L 8 SO 69/22 B ER

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 25 SO 84/22 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 69/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

 

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 4. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

 

Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

 

Gründe:

 

I.

 

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Weiteren: Ast.) einen Anspruch auf vorläufig bis zu 200 Stunden im Monat häusliche Krankenpflege durch eine medizinische Fachkraft entsprechend der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Verordnung des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin Dr. K. vom 24. November 2021 hat.

 

Bei der am ... 2016 geborenen Ast. ist ein symptomatisches West-Syndrom diagnostiziert worden. Es handelt sich hierbei um eine Form seltener und schwer zu behandelnder generalisierter maligner Epilepsie, die altersgebunden ist und den Manifestationsgipfel durchschnittlich im fünften Monat erreicht. Im Übrigen sind bei der Ast. eine kombinierte Entwicklungsstörung und eine angeborene Fehlbildung der Herzscheidewand festgestellt worden. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen „G“, „aG“, „H“ und „B“ anerkannt.

 

Die bei der beigeladenen Krankenkasse errichtete Pflegekasse leistet seit dem 1. Mai 2019 Pflegegeld nach dem Pflegegrad 4 für die Pflege der Ast. durch ihre Mutter und Großmutter.

 

Die Ast. besuchte zunächst seit Januar 2019 eine integrative Kindertagesstätte in der Stadt M. (im Folgenden: Stadt). Die Kosten hierfür übernahm die Stadt im Namen des Ag. im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe, zuletzt mit Bescheid vom 9. Februar 2021 für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2021. In der amtsärztlichen Stellungnahme von Dr. H. vom 27. Januar 2021 wurde eine wesentliche Behinderung der Ast. mit dem Leitsymptom der geistigen Behinderung bestätigt. Aus gutachterlicher Sicht sei auf Grund der bestehenden gravierenden Entwicklungsdefizite die Förderung in einer integrativen Kindertagesstätte für weitere 12 Monate dringend notwendig.

 

Am 7. April 2021 ging bei der Stadt eine von der Beigeladenen als Antrag auf Leistungen zur sozialen Teilhabe weitergeleitete Verordnung für häusliche Krankenpflege ein. Der von der Beigeladenen eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) bejahte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 17. Mai 2021 mit einer Ergänzung vom 16. Juni 2021 die Voraussetzungen einer außerklinischen Intensivpflege nach § 37c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) in Verbindung mit Nr. 24 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (Häusliche Krankenpflege-Richtlinie [HKP-RL]). Selbst nach Gabe des eventuell nötigen Notfallmedikaments sei die Kindereinrichtung nicht in der Lage, die Ast. fachgerecht bis zum Aufwachen zu überwachen, sodass, wenn die Eltern das Abholen nicht sicherstellen könnten, die Krankenhauseinweisung mit dem Ergebnis eines „Drehtüreffektes“ erfolge. Die Mutter der Ast. könne deshalb keine Arbeit annehmen oder entspannt notwendige Wege erledigen. Die Beigeladene teilte der Stadt mit Schreiben vom 23. Juni 2021 daraufhin mit, sich zu 50 Prozent an den Kosten zu beteiligten.

 

Die Beigeladene leitete mit Schreiben vom 16. Juli 2021 eine weitere Verordnung über häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021 (Stundensatz nach dem beigefügten Vertrag für „Intensivpflege Kinder“ 38,50 € nach der mit verschiedenen Krankenkassen ab dem 1. Januar 2021 getroffenen Vergütungsvereinbarung) als Antrag auf Leistungen zur sozialen Teilhabe weiter. Die Stadt bewilligte der Ast. im Namen des Ag. als sachlich unzuständiger, zweitangegangener Träger im Sinne des § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - SGB IX) mit Bescheid vom 27. Juli 2021 für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2021 „die vorläufige Leistungsgewährung“ „analog der ärztlichen Verordnung vom 22.06.2021 bis zu 200 h/Monat, nach den Regelungen des § 37 SGB V“. Die Leistungsabrechnung erfolge direkte mit dem Pflegedienst.

