Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 3 SF 21/10 E
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. § 278 Abs. 6 ZPO ist im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar.
2. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen und für die eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, fällt eine Terminsgebühr nicht an, wenn das Verfahren durch einen gem. § 278 Abs. 6 ZPO protokollierten gerichtlichen Vergleich beendet wird.
3. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG ist in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, weder direkt noch analog anwendbar.
2. In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen und für die eine mündliche Verhandlung vorgesehen ist, fällt eine Terminsgebühr nicht an, wenn das Verfahren durch einen gem. § 278 Abs. 6 ZPO protokollierten gerichtlichen Vergleich beendet wird.
3. Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1, 3. Alt. VV RVG ist in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, weder direkt noch analog anwendbar.
1. Die Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12.04.2010 für das Verfahren S 4 U 6/09 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens S 4 U 6/09.
Der Erinnerungsführer hat im Ausgangsverfahren am 16.02.2009 Klage zum SG Fulda erhoben. Das Verfahren endete am 25.01.2010 durch gerichtlichen Vergleich, den der Vorsitzende der 4. Kammer gem. § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 202 SGG protokolliert hat.
Ausweislich des Vergleichs verpflichtete sich die Erinnerungsgegnerin dem Erinnerungsführer die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 05.02.2010 beantragte der Erinnerungsführer, die Kosten wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,- EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 200,- EUR
Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG 190,- EUR
47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG 23,50 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR
Zwischensumme 733,50 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 139,37 EUR
Gesamt 872,87 EUR
Davon habe die Beklagte 436,44 EUR zu tragen.
Mit Schreiben vom 24.02.2010 beanstandete die Erinnerungsgegnerin die begehrte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG. Ein Termin habe nicht stattgefunden.
Mit Kostenfestsetzung vom 12.04.2010 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die erstattungsfähigen Kosten wie folgt fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,- EUR
Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG 190,- EUR
47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG 23,50 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR
Zwischensumme 533,50 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 101,37 EUR
Gesamt 634,87 EUR
Davon habe die Beklagte 317,44 EUR zu erstatten.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Terminsgebühr nicht angefallen sei.
Gegen die am 22.04.2010 zugestellte Kostenfestsetzung hat der Erinnerungsführer am 28.04.2010 Erinnerung erhoben. Der Erinnerungsführer ist unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Sozialgerichts Mannheim der Auffassung, dass eine Terminsgebühr angefallen sei. Er beantragt, den Beschluss des Urkundsbeamten vom 12.04.2010 entsprechend abzuändern.
Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die Erinnerungsgegnerin hält die angegriffene Kostenfestsetzung für rechtmäßig und beantragt die Erinnerung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akten des Ausgangsverfahrens SG Fulda S 4 U 6/09 Bezug genommen.
II.
Die gem. § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig aber unbegründet. Der Urkundsbeamte hat die Kosten rechtsfehlerfrei festgesetzt. Eine Terminsgebühr ist vorliegend nicht angefallen.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen.
Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers ist vorliegend eine Terminsgebühr nicht angefallen.
Klarstellend weist die Kammer eingangs darauf hin, dass sie § 278 Abs. 6 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält (wie hier: LEITHERER, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2008, § 101 Rn. 9; ROLLER, in: HK-SGG, 3. Aufl. 2008, § 101 Rn. 7; a.A. Sächsisches LSG, Beschl. v. 09.12.2010 – L 6 AS 438/10 B, juris R. 48 ff.).
In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen, fehlt es im Hinblick auf die fiktive Terminsgebühr an einer der Nr. 3104 VV RVG für die Wertgebühren entsprechenden Norm für Verfahren, die durch protokollierten gerichtlichen Vergleich beendet werden. Nr. 3106 VV RVG sieht eine entsprechende fiktive Terminsgebühr nicht vor. Die Kammer schließt sich insoweit der übereinstimmenden Rechtsprechung der Landessozialgerichte an, wonach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG auch nicht analog auf Verfahren nach § 183 SGG Anwendung findet (jüngst LSG NRW, Beschl. v. 23.02.2011 – L 19 AS 1522/10 B, juris Rn. 31 m.w.N.; HessLSG, Beschl. v. 10.09.2009 – L 2 SF 222/09).
Das gefundene Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 2006 entschieden hat, worauf der Urkundsbeamte zutreffend hingewiesen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2006 1 BvR 2091/06, juris Rn. 9).
Der gegenteiligen – vom Erinnerungsgegner in Bezug genommenen – Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim steht der Gesetzeswortlaut entgegen. Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen nicht vor (vgl. dazu jüngst SG Stuttgart, Beschl. 14.01.2011 S 20 SF 7180/10 E, juris Rn. 22).
Die Kostenentscheidung folgt der Sachentscheidung.
Für das Erinnerungsverfahren sind gem. § 3 GKG i.V.m. Teil 7 der Anlage 1 des GKG Gerichtskosten nicht vorgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die erstattungsfähigen Kosten des Verfahrens S 4 U 6/09.
Der Erinnerungsführer hat im Ausgangsverfahren am 16.02.2009 Klage zum SG Fulda erhoben. Das Verfahren endete am 25.01.2010 durch gerichtlichen Vergleich, den der Vorsitzende der 4. Kammer gem. § 278 Abs. 6 ZPO i.V.m. § 202 SGG protokolliert hat.
Ausweislich des Vergleichs verpflichtete sich die Erinnerungsgegnerin dem Erinnerungsführer die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 05.02.2010 beantragte der Erinnerungsführer, die Kosten wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,- EUR
Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG 200,- EUR
Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG 190,- EUR
47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG 23,50 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR
Zwischensumme 733,50 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 139,37 EUR
Gesamt 872,87 EUR
Davon habe die Beklagte 436,44 EUR zu tragen.
Mit Schreiben vom 24.02.2010 beanstandete die Erinnerungsgegnerin die begehrte Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG. Ein Termin habe nicht stattgefunden.
Mit Kostenfestsetzung vom 12.04.2010 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die erstattungsfähigen Kosten wie folgt fest:
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG 300,- EUR
Vergleichs- bzw. Erledigungsgebühr, Nr.1006 VV RVG 190,- EUR
47 Fotokopien, Nr. 7000 1a VV RVG 23,50 EUR
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,- EUR
Zwischensumme 533,50 EUR
19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 101,37 EUR
Gesamt 634,87 EUR
Davon habe die Beklagte 317,44 EUR zu erstatten.
Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Terminsgebühr nicht angefallen sei.
Gegen die am 22.04.2010 zugestellte Kostenfestsetzung hat der Erinnerungsführer am 28.04.2010 Erinnerung erhoben. Der Erinnerungsführer ist unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Sozialgerichts Mannheim der Auffassung, dass eine Terminsgebühr angefallen sei. Er beantragt, den Beschluss des Urkundsbeamten vom 12.04.2010 entsprechend abzuändern.
Der Urkundsbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen und diese der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
Die Erinnerungsgegnerin hält die angegriffene Kostenfestsetzung für rechtmäßig und beantragt die Erinnerung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Akten des Ausgangsverfahrens SG Fulda S 4 U 6/09 Bezug genommen.
II.
Die gem. § 197 Abs. 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig aber unbegründet. Der Urkundsbeamte hat die Kosten rechtsfehlerfrei festgesetzt. Eine Terminsgebühr ist vorliegend nicht angefallen.
Gem. § 3 Abs. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen das GKG nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren. In sonstigen Verfahren werden die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet, wenn der Auftraggeber nicht zu den in § 183 des SGG genannten Personen gehört. Da der Erinnerungsführer zu dem Kreis der Personen nach § 183 SGG zählt und das GKG somit nicht anwendbar ist, entstehen vorliegend Betragsrahmengebühren. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung auch im Anwendungsbereich des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ein gewisser Toleranzrahmen zusteht. Unbilligkeit liegt vor, wenn er die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet. Dabei ist für jede Rahmengebühr eine eigene Prüfung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG erforderlich. Die unterschiedliche Abgeltung der anwaltlichen Tätigkeit mit unterschiedlichen Gebühren verbietet es, die Bewertung bei einer Rahmengebühr automatisch auf eine andere Rahmengebühr zu übertragen.
Entgegen der Auffassung des Erinnerungsführers ist vorliegend eine Terminsgebühr nicht angefallen.
Klarstellend weist die Kammer eingangs darauf hin, dass sie § 278 Abs. 6 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält (wie hier: LEITHERER, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2008, § 101 Rn. 9; ROLLER, in: HK-SGG, 3. Aufl. 2008, § 101 Rn. 7; a.A. Sächsisches LSG, Beschl. v. 09.12.2010 – L 6 AS 438/10 B, juris R. 48 ff.).
In sozialgerichtlichen Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren anfallen, fehlt es im Hinblick auf die fiktive Terminsgebühr an einer der Nr. 3104 VV RVG für die Wertgebühren entsprechenden Norm für Verfahren, die durch protokollierten gerichtlichen Vergleich beendet werden. Nr. 3106 VV RVG sieht eine entsprechende fiktive Terminsgebühr nicht vor. Die Kammer schließt sich insoweit der übereinstimmenden Rechtsprechung der Landessozialgerichte an, wonach Nr. 3104 Abs. 1 Nr. 1 3. Alt. VV RVG auch nicht analog auf Verfahren nach § 183 SGG Anwendung findet (jüngst LSG NRW, Beschl. v. 23.02.2011 – L 19 AS 1522/10 B, juris Rn. 31 m.w.N.; HessLSG, Beschl. v. 10.09.2009 – L 2 SF 222/09).
Das gefundene Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wie das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahre 2006 entschieden hat, worauf der Urkundsbeamte zutreffend hingewiesen hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.2006 1 BvR 2091/06, juris Rn. 9).
Der gegenteiligen – vom Erinnerungsgegner in Bezug genommenen – Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim steht der Gesetzeswortlaut entgegen. Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen nicht vor (vgl. dazu jüngst SG Stuttgart, Beschl. 14.01.2011 S 20 SF 7180/10 E, juris Rn. 22).
Die Kostenentscheidung folgt der Sachentscheidung.
Für das Erinnerungsverfahren sind gem. § 3 GKG i.V.m. Teil 7 der Anlage 1 des GKG Gerichtskosten nicht vorgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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