Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 7 SO 50/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 267/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Benötigt ein behindertes Kind, welches an einem Down-Syndrom (Trisomie 21) leidet, im Rahmen einer inklusiven Beschulung in einer allgemeinen Schule zur Bewältigung des Schulalltages (z.B. bei Treppengängen, beim Toilettengang oder bei der Aufnahme der Lerninhalte bzw. der Teilnahme am Unterricht) der Unterstützung eines Integrationshelfers, hat der Sozialhilfeträger Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung gem. § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII zu erbringen, sofern die Hilfen außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Schulausbildung liegen.
2. Die Entscheidung, ob ein behindertes Kind in einer allgemeinen Schule beschult oder die Aufnahme in eine Förderschule beantragt wird, obliegt den Eltern im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts. Dieses Wahlrecht ist von dem Sozialhilfeträger zu respektieren (Anschluss an HessLSG, Beschl. vom 26.04.2012 - L 4 SO 297/11 B ER).
3. Dem Anspruch auf Eingliederungshilfe steht nicht der in § 2 Abs. 1 SGB XII niedergelegte Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen, sofern die Schule eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, unabhängig davon, ob die Schule hierzu verpflichtet wäre. Der Sozialhilfeträger muss vielmehr gegebenenfalls mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen (Anschluss an BSG, Urt. vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R).
2. Die Entscheidung, ob ein behindertes Kind in einer allgemeinen Schule beschult oder die Aufnahme in eine Förderschule beantragt wird, obliegt den Eltern im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts. Dieses Wahlrecht ist von dem Sozialhilfeträger zu respektieren (Anschluss an HessLSG, Beschl. vom 26.04.2012 - L 4 SO 297/11 B ER).
3. Dem Anspruch auf Eingliederungshilfe steht nicht der in § 2 Abs. 1 SGB XII niedergelegte Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen, sofern die Schule eine entsprechende Hilfe nicht gewährt, unabhängig davon, ob die Schule hierzu verpflichtet wäre. Der Sozialhilfeträger muss vielmehr gegebenenfalls mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen (Anschluss an BSG, Urt. vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R).
1. Der Bescheid vom 30.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verurteilt, die seit dem 13.08.2012 entstandenen Kosten einer Integrationshilfe für die Beschulung der Klägerin in der Mittelpunktschule CA. in DW. zu tragen.
2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine Integrationshilfe während des Besuchs einer Grundschule im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
Die 2006 geborene Klägerin leidet an einer angeborenen Chromosomenanomalie, dem so genannten Down-Syndrom (Trisomie 21). Im Zusammenhang mit der zum 01.08.2012 anstehenden Einschulung der Klägerin, welche einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat, entschieden sich die Eltern für eine inklusive Beschulung in der allgemeinen Schule. Daneben stellten sie bei dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda den Antrag, die Beschulung der Klägerin nicht in der zuständigen Grundschule BJ. in B-Stadt, sondern in der Mittelpunktschule CA., DW. zu gestatten. Das Staatliche Schulamt beschied diesen Antrag mit Bescheid vom 15.08.2012 und legte zur Organisation der sonderpädagogischen Förderung der Klägerin fest, dass diese ab dem 13.08.2012 die vorgenannte Schule in CA. besucht.
Bereits am 20.06.2012 beantragten die Eltern der Klägerin bei dem Beklagten unter Vorlage einer förderdiagnostischen Stellungnahme vom 10.05.2012 die Bewilligung von Eingliederungshilfe für die Klägerin in Form eines Integrationshelfers und führten zur Begründung aus, dass die Mittelpunktschule in CA. bereit sei, die Klägerin für das Schuljahr 2012/2013 aufzunehmen, allerdings nur unter der Bedingung, dass ein Integrationshelfer während der Unterrichtsstunden und der Pausen zur Verfügung gestellt werde.
Mit Bescheid vom 30.07.2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin nach vorheriger Anhörung ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass aus der zwischenzeitlich eingeholten Stellungnahme seines Kreisgesundheitsamtes vom 28.06.2012 hervorgehe, dass bei der Klägerin ein erhöhter sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung bestehe. Dementsprechend sei aus medizinischer Sicht die Beschulung der Klägerin innerhalb der Förderschule empfohlen worden. In der Förderschule könne die Klägerin ohne Leistungen der Eingliederungshilfe bedarfsgerecht beschult werden, so dass die Notwendigkeit des Bedarfs aufgrund einer alternativen Beschulung mit zusätzlicher Betreuung/Unterstützung eines Integrationshelfers nicht gegeben sei. Der Beklagte berief sich in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe i.S.v. § 2 SGB XII und führte aus, dass die erforderliche Leistung im vorliegenden Fall durch das Land Hessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden könnte. Weiterhin führte der Beklagte aus, dass auch die Beachtung des Wunschrechts nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorliegend nicht geboten sei. Daneben führte der Beklagte aus, dass sich aus dem Umstand der vom Gesetzgeber gewünschten inklusiven Beschulung nicht zwangsläufig die Verpflichtung des Eingliederungshilfeträgers ergebe, die Beschulung an einer Regelschule im Rahmen der Eingliederungshilfe zu unterstützen. Bei den Teilhabeleistungen nach den §§ 53 ff. SGB XII stehe der Erfolg der langfristigen Eingliederung in der Gesellschaft und damit die Prognose, auf welchem Schullaufbahnweg die Integration des behinderten Menschen langfristig gelingen könne, im Vordergrund. Damit scheide eine vorrangige Orientierung an dem kurzfristigen Ziel der Integration/Inklusion in das soziale Umfeld der Regelschule aus. Im Übrigen bestehe hinsichtlich der Kostenübernahme keine Bindung des Sozialhilfeträgers an die Zuweisungsentscheidung des Staatlichen Schulamtes.
Den hiergegen am 15.08.2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2012 als unbegründet zurück. Der Beklagte vertiefte hierin seine Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und berief sich ergänzend auf den Beschluss des BayLSG vom 02.11.2011 (Az.: L 8 SO 165/11 B ER, Juris). Daneben führte der Beklagte aus, dass auch in der förderdiagnostischen Stellungnahme vom 10.05.2012 ausdrücklich der Unterricht an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung empfohlen worden sei, so dass nicht die Teilnahme am Unterricht in der Regelschule, sondern am Unterricht in der Förderschule die geeignete Form der Beschulung für die Klägerin sei, durch welche sie die erforderliche Unterstützung für eine langfristige Eingliederung in die Gesellschaft erhalte. Eine Orientierung an einer kurzfristigen Integration in das soziale Umfeld der Regelschule für die Grundschulphase entspreche nicht der Zielrichtung der Eingliederungshilfe, so dass der Wunsch der Klägerin bzw. ihrer Eltern, die Regelschule im Zusammenhang mit einer inklusiven Beschulung zu besuchen, nicht geeignet sei, die Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers herbeizuführen. Aus dem ausdrücklich in § 2 SGB XII postulierten Nachrang der Sozialhilfe gegenüber anderen privaten oder staatlichen Leistungen - hier dem Bildungsauftrag der Schulen nach dem Hessischen Schulgesetz - folge, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe nur dann in Betracht komme, wenn der Bedarf behinderungsbedingt sei und ohne (ebenfalls bedarfsdeckende) der Eingliederung dienende Maßnahmen, d.h. durch den kostenfreien Besuch der im Übrigen empfohlenen Förderschule, das Erreichen einer angemessenen Schulbildung nicht möglich sei. Der Grundsatz vom Nachrang der Sozialhilfe sei vorliegend eröffnet, da eine geeignete und angemessene Beschulung der Klägerin einschließlich der erforderlichen Unterstützung durch die Aufnahme in der Förderschule in Anspruch genommen werden könne und dementsprechend eine anderweitige als die von den Eltern der Klägerin gewünschte Form der Bedarfsdeckung existiere und zumutbar sei. Die Erfüllung des Wunsches der Klägerin würde dem Sozialhilfeträger jährlichen Kosten von ca. 10.000,00 EUR verursachen, während die ebenfalls zumutbare und als notwendig beschriebene und empfohlene Beschulung in der Förderschule keinerlei Aufwendungen für den nur nachrangig verpflichteten Sozialhilfeträger auslösen würde. Vor diesem Hintergrund sei der Wunsch der Klägerin evident unverhältnismäßig im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 3 SGB XII. Solchen Wünschen solle der Sozialhilfeträger nicht entsprechen; Ausnahmegründe, die es rechtfertigen könnten, von dieser klaren gesetzlichen Vorgabe abzuweichen, seien weder vorgetragen noch erkennbar.
Auch sei die Wahlfreiheit der Klägerin nicht dadurch betroffen, dass sie als Empfängerin von Leistungen der Sozialhilfe auf die Beschulung in der Förderschule verwiesen werde. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der für die Klägerin geeigneten und angemessenen Beschulungsform keine Wahlfreiheit zwischen zwei Schulformen eröffnet, da eine ausdrückliche Empfehlung nur für die Förderschule vorliege.
Schließlich sei es auch nicht Aufgabe der Sozialhilfe, die im Hessischen Schulrecht geforderte Zusammenarbeit der Regel- und Förderschulen zu ersetzen. Der Gesetzgeber habe den Schulen die Aufgabe zugewiesen, zur Förderung von behinderten Schülern die erforderlichen Infrastrukturen zu schaffen und eine Zusammenarbeit zu entwickeln, so dass auch Betroffene mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ausreichend unterstützt würden. Die Sozialhilfe sei nicht der Ausfallbürge dafür, dass Schulen und Schulverwaltung dem gesetzgeberischen Auftrag zur Umsetzung der inklusiven Beschulung nicht nachgekommen seien und Strukturen zur Förderung von behinderten Schülern in der Regelschule nicht ausreichend geschaffen hätten.
Mit ihrer am 31.08.2012 durch den Prozessbevollmächtigten zum Sozialgericht Fulda erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klägerin vertieft ihre Ausführungen aus dem Vorverfahren und trägt vor, dass sie insbesondere bei der Organisation ihres schulischen Alltages Hilfen bei Treppengängen, beim Toilettengang, in der Pause, im Sportunterricht, bei feinmotorischen Arbeiten, bei der Kommunikation sowie beim "Übersetzen" von Arbeitsanweisungen des Lehrers benötige. Diese Hilfe sei zunächst durch die Großmutter der Klägerin und daraufhin bis zum 30.09.2012 durch die Pädagogikstudentin Frau WE. A. sichergestellt worden. Seit dem 01.10.2012 werde der Integrationshilfebedarf aufgrund einer mit den Eltern getroffenen Vereinbarung durch Frau Y. U. erbracht. Die Unterstützung der Klägerin erfolge derzeit jeweils montags bis freitags von 08.45 Uhr bis 12.30 Uhr und dienstags in der Zeit von 07.55 Uhr bis 12.30 Uhr.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass es dem Beklagten schon aus Gründen der ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit der Schulbehörde verwehrt sei, der Zuweisungsentscheidung des Staatlichen Schulamtes A-Stadt vom 15.08.2012 den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII entgegen zu halten und beruft sich hiezu auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.04.2005 zu dem Aktenzeichen 5 C 20/04 (BVerwGE 123, 316) und vom 26.10.2007 zu dem Aktenzeichen 5 C 35/06 (BVerwGE 130, 1).
Daneben entspreche die Zuweisung der Klägerin an die Mittelpunktschule CA. der auf § 51 Abs. 1 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) bestehenden Verpflichtung der Schulverwaltung, Kinder mit Anspruch auf sonderpädagogischem Förderbedarf als Regelform in der allgemeinen Schule inklusiv zu beschulen und den rechtlichen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Art. 24 UN-BRK eingegangen sei. Im Rahmen der inklusiven Beschulung der Klägerin gehe es auch keineswegs nur um eine kurzfristige Integration in das soziale Umfeld der Regelschule, sondern vielmehr um die Schaffung der für die langfristige Integration der Klägerin in die Gesellschaft notwendigen Grundlagen. Der Klägerin gehe es insoweit nicht um Maßnahmen zur Erfüllung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, sondern vielmehr um Unterstützungsleistungen technischer Art, welche nicht den pädagogischen Aufgabenbereich der im Rahmen ihrer Beschulung eingesetzten Lehr- oder Förderlehrkräfte betreffen, die aber notwendig seien, um die Teilnahme der Klägerin am Schulunterricht zu ermöglichen und zu erleichtern.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.07.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten einer Eingliederungshilfe im Umfang der täglichen Beschulung der Klägerin in der Mittelpunktschule CA. in DW. zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung des Klageabweisungsantrages vertieft der Beklagte die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15.04.2013 und 17.05.2013 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten zuvor ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der seit dem 13.08.2012 anfallenden Kosten einer Integrationshilfe für den Besuch der Mittelpunktschule CA. in DW. als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII.
Gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. Gemäß § 2 der Verordnung zu § 60 SGB XI (Eingliederungshilfe-VO) sind geistig wesentlich behindert im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die infolge einer Schwäche ihrer geistigen Kräfte in erheblichem Umfange in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt sind.
Die Kammer hat keine Zweifel, dass die Klägerin im Hinblick auf das bei ihr vorliegende sog. Down-Syndrom (Trisomie 21) zu dem leistungsberechtigten Personenkreis gehört, was zudem zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Die Kammer ist daneben zu der Überzeugung gelangt, dass vorliegend auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in Form einer Integrationshilfe gegeben sind.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt. Nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Insoweit kommen grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Ausgeschlossen sind hingegen Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 21 m.w.N.).
Bei dem Besuch der Mittelpunktschule CA. in DW. handelt es sich um eine angemessene Beschulung der Klägerin, was aus dem Bescheid des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Fulda vom 15.08.2012 (Bl. 47 der Verwaltungsakte) folgt. Danach wurde zur Organisation der sonderpädagogischen Förderung der Klägerin festgelegt, dass diese ab dem 13.08.2012 die vorgenannte Schule besucht. Bei der Entscheidung vom 15.08.2012 handelt es sich zwar nicht um eine Zuweisung im Sinne des § 54 Abs. 4, 5 HSchG, welche - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - hinsichtlich der Angemessenheit der Schulbildung sozialhilferechtlich Tatbestandswirkung entfalten würde (vgl. HessLSG, Beschluss vom 26.04.2012 - L 4 SO 297/11 B ER, Juris, Rn. 22 m.w.N.), sondern um eine Gestattung im Sinne von § 66 HSchG (vgl. auch Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 16.11.2012, Bl. 44 der Gerichtsakte). Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Entscheidung, ob die Klägerin - wie vorliegend - in der allgemeinen Schule inklusiv beschult wird oder die unmittelbare Aufnahme in die Förderschule beantragt wird, bei den Eltern der Klägerin im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts verbleibt. Dieses schulrechtliche Wahlrecht ist von dem Beklagten als Sozialhilfeträger zu respektieren.
Hierzu hat das HessLSG in seinem Beschluss vom 26.04.2012 (L 4 SO 297/11 B ER, Juris, Rn. 22, 23) Folgendes ausgeführt:
Nachdem grundsätzlich den Anspruch auf sonderpädagogische Förderung sowohl die allgemeinen Schulen als auch die Förderschulen erfüllen (§ 49 Abs. 2 HSchG, vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 18. Dezember 2009, 7 K 597/09.F) verbleibt hiernach vorliegend im Ergebnis die Entscheidung, ob der Antragsteller in der allgemeinen Schule inklusiv beschult wird oder die unmittelbare Aufnahme in die Förderschule beantragt wird (§ 54 Abs. 1 Satz 2 HSchG), bei den Eltern des Antragstellers im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts.
