Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis nahe. Ob ein Werkvertrag, ein Dienst- oder ein Arbeitsverhältnis besteht, zeigt der wirkliche Geschäftsinhalt. Zwingende gesetzliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abbedungen werden, dass Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben; ein Arbeitnehmer wird nicht durch Auferlegung einer Erfolgsgarantie zum Werkunternehmer (BAG, Urteil vom 25. September 2013 – 10 AZR 282/12 –, juris, m.w.N.; Senat a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg a.a.O.).

 

b. Nach diesen Maßgaben überwiegen hier die Anhaltspunkte für einen Dienstvertrag.

 

Für einen Werkvertrag könnte zwar sprechen, dass die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen nur auf die Herstellung eines bestimmten Produkts gerichtet zu sein scheinen. Denn der Kläger war verpflichtet, aus umfangreichem Rohmaterial eine ausstrahlungsfähige Sendung, mithin ein bestimmtes Ergebnis anzufertigen, für das teilweise seitens des Produktionsunternehmens Anforderungen (Länge der Sendung, „roter Faden“, Charaktere, Grafiken zur Erreichung des Corporate Designs, Produktplatzierungen) vorgegeben waren. Allerdings legt die vom Kläger in seinen Rechnungen an die Beigeladene gewählte Formulierung, der geltend gemachte Betrag ergebe sich „aus der Tätigkeit als Editor“ nahe, dass er selbst auch von einer Verpflichtung zu einer Tätigkeit und nicht nur „zur Erstellung ein Einspielfilmen“ (oder ähnlichem) ausging. Auch die Durchführung einer Abnahme am Ende des klägerischen Arbeitsprozesses ist ein Indiz für einen Werkvertrag (vgl. § 640 BGB). Es fehlt jedoch – und dies ist entscheidend – an den für einen Werkunternehmer typischen Arbeitsbedingungen. Gegen einen Werkvertrag spricht daher, dass der Kläger die für die Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nicht nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen organisierte. Er orientierte sich vielmehr weitgehend an den Belangen der Beigeladenen bzw. des Produktionsunternehmens als deren Vertragspartner. Bis auf Gerätschaften wie Tastatur, Maus, Festplatten – die heutzutage ohnehin in nahezu jedem Haushalt Erwerbstätiger in Deutschland vorhanden sind – nutzte er ausschließlich Betriebsmittel der Beigeladenen bzw. deren Vertragspartner (Drehmaterial). Wegen der erforderlichen elektronischen Speicherkapazitäten, aber auch aus Sicherheitsgründen war er auf die von der Beigeladenen in deren Räumlichkeiten zur Verfügung gestellten Schnittplätze angewiesen. Ferner musste er im Team mit einem vom Produktionsunternehmen, d.h. einem Vertragspartner der Beigeladenen gestellten Redakteur arbeiten, der den Arbeitsfortschritt täglich, somit engmaschig begleitete und kontrollieren konnte. Der Kläger war daher, auch wenn er bei der Gestaltung seiner Arbeitszeit Freiheiten genoss, in einen von der Beigeladenen als Bestellerin organisierten Produktionsprozesses integriert. Mit der Vereinbarung der Leistung (Herstellung einer ausstrahlungsfähigen Sendung) standen zugleich wesentliche Arbeitsbedingungen (Räumlichkeiten der Beigeladenen, von dieser vorgehaltene Schnittplätze, Zusammenarbeit mit einem von deren Vertragspartner gestellten Redakteur) fest, sodass es nach dem o.G. auch nicht entscheidend auf die ggf. als Weisungen nach § 645 BGB zu qualifizierenden, werkbezogenen Vorgaben der Beigeladenen bzw. deren Vertragspartner ankommt.

Auch dass der Kläger seine Arbeit nicht an Dritte delegieren durfte, steht im Widerspruch zur Freiheit eines typischen Werkunternehmers, die vereinbarte Leistung allein, mit Hilfe Dritter oder nur durch Dritte erbringen zu dürfen.

Untypisch für einen Werkvertrag ist ferner, dass die Vertragsparteien keine erfolgsabhängige Vergütung vereinbart haben, sondern der Kläger dienstvertragstypisch nach Zeiteinheiten vergütet wird. Zwar mag eine Vergütung nach Stundenlohnsätzen – neben der Berechnung nach einer Pauschalsumme, nach Einheitspreisen oder auch nach den Selbstkosten des Unternehmers – auch bei Werkverträgen in Frage kommen (vgl. Münchener Kommentar zum BGB/Busche, 8.A., BGB § 631 Rn. 90); sie ist – im Gegensatz zum Dienstverhältnis – aber nicht vertragstypisch. Gerade bei editorischen Arbeiten könnte sich im Interesse des Auftraggebers eine Vergütung anbieten, die an die Dauer des überlassenen Rohmaterials oder der herzustellenden Folge anknüpft, weil die Höhe der Vergütung dann nicht vom Arbeitstempo des Auftragnehmers abhinge. Der Senat verkennt somit nicht, dass editorische Leistungen, z.B. die Herstellung einer (nahezu) sendefähigen Folge aus zur Verfügung gestelltem Drehmaterial, grundsätzlich auch Gegenstand eines Werkvertrages sein können. Im vorliegenden Fall fehlt es aber insoweit an einer entsprechenden Vertragsgestaltung.

 

3. Auf dieser Grundlage erlauben die relevanten Umstände die Zuordnung der vom Kläger für die Beigeladene ausgeübten Tätigkeit zum Typus der abhängigen Beschäftigung. Die Gewichtung und Abwägung aller als Indizien für und gegen eine Beschäftigung bzw. selbständige Tätigkeit sprechenden Merkmale führt im vorliegenden Fall zu einem deutlichen Überwiegen der für eine Beschäftigung sprechenden Umstände.

 

a. Zwar besaß der Kläger gewisse Freiheiten im Rahmen seiner Tätigkeit.

 

Die dem Kläger eingeräumte freie Zeiteinteilung spricht allerdings schon deshalb nur bedingt für eine selbständige Tätigkeit, weil ihre Grenzen – die vom Produktionsunternehmen der Beigeladenen als ihrer Vertragspartnerin vorgegebenen und von dieser dem Kläger „vermittelten“ Fertigstellungstermine – einseitig von den Interessen der Beigeladenen bzw. dem Produktionsunternehmen als deren Vertragspartner bestimmt wurden (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, juris). Bezüglich des Arbeitsorts war der Kläger nach dem o.G. hingegen an die Räumlichkeiten der Beigeladenen und die von dieser zur Verfügung gestellten Schnittplätze gebunden.

 

Die inhaltlichen Freiheiten sind zum einen Folge einer Übertragung größerer Eigenverantwortung (BSG a.a.O.) und zum anderen angesichts der gestalterischen Aufgaben eines Mediengestalters - Bild/Ton (s. hierzu auch die Beschreibung der Aufgaben und Tätigkeiten in diesem Ausbildungsberuf durch die zu 4 beigeladene Bundesagentur für Arbeit unter https://berufenet.arbeitsagentur.de) dem Berufsbild immanent, sodass allein hieraus nichts für die Statusfrage abgeleitet werden kann (vgl. zu den berufstypischen Freiheiten in der ärztlichen Tätigkeit: BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, a.a.O., Rn. 30). Unabhängig hiervon waren dieser Freiheit erhebliche Grenzen durch das Konzept der jeweiligen Sendereihe gesteckt. Vorgegeben durch das Produktionsunternehmen – dessen Vorgaben sind stets der Beigeladenen als Vertragspartnerin zuzurechnen – waren nicht nur das Profil einer sog. Doku-Soap, sondern auch die zu verwendende Grafik sowie Art und Umfang der Produktplatzierungen, insbesondere aber die vom zuständigen Redakteur festgelegten Umstände wie der Erzählfaden oder die Charaktere der Protagonisten. Nur innerhalb dieses Schemas waren inhaltliche Gestaltungsräume des Klägers überhaupt denkbar.

 

b. Ein ggf. auch erheblich eingeschränktes Weisungsrecht schließt indes die Zuordnung zum Typus der Beschäftigung dann nicht aus, wenn es zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert ist (BSG, Urteile vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und vom 20. März 2013 – B 12 R 13/10 R –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. August 2013 – L 9 KR 269/11 –; jeweils juris). Auch solche Dienste werden als Beschäftigung i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben und in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen (BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 – B 12 KR 44/00 R –, juris). Solange jemand in einen für ihn fremden, d.h. den Interessen eines anderen dienenden und von seinem Willen beherrschten Betrieb eingegliedert ist und damit der objektiven Ordnung dieses Betriebes unterliegt, ist er abhängig beschäftigt (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 76/79 –, juris). Ein solcher Fall einer Integration in von anderer Seite vorgegebene Betriebsabläufe liegt hier vor. Der Kläger war bei der Herstellung der einzelnen Folgen für die Beigeladene in deren Betrieb und nicht in seinem eigenen tätig.

 

aa. Der Kläger übte nicht nur seine Tätigkeit stets in den Räumen der Beigeladenen aus, sondern er nutzte auch die von dieser zur Verfügung gestellten Schnittplätze. Er hätte die geschuldete Leistung in der tatsächlich durchgeführten Art und Weise nicht ohne die von der Beigeladenen zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel erbringen können. Unabhängig hiervon wurden jedenfalls Schnittplätze als die mit dem größten Kostenaufwand verbundenen und daher maßgeblichen Arbeitsmittel (vgl. Senat, Urteil vom 29. März 2017 – L 9 KR 174/13 –; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13. August 2012 – L 5 R 595/12 B ER –; jeweils juris) nicht vom Kläger, sondern von der Beigeladenen gestellt. Demgegenüber finanziell untergeordnete Bedeutung kommt den vom Kläger gestellten, aber auch nur ausnahmsweise einsetzbaren Arbeitsmitteln wie Tastatur, Maus, Festplatten – die heutzutage ohnehin in nahezu jedem Haushalt Erwerbstätiger in Deutschland vorhanden sind – zu. Für sein Musikarchiv bedurfte es keiner Aufwendungen, da die Musik ihm von Musikverlagen aus Marketinggründen kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde.

 

bb. In den Betrieb der Beigeladenen eingegliedert war der Kläger aber auch, weil er auf die Zusammenarbeit in einem Team angewiesen war. Mit dem täglich anwesenden Redakteur hatte er diverse Absprachen, gerade auch zu inhaltlichen Fragen, zu treffen. Im Zusammenhang mit der Abnahme einer Folge hatte er Änderungen nach den Vorstellungen des Produktionsunternehmens umzusetzen.

 

c. Für eine Beschäftigung spricht ferner, dass sich die Vergütung vornehmlich nach dem zeitlichen Umfang des geleisteten Arbeitsaufwandes richtete (hierzu BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – und vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 9 KR 82/13 –; jeweils juris, m.w.N.). Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine Beschäftigung, wenn – wie hier – Erwerbstätigen die Vergütung unabhängig vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Auftraggebers zusteht und sie keine Vergütungsabzüge wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 – B 12 KR 17/00 R –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Mai 2014 – L 9 KR 449/12 –; jeweils juris; Mette, NZS 2015, 721).

 

d. Der Kläger war, wie für Arbeitnehmer nach § 613 Satz 1 BGB typisch (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 – B 12 R 13/13 R –, m.w.N.; Senat, Urteil vom 15. Dezember 2015 – L 9 KR 82/13 –; jeweils juris), persönlich zur Leistung verpflichtet und durfte diese nicht nach eigenem Gutdünken an Dritte delegieren. Unabhängig hiervon käme einer Delegationsbefugnis des Auftragnehmers nur dann Bedeutung zu, wenn Art und Umfang der Einschaltung Dritter die Beurteilung rechtfertigen, dass die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für eine selbständige Tätigkeit angesehen werden kann (BSG a.a.O.). Dies ist hier nicht der Fall.

 

e. Der Kläger trug nur ein geringes unternehmerisches Risiko.

 

aa. Maßgebendes Kriterium für ein unternehmerisches Risiko ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen. Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf. nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteile vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R –, und vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R –, jeweils juris und m.w.N.).

 

bb. Der Kläger setzte seine Arbeitskraft in keiner Weise mit dem Risiko ein, keine Vergütung zu erhalten. Dem stand grundsätzlich schon die Vergütung nach Zeiteinheiten (s.o.) entgegen. Auch die Tatsache, dass Editoren Ausfallhonorare beanspruchen konnten, wenn eine Produktion – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu Ende gebracht wurde, belegt in besonderem Maße, dass dem Kläger nach dem Willen der Vertragsparteien jedes diesbezügliche Risiko abgenommen werden sollte. Er hatte allerdings insoweit begrenzte Gewinnchancen, als ihm für einen Arbeitstag auch dann acht Stunden vergütet wurden, wenn er an diesem Tag weniger Zeit, z.B. nur sechs Stunden für seine Tätigkeit benötigte. Ob der Kläger umgekehrt auch einem – allenfalls als gering einzustufenden – Verlustrisiko unterlag, weil er für von ihm zu vertretende Mehrarbeit möglicherweise keine Vergütung erhalten hätte, lässt sich nicht mehr aufklären. Der Kläger hat eine diesbezügliche Vermutung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußert, die jedoch mangels auskunftsfähiger Personen bei der Beigeladenen nicht verifizierbar sind.

 

Dass der Kläger ggf. durch eine die Beigeladene bzw. das Produktionsunternehmen in besonderem Maße zufriedenstellende Leistung die Aussicht auf weitere Verträge/Aufträge steigerte und damit für sich weitere Verdienstchancen schuf, unterscheidet sich nicht von der Situation Beschäftigter, die durch besonders gute Leistungen seine Chancen auf eine Gehaltserhöhung steigern.

 

cc. Der Kläger setzte im Rahmen der Aufträge der Beigeladenen zwar auch die bereits benannten eigenen Arbeitsmittel ein. Da dies nach seinen Angaben aus Gründen der Kompatibilität und Sicherheit nur ausnahmsweise geschah, war es für die zu beurteilende Tätigkeit nicht prägend und somit auch für die Statusabgrenzung nicht entscheidungsrelevant. Es ist darüber hinaus weder vorgetragen noch bei lebensnaher Betrachtung naheliegend, dass der Kläger die Investitionen hierfür nur im Hinblick auf die Tätigkeit für die Beigeladene getätigt hat. Dem hierauf bezogenen finanziellen Aufwand kommt, auch wenn er grundsätzlich ein Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein kann, im Verhältnis zur Vergütung des Klägers kein nennenswertes Gewicht zu. Entsprechendes gilt, soweit der Kläger in unterschiedlicher Weise (Kundenakquise per Telefon, Merchandiseartikel wie Visitenkarten oder USB-Sticks) für sich wirbt.

 

dd. Die Übernahme von Fahr- und Übernachtungskosten durch die Beigeladene spricht gegen ein unternehmerisches Risiko. Solche Kosten sind von jedem Erwerbstätigen grundsätzlich selbst zu tragen, selbst arbeitsrechtlich bestehen insoweit Erstattungsansprüche gegen den Arbeitgeber nur bei betrieblicher Veranlassung (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht/Klose, 5.A., § 93 Rd. 38 m.w.N.). Ob im Rahmen sog. freier Dienstverträge diese Kosten durch den Dienstberechtigten zu übernehmen sind, hängt vom Verhandlungsgeschick der Vertragspartner und der Interessenlage im Einzelfall ab, ist jedoch kein konstitutives Merkmal selbständiger Tätigkeit (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 9 KR 434/14 –, Rn. 196, juris).

 

f. Dass der Kläger auch für andere Auftraggeberinnen tätig war, ist für die Beurteilung des Vertragsverhältnisses mit der Beigeladenen grundsätzlich unerheblich. Wie § 8 Abs. 2 und 3 SGB IV belegen, geht der Gesetzgeber davon aus, dass mehrere Beschäftigungen und/oder selbständige Tätigkeiten parallel ausgeübt werden können. Zwar kann eine Tätigkeit für andere Auftraggeber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein, wenn sie in relevantem Umfang oder sogar schwerpunktmäßig stattfindet, weil sie dann die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich einschränkt. Das gilt aber nicht, wenn – wie hier – die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 07. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R –, m.w.N.; Senat, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 4/18 –, Rn. 158; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Februar 2021 – L 14 KR 52/16 –, Rn. 68; jeweils juris).

 

g. Daneben lassen sich wenige und in ihrer Bedeutung untergeordnete Umstände feststellen, die – neben dem bereits festgestellten geringen unternehmerischen Risiko – für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Ihnen kommt in der Gesamtschau nur sehr geringes Gewicht zu.