 

Die Ast. zog mit ihrer Mutter im September 2021 in die Stadt S. im S-Kreis (im Folgenden: Landkreis) um, der auch der für den Wohnort zuständige örtliche Sozialhilfeträger ist. Die Ast. bezieht in der Bedarfsgemeinschaft mit ihrer arbeitslosen, alleinerziehenden Mutter auch dort Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II), auf die das Kindergeld und Leistungen nach dem Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder -ausfallleistungen (UVG) angerechnet werden. Sie besuchte seit dem 1. September 2021 die integrative Kindertagesstätte „V. “ im Stadtzentrum von A., in circa 18 km Entfernung von ihrem Wohnort. Es liegen insoweit die Anwesenheitstage von August bis Dezember 2021 vor (August ein Tag, September 14 Tage, Oktober kein Tag, November drei und Dezember neun Tage). Für die Kosten der Einrichtung ab dem 1. September 2021 gab der Landkreis mit Bescheid vom 23. August 2021 ein Anerkenntnis der Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe im Namen des Ag. ab, lehnte indes die weitere Übernahme der Kosten für eine Einzelbeförderung der Ast. am Nachmittag als Annexleistung mit Bescheid vom 21. September 2021 ab. Mit Bescheid vom 2. September 2021 nahm die Stadt den Bescheid über die Einstellung der Übernahme der häuslichen Krankenpflege wieder zurück und teilte der Ast. mit, die Kosten der medizinischen Behandlungspflege würden von dem Ag. weiterhin bis zum 31. Dezember 2021 übernommen. Mit Schreiben der Beigeladenen vom 2. Februar 2022 erfolgte diesbezüglich weiterhin die Zusage der Erstattung von 50 Prozent der Kosten.

 

Unter dem 24. November 2021 verordnete Dr. K. der Ast. für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 auf dem Muster 12 für Behandlungspflege „Sonstige Maßnahmen der Behandlungspflege“. Es müsse die gesamte Behandlungspflege bei maximal 200 Stunden als Intensivpflege/spezielle Krankenbeobachtung in der Kindertagesstätte und zu Hause erfolgen. Beigefügt war der Antrag auf Genehmigung durch die Krankenkasse von "Außerklinische Intensivpflege" vom 9. Dezember 2021. Im Übrigen wird zu der Verordnung und dem Antrag auf Blatt 37 und 38 des Beihefts „Rechnungen/Verordnungen“ zur Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Beigeladene leitete auch diese Verordnung mit Schreiben vom 30. Dezember 2021 an den Landkreis weiter und übersandte der Ast. eine Abgabenachricht. Der Landkreis bewilligte der Ast. im Namen des Ag. mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 21. Januar 2022 als sachlich unzuständiger, zweitangegangener Leistungsträger auch für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2022 analog der ärztlichen Verordnung von Dr. K. vom 24. November 2021 bis zu 200 h/Monat vorläufige Leistungen nach § 37 SGB V.

 

In der von der Beigeladenen eingeholten sozialmedizinischen Stellungnahme nach Aktenlage vom 28. März 2022 führte der MDK, Gutachter Dr. K., unter Berücksichtigung der Diagnosen ICD 10 G40.0 (lokalisationsbezogene fokale partielle idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen), F89 (nicht näher bezeichnete Entwicklungsstörung) und J80 (Atemnotsyndrom des Erwachsenen/ARDS) aus, die meisten epileptischen Anfälle seien im Allgemeinen nicht lebensbedrohlich und sistierten von allein. Das sei auch bei der Ast. zu beobachten. Der Übergang eines länger andauernden tonisch-klonischen Anfalls in einen „Status epilepticus“, der in sehr seltenem Fall auch lebensbedrohlich sein könne, sei nicht auszuschließen, aber unwahrscheinlich. Um einem solchen Fall vorzubeugen, sollte das länger andauernde Anfallsgeschehen medikamentös unterbrochen werden. Es liege ein Vitalparameterprotokoll für den Zeitraum vom 17. Dezember 2021 bis zum 24. Februar 2022 vor. Der Durchführungsplan der Medikamentengabe habe eine Medikamentengabe zu festgelegten Zeiten und keine Gabe von Notfallmedikamenten ergeben. Im Krampfanfallprotokoll für die Zeit vom 24. August 2021 bis zum 22. Februar 2022 seien insgesamt 34 Anfallsereignisse dokumentiert. An drei Tagen seien zusätzlich mehrere kleine Anfälle hintereinander „in Serie“ aufgetreten. Die Dauer der Anfälle habe zwischen einer Minute und fünf, einmal neun Minuten gelegen. Dreimal sei die Gabe eines Notfallmedikaments (Diazepam) dokumentiert. Ansonsten seien Ansprache, Lagewechsel, Anpusten erfolgt. Die Frage, ob die medizinische Notwendigkeit einer außerklinischen Intensivversorgung nach Nr. 24 HKP-RL - die gegeben sei, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit sofortige pflegerische/ärztliche Intervention bei lebensbedrohlichen Situationen täglich erforderlich sei und nur die genauen Zeitpunkte und das genaue Ausmaß nicht im Voraus bestimmt werden könne (Nr. 24 des Leistungsverzeichnisses, Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 11. November 2005 - B 3 KR 38/04 R -) - sei zu verneinen. Den eingereichten Unterlagen sei in diesem Einzelfall keine Gefährdung während oder nach einem Anfall zu entnehmen. Das zu verabreichende Medikament diene der vorsorglichen Anfallsunterbrechung. Die Rectiole [Anm: ein Klistier zur rektalen Verabreichung des Medikamentes] mit dem Antiepileptikum liege in der Darreichungsform in einer für den Laien anwendbaren Form vor. Hier sei im seltenen Fall - im Zeitraum vom 24. August 2021 bis zum 22. Februar 2022 insgesamt dreimal - die Anfallsunterbrechung mit einem geeigneten Medikament erforderlich gewesen. Die Zuständigkeit der Beigeladenen sei nicht gegeben. Die Ast. benötige auf Grund der Epilepsie oder ihrer geistigen Beeinträchtigungen keine 1:1-Betreuung im Kindergarten. Auch im Fall einer Notfallsituation sei eine 1:1-Betreuung durch eine ausgebildete Pflegefachkraft/Kinderkrankenschwester nicht erforderlich. Die Intervention (z.B. Gabe eines Notfallmedikaments) durch einen Laien (Erzieher/innen) sei möglich und ausreichend. Es sei in diesem Zusammenhang einem Laien - ggf. nach Anleitung/Einweisung - möglich, Notfallsituationen adäquat und zeitgerecht zu erkennen und deren Ausmaß sowie die ggf. erforderlichen Maßnahmen richtig einzuschätzen und die anale Applikation der Rectiole einzuleiten.

