S 4 KR 997/11

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 997/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 97/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Entgeltvereinbarungen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG (NUB-Vereinbarungen) können nur mit Geltung für ein oder mehrere Kalenderjahr(e) abgeschlossen werden; dem Begriff „befristete“ in § 6 Abs. 2 S. 1 KHEntgG kommt keine darüber hinausgehende oder Abweichungen zulassende Bedeutung zu.

2. § 15 Abs. 2 KHEntgG gilt auch für fallbezogene Entgelte für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden i.S.d. § 6 Abs. 2 KHEntgG. Nach Ablauf der Geltungsdauer einer NUB-Vereinbarung können die bis dahin vereinbarten fallbezogenen Entgelte somit über den 31. Dezember eines Jahres hinaus der Höhe nach weiter erhoben werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn (nachträglich) für das Folgekalenderjahr eine weitere NUB Vereinbarung geschlossen wird. Ob und unter welchen Bedingungen ein Anspruch eines Krankenhauses auf den Abschluss einer solchen Anschlussvereinbarung besteht, bleibt offen.

3. Der Weitererhebung der Entgelte gem. §§ 15 Abs. 2 i.V.m. 6 Abs. 2 KHEntgG steht nicht entgegen, dass ein Erlösausgleich im Sinne eines „Preisausgleichs“ gem. §§ 15 Abs. 3 i.V.m. 5 Abs. 4 KHEntgG für diese Entgelte ausscheiden dürfte.
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 965 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24. Mai 2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für die Anwendung einer so genannten "neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode" (NUB) im Mai 2010 bei einem bei der Beklagten versicherten Patienten.

Im Krankenhaus der Beklagten wird im Rahmen seines Versorgungsauftrags eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode angewandt in Form eines "Drug Eluting Balloon". Hierbei handelte es sich um einen medikamentenfreisetzenden Ballon in Koronargefäßen. Diese Methode wurde zum damaligen Zeitpunkt nicht mit den DRG-Fallpauschalen und bundeseinheitlich bepreisten Zusatzentgelten abgebildet, so dass für die Vergütung dieser Methode gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 KHEntgG ein krankenindividuell vereinbartes Entgelt erforderlich war.

Eine diesbezügliche Vereinbarung schlossen die Beteiligten erstmals am 23. Oktober 2009 für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2009 mit einem Entgelt pro Behandlungsfall von 965 EUR (im Folgenden: NUB-Vereinbarung 2009). Mit Bescheid vom 30. Oktober 2009 genehmigte das Regierungspräsidium Gießen gemäß § 14 KHEntgG diese Vereinbarung mit Wirkung vom 1. November bis 31. Dezember 2009.

Erst am 3. August 2010 kam es zwischen den Beteiligten bezüglich des "Drug Eluting Balloon" zu einer weiteren Entgelt-Vereinbarung (im Folgenden: NUB-Vereinbarung 2010) mit folgendem Wortlaut:

"1. Die Parteien einigen sich für das Jahr 2010 auf folgende Entgelthöhe: NUB 3 = 1.100,00 EUR NUB 8 = 8,00 EUR 2. Diese Vereinbarung gilt befristet bis zum 30.04.2011. ( ) 3. Diese Entgelte sind ab Genehmigung dieser Vereinbarung bis zum 30.04.2011 abrechenbar und sind unabhängig von einer Vereinbarung gem. § 4 KHEntgG vereinbart."

Die Bezeichnung "NUB 3" meint den hier streitgegenständlichen Drug Eluting Balloon.

Das Regierungspräsidium Gießen erteilte mit Bescheid vom 30. August 2010 die Genehmigung der NUB-Vereinbarung 2010 mit Wirkung ab dem 1. September 2010, ohne dabei – anders als im Bescheid vom 30. Oktober 2009 – eine ausdrückliche Befristung der Genehmigung auszusprechen. Es führte vielmehr aus: "Die Abrechnung ist bis zum 30.04.2011 vereinbart."

Mit Datum vom 21. April 2011 stellte die Klägerin der Beklagten die Vergütung für die Anwendung des "Drug Eluting Balloon" bei deren Versichertem (,,,) i. H. v. 965 EUR in Rechnung, die die Beklagten nicht ausglich mit der Begründung, dass die NUB-Vereinbarung 2009 keine Abrechnungsgrundlage für Behandlungen im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. August 2010 darstelle.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 7. November 2011 hat die Klägerin Klage erhoben und verlangt die in Rechnung gestellte Vergütung. Sie führt zur Begründung aus, dass das im Jahr 2009 vereinbarte Entgelt (965 EUR pro Behandlungsfall) so lange weiter gelte, bis ein neues Entgelt vereinbart oder von der Schiedsstelle festgelegt werde. § 15 Abs. 2 Satz 2 KHEntgG bestimme, dass krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte ab dem ersten Tag des Monats zu erheben seien, welcher auf die Genehmigung folgt. Für das NUB-Entgelt 2010 (1.100 EUR) bedeute dies, dass es erst ab 1. September 2010 erhoben werden könne. Für den davor liegenden Zeitraum bestimme § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG, dass die zuvor vereinbarten Entgelte der Höhe nach weiter zu erheben seien. Dies gelte nur dann nicht, wenn ein bisher krankenhausindividuell vereinbartes Entgelt ab dem 1. Januar nicht mehr abgerechnet werden dürfe, weil die Leistung durch ein bundeseinheitlich bewertetes Entgelt aus den neuen Entgeltkatalogen vergütet werde oder die Vertragsparteien auf Bundesebene in den Abrechnungsbestimmungen festlegen würden, dass hilfsweise ein anderes Entgelt abzurechnen sei. Dies sei hier nicht der Fall.

§ 15 Abs. 2 KHEntgG gelte auch für NUB-Entgelte. Daran könne nach Auffassung der Klägerin schon deshalb kein Zweifel bestehen, da § 4 Abs. 1 S. 2 KHEntgG als krankenhausindividuell zu vereinbarende Entgelte die "Entgelte nach § 6 Abs. 1 bis 2a" bezeichne. Darunter falle somit auch das Entgelt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, welches in § 6 Abs. 2 KHEntgG geregelt sei.

Des Weiteren führt die Klägerin aus, dass die Beklagte fehl in der Annahme gehe, dass die Klägerin rückwirkend das NUB-Entgelt (Drug Eluting Balloon) abrechne. Von einer Rückwirkung könne schon deshalb nicht die Rede sein, da die Klägerin das vereinbarte NUB-Entgelt 2009 für die Abrechnung zu Grunde lege und nicht das (höhere) NUB-Entgelt für das Jahr 2010. Allerdings komme es dann zu einem Erlösausgleich im Sinne eines "Preisausgleichs" gem. § 15 Abs. 3 KHEntgG.

Im Übrigen sei in § 15 Abs. 2 KHEntgG der allgemeine Grundsatz enthalten, dass die bisher vereinbarten Entgelte in jedem Falle weiter gelten würden, bis neue Entgelte in Kraft getreten seien. Dies ergebe sich aus § 15 Abs. 1 S. 4 KHEntgG (Abrechnung des bisherigen Landesbasisfallwerts), aus § 15 Abs. 1 S. 5 KHEntgG (Abrechnung auf der Basis der bisherigen Entgeltkataloge) und aus § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG (Abrechnung bisheriger krankenhausindividueller Entgelte). Auch aus dem allgemeinen Weitergeltungsgrundsatz des Krankenhausfinanzierungsrechts sei zu entnehmen, dass in der Leistungserbringung keine Abrechnungslücke entstehen solle.

Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 965 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 2. Mai 2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass im Jahr 2009 von den Sozialleistungsträgern und der Klägerin vereinbart worden sei, dass die Klägerin für die Verwendung von medikamentenfreisetzenden Ballons in Koronargefäßen eine Vergütung in Höhe von 965 EUR pro Ballon erhalte. Diese NUB-Vereinbarung sei ausdrücklich bis zum 31. Dezember 2009 befristet gewesen. Eine neue Anschlussvereinbarung für das Jahr 2010 sei erst mit Wirkung vom 1. September 2010 in Kraft getreten

§ 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG finde auf neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden keine Anwendung. Die Verhandlungen über die Vergütung von neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden erfolgten losgelöst vom eigentlichen Budget von den jährlich durchzuführenden regulären Budgetverhandlungen.

NUB-Entgelte würden zeitlich befristet vereinbart und gälten auch nur im Rahmen dieser zeitlichen Befristung. Eine Weitergeltung sei vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Regelmäßig käme es zu abrechnungsfreien Zeiträumen, wenn ein Vereinbarungszeitraum abgelaufen sei und ein neuer noch nicht begonnen habe. Dabei sei auch eine Befristung unabhängig vom Kalenderjahr möglich.

In dem Genehmigungsbescheid für die NUB-Vereinbarung sei beispielsweise die Abrechnungsfähigkeit für den Drug Eluting Balloon über das Budgetjahr 2010 hinaus bis zum 30. April 2011 festgelegt. Ab 1. Mai 2011 fehle es dann an einer Abrechnungsfähigkeit. Für die übrigen nicht ausdrücklich befristeten Entgelte gälten die Regelungen der Weitergeltung nach § 15 KHEntgG bis zu einer Vereinbarung über das Budget 2011 weiter.

Die fallbezogene Vergütung für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden könne auch deshalb nicht vom Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 KHEntgG erfasst sein, weil insofern ein Erlösausgleich gemäß dessen Absatz 3 ausgeschlossen sei.

In der NUB-Vereinbarung 2009 sei zudem ausdrücklich vereinbart worden, dass zwischen den Vertragsparteien für den Zeitraum nach dem 31. Dezember 2009 "möglichst frühzeitig mit dem Ziel einer unterbrechungsfreien leistungsorientierten Vergütung eine Anschlussvereinbarung" angestrebt werde. Dies sei letztlich zunächst gescheitert, sie wäre aber nicht erforderlich gewesen, wenn ohnehin eine unterbrechungsfreie Fortzahlung des NUB-Entgelts kraft Gesetzes eingetreten wäre.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage, über die die Kammer aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die begehrte Vergütung auf der Basis des § 15 Abs. 2 KHEntgG in Verbindung mit den NUB-Vereinbarungen vom 2009 und 2010.

§ 15 Abs. 2 KHEntgG lautet: "Die für das Kalenderjahr krankenhausindividuell zu vereinbarenden Entgelte werden vom Beginn des neuen Vereinbarungszeitraums an erhoben. Wird die Vereinbarung erst nach diesem Zeitpunkt genehmigt, sind die Entgelte ab dem ersten Tag des Monats zu erheben, der auf die Genehmigung folgt, soweit in der Vereinbarung oder Schiedsstellenentscheidung kein anderer zukünftiger Zeitpunkt bestimmt ist. Bis dahin sind die bisher geltenden Entgelte der Höhe nach weiter zu erheben; dies gilt nicht, wenn

1. ein bisher krankenhausindividuell vereinbartes Entgelt ab dem 1. Januar nicht mehr abgerechnet werden darf, weil die Leistung durch ein bundeseinheitlich bewertetes Entgelt aus den neuen Entgeltkatalogen vergütet wird, oder 2. die Vertragsparteien auf Bundesebene in den Abrechnungsbestimmungen festlegen, dass hilfsweise ein anderes Entgelt abzurechnen ist.

Sie sind jedoch um die darin enthaltenen Ausgleichsbeträge zu bereinigen, wenn und soweit dies in der bisherigen Vereinbarung oder Festsetzung so bestimmt worden ist."

