Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 63/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 239/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beitretende ab dem 01.01.2005 Leistungen nach dem SGB XII bezieht.
Der Bescheid vom 28.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.05.2005 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, festzustellen, dass der Kläger ab dem 01.01.2005 freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten ist.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger ab dem 01.01.2005 durch Beitrittserklärung Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten (freiwillige Versicherung) geworden ist.
Der Kläger ist ukrainischer Staatsbürger und hält sich aufgrund einer durch die A-Stadt am 07.02.2001 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis (Bl. 37 Akte der Beigeladenen) in Deutschland auf.
Der Kläger bezog ab dem 01.12.2000 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und bezog in den Jahren 2003 und 2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSichG) durch den Landkreis A-Stadt, Amt für Sozialhilfe (vgl. Bl. 11 Akte der Beigeladenen und aus der Akte des Landkreises A-Stadt ersichtliche Bescheide vom 04.03.2003, vom 17.03.2003, vom 24.06.2003 und vom 24.06.2004).
Ab dem 01.01.2004 übernahm die Beklagte die Krankenbehandlung des Klägers nach § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) (vgl. Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid Bl. 8 Verwaltungsakte).
Aufgrund des Außerkrafttretens des BSHG und des GSichG zum 01.01.2005 und des damit verbundenen Wechsels des zuständigen Leistungsträgers erbringt ab dem 01.01.2005 nunmehr die Beigeladene Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), Kapitel 4 (vgl. Bescheide vom 21.12.2004, vom 23.03.05, vom 19.9.2005 und vom 23.11.2005, Bl. 13, 26, 32 und 38 Akte der Beigeladenen).
Bereits am 21.12.2004 (Bl. 1 Akte der Beigeladenen) hatte sich die Beigeladene schriftlich an den Kläger gewandt und ihn aufgefordert, bei der Krankenkasse seiner Wahl den Beitritt zur Krankenversicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V zu erklären, da der Kläger nach der Rechtsauffassung der Beigeladenen dessen Voraussetzungen erfülle.
Der Kläger erklärte daraufhin gegenüber der Beklagten am 28.12.2004 (Bl. 2 Verwaltungsakte) den Beitritt zur Krankenversicherung zum 01.01.2005. Er gab hierbei an, dass er vor dem Leistungsbezug nach dem BSHG zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen sei.
Mit Bescheid vom 28.12.2004 (Bl. 3 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Aufnahme des Klägers in die gesetzliche Krankenversicherung bei ihr ab. Zur Begründung berief sich die Beklagte darauf, dass der Kläger die Beitrittsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nicht erfülle. Demzufolge seien Personen beitrittsberechtigt, die in der Vergangenheit, d.h. zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 01.01.2005, mindestens jedoch einen Monat ununterbrochen laufende Leistung zum Lebensunterhalt nach § 11 Abs. 1 BSHG bezogen hätten. Der Leistungsbezug müsse vor dem 01.01.2005 geendet haben. Bei Personen, die im Anschluss an den Bezug laufender Hilfe zum Lebensunterhalt bei Unterbringung in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung weiterhin Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten, sei nicht von einem beendeten Bezug auszugehen. Gleiches gelte für Bezieher von Leistungen nach dem GSichG, wenn die Leistung der Grundsicherung an die Stelle der bisherigen laufenden Sozialhilfe getreten sei. Unter Berücksichtigung der von dem Kläger beigefügten Unterlagen sei festzustellen, dass er über den 01.01.2005 weiterhin Grundsicherungsleistungen beziehe. Aus diesem Grund müsse die Beklagte seinen Antrag auf eine freiwillige Mitgliedschaft bei ihr ablehnen.
Der Kläger legte hiergegen am 14.02.2005 (Bl. 5 Verwaltungsakte) Widerspruch ein, dem ein Schreiben der Beigeladenen (vom 26.01.2005, Bl. 4 Verwaltungsakte) beigefügt war, in dem die Beigeladene ihre abweichende Rechtsauffassung begründete. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2005 (Bl. 9 Verwaltungsakte) zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Gesetzgeber durch das Beitrittsrecht des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch ehemaligen Sozialhilfeempfängern, deren Leistungsbezug vor dem 01.01.2005 geendet habe und die zu keinem Zeitpunkt eine Zugangsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung gehabt hatten, ein einmaliges, befristetes Beitrittsrecht gebe (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1749). Bei Personen, die im Anschluss an den Bezug laufender Hilfe zum Lebensunterhalt weiterhin Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten, sei nicht von einem beendeten Leistungsbezug auszugehen. Gleiches gelte für Bezieher von Leistungen nach dem GSichG, wenn die Leistung der Grundsicherung an die Stelle der bisherigen laufenden Sozialhilfeleistung getreten sei (vgl. Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.10.2004). Laut Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber den freiwilligen Beitritt ausdrücklich nur einem eng begrenzten Personenkreis ehemaliger Leistungsbezieher eingeräumt. Der Kläger beziehe im Anschluss an die Sozialhilfe laufend eine Grundsicherungsrente nach dem GSichG von der Beigeladenen und sei bereits im Rahmen der Leistungsaushilfe gegen Krankheit abgesichert. Die Beklagte könne den Kläger daher nicht in die gesetzliche Krankenversicherung aufnehmen.
Der Kläger hat am 06.06.2005 (Bl. 11 Akte der Beigeladenen) zur Niederschrift bei der Beigeladenen Klage erhoben, die von der Beigeladenen an das Sozialgericht Fulda weitergeleitet wurde.
