Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 17 KR 524/17 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 31/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit ist nicht gegeben.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 500.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit dem vorliegenden Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen das durch die Antragsgegnerin eingeleitete europaweite Vergabeverfahren zur Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte".
Die Antragstellerin ist als Leistungserbringerin u. a. im Bereich der Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit CPAP-Geräten im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V tätig. Der Jahresumsatz der Antragstellerin mit Versicherten der Antragsgegnerin in diesem Bereich beträgt ca. 500.000,00 Euro.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, zum Zwecke der Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten einen Rahmenvertrag im Sinne des § 127 Abs. 1 SGB V abzuschließen. Zu diesem Zwecke wurde durch die Antragsgegnerin mit Datum vom 27.09.2017 eine insgesamt in 19. Gebietslose unterteilte Ausschreibung von Hilfsmittelversorgungsverträgen über CPAP-Geräte im Supplement zum EU-Amtsblatt vom 30.09.2017 (Nr. xxx1) eingeleitet. Der geschätzte Netto-Auftragswert der ausgeschriebenen öffentlichen Aufträge über die Versorgung mit den Hilfsmitteln übersteigt den maßgeblichen EU-Schwellenwert von 209.000,00 Euro. Die Frist zur Angebotsabgabe ist am 24.11.2017 (12:00 Uhr) abgelaufen.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, die Auswertung der eingegangenen Angebote bis zum 11.12.2017 abzuschließen und die Bieter noch am selben Tag über den Ausgang des Vergabeverfahrens zu informieren. Die Zuschläge sollen am 22.12.2017 erteilt werden. Der ausgeschriebene Rahmenvertrag soll voraussichtlich zum 01.04.2018 in Kraft treten.
Ob die Antragstellerin sich an der Ausschreibung beteiligt hat, hat sie nicht mitgeteilt.
Am 24.11.2017 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Frankfurt gestellt, von wo das Verfahren mit Beschluss vom 05.12.2017 an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden abgegeben wurde, wo es am 12.12.2017 angelegt werden konnte.
Die Beteiligten streiten in erster Linie um die (Vor-)Frage, ob für das Verfahren überhaupt der Sozialrechtsweg gegeben ist.
Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet sei; die abdrängende Sonderzuweisung der §§ 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei nicht einschlägig. Die Antragstellerin führt zur Begründung dieser Rechtsauffassung aus, dass die Ausführungen des OLG Düsseldorf in dem Beschluss vom 21.12.2016 (Aktenzeichen: VII-Verg 26/16) unschlüssig und in sich widersprüchlich seien. Denn nach der in diesem Beschluss geäußerten Rechtsauffassung seien auch dem SGB V entstammende Gründe, die einer Ausschreibung widersprächen und diese zu verhindern geeignet seien (wie insbesondere aus § 127 Abs. 1 SGB V), ausnahmslos von den Vergabeinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden; gleichzeitig habe das Gericht aber festgestellt, dass § 127 Abs. 1 SGB V aufgrund europarechtlicher Vorgaben unangewendet zu bleiben habe, soweit er die Beschaffung von Hilfsmitteln und diesbezüglichen Beratungsleistungen von Zweckmäßigkeitsüberlegungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen zuvor anzustellen hätten, abhängig mache. Im Ergebnis könne es nach dieser Rechtsprechung unter keinen Umständen zu einer Überprüfung einer Vergabeentscheidung nach den Kriterien des § 127 Abs. 1 SGB V durch die Vergabekammern kommen. Abweichend von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf habe zudem die Vergabekammer Bund etwa mit Beschluss vom 27.07.2016 (VK 2-63/16) festgestellt, dass die Frage, ob gesetzliche Krankenkassen sich trotz möglicherweise entgegenstehender sozialrechtlicher Vorgaben im Einzelfall entschließen dürften, überhaupt auszuschreiben, als vorgelagerte Fragestellung durch die Sozialgericht zu prüfen sei (betraf: Ausschreibung von Grippeimpfstoffen). Unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes müsse die Prüfung der Zweckmäßigkeit von Hilfsmittelausschreibungen nach § 127 Abs.1 Satz 1 und 6 SGB V damit als eine der Einleitung des Ausschreibungsverfahrens vorangestellte, der Zuständigkeit der Sozialgerichte unterfallende Vorfrage und nicht als eine Problematik des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens selbst behandelt werden. Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass dieses Verständnis des § 51 SGG i. V. m. den Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) durch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG geboten sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Ausschreibung der Versorgung mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte" gemäß § 127 Abs. 1 SGB V gemäß der Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 27.09.2017, Vergabenummer xxx2, zu unterlassen,