 

Nach Einstellung der anteiligen Kostenerstattung durch die Beigeladene mit Wirkung zum 30. April 2022 hob der S-Kreis im Namen des Ag. mit Bescheid vom 21. April 2022 den Bescheid vom 21. Januar 2022 ab dem 1. Mai 2022 auf. Nachdem die Krankenkasse ihre Zuständigkeit als beendet erklärt habe, könne der Sozialhilfeträger als nicht zuständiger Leistungsträger auch keine Leistungen mehr übernehmen. Auf den Widerspruch der Ast. gegen diesen Bescheid wurden die Leistungen im Rahmen der aufschiebenden Wirkung bis zum 30. Juni 2022 weiter übernommen.

 

Aus dem Entwicklungsbericht der Kindertagesstätte vom 27. Mai 2022 für den Zeitraum vom 1. September 2021 bis Mai 2022 ist zu entnehmen, die Ast. sei in den letzten Monaten vor der Erstellung des Berichts mehrfach auf Grund von Krankenhausaufenthalten nicht in der Einrichtung gewesen. Sie werde von einer medizinischen Fachkraft begleitet. Ihre Epilepsie mit einhergehender Anfallssymptomatik „in den verschiedenen Facetten und Verläufen“ bedinge eine lückenlose Beobachtung, um schnellstmöglich handeln zu können und eventuelle Gefahren und Schädigungen abwenden zu können. Sie benötige ständige Betreuung (1:1-Betreuung) und Kontrolle, da sie sonst willkürlich alles Angebotene, aber auch das Inventar „ziellos vermengen und beschädigen würde“.

 

Ab dem 1. Juni 2022 wurde mit dem Einrichtungsträger von der Mutter eine Betreuung der Ast. in der Kindertagesstätte im Umfang von nur noch bis zu fünf Stunden täglich vereinbart, deren Kosten der S..  im Namen des Ag. mit Bescheiden vom 29. April und 9. Juni 2022 für die Zeit bis zum 31. Juli 2023 weiterhin übernahm.

 

Die Ast. beantragte mit Schreiben vom 7. Juni 2022 bei der Beigeladenen die Weitergewährung von Leistungen entsprechend der Verordnung von Dr. K. vom 24. November 2021. Die Ast. besucht indes nach ihren Angaben seit dem 1. Juli 2022 die Kindertagesstätte nicht mehr. Sie teilte dem S..  mit, diesen für zuständig zu halten. Sie stützte sich hierbei auf eine Stellungnahme des verordnenden Arztes vom 21. Juni 2022, einen Brief der Leiterin der Kindertagesstätte vom 23. Juni 2022 und eine Befundmitteilung des MVZ am Klinikum M. vom 27. Juni 2022, zu denen auf Blatt 116, 117 und 126 des zweiten Teils der Verwaltungsakte Bezug genommen wird. Die Beigeladene leitete den dort gestellten Antrag mit Schreiben vom 14. Juni 2022 als Antrag auf Leistungen der sozialen Teilhabe an den Landkreis weiter.