Der Kläger hat seine Klage nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 28.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger ab dem 01.01.2005 freiwilliges Mitglied in der Krankenversicherung der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihre Rechtsauffassung unter Berufung auf die Besprechung des Arbeitskreises Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.10.2004 (Bl. 56 Gerichtsakte) für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die bei der Beklagten und der Beigeladenen geführten Verwaltungsakten und die Verwaltungsakte bzw. Leistungsakte des Landkreises A-Stadt zu dem Rechtsstreit beigezogen.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Vertreter der Beigeladenen gehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie ist insbesondere wirksam und fristgerecht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGG bei der Beigeladenen eingelegt worden.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszulegen, denn sie ist auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Entscheidung der Beklagten gerichtet (vgl. für die Familienversicherung Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 16.11.1995, 4 RK 1/94 = SozR 3-5405 Art. 59 Nr. 1; zitiert nach Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.04.2006, L 11 KR 714/06). Die Verpflichtung zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ist hier deshalb die zutreffende Formulierung des Klageantrags, weil die freiwillige Mitgliedschaft durch einseitige empfangsbedürftige Beitrittserklärung des Versicherten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zustande kommt, ohne dass es einer korrespondierenden Willenserklärung der Krankenkasse oder eines Verwaltungsaktes bedarf.
Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten ist auch wirksam durch die Beitrittserklärung vom 28.12.2004 ab dem 01.01.2005 zustande gekommen, denn dem Kläger steht ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I 2954), gültig ab dem 01.01.2005, können der Versicherung Personen innerhalb von sechs Monaten beitreten, die in der Vergangenheit laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen haben und davor zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert waren.
Der Kläger war – das ist zwischen den Beteiligten unstreitig – zu keinem Zeitpunkt vor dem Leistungsbezug gesetzlich oder privat krankenversichert. Zwar ist der Nachweis hierfür nur schwer zu erbringen. Unklar ist auch, wie der Nachweis (einer negativen Tatsache) erbracht werden kann und, ob (auch) deshalb die einfache Erklärung des Klägers ausreichend ist, die er gegenüber der Beklagten in seiner Beitrittsanzeige abgegeben hat. Jedoch hat das Gericht aufgrund der "Lebenshistorie" des Klägers und der Ausführungen des Beigeladenenvertreters in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass eine Krankenversicherung zu keinem Zeitpunkt bestanden hat: Da der Kläger als Asylbewerber nach Deutschland kam, ist auszuschließen, dass er für eine private Krankenversicherung das Geld aufbringen konnte. Hat er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, so begründeten diese Leistungen genauso wenig wie der spätere Bezug von Leistungen nach dem BSHG bzw. dem GSichG eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aufgrund des Alters und der Erwerbsminderung des Klägers war die Begründung einer Pflichtversicherung durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nicht denkbar, zumal der Beigeladenenvertreter erklärt hat, dass der Kläger seit seiner Einreise auf Sozialleistungen angewiesen ist. Das Gericht konnte daher dieses Tatbestandsmerkmal des § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB bejahen.
Der Kläger hat auch in der Vergangenheit laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezogen (und zwar seit dem 01.12.2000). Dass er später Leistungen nach dem GSichG (und nicht mehr nach dem BSHG) bezog, ist unerheblich, weil – wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat – auch der Bezug von Leistungen nach dem BSHG für einen Monat ausreicht. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Insbesondere ist es nicht Voraussetzung, dass der Kläger bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem BSHG bezogen haben muss. Es reicht auch ein Bezug irgendwann in der Vergangenheit aus.
Zwischen den Beteiligten streitig war nun, ob das Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V einen "ehemaligen" Leistungsbezug bis längstens 31.12.2004 voraussetzt.
Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die dies bejahende Begründung der Beklagten in ihrer angegriffenen Entscheidung bereits sachlich unrichtig oder zumindest unklar formuliert ist: Die Ausführungen der Beklagten können nämlich so verstanden werden, dass die Beklagte davon ausgeht, der Kläger beziehe (seit dem 01.01.2005, jedenfalls aber fortlaufend auch in der Gegenwart) Leistungen nach dem GSichG (im Widerspruchsbescheid spricht die Beklagte gar von "Grundsicherungsrente nach dem GSichG"). Wie bereits im Tatbestand dargestellt, wurden bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem GSichG erbracht und ab dem 01.01.2005 werden aufgrund des Außerkrafttretens des GSichG zu diesem Zeitpunkt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), Viertes Kapitel: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, erbracht, da das Vierte Kapitel des SGB XII das GSichG "abgelöst" hat.
Wenn man aber das missverständliche Beklagtenvorbringen richtig deutet, so resultiert die Rechtsauffassung der Beklagten zum fehlenden Beitrittsrecht des Klägers daraus, dass sie meint, der Beitritt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V setze voraus, dass ab dem 01.01.2005 Sozialleistungen (im weiteren Sinne) nicht mehr bezogen werden und zwar auch nicht aufgrund von Vorschriften, die das BSHG abgelöst haben (hier konkret: das SGB XII).
Diese Rechtsauffassung der Beklagten ist nach Überzeugung des erkennenden Gerichts unzutreffend.
Bereits der Wortlaut des Gesetzes gibt für diese Auffassung nichts her. Insbesondere aus den Wörtern "in der Vergangenheit" kann die Auffassung der Beklagten nicht abgeleitet werden, weil sich diese Wörter auf den Leistungsbezug nach dem BSHG beziehen. Allerdings wären diese Wörter auch entbehrlich gewesen, weil wegen des Außerkraftretens des BSHG zum 31.12.2004 ohnehin grundsätzlich ein Bezug von Leistungen nach dem BSHG ab dem 01.01.2005 ausscheidet. Zwar könnte man deshalb geneigt sein, den Wörtern "in der Vergangenheit" doch eine regelnde Wirkung zuzuschreiben, es ist aber jedenfalls die hieraus von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, dass ab dem 01.01.2005 keine Sozialhilfeleistungen (nach der "Nachfolgevorschrift" des BSHG, nämlich dem SGB XII) gewährt werden dürfen, dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen.
