Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 7 SO 42/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der versehentliche doppelte Abzug von Stellplatzkosten bei der Berechnung der angemessenen Unterkunftskosten kann aus Anlass eines Widerspruchs berichtigt werden, ohne die Kostenfolge des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X auszulösen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin BB. aus B-Stadt wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für ein Widerspruchsverfahren. Die Klägerin bezieht seit dem 01.10.2008 Leistungen nach dem SGB XII von der Beklagten. Von den Kosten der Kaltmiete der Klägerin in Höhe von 237,10 EUR wurden von der Beklagten 217,50 EUR anerkannt. Daneben von der Klägerin an ihre Vermieterin zu zahlende 20,45 EUR für einen Abstellplatz wurden von der Beklagten überhaupt nicht anerkannt. Mit Schreiben vom 29.03.2011 kündigte die Vermieterin der Klägerin eine Mieterhöhung um 19,39 EUR auf insgesamt 256,49 EUR an. Nachdem die Klägerin dieses Schreiben an die Beklagte weitergeleitet hatte, teilte diese zunächst mit, dass sie weiterhin die Kaltmiete nur in Höhe von maximal 217,15 EUR berücksichtigen werde. Das von der Beklagten eingeschaltete Kreisgesundheitsamt des Landkreises A-Stadt kam am 24.05.2011 zu der Einschätzung, dass der Klägerin ein Umzug nicht mehr zuzumuten sei, da sie täglich der Hilfe durch die im Hause lebende Schwester benötige.
Mit Bescheid vom 30.05.2011 erkannte die Beklagte ab dem 01.05.2011 eine Kaltmiete in Höhe von 236,04 EUR an. In diesem Bescheid, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 147 ff. BA), heißt es: "Das Kreisgesundheitsamt A-Stadt teilte uns mit Schreiben vom 24.05.2011 mit, dass ihnen ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung nicht zuzumuten ist. Die Kaltmiete erhöhte sich ab dem 10.05.2011 auf 236,04 EUR zuzüglich 20,45 EUR Kosten für einen Abstellplatz. Wir werden aufgrund der Feststellungen durch das Kreisgesundheitsamt rückwirkend ab 01.05.2011 eine Kaltmiete in Höhe von 236,04 EUR berücksichtigen. Wir bitten um Beachtung, dass die Kosten für einen Abstellplatz in der Vergangenheit ebenfalls nicht berücksichtigt wurden. Jedoch wurde bei ihnen im Zuge einer Ermessensentscheidung und unter Berücksichtigung der geringen Differenz die maximale Kaltmiete in Höhe von 217,50 EUR anstatt 216,65 EUR anerkannt. Es steht in ihrem Dispositionsbereich den Abstellplatz anderweitig zu vermieten. Bitte informieren Sie Ihrem Rechtsanwalt über die rückwirkende Anerkennung der Kaltmietkosten."
Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 07.06.2011 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, dass die Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgehe. Nach der Erhöhung habe die Kaltmiete 256,49 EUR zuzüglich 20,45 EUR für den Stellplatz betragen. Der Bescheid vom 30.05.2011 sei deshalb bereits deswegen rechtswidrig, weil ihm die falschen Tatsachen zugrunde gelegt worden seien.