 

Der Landkreis lehnte im Namen des Ag. mit Bescheid vom 30. Juni 2022 den Antrag auf Bereitstellung einer medizinischen Fachkraft in der Häuslichkeit und in der Kindertagesstätte gemäß § 37c SGB V für die Zeit ab dem 1. Juli 2022 ab und stützte sich hierbei auf das Gutachten des MDK vom 28. März 2022. Gegen diesen Bescheid legte die Ast. am 12. Juli 2022 Widerspruch ein.

 

Die Ast. hat am 15. Juli 2022 bei dem Sozialgericht Magdeburg den Antrag gestellt, den Ag. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr vorläufig bis zu 200 h/Monat häusliche Krankenpflege durch eine medizinische Fachkraft entsprechend der Verordnung des Herrn Dr. K. vom 24. November 2021 zu gewähren. Seit der Einstellung der Leistungsgewährung mit Ablauf des 30. Juni 2022 könne sie die Kindertagesstätte nicht mehr besuchen, da Bedingung hierfür die kontinuierliche Einzelbetreuung durch medizinisches Fachpersonal sei. Selbst in einer integrativen Kindertagesstätte könnten Erzieherinnen, die im Übrigen noch andere Kinder, ebenfalls teilweise mit Beeinträchtigungen, zu beaufsichtigen hätten, nicht gewährleisten, dass sie - die Ast. - durchgängig beobachtet und „sich sofort mit voller Aufmerksamkeit gekümmert wird, wenn es zu einem Anfall kommt“. Hinzu kämen die fachlich medizinischen Anforderungen, um Anfälle zu erkennen und entsprechend handeln zu können, um eine lebensbedrohliche Situation abzuwenden. Ein einmal verspätetes Bemerken eines Anfalls mit verzögerter Gabe von Notfallmedikamenten können zu einem lebensgefährlichen Anfallsstatus führen. Der letzte prolongierte Anfall habe sich am 19. Mai 2022 ereignet und habe zehn Minuten angedauert. Bei Nr. 24 HKP-RL handele es sich um eine untergesetzliche Norm, die nicht mit § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB V vereinbar sei, da nicht erst bei täglich auftretenden lebensbedrohlichen Situationen ohne die Pflege der Behandlungserfolg entfalle. Sie hat sich zur Unterstützung ihres Vorbringens auf die bereits im Verwaltungsverfahren eingereichten Unterlagen und Krampfprotokolle/-kalender für den Zeitraum vom 24. August 2021 bis zum 29. März 2022 bzw. von September 2021 bis Juli 2022 gestützt, zu denen auf Blatt 28 bis 32 Bd. I der Gerichtsakte Bezug genommen wird.

 

In der während des Verfahrens vor dem Sozialgericht übersandten sozialmedizinischen Stellungnahme vom 8. Juli 2022 hat der MDK, Gutachter Dr. M., an der Einschätzung im Gutachten vom 28. März 2022 festgehalten. Zu der sozialmedizinischen Stellungnahme wird auf Blatt 56 bis 57 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Ast. hat mit Datum vom 18. August 2022 mitgeteilt, sich seit dem 1. Januar 2022 vom 9. bis zum 18. Mai 2022 im Krankenhaus aufgehalten zu haben; ein weiterer Krankenhausaufenthalt sei vom 2. bis zum 9. November 2022 geplant.

 

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 1. September 2022 die Beiladung der Krankenkasse vorgenommen. Zu den vom Sozialgericht eingeholten Befundberichten des Kinderzentrums M. vom 5. September 2022 mit einem letzten medizinischen Befund vom 16. Februar 2021 und einem letzten heilpädagogischen Befund von Februar 2021 und von Dr. K. vom 7. September 2022 wird auf Blatt 95 bis 109 und 113 bis 128 und 129 bis 130 Bd. I der Gerichtsakte Bezug genommen.

 

Das Sozialgericht hat den Antrag der Ast. mit Beschluss vom 4. Oktober 2022 abgelehnt. Die Ast. habe Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Sie habe bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Behandlungspflege nach § 37c Abs. 2 Satz 1 SGB V, weder gegen die Beigeladene noch den Ag. als zweitangegangenem Leistungsträger. Die Kammer sehe vorliegend nach summarischer Prüfung die Notwendigkeit einer lückenlosen Überwachung durch eine medizinische Fachkraft während des Aufenthalts in der Einrichtung nicht als gegeben an. Die Pflicht zur Hilfe in Notfällen gelte auch für Lehrer und Erzieher. Das der Ast. verordnete Notfallmedikament sei zur Anwendung in der Mundhöhle bestimmt. Hierbei handele es sich um eine Bedarfsmedikation, die nicht speziell ausgebildeten Fachkräften vorbehalten sei.

 

Gegen den ihr am 5. Oktober 2022 zugestellten Beschluss hat die Ast. am 7. November 2022, einem Montag, Beschwerde beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt, die an das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt weitergeleitet worden ist. Zur Begründung hat sie in ihrem am 6. Dezember 2022 bei dem Senat eingegangenen Schriftsatz ausgeführt, sie erfülle die Voraussetzungen für einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V in Form der Behandlungspflege. Es drohten hier lebensgefährliche Komplikationen. Die Erkrankungen machten regelmäßige Krankenhausaufenthalte erforderlich. Immer wieder seien künstliches Koma und eine Beatmung zur Unterbrechung der Anfälle erforderlich. Bedingung für einen Kita-Besuch sei auf Grund der Epilepsie die kontinuierliche Einzelbetreuung durch medizinisches Fachpersonal. Selbst in einer integrativen Kindertagesstätte könnten Erzieherinnen, die noch andere Kinder, ebenfalls teilweise mit Beeinträchtigungen, zu beaufsichtigen hätten, nicht gewährleisten, dass sie - die Ast. - durchgängig beobachtet werde und man sich sofort mit voller Aufmerksamkeit kümmere, wenn es zu einem Anfall komme. Die Anfälle kämen ohne Vorwarnung und könnten nur bei einer dauernden Beobachtung frühzeitig erkannt werden. Trotz der Abnahme der Häufigkeit kritischer Situationen könne es noch immer jederzeit zu lebensbedrohlichen Situationen kommen, die eine sofortige pflegerische/ärztliche Intervention erforderlich machten. Der letzte prolongierte Anfall in der Kindertagesstätte habe sich am 19. Mai 2022 ereignet und zehn Minuten angedauert. Nur durch das schnelle Eingreifen der sie bis Ende Juni 2022 betreuenden Fachkraft habe insoweit Schlimmeres verhindert werden können. Die Ast. hat ohne eigene Ausführungen dem Senat am 29. Dezember 2022 eine Verordnung häuslicher Krankenpflege von Dr. K. für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2023 übersandt. Hierzu wird auf Blatt 220 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen. Mit ihrem am 24. Januar 2023 eingegangenen Schriftsatz hat sie, ohne dies als Antrag zu kennzeichnen, mitgeteilt, sie begehre „die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihr 200h/Monat häusliche Krankenpflege durch medizinisches Fachpersonal entsprechend ärztlicher Verordnung zu gewähren“.

 

Die Ast. beantragt ausdrücklich,

 

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 04.10.2022 zu Aktenzeichen: S 25 SO 84/22 ER aufzuheben und den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, der Antragstellerin vorläufig bis zu 200 h/Monat häusliche Krankenpflege durch eine medizinische Fachkraft entsprechend der Verordnung des Herrn Dr. K. vom 24.11.2021 zu gewähren.

 

Der Ag. beantragt,

 

            die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Er halte den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend. Nach seiner Einschätzung sei es den Erziehern in der Kindertagesstätte sehr wohl möglich, jederzeit ihre Aufsichtspflicht gegenüber der Ast. auch im Notfall nachzukommen. Sie könnten darauf vorbereitet werden und seien zu Hilfeleistung durch Verabreichung von Medikamenten verpflichtet.

 

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

 

Dem von der Ast. angeforderten Fragebogen sind Krankenhausbehandlungen im Jahr 2022 vom 9. bis zum 18. Mai und vom 2. bis zum 9. November 2022 zu entnehmen. Zu den Krankenhausaufenthalten wird im Übrigen auf Blatt 204 Rückseite und Blatt 205 Rückseite Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Der Senat hat Befundberichte von Dr. K. vom 21. Dezember 2022 und von dem Epilepsie-Zentrum B.  am Universitätsklinikum B.  vom 29. Dezember 2022 eingeholt, wobei letzterem eine seit dem Sommer 2022 etwas stabilere Anfallssituation der Ast. zu entnehmen ist. Hierzu wird auf Blatt 216 und 228 Bd. II der Gerichtsakten Bezug genommen.

 

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsakten des Ag., der Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen ist, Bezug genommen.

 

II.

 

Die Beschwerde der Ast. hat keinen Erfolg.