Da die hier streitgegenständliche Behandlung, für die das NUB-Entgelt verlangt wird, im Mai 2010 stattgefunden hat, also zeitlich zwischen dem Ende des Geltungszeitraums der NUB-Vereinbarung 2009 sowie dem Abschluss und der Genehmigung der NUB Vereinbarung 2010, kommt ein Vergütungsanspruch der Klägerin nur nach § 15 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 KHEntgG in Betracht. Neben dem – hier unstrittigen – Nichtvorliegen der Ausschlussgründe gemäß Halbsatz 2 der Norm, ist dieser "Weitererhebungsanspruch" auf das hier streitige NUB-Entgelt nur dann anwendbar, wenn

1. das NUB-Entgelt als krankenhausindividuell zu vereinbarendes Entgelt i.S.d. § 15 Abs. 2 KHEntgG anzusehen ist (sogleich 1.)

2. ein Rechtsgrund für die Erhebung vorliegt, da durch § 15 Abs. 2 KHEntgG nur die Weitererhebung der Höhe, nicht dem Grunde nach angeordnet wird (sogleich 2.) Beide Voraussetzungen liegen vor.

1. Regelungsgegenstand des § 15 Abs. 2 KHEntgG sind, ohne dass dem Gesetzeswortlaut irgendeine Differenzierung entnommen werden könnte, sämtliche krankenhausindividuell zu vereinbarenden Entgelte. Damit wird auch die Vergütung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die in § 6 Abs. 2 KHEntgG als "Entgelte oder Zusatzentgelte" bezeichnet wird, vom Geltungsbereich der Norm erfasst (so ohne Weiteres auch Tuschen/Trefz, KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 349). Zudem werden in § 4 Abs. 1 S. 2 KHEntgG sämtliche "Entgelte nach § 6 Abs. 1 bis 2a" KHEntgG (Hervorh. nicht im Original) als "krankenhausindividuell zu vereinbarenden Entgelte" bezeichnet.

Hierfür spricht auch die an anderer Stelle sehr wohl vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung, wenn etwa in § 5 Abs. 4 KHEntgG in Bezug auf § 6 KHEntgG dessen Absatz 2 gerade ausgenommen, Absatz 1 und 2a aber genannt werden. Das hat wiederum natürlich systematische Gründe, weil die NUB-Entgelte gerade keine Erlössumme kennen und insofern kein Erlösausgleich i.e.S. möglich ist. Gleichwohl belegt dies aber, dass der Gesetzgeber insoweit bewusst differenziert hat, wenn er es beabsichtigte. Verzichtet er dann in § 15 Abs. 2 KHEntgG auf diese Differenzierung, dann kann dies zunächst nur dahingehend verstanden werden, dass eine Differenzierung auch nicht gewollt ist, sondern alle krankenhausindividuellen Entgelte erfasst sein sollen. So findet sich auch in der Begründung zum Krankenhausfinanzierungsreformgesetz (KHRG) vom 17. März 2009 (BGBl. I, S. 534) keine entsprechende Unterscheidung (s. BT-Drs. 16/10807, S. 34).

Die nach dem Wortlaut einheitliche Regelung für alle Entgelte nach § 6 Abs. 1 bis 2a KHEntgG stellt auch die Beklagte nicht in Abrede, meint aber, dass bezüglich der NUB Entgelte eine Folgevereinbarung nicht zwingend sei und zudem durch Entscheidungen auf Bundesebene (Verlust des Status 1, Richtlinie des GBA) ausgeschlossen werden könne. Dies greift im Ergebnis nicht durch. Denn der Gesetzgeber hat selbst in § 15 Abs. 2 S. 3 Hs. 2 KHEntgG Begrenzungen der Weitergeltungsklausel des Halbsatzes 1 auch infolge von Entscheidungen auf Bundesebene normiert. Es ist § 15 Abs. 2 KHEntgG also systemimmanent, dass eine Weitererhebung trotz etwaiger konterkarierender Entscheidungen möglich ist.

Letztlich wäre es im Rahmen des KHRG zu erwarten gewesen, dass in § 15 Abs. 2 KHEntgG eine Klarstellung parallel zu § 6 Abs. 2 KHEntgG ("außerhalb des Erlösbudgets") eingefügt wird (s. dazu im Einzelnen unter c), die eine Sonderregelung bzw. Klarstellung zu den NUB-Entgelten dahingehend enthält, dass diese nicht der Weitererhebungsklausel unterfallen (sollen). Dies ist jedoch nicht erfolgt.

a) Darüber hinaus ist eine NUB-Vereinbarung entgegen der Auffassung der Beklagten stets nur mit einer kalenderjährlichen Laufzeit zulässig, wie sich aus § 11 Abs. 2, 1 KHEntgG ergibt (ebenso Gamperl, in: Dietz/Bofinger [Begr.], Krankenhausfinanzierungsgesetz u.a., § 6 KHEntgG Anm. III.5. [Stand: 8/2012]). Eine unterjährige Befristung ist ebenso wie eine Abweichung vom Kalenderjahr nicht zulässig. Denn § 11 Abs. 1 KHEntgG in der Fassung des KHRG bezieht sich einheitlich und ohne dass hier eine Unterscheidung oder Einschränkung auch nur angedeutet würde, auf die "sonstigen Entgelte nach § 6", was nicht anders ausgelegt werden kann, als dass damit alle Entgelte nach § 6 KHEntgG und somit auch die NUB-Entgelte nach Absatz 2 umfasst sein sollen.

Hieran schließt sich § 11 Abs. 2 KHEntgG unmittelbar an, demzufolge der Vereinbarungszeitraum das Kalenderjahr sein muss. Abweichungen hiervon sind bei ganzjährig geöffneten Krankenhäusern wie dem der Klägerin ausgeschlossen. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund diese Vorschrift nicht auch für NUB-Entgelte nach § 6 Abs. 2 KHEntgG gelten sollte. Hierfür spricht auch, dass in § 11 Abs. 1 KHEntgG die ausdrückliche Erwähnung des "§ 6" erst mit dem KHRG Eingang fand, während zuvor unspezifisch nur (alle) "sonstige Entgelte" bezeichnet worden sind. Die Gesetzesbegründung ist hierzu allerdings ohne Erkenntnisgewinn, da sie lediglich ausführt: "Die Änderung unter Buchstabe a berücksichtigt, dass es ab dem Jahr 2009 keine krankenhausindividuellen Basisfallwerte mehr gibt." (BT-Drs. 16/10807, S. 33).

Dies wurde in der bis zum 24. März 2009 geltenden Fassung des § 15 Abs. 1 KHEntgG noch deutlicher, die lautete:

"Die für das Kalenderjahr vereinbarte krankenhausindividuelle Höhe der Fallpauschalen und sonstiger Entgelte sowie erstmals vereinbarte Entgelte nach § 6 werden vom Beginn des neuen Vereinbarungszeitraums an erhoben."

Hiernach ging der Gesetzgeber davon aus, dass es nur kalenderjahrbezogene Entgelte geben kann, es sei denn, sie werden erstmals erhoben (nach § 6). Wiederholt erhobene Entgelte unterhalb des Kalenderjahres sollte es demnach nicht geben können. Dass die Umformulierung durch das KHRG insofern eine Änderung bringen sollte, ist nicht ersichtlich.

Soweit die Beklagte meint, dass die Unabhängigkeit der Lautzeit von NUB-Vereinbarungen vom Kalenderjahr auch dadurch bestätigt werde, dass sie nicht auf den Jahresbeginn zurückwirkten, überzeugt dies nicht. Die Vereinbarung einer Rückwirkung steht den Beteiligten frei (s. auch im Folgenden unter 2.), § 15 Abs. 2 S. 2 KHEntgG sieht sogar ausdrücklich vor, dass die Vertragsparteien einen Erhebungszeitraum unabhängig von der Regel des auf die Genehmigung folgenden Monats festlegen (allerdings meinen Tuschen/Trefz, KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 350, dass eine Erhebung neuer Entgelte ohne wirksame Genehmigung selbst bei deren Rückwirkung ausgeschlossen sei). Zu beachten ist allerdings, dass eine Rückwirkung im Sinne einer Nacherhebung nachträglich erhöhter Entgelte gesetzessystematisch wohl tatsächlich ausgeschlossen ist, denn ein wegen veränderter Entgelte entstehender Mehr- oder Mindererlös wäre nicht durch Nacherhebung, sondern mittels des Zu-/Abschlags gem. §§ 15 Abs. 3, 5 Abs. 4 KHEntgG auszugleichen. Insofern ist es aber nicht eine Frage der "Rückwirkung" einer Vereinbarung, sondern der Abwicklung der Folgen einer Entgeltänderung (s. dazu sogleich c).

Allerdings bleibt zuzugeben, dass die NUB-Vereinbarung 2010 eine Abrechnung der Entgelte bis zum 30. April 2011 ausdrücklich vorsieht. Daraus könnte auf den Willen der Vertragsparteien geschlossen werden, eine Laufzeit losgelöst vom Kalenderjahr vereinbaren zu wollen. Hieraus könnte aber die Beklagte nichts für sich ableiten, da eine solche Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 11 Abs. 2 KHEntgG als nichtig anzusehen wäre. Ihr könnte höchstens deklaratorische Wirkung hinsichtlich der Weitergeltung gem. § 15 Abs. 2 KHEntgG zugesprochen werden. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass das Regierungspräsidium Gießen im Bescheid vom 30. August 2010 im Gegensatz zum Vorjahresbescheid betreffend die NUB-Vereinbarung 2009 keine Befristung auf den 30. April 2011 vorgenommen hat, sondern die Vereinbarung der Abrechenbarkeit bis zu diesem Zeitpunkt als Vereinbarungsinhalt bloß "wiederholt". Ob dies Ausfluss der Überzeugung der Genehmigungsbehörde war, wegen der Beschränkung auf das Kalenderjahr gem. § 11 Abs. 2 KHEntgG an einer formal überjährigen Genehmigung gehindert zu sein, kann dahinstehen. Denn jedenfalls bezieht sich die Genehmigung ausdrücklich auf die Entgeltvereinbarung vom 3. August 2010 "für 2010" und damit dieses Kalenderjahr (s. dazu auch unten 2.). Für den vorliegenden Rechtsstreit kommt es daher nicht darauf an, welche Bedeutung der Feststellung der Abrechenbarkeit bis 30. April 2011 zukommen soll.

Entsprechendes gilt auch für die Absichtserklärung im Rahmen der NUB-Vereinbarung 2009, frühzeitige Verhandlungen für eine Anschlussvereinbarung aufzunehmen. Sofern dies auf der Ansicht der Beteiligten beruht haben sollte, dass eine solche Vereinbarung nötig sei, um eine nahtlose Fortzahlung dem Grunde nach zu gewährleisten, dokumentierte dies einen beiderseitigen Rechtsirrtum, der nicht geeignet ist, die objektive Rechtslage zu gestalten (error communis non facit ius). Im Übrigen ist hier auf die sprachliche Genauigkeiten zu achten: Denn neue Verhandlungen wurden nicht mit dem Ziel einer "unterbrechungsfreien, leistungsorientierten Vergütung", sondern einer "unterbrechungsfreien leistungsorientierten Vergütung" (ohne Kommatrennung zwischen den Adjektiven) ins Auge gefasst. Daraus folgt, dass der Charakter der "Unterbrechungsfreiheit" sich auf die "Leistungsorientierung" bezieht, also (nur) diese unterbrechungsfrei sei sollte, nicht aber die Vergütung als solche. Hätte sich der Begriff "unterbrechungsfrei[en]" auch auf die Vergütung als solche beziehen sollen, hätten die Attribute durch ein Komma getrennt werden müssen (vgl. Duden Band 1, Die deutsche Rechtschreibung, 25. Aufl. 2009, S. 70 [Regel K100 und 101]). Ziel der Vereinbarung zwischen den Parteien der NUB-Vereinbarung war es also nicht, mit einer Anschlussvereinbarung überhaupt erst für eine unterbrechungsfreie Vergütung zu sorgen, sondern die Leistungsorientierung (durch rasche Anpassung des fallbezogenen Entgelts) unterbrechungsfrei zu erhalten.

b) Eine Weitererhebung der NUB-Entgelte gem. § 15 Abs. 2 KHEntgG ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil diese ihrem Sinn und Zweck nach oder aufgrund gesetzgeberischer Konzeption stets nur zeitlich begrenzt erhoben werden dürfen. Denn hierfür sind keine Gründe ersichtlich, insbesondere würde damit eine innovative Versorgung der Bevölkerung mit modernen Behandlungsmethoden gefährdet, wenn etwa solche neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die seitens des InEK mit Status 1 (zur Bedeutung s. Vollmöller, NZS 2012, S. 921 [924]) bewertet worden sind, nicht mehr zum Einsatz gebracht würden, weil sie ohne jegliche Vergütung nicht finanzierbar wären. Insofern hat auch die Schiedsstelle für die Festsetzung von Krankenhauspflegesätzen in Hessen in ihrer Entscheidung Sch. 19/2010 (2010), ihre frühere Entscheidung Sch. 9/2009 (2009) Bezug genommen, in der sie ausgeführt hat, dass "es keinen erkennbaren Sinn" mache, eine durch ein entsprechendes Entgelt finanzierte Anwendung einer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode bis zum 31. Dezember eines Jahres zu ermöglichen, um diese dann bis zur Genehmigung einer möglichen Neuvereinbarung auszusetzen. Um diese Sinnlosigkeit zu vermeiden, ist in § 15 Abs. 2 KHEntgG die Weitergeltung auch der NUB-Entgelte angeordnet worden.

Der Ausschluss der Weitererhebung kann aber auch insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass NUB-Entgelte gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG "befristet" zu vereinbaren sind. Im Ergebnis dürfte diesem Begriff keine eigenständige, über eine deklaratorische Wirkung hinausgehende Bedeutung zukommen (ebenso Gamperl, in: Dietz/Bofinger [Begr.], Krankenhausfinanzierungsgesetz u.a., § 6 KHEntgG Anm. III.5. [Stand: 8/2012], der vermutet, der Gesetzgeber habe an eine Begrenzung der NUB-Entgelte infolge einer Aufnahme in den Entgeltkatalog gedacht; i.E. zustimmend Bender, NZS 2012, S. 761 [765]).

Dies ergibt sich schon daraus, dass in § 6 Abs. 2 KHEntgG die Vereinbarungspflicht im Sinne einer Soll-Regelung für NUB-Entgelte "erstmals für das Kalenderjahr 2005", nicht etwa "im Kalenderjahr" bestimmt wird, also per se schon eine Befristung zum 31. Dezember 2005 enthält.

Soweit die Beklagte auf die Kommentierung von Tuschen/Trefz (KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 280) verweist, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Denn zur Erreichung des dort beschriebenen Zwecks bedarf es nicht der Befristung, da die Erhebung von NUB-Entgelten gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 KHEntgG ohnehin bei Vergütung durch ein Entgelt des Entgeltkatalogs endet.

Vor diesem Hintergrund und im Zusammenspiel mit den zuvor unter a) dargelegten Umständen kann nur davon ausgegangen werden, dass dem Begriff "befristet" in § 6 Abs. 2 KHEntgG keine eigenständige Bedeutung zukommt; jedenfalls lässt sich darauf keine Abweichung vom Kalenderjahr als Vereinbarungszeitraum stützen.

c) Der Anwendbarkeit von § 15 Abs. 2 KHEntgG auf NUB-Engelte steht im Ergebnis nicht der in §§ 15 Abs. 3, 5 Abs. 4 KHEntgG angeordnete Erlösausgleichsmechanismus entgegen. Zunächst ist die Einbeziehung der NUB-Entgelte durch den Gesetzeswortlaut nicht ausgeschlossen. Vielmehr wird in § 5 Abs. 4 KHEntgG die erfolgte Bestimmung des "Erlösausgleichs" gem. § 15 Abs. 3 KHEntgG vorausgesetzt, ohne dass hier dessen Berechnung (nochmals bzw. eigenständig) definiert wird.

Allerdings zeigt auch der vorliegende Rechtsstreit, dass dies – anders als etwa Vollmöller (NZS 2012, S. 921 [926]) meint – keineswegs "unstrittig" oder gar "unzweifelhaft" (so Bender, NZS 2012, S. 761 [765]) bzw. nur bei erstmals vereinbarten NUB-Entgelten diskussionswürdig ist. Vielmehr dürfte der Beklagten zuzugeben sein, dass NUB-Entgelte nach der gesetzlichen Systematik wie auch dem Willen des Gesetzgebers (wohl) keinem Erlösausgleich unterliegen. Hier ist zunächst zu beachten, dass der Begriff "Mehr- oder Mindererlöse" für NUB-Entgelte nicht anwendbar erscheint, weil hier keine "Erlöse" im budgetbezogenen Sinne vereinbart werden oder als solche vorliegen. Entsprechend formulieren auch Tuschen/Trefz (KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 280), dass NUB-Entgelte "abhängig von der erbrachten Leistung gezahlt" werden; "Mehr- oder Mindererlösausgleiche gibt es nicht" (gleichsinnig auch die Gesetzesbegründung des KHRG, BT-Drs. 16/10807, S. 30). Versteht man den Begriff des "Erlöses" in diesem Zusammenhang somit als terminus technicus, spricht schon dies gegen einen Ausgleichsmechanismus für fallbezogene Entgelte, so dass in § 15 Abs. 3 KHEntgG kein Ausgleich bzgl. der NUB-Entgelte angeordnet wird. Hierfür sprechen auch folgende systematischen wie historischen Erwägungen:

Durch § 15 Abs. 3 S. 2 KHEntgG i.d.F. des KHRG wurde die Abrechnung des nach Satz 1 anfallenden Ausgleichsbetrags im Wege der Zu /Abschläge gem. § 5 Abs. 4 KHEntgG vorgeschrieben. Diese Zu /Abschläge sind aber nur auf Fallpauschalen und sonstige Entgelte nach § 6 Abs. 1 und 2a KHEntgG zu erheben und werden in Relation zu der Gesamtsumme aus "Erlösbudget" für Fallpauschalen (§ 4 Abs. 1, 2 KHEntgG) und "Erlössumme" (§ 6 Abs. 3 KHEntgG) berechnet, wobei letztere nur die Entgelte gem. § 6 Abs. 1 und 2a KHEntgG, aber ausdrücklich nicht die NUB-Engelte nach Absatz 2 umfasst (§ 6 Abs. 3 S. 2 KHEntgG). Entsprechend thematisiert auch die Gesetzesbegründung hierzu die NUB-Entgelte nicht (BT-Drs. 16/10807, S. 29):

"Mehr- oder Mindererlöse gegenüber den Budgetvereinbarungen werden nach den Vorgaben des § 4 Abs. 3 anteilig ausgeglichen. Auszugleichen sind auch Erlösabweichungen infolge einer Neuvereinbarung des Budgets nach § 4 Abs. 5 und einer verspäteten Abrechnung des neuen Landesbasisfallwerts (§ 15 Abs. 3). Diese Ausgleichsbeträge konnten in der Konvergenzphase noch über den krankenhausindividuellen Basisfallwert des Krankenhauses für das Folgejahr verrechnet werden. Nachdem nun zum Jahresende 2008 die krankenhausindividuellen Basisfallwerte entfallen, müssen die Ausgleichsbeträge künftig über einen Zu- oder Abschlag gesondert in Rechnung gestellt werden.

Absatz 4 Satz 1 gibt vor, dass die genannten Ausgleiche zusammengefasst und über einen gemeinsamen Zu- oder Abschlag verrechnet werden. Die Höhe des Zu- oder Abschlags wird bei der Rechnungsstellung mit Hilfe eines Prozentsatzes ermittelt, der auf den Rechnungsbetrag für Entgelte, die in das Erlösbudget nach § 4 und die Erlössumme nach § 6 Abs. 3 eingehen, angewendet wird (Satz 2 bis 4). Der Zu- oder Abschlag wird nicht auf Zu- oder Abschläge berechnet."

Der Fokus der Entwurfsverfasser lag dabei offensichtlich auf den Folgen der Abschaffung des krankenhausindividuellen Basisfallswerts, NUB-Entgelte spielten insoweit keine Rolle, wie auch hier die Entgelte nach § 6 Abs. 1 und 2a KHEntgG nicht im Einzelnen angesprochen werden. Daher können über eine Indizwirkung hinausreichende Schlüsse aus der Gesetzesbegründung an dieser Stelle wohl nicht gezogen werden.

Betreffend § 6 Abs. 2 KHEntgG erweist sich die gesetzgeberische Intention jedoch eindeutig. Mit dem KHRG wurden in diese Norm die Wörter "außerhalb des Erlösbudgets nach § 4 Abs. 2 und der Erlössumme nach Absatz 3" ausdrücklich eingeführt mit dem Zweck, redaktionell klarzustellen, "dass die Vergütungen für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden außerhalb des Erlösbudgets nach § 4 und der Erlössumme nach § 6 Abs. 3 vereinbart und abgerechnet werden und somit auch keinen Erlösausgleichsregelungen unterliegen." (BT-Drs. 16/10807, S. 30).

Dies kann nicht anders verstanden werden, als dass nach dem Willen des Gesetzgebers kein Ausgleich von Mehr- oder Mindereinahmen im Bereich der NUB-Entgelte stattfinden soll (i.E. so auch Tuschen/Trefz (KHEntgG, 2. Aufl. 2010, S. 281). Dies ist auch systemimmanent folgerichtig, denn andernfalls träte der Zustand ein, dass aus fallbezogenen Entgelten resultierende Mehr- oder Mindereinnahmen nicht fallbezogen, sondern über das "Hauptsystem" der Krankenhausfinanzierung im Sinne von Erlösausgleichen kompensiert werden. Bei der relativen Zu-/Abschlags-Berechnung gem. § 5 Abs. 4 S. 2 KHEntgG, die das Fallpauschalen-Erlösbudget (§ 4 Abs. 1, 2 KHEntgG) und die Entgelt-Erlössumme (§ 6 Abs. 1, 2a und 3 KHEntgG) für das Restjahr als alleinige Bezugsgrößen besitzt, würden nicht nur die in diesen Bereichen anfallen Mehr- oder Mindererlöse berücksichtigt, sondern "im Zähler" auch fallbezogene NUB-Entgelte, denen "im Nenner" keine entsprechende Größe gegenübersteht.

Diese gesetzgeberisch gewollte Beschränkung des Erlösausgleichs gem. § 5 Abs 4 KHEntgG auf Erlösbudget und Erlössumme wird auch an anderer Stelle deutlich. Durch das KHRG wurde der Erlösausgleich als Regelungsgegenstand des § 4 Abs. 9 KHEntgG a.F. in dessen neuen Absatz 3 überführt und dabei die bereits beschriebene Gesamtsumme aus Erlösbudget und Erlössumme als Bezugsgröße anstelle der zuvor separaten Ausgleichsberechnung bestimmt. Hierzu wird in der Gesetzesbegründung dargelegt:

"Die Vorgaben zu den anteiligen Mehr- oder Mindererlösausgleichen, die bei Abweichungen der tatsächlich eingetretenen Erlöse vom prospektiv vereinbarten Erlösbudget des Krankenhauses durchzuführen sind, werden nach dem Ende der Konvergenzphase verändert. Die neuen Sätze 1 und 2 führen einen neuen Gesamtbetrag ein, in dem für die Zwecke der Erlösausgleiche das Erlösbudget nach § 4 mit den in den Entgeltkatalogen bewerteten Fallpauschalen und Zusatzentgelten und die Erlössumme nach § 6 Abs. 3 mit den krankenhausindividuell zu verhandelnden Entgelten zusammengefasst werden (Doppelbuchstabe aa). Dies vereinfacht die Ermittlung des Erlösausgleichsbetrags und vermeidet die bei den bisher jeweils gesondert durchgeführten Erlösausgleichen auftretenden Fehlfunktionen in Fällen, in denen die Erlöse abweichend von der prospektiven Vereinbarung im anderen Erlösbereich anfallen."

Daraus wird erkennbar, dass der Gesetzgeber einen einheitlichen Erlösausgleich erzielen wollte, um Nachteile getrennter Erlösausgleichberechnungen zu beseitigen. Werden unter Voranstellung dieser Zielsetzung sodann nur das Fallpauschalen-Erlösbudget und die Erlössumme gem. § 6 Abs. 3 KHEntgG, in die ausdrücklich keine NUB-Entgelte einbezogen sind, zum Gegenstand eines Ausgleichmechanismus´ gemacht, kann dies nur dahingehend gedeutet werden, dass ein Ausgleich unterschiedlicher fallbezogener NUB-Entgelte nicht gewollt ist.

Soweit die Klägerin aufgrund dieser Problematik meint, an die Stelle des Erlösausgleichs trete betreffend die NUB-Entgelte ein "Preisausgleich", kann dem nicht gefolgt werden, weil das KHEntgG für einen solchen Preis- statt Erlösausgleich keine Grundlage enthält.

Vielmehr wird vor diesem Hintergrund auch die gesetzgeberische Intention plausibel, mit § 6 Abs. 2 S. 5 KHEntgG ein Vorziehen der Vereinbarung von NUB-Entgelten unabhängig von den Budgetverhandlungen zu ermöglichen. Hierzu hat der BT-Ausschuss für Gesundheit (BT-Drs. 16/11429, S. 43) ausgeführt:

"Da diese Verhandlungen inzwischen zum Teil erst spät im Kalenderjahr geführt werden, können auch die Entgelte für diese neuen Methoden erst spät vereinbart und abgerechnet werden. Die Änderung ermöglicht es, die Entgelte frühzeitig im Jahr unabhängig von den Budgetverhandlungen für das Krankenhaus zu vereinbaren und somit eine frühere Finanzierung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu erreichen."

Da ein Ausgleichmechanismus für Mindererlöse betreffend NUB-Entgelte fehlt, erhält der Vereinbarungszeitpunkt konstitutive Bedeutung, da die finanziellen Folgen einer Verzögerung nicht kompensierbar sind. Dies belegt auch, dass entgegen der Auffassung der Beklagten dieses "Vorziehen" der NUB-Vereinbarung kein zwingendes Argument gegen die Anwendbarkeit des § 15 Abs. 2 KHEntgG auf NUB-Entgelte darstellt, sondern auf anderen Erwägungen beruht.

Auf der Basis dessen ergibt sich auf den ersten Blick ein Widerspruch im Zusammenspiel von § 15 Abs. 2 und 3 KHEntgG. Denn der Ausgleichsmechanismus des Absatzes 3 bezieht sich ohne jede Differenzierung auf sämtliche Entgelte (auch) des Absatzes 2. Daraus könnte im Umkehrschluss gefolgert werden, dass von der Weitererhebungsklausel in Absatz 2 nur solche Entgelte erfasst werden können, die auch einem Ausgleich gem. §§ 15 Abs. 3, 5 Abs. 4 KHEntgG unterliegen. Da dies für NUB-Entgelte nicht gilt, würden diese folgerichtig auch nicht von der Weitergeltungsklausel erfasst. Dies ist jedoch keineswegs zwingend und greift letztlich auch nicht durch.

Denn hierfür spricht zunächst die – bereits unter a) dargelegt – eindeutige Formulierung des Gesetzeswortlauts in § 15 Abs. 2 KHEntgG, der sämtliche für das Kalenderjahr krankenhausindividuell zu vereinbarenden Entgelte umfasst. Dies lässt es nicht zu, durch einen systematischen Umkehrschluss den eindeutigen Wortlaut zu umgehen.

Hinzu kommt, dass die vollständige Kongruenz der Regelungsbereiche in § 15 Abs. 2 einerseits und Abs. 3 KHEntgG andererseits nicht zwingend ist. Denn in § 15 Abs. 3 KHEntgG wird ein Ausgleich lediglich in Bezug auf "Mehr- oder Mindererlöse" normiert, nicht aber hinsichtlich jeglicher "Entgelte". Entstehen aber "infolge der Weitererhebung ( ) bisheriger Entgelte" keine "Erlöse" im technischen Sinne eines "Erlösbudgets" oder einer "Erlössumme", sondern stattdessen fallbezogene Vergütungen für die Anwendung von neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, so fehlt es auch an "Minder- oder Mehrerlösen" im Sinne von § 15 Abs. 3 KHEntgG. Anders formuliert: Soweit gem. § 15 Abs. 1 und 2 KHEntgG "Erlöse" im technischen Sinne entstehen, werden sie von § 15 Abs. 3 KHEntgG erfasst und fließen sie in den Ausgleich gem. § 5 Abs. 4 KHEntgG ein; soweit durch § 15 Abs. 2 KHEntgG (einzel)fallbezogenen Entgelte anfallen, sind sie vom Anwendungsbereich des Ausgleichs ausgenommen.