hilfsweise,
für den Fall der Zuschlagserteilung, der Antragsgegnerin zu untersagen, ihre Versicherten gemäß der vorgenannten Ausschreibung zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Rechtsauffassung, dass die in §§ 51 Abs. 3 SGG, 69 Abs. 3 SGB V geregelte Sonderzuweisung einschlägig sei, da es vorliegend um die Zulässigkeit der Ausschreibung eines Hilfsmittelversorgungsvertrages im Sinne des § 127 SGB V gehe. Hierauf seien die Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliege gemäß § 155 GWB der Nachprüfung durch die Vergabekammern bzw. der bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Vergabesenate. Durch das OLG Düsseldorf sei mit Beschlüssen vom 24.09.2014 (Aktenzeichen: VII-Verg 17/14) und 21.12.2016 (Aktenzeichen: VII-Verg 26/16) ausdrücklich klargestellt worden, dass die Problematik, ob Vorschriften des SGB V dazu geeignet seien, eine Ausschreibung zu verhindern, ausnahmelos von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden seien. Sollte die Prüfung dort inhaltlich anders ausfallen als von der Antragstellerin vertreten, müsse sich im Rahmen des gegebenen Rechtsweges dagegen vorgehen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sei so sichergestellt.
Beide Beteiligten verweisen ergänzend auf verschiedene aktuelle erstinstanzliche Entscheidungen sowohl zum vorliegend streitgegenständlichen Vergabeverfahren wie auch zu weiteren parallel gelagerten Rechtsstreitigkeiten wie auch auf weitere Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und der Vergabekammern des Bundes. Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte zum hiesigen Verfahren Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war abzulehnen. Es ist bereits der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet (a). Eine Verweisung an die Vergabekammern des Bundes oder den Vergabesenat des OLG Düsseldorf kommt nicht in Betracht (b).
a) Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit ist nicht eröffnet. Nach § 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 SGB V sind Streitigkeiten nach dem GWB von der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ausgenommen. Vorliegend steht die Ausschreibung bzw. Vergabe eines öffentlichen Auftrags (Hilfsmittelversorgungsvertrag nach § 127 SGB V) im Streit, auf die nach § 69 Abs. 3 SGB V die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden sind.
Der Einwand der Antragstellerin, dass sich das vorliegende Verfahren nicht auf die Nachprüfung der Ausschreibung als solche beziehe, sondern bereits die Unterlassung der Ausschreibung bzw. von deren Fortsetzung auf Basis des § 127 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB V begehrt werde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass es sich bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit der Ausschreibung des öffentlichen Auftrags nach § 127 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB V um ein in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallendes Verfahren handelt, das der eigentlichen Nachprüfung des Vergabeverfahrens nach Teil 4 des GWB durch die Vergabekammer und die bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Vergabesenate vorgelagert sei, folgt die Kammer nicht. Denn durch die Antragstellerin wird dabei verkannt, dass die Prüfung der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auch die Prüfung von Gründen umfasst, die bereits dem Grunde nach einer Ausschreibung widersprechen oder diese zu verhindern geeignet sind. Eine Aufspaltung des Prüfprogrammes in die Frage des "Ob" und des "Wie" der Ausschreibung ist nicht vorgesehen (so zutreffend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2014, Aktenzeichen VII-Verg 17/14, Rn. 26 ff., zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2016, Aktenzeichen VII-Verg 26/16, Rn. 40, zitiert nach juris).