 

aa. Hierzu zählen indes nicht vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden (z.B. Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bei Urlaub bzw. von Urlaubsgeld; Verpflichtung, Einnahmen selbst zu versteuern; Obliegenheit, für mehrere Auftraggeber tätig zu werden oder für eine Sozial- und Krankenversicherung selbst zu sorgen). Solche Abreden lassen ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu (vgl. auch § 32 SGB I). Darüber hinaus kommt solchen Vertragsklauseln bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 18. November 2015, a.a.O.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Dezember 2015, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Werden die entsprechenden Rechte dem Erwerbstätigen hingegen ausdrücklich vertraglich eingeräumt, spricht dies entscheidend für den Willen der Vertragsparteien, ein Arbeits- und somit auch ein Beschäftigungsverhältnis zu begründen (Senat, a.a.O., Rn. 161 m.w.N.).

 

bb. Der Kläger trat auf dem Markt auf und warb dort für die von ihm angebotenen Leistungen.

 

cc. Ein schwaches Indiz für eine selbständige Tätigkeit könnte darin liegen, dass der Kläger seine Leistung nebst Umsatzsteuer in Rechnung stellte. Formalen Kriterien dieser Art kommt indes generell nur eine sehr geringe Bedeutung zu (LSG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 14. Dezember 2016 – L 9 KR 344/13 – und 15. Dezember 2015 – L 9 KR 82/13 –, juris), zumal sie sich nur als die Konsequenz aus der – nach dem o.G. grundsätzlich irrelevanten – Absicht der Vertragsparteien darstellt, kein zur Versicherungspflicht führendes Beschäftigungsverhältnis begründen zu wollen.

 

h. Ob der Kläger programmgestaltend tätig war, ist unerheblich. Gesichtspunkte der Kunst- oder Rundfunkfreiheit gebieten in diesem Zusammenhang keinerlei Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Statuseinstufung als Beschäftigter; weder die künstlerische Freiheit der Mitwirkenden noch ein möglicher Schutz bei der Herstellung von Kunstwerken, Rundfunksendungen oder Film(beiträg)en nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 3 Grundgesetz (Film- bzw. Kunstfreiheit) stehen dem entgegen (BSG, Beschluss vom 27. April 2016 – B 12 KR 16/14 R –; Senat, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 9 KR 434/14 –; jeweils juris). Eine Bewertung der künstlerischen Tätigkeit ist mit der Statuseinstufung nicht verbunden.

 

i. Mangels entsprechender gesetzlicher Grundlage kommt es für die Statusabgrenzung nicht darauf an, ob ein Berufsbild wie die Tätigkeit von Cuttern/Editoren „in der Branche“ oder nach der Verkehrsanschauung als selbständig qualifiziert wird (vgl. für „Honorarärzte im Krankenhause“: BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 – B 12 R 10/18 R –, juris, Rn. 22).

 

III. Diese Feststellungen gelten für alle von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden aufgeführten Zeiträumen und Tagen. Mangels anderweitiger Informationen stellte die Beklagte zutreffend die sich aus den eingereichten Rechnungen des Klägers ergebenden Zeiträume und Tage ab. Einer noch weitergehenden Konkretisierung bedurfte es nicht. Für den Zweck der Statusfeststellung ist ausreichend, wenn zum Anknüpfungssachverhalt der Versicherungspflicht hinreichend erkennbar wird, dass die Beschäftigung lediglich bei Ausführung der konkreten Einzelaufträge vorliegt. Eine kalendermäßige Bestimmung der einzelnen Einsätze ist für die Feststellung der Versicherungspflicht im Statusfeststellungsverfahren grundsätzlich nicht erforderlich. Dies gilt auch bei einem Antrag für zurückliegende Tätigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 KR 29/19 R –; Beschluss vom 1. Februar 2022 – B 12 R 41/20 B –, Rn. 14, m.w.N.; Senat, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 4/18 –, Rn. 126; jeweils juris).

 

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. Die Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 193 Abs. 4 SGG nicht erstattungsfähig, da sie zu den Gebührenpflichtigen nach § 184 Abs. 1 SGG zählen.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Dass es – so der Kläger – noch an einer Grundsatzentscheidung des BSG zu seiner Berufsgruppe mangele, ändert hieran nicht. Denn nach dem o.G. gelten die hier angewandten, auf der Rechtsprechung des BSG beruhenden Grund­­­­-sätze zur Statusabgrenzung für alle Berufsgruppen, sodass es nicht zu jeder Berufsgruppe einer Entscheidung des BSG bedarf.

 

Rechtskraft
Aus
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