 

Der Senat hat den in Bezug auf den Beginn der beantragten Verpflichtung nicht eindeutigen Antrag der Ast. entsprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, dass der frühestmögliche Beginn der Verpflichtung mit Eingang des Antrags bei dem Sozialgericht am 15. Juli 2022 gemeint sein soll. Selbst wenn man den Antrag nicht im Sinne eines unter formalen Gesichtspunkten möglichen Erfolges auslegt, kann der Gesamtzeitraum der Verordnung vom 24. November 2021 (1. Januar bis 31. Dezember 2022) nicht gemeint sein, da die Ast. bis zum 30. Juni 2022 die beantragten Leistungen im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bereits erhalten hat. Geht man davon aus, dass in der Hauptsache der Bescheid vom 30. Juni 2022 angefochten würde, läge diesem der bei der Beigeladenen frühestens am 7. Juli 2022 gestellte Antrag auf Leistungen ab dem 1. Juli 2022 zugrunde.

 

Die Verordnung von Dr. K. vom 24. November 2021 ist auf den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2022 beschränkt. Die rechtskundig vertretene Ast. hat ihren Antrag konkret auf Leistungen entsprechend dieser Verordnung beschränkt, sodass der Senat keinen Raum sieht - über einen Streitgegenstand der Hauptsache hinausgehend - möglicherweise geeignete andere Leistungen oder Leistungen für den Zeitraum, der von dieser Verordnung nicht mehr erfasst ist, in die Prüfung einzubeziehen. Der Senat sieht auch keine Grundlage, den Ag. für den bereits abgeschlossenen Zeitraum unter Vorwegnahme der Hauptsache zu verpflichten, Kosten vorläufig zu übernehmen, da der Ast. nach ihren Angaben für den von der Verordnung vom 24. November 2021 erfassten Zeitraum keine Kosten entstanden sind. Das Verfahren dürfte sich in Bezug auf einen Leistungsantrag, der Gegenstand einer einstweiligen Anordnung sein könnte, bereits erledigt haben.

 

Das zuletzt mit dem am 24. Januar 2023 bei dem Senat eingegangen Schriftsatz mitgeteilte Begehren, für das nicht deutlich geworden ist, in welchem Verhältnis es zu dem ausdrücklich formulierten Beschwerdeantrag stehen soll, ist bisher nicht Gegenstand einer erstinstanzlichen Entscheidung, einer Prüfung durch die Beigeladene oder einer Verwaltungsentscheidung gewesen. Die Bewilligung häuslicher Krankenpflege oder Intensivpflege bezieht sich nicht auf eine rentengleiche Dauerleistung, sondern eine im Regelfall einen Zeitraum von Wochen betreffende Maßnahme. Da dies den jeweiligen Gesundheitszustand betrifft, kann der Senat auch nicht seine Prüfung an die Stelle der nach den geltenden Richtlinien maßgebenden Prüfung insbesondere durch den MDK setzen. In Anbetracht der Entscheidung des Sozialgerichts am 4. Oktober 2022, d.h. vor Ablauf der Verordnung bis zum 31. Dezember 2022, wird der Rechtsschutz der Ast. hier auch nicht unzumutbar eingeschränkt.

 

Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da sie nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen ist. Die begehrte Verpflichtung des Ag. überschreitet den Schwellenwert in § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG).

 

Nach § 86b Abs. 2 S. 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend.

 

Es fehlt im Übrigen auch an einem Anordnungsanspruch und einem Anordnungsgrund im Sinne dieser Vorschriften.

 

Eine Lösung des Senats von dem Zeitraum der Verordnung von Dr. K. vom 24. November 2021 ist auch unter dem Gesichtspunkt nicht geboten, dass am 18. März 2022 die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von außerklinischer Intensivpflege (Außerklinische Intensivpflege-Richtlinie [AKI-RL] in der Fassung vom 19. November 2021, BAnz AT vom 17. März 2022 B2) zu § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V in Kraft getreten ist und damit nicht Gegenstand der Verordnung vom 24. November 2021 gewesen sein kann. Nach der Übergangsregelung in § 1a Satz 1 der HKP-RL sollen Verordnungen ab dem 1. Januar 2023 nach den Regelungen der AKI-RL erfolgen. Verordnungen von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege nach den Regelungen der HKP-RL verlieren nach § 1a Satz 2 HKP-RL ab dem 31. Oktober 2023 ihre Gültigkeit. Die im Beschwerdeverfahren - ohne Bezug zu dem von der Ast. ausdrücklich formulierten Antrag - übersandte Verordnung von Dr. K. für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2023 genügt bereits in formaler Hinsicht diesen Anforderungen bei summarischer Prüfung nicht. Die Verordnung verstößt auch gegen § 7 Abs. 2 Satz 1 AKI-RL, wonach Folgeverordnungen längstens für sechs Monate ausgestellt werden können.

 

Soweit die Ast. ihren Antrag im Übrigen auf Leistungen der häuslichen Krankenpflege beschränkt hat, ergeben sich vielfältige Abgrenzungsprobleme, die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden können. Nur durch eine Zuordnung der geltend gemachten Beaufsichtigung der Ast. durch eine medizinische Fachkraft zu Leistungen der Krankenbehandlung, der medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1 SGB IX) oder der sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5 SGB IX) lässt sich klären, ob die Beigeladene, der örtliche Sozialhilfeträger oder der Ag. zuständig ist. Das betrifft sowohl die Zuständigkeit für die Leistungserbringung als solche als auch die Zuständigkeit im Rahmen des § 14 SGB IX. Eine Zuständigkeit des Ag. als zweitangegangener Träger setzt voraus, dass es sich bei den streitigen Leistungen um Leistungen der Teilhabe im Sinne des § 14 SGB IX handelt.

 

Es begegnet gewissen Bedenken, soweit die Beigeladene die Weiterleitung der Verordnungen unter dem Gesichtspunkt der sozialen Teilhabe vorgenommen hat, die jeweils weder von der Ast. beantragt worden ist noch jeweils vom Inhalt her ihr Begehren vollständig abdeckt. Für Leistungen nach dem Dritten Kapitel Fünfter Abschnitt Erster Titel SGB V (§§ 27 bis 43c SGB V) im Rahmen der Sozialhilfe (§ 48 Satz 1 SGB XII) ist der örtliche Sozialhilfeträger, nicht der Ag. als Träger der Eingliederungshilfe zuständig. Leistungen der medizinischen Rehabilitation müssen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB V notwendig sein, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Dem entspricht auch die nähere Ausgestaltung in § 42 SGB IX. Die dort genannten Zielsetzungen stehen bei der Betreuung der Ast. nicht im Vordergrund. Leistungen der Krankenhilfe sind im Übrigen nach § 48 SGB XII auf den Umfang der Leistungen nach dem SGB V beschränkt (vgl. z.B. Söhngen, JurisPraxiskommentar zum SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 48 RdNr. 16). Für die medizinische Rehabilitation ist die Beschränkung der Leistungen auf den Maßstab des SGB V in § 109 Abs. 2 SGB IX ausdrücklich geregelt. Bei einem gesetzlich krankenversicherten Kind dürfte eine Weiterleitung des Antrags auf Behandlungspflege an den Sozialhilfeträger damit regelmäßig ausscheiden. Hilfen zur Gesundheit gehen nach § 93 Abs. 3 SGB IX Leistungen der Eingliederungshilfe vor, wenn sie zur Beseitigung einer drohenden wesentlichen Behinderung geeignet sind. Gegenüber Leistungen der sozialen Teilhabe ist das Vorrangverhältnis anderer Leistungen zur Teilhabe in § 102 Abs. 2 SGB IX geregelt. Soweit man die Weiterleitung unter dem Gesichtspunkt der sozialen Teilhabe betrachten will, ist zu berücksichtigen, dass der Ast. für den Besuch der Kindertagesstätte bestandskräftig Leistungen der Eingliederungshilfe zu Lasten des Ag. für die Zeit bis zum 31. Juli 2023 bewilligt worden sind. Damit müsste in verfahrensrechtlicher Hinsicht geklärt werden, ob die Weiterleitung der Verordnung von häuslicher Krankenpflege vielmehr einen Antrag auf Änderung der vorausgehend erfolgten Bewilligung von Eingliederungshilfe darstellen kann. Die abschließende Bewertung der Fragen, die sich daraus ergeben, dass die Bescheide über die Bewilligung von Eingliederungshilfe jeweils von der Ast. nicht mit dem Widerspruch angefochten worden sind, muss der Hauptsache vorbehalten bleiben. Bei summarischer Prüfung steht für den Senat aktuell im Vordergrund, dass ausschließlich um einen Anspruch auf die verordnete Behandlungspflege/Intensivpflege gestritten wird.

