Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 600/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Rentenüberzahlung festgestellt hat und Rückforderungen gegen den Kläger geltend machen darf.
Der 1943 geborene Kläger hat von der Beklagten mit mehreren Bescheiden für die Zeit ab 01.10.2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt erhalten. In den Bescheiden waren Hinweise zu den Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten enthalten, wonach u.a. die gesetzliche Verpflichtung bestehe, die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung bzw. den Bezug von vergleichbarem Einkommen entsprechender Höhe mitzuteilen. Dabei würden für die Beurteilung der Frage, ob die maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, mehrere Einkünfte zusammengerechnet.
Mit Schreiben vom 05.07.2005 hat die Beklagte dem Kläger noch einmal mitgeteilt, dass eine Beschäftigungsaufnahme für eine geringfügige Beschäftigung mitgeteilt worden sei und mit dem bisher erzielten Entgelt die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen eingehalten seien. Da das Entgelt hieraus schwankend sei, werde auf die Hinzuverdienstgrenzen noch einmal ausdrücklich hingewiesen, um Überzahlungen der Rente zu vermeiden.
Im Jahr 2006 hat die Beklagte dann bei der "F. A. GmbH" die entsprechende Lohnsumme ermittelt. Ebenfalls im Jahr 2006 hat sie sich mit Einkünften des Klägers aus einer Tätigkeit für die "P. U. A. –Land GmbH & Co KG" beschäftigt. Die Beklagte ging auch unter Berücksichtigung dieser Einkünfte von einem Einhalten der Hinzuverdienstgrenzen aus, wie sie mit Schreiben vom 27.07.2006 dem Kläger mitteilte. Er sei laut den vorliegenden Unterlagen im Monat Juni 2006 bei zwei Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Der Kläger solle jedoch darauf achten, dass eine festgestellte Einkommensüberschreitung nicht öfter als zweimal im Kalenderjahr auftrete, da dies ansonsten Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben könne.
Auf Nachfrage der Beklagten zu Jahresbeginn 2007 machte der Kläger am 22.03.2007 (Eingang bei der Beklagten 27.03.2007) Angaben zu den Beschäftigungsverhältnissen im Jahr 2006, nämlich beim "P. U.", beim Arbeitgeber "D. n. T.", bei der "E. AG" und beim "F. A.". Die Beklagte holte daraufhin er-gänzende Auskünfte bei der "E. AG" und der Firma "D. n. T." ein.
Mit Schreiben vom 14.05.2007 führte die Beklagte beim Kläger eine Anhörung dazu durch, dass der Kläger im Jahr 2006 vier Beschäftigungen ausgeübt habe, wovon der Be-klagten bisher nur zwei bekannt gewesen seien. Deshalb habe die Überprüfung der Hinzuverdienstgrenze im Juli 2006 auch nur ein einmaliges (zulässiges) Überschreiten im Juni 2006 ergeben. Nachdem nun die zwei bisher nicht bekannten Beschäftigungen hinzuzurechnen wären, ergebe sich, dass zwar im Januar und Februar 2006 die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten sei, jedoch im März und April 2006 ein solches Über-schreiten vorliege. Dieses sei jedoch als unschädlich anzusehen, da ein zweimaliges Überschreiten im Kalenderjahr zulässig sei. Im Monat Mai 2006 sei die Hinzuverdienstgrenze dann wieder eingehalten. Im Juni 2006 sei die Hinzuverdienstgrenze jedoch wieder überschritten, sodass aufgrund dieser Überschreitung nur noch die Hälfte der Vollrente zustehen würde. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 liege eine geringere Überschreitung vor, sodass eine Zwei-Drittel-Rente zustehe. Zur Vermeidung von weiteren Überzahlungen solle ab Januar 2007 ebenfalls nur eine Zwei-Drittel-Rente gezahlt werden. Für die Vergangenheit ergebe sich eine Überzahlung der Rente in Höhe von 3.903,20 Euro. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 05.04.2005 gemäß § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Vergangenheit zurückzunehmen, die Rente zu vermindern und die entstandene Überzahlung zurückzufordern. Der Überzahlungsbetrag könne sich auch noch erhöhen. Im Weiteren machte die Beklagte Ausführungen zu § 48 SGB X.
Mit Schreiben vom 26.05.2007 schilderte der Kläger seine finanzielle Situation und machte geltend, dass seine gesamten Einkünfte im Jahr 2006 in Höhe von 4.733,22 Euro unter der maßgeblichen maximalen (d.h. aufsummierten) Hinzuverdienstgrenze für das Jahr 2006 gelegen hätten. Mit weiterem Schreiben vom 01.06.2007 schilderte er weitere finanzielle Belastungen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 11.06.2007 fest, dass dem Kläger ab 01.06.2006 nur eine Teilrente in Höhe der halben Vollrente zugestanden habe und für die Zeit nach dem 01.07.2007 eine Teilrente in Höhe von zwei Drittel der Vollrente. Da die laufende Zahlung erst ab 01.08.2007 angepasst werden könnte, ergebe sich für die Zeit vom 01.06.2006 bis 31.07.2007 eine Überzahlung in Höhe von 4.194,57 Euro. Der Bescheid vom 05.04.2005 werde insoweit gemäß § 45 SGB X zurückgenommen. Es werde auf das Schreiben vom 14.05.2007 verwiesen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2007 Widerspruch ein. Er trug vor, dass es eine Diskriminierung sei, dass überhaupt eine Hinzuverdienstgrenze existiere.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 -zur Post am 20.09.2007- den Widerspruch zurück. Sie führte hierbei aus, dass die Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zu stützen sei und Hinweise auf außergewöhnliche Umstände nicht ersichtlich seien. Die rückwirkende Aufhebung sei auch deshalb geboten gewesen, weil der Kläger mehrfach ausdrücklich auf die Hinzuverdienstgrenzen und seine Mitteilungspflichten hingewiesen worden sei. Auch die finanzielle Situation und insbesondere die be-stehenden Unterhaltspflichten gegenüber Kindern könnten hieran nichts ändern.
Am 19.10.2007 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg. Sie machten geltend, dass die von der Beklagten zu Grunde gelegten Entgelte nicht vollumfänglich für die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze herangezogen werden könnten. Mit der Tätigkeit des Klägers seien nicht unerhebliche Aufwendungen verbunden gewesen, die in einem allgemeinen Beschäftigungsverhältnis typischerweise nicht anfallen würden und mithin einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Die Minderungsbeträge ergäben sich aus den Kosten für die Abholung der Werbematerialien sowie deren Lagerung und den Transport zur Verteilung. Auch sei für die Abwicklung der Aufträge das Vorhalten eines Telefons erforderlich. Insgesamt würden monatliche Aufwendungen von mehr als 100,00 Euro vorliegen, die bei der Berechnung des Hinzuverdienstes in Abzug zu bringen seien.
Außerdem werde ab April 2007 dauerhaft die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze selbst nach der Berechnungsweise der Beklagten nicht mehr überstiegen, sodass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Altersrente wieder als Vollrente zu gewähren sei.
Mit Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Rente ab 01.02.2007 vor. Sie ging dabei davon aus, dass die Überzahlung im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.07.2007 zurückgefordert worden sei. Die Berechnung ergab unter dieser Voraussetzung, dass dem Kläger für die Zeit ab 01.02.2007 wegen geänderter Verhältnisse eine Nachzahlung in Höhe von 5.139,02 Euro zu bewilligen sei. Von diesem Nachzahlungsbetrag wurde die Hälfte, d.h. 2.569,51 Euro, im Hinblick auf die zuvor erfolgte Überzahlung einbehalten.
In einem Erörterungstermin vom 07.10.2008 wies das Gericht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 06.03.2003 (Az.: B 4 RA 8/02 R) hin, wonach beim Hinzuverdienst im Rahmen des § 96 a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) der Arbeitsentgeltbegriff des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) anzuwenden sei und somit ein Abzug von Werbungskosten generell nicht vorgesehen sei. Den Beteiligten wurde eine Schriftsatzfrist bis zum 27.11.2008 eingeräumt, ohne dass sich die Beteiligten hierzu noch geäußert hätten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 11.06.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2007, dem Kläger ab dem 01.06.2006 Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 SGG). Das Gericht konnte auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG), nachdem die Beteiligten zugestimmt hatten.
Die Klage ist jedoch – soweit sie sich durch den Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 nicht erledigt hat - nicht begründet, da beim Kläger eine Überzahlung der Rente aufgetreten ist und diese von der Beklagten zurückgefordert werden kann.
Für das Gericht ergibt sich eindeutig, dass dem Kläger materiell-rechtlich im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.01.2007 und im Übrigen noch einmal im November 2007 nur eine Teilrente zugestanden hat, da nach § 96 a SGB VI Hinzuverdienstgrenzen bestehen und die Einkünfte des Klägers in diesen Zeiträumen den Grenzwert überstiegen haben.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2008 ist dabei aus Sicht des Gerichtes Gegen- stand des Verfahrens geworden, auch wenn § 96 SGG n.F. nunmehr strengere Voraussetzungen verlangt: In dem Bescheid werden Zeiträume, die bereits im Bescheid vom 11.06.2007 geregelt waren, nochmals teilweise abweichend geregelt. In der Bewilligung einer Vollrente ab 01.02.2007 liegt die nachträgliche Abänderung der Rückforderung für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.07.2007. Dabei dürfte der Klageantrag - wegen der Einheitlichkeit des Neuregelungsbescheides - auch den Monat November 2007 mit umfas-sen, da in diesem ebenfalls nur eine Teilrente bewilligt wurde.
Die Hinzuverdienstgrenze betrug seinerzeit 350,00 Euro monatlich, wobei eine zweimalige Überschreitung dieses Betrages im Jahr für die volle Rentengewährung unschädlich war. Die Grenze für die Gewährung einer Zwei-Drittel-Teilrente lag im Zeitraum ab 01.07.2006 bei monatlich 502,54 Euro und ab dem 01.07.2007 bei monatlich 505,24 Euro.
Aus den Unterlagen, die der Beklagten vorlagen, ergibt sich, dass der Kläger vier abhängige Beschäftigungen im Bereich des Vertriebs von Werbeprospekten ausgeübt hat und diese Einkünfte im Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 und erneut im November 2007 mehr als 350,00 Euro monatlich betragen habe. Die ermittelten Einkünfte werden vom Kläger auch nicht dezidiert bestritten. Die vom Kläger angenommene Abzugsmöglichkeit von Werbungskosten besteht dagegen nicht. Das Bundessozialgericht hat in sei-ner Entscheidung vom 06.03.2003 (Az.: B 4 RA 8/02 R) ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsentgeltbegriff des § 313 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 96 a Abs. 1 SGB VI uneingeschränkt an § 14 SGB IV anknüpfe und diese Vorschrift einen Abzug von Werbungskosten nicht vorsehe. Dementsprechend sei für die Hinzuverdienstgrenze der Bruttoverdienst ohne Abzug von Werbungskosten zu berücksichtigen. Es besteht hier insofern eine Gleichsetzung mit der Beitragserhebung bei versicherungspflichtig abhängig Beschäftigten und eine Differenz zu der Behandlung im Steuerrecht.
Somit steht für das Gericht fest, dass die Beklagte materiell zutreffend ermittelt hat, dass dem Kläger für den Monat Juni 2006 nur eine hälftige Rente und für die Monate Juli 2006 bis Januar 2007 sowie im Übrigen für November 2007 nur eine Zwei-Drittel-Teilrente zustand.