2. Mit der Anwendbarkeit des § 15 Abs. 2 KHEntgG auch auf NUB-Entgelte kann die Klägerin von der Beklagten für die Anwendung der neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode die für das Jahr 2009 vereinbarten und genehmigten Entgelte verlangen – dies nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes jedoch nur "der Höhe nach"; der Rechtsgrund für diesen Vergütungsanspruch muss sich hingegen anderweitig ergeben, denn § 15 Abs. 2 KHEntgG enthält selbst keinen Rechtsgrund für die Erhebung von NUB-Entgelten. Dieser ergibt sich vielmehr ausschließlich aus § 6 Abs. 2 KHEntgG in Form einer Entgeltvereinbarung, die die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG schließen "sollen". Folglich kann für die Anwendung einer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Mai 2010 nur dann eine Vergütung verlangt werden, wenn für diesen Zeitpunkt eine NUB-Entgeltvereinbarung gem. § 6 Abs. 2 KHEntgG vorlag. Dies ist auch der Fall in Form der "Vereinbarung zu NUB 3 und NUB 8 2010" vom 3. August 2010, in der die Vertragsparteien unter Nr. 1 die Entgelthöhe "für das Jahr 2010" und damit das gesamt Kalenderjahr vereinbart haben, somit auch für den Monat Januar des Jahres 2010 als Zeitraum der hier streitgegenständlichen Behandlung.

Die damit verbundene "Rückwirkung" der Vereinbarung zum 1. Januar 2010 war den Vertragsparteien nicht verwehrt und nach Auffassung der Kammer sogar zwingend, da die Vereinbarung gem. § 11 Abs. 2 KHEntgG ohnehin nur mit Bezug zum (vollständigen) Kalenderjahr zulässig war. Eine Rückwirkung ist zudem durch den Gesetzgeber als Regelfall angesehen. Denn § 6 Abs. 2 KHEntgG enthält eine Sonderregelung für den Fall, dass die bis zum 31. Oktober eines Jahres einzuholende Information nach § 9 KHEntgG nicht rechtzeitig vorliegt, die aber dann nicht gelten soll, wenn eine Budgetvereinbarung vor dem 1. Januar geschlossen werden soll. Folglich wird vom Regelfall einer nach Jahresbeginn abzuschließenden Entgeltvereinbarung ausgegangen, verbunden mit einer dann notwendigen "Rückwirkung" betreffend den Vereinbarungszeitraum als Rechtsgrund für die Weitererhebung der Entgelte gem. § 15 Abs. 2 KHEntgG.

Die Wirkung der NUB-Vereinbarung 2010 als Rechtsgrund für die Vergütung der Anwendung einer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Mai 2010 wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine notwendige Genehmigung naturgemäß erst nach Abschluss der NUB-Vereinbarung erteilt werden kann. Denn die Genehmigung ist nicht konstitutiv für die Wirksamkeit der Vereinbarung, sondern (nur) gem. § 15 Abs. 2 S. 2 KHEntgG bezüglich des Anspruchs auf Erhebung der (neu)vereinbarten Entgelthöhe. Dass eine Abweichung von Vereinbarungszeitraum einerseits und Genehmigungszeitraum möglich ist, ergibt sich unmittelbar aus § 15 Abs. 2 S. 2, 3 KHEntgG, der allein die Rechtsfolgen einer solchen Abweichung als Regelungsgegenstand ausweist. Mit der Genehmigung der NUB-Vereinbarung durch den Bescheid des Regierungspräsidiums Gießen vom 30. August 2010 zum 1. September 2010 wurde die Entgelthöhe von 1.100 EUR ab diesem Zeitpunkt abrechenbar. Für den übrigen Geltungszeitraum der NUB-Vereinbarung 2010, also vom 1. Januar bis 31. August 2010, verblieb es somit gem. § 15 Abs. 2 S. 3 KHEntgG bei vorherigen Entgelthöhe entsprechend der NUB-Vereinbarung 2009.

Vor diesem Hintergrund kann auch offen bleiben, ob die Klägerin einen Anspruch auf den Abschluss der NUB-Vereinbarung (für das gesamte) Kalenderjahr 2010 hatte (dafür Bender, NZS 2012, S. 761 [764], und Felix, MedR 2011, S. 67 [71], betreffend neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit Status 1). Denn die Vereinbarung wurde als solche geschlossen.

Nach alledem hat die Klägerin Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung für die im Mai 2010 durchgeführte Behandlung mittels eines Drug Eluting Balloon in Höhe des in der NUB-Vereinbarung 2009 festgelegten Entgelts.

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 10 Abs. 5 des am 1. Juni 2002 in Kraft getretenen Vertrages über die Bedingungen der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V für das Land Hessen; hierbei geht die Kammer davon aus, dass die Rechnung vom 21. April 2011 aufgrund der elektronischen Übermittlung am selben Tag bei der Beklagten eingegangen ist. Allerdings endete die 30-tägige Zahlungsfrist mit Ablauf des 21. Mai 2011, einem Samstag. Gem. § 193 BGB konnte die Zahlung somit noch am Montag, 23. Mai 2011, fristgemäß bewirkt werden, so dass der den Zinsanspruch auslösende Verzug erst am 24. Mai 2011 eintrat. Der Zinsanspruch war daher insoweit zu begrenzen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 2 S. 2 VwGO i.V.m. § 197a SGG.
Rechtskraft
Aus
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