Mit Bescheid vom 10.06.2011 wurden die der Klägerin zustehenden Leistungen neu berechnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in ihrem Bescheid vom 30.05.2011 die Beklagte versehentlich einen Rechenfehler vorgenommen habe. Selbstverständlich sei nach entsprechender Stellungnahme des Kreisgesundheitsamtes beabsichtigt gewesen, die neue Kaltmiete in Höhe von 256,49 EUR als Bedarf zu berücksichtigen. Die Nachzahlung für die Monate Mai und Juni betrage 40,90 EUR und werde in den nächsten Tagen überwiesen. Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15.06.2011 wandte sich die Klägerin gegen die Auffassung der Beklagten, dass es sich um einen Rechenfehler gehandelt habe. Bei einem Rechenfehler könne der Betrachter alleine aus dem in Frage kommenden Bescheid die Unregelmäßigkeiten feststellen und gegebenenfalls nachrechnen. Hier sei dies nicht der Fall gewesen. Da der Widerspruch erfolgreich gewesen sei, seien die Kosten der Rechtsverfolgung von der Beklagten gemäß § 63 SGB X zu erstatten. In dem Abhilfebescheid vom 10.06.2011 sei jedoch keine Kostengrundentscheidung erfolgt. Nachdem die Beklagte ihren Standpunkt beibehielt, hat die Klägerin am 05.08.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Auffassung der Beklagten fehlerhaft sei. Der angefochtene Bescheid vom 30.05.2011 sei rechtswidrig gewesen. Dieser Bescheid sei nur aufgrund der Tätigkeit der Klägerbevollmächtigten "abgeändert" worden. Die Klägerin habe deshalb einen Anspruch auf die Erstattung der ihr im Vorverfahren entstandenen Kosten in Höhe von 309,40 EUR. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der Widerspruch im Sinne des § 63 Absatz ein S. 1 SGB X dann erfolgreich, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, eine Kostenentscheidung über den Widerspruch der Klägerin vom 07.06.2011 zu treffen. Der Klägerin für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin BB. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Kostenentscheidung habe. Die Beklagte habe den angefochtenen Bescheid nach § 38 SGB X korrigiert, da er eine offenbare Unrichtigkeit enthalten habe, nicht jedoch rechtswidrig gewesen sei. Eine Kostenentscheidung sei für ein solches Berichtigungsverfahren gesetzlich nicht vorgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin BB. ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO. Das Unterlassen einer Kostenentscheidung im Bescheid vom 10.06.2011 war rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des von der Klägerin herangezogenen - und alleine in Betracht kommenden - § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch ist nur dann erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2006 – SozR 4-1300 § 63 SGB X Nr. 5 m.w.N.). Diese ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung ist dort zu bejahen, wo entweder die Ausgangsbehörde dem Widerspruch abgeholfen hat, oder - hier nicht einschlägig - die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch stattgegeben hat. Dagegen fehlt es an einer "begünstigenden Entscheidung" - und damit an den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X - wo die Ausgangsbehörde ihre ursprüngliche Entscheidung lediglich nach Maßgabe von § 38 SGB X berichtigt. Nach § 38 S. 1 SGB X kann die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Es darf sich aber immer nur um solche Unrichtigkeiten handeln, die nicht einen Fehler in der Willensbildung darstellen, sondern darauf beruhen, dass der Wille der Behörde fehlerhaft zum Ausdruck gekommen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.1990 - BSGE 67,70 (71) m.w.N.). So hat die sozialgerichtliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 20.7.1971 - Breithaupt 1971, 1036 (1038) eine solche Unrichtigkeit dann angenommen, wo in einem Rentenbescheid österreichische und deutsche Versicherungszeiten versehentlich vertauscht worden waren. Denn dabei habe es sich nicht um einen Fehler in der Willensbildung gehandelt; es seien nicht etwa falsche Überlegungen hinsichtlich der Aufteilung der Versicherungslast angestellt worden. Es liege vielmehr ein Fehler im Ausdruck des Willens vor, der weder auf einer unrichtigen Tatsachenwertung noch einem Rechtsirrtum beruhte, sondern eher als ein Verschreiben zu werten sei. Eine solche, einem mechanischen Fehler gleich zu achtender Unrichtigkeit hat die Rechtsprechung in einem vergleichbaren Fall (BFH, Urteil vom 08.03.1989 - BFHE 156, 59) in Anwendung des dem § 38 S. 1 SGB X entsprechenden § 129 AO bei der doppelten Berücksichtigung des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG angenommen, weil es sich um ein mechanisches Versehen gehandelt habe, da jede Möglichkeit eines Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder unvollständige Sachaufklärung bzw. fehlerhafte Tatsachenwürdigung ausgeschlossen werden könne. Die Beklagte hatte von Anfang an - neben der von ihr übernommenen, gekürzten Kaltmiete - die Übernahme von 20,45 EUR als Vergütung für die Überlassung eines Stellplatzes als Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abgelehnt. Wenn die Beklagte im Bescheid vom 30.05.2011 von der Kaltmiete wiederum 20,45 EUR als Kosten für einen Abstellplatz abzieht, dann ist nach Auffassung des beschließenden Gerichts in dieser doppelten Berücksichtigung der Stellplatzkosten zum Nachteil der Klägerin ein "mechanisches Versehen" im Sinne der obigen Darlegungen anzunehmen. Für die Berichtigung nach § 38 S. 1 SGB X genügt es allerdings nicht, dass in dem Verwaltungsakt ein Rechenfehler enthalten ist. Der Fehler muss offenbar sein. Für die Frage, ob eine Unrichtigkeit offenbar im Sinne des § 38 S. 1 SGB X ist, kommt es nicht auf das Erkenntnisvermögen des jeweiligen Bescheidempfängers an. Maßstab kann vielmehr nur ein verständiger Leser sein. Nur wenn er in der Lage ist, den Fehler unschwer zu erkennen, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor (Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.1990 - a.a.O.). Nach Auffassung des beschließenden Gerichts wäre einem mit den Verhältnissen vertrauten, verständigen Leser des Bescheides vom 30.05.2011 ohne weiteres aufgefallen, dass mit diesem Bescheid wegen Unzumutbarkeit eines Umzuges die tatsächliche Kaltmiete übernommen wurde, allerdings gekürzt um die Kosten der Stellplatz in Höhe von 20,45 EUR. Einem mit den Verhältnissen vertrauten Dritten hätte sich ohne weiteres offenbart, dass die Kosten des Stellplatzes von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt übernommen worden waren, dass also für die "erneute" Kürzung der Kaltmiete den Betrag von 20,45 EUR keinerlei Raum war.
Für die von der Klägerin begehrte Kostenentscheidung ist deshalb kein Raum.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, da in der Hauptsache der nach § 144 Abs. 1 SGG erforderliche Wert der Beschwer von mehr als 750,00 EUR nicht erreicht wird und auch Leistungen für mehr als ein Jahr nicht betroffen sind (Hessisches LSG, Beschluss vom 04.10.2010 - L 7 AS 406//10 B – Juris).
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Rechtsanwaltskosten für ein Widerspruchsverfahren. Die Klägerin bezieht seit dem 01.10.2008 Leistungen nach dem SGB XII von der Beklagten. Von den Kosten der Kaltmiete der Klägerin in Höhe von 237,10 EUR wurden von der Beklagten 217,50 EUR anerkannt. Daneben von der Klägerin an ihre Vermieterin zu zahlende 20,45 EUR für einen Abstellplatz wurden von der Beklagten überhaupt nicht anerkannt. Mit Schreiben vom 29.03.2011 kündigte die Vermieterin der Klägerin eine Mieterhöhung um 19,39 EUR auf insgesamt 256,49 EUR an. Nachdem die Klägerin dieses Schreiben an die Beklagte weitergeleitet hatte, teilte diese zunächst mit, dass sie weiterhin die Kaltmiete nur in Höhe von maximal 217,15 EUR berücksichtigen werde. Das von der Beklagten eingeschaltete Kreisgesundheitsamt des Landkreises A-Stadt kam am 24.05.2011 zu der Einschätzung, dass der Klägerin ein Umzug nicht mehr zuzumuten sei, da sie täglich der Hilfe durch die im Hause lebende Schwester benötige.
Mit Bescheid vom 30.05.2011 erkannte die Beklagte ab dem 01.05.2011 eine Kaltmiete in Höhe von 236,04 EUR an. In diesem Bescheid, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Blatt 147 ff. BA), heißt es: "Das Kreisgesundheitsamt A-Stadt teilte uns mit Schreiben vom 24.05.2011 mit, dass ihnen ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung nicht zuzumuten ist. Die Kaltmiete erhöhte sich ab dem 10.05.2011 auf 236,04 EUR zuzüglich 20,45 EUR Kosten für einen Abstellplatz. Wir werden aufgrund der Feststellungen durch das Kreisgesundheitsamt rückwirkend ab 01.05.2011 eine Kaltmiete in Höhe von 236,04 EUR berücksichtigen. Wir bitten um Beachtung, dass die Kosten für einen Abstellplatz in der Vergangenheit ebenfalls nicht berücksichtigt wurden. Jedoch wurde bei ihnen im Zuge einer Ermessensentscheidung und unter Berücksichtigung der geringen Differenz die maximale Kaltmiete in Höhe von 217,50 EUR anstatt 216,65 EUR anerkannt. Es steht in ihrem Dispositionsbereich den Abstellplatz anderweitig zu vermieten. Bitte informieren Sie Ihrem Rechtsanwalt über die rückwirkende Anerkennung der Kaltmietkosten."
Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 07.06.2011 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, dass die Beklagte von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgehe. Nach der Erhöhung habe die Kaltmiete 256,49 EUR zuzüglich 20,45 EUR für den Stellplatz betragen. Der Bescheid vom 30.05.2011 sei deshalb bereits deswegen rechtswidrig, weil ihm die falschen Tatsachen zugrunde gelegt worden seien.
Mit Bescheid vom 10.06.2011 wurden die der Klägerin zustehenden Leistungen neu berechnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass in ihrem Bescheid vom 30.05.2011 die Beklagte versehentlich einen Rechenfehler vorgenommen habe. Selbstverständlich sei nach entsprechender Stellungnahme des Kreisgesundheitsamtes beabsichtigt gewesen, die neue Kaltmiete in Höhe von 256,49 EUR als Bedarf zu berücksichtigen. Die Nachzahlung für die Monate Mai und Juni betrage 40,90 EUR und werde in den nächsten Tagen überwiesen. Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 15.06.2011 wandte sich die Klägerin gegen die Auffassung der Beklagten, dass es sich um einen Rechenfehler gehandelt habe. Bei einem Rechenfehler könne der Betrachter alleine aus dem in Frage kommenden Bescheid die Unregelmäßigkeiten feststellen und gegebenenfalls nachrechnen. Hier sei dies nicht der Fall gewesen. Da der Widerspruch erfolgreich gewesen sei, seien die Kosten der Rechtsverfolgung von der Beklagten gemäß § 63 SGB X zu erstatten. In dem Abhilfebescheid vom 10.06.2011 sei jedoch keine Kostengrundentscheidung erfolgt. Nachdem die Beklagte ihren Standpunkt beibehielt, hat die Klägerin am 05.08.2011 Klage erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Auffassung der Beklagten fehlerhaft sei. Der angefochtene Bescheid vom 30.05.2011 sei rechtswidrig gewesen. Dieser Bescheid sei nur aufgrund der Tätigkeit der Klägerbevollmächtigten "abgeändert" worden. Die Klägerin habe deshalb einen Anspruch auf die Erstattung der ihr im Vorverfahren entstandenen Kosten in Höhe von 309,40 EUR. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei der Widerspruch im Sinne des § 63 Absatz ein S. 1 SGB X dann erfolgreich, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, eine Kostenentscheidung über den Widerspruch der Klägerin vom 07.06.2011 zu treffen. Der Klägerin für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin BB. zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Kostenentscheidung habe. Die Beklagte habe den angefochtenen Bescheid nach § 38 SGB X korrigiert, da er eine offenbare Unrichtigkeit enthalten habe, nicht jedoch rechtswidrig gewesen sei. Eine Kostenentscheidung sei für ein solches Berichtigungsverfahren gesetzlich nicht vorgesehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die einschlägige Behördenakte (1 Hefter) verwiesen.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin BB. ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 73 a SGG i. V. m. § 114 ZPO. Das Unterlassen einer Kostenentscheidung im Bescheid vom 10.06.2011 war rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen des von der Klägerin herangezogenen - und alleine in Betracht kommenden - § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur Zweck entsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Ein Widerspruch ist nur dann erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X, wenn zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung der Behörde eine ursächliche Verknüpfung im Rechtssinne besteht (Bundessozialgericht, Urteil vom 17.10.2006 – SozR 4-1300 § 63 SGB X Nr. 5 m.w.N.). Diese ursächliche Verknüpfung zwischen Rechtsbehelf und begünstigender Entscheidung ist dort zu bejahen, wo entweder die Ausgangsbehörde dem Widerspruch abgeholfen hat, oder - hier nicht einschlägig - die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch stattgegeben hat. Dagegen fehlt es an einer "begünstigenden Entscheidung" - und damit an den Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X - wo die Ausgangsbehörde ihre ursprüngliche Entscheidung lediglich nach Maßgabe von § 38 SGB X berichtigt. Nach § 38 S. 1 SGB X kann die Behörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in einem Verwaltungsakt jederzeit berichtigen. Es darf sich aber immer nur um solche Unrichtigkeiten handeln, die nicht einen Fehler in der Willensbildung darstellen, sondern darauf beruhen, dass der Wille der Behörde fehlerhaft zum Ausdruck gekommen ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.1990 - BSGE 67,70 (71) m.w.N.). So hat die sozialgerichtliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 20.7.1971 - Breithaupt 1971, 1036 (1038) eine solche Unrichtigkeit dann angenommen, wo in einem Rentenbescheid österreichische und deutsche Versicherungszeiten versehentlich vertauscht worden waren. Denn dabei habe es sich nicht um einen Fehler in der Willensbildung gehandelt; es seien nicht etwa falsche Überlegungen hinsichtlich der Aufteilung der Versicherungslast angestellt worden. Es liege vielmehr ein Fehler im Ausdruck des Willens vor, der weder auf einer unrichtigen Tatsachenwertung noch einem Rechtsirrtum beruhte, sondern eher als ein Verschreiben zu werten sei. Eine solche, einem mechanischen Fehler gleich zu achtender Unrichtigkeit hat die Rechtsprechung in einem vergleichbaren Fall (BFH, Urteil vom 08.03.1989 - BFHE 156, 59) in Anwendung des dem § 38 S. 1 SGB X entsprechenden § 129 AO bei der doppelten Berücksichtigung des Freibetrages nach § 16 Abs. 4 EStG angenommen, weil es sich um ein mechanisches Versehen gehandelt habe, da jede Möglichkeit eines Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder unvollständige Sachaufklärung bzw. fehlerhafte Tatsachenwürdigung ausgeschlossen werden könne. Die Beklagte hatte von Anfang an - neben der von ihr übernommenen, gekürzten Kaltmiete - die Übernahme von 20,45 EUR als Vergütung für die Überlassung eines Stellplatzes als Leistung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung abgelehnt. Wenn die Beklagte im Bescheid vom 30.05.2011 von der Kaltmiete wiederum 20,45 EUR als Kosten für einen Abstellplatz abzieht, dann ist nach Auffassung des beschließenden Gerichts in dieser doppelten Berücksichtigung der Stellplatzkosten zum Nachteil der Klägerin ein "mechanisches Versehen" im Sinne der obigen Darlegungen anzunehmen. Für die Berichtigung nach § 38 S. 1 SGB X genügt es allerdings nicht, dass in dem Verwaltungsakt ein Rechenfehler enthalten ist. Der Fehler muss offenbar sein. Für die Frage, ob eine Unrichtigkeit offenbar im Sinne des § 38 S. 1 SGB X ist, kommt es nicht auf das Erkenntnisvermögen des jeweiligen Bescheidempfängers an. Maßstab kann vielmehr nur ein verständiger Leser sein. Nur wenn er in der Lage ist, den Fehler unschwer zu erkennen, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor (Bundessozialgericht, Urteil vom 31.05.1990 - a.a.O.). Nach Auffassung des beschließenden Gerichts wäre einem mit den Verhältnissen vertrauten, verständigen Leser des Bescheides vom 30.05.2011 ohne weiteres aufgefallen, dass mit diesem Bescheid wegen Unzumutbarkeit eines Umzuges die tatsächliche Kaltmiete übernommen wurde, allerdings gekürzt um die Kosten der Stellplatz in Höhe von 20,45 EUR. Einem mit den Verhältnissen vertrauten Dritten hätte sich ohne weiteres offenbart, dass die Kosten des Stellplatzes von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt übernommen worden waren, dass also für die "erneute" Kürzung der Kaltmiete den Betrag von 20,45 EUR keinerlei Raum war.
Für die von der Klägerin begehrte Kostenentscheidung ist deshalb kein Raum.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, da in der Hauptsache der nach § 144 Abs. 1 SGG erforderliche Wert der Beschwer von mehr als 750,00 EUR nicht erreicht wird und auch Leistungen für mehr als ein Jahr nicht betroffen sind (Hessisches LSG, Beschluss vom 04.10.2010 - L 7 AS 406//10 B – Juris).
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