Die Beklagte war auch berechtigt, im Rahmen des § 48 SGB X eine Abänderung der Ren-tenhöhe für die Vergangenheit vorzunehmen. Dies ergibt sich daraus, dass § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X bestimmt, dass eine rückwirkende Änderung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse erfolgen soll, wenn – verschuldensunabhängig – nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, dass zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Beklagte hat auch die Formvorschriften beachtet, insbesondere sind die Fristen des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X eingehalten, fand eine Anhörung (§ 24 SGB X) statt und wurde das Ermessen ausgeübt. Dass ursprünglich im Bescheid vom 11.06.2007 zwar - wie schon in der Anhörung - von einer Änderung der Verhältnisse die Rede war, dann jedoch die Aufhebung auf § 45 SGB X gestützt wurde, ist durch die Formulierung des Widerspruchsbescheides als geheilt anzusehen; dort wurde ausdrücklich auf die zutreffende Vorschrift des § 48 SGB X Bezug genommen.
Im Hinblick auf den Bescheid vom 20.06.2008 ist noch darauf hinzuweisen, dass entgegen den dortigen Angaben bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.06.2007 eine volle Nachzahlung des einbehaltenen Betrages gerade nicht in Be-tracht kommen könnte: Würde nämlich aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung des Bescheides vom 11.06.2007 der Kläger die bereits bis einschl. 31.07.2007 erhaltene Vollrente nicht teilweise zurückzahlen müssen, würde für den Zeitraum bis 31.07.2007 auch die Grundlage für eine Nachzahlung entfallen sein, sodass der Nachzahlungsbetrag deutlich niedriger ausfallen würde (auf diesen Zeitraum entfallen 1.738,52 Euro, die also einerseits in der Gesamtsumme der Rückforderungen enthalten sind und andererseits in der Gesamtsumme der Nachzahlung bereits wieder ausgeglichen werden).
Durch die teilweise Aufhebung des Verwaltungsaktes ist gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X eine entsprechende Rückforderungs- und Erstattungssumme in Höhe von 4.194,57 Euro angefallen. Die Beklagte hat auf diese Rückforderung einen Anspruch, wobei zu berück-sichtigen ist, dass der Zahlungsanspruch nach endgültigem Einbehalt des Teilbetrages von 2.569,51 Euro aus der Nachzahlung nur noch auf den Differenzbetrag von 1.625,06 Euro gerichtet sein kann.
Nachdem die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden waren, war die Klage abzuweisen.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass dem Kläger außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG). Daran ändert sich aus Sicht des Gerichtes auch nichts da-durch, dass in dem Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 im Ergebnis ein teilweiser "Klageerfolg" vorgelegen hat, da hierfür nicht eine Klageerhebung erforderlich gewesen wäre, sondern die Änderung lediglich auf einer Vorlage der endgültigen, aktuellen Einkommenswerte beruhte, die der Kläger auch ohne Klageerhebung der Beklagten hätte zu-kommen lassen können. Es war insoweit auch nicht erforderlich, die Rechtskraft des Ausgangsbescheides zu verhindern, da dies als eine teilweise Änderung der angenommenen Verhältnisse einzuordnen gewesen wäre. Aus diesem Grund kam eine anteilige Kostenübernahmepflicht der Beklagten aus Sicht des Gerichtes nicht in Betracht.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte zu Recht eine Rentenüberzahlung festgestellt hat und Rückforderungen gegen den Kläger geltend machen darf.
Der 1943 geborene Kläger hat von der Beklagten mit mehreren Bescheiden für die Zeit ab 01.10.2004 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit bewilligt erhalten. In den Bescheiden waren Hinweise zu den Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten enthalten, wonach u.a. die gesetzliche Verpflichtung bestehe, die Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung bzw. den Bezug von vergleichbarem Einkommen entsprechender Höhe mitzuteilen. Dabei würden für die Beurteilung der Frage, ob die maßgebende Hinzuverdienstgrenze überschritten sei, mehrere Einkünfte zusammengerechnet.
Mit Schreiben vom 05.07.2005 hat die Beklagte dem Kläger noch einmal mitgeteilt, dass eine Beschäftigungsaufnahme für eine geringfügige Beschäftigung mitgeteilt worden sei und mit dem bisher erzielten Entgelt die maßgeblichen Hinzuverdienstgrenzen eingehalten seien. Da das Entgelt hieraus schwankend sei, werde auf die Hinzuverdienstgrenzen noch einmal ausdrücklich hingewiesen, um Überzahlungen der Rente zu vermeiden.
Im Jahr 2006 hat die Beklagte dann bei der "F. A. GmbH" die entsprechende Lohnsumme ermittelt. Ebenfalls im Jahr 2006 hat sie sich mit Einkünften des Klägers aus einer Tätigkeit für die "P. U. A. –Land GmbH & Co KG" beschäftigt. Die Beklagte ging auch unter Berücksichtigung dieser Einkünfte von einem Einhalten der Hinzuverdienstgrenzen aus, wie sie mit Schreiben vom 27.07.2006 dem Kläger mitteilte. Er sei laut den vorliegenden Unterlagen im Monat Juni 2006 bei zwei Arbeitgebern beschäftigt gewesen. Der Kläger solle jedoch darauf achten, dass eine festgestellte Einkommensüberschreitung nicht öfter als zweimal im Kalenderjahr auftrete, da dies ansonsten Einfluss auf den Rentenanspruch oder die Rentenhöhe haben könne.
Auf Nachfrage der Beklagten zu Jahresbeginn 2007 machte der Kläger am 22.03.2007 (Eingang bei der Beklagten 27.03.2007) Angaben zu den Beschäftigungsverhältnissen im Jahr 2006, nämlich beim "P. U.", beim Arbeitgeber "D. n. T.", bei der "E. AG" und beim "F. A.". Die Beklagte holte daraufhin er-gänzende Auskünfte bei der "E. AG" und der Firma "D. n. T." ein.
Mit Schreiben vom 14.05.2007 führte die Beklagte beim Kläger eine Anhörung dazu durch, dass der Kläger im Jahr 2006 vier Beschäftigungen ausgeübt habe, wovon der Be-klagten bisher nur zwei bekannt gewesen seien. Deshalb habe die Überprüfung der Hinzuverdienstgrenze im Juli 2006 auch nur ein einmaliges (zulässiges) Überschreiten im Juni 2006 ergeben. Nachdem nun die zwei bisher nicht bekannten Beschäftigungen hinzuzurechnen wären, ergebe sich, dass zwar im Januar und Februar 2006 die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten sei, jedoch im März und April 2006 ein solches Über-schreiten vorliege. Dieses sei jedoch als unschädlich anzusehen, da ein zweimaliges Überschreiten im Kalenderjahr zulässig sei. Im Monat Mai 2006 sei die Hinzuverdienstgrenze dann wieder eingehalten. Im Juni 2006 sei die Hinzuverdienstgrenze jedoch wieder überschritten, sodass aufgrund dieser Überschreitung nur noch die Hälfte der Vollrente zustehen würde. Für die Zeit von Juli bis Dezember 2006 liege eine geringere Überschreitung vor, sodass eine Zwei-Drittel-Rente zustehe. Zur Vermeidung von weiteren Überzahlungen solle ab Januar 2007 ebenfalls nur eine Zwei-Drittel-Rente gezahlt werden. Für die Vergangenheit ergebe sich eine Überzahlung der Rente in Höhe von 3.903,20 Euro. Es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 05.04.2005 gemäß § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) für die Vergangenheit zurückzunehmen, die Rente zu vermindern und die entstandene Überzahlung zurückzufordern. Der Überzahlungsbetrag könne sich auch noch erhöhen. Im Weiteren machte die Beklagte Ausführungen zu § 48 SGB X.
Mit Schreiben vom 26.05.2007 schilderte der Kläger seine finanzielle Situation und machte geltend, dass seine gesamten Einkünfte im Jahr 2006 in Höhe von 4.733,22 Euro unter der maßgeblichen maximalen (d.h. aufsummierten) Hinzuverdienstgrenze für das Jahr 2006 gelegen hätten. Mit weiterem Schreiben vom 01.06.2007 schilderte er weitere finanzielle Belastungen.
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 11.06.2007 fest, dass dem Kläger ab 01.06.2006 nur eine Teilrente in Höhe der halben Vollrente zugestanden habe und für die Zeit nach dem 01.07.2007 eine Teilrente in Höhe von zwei Drittel der Vollrente. Da die laufende Zahlung erst ab 01.08.2007 angepasst werden könnte, ergebe sich für die Zeit vom 01.06.2006 bis 31.07.2007 eine Überzahlung in Höhe von 4.194,57 Euro. Der Bescheid vom 05.04.2005 werde insoweit gemäß § 45 SGB X zurückgenommen. Es werde auf das Schreiben vom 14.05.2007 verwiesen.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.06.2007 Widerspruch ein. Er trug vor, dass es eine Diskriminierung sei, dass überhaupt eine Hinzuverdienstgrenze existiere.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2007 -zur Post am 20.09.2007- den Widerspruch zurück. Sie führte hierbei aus, dass die Aufhebung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X zu stützen sei und Hinweise auf außergewöhnliche Umstände nicht ersichtlich seien. Die rückwirkende Aufhebung sei auch deshalb geboten gewesen, weil der Kläger mehrfach ausdrücklich auf die Hinzuverdienstgrenzen und seine Mitteilungspflichten hingewiesen worden sei. Auch die finanzielle Situation und insbesondere die be-stehenden Unterhaltspflichten gegenüber Kindern könnten hieran nichts ändern.
Am 19.10.2007 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg. Sie machten geltend, dass die von der Beklagten zu Grunde gelegten Entgelte nicht vollumfänglich für die Berechnung der Hinzuverdienstgrenze herangezogen werden könnten. Mit der Tätigkeit des Klägers seien nicht unerhebliche Aufwendungen verbunden gewesen, die in einem allgemeinen Beschäftigungsverhältnis typischerweise nicht anfallen würden und mithin einkommensmindernd zu berücksichtigen seien. Die Minderungsbeträge ergäben sich aus den Kosten für die Abholung der Werbematerialien sowie deren Lagerung und den Transport zur Verteilung. Auch sei für die Abwicklung der Aufträge das Vorhalten eines Telefons erforderlich. Insgesamt würden monatliche Aufwendungen von mehr als 100,00 Euro vorliegen, die bei der Berechnung des Hinzuverdienstes in Abzug zu bringen seien.
Außerdem werde ab April 2007 dauerhaft die maßgebliche Hinzuverdienstgrenze selbst nach der Berechnungsweise der Beklagten nicht mehr überstiegen, sodass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Altersrente wieder als Vollrente zu gewähren sei.
Mit Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Rente ab 01.02.2007 vor. Sie ging dabei davon aus, dass die Überzahlung im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.07.2007 zurückgefordert worden sei. Die Berechnung ergab unter dieser Voraussetzung, dass dem Kläger für die Zeit ab 01.02.2007 wegen geänderter Verhältnisse eine Nachzahlung in Höhe von 5.139,02 Euro zu bewilligen sei. Von diesem Nachzahlungsbetrag wurde die Hälfte, d.h. 2.569,51 Euro, im Hinblick auf die zuvor erfolgte Überzahlung einbehalten.
In einem Erörterungstermin vom 07.10.2008 wies das Gericht auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 06.03.2003 (Az.: B 4 RA 8/02 R) hin, wonach beim Hinzuverdienst im Rahmen des § 96 a des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) der Arbeitsentgeltbegriff des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) anzuwenden sei und somit ein Abzug von Werbungskosten generell nicht vorgesehen sei. Den Beteiligten wurde eine Schriftsatzfrist bis zum 27.11.2008 eingeräumt, ohne dass sich die Beteiligten hierzu noch geäußert hätten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts im schriftlichen Verfahren (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) erklärt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte wird verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 11.06.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2007, dem Kläger ab dem 01.06.2006 Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 SGG). Das Gericht konnte auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG), nachdem die Beteiligten zugestimmt hatten.
Die Klage ist jedoch – soweit sie sich durch den Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 nicht erledigt hat - nicht begründet, da beim Kläger eine Überzahlung der Rente aufgetreten ist und diese von der Beklagten zurückgefordert werden kann.
Für das Gericht ergibt sich eindeutig, dass dem Kläger materiell-rechtlich im Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.01.2007 und im Übrigen noch einmal im November 2007 nur eine Teilrente zugestanden hat, da nach § 96 a SGB VI Hinzuverdienstgrenzen bestehen und die Einkünfte des Klägers in diesen Zeiträumen den Grenzwert überstiegen haben.
Der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2008 ist dabei aus Sicht des Gerichtes Gegen- stand des Verfahrens geworden, auch wenn § 96 SGG n.F. nunmehr strengere Voraussetzungen verlangt: In dem Bescheid werden Zeiträume, die bereits im Bescheid vom 11.06.2007 geregelt waren, nochmals teilweise abweichend geregelt. In der Bewilligung einer Vollrente ab 01.02.2007 liegt die nachträgliche Abänderung der Rückforderung für die Zeit vom 01.02.2007 bis 31.07.2007. Dabei dürfte der Klageantrag - wegen der Einheitlichkeit des Neuregelungsbescheides - auch den Monat November 2007 mit umfas-sen, da in diesem ebenfalls nur eine Teilrente bewilligt wurde.
Die Hinzuverdienstgrenze betrug seinerzeit 350,00 Euro monatlich, wobei eine zweimalige Überschreitung dieses Betrages im Jahr für die volle Rentengewährung unschädlich war. Die Grenze für die Gewährung einer Zwei-Drittel-Teilrente lag im Zeitraum ab 01.07.2006 bei monatlich 502,54 Euro und ab dem 01.07.2007 bei monatlich 505,24 Euro.
Aus den Unterlagen, die der Beklagten vorlagen, ergibt sich, dass der Kläger vier abhängige Beschäftigungen im Bereich des Vertriebs von Werbeprospekten ausgeübt hat und diese Einkünfte im Zeitraum von März 2006 bis Januar 2007 und erneut im November 2007 mehr als 350,00 Euro monatlich betragen habe. Die ermittelten Einkünfte werden vom Kläger auch nicht dezidiert bestritten. Die vom Kläger angenommene Abzugsmöglichkeit von Werbungskosten besteht dagegen nicht. Das Bundessozialgericht hat in sei-ner Entscheidung vom 06.03.2003 (Az.: B 4 RA 8/02 R) ausdrücklich ausgeführt, dass der Arbeitsentgeltbegriff des § 313 Abs. 1 SGB VI i.V.m. § 96 a Abs. 1 SGB VI uneingeschränkt an § 14 SGB IV anknüpfe und diese Vorschrift einen Abzug von Werbungskosten nicht vorsehe. Dementsprechend sei für die Hinzuverdienstgrenze der Bruttoverdienst ohne Abzug von Werbungskosten zu berücksichtigen. Es besteht hier insofern eine Gleichsetzung mit der Beitragserhebung bei versicherungspflichtig abhängig Beschäftigten und eine Differenz zu der Behandlung im Steuerrecht.
Somit steht für das Gericht fest, dass die Beklagte materiell zutreffend ermittelt hat, dass dem Kläger für den Monat Juni 2006 nur eine hälftige Rente und für die Monate Juli 2006 bis Januar 2007 sowie im Übrigen für November 2007 nur eine Zwei-Drittel-Teilrente zustand.
Die Beklagte war auch berechtigt, im Rahmen des § 48 SGB X eine Abänderung der Ren-tenhöhe für die Vergangenheit vorzunehmen. Dies ergibt sich daraus, dass § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X bestimmt, dass eine rückwirkende Änderung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse erfolgen soll, wenn – verschuldensunabhängig – nach Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, dass zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde.
Die Beklagte hat auch die Formvorschriften beachtet, insbesondere sind die Fristen des § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 und Abs. 4 SGB X eingehalten, fand eine Anhörung (§ 24 SGB X) statt und wurde das Ermessen ausgeübt. Dass ursprünglich im Bescheid vom 11.06.2007 zwar - wie schon in der Anhörung - von einer Änderung der Verhältnisse die Rede war, dann jedoch die Aufhebung auf § 45 SGB X gestützt wurde, ist durch die Formulierung des Widerspruchsbescheides als geheilt anzusehen; dort wurde ausdrücklich auf die zutreffende Vorschrift des § 48 SGB X Bezug genommen.
Im Hinblick auf den Bescheid vom 20.06.2008 ist noch darauf hinzuweisen, dass entgegen den dortigen Angaben bei einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 11.06.2007 eine volle Nachzahlung des einbehaltenen Betrages gerade nicht in Be-tracht kommen könnte: Würde nämlich aufgrund einer erfolgreichen Anfechtung des Bescheides vom 11.06.2007 der Kläger die bereits bis einschl. 31.07.2007 erhaltene Vollrente nicht teilweise zurückzahlen müssen, würde für den Zeitraum bis 31.07.2007 auch die Grundlage für eine Nachzahlung entfallen sein, sodass der Nachzahlungsbetrag deutlich niedriger ausfallen würde (auf diesen Zeitraum entfallen 1.738,52 Euro, die also einerseits in der Gesamtsumme der Rückforderungen enthalten sind und andererseits in der Gesamtsumme der Nachzahlung bereits wieder ausgeglichen werden).
Durch die teilweise Aufhebung des Verwaltungsaktes ist gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X eine entsprechende Rückforderungs- und Erstattungssumme in Höhe von 4.194,57 Euro angefallen. Die Beklagte hat auf diese Rückforderung einen Anspruch, wobei zu berück-sichtigen ist, dass der Zahlungsanspruch nach endgültigem Einbehalt des Teilbetrages von 2.569,51 Euro aus der Nachzahlung nur noch auf den Differenzbetrag von 1.625,06 Euro gerichtet sein kann.
Nachdem die angefochtenen Bescheide der Beklagten im Ergebnis nicht zu beanstanden waren, war die Klage abzuweisen.
Aus der Klageabweisung ergibt sich, dass dem Kläger außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten sind (§ 193 SGG). Daran ändert sich aus Sicht des Gerichtes auch nichts da-durch, dass in dem Ergänzungsbescheid vom 20.06.2008 im Ergebnis ein teilweiser "Klageerfolg" vorgelegen hat, da hierfür nicht eine Klageerhebung erforderlich gewesen wäre, sondern die Änderung lediglich auf einer Vorlage der endgültigen, aktuellen Einkommenswerte beruhte, die der Kläger auch ohne Klageerhebung der Beklagten hätte zu-kommen lassen können. Es war insoweit auch nicht erforderlich, die Rechtskraft des Ausgangsbescheides zu verhindern, da dies als eine teilweise Änderung der angenommenen Verhältnisse einzuordnen gewesen wäre. Aus diesem Grund kam eine anteilige Kostenübernahmepflicht der Beklagten aus Sicht des Gerichtes nicht in Betracht.
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