 

Legt man den Entwicklungsbericht der Kindertagesstätte vom 27. Mai 2022 zugrunde, steht neben der Abwehr von Gefahren für die Gesundheit der Ast. der Aspekt des Schutzes der Einrichtung und u.U. auch der anderen Kinder, da wesentlich die durch die Anwesenheit der Ast. zu befürchtenden Beschädigungen hervorgehoben wurden. Die insoweit erforderliche Beaufsichtigung ist indes unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der regelmäßigen Betreuung durch medizinisches Fachpersonal zuzuordnen und kann auch nicht Gegenstand einer ärztlichen Verordnung für häusliche Krankenpflege in Form der Behandlungspflege bzw. Intensivpflege sein. Vielmehr wäre insoweit zu klären gewesen, ob im Rahmen des Personalschlüssels einer integrativen Kindertagesstätte der Betreuungsbedarf der Ast. hinreichend abgedeckt wird. Weder ein höherer Personalschlüssel einer Kindertagesstätte noch - die in einer integrativen Einrichtung selten begründbare - Begleitung durch einen externen Integrationshelfer sind nach den Verträgen über die häusliche Krankenpflege bzw. Intensivpflege zu bewilligen und zu vergüten.

 

Der Senat muss sich im Rahmen der summarischen Prüfung auch nicht mit der Frage der hier nicht erfolgten Genehmigung der Behandlungspflege/Intensivpflege durch die Beigeladene für den streitigen Zeitraum auseinandersetzen. In Bezug auf die häusliche Krankenpflege bzw. Intensivpflege ist für den Senat schon nicht hinreichend erkennbar, ob das altersgebundene Auftreten der epileptischen Anfälle bei einem West-Syndrom hier die von dem behandelnden Kinderarzt getroffene Prognose jeweils von einem Zeitraum von einem gesamten Jahr zuließ. Die von den die Ast. behandelnden Ärzten dargelegten Gesichtspunkte genügen nicht, um die Gesichtspunkte in den sozialmedizinischen Stellungnahmen des MDK vom 28. März und 8. Juli 2022 zu widerlegen. Dies gilt auch deshalb, weil die Einschätzung der Kindertagesstätte den Rückschluss zulässt, dass die Betreuung der Ast. von einer Begleitung durch eine externe Betreuungskraft Bedingung des Besuchs der Einrichtung ist, der zudem ab dem 1. Juni 2022 im zeitlichen Umfang begrenzt worden zu sein scheint, obwohl die Kosten für eine Begleitung noch vom Ag. getragen wurden.

 

In Bezug auf den Schutz der Gesundheit der Ast. ist nach den Ausführungen der Ast. zu einer regelmäßig erforderlich gewesenen und weiterhin drohenden notfallmäßigen Beendigung von Anfällen durch ein künstliches Koma für den Senat nicht erkennbar, dass diese Situationen allein durch die Beobachtung durch eine medizinische Fachkraft hinreichend abgesichert werden könnten. Gleichzeitig dürfte die in der sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK vom 17. Mai 2021 noch als wesentlicher Grund für die Indikation der häuslichen Intensivpflege genannte Vermeidung einer häufigen Krankenhausaufnahme nicht mehr gegeben sein. Unter Berücksichtigung der im Zeitraum der Verordnung von Dr. K. vom 21. November 2021 einmal aufgetretenen Notfallsituation am 19. März 2022 ist vielmehr die Einschätzung in den sozialmedizinischen Stellungnahmen des MDK vom 28. März und 8. Juli 2022 nachvollziehbar und überzeugend. Der „Drehtüreffekt“, der wesentlich in der Stellungnahme des MDK vom 17. Mai 2021 hervorgehoben worden ist, wird in Anbetracht der selten gewordenen größeren Anfälle der Ast. weder durch die tatsächlich nicht erfolgte Inanspruchnahme von Krankenhausleistungen seit Juli 2022 noch durch die Prognose aus der Ex-Ante-Perspektive bis Ende Juni 2022 gestützt.

 

Die Kindertagesstätte „V." befindet sich im Übrigen in circa 1,2 km Entfernung vom Klinikum A., das insbesondere über eine Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und eine Kindernotfallambulanz verfügt. Im Sinne der Abwendung von Gesundheitsgefahren für die Ast. stellt sich damit auch die Frage, unter welchem Gesichtspunkt eine Notfallintervention durch eine Pflegekraft bei einem selten zu erwartenden schweren Anfall geeigneter als eine sofortige ärztliche Versorgung sein könnte.

 

Der hier anzunehmende Wunsch, die Ast. durch qualifiziertes Personal im Rahmen einer Leistungsvereinbarung betreuen zu lassen, die keine Schnittmenge mit der Vergütung einer integrativen Betreuung in der Kindertagesstätte aufweist, lässt sich nicht durch die ärztliche Verordnung von Behandlungspflege bzw. Intensivpflege umsetzen.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.

 

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).

 

 Klamann                                Dr. Fischer                 Hüntemeyer

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