Dieses schulrechtliche Wahl- bzw. Bestimmungsrecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2007, 5 C 35/06, BVerwGE 130, 1, zur integrativen Beschulung) von dem Antragsgegner als Träger der Sozialhilfe zu respektieren. Das BVerwG (a.a.O.) hat hierzu – noch nach der insoweit jedoch vergleichbaren Rechtslage des BSHG - ausgeführt, dass sowohl der Besuch der Förderschule als auch eine integrative Beschulung gleichermaßen geeignet seien, die Schulpflicht zu erfüllen, bedeute aus sozialhilferechtlicher Perspektive nicht, dass wegen der schulrechtlichen Möglichkeiten des Besuchs einer Förderschule eine integrative Beschulung zum Erreichen einer angemessenen Schulbildung schon nicht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 Nr. 1 EinglHVO "erforderlich" sei, das Kind nach dem Nachranggrundsatz (§ 2 Abs. 1 BSHG) zumutbar auf den Besuch der Förderschule verwiesen werden dürfe oder es sich bei der für das Kind getroffenen Entscheidung der Eltern für eine integrative Beschulung und damit für eine Förderung durch den dort erreichbaren "integrativen Mehrwert" lediglich um einen auf die Gestaltung der Hilfe bezogenen Wunsch handele, dem der Mehrkostenvorbehalt (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG) entgegengehalten werden könne. Das schulrechtlich eröffnete Wahl- und Bestimmungsrecht für eine integrative Beschulung wirke auf das Sozialhilferecht ein und sei vom Träger der Sozialhilfe hinzunehmen. Für die Anwendung und Auslegung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 EinglHVO und die hierbei de lege lata anzuerkennenden Einwirkungen des schulrechtlich bestehenden Wahl- und Bestimmungsrechtes seien dabei die Grundrechte der Kinder und der Eltern aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 GG und der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Menschen mit Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ungeachtet dessen zu berücksichtigen, dass aus ihnen kein umfassender, verfassungsrechtlich verbürgter, unmittelbarer Leistungsanspruch auf die Ermöglichung einer integrativen Beschulung unabhängig davon folge, ob der dafür benötigte personelle und sächliche Aufwand mit vorhandenen Personal- und Sachmitteln bestritten werden könne. Nichts anderes kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der einschlägigen schulrechtlichen Normen nach den inhaltsgleichen Vorschriften des SGB XII für die inklusive Beschulung des Antragstellers gelten, welcher daher entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht nach dem Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) auf die Möglichkeit des Besuchs der Förderschule verwiesen werden darf.
Die Kammer macht sich diese Argumentation des HessLSG (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2012 - L 7 SO 4186/12 ER-B, Juris, Rn. 11.) in vollem Umfang zu eigen.
Weiterhin ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass die Bereitstellung einer Integrationshilfe für die Beschulung der Klägerin in einer Regelschule auch die für die Ermöglichung der angemessenen Schulbildung geeignete und erforderliche Maßnahme darstellt, um die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Die Klägerin bedarf insoweit der Hilfe bei Treppengängen, beim Toilettengang, in der Pause, im Sportunterricht, bei feinmotorischen Arbeiten, bei der Kommunikation sowie beim "Übersetzen" von Arbeitsanweisungen des Lehrers. Dass die Klägerin diese Hilfen benötigt, folgt nicht nur aus der im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme der Schule vom 04.09.2012 (Bl. 28 der Gerichtsakte), sondern auch aus der Stellungnahme des Fachdienstes 6100, Kinder- und Jugendgesundheit, des Beklagten vom 28.06.2012. Auch liegen diese Hilfen jedenfalls außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Schulausbildung, da sie lediglich die Teilnahme bzw. Mitwirkung der Klägerin am Unterricht und damit die Aufnahme der Lerninhalte unterstützen.
Schließlich steht dem Anspruch der Klägerin auch nicht der in § 2 Abs. 1 SGB XII niedergelegte Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Vielmehr ist eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie auch im vorliegenden Fall - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt. Ob sie dazu verpflichtet ist oder nicht, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf. mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 25).
Weiterhin vermag sich das Gericht nicht der Auffassung des Beklagten anzuschließen, wonach es sich bei der Integration/Inklusion der Klägerin in das soziale Umfeld der Regelschule lediglich um ein kurzfristiges Ziel handele, welches dem Ziel der langfristigen Integration gem. §§ 53 ff. SGB XII entgegenstehe. Vielmehr bildet gerade die Grundschulbildung eine essenzielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn bzw. eine spätere berufliche Tätigkeit (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 19).
Ebenso wenig vermag das Gericht der Auffassung des Beklagten zu folgen, soweit sich dieser auf den Beschluss des BayLSG (Az.: L 8 SO 165/11 B ER, Juris) beruft. Unabhängig davon, dass dieser Entscheidung ein gänzlich anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde lag, stützte das Bayerische Landessozialgericht seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass dort nicht unerhebliche Zweifel daran bestanden, dass das Erfolg versprechende Integrationsziel bei einer Einschulung der dortigen Antragstellerin in der Regelschule erreicht werden konnte und dementsprechend keine der Beschulung an der Förderschule vergleichbare und in gleicher Weise geeignete Beschulung an der Regelschule gegeben war (BayLSG, a.a.O., Juris, Rn. 20 ff.). Demgegenüber wird im vorliegenden Fall - wie zuvor ausgeführt - gerade durch die Bereitstellung einer Integrationshilfe für den Besuch der Regelschule der Zweck der Eingliederungshilfe, nämlich die Klägerin als behinderter Mensch in die Gesellschaft einzugliedern, erreicht.
Weitere Ermittlungen des Gerichts zum Einkommen der Klägerin oder ihrer Eltern sind entbehrlich, da gemäß § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung den in § 19 Abs. 3 genannten Personen lediglich die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten ist, was bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers insoweit nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 28). Eine Berücksichtigung gegebenenfalls vorhandenen Vermögens erfolgt ebenfalls nicht (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 SGB XII).
Nach alledem war dem Klagebegehren zu entsprechen und der Beklagte zur Erstattung der seit Beginn des Schulbesuchs entstandenen und entstehenden Kosten einer Integrationshilfe zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
2. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für eine Integrationshilfe während des Besuchs einer Grundschule im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen.
Die 2006 geborene Klägerin leidet an einer angeborenen Chromosomenanomalie, dem so genannten Down-Syndrom (Trisomie 21). Im Zusammenhang mit der zum 01.08.2012 anstehenden Einschulung der Klägerin, welche einen sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung hat, entschieden sich die Eltern für eine inklusive Beschulung in der allgemeinen Schule. Daneben stellten sie bei dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Fulda den Antrag, die Beschulung der Klägerin nicht in der zuständigen Grundschule BJ. in B-Stadt, sondern in der Mittelpunktschule CA., DW. zu gestatten. Das Staatliche Schulamt beschied diesen Antrag mit Bescheid vom 15.08.2012 und legte zur Organisation der sonderpädagogischen Förderung der Klägerin fest, dass diese ab dem 13.08.2012 die vorgenannte Schule in CA. besucht.
Bereits am 20.06.2012 beantragten die Eltern der Klägerin bei dem Beklagten unter Vorlage einer förderdiagnostischen Stellungnahme vom 10.05.2012 die Bewilligung von Eingliederungshilfe für die Klägerin in Form eines Integrationshelfers und führten zur Begründung aus, dass die Mittelpunktschule in CA. bereit sei, die Klägerin für das Schuljahr 2012/2013 aufzunehmen, allerdings nur unter der Bedingung, dass ein Integrationshelfer während der Unterrichtsstunden und der Pausen zur Verfügung gestellt werde.
Mit Bescheid vom 30.07.2012 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin nach vorheriger Anhörung ab. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass aus der zwischenzeitlich eingeholten Stellungnahme seines Kreisgesundheitsamtes vom 28.06.2012 hervorgehe, dass bei der Klägerin ein erhöhter sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung bestehe. Dementsprechend sei aus medizinischer Sicht die Beschulung der Klägerin innerhalb der Förderschule empfohlen worden. In der Förderschule könne die Klägerin ohne Leistungen der Eingliederungshilfe bedarfsgerecht beschult werden, so dass die Notwendigkeit des Bedarfs aufgrund einer alternativen Beschulung mit zusätzlicher Betreuung/Unterstützung eines Integrationshelfers nicht gegeben sei. Der Beklagte berief sich in diesem Zusammenhang auf den Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe i.S.v. § 2 SGB XII und führte aus, dass die erforderliche Leistung im vorliegenden Fall durch das Land Hessen unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden könnte. Weiterhin führte der Beklagte aus, dass auch die Beachtung des Wunschrechts nach § 9 Abs. 2 SGB XII vorliegend nicht geboten sei. Daneben führte der Beklagte aus, dass sich aus dem Umstand der vom Gesetzgeber gewünschten inklusiven Beschulung nicht zwangsläufig die Verpflichtung des Eingliederungshilfeträgers ergebe, die Beschulung an einer Regelschule im Rahmen der Eingliederungshilfe zu unterstützen. Bei den Teilhabeleistungen nach den §§ 53 ff. SGB XII stehe der Erfolg der langfristigen Eingliederung in der Gesellschaft und damit die Prognose, auf welchem Schullaufbahnweg die Integration des behinderten Menschen langfristig gelingen könne, im Vordergrund. Damit scheide eine vorrangige Orientierung an dem kurzfristigen Ziel der Integration/Inklusion in das soziale Umfeld der Regelschule aus. Im Übrigen bestehe hinsichtlich der Kostenübernahme keine Bindung des Sozialhilfeträgers an die Zuweisungsentscheidung des Staatlichen Schulamtes.
Den hiergegen am 15.08.2012 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.08.2012 als unbegründet zurück. Der Beklagte vertiefte hierin seine Ausführungen aus dem Ausgangsbescheid und berief sich ergänzend auf den Beschluss des BayLSG vom 02.11.2011 (Az.: L 8 SO 165/11 B ER, Juris). Daneben führte der Beklagte aus, dass auch in der förderdiagnostischen Stellungnahme vom 10.05.2012 ausdrücklich der Unterricht an einer Förderschule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung empfohlen worden sei, so dass nicht die Teilnahme am Unterricht in der Regelschule, sondern am Unterricht in der Förderschule die geeignete Form der Beschulung für die Klägerin sei, durch welche sie die erforderliche Unterstützung für eine langfristige Eingliederung in die Gesellschaft erhalte. Eine Orientierung an einer kurzfristigen Integration in das soziale Umfeld der Regelschule für die Grundschulphase entspreche nicht der Zielrichtung der Eingliederungshilfe, so dass der Wunsch der Klägerin bzw. ihrer Eltern, die Regelschule im Zusammenhang mit einer inklusiven Beschulung zu besuchen, nicht geeignet sei, die Einstandspflicht des Sozialhilfeträgers herbeizuführen. Aus dem ausdrücklich in § 2 SGB XII postulierten Nachrang der Sozialhilfe gegenüber anderen privaten oder staatlichen Leistungen - hier dem Bildungsauftrag der Schulen nach dem Hessischen Schulgesetz - folge, dass die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe nur dann in Betracht komme, wenn der Bedarf behinderungsbedingt sei und ohne (ebenfalls bedarfsdeckende) der Eingliederung dienende Maßnahmen, d.h. durch den kostenfreien Besuch der im Übrigen empfohlenen Förderschule, das Erreichen einer angemessenen Schulbildung nicht möglich sei. Der Grundsatz vom Nachrang der Sozialhilfe sei vorliegend eröffnet, da eine geeignete und angemessene Beschulung der Klägerin einschließlich der erforderlichen Unterstützung durch die Aufnahme in der Förderschule in Anspruch genommen werden könne und dementsprechend eine anderweitige als die von den Eltern der Klägerin gewünschte Form der Bedarfsdeckung existiere und zumutbar sei. Die Erfüllung des Wunsches der Klägerin würde dem Sozialhilfeträger jährlichen Kosten von ca. 10.000,00 EUR verursachen, während die ebenfalls zumutbare und als notwendig beschriebene und empfohlene Beschulung in der Förderschule keinerlei Aufwendungen für den nur nachrangig verpflichteten Sozialhilfeträger auslösen würde. Vor diesem Hintergrund sei der Wunsch der Klägerin evident unverhältnismäßig im Sinne von § 9 Abs. 2 S. 3 SGB XII. Solchen Wünschen solle der Sozialhilfeträger nicht entsprechen; Ausnahmegründe, die es rechtfertigen könnten, von dieser klaren gesetzlichen Vorgabe abzuweichen, seien weder vorgetragen noch erkennbar.
Auch sei die Wahlfreiheit der Klägerin nicht dadurch betroffen, dass sie als Empfängerin von Leistungen der Sozialhilfe auf die Beschulung in der Förderschule verwiesen werde. Im vorliegenden Fall sei aufgrund der für die Klägerin geeigneten und angemessenen Beschulungsform keine Wahlfreiheit zwischen zwei Schulformen eröffnet, da eine ausdrückliche Empfehlung nur für die Förderschule vorliege.
Schließlich sei es auch nicht Aufgabe der Sozialhilfe, die im Hessischen Schulrecht geforderte Zusammenarbeit der Regel- und Förderschulen zu ersetzen. Der Gesetzgeber habe den Schulen die Aufgabe zugewiesen, zur Förderung von behinderten Schülern die erforderlichen Infrastrukturen zu schaffen und eine Zusammenarbeit zu entwickeln, so dass auch Betroffene mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ausreichend unterstützt würden. Die Sozialhilfe sei nicht der Ausfallbürge dafür, dass Schulen und Schulverwaltung dem gesetzgeberischen Auftrag zur Umsetzung der inklusiven Beschulung nicht nachgekommen seien und Strukturen zur Förderung von behinderten Schülern in der Regelschule nicht ausreichend geschaffen hätten.
Mit ihrer am 31.08.2012 durch den Prozessbevollmächtigten zum Sozialgericht Fulda erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Die Klägerin vertieft ihre Ausführungen aus dem Vorverfahren und trägt vor, dass sie insbesondere bei der Organisation ihres schulischen Alltages Hilfen bei Treppengängen, beim Toilettengang, in der Pause, im Sportunterricht, bei feinmotorischen Arbeiten, bei der Kommunikation sowie beim "Übersetzen" von Arbeitsanweisungen des Lehrers benötige. Diese Hilfe sei zunächst durch die Großmutter der Klägerin und daraufhin bis zum 30.09.2012 durch die Pädagogikstudentin Frau WE. A. sichergestellt worden. Seit dem 01.10.2012 werde der Integrationshilfebedarf aufgrund einer mit den Eltern getroffenen Vereinbarung durch Frau Y. U. erbracht. Die Unterstützung der Klägerin erfolge derzeit jeweils montags bis freitags von 08.45 Uhr bis 12.30 Uhr und dienstags in der Zeit von 07.55 Uhr bis 12.30 Uhr.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass es dem Beklagten schon aus Gründen der ausschließlichen sachlichen Zuständigkeit der Schulbehörde verwehrt sei, der Zuweisungsentscheidung des Staatlichen Schulamtes A-Stadt vom 15.08.2012 den Nachranggrundsatz des § 2 SGB XII entgegen zu halten und beruft sich hiezu auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.04.2005 zu dem Aktenzeichen 5 C 20/04 (BVerwGE 123, 316) und vom 26.10.2007 zu dem Aktenzeichen 5 C 35/06 (BVerwGE 130, 1).
Daneben entspreche die Zuweisung der Klägerin an die Mittelpunktschule CA. der auf § 51 Abs. 1 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) bestehenden Verpflichtung der Schulverwaltung, Kinder mit Anspruch auf sonderpädagogischem Förderbedarf als Regelform in der allgemeinen Schule inklusiv zu beschulen und den rechtlichen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland mit der Ratifikation der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in Art. 24 UN-BRK eingegangen sei. Im Rahmen der inklusiven Beschulung der Klägerin gehe es auch keineswegs nur um eine kurzfristige Integration in das soziale Umfeld der Regelschule, sondern vielmehr um die Schaffung der für die langfristige Integration der Klägerin in die Gesellschaft notwendigen Grundlagen. Der Klägerin gehe es insoweit nicht um Maßnahmen zur Erfüllung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, sondern vielmehr um Unterstützungsleistungen technischer Art, welche nicht den pädagogischen Aufgabenbereich der im Rahmen ihrer Beschulung eingesetzten Lehr- oder Förderlehrkräfte betreffen, die aber notwendig seien, um die Teilnahme der Klägerin am Schulunterricht zu ermöglichen und zu erleichtern.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 30.07.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Kosten einer Eingliederungshilfe im Umfang der täglichen Beschulung der Klägerin in der Mittelpunktschule CA. in DW. zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung des Klageabweisungsantrages vertieft der Beklagte die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid.
Für das weitere Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15.04.2013 und 17.05.2013 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Rechtsstreit konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, nachdem die Beteiligten zuvor ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.08.2012 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der seit dem 13.08.2012 anfallenden Kosten einer Integrationshilfe für den Besuch der Mittelpunktschule CA. in DW. als Leistung der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII.
Gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Gemäß § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist. Gemäß § 2 der Verordnung zu § 60 SGB XI (Eingliederungshilfe-VO) sind geistig wesentlich behindert im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die infolge einer Schwäche ihrer geistigen Kräfte in erheblichem Umfange in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt sind.
Die Kammer hat keine Zweifel, dass die Klägerin im Hinblick auf das bei ihr vorliegende sog. Down-Syndrom (Trisomie 21) zu dem leistungsberechtigten Personenkreis gehört, was zudem zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.
Die Kammer ist daneben zu der Überzeugung gelangt, dass vorliegend auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Bewilligung von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in Form einer Integrationshilfe gegeben sind.
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht bleiben unberührt. Nach § 12 Nr. 1 Eingliederungshilfe-VO umfasst die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Insoweit kommen grundsätzlich alle Maßnahmen in Betracht, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Ausgeschlossen sind hingegen Maßnahmen, die dem Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule zuzuordnen sind (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 21 m.w.N.).
Bei dem Besuch der Mittelpunktschule CA. in DW. handelt es sich um eine angemessene Beschulung der Klägerin, was aus dem Bescheid des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Fulda vom 15.08.2012 (Bl. 47 der Verwaltungsakte) folgt. Danach wurde zur Organisation der sonderpädagogischen Förderung der Klägerin festgelegt, dass diese ab dem 13.08.2012 die vorgenannte Schule besucht. Bei der Entscheidung vom 15.08.2012 handelt es sich zwar nicht um eine Zuweisung im Sinne des § 54 Abs. 4, 5 HSchG, welche - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - hinsichtlich der Angemessenheit der Schulbildung sozialhilferechtlich Tatbestandswirkung entfalten würde (vgl. HessLSG, Beschluss vom 26.04.2012 - L 4 SO 297/11 B ER, Juris, Rn. 22 m.w.N.), sondern um eine Gestattung im Sinne von § 66 HSchG (vgl. auch Schreiben des Staatlichen Schulamtes vom 16.11.2012, Bl. 44 der Gerichtsakte). Dies ändert allerdings nichts daran, dass die Entscheidung, ob die Klägerin - wie vorliegend - in der allgemeinen Schule inklusiv beschult wird oder die unmittelbare Aufnahme in die Förderschule beantragt wird, bei den Eltern der Klägerin im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts verbleibt. Dieses schulrechtliche Wahlrecht ist von dem Beklagten als Sozialhilfeträger zu respektieren.
Hierzu hat das HessLSG in seinem Beschluss vom 26.04.2012 (L 4 SO 297/11 B ER, Juris, Rn. 22, 23) Folgendes ausgeführt:
Nachdem grundsätzlich den Anspruch auf sonderpädagogische Förderung sowohl die allgemeinen Schulen als auch die Förderschulen erfüllen (§ 49 Abs. 2 HSchG, vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 18. Dezember 2009, 7 K 597/09.F) verbleibt hiernach vorliegend im Ergebnis die Entscheidung, ob der Antragsteller in der allgemeinen Schule inklusiv beschult wird oder die unmittelbare Aufnahme in die Förderschule beantragt wird (§ 54 Abs. 1 Satz 2 HSchG), bei den Eltern des Antragstellers im Rahmen ihres schulrechtlich gegebenen Wahlrechts.
Dieses schulrechtliche Wahl- bzw. Bestimmungsrecht ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2007, 5 C 35/06, BVerwGE 130, 1, zur integrativen Beschulung) von dem Antragsgegner als Träger der Sozialhilfe zu respektieren. Das BVerwG (a.a.O.) hat hierzu – noch nach der insoweit jedoch vergleichbaren Rechtslage des BSHG - ausgeführt, dass sowohl der Besuch der Förderschule als auch eine integrative Beschulung gleichermaßen geeignet seien, die Schulpflicht zu erfüllen, bedeute aus sozialhilferechtlicher Perspektive nicht, dass wegen der schulrechtlichen Möglichkeiten des Besuchs einer Förderschule eine integrative Beschulung zum Erreichen einer angemessenen Schulbildung schon nicht im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 Nr. 1 EinglHVO "erforderlich" sei, das Kind nach dem Nachranggrundsatz (§ 2 Abs. 1 BSHG) zumutbar auf den Besuch der Förderschule verwiesen werden dürfe oder es sich bei der für das Kind getroffenen Entscheidung der Eltern für eine integrative Beschulung und damit für eine Förderung durch den dort erreichbaren "integrativen Mehrwert" lediglich um einen auf die Gestaltung der Hilfe bezogenen Wunsch handele, dem der Mehrkostenvorbehalt (§ 3 Abs. 2 Satz 3 BSHG) entgegengehalten werden könne. Das schulrechtlich eröffnete Wahl- und Bestimmungsrecht für eine integrative Beschulung wirke auf das Sozialhilferecht ein und sei vom Träger der Sozialhilfe hinzunehmen. Für die Anwendung und Auslegung des § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BSHG, § 12 EinglHVO und die hierbei de lege lata anzuerkennenden Einwirkungen des schulrechtlich bestehenden Wahl- und Bestimmungsrechtes seien dabei die Grundrechte der Kinder und der Eltern aus Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 GG und der besondere verfassungsrechtliche Schutz von Menschen mit Behinderung (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG) ungeachtet dessen zu berücksichtigen, dass aus ihnen kein umfassender, verfassungsrechtlich verbürgter, unmittelbarer Leistungsanspruch auf die Ermöglichung einer integrativen Beschulung unabhängig davon folge, ob der dafür benötigte personelle und sächliche Aufwand mit vorhandenen Personal- und Sachmitteln bestritten werden könne. Nichts anderes kann zur Überzeugung des Senats unter Berücksichtigung der einschlägigen schulrechtlichen Normen nach den inhaltsgleichen Vorschriften des SGB XII für die inklusive Beschulung des Antragstellers gelten, welcher daher entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht nach dem Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 SGB XII) auf die Möglichkeit des Besuchs der Förderschule verwiesen werden darf.
Die Kammer macht sich diese Argumentation des HessLSG (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.11.2012 - L 7 SO 4186/12 ER-B, Juris, Rn. 11.) in vollem Umfang zu eigen.
Weiterhin ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass die Bereitstellung einer Integrationshilfe für die Beschulung der Klägerin in einer Regelschule auch die für die Ermöglichung der angemessenen Schulbildung geeignete und erforderliche Maßnahme darstellt, um die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Die Klägerin bedarf insoweit der Hilfe bei Treppengängen, beim Toilettengang, in der Pause, im Sportunterricht, bei feinmotorischen Arbeiten, bei der Kommunikation sowie beim "Übersetzen" von Arbeitsanweisungen des Lehrers. Dass die Klägerin diese Hilfen benötigt, folgt nicht nur aus der im Klageverfahren vorgelegten Stellungnahme der Schule vom 04.09.2012 (Bl. 28 der Gerichtsakte), sondern auch aus der Stellungnahme des Fachdienstes 6100, Kinder- und Jugendgesundheit, des Beklagten vom 28.06.2012. Auch liegen diese Hilfen jedenfalls außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Schulausbildung, da sie lediglich die Teilnahme bzw. Mitwirkung der Klägerin am Unterricht und damit die Aufnahme der Lerninhalte unterstützen.
Schließlich steht dem Anspruch der Klägerin auch nicht der in § 2 Abs. 1 SGB XII niedergelegte Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe entgegen, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Vielmehr ist eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule - wie auch im vorliegenden Fall - eine entsprechende Hilfe nicht gewährt. Ob sie dazu verpflichtet ist oder nicht, ist unerheblich. Der Sozialhilfeträger muss ggf. mittels einer Überleitungsanzeige (§ 93 SGB XII) beim zuständigen Schulträger Rückgriff nehmen (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 25).
Weiterhin vermag sich das Gericht nicht der Auffassung des Beklagten anzuschließen, wonach es sich bei der Integration/Inklusion der Klägerin in das soziale Umfeld der Regelschule lediglich um ein kurzfristiges Ziel handele, welches dem Ziel der langfristigen Integration gem. §§ 53 ff. SGB XII entgegenstehe. Vielmehr bildet gerade die Grundschulbildung eine essenzielle Basis für jegliche weitere Schullaufbahn bzw. eine spätere berufliche Tätigkeit (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 19).
Ebenso wenig vermag das Gericht der Auffassung des Beklagten zu folgen, soweit sich dieser auf den Beschluss des BayLSG (Az.: L 8 SO 165/11 B ER, Juris) beruft. Unabhängig davon, dass dieser Entscheidung ein gänzlich anders gelagerter Sachverhalt zu Grunde lag, stützte das Bayerische Landessozialgericht seine ablehnende Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass dort nicht unerhebliche Zweifel daran bestanden, dass das Erfolg versprechende Integrationsziel bei einer Einschulung der dortigen Antragstellerin in der Regelschule erreicht werden konnte und dementsprechend keine der Beschulung an der Förderschule vergleichbare und in gleicher Weise geeignete Beschulung an der Regelschule gegeben war (BayLSG, a.a.O., Juris, Rn. 20 ff.). Demgegenüber wird im vorliegenden Fall - wie zuvor ausgeführt - gerade durch die Bereitstellung einer Integrationshilfe für den Besuch der Regelschule der Zweck der Eingliederungshilfe, nämlich die Klägerin als behinderter Mensch in die Gesellschaft einzugliedern, erreicht.
Weitere Ermittlungen des Gerichts zum Einkommen der Klägerin oder ihrer Eltern sind entbehrlich, da gemäß § 92 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XII bei der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung den in § 19 Abs. 3 genannten Personen lediglich die Aufbringung der Mittel für die Kosten des Lebensunterhalts zuzumuten ist, was bedeutet, dass Aufwendungen des Sozialhilfeträgers insoweit nicht zu erstatten sind, soweit nicht integraler Bestandteil dieser Hilfen Kosten des Lebensunterhalts sind (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 8 SO 30/10 R, Juris, Rn. 28). Eine Berücksichtigung gegebenenfalls vorhandenen Vermögens erfolgt ebenfalls nicht (vgl. § 92 Abs. 2 S. 2 SGB XII).
Nach alledem war dem Klagebegehren zu entsprechen und der Beklagte zur Erstattung der seit Beginn des Schulbesuchs entstandenen und entstehenden Kosten einer Integrationshilfe zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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