Da dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes bereits das Außerkrafttreten des BSHG bekannt gewesen ist (dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung in dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit in der Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. – 15/1749, S. 36 unter bb, wo auf die Nachfolgeregelung für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger eingegangen wird), hätte er bei entsprechender Intention den Wortlaut der Vorschrift umfassender formulieren können, indem er etwa anstelle von "Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz" allgemein von "Sozialhilfeleistungen" gesprochen hätte, oder er hätte die Voraussetzung, dass ein Bezug von Sozialhilfeleistungen ab dem 01.01.2005 das Beitrittsrecht ausschließt, in einem Nebensatz als weiteres Tatbestandsmerkmal in die Vorschrift aufnehmen können. Dass all dies nicht geschehen ist, spricht gegen die Rechtsauffassung der Beklagten.
Damit bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass die Beklagte ein "ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal" in den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V hineinliest.
Hierfür ergeben sich jedoch weder aus der Gesetzesbegründung noch aus sonstigen bei der Auslegung von Normen relevanten Auslegungsgesichtspunkten eindeutige Argumente.
Die Gesetzesbegründung (in der BT-Drucks. 15/1749, S. 36, aa0) lautet wie folgt:
"Das Beitrittsrecht nach Nummer 8 gibt einem eng begrenzten Personenkreis ehemaliger Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz ein einmaliges, befristetes Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung. Es trägt einem Anliegen des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages Rechnung, bei der Neuregelung der Versicherungspflicht von Sozialhilfeempfängern eine Regelung für Altfälle vorzusehen. Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger erhalten ab dem 1. Juli 2004 Arbeitslosengeld II und sind aufgrund des Bezugs dieser Leistung Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ehemalige Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt hatten nach dem Ende des Bezugs von Sozialhilfe Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder als freiwilliges Mitglied bei Erfüllung der Vorversicherungszeiten. Die Erfüllung der Vorversicherungszeiten für eine freiwillige Mitgliedschaft setzte jedoch voraus, dass vor dem Bezug der Sozialhilfe bereits eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hatte, so dass diese auch während des Sozialhilfebezugs fortgesetzt werden konnte. Beziehern von Sozialhilfe, die vor dem Bezug der Sozialhilfe zu keinem Zeitpunkt eine Zugangsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung hatten, stand diese Möglichkeit einer freiwilligen Mitgliedschaft jedoch nicht offen. Sie sollen daher ein einmaliges Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Eine Gleichstellung mit Personen, die nach Inkrafttreten der Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden und diese Mitgliedschaft i. d. R. bei Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit fortsetzen können, erscheint geboten. Personen, die vor dem Sozialhilfebezug bereits privat krankenversichert waren, hatten dagegen grundsätzlich die Möglichkeit, diesen Versicherungsschutz während und nach dem Sozialhilfebezug fortzusetzen. Für diesen Personenkreis ist ein besonderes Beitrittsrecht daher nicht erforderlich."
Die Gesetzesbegründung bringt zwar leider nicht die absolute Klarheit in Bezug auf den Gesetzeszweck. Jedenfalls aber kann aus der dortigen Formulierung "ehemalige Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (nach dem Bundessozialhilfegesetz)" die Rechtsauffassung der Beklagten nicht zweifelsfrei hergeleitet werden, weil diese Formulierung bereits daraus resultiert, dass die Bezieher von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz allein wegen des Außerkrafttretens des BSHG zum 31.12.2004 "ehemalig" sind. Es ist daher keinesfalls zwingend, dass ehemalige Bezieher von Sozialhilfeleistungen allgemein gemeint sein sollen.
Etwas anderes kann das Gericht auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die Gesetzesbegründung auf ein Anliegen des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages Bezug nimmt, dem laut Gesetzesbegründung mit dem Beitrittsrecht Rechnung getragen werden sollte. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hatte in einem dort anhängigen Rechtstreit (L 11 KR 8/06) die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses angefordert und eine Auskunft des Ministeriums eingeholt. Während auf den Inhalt der Auskunft des Ministeriums in dem Urteil des LSG NRW vom 26.04.2006 (Internetausdruck vom 19.06.2006 in www.sozialgerichtsbarkeit.de) nicht weiter Bezug genommen wird, führt das LSG NRW zu der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Folgendes aus:
"Die Petition betraf einen Selbständigen, der zuvor Sozialhilfe bezogen hatte und der die Möglichkeit eingeräumt haben wollte, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten. In der Beschlussempfehlung wird darauf hingewiesen, dass nach Art. 28 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) beabsichtigt gewesen sei, auch Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG in die GKV einzubeziehen. Diese Regelung sei noch nicht umgesetzt worden. Bei einer Umsetzung dieser Norm sollten auch Altfälle, `d. h. ehemalige Bezieher laufender Hilfe zum Lebensunterhalt’, berücksichtigt werden."
Die vom LSG NRW daraus gezogene Schlussfolgerung, das Aufgreifen der Formulierung des Petitionsausschusses in der zitierten Gesetzesbegründung zeige deutlich, dass das Beitrittsrecht einen abgeschlossenen Leistungsbezug voraussetze, kann das Gericht nicht teilen. Denn auch aus den vom LSG NRW zitierten Worten des Petitionsausschusses kann das Gericht nicht ableiten, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII das Beitrittsrecht ausschließen soll, da auch hier das Wort "ehemalige" vor "Beziehern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt" in Bezug zum Wegfall des BSHG zum 31.12.2004 gesetzt werden kann. Anders wäre es nur dann, wenn der Petitionsausschuss beim Abfassen der Beschlussempfehlung von dem Außerkraftreten des BSHG noch nichts gewusst haben sollte. Wann die Beschlussempfehlung formuliert worden ist und über welche Kenntnisse der Petitionsausschuss zu diesem Zeitpunkt verfügte, ist jedoch dem erkennenden Gericht unbekannt. Die Gesetzesbegründung (in der BT-Drucks. 15/1749) stammt vom 16.10.2003. Die Beschlussempfehlung muss daher zeitlich davor liegen. Selbst wenn aber dem Petitionsausschuss das Außerkrafttreten des BSHG unbekannt gewesen wäre, wird nicht hinreichend deutlich, dass er mit seiner Formulierung nur die Fälle gemeint hat, in denen der Bezug von Sozialhilfeleistungen allgemein geendet hat. Mit anderen Worten kann aus den vom LSG NRW zitierten Ausführungen des Petitionsausschusses nicht zweifelsfrei abgeleitet werden, dass er mit der Regelung der "Altfälle" solche nicht gemeint hat, bei denen ab dem 01.01.2005 Sozialleistungen bezogen werden.
Das Gericht hält die vom LSG NRW gezogene Schlussfolgerung zwar für möglich, aber nicht für überzeugend. Denn aus der Gesetzesbegründung geht jedenfalls eines klar hervorgeht: Ehemalige nicht erwerbsfähige Bezieher von Leistungen nach dem BSHG sollen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern gleichgestellt werden. Dies hat folgenden Hintergrund:
Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger erhalten mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen Arbeitslosengeld II und sind aufgrund dessen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert, wohingegen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII eine Pflichtversicherung nicht begründet wird. Eine Gleichstellung im Sinne der Gesetzesbegründung kann daher nur darin liegen, dass diesem Personenkreis der ehemaligen Bezieher von Leistungen nach dem BSHG, die nicht kraft Gesetzes pflichtversichert werden (weil sie wegen Erwerbsunfähigkeit nicht den Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erfüllen), ein Beitrittsrecht in die freiwillige Mitgliedschaft eröffnet werden soll, wobei dies allerdings nur dann gilt, wenn diesen Personen bislang der Weg in die gesetzliche Krankenversicherung versperrt war ("keine Zugangsmöglichkeit zur GKV") und auch ein privater Versicherungsschutz nicht gegeben war. Dieser Gesetzeszweck der Gleichstellung setzt zwar nicht zwingend voraus, dass ab dem 01.01.2005 weiterhin Sozialhilfeleistungen bezogen werden, denn auch in Fällen des beendeten Leistungsbezugs würde ein Beitrittsrecht eröffnet werden. Jedoch ist hier dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Fälle eines spätestens am 31.12.2004 beendeten Leistungsbezugs im Falle vorherigen Bezugs von Sozialhilfeleistungen bei Erwerbsgeminderten äußerst selten sein dürften. Es würde sich dann nämlich um Personen handeln müssen, die ohne einen Versicherungspflichttatbestand zu erfüllen, seit dem 01.01.2005 nicht mehr bedürftig wären. Dies ist jedoch gerade bei solchen Personen, die vor dem Sozialhilfebezug weder privat noch gesetzlich krankenversichert waren, äußerst unwahrscheinlich, da diese in der Regel bereits vor dem Leistungsbezug nach dem BSHG keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind (denn dann hätte zuvor bereits eine Pflichtversicherung oder ggf. aufgrund von Vorversicherungszeiten eine freiwillige Mitgliedschaft bestanden). Somit dürfte von der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nur eine sehr geringe Personenzahl betroffen sein (z. B. seit dem 01.01.2005 fehlende Bedürftigkeit aufgrund von Erbschaft, Lottogewinn). Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber mit der Beitrittsregelung ausschließlich derartige Einzelfälle erfassen wollte.
Auch kann nach Überzeugung des Gerichts nicht dahingehend argumentiert werden, ein Beitrittsrecht von Beziehern von SGB XII-Leistungen scheide aus, weil der Gesetzgeber für diesen Personenkreis die Übernahme von Krankenbehandlung in § 264 SGB V geregelt habe. Die Vorschrift des § 264 SGB V schließt nämlich nicht aus, dass aufgrund einer anderen Vorschrift eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet wird. Personen, die die Kriterien des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nicht erfüllen (z. B. weil sie vor dem Bezug von Leistungen nach dem BSHG schon einmal krankenversichert waren oder den Beitritt nicht innerhalb der Frist erklären), können unter § 264 SGB V fallen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in § 264 SGB V für alle SGB XII-Empfänger eine abschließende Regelung getroffen hat und die Begründung einer gesetzlichen Krankenversicherung daher generell ausgeschlossen sein soll. Dies kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Vorhaben, diesen Personenkreis in die Versicherungspflicht einzubeziehen, vom Gesetzgeber aufgegeben wurde (Peters in Kasseler Kommentar, aa0, § 5 Rz. 148, zitiert nach LSG NRW aa0). Denn § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V schafft ein Beitrittsrecht nicht für alle Bezieher von SGB XII-Leistungen, sondern nur für solche, die die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift (keine vorherige Krankenversicherung, Einhaltung der 6-Monats-Frist) erfüllen. Im Übrigen ergibt sich der Grund für die Differenzierung des Gesetzgebers danach, ob zuvor schon einmal eine Krankenversicherung bestanden hatte, daraus, dass er einem Personenkreis, der noch nie die Chance auf eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gehabt hatte, diese Chance für einen befristeten Zeitraum geben wollte.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung fest, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ab dem 01.01.2005 das Beitrittsrecht des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht behindert.
Da der Beitritt innerhalb der 6-Monatsfrist erfolgt ist, ist der Kläger ab dem 01.01.2005 Mitglied der Beklagten geworden.
Die dem entgegenstehende Entscheidung der Beklagten war aufzuheben und die Beklagte zur Feststellung des Bestehens dieses Versicherungsverhältnisses zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das Gericht hierbei dem Umstand Rechnung getragen hat, dass die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.
Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob der Kläger ab dem 01.01.2005 durch Beitrittserklärung Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung bei der Beklagten (freiwillige Versicherung) geworden ist.
Der Kläger ist ukrainischer Staatsbürger und hält sich aufgrund einer durch die A-Stadt am 07.02.2001 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis (Bl. 37 Akte der Beigeladenen) in Deutschland auf.
Der Kläger bezog ab dem 01.12.2000 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und bezog in den Jahren 2003 und 2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Grundsicherungsgesetz (GSichG) durch den Landkreis A-Stadt, Amt für Sozialhilfe (vgl. Bl. 11 Akte der Beigeladenen und aus der Akte des Landkreises A-Stadt ersichtliche Bescheide vom 04.03.2003, vom 17.03.2003, vom 24.06.2003 und vom 24.06.2004).
Ab dem 01.01.2004 übernahm die Beklagte die Krankenbehandlung des Klägers nach § 264 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) (vgl. Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid Bl. 8 Verwaltungsakte).
Aufgrund des Außerkrafttretens des BSHG und des GSichG zum 01.01.2005 und des damit verbundenen Wechsels des zuständigen Leistungsträgers erbringt ab dem 01.01.2005 nunmehr die Beigeladene Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), Kapitel 4 (vgl. Bescheide vom 21.12.2004, vom 23.03.05, vom 19.9.2005 und vom 23.11.2005, Bl. 13, 26, 32 und 38 Akte der Beigeladenen).
Bereits am 21.12.2004 (Bl. 1 Akte der Beigeladenen) hatte sich die Beigeladene schriftlich an den Kläger gewandt und ihn aufgefordert, bei der Krankenkasse seiner Wahl den Beitritt zur Krankenversicherung nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V zu erklären, da der Kläger nach der Rechtsauffassung der Beigeladenen dessen Voraussetzungen erfülle.
Der Kläger erklärte daraufhin gegenüber der Beklagten am 28.12.2004 (Bl. 2 Verwaltungsakte) den Beitritt zur Krankenversicherung zum 01.01.2005. Er gab hierbei an, dass er vor dem Leistungsbezug nach dem BSHG zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert gewesen sei.
Mit Bescheid vom 28.12.2004 (Bl. 3 Verwaltungsakte) lehnte die Beklagte die Aufnahme des Klägers in die gesetzliche Krankenversicherung bei ihr ab. Zur Begründung berief sich die Beklagte darauf, dass der Kläger die Beitrittsvoraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nicht erfülle. Demzufolge seien Personen beitrittsberechtigt, die in der Vergangenheit, d.h. zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 01.01.2005, mindestens jedoch einen Monat ununterbrochen laufende Leistung zum Lebensunterhalt nach § 11 Abs. 1 BSHG bezogen hätten. Der Leistungsbezug müsse vor dem 01.01.2005 geendet haben. Bei Personen, die im Anschluss an den Bezug laufender Hilfe zum Lebensunterhalt bei Unterbringung in einer Anstalt, einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung weiterhin Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten, sei nicht von einem beendeten Bezug auszugehen. Gleiches gelte für Bezieher von Leistungen nach dem GSichG, wenn die Leistung der Grundsicherung an die Stelle der bisherigen laufenden Sozialhilfe getreten sei. Unter Berücksichtigung der von dem Kläger beigefügten Unterlagen sei festzustellen, dass er über den 01.01.2005 weiterhin Grundsicherungsleistungen beziehe. Aus diesem Grund müsse die Beklagte seinen Antrag auf eine freiwillige Mitgliedschaft bei ihr ablehnen.
Der Kläger legte hiergegen am 14.02.2005 (Bl. 5 Verwaltungsakte) Widerspruch ein, dem ein Schreiben der Beigeladenen (vom 26.01.2005, Bl. 4 Verwaltungsakte) beigefügt war, in dem die Beigeladene ihre abweichende Rechtsauffassung begründete. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.05.2005 (Bl. 9 Verwaltungsakte) zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Gesetzgeber durch das Beitrittsrecht des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch ehemaligen Sozialhilfeempfängern, deren Leistungsbezug vor dem 01.01.2005 geendet habe und die zu keinem Zeitpunkt eine Zugangsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung gehabt hatten, ein einmaliges, befristetes Beitrittsrecht gebe (vgl. Bundestags-Drucksache 15/1749). Bei Personen, die im Anschluss an den Bezug laufender Hilfe zum Lebensunterhalt weiterhin Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten, sei nicht von einem beendeten Leistungsbezug auszugehen. Gleiches gelte für Bezieher von Leistungen nach dem GSichG, wenn die Leistung der Grundsicherung an die Stelle der bisherigen laufenden Sozialhilfeleistung getreten sei (vgl. Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.10.2004). Laut Gesetzesbegründung habe der Gesetzgeber den freiwilligen Beitritt ausdrücklich nur einem eng begrenzten Personenkreis ehemaliger Leistungsbezieher eingeräumt. Der Kläger beziehe im Anschluss an die Sozialhilfe laufend eine Grundsicherungsrente nach dem GSichG von der Beigeladenen und sei bereits im Rahmen der Leistungsaushilfe gegen Krankheit abgesichert. Die Beklagte könne den Kläger daher nicht in die gesetzliche Krankenversicherung aufnehmen.
Der Kläger hat am 06.06.2005 (Bl. 11 Akte der Beigeladenen) zur Niederschrift bei der Beigeladenen Klage erhoben, die von der Beigeladenen an das Sozialgericht Fulda weitergeleitet wurde.
Der Kläger hat seine Klage nicht begründet.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 28.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.05.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, festzustellen, dass der Kläger ab dem 01.01.2005 freiwilliges Mitglied in der Krankenversicherung der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihre Rechtsauffassung unter Berufung auf die Besprechung des Arbeitskreises Versicherung und Beiträge der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 13.10.2004 (Bl. 56 Gerichtsakte) für zutreffend.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Das Gericht hat im Rahmen der Sachverhaltsermittlungen die bei der Beklagten und der Beigeladenen geführten Verwaltungsakten und die Verwaltungsakte bzw. Leistungsakte des Landkreises A-Stadt zu dem Rechtsstreit beigezogen.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Vertreter der Beigeladenen gehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, sie ist insbesondere wirksam und fristgerecht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 SGG bei der Beigeladenen eingelegt worden.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszulegen, denn sie ist auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Entscheidung der Beklagten gerichtet (vgl. für die Familienversicherung Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 16.11.1995, 4 RK 1/94 = SozR 3-5405 Art. 59 Nr. 1; zitiert nach Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.04.2006, L 11 KR 714/06). Die Verpflichtung zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes ist hier deshalb die zutreffende Formulierung des Klageantrags, weil die freiwillige Mitgliedschaft durch einseitige empfangsbedürftige Beitrittserklärung des Versicherten bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zustande kommt, ohne dass es einer korrespondierenden Willenserklärung der Krankenkasse oder eines Verwaltungsaktes bedarf.
Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten ist auch wirksam durch die Beitrittserklärung vom 28.12.2004 ab dem 01.01.2005 zustande gekommen, denn dem Kläger steht ein Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003 (BGBl. I 2954), gültig ab dem 01.01.2005, können der Versicherung Personen innerhalb von sechs Monaten beitreten, die in der Vergangenheit laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen haben und davor zu keinem Zeitpunkt gesetzlich oder privat krankenversichert waren.
Der Kläger war – das ist zwischen den Beteiligten unstreitig – zu keinem Zeitpunkt vor dem Leistungsbezug gesetzlich oder privat krankenversichert. Zwar ist der Nachweis hierfür nur schwer zu erbringen. Unklar ist auch, wie der Nachweis (einer negativen Tatsache) erbracht werden kann und, ob (auch) deshalb die einfache Erklärung des Klägers ausreichend ist, die er gegenüber der Beklagten in seiner Beitrittsanzeige abgegeben hat. Jedoch hat das Gericht aufgrund der "Lebenshistorie" des Klägers und der Ausführungen des Beigeladenenvertreters in der mündlichen Verhandlung keinen Zweifel daran, dass eine Krankenversicherung zu keinem Zeitpunkt bestanden hat: Da der Kläger als Asylbewerber nach Deutschland kam, ist auszuschließen, dass er für eine private Krankenversicherung das Geld aufbringen konnte. Hat er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten, so begründeten diese Leistungen genauso wenig wie der spätere Bezug von Leistungen nach dem BSHG bzw. dem GSichG eine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung. Aufgrund des Alters und der Erwerbsminderung des Klägers war die Begründung einer Pflichtversicherung durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nicht denkbar, zumal der Beigeladenenvertreter erklärt hat, dass der Kläger seit seiner Einreise auf Sozialleistungen angewiesen ist. Das Gericht konnte daher dieses Tatbestandsmerkmal des § 9 Abs. 1 Nr. 8 SGB bejahen.
Der Kläger hat auch in der Vergangenheit laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezogen (und zwar seit dem 01.12.2000). Dass er später Leistungen nach dem GSichG (und nicht mehr nach dem BSHG) bezog, ist unerheblich, weil – wie die Beklagte zutreffend ausgeführt hat – auch der Bezug von Leistungen nach dem BSHG für einen Monat ausreicht. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Insbesondere ist es nicht Voraussetzung, dass der Kläger bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem BSHG bezogen haben muss. Es reicht auch ein Bezug irgendwann in der Vergangenheit aus.
Zwischen den Beteiligten streitig war nun, ob das Beitrittsrecht nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V einen "ehemaligen" Leistungsbezug bis längstens 31.12.2004 voraussetzt.
Hier ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die dies bejahende Begründung der Beklagten in ihrer angegriffenen Entscheidung bereits sachlich unrichtig oder zumindest unklar formuliert ist: Die Ausführungen der Beklagten können nämlich so verstanden werden, dass die Beklagte davon ausgeht, der Kläger beziehe (seit dem 01.01.2005, jedenfalls aber fortlaufend auch in der Gegenwart) Leistungen nach dem GSichG (im Widerspruchsbescheid spricht die Beklagte gar von "Grundsicherungsrente nach dem GSichG"). Wie bereits im Tatbestand dargestellt, wurden bis zum 31.12.2004 Leistungen nach dem GSichG erbracht und ab dem 01.01.2005 werden aufgrund des Außerkrafttretens des GSichG zu diesem Zeitpunkt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII), Viertes Kapitel: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, erbracht, da das Vierte Kapitel des SGB XII das GSichG "abgelöst" hat.
Wenn man aber das missverständliche Beklagtenvorbringen richtig deutet, so resultiert die Rechtsauffassung der Beklagten zum fehlenden Beitrittsrecht des Klägers daraus, dass sie meint, der Beitritt nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V setze voraus, dass ab dem 01.01.2005 Sozialleistungen (im weiteren Sinne) nicht mehr bezogen werden und zwar auch nicht aufgrund von Vorschriften, die das BSHG abgelöst haben (hier konkret: das SGB XII).
Diese Rechtsauffassung der Beklagten ist nach Überzeugung des erkennenden Gerichts unzutreffend.
Bereits der Wortlaut des Gesetzes gibt für diese Auffassung nichts her. Insbesondere aus den Wörtern "in der Vergangenheit" kann die Auffassung der Beklagten nicht abgeleitet werden, weil sich diese Wörter auf den Leistungsbezug nach dem BSHG beziehen. Allerdings wären diese Wörter auch entbehrlich gewesen, weil wegen des Außerkraftretens des BSHG zum 31.12.2004 ohnehin grundsätzlich ein Bezug von Leistungen nach dem BSHG ab dem 01.01.2005 ausscheidet. Zwar könnte man deshalb geneigt sein, den Wörtern "in der Vergangenheit" doch eine regelnde Wirkung zuzuschreiben, es ist aber jedenfalls die hieraus von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, dass ab dem 01.01.2005 keine Sozialhilfeleistungen (nach der "Nachfolgevorschrift" des BSHG, nämlich dem SGB XII) gewährt werden dürfen, dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen.
Da dem Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes bereits das Außerkrafttreten des BSHG bekannt gewesen ist (dies ergibt sich eindeutig aus der Gesetzesbegründung in dem Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit in der Bundestags-Drucksache - BT-Drucks. – 15/1749, S. 36 unter bb, wo auf die Nachfolgeregelung für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger eingegangen wird), hätte er bei entsprechender Intention den Wortlaut der Vorschrift umfassender formulieren können, indem er etwa anstelle von "Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz" allgemein von "Sozialhilfeleistungen" gesprochen hätte, oder er hätte die Voraussetzung, dass ein Bezug von Sozialhilfeleistungen ab dem 01.01.2005 das Beitrittsrecht ausschließt, in einem Nebensatz als weiteres Tatbestandsmerkmal in die Vorschrift aufnehmen können. Dass all dies nicht geschehen ist, spricht gegen die Rechtsauffassung der Beklagten.
Damit bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass die Beklagte ein "ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal" in den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V hineinliest.
Hierfür ergeben sich jedoch weder aus der Gesetzesbegründung noch aus sonstigen bei der Auslegung von Normen relevanten Auslegungsgesichtspunkten eindeutige Argumente.
Die Gesetzesbegründung (in der BT-Drucks. 15/1749, S. 36, aa0) lautet wie folgt:
"Das Beitrittsrecht nach Nummer 8 gibt einem eng begrenzten Personenkreis ehemaliger Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz ein einmaliges, befristetes Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung. Es trägt einem Anliegen des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages Rechnung, bei der Neuregelung der Versicherungspflicht von Sozialhilfeempfängern eine Regelung für Altfälle vorzusehen. Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger erhalten ab dem 1. Juli 2004 Arbeitslosengeld II und sind aufgrund des Bezugs dieser Leistung Pflichtmitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Ehemalige Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt hatten nach dem Ende des Bezugs von Sozialhilfe Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder als freiwilliges Mitglied bei Erfüllung der Vorversicherungszeiten. Die Erfüllung der Vorversicherungszeiten für eine freiwillige Mitgliedschaft setzte jedoch voraus, dass vor dem Bezug der Sozialhilfe bereits eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung bestanden hatte, so dass diese auch während des Sozialhilfebezugs fortgesetzt werden konnte. Beziehern von Sozialhilfe, die vor dem Bezug der Sozialhilfe zu keinem Zeitpunkt eine Zugangsmöglichkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung hatten, stand diese Möglichkeit einer freiwilligen Mitgliedschaft jedoch nicht offen. Sie sollen daher ein einmaliges Beitrittsrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung erhalten. Eine Gleichstellung mit Personen, die nach Inkrafttreten der Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld II Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung werden und diese Mitgliedschaft i. d. R. bei Aufnahme einer versicherungsfreien Beschäftigung oder einer selbständigen Tätigkeit fortsetzen können, erscheint geboten. Personen, die vor dem Sozialhilfebezug bereits privat krankenversichert waren, hatten dagegen grundsätzlich die Möglichkeit, diesen Versicherungsschutz während und nach dem Sozialhilfebezug fortzusetzen. Für diesen Personenkreis ist ein besonderes Beitrittsrecht daher nicht erforderlich."
Die Gesetzesbegründung bringt zwar leider nicht die absolute Klarheit in Bezug auf den Gesetzeszweck. Jedenfalls aber kann aus der dortigen Formulierung "ehemalige Bezieher von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt (nach dem Bundessozialhilfegesetz)" die Rechtsauffassung der Beklagten nicht zweifelsfrei hergeleitet werden, weil diese Formulierung bereits daraus resultiert, dass die Bezieher von Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz allein wegen des Außerkrafttretens des BSHG zum 31.12.2004 "ehemalig" sind. Es ist daher keinesfalls zwingend, dass ehemalige Bezieher von Sozialhilfeleistungen allgemein gemeint sein sollen.
Etwas anderes kann das Gericht auch nicht aus dem Umstand herleiten, dass die Gesetzesbegründung auf ein Anliegen des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages Bezug nimmt, dem laut Gesetzesbegründung mit dem Beitrittsrecht Rechnung getragen werden sollte. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) hatte in einem dort anhängigen Rechtstreit (L 11 KR 8/06) die Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses angefordert und eine Auskunft des Ministeriums eingeholt. Während auf den Inhalt der Auskunft des Ministeriums in dem Urteil des LSG NRW vom 26.04.2006 (Internetausdruck vom 19.06.2006 in www.sozialgerichtsbarkeit.de) nicht weiter Bezug genommen wird, führt das LSG NRW zu der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Folgendes aus:
"Die Petition betraf einen Selbständigen, der zuvor Sozialhilfe bezogen hatte und der die Möglichkeit eingeräumt haben wollte, der gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten. In der Beschlussempfehlung wird darauf hingewiesen, dass nach Art. 28 Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) beabsichtigt gewesen sei, auch Bezieher von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG in die GKV einzubeziehen. Diese Regelung sei noch nicht umgesetzt worden. Bei einer Umsetzung dieser Norm sollten auch Altfälle, `d. h. ehemalige Bezieher laufender Hilfe zum Lebensunterhalt’, berücksichtigt werden."
Die vom LSG NRW daraus gezogene Schlussfolgerung, das Aufgreifen der Formulierung des Petitionsausschusses in der zitierten Gesetzesbegründung zeige deutlich, dass das Beitrittsrecht einen abgeschlossenen Leistungsbezug voraussetze, kann das Gericht nicht teilen. Denn auch aus den vom LSG NRW zitierten Worten des Petitionsausschusses kann das Gericht nicht ableiten, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII das Beitrittsrecht ausschließen soll, da auch hier das Wort "ehemalige" vor "Beziehern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt" in Bezug zum Wegfall des BSHG zum 31.12.2004 gesetzt werden kann. Anders wäre es nur dann, wenn der Petitionsausschuss beim Abfassen der Beschlussempfehlung von dem Außerkraftreten des BSHG noch nichts gewusst haben sollte. Wann die Beschlussempfehlung formuliert worden ist und über welche Kenntnisse der Petitionsausschuss zu diesem Zeitpunkt verfügte, ist jedoch dem erkennenden Gericht unbekannt. Die Gesetzesbegründung (in der BT-Drucks. 15/1749) stammt vom 16.10.2003. Die Beschlussempfehlung muss daher zeitlich davor liegen. Selbst wenn aber dem Petitionsausschuss das Außerkrafttreten des BSHG unbekannt gewesen wäre, wird nicht hinreichend deutlich, dass er mit seiner Formulierung nur die Fälle gemeint hat, in denen der Bezug von Sozialhilfeleistungen allgemein geendet hat. Mit anderen Worten kann aus den vom LSG NRW zitierten Ausführungen des Petitionsausschusses nicht zweifelsfrei abgeleitet werden, dass er mit der Regelung der "Altfälle" solche nicht gemeint hat, bei denen ab dem 01.01.2005 Sozialleistungen bezogen werden.
Das Gericht hält die vom LSG NRW gezogene Schlussfolgerung zwar für möglich, aber nicht für überzeugend. Denn aus der Gesetzesbegründung geht jedenfalls eines klar hervorgeht: Ehemalige nicht erwerbsfähige Bezieher von Leistungen nach dem BSHG sollen erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern gleichgestellt werden. Dies hat folgenden Hintergrund:
Erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger erhalten mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II) bei Vorliegen der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen Arbeitslosengeld II und sind aufgrund dessen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V pflichtversichert, wohingegen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB XII eine Pflichtversicherung nicht begründet wird. Eine Gleichstellung im Sinne der Gesetzesbegründung kann daher nur darin liegen, dass diesem Personenkreis der ehemaligen Bezieher von Leistungen nach dem BSHG, die nicht kraft Gesetzes pflichtversichert werden (weil sie wegen Erwerbsunfähigkeit nicht den Pflichtversicherungstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V erfüllen), ein Beitrittsrecht in die freiwillige Mitgliedschaft eröffnet werden soll, wobei dies allerdings nur dann gilt, wenn diesen Personen bislang der Weg in die gesetzliche Krankenversicherung versperrt war ("keine Zugangsmöglichkeit zur GKV") und auch ein privater Versicherungsschutz nicht gegeben war. Dieser Gesetzeszweck der Gleichstellung setzt zwar nicht zwingend voraus, dass ab dem 01.01.2005 weiterhin Sozialhilfeleistungen bezogen werden, denn auch in Fällen des beendeten Leistungsbezugs würde ein Beitrittsrecht eröffnet werden. Jedoch ist hier dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Fälle eines spätestens am 31.12.2004 beendeten Leistungsbezugs im Falle vorherigen Bezugs von Sozialhilfeleistungen bei Erwerbsgeminderten äußerst selten sein dürften. Es würde sich dann nämlich um Personen handeln müssen, die ohne einen Versicherungspflichttatbestand zu erfüllen, seit dem 01.01.2005 nicht mehr bedürftig wären. Dies ist jedoch gerade bei solchen Personen, die vor dem Sozialhilfebezug weder privat noch gesetzlich krankenversichert waren, äußerst unwahrscheinlich, da diese in der Regel bereits vor dem Leistungsbezug nach dem BSHG keiner versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sind (denn dann hätte zuvor bereits eine Pflichtversicherung oder ggf. aufgrund von Vorversicherungszeiten eine freiwillige Mitgliedschaft bestanden). Somit dürfte von der Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nur eine sehr geringe Personenzahl betroffen sein (z. B. seit dem 01.01.2005 fehlende Bedürftigkeit aufgrund von Erbschaft, Lottogewinn). Es erscheint jedoch unwahrscheinlich, dass der Gesetzgeber mit der Beitrittsregelung ausschließlich derartige Einzelfälle erfassen wollte.
Auch kann nach Überzeugung des Gerichts nicht dahingehend argumentiert werden, ein Beitrittsrecht von Beziehern von SGB XII-Leistungen scheide aus, weil der Gesetzgeber für diesen Personenkreis die Übernahme von Krankenbehandlung in § 264 SGB V geregelt habe. Die Vorschrift des § 264 SGB V schließt nämlich nicht aus, dass aufgrund einer anderen Vorschrift eine Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung begründet wird. Personen, die die Kriterien des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V nicht erfüllen (z. B. weil sie vor dem Bezug von Leistungen nach dem BSHG schon einmal krankenversichert waren oder den Beitritt nicht innerhalb der Frist erklären), können unter § 264 SGB V fallen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in § 264 SGB V für alle SGB XII-Empfänger eine abschließende Regelung getroffen hat und die Begründung einer gesetzlichen Krankenversicherung daher generell ausgeschlossen sein soll. Dies kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass das Vorhaben, diesen Personenkreis in die Versicherungspflicht einzubeziehen, vom Gesetzgeber aufgegeben wurde (Peters in Kasseler Kommentar, aa0, § 5 Rz. 148, zitiert nach LSG NRW aa0). Denn § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 SGB V schafft ein Beitrittsrecht nicht für alle Bezieher von SGB XII-Leistungen, sondern nur für solche, die die übrigen Voraussetzungen dieser Vorschrift (keine vorherige Krankenversicherung, Einhaltung der 6-Monats-Frist) erfüllen. Im Übrigen ergibt sich der Grund für die Differenzierung des Gesetzgebers danach, ob zuvor schon einmal eine Krankenversicherung bestanden hatte, daraus, dass er einem Personenkreis, der noch nie die Chance auf eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gehabt hatte, diese Chance für einen befristeten Zeitraum geben wollte.
Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Gesetzeswortlauts und der Gesetzesbegründung fest, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB XII ab dem 01.01.2005 das Beitrittsrecht des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht behindert.
Da der Beitritt innerhalb der 6-Monatsfrist erfolgt ist, ist der Kläger ab dem 01.01.2005 Mitglied der Beklagten geworden.
Die dem entgegenstehende Entscheidung der Beklagten war aufzuheben und die Beklagte zur Feststellung des Bestehens dieses Versicherungsverhältnisses zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei das Gericht hierbei dem Umstand Rechnung getragen hat, dass die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.
Die Rechtsmittelbelehrung folgt aus §§ 143, 144 SGG.
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