Die Berufung der Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unschlüssige und widersprüchliche Rechtsprechung des OLG Düsseldorfs in den Beschlüssen vom 24.09.2014 und vom 21.12.2016 (OLG Düsseldorf a. a. O.) verfängt nicht. Denn eine von dem jeweiligen Antragsteller als unschlüssig und widersprüchlich empfundene Rechtsprechung der sachlich und örtlich zuständigen Gerichte ist grundsätzlich nicht geeignet, eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit zu begründen. Es ist Sache der Antragstellerin, die nach ihrer Auffassung durch die Vergabekammern und Vergabesenate erfolgte regelwidrige Außerachtlassung fachfremder Gesetzesregelungen im jeweils eröffneten Rechtsweg geltend zu machen und gegebenenfalls zu rügen.
b) Gemäß § 202 SGG i. V. m. § 17a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweg von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen. Vorliegend kommt indes nur der Ausspruch der Unzulässigkeit des Rechtswegs in Betracht. Die Verweisung ist aufgrund der Besonderheiten des vergaberechtlichen Rechtsschutzes ausgeschlossen.
Eine Verweisung an die für das Vergabeverfahren gemäß § 155 GWB primär zuständigen Vergabekammern des Bundes kommt nicht in Betracht. Die Verweisung eines Rechtsstreits ist gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 GVG nur an ein Gericht des zulässigen Rechtsweges vorgesehen. Die Vergabekammer Bund ist jedoch ein Verwaltungsorgan und kein Gericht.
Auch eine Verweisung an den Vergabesenat des OLG Düsseldorf kommt vorliegend nicht in Betracht, weil der Vergabesenat des OLG Düsseldorf gemäß § 171 Abs. 3 GWB (nur) über die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Vergabekammer nach § 171 Abs. 1, 3 GWB entscheidet. Es fehlt vorliegend jedoch eine Ausgangsentscheidung der Vergabekammer Bund, die eine Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren der Beteiligten für den Vergabesenat des OLG Düsseldorf begründen könnte (so auch SG Oldenburg, Beschluss vom 11.12.2017, Aktenzeichen S 64 KR 611/17 ER; SG Schwerin, Beschluss vom 14.12.2017, S 20 KR 325/17 ER; im Ergebnis auch OVG Sachsen, Beschluss vom 09.02.2016, 5 B 315/15, juris; anderer Auffassungen SG Speyer, Beschluss vom 07.12.2017, Aktenzeichen S 17 KR 648/17 ER [Verweisung an das OLG Düsseldorf] und SG Heilbronn, Beschluss vom 11.12.2017, Aktenzeichen S 9 KR 3894/17 ER [Verweisung an die Vergabekammern des Bundes]).
2. Der unterliegenden Antragstellerin waren nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
3. Das Gericht hat den Streitwert nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).
Die Antragstellerin gibt ihren eigenen jährlichen Umsatz mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten für Versicherte der Antragsgegnerin mit circa 500.000 Euro an. Durch die Ausschreibung würden alle "Nichtgewinner" für einen Zeitraum von vier Jahren aus der Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin ausgeschlossen werden. Ihr Interesse betrifft damit ein erwartetes Umsatzvolumen von ca. 2.000.000 Euro.
Nach Ziffer 10.1. des Streitwertkatalogs 2017 der Sozialgerichtsbarkeit (5. Auflage) beträgt der Streitwert für einstweilige Anordnungen ein Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlicher Bedeutung. Da es sich vorliegend lediglich um eine Gewinnaussicht handelt, die die Antragstellerin zu schützen sucht, hält das Gericht es für sachgerecht, den Streitwert mit einem Viertel des erwarteten Umsatzes anzusetzen. Die Festsetzung erfolgt mithin auf 500.000 Euro.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 500.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Mit dem vorliegenden Antrag auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen das durch die Antragsgegnerin eingeleitete europaweite Vergabeverfahren zur Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte".
Die Antragstellerin ist als Leistungserbringerin u. a. im Bereich der Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit CPAP-Geräten im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB V tätig. Der Jahresumsatz der Antragstellerin mit Versicherten der Antragsgegnerin in diesem Bereich beträgt ca. 500.000,00 Euro.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, zum Zwecke der Versorgung ihrer Versicherten mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten einen Rahmenvertrag im Sinne des § 127 Abs. 1 SGB V abzuschließen. Zu diesem Zwecke wurde durch die Antragsgegnerin mit Datum vom 27.09.2017 eine insgesamt in 19. Gebietslose unterteilte Ausschreibung von Hilfsmittelversorgungsverträgen über CPAP-Geräte im Supplement zum EU-Amtsblatt vom 30.09.2017 (Nr. xxx1) eingeleitet. Der geschätzte Netto-Auftragswert der ausgeschriebenen öffentlichen Aufträge über die Versorgung mit den Hilfsmitteln übersteigt den maßgeblichen EU-Schwellenwert von 209.000,00 Euro. Die Frist zur Angebotsabgabe ist am 24.11.2017 (12:00 Uhr) abgelaufen.
Durch die Antragsgegnerin ist beabsichtigt, die Auswertung der eingegangenen Angebote bis zum 11.12.2017 abzuschließen und die Bieter noch am selben Tag über den Ausgang des Vergabeverfahrens zu informieren. Die Zuschläge sollen am 22.12.2017 erteilt werden. Der ausgeschriebene Rahmenvertrag soll voraussichtlich zum 01.04.2018 in Kraft treten.
Ob die Antragstellerin sich an der Ausschreibung beteiligt hat, hat sie nicht mitgeteilt.
Am 24.11.2017 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes bei dem Sozialgericht Frankfurt gestellt, von wo das Verfahren mit Beschluss vom 05.12.2017 an das örtlich zuständige Sozialgericht Wiesbaden abgegeben wurde, wo es am 12.12.2017 angelegt werden konnte.
Die Beteiligten streiten in erster Linie um die (Vor-)Frage, ob für das Verfahren überhaupt der Sozialrechtsweg gegeben ist.
Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass der Rechtsweg vor die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet sei; die abdrängende Sonderzuweisung der §§ 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sei nicht einschlägig. Die Antragstellerin führt zur Begründung dieser Rechtsauffassung aus, dass die Ausführungen des OLG Düsseldorf in dem Beschluss vom 21.12.2016 (Aktenzeichen: VII-Verg 26/16) unschlüssig und in sich widersprüchlich seien. Denn nach der in diesem Beschluss geäußerten Rechtsauffassung seien auch dem SGB V entstammende Gründe, die einer Ausschreibung widersprächen und diese zu verhindern geeignet seien (wie insbesondere aus § 127 Abs. 1 SGB V), ausnahmslos von den Vergabeinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden; gleichzeitig habe das Gericht aber festgestellt, dass § 127 Abs. 1 SGB V aufgrund europarechtlicher Vorgaben unangewendet zu bleiben habe, soweit er die Beschaffung von Hilfsmitteln und diesbezüglichen Beratungsleistungen von Zweckmäßigkeitsüberlegungen, welche die gesetzlichen Krankenkassen zuvor anzustellen hätten, abhängig mache. Im Ergebnis könne es nach dieser Rechtsprechung unter keinen Umständen zu einer Überprüfung einer Vergabeentscheidung nach den Kriterien des § 127 Abs. 1 SGB V durch die Vergabekammern kommen. Abweichend von der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf habe zudem die Vergabekammer Bund etwa mit Beschluss vom 27.07.2016 (VK 2-63/16) festgestellt, dass die Frage, ob gesetzliche Krankenkassen sich trotz möglicherweise entgegenstehender sozialrechtlicher Vorgaben im Einzelfall entschließen dürften, überhaupt auszuschreiben, als vorgelagerte Fragestellung durch die Sozialgericht zu prüfen sei (betraf: Ausschreibung von Grippeimpfstoffen). Unter dem Gesichtspunkt des effektiven Rechtsschutzes müsse die Prüfung der Zweckmäßigkeit von Hilfsmittelausschreibungen nach § 127 Abs.1 Satz 1 und 6 SGB V damit als eine der Einleitung des Ausschreibungsverfahrens vorangestellte, der Zuständigkeit der Sozialgerichte unterfallende Vorfrage und nicht als eine Problematik des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens selbst behandelt werden. Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass dieses Verständnis des § 51 SGG i. V. m. den Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) durch die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG geboten sei.
