Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 23/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2008 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23.01.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19.03.2008 hinaus bis einschließlich 11.08.2009 zu bezahlen.
II.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begeht Krankengeld über dem 19. März 2008 hinaus bis 11. August 2009.
1. Der 1950 geborene Kläger hat in K./T. den Beruf des Zimmermalers erlernt und war auch nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland in dem Beruf, zuletzt als Malergeselle, beschäftigt. Am 20. Februar 2008 stellt er einen Rentenantrag und wurde am 16. April 2008 von Dr. G. – Chirurg, Unfallchirurg, Sozialmedizin – untersucht, der in seinem sozialmedizinischen Gutachten, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger als Maler und Lackierer dauerhaft nur noch unter 3 Stunden einsetzbar sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen 6 Stunden und mehr verrichtet werden. Aufgrund des Tremors beider Hände sei eine Zusatzbegutachtung seitens des neurologisch-psychiatrischem Fachgebiets angezeigt. In seinem Gutachten vom 14. Juli 2008, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, erklärt der Nervenarzt Dr. S., dass aufgrund des Tremors feinmotorische Tätigkeiten, wie sie der Beruf des Malers und Lackierers erfordern, nicht möglich seien. Der Kläger sei in seinem Beruf als Maler und Lackierer unter 3 Stunden einsetzbar, für leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr. Unter dem 16. Mai 2008 äußerte sich auf Veranlassung des Rentenversi-cherungsträgers der Arbeitgeber des Klägers. Der Kläger sei als Facharbeiter eingesetzt worden und habe über alle praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Mit Bescheid vom 4. Juni 2008 wurde dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. März 2008 bewilligt.
2. Am 31. Januar 2008 wurde dem Kläger von seinem Arbeitgeber zum 29. Februar 2008 gekündigt. Ab 12. Februar 2008 war er unter der Diagnose "M25.56G" (= Gelenkschmerz: Unterschenkel) arbeitsunfähig. Am 11. März 2008 erklärte der MDK nach Aktenlage, dass die Einsetzbarkeit im bisherigen Beruf als Maler mit Ersteigen von Leitern und Gerüsten derzeit nicht gegeben sei. Für leichte Arbeiten im Wechselrhythmus 6 Stunden und mehr dürfte zumindest ab 17. März 2008 Leistungsfähigkeit bestehen. Am 12. März 2008 wurde unter der Diagnose "M25.56G" (= Gelenkschmerz: Unterschenkel) eine Folgebescheini-gung über Arbeitsunfähigkeit bis 19. März 2008 ausgestellt.
Unter dem 13. März 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er über ein Leistungsbild verfüge, wonach er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden könne. Dieses Leistungsbild sei für Arbeitslose die Grundlage zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit. Krankengeld werde daher vom 1. bis 19. März 2008 gezahlt. Mit Schreiben vom 13. März 2008 unterrichtete die Beklagte auch die behandelnden Ärzte, dass der Kläger für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsfähig sei. Dagegen ließ der Kläger am 10. April 2008 Widerspruch einlegen. Es sei unzutreffend, dass vorliegend auf die Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen sei. Der Kläger sei als Maler und Lackierer beschäftigt gewesen. Hierfür bestehe Arbeitsunfähigkeit. Die Ablehnung der Krankengeldgewährung beruhe ausschließlich darauf, dass die Beklagte von einem falschen Arbeitsunfähigkeitsbegriff ausgehe. Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich der Arbeitgeber am 15. April 2004 dahingehend, dass der Kläger als Malergeselle beschäftigt gewesen sei. Am 13. Mai 2008 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass weitere Ermittlungen ergeben hätten, dass keine weitere ärztliche Behandlung stattgefunden habe. Es werde daher davon ausgegangen, dass der Widerspruch sich erledigt habe. Dem widersprach der Kläger. Nach Beiziehung der Gutachten des Rentenversicherungsträgers äußerte sich der MDK unter dem 11. November 2008 erneut. Die Arbeitsunfähigkeit sei mit Datum vom 19. März 2008 beendet worden. Eine weitere Therapie habe nicht stattgefunden. Arbeitsunfähigkeit sei darüber hinaus von ärztlicher Seite auch nicht attestiert worden. Ein Widerspruch gegen die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit sei nicht eingegangen, sodass die Zweitgutachterin zu keinem anderen Ergebnis gelange. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger beziehe seit 1. März 2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Aufgrund seines bestehenden Leistungsbildes für den allgemeinen Arbeitsmarkt beziehe er von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld. Eine Krankengeldzahlung über den 19. März 2008 hinaus könne nicht in Betracht kommen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nur bis 19. März bescheinigt worden. Über den 18. März 2008 hinaus habe beim Kläger keine ärztliche Behandlung stattgefunden.
3. Am 30. Januar 2009 wurde dagegen Klage erhoben. Der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankung durchgehend seit Februar 2008 nicht mehr in der Lage, kniende Tätigkeiten sowie Überkopfarbeiten zu verrichten, sowie Tätigkeiten, die mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten verbunden seien. Es sei unstrittig, dass der Kläger als Maler und Lackierer nicht mehr arbeiten könne. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte im Widerspruchsbescheid argumentiere, dass über den 19. März 2008 hinaus keine Arbeitsunfä-higkeit mehr festgestellt worden sei. Die Beklagte habe auch gegenüber den behandelnden Ärzten zum Ausdruck gebracht, dass es für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich sei, ob eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19. März 2008 hinaus bis 11. August 2009 zu bezahlen.
4. Unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid beantragt die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
5. Auf entsprechende Anfrage hin erklärte die Beklagte, dass der Anspruch auf Krankengeld am 11. August 2009 erschöpft gewesen wäre, falls über den 19. März 2008 hinaus von Arbeitsunfähigkeit auszugehen wäre. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte, die beigezogene Akte der DRV sowie die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Kläger hat über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe, sodass der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Er war daher aufzuheben und die Beklagte entsprechend zur Zahlung von Krankengeld zu verurteilen.
1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seine bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben. Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeldanspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Arbeitsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht, der sich die Kammer anschließt, gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Arbeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben könnte, ist unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf oder verliert er sie, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten ent-sprechend der Funktion des Krankengelds eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist. Für die Beurteilung ist unerheblich, ob der Versicherte sich arbeitslos meldet und sein Einverständnis mit einer Vermittlung in einen anderen Beruf erklärt (BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R -; vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - und vom 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R - zitiert nach juris).
2. Unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten Grundsätze ist vorliegend für die Frage der Arbeitsunfähigkeit auf den Beruf des Malers oder eine vergleichbare Verweisungstätigkeit abzustellen. Der Kläger war bis 29. Februar 2008 als Maler beschäftigt. Er erkrankte arbeitsunfähig während des laufenden Arbeitsverhältnisses, nämlich am 12. Februar 2008. Aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes sind nicht die konkreten Anforderungen der letzten Arbeitsstelle maßgeblich, sondern der abstrakte Beruf des Malers bzw. eine vergleichbare Verweisungstätigkeit. Ohne Belang ist es, dass die Arbeitsunfähigkeit nach erfolgter Kündigung eingetreten ist. Ausschlaggebend ist allein, dass Arbeitsunfähigkeit im laufenden Arbeitsverhältnis eingetreten ist. Unerheblich ist auch, dass der Kläger später mit Bescheid vom 4. Juni 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit rückwirkend ab 1. März 2008 gewährt erhalten hat. Denn einen Ausschluss des Krankengeldes sieht § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V unter anderem nur vor im Fall der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Demgegenüber führt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit lediglich zu einer Kürzung des Krankengeldes, wenn die Leistung von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung an zuerkennt wird (§ 50 Abs. 2 SGB V). Diese gesetzliche Regelung wäre nicht erforderlich, falls automatisch mit der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbminderung zugleich der Anspruch auf Krankengeld generell oder doch in den meisten Fällen entfallen würde, weil beispielsweise Maßstab der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, sondern die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre. Daher ist auch vorliegend bei der Frage der Arbeitsunfähigkeit auf die Tätigkeit des Malers oder eine vergleichbare Verweisungstätigkeit abzustellen.
3. In Bezug auf die Tätigkeit des Malers war der Kläger arbeitsunfähig, was im Übrigen auch von der Beklagten nicht ernsthaft bestritten wird. Bereits in seinem Gutachten vom 11. März 2008 führt der MDK aus, dass die Einsetzbarkeit im bisherigen Beruf als Maler derzeit nicht gegeben sei. Auch die Rentengutachter Dr. G. und Dr. S. äußern sich dahingehend, dass der Kläger als Maler und Lackierer dauerhaft nur noch unter 3 Stunden einsetzbar sei. Auch von der Beklagten wird die Unfähigkeit, den Beruf des Malers auszuüben, nicht bestritten. Sie argumentiert vielmehr, dass der Kläger aufgrund der Unfähigkeit eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalte und sich im Übrigen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stelle und von dort Arbeitslosengeld beziehe. Sie bringt damit rechtliche Überlegungen ins Spiel, bezweifelt die Arbeitsunfähigkeit als solche nicht. Die rechtlichen Überlegungen der Beklagten finden im Gesetz aber keine Grundlage und greifen - insbesondere vor dem Hintergrund der Regelung des § 50 Abs. 2 SGB V - nicht durch.
Auf Grund der Arbeitslosigkeit ab 1. März 2008 hätte die Beklagte den Kläger auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verweisen" können, was sie nicht getan hat. Auch für das Gericht sind Verweisungstätigkeiten nicht ersichtlich. Auf Grund der vom Rentenver-sicherungsträger und von der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskünfte steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger zuletzt als Facharbeiter tätig war, was im Übrigen auch dadurch bestätigt wird, dass der Rentenversicherungsträger dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gewährt hat. Eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung scheidet damit aus. Eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs, die im Bezug auf die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung mit der bisher verrichteten Arbeit im wesentlichen übereinstimmt, so dass der Kläger sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung hätte ausführen können, ist für das Gericht nicht ersichtlich und konnte im Übrigen - zur Vermeidung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit -auch vom Rentenversicherungsträger nicht benannt werden. Daher war der Kläger über den 19. März 2008 hinaus arbeitsunfähig.
4. Dem Anspruch auf Krankengeld steht nicht entgegen, dass über den 19. März 2008 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen.
4.1 Der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V beruht auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Für den Krankengeldanspruch ist dabei weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den "wirklichen" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern grundsätzlich auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Denn für die Fortsetzung des Mitgliedschaftsverhältnisses setzt § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht Arbeitsunfähigkeit, sondern einen Anspruch auf Krankengeld voraus, der seinerseits nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich nur auf Grund ärztlicher Feststellung entsteht. Zudem ruht der Anspruch auf Krankengeld u.a., solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, wenn nicht die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. § 49 Abs 1. Nr. 5 SGB V soll die Krankenkasse ebenso wie die Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, und ihr so die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesso-zialgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist grundsätzlich die Gewährung von Kran-kengeld deshalb bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leis-tungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei - wie vorliegend - gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Die Arbeitsunfähigkeit muss der Krankenkasse daher vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Dies hat auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der Arbeitsunfähigkeit über die Weitergewährung des Krankengeldes neu zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Wie bei der ärztlichen Feststellung handelt es sich auch bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach sowohl die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als auch des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V strikt zu handhaben. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Versicherte (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde, und (3.) - zusätzlich - seine Rechte bei der Kasse unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R - zitiert nach juris, m.w.N.).
4.2 So liegt der Fall hier. Der Kläger ist nicht arbeitsfähig geschrieben worden, weil sich – aus Sicht des begutachtenden Arztes – sein Gesundheitszustand gebessert oder die medizinische Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit geändert hätte. Grund war vielmehr die unzutreffende rechtliche Bewertung, dass sich die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wegen der Aufgabe des Arbeitsplatzes und/oder wegen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht mehr an der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auszurichten habe. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. März 2008 sowohl dem Kläger als auch die die Arbeitsunfähigkeit bescheinigenden Ärzte darüber – rechtsfehlerhaft – unterrichtet, dass Grundlage der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit das Leistungsbild für Arbeitslose sei. Da die unrichtige Feststellung der Arbeitsfähigkeit mit rechtlichen Gesichtspunkten begründet wurde und nur durch die Kasse selbst hätte richtig gestellt werden können, kann es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er über den 19. März 2008 hinaus keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat. Dem Kläger war es unter besonderer Berücksichtigung der Einzelumstände nicht zumutbar, nicht nur die Beklagte, sondern auch seine behandelnden Ärzte von der in rechtlicher Hinsicht fehlerhaften Auffassung der Beklagten zu überzeugen und unter Berücksichtigung des korrekten Maßstabes der Arbeitsfähigkeit auf die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinzuwirken. Aufgrund der besonderen Einzelumstände war es völlig ausreichend, dass der Kläger mittels seiner Bevollmächtigten am 10. April 2008 Widerspruch eingelegt und auf den von der Beklagten rechtlich fehlerhaften Maßstab hingewiesen hat (vgl. auch BSG, Urteil vom 8.02.2000 – B 1 KR 11/99 R – zitiert nach juris).
Demnach kann die fehlende Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit über dem 19. März 2009 hinaus dem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegengehalten werden.
5. Da der Kläger somit arbeitsunfähig war und Anhaltspunkte dafür, dass sich an seiner gesundheitlichen Situation nach dem 19. März 2008 bis 11. August 2009 etwas geändert haben könnte, weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich und angesichts der eindeutigen sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK und der ausführlichen Gutachten des Rentenversicherungsträgers auch schlechterdings nicht vorstellbar sind, hat der Kläger Anspruch auf Krankengeld bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer, die von den Beteiligten unstreitig mit dem 11. August 2009 datiert wurden. Daher hat der Kläger über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Er war daher aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 zu verurteilen.
6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und ist getragen von der Erwägung, dass die Klage in vollem Umfang Erfolg hat.
Der Bescheid der Beklagten vom 13.03.2008 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 23.01.2009 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19.03.2008 hinaus bis einschließlich 11.08.2009 zu bezahlen.
II.
Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begeht Krankengeld über dem 19. März 2008 hinaus bis 11. August 2009.
1. Der 1950 geborene Kläger hat in K./T. den Beruf des Zimmermalers erlernt und war auch nach seinem Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland in dem Beruf, zuletzt als Malergeselle, beschäftigt. Am 20. Februar 2008 stellt er einen Rentenantrag und wurde am 16. April 2008 von Dr. G. – Chirurg, Unfallchirurg, Sozialmedizin – untersucht, der in seinem sozialmedizinischen Gutachten, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, zu dem Ergebnis kommt, dass der Kläger als Maler und Lackierer dauerhaft nur noch unter 3 Stunden einsetzbar sei. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen 6 Stunden und mehr verrichtet werden. Aufgrund des Tremors beider Hände sei eine Zusatzbegutachtung seitens des neurologisch-psychiatrischem Fachgebiets angezeigt. In seinem Gutachten vom 14. Juli 2008, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, erklärt der Nervenarzt Dr. S., dass aufgrund des Tremors feinmotorische Tätigkeiten, wie sie der Beruf des Malers und Lackierers erfordern, nicht möglich seien. Der Kläger sei in seinem Beruf als Maler und Lackierer unter 3 Stunden einsetzbar, für leichte Tätigkeiten 6 Stunden und mehr. Unter dem 16. Mai 2008 äußerte sich auf Veranlassung des Rentenversi-cherungsträgers der Arbeitgeber des Klägers. Der Kläger sei als Facharbeiter eingesetzt worden und habe über alle praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Mit Bescheid vom 4. Juni 2008 wurde dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. März 2008 bewilligt.
2. Am 31. Januar 2008 wurde dem Kläger von seinem Arbeitgeber zum 29. Februar 2008 gekündigt. Ab 12. Februar 2008 war er unter der Diagnose "M25.56G" (= Gelenkschmerz: Unterschenkel) arbeitsunfähig. Am 11. März 2008 erklärte der MDK nach Aktenlage, dass die Einