Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 2 KR 151/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 365/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. § 190 Abs. 9 SGB V regelt das Ende der Mitgliedschaft von Studenten, die durch die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V begründet wurde, ohne dass der Student bis zum Ende der Mitgliedschaft die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V erfüllen muss. Er erfasst auch die Fälle des Endes der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch Abschluss des 14. Fachsemesters oder durch Vollendung des 30. Lebensjahres.
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2005 bestätigte die Beklagte die Mitgliedschaft des am 16. Oktober 1980 geborenen Klägers in der Krankenversicherung der Studenten ab 1. Oktober 2005.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2010, das bei der Beklagten am 26. Juli 2010 eingegangen ist, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seinen Vertrag zum 30. September 2010 kündige, da er ab 1. Oktober 2010 privat krankenversichert sei. In einem Vermerk der Beklagten vom 29. Juli 2010 ist festgehalten, dass der Kläger telefonisch informiert worden sei, dass ein Ende der Mitgliedschaft erst zum 31. März 2011 eintrete. Mit Schreiben vom 29. Juli 2010 führte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass seine Kündigung vom 22. Juli 2010 Bestand habe. Das Ende der Versicherung trete zum 16. Oktober 2010 ein, weil er ab diesem Zeitpunkt des 30. Lebensjahr vollendet habe. Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 wies die Beklagte den Kläger, der in dem vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 dauernden Wintersemester 2010 an der Technischen Universität Darmstadt eingeschrieben war, nochmals darauf hin, dass die Kündigung der Versicherung mit Schreiben vom 29. Juli 2010 zum 31. März 2011 erfolge. Im Weiteren legte der Kläger der Beklagten eine Versicherungsbescheinigung von Oktober 2010 vor, nach der er ab 1. November 2010 bei der X. Krankenversicherung privat versichert ist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2011, der dem Kläger am 20. Mai 2011 zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Feststellung des Zeitpunks des Endes seiner Mitgliedschaft als unbegründet zurück. Die Beklagte verwies darauf, dass das Verhältnis der Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und des § 190 Abs. 9 SGB V unklar sei. Es gebe dafür drei Lösungsmöglichkeiten, die in der Literatur und von ihrem Spitzenverband vertreten würden. Zum einen könne die Mitgliedschaft des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ohne Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V mit der Vollendung des 30. Lebensjahres, als zum 15. Oktober 2010 geendet haben. Zum anderen könne die Mitgliedschaft unter Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V mit Ablauf eines Monats nach Ablauf des Semesters, in dem der Kläger das 30. Lebensjahr vollendet habe, also zum 30. April 2011, geendet haben. Der Spitzenverband der Krankenkassen vertrete demgegenüber die Auffassung, dass die Mitgliedschaft mit Ablauf des Semesters, in dem der Kläger das 30. Lebensjahr vollendet habe, ohne einmonatige Verlängerung, also zum 31. März 2011 geendet habe. Dieser Meinung des Spitzenverbandes werde gefolgt, da § 190 Abs. 9 SGB V eine semesterbezogene Betrachtungsweise nahelege, aber kein Grund für eine einmonatige Verlängerung bestehe.
Dagegen richtet sich die am 20. Juni 2011 vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Student mit der Vollendung seines 30. Lebensjahres, also zum 15. Oktober 2010, geendet habe. Die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V beziehe sich nur auf versicherungspflichtige Studenten und sei überhaupt nicht anzuwenden, weil er ab 16. Oktober 2010 nicht mehr als Student versicherungspflichtig gewesen sei. Jedenfalls aber sei § 190 Abs. 9 SGB V auf die Tatbestände des Endes der Versicherungspflicht durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Ablauf des 14. Fachsemesters nicht anwendbar, weil es in der Vorschrift nur um die Erhaltung des Versicherungsschutzes bei Rückmeldung zu einem neuen Semester, nicht aber um die endgültige Beendigung der Versicherungspflicht durch Erreichen des 30. Lebensjahres oder des 14. Fachsemesters gehe. Außerdem sei ein Fortbestehen der Mitgliedschaft ausschließlich in § 192 SGB V geregelt. Im Übrigen würde bei einer Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V auf die Fälle der Vollendung des 30. Lebensjahres der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz auseinanderlaufen, weil § 49 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) das Ende der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung unmittelbar an das Ende der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherungspflicht anknüpfe.
Der Kläger beantragt,
den mündlichen Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass seine Mitgliedschaft bei der Beklagten als versicherungspflichtiger Student zum 15. Oktober 2010 endet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihren Bescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des früheren Endes seiner Pflichtversicherung, da er sich privat versichern will.
Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, das Ende der Mitgliedschaft des Klägers als versicherungspflichtiger Student zum 15. Oktober 2010 festzustellen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten als versicherungspflichtiger Student endete nicht bereits zum 15. Oktober 2010.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des vierzehnten Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres in der Krankenversicherung versicherungspflichtig. Nach § 190 Abs. 9 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben.
Nach diesen Regelungen endet die Mitgliedschaft des Klägers als versicherungspflichtiger Student nicht mit dem Ende der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, sondern nach § 190 Abs. 9 SGB V erst mit Ablauf eines Monats nach Ablauf des Semesters, in dem er das 30. Lebensjahr vollendet hat.
Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser gesetzlichen Regelungen nach ihrem Wortlaut, ihrem Sinn und Zweck und ihrer systematischen Stellung im Gesetz. Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden zwischen Regelungen zur Versicherungspflicht (Erster Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB V) und zur Versicherungsberechtigung (Zweiter Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB V) und zu der aus der Pflichtversicherung oder der freiwilligen Versicherung resultierenden Mitgliedschaft (Erster Titel des Dritten Abschnitts des Sechsten Kapitels des SGB V), aus der die Leistungsansprüche und die Beitragspflichten des Versicherten folgen. Besteht eine Versicherungspflicht oder hat eine Versicherungspflicht nach § 5 SGB V bestanden, regeln die §§ 186, 190, 192 SGB V Beginn und Ende der Mitgliedschaft, wobei § 190 SGB V das reguläre Ende der Mitgliedschaft bestimmt und § 192 SGB V für bestimmte Fälle einen Aufschub des Endes der Mitgliedschaft regelt. Aus dieser Systematik ergibt sich, dass das Fortbestehen der aus einer Versicherungspflicht resultierenden Mitgliedschaft nicht daran geknüpft ist, das der Versicherungspflichttatbestand selbst weiterbesteht. § 190 Abs. 9 SGB V regelt damit das Ende der Mitgliedschaft von Studenten, die durch die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V begründet wurde, ohne dass der Student bis zum Ende der Mitgliedschaft die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V weiterhin erfüllen muss. Dass der Kläger bereits am 15. Oktober 2010 das 30. Lebensjahr vollendet hat und damit der Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V entfallen ist, führt daher nicht zum Ende seiner Mitgliedschaft als Student bei der Beklagten. Das Ende seiner Mitgliedschaft wird vielmehr durch die Regelungen des §§ 190 Abs. 9, 192 SGB V bestimmt und tritt nicht automatisch mit dem Auslaufen des Versicherungspflichttatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB ein (so aber Klose, in: Sommer, SGB V, § 5 SGB V Rn. 129, § 190 SGB V, Rn. 45; Baier, in: Krauskopf, Kranken- und Pflegeversicherung, § 5 SGB V, Rn. 44, § 190 SGB V, Rn. 34).
Nach dem Wortlaut von § 190 Abs. 9 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben. Dabei wird nicht danach differenziert, ob der Versicherungspflichttatbestand wegen Vollendung des 30. Lebensjahres, wegen Ablauf das 14. Fachsemesters oder wegen fehlender Rückmeldung zu einem neuen Semester den Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht mehr erfüllt. Dies spricht dafür, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V auch für den Fall des Endes der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch Vollendung des 30. Lebensjahres gilt, so dass die Mitgliedschaft erst einen Monat nach Ablauf des Semesters, in dem der Student sein 30. Lebensjahr vollendet hat und für das er sich zuletzt zurückgemeldet hat, endet (so auch Peters, in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V, Rdnr. 94, 102, § 190 SGB V, Rdnr. 18; Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rdnr. 365, 372, § 190 Rdnr. 21; Felix, in: Juris-PK-SGB V, § 190 Rdnr. 28; Ulmer, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, M.´scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 5 SGB V Rdnr. 34; Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, SGB V, § 190 Rdnr. 19).
Einen Anlass, den Wortlaut der Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V teleologisch auf die Fälle einer fehlenden oder bislang noch nicht erfolgten Rückmeldung zu einem neuen Semester zu reduzieren und nicht auf die Fälle des Endes der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Abschluss des 14. Fachsemesters anzuwenden (so aber Klose, in: Sommer, 129, § 190 SGB V, Rn. 45, der die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nur den "typische" Fall des Endes der Mitgliedschaft anwenden will, zu dem ein Ende der Versicherungspflicht durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Abschluss des 14. Fachsemesters nicht zählen soll), besteht nicht.
Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und der für die Einführung und Änderungen der Regelung gegebenen Gesetzesbegründungen.
Die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V geht auf die Regelung des § 312 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) zurück, die mit dem Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 175 (BGBl. I, S. 1536) eingeführt wurde. § 312 Abs. 3 RVO hat bestimmt, dass die Mitgliedschaft der in § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO bezeichneten Versicherten (Versicherungspflicht eingeschriebener Studenten der staatlichen und der staatlich anerkannten Hochschulen) sieben Monate nach dem Beginn des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben, also einen Monat über das Ende des entsprechenden Semesters hinaus, endet. Die Gesetzesbegründung führte dazu an, dass die Vorschrift das Ende der Mitgliedschaft regele und durch Absatz 3 sichergestellt werde, dass keine Lücke im Versicherungsschutz bei Rückmeldung oder Studienortwechsel nach Semesterbeginn entsteht (BT-Drs. 7/2993, S. 10). Da die Versicherungspflicht des § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO ohne die spätere Begrenzung auf die Vollendung des 30. Lebensjahres oder den Abschluss des 14. Fachsemesters galt, waren Gegenstand der Regelung des § 312 Abs. 3 RVO nur Fälle, in denen die Versicherungspflicht durch eine fehlende Rückmeldung ausgelaufen ist. Durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreform-Gesetz – GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) wurden die krankenversicherungsrechtlichen Regelung der Reichsversicherungsordnung in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführt. Dabei wurde zum einen bei der Versicherungspflicht der Studenten eine Begrenzung der Versicherungspflicht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres oder des Abschlusses des 14. Fachsemesters eingeführt (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) und zum anderen die Regelung des § 312 Abs. 3 SGB V unter Hinzufügung des Zusatzes, dass die Mitgliedschaft spätestens mit der Exmatrikulation ende, in die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V überführt. In der Gesetzesbegründung wurde lediglich darauf verwiesen, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V weitgehend der Regelung des § 312 Abs. 3 RVO entspreche (BT-Drs. 11/2237, S. 217).
Die Regelungen des § 190 Abs. 9 SGB V wurde dann durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – 3. SGB V-Änderungsgesetz (3. SGB-V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl. I, S. 678) neu gefasst, wobei der Zusatz, dass die Mitgliedschaft spätestens mit der Exmatrikulation ende, wieder gestrichen wurde. Zur Begründung gibt der Gesetzgeber an, dass die Neuregelung den bisher erheblichen Verwaltungsaufwand für die Hochschulverwaltungen und Krankenkassen bei dem Meldeverfahren der Studenten auf das erforderliche Mindestmaß senke, ohne den Krankenversicherungsschutz der Studenten unzumutbar zu gefährden (BT-Drs. 13/340, S. 9). Für die Interpretation der Regelung in Hinblick auf das Ende der Mitgliedschaft bei einem Ende der Versicherungspflicht durch Überschreiten des 30. Lebensjahres oder des 14. Fachsemesters ist aber entscheidend, dass die Gesetzesbegründung weiter anführt, dass die Neuregelung gewährleiste, dass der Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten immer einen Monat nach Ende eines Semesters liege. Im Gegensatz zum bisherigen Recht ende der Krankenversicherungsschutz nicht mehr mit dem Zeitpunkt einer vor Semesterende erfolgenden Exmatrikulation. Durch die Beachtung der Rückmeldefristen, die für das kommende Semester schon während des laufenden Semesters wahrzunehmen seien, sichere der Student die lückenlose Weiterführung seines Versicherungsschutzes, sofern die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB genannten Voraussetzungen erfüllt seien (BT-Drs. 13/340, S. 9). Dies macht deutlich, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nur für die Fälle der Möglichkeit der Fortsetzung der Versicherungspflicht gelten sollen, sondern das alle Fälle der Beendigung der Mitgliedschaft beim Auslaufen der Versicherungspflicht durch § 190 Abs. 9 SGB V erfasst werden, so dass diese Regelung nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach den Intentionen des Gesetzgebers auch auf die Fälle des Endes der Mitgliedschaft beim Wegfall der Versicherungspflicht durch Überschreiten des 30. Lebensalters oder des 14. Fachsemesters anzuwenden ist (vgl. auch SG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2013, S 72 KR 502/11, Juris, Rn. 20). Eine telelogische Reduktion des Wortlauts der Regelung scheidet damit aus. Damit kann auch dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten vom 21. März 2006, auf das sich die Beklagte stützt und das die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nicht auf die Fälle des Ablauf des 14. Fachsemesters und die Vollendung des 30. Lebensjahres anwenden will und stattdessen darauf hinweist, dass die Mitgliedschaft bis zum Ende des Semesters bestehen bleibe (S. 58 des Rundschreibens), nicht gefolgt werden.
Die Mitgliedschaft des Klägers hat damit nach § 190 Abs. 9 SGB V mit dem Ablauf von einem Monat nach Ende des Semesters, in dem der Kläger sein 30. Lebensjahr vollendet hat, geendet, also zum 30. April 2011, so dass keine Feststellung erfolgen kann, dass die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten bereits zum 15. Oktober 2010 beendet wurde.
Ein Auseinanderfallen der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung ist damit nicht verbunden, weil die Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung nach §§ 20, 21, 49 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) an die Mitgliedschaft in gesetzlichen Krankenversicherung anknüpft und damit auch an die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V (s. auch Peters, in: Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung, § 49 SGB XI, Rdnr. 13).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass der Kläger unterlegen ist.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um das Ende der Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 10. Oktober 2005 bestätigte die Beklagte die Mitgliedschaft des am 16. Oktober 1980 geborenen Klägers in der Krankenversicherung der Studenten ab 1. Oktober 2005.
Mit Schreiben vom 22. Juli 2010, das bei der Beklagten am 26. Juli 2010 eingegangen ist, teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er seinen Vertrag zum 30. September 2010 kündige, da er ab 1. Oktober 2010 privat krankenversichert sei. In einem Vermerk der Beklagten vom 29. Juli 2010 ist festgehalten, dass der Kläger telefonisch informiert worden sei, dass ein Ende der Mitgliedschaft erst zum 31. März 2011 eintrete. Mit Schreiben vom 29. Juli 2010 führte der Kläger gegenüber der Beklagten an, dass seine Kündigung vom 22. Juli 2010 Bestand habe. Das Ende der Versicherung trete zum 16. Oktober 2010 ein, weil er ab diesem Zeitpunkt des 30. Lebensjahr vollendet habe. Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 wies die Beklagte den Kläger, der in dem vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011 dauernden Wintersemester 2010 an der Technischen Universität Darmstadt eingeschrieben war, nochmals darauf hin, dass die Kündigung der Versicherung mit Schreiben vom 29. Juli 2010 zum 31. März 2011 erfolge. Im Weiteren legte der Kläger der Beklagten eine Versicherungsbescheinigung von Oktober 2010 vor, nach der er ab 1. November 2010 bei der X. Krankenversicherung privat versichert ist.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2011, der dem Kläger am 20. Mai 2011 zugestellt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen die Feststellung des Zeitpunks des Endes seiner Mitgliedschaft als unbegründet zurück. Die Beklagte verwies darauf, dass das Verhältnis der Vorschriften des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und des § 190 Abs. 9 SGB V unklar sei. Es gebe dafür drei Lösungsmöglichkeiten, die in der Literatur und von ihrem Spitzenverband vertreten würden. Zum einen könne die Mitgliedschaft des Klägers nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V ohne Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V mit der Vollendung des 30. Lebensjahres, als zum 15. Oktober 2010 geendet haben. Zum anderen könne die Mitgliedschaft unter Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V mit Ablauf eines Monats nach Ablauf des Semesters, in dem der Kläger das 30. Lebensjahr vollendet habe, also zum 30. April 2011, geendet haben. Der Spitzenverband der Krankenkassen vertrete demgegenüber die Auffassung, dass die Mitgliedschaft mit Ablauf des Semesters, in dem der Kläger das 30. Lebensjahr vollendet habe, ohne einmonatige Verlängerung, also zum 31. März 2011 geendet habe. Dieser Meinung des Spitzenverbandes werde gefolgt, da § 190 Abs. 9 SGB V eine semesterbezogene Betrachtungsweise nahelege, aber kein Grund für eine einmonatige Verlängerung bestehe.
Dagegen richtet sich die am 20. Juni 2011 vor dem Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage.
Der Kläger ist der Auffassung, dass seine Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Student mit der Vollendung seines 30. Lebensjahres, also zum 15. Oktober 2010, geendet habe. Die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V beziehe sich nur auf versicherungspflichtige Studenten und sei überhaupt nicht anzuwenden, weil er ab 16. Oktober 2010 nicht mehr als Student versicherungspflichtig gewesen sei. Jedenfalls aber sei § 190 Abs. 9 SGB V auf die Tatbestände des Endes der Versicherungspflicht durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Ablauf des 14. Fachsemesters nicht anwendbar, weil es in der Vorschrift nur um die Erhaltung des Versicherungsschutzes bei Rückmeldung zu einem neuen Semester, nicht aber um die endgültige Beendigung der Versicherungspflicht durch Erreichen des 30. Lebensjahres oder des 14. Fachsemesters gehe. Außerdem sei ein Fortbestehen der Mitgliedschaft ausschließlich in § 192 SGB V geregelt. Im Übrigen würde bei einer Anwendung von § 190 Abs. 9 SGB V auf die Fälle der Vollendung des 30. Lebensjahres der Kranken- und Pflegeversicherungsschutz auseinanderlaufen, weil § 49 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) das Ende der Mitgliedschaft in der Pflegeversicherung unmittelbar an das Ende der Versicherungspflicht in der Pflegeversicherungspflicht anknüpfe.
Der Kläger beantragt,
den mündlichen Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011 aufzuheben und festzustellen, dass seine Mitgliedschaft bei der Beklagten als versicherungspflichtiger Student zum 15. Oktober 2010 endet.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält ihren Bescheid für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klage ist insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung des früheren Endes seiner Pflichtversicherung, da er sich privat versichern will.
Der Bescheid der Beklagten vom 29. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, das Ende der Mitgliedschaft des Klägers als versicherungspflichtiger Student zum 15. Oktober 2010 festzustellen, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Mitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten als versicherungspflichtiger Student endete nicht bereits zum 15. Oktober 2010.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind Studenten, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluss des vierzehnten Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres in der Krankenversicherung versicherungspflichtig. Nach § 190 Abs. 9 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben.
Nach diesen Regelungen endet die Mitgliedschaft des Klägers als versicherungspflichtiger Student nicht mit dem Ende der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V, sondern nach § 190 Abs. 9 SGB V erst mit Ablauf eines Monats nach Ablauf des Semesters, in dem er das 30. Lebensjahr vollendet hat.
Dies ergibt sich aus der Auslegung dieser gesetzlichen Regelungen nach ihrem Wortlaut, ihrem Sinn und Zweck und ihrer systematischen Stellung im Gesetz. Die gesetzlichen Regelungen unterscheiden zwischen Regelungen zur Versicherungspflicht (Erster Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB V) und zur Versicherungsberechtigung (Zweiter Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB V) und zu der aus der Pflichtversicherung oder der freiwilligen Versicherung resultierenden Mitgliedschaft (Erster Titel des Dritten Abschnitts des Sechsten Kapitels des SGB V), aus der die Leistungsansprüche und die Beitragspflichten des Versicherten folgen. Besteht eine Versicherungspflicht oder hat eine Versicherungspflicht nach § 5 SGB V bestanden, regeln die §§ 186, 190, 192 SGB V Beginn und Ende der Mitgliedschaft, wobei § 190 SGB V das reguläre Ende der Mitgliedschaft bestimmt und § 192 SGB V für bestimmte Fälle einen Aufschub des Endes der Mitgliedschaft regelt. Aus dieser Systematik ergibt sich, dass das Fortbestehen der aus einer Versicherungspflicht resultierenden Mitgliedschaft nicht daran geknüpft ist, das der Versicherungspflichttatbestand selbst weiterbesteht. § 190 Abs. 9 SGB V regelt damit das Ende der Mitgliedschaft von Studenten, die durch die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V begründet wurde, ohne dass der Student bis zum Ende der Mitgliedschaft die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V weiterhin erfüllen muss. Dass der Kläger bereits am 15. Oktober 2010 das 30. Lebensjahr vollendet hat und damit der Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V entfallen ist, führt daher nicht zum Ende seiner Mitgliedschaft als Student bei der Beklagten. Das Ende seiner Mitgliedschaft wird vielmehr durch die Regelungen des §§ 190 Abs. 9, 192 SGB V bestimmt und tritt nicht automatisch mit dem Auslaufen des Versicherungspflichttatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB ein (so aber Klose, in: Sommer, SGB V, § 5 SGB V Rn. 129, § 190 SGB V, Rn. 45; Baier, in: Krauskopf, Kranken- und Pflegeversicherung, § 5 SGB V, Rn. 44, § 190 SGB V, Rn. 34).
Nach dem Wortlaut von § 190 Abs. 9 SGB V endet die Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten einen Monat nach Ablauf des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben. Dabei wird nicht danach differenziert, ob der Versicherungspflichttatbestand wegen Vollendung des 30. Lebensjahres, wegen Ablauf das 14. Fachsemesters oder wegen fehlender Rückmeldung zu einem neuen Semester den Versicherungspflichttatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V nicht mehr erfüllt. Dies spricht dafür, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V auch für den Fall des Endes der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch Vollendung des 30. Lebensjahres gilt, so dass die Mitgliedschaft erst einen Monat nach Ablauf des Semesters, in dem der Student sein 30. Lebensjahr vollendet hat und für das er sich zuletzt zurückgemeldet hat, endet (so auch Peters, in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 5 SGB V, Rdnr. 94, 102, § 190 SGB V, Rdnr. 18; Gerlach, in: Hauck/Noftz, SGB V, § 5 Rdnr. 365, 372, § 190 Rdnr. 21; Felix, in: Juris-PK-SGB V, § 190 Rdnr. 28; Ulmer, in: Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, M.´scher Online-Kommentar Sozialrecht, § 5 SGB V Rdnr. 34; Ulmer, in: Eichenhofer/Wenner, SGB V, SGB V, § 190 Rdnr. 19).
Einen Anlass, den Wortlaut der Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V teleologisch auf die Fälle einer fehlenden oder bislang noch nicht erfolgten Rückmeldung zu einem neuen Semester zu reduzieren und nicht auf die Fälle des Endes der Versicherungspflicht des § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Abschluss des 14. Fachsemesters anzuwenden (so aber Klose, in: Sommer, 129, § 190 SGB V, Rn. 45, der die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nur den "typische" Fall des Endes der Mitgliedschaft anwenden will, zu dem ein Ende der Versicherungspflicht durch Vollendung des 30. Lebensjahres oder Abschluss des 14. Fachsemesters nicht zählen soll), besteht nicht.
Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Regelung und der für die Einführung und Änderungen der Regelung gegebenen Gesetzesbegründungen.
Die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V geht auf die Regelung des § 312 Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) zurück, die mit dem Gesetz über die Krankenversicherung der Studenten (KVSG) vom 24. Juni 175 (BGBl. I, S. 1536) eingeführt wurde. § 312 Abs. 3 RVO hat bestimmt, dass die Mitgliedschaft der in § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO bezeichneten Versicherten (Versicherungspflicht eingeschriebener Studenten der staatlichen und der staatlich anerkannten Hochschulen) sieben Monate nach dem Beginn des Semesters, für das sie sich zuletzt eingeschrieben oder zurückgemeldet haben, also einen Monat über das Ende des entsprechenden Semesters hinaus, endet. Die Gesetzesbegründung führte dazu an, dass die Vorschrift das Ende der Mitgliedschaft regele und durch Absatz 3 sichergestellt werde, dass keine Lücke im Versicherungsschutz bei Rückmeldung oder Studienortwechsel nach Semesterbeginn entsteht (BT-Drs. 7/2993, S. 10). Da die Versicherungspflicht des § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO ohne die spätere Begrenzung auf die Vollendung des 30. Lebensjahres oder den Abschluss des 14. Fachsemesters galt, waren Gegenstand der Regelung des § 312 Abs. 3 RVO nur Fälle, in denen die Versicherungspflicht durch eine fehlende Rückmeldung ausgelaufen ist. Durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheitsreform-Gesetz – GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I, S. 2477) wurden die krankenversicherungsrechtlichen Regelung der Reichsversicherungsordnung in das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch überführt. Dabei wurde zum einen bei der Versicherungspflicht der Studenten eine Begrenzung der Versicherungspflicht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres oder des Abschlusses des 14. Fachsemesters eingeführt (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) und zum anderen die Regelung des § 312 Abs. 3 SGB V unter Hinzufügung des Zusatzes, dass die Mitgliedschaft spätestens mit der Exmatrikulation ende, in die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V überführt. In der Gesetzesbegründung wurde lediglich darauf verwiesen, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V weitgehend der Regelung des § 312 Abs. 3 RVO entspreche (BT-Drs. 11/2237, S. 217).
Die Regelungen des § 190 Abs. 9 SGB V wurde dann durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – 3. SGB V-Änderungsgesetz (3. SGB-V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl. I, S. 678) neu gefasst, wobei der Zusatz, dass die Mitgliedschaft spätestens mit der Exmatrikulation ende, wieder gestrichen wurde. Zur Begründung gibt der Gesetzgeber an, dass die Neuregelung den bisher erheblichen Verwaltungsaufwand für die Hochschulverwaltungen und Krankenkassen bei dem Meldeverfahren der Studenten auf das erforderliche Mindestmaß senke, ohne den Krankenversicherungsschutz der Studenten unzumutbar zu gefährden (BT-Drs. 13/340, S. 9). Für die Interpretation der Regelung in Hinblick auf das Ende der Mitgliedschaft bei einem Ende der Versicherungspflicht durch Überschreiten des 30. Lebensjahres oder des 14. Fachsemesters ist aber entscheidend, dass die Gesetzesbegründung weiter anführt, dass die Neuregelung gewährleiste, dass der Zeitpunkt der Beendigung der Mitgliedschaft versicherungspflichtiger Studenten immer einen Monat nach Ende eines Semesters liege. Im Gegensatz zum bisherigen Recht ende der Krankenversicherungsschutz nicht mehr mit dem Zeitpunkt einer vor Semesterende erfolgenden Exmatrikulation. Durch die Beachtung der Rückmeldefristen, die für das kommende Semester schon während des laufenden Semesters wahrzunehmen seien, sichere der Student die lückenlose Weiterführung seines Versicherungsschutzes, sofern die in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB genannten Voraussetzungen erfüllt seien (BT-Drs. 13/340, S. 9). Dies macht deutlich, dass der Gesetzgeber nicht davon ausgeht, dass die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nur für die Fälle der Möglichkeit der Fortsetzung der Versicherungspflicht gelten sollen, sondern das alle Fälle der Beendigung der Mitgliedschaft beim Auslaufen der Versicherungspflicht durch § 190 Abs. 9 SGB V erfasst werden, so dass diese Regelung nicht nur nach ihrem Wortlaut, sondern auch nach den Intentionen des Gesetzgebers auch auf die Fälle des Endes der Mitgliedschaft beim Wegfall der Versicherungspflicht durch Überschreiten des 30. Lebensalters oder des 14. Fachsemesters anzuwenden ist (vgl. auch SG Berlin, Urteil vom 17. Januar 2013, S 72 KR 502/11, Juris, Rn. 20). Eine telelogische Reduktion des Wortlauts der Regelung scheidet damit aus. Damit kann auch dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Kranken- und Pflegeversicherung der Studenten vom 21. März 2006, auf das sich die Beklagte stützt und das die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V nicht auf die Fälle des Ablauf des 14. Fachsemesters und die Vollendung des 30. Lebensjahres anwenden will und stattdessen darauf hinweist, dass die Mitgliedschaft bis zum Ende des Semesters bestehen bleibe (S. 58 des Rundschreibens), nicht gefolgt werden.
Die Mitgliedschaft des Klägers hat damit nach § 190 Abs. 9 SGB V mit dem Ablauf von einem Monat nach Ende des Semesters, in dem der Kläger sein 30. Lebensjahr vollendet hat, geendet, also zum 30. April 2011, so dass keine Feststellung erfolgen kann, dass die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Studenten bereits zum 15. Oktober 2010 beendet wurde.
Ein Auseinanderfallen der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung ist damit nicht verbunden, weil die Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung nach §§ 20, 21, 49 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) an die Mitgliedschaft in gesetzlichen Krankenversicherung anknüpft und damit auch an die Regelung des § 190 Abs. 9 SGB V (s. auch Peters, in: Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung, § 49 SGB XI, Rdnr. 13).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und berücksichtigt, dass der Kläger unterlegen ist.
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