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Ausschreibung der Versorgung mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten der Produktgruppe 14 "Inhalations- und Atemtherapiegeräte" gemäß § 127 Abs. 1 SGB V gemäß der Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 27.09.2017, Vergabenummer xxx2, zu unterlassen,
hilfsweise,
für den Fall der Zuschlagserteilung, der Antragsgegnerin zu untersagen, ihre Versicherten gemäß der vorgenannten Ausschreibung zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Rechtsauffassung, dass die in §§ 51 Abs. 3 SGG, 69 Abs. 3 SGB V geregelte Sonderzuweisung einschlägig sei, da es vorliegend um die Zulässigkeit der Ausschreibung eines Hilfsmittelversorgungsvertrages im Sinne des § 127 SGB V gehe. Hierauf seien die Vorschriften des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden.
Die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliege gemäß § 155 GWB der Nachprüfung durch die Vergabekammern bzw. der bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Vergabesenate. Durch das OLG Düsseldorf sei mit Beschlüssen vom 24.09.2014 (Aktenzeichen: VII-Verg 17/14) und 21.12.2016 (Aktenzeichen: VII-Verg 26/16) ausdrücklich klargestellt worden, dass die Problematik, ob Vorschriften des SGB V dazu geeignet seien, eine Ausschreibung zu verhindern, ausnahmelos von den Vergabenachprüfungsinstanzen zu überprüfen und zu entscheiden seien. Sollte die Prüfung dort inhaltlich anders ausfallen als von der Antragstellerin vertreten, müsse sich im Rahmen des gegebenen Rechtsweges dagegen vorgehen. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sei so sichergestellt.
Beide Beteiligten verweisen ergänzend auf verschiedene aktuelle erstinstanzliche Entscheidungen sowohl zum vorliegend streitgegenständlichen Vergabeverfahren wie auch zu weiteren parallel gelagerten Rechtsstreitigkeiten wie auch auf weitere Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und der Vergabekammern des Bundes. Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte zum hiesigen Verfahren Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung war abzulehnen. Es ist bereits der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet (a). Eine Verweisung an die Vergabekammern des Bundes oder den Vergabesenat des OLG Düsseldorf kommt nicht in Betracht (b).
a) Der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit ist nicht eröffnet. Nach § 51 Abs. 3 SGG i. V. m. § 69 Abs. 3 SGB V sind Streitigkeiten nach dem GWB von der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ausgenommen. Vorliegend steht die Ausschreibung bzw. Vergabe eines öffentlichen Auftrags (Hilfsmittelversorgungsvertrag nach § 127 SGB V) im Streit, auf die nach § 69 Abs. 3 SGB V die Vorschriften des Teils 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen anzuwenden sind.
Der Einwand der Antragstellerin, dass sich das vorliegende Verfahren nicht auf die Nachprüfung der Ausschreibung als solche beziehe, sondern bereits die Unterlassung der Ausschreibung bzw. von deren Fortsetzung auf Basis des § 127 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB V begehrt werde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Rechtsauffassung der Antragstellerin, dass es sich bei der Prüfung der Zweckmäßigkeit der Ausschreibung des öffentlichen Auftrags nach § 127 Abs. 1 S. 1 und S. 6 SGB V um ein in die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit fallendes Verfahren handelt, das der eigentlichen Nachprüfung des Vergabeverfahrens nach Teil 4 des GWB durch die Vergabekammer und die bei den Oberlandesgerichten eingerichteten Vergabesenate vorgelagert sei, folgt die Kammer nicht. Denn durch die Antragstellerin wird dabei verkannt, dass die Prüfung der Vergabe von öffentlichen Aufträgen auch die Prüfung von Gründen umfasst, die bereits dem Grunde nach einer Ausschreibung widersprechen oder diese zu verhindern geeignet sind. Eine Aufspaltung des Prüfprogrammes in die Frage des "Ob" und des "Wie" der Ausschreibung ist nicht vorgesehen (so zutreffend: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.2014, Aktenzeichen VII-Verg 17/14, Rn. 26 ff., zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.12.2016, Aktenzeichen VII-Verg 26/16, Rn. 40, zitiert nach juris).
Die Berufung der Antragstellerin auf die aus ihrer Sicht unschlüssige und widersprüchliche Rechtsprechung des OLG Düsseldorfs in den Beschlüssen vom 24.09.2014 und vom 21.12.2016 (OLG Düsseldorf a. a. O.) verfängt nicht. Denn eine von dem jeweiligen Antragsteller als unschlüssig und widersprüchlich empfundene Rechtsprechung der sachlich und örtlich zuständigen Gerichte ist grundsätzlich nicht geeignet, eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit zu begründen. Es ist Sache der Antragstellerin, die nach ihrer Auffassung durch die Vergabekammern und Vergabesenate erfolgte regelwidrige Außerachtlassung fachfremder Gesetzesregelungen im jeweils eröffneten Rechtsweg geltend zu machen und gegebenenfalls zu rügen.
b) Gemäß § 202 SGG i. V. m. § 17a Abs. 2 S. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweg von Amts wegen auszusprechen und der Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen. Vorliegend kommt indes nur der Ausspruch der Unzulässigkeit des Rechtswegs in Betracht. Die Verweisung ist aufgrund der Besonderheiten des vergaberechtlichen Rechtsschutzes ausgeschlossen.
Eine Verweisung an die für das Vergabeverfahren gemäß § 155 GWB primär zuständigen Vergabekammern des Bundes kommt nicht in Betracht. Die Verweisung eines Rechtsstreits ist gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 GVG nur an ein Gericht des zulässigen Rechtsweges vorgesehen. Die Vergabekammer Bund ist jedoch ein Verwaltungsorgan und kein Gericht.
Auch eine Verweisung an den Vergabesenat des OLG Düsseldorf kommt vorliegend nicht in Betracht, weil der Vergabesenat des OLG Düsseldorf gemäß § 171 Abs. 3 GWB (nur) über die sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Vergabekammer nach § 171 Abs. 1, 3 GWB entscheidet. Es fehlt vorliegend jedoch eine Ausgangsentscheidung der Vergabekammer Bund, die eine Zuständigkeit im Beschwerdeverfahren der Beteiligten für den Vergabesenat des OLG Düsseldorf begründen könnte (so auch SG Oldenburg, Beschluss vom 11.12.2017, Aktenzeichen S 64 KR 611/17 ER; SG Schwerin, Beschluss vom 14.12.2017, S 20 KR 325/17 ER; im Ergebnis auch OVG Sachsen, Beschluss vom 09.02.2016, 5 B 315/15, juris; anderer Auffassungen SG Speyer, Beschluss vom 07.12.2017, Aktenzeichen S 17 KR 648/17 ER [Verweisung an das OLG Düsseldorf] und SG Heilbronn, Beschluss vom 11.12.2017, Aktenzeichen S 9 KR 3894/17 ER [Verweisung an die Vergabekammern des Bundes]).
2. Der unterliegenden Antragstellerin waren nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
3. Das Gericht hat den Streitwert nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).
Die Antragstellerin gibt ihren eigenen jährlichen Umsatz mit CPAP-Geräten und CPAP-Spezialgeräten für Versicherte der Antragsgegnerin mit circa 500.000 Euro an. Durch die Ausschreibung würden alle "Nichtgewinner" für einen Zeitraum von vier Jahren aus der Versorgung der Versicherten der Antragsgegnerin ausgeschlossen werden. Ihr Interesse betrifft damit ein erwartetes Umsatzvolumen von ca. 2.000.000 Euro.
Nach Ziffer 10.1. des Streitwertkatalogs 2017 der Sozialgerichtsbarkeit (5. Auflage) beträgt der Streitwert für einstweilige Anordnungen ein Viertel bis zur Hälfte des Streitwerts der Hauptsache je nach deren wirtschaftlicher Bedeutung. Da es sich vorliegend lediglich um eine Gewinnaussicht handelt, die die Antragstellerin zu schützen sucht, hält das Gericht es für sachgerecht, den Streitwert mit einem Viertel des erwarteten Umsatzes anzusetzen. Die Festsetzung erfolgt mithin auf 500.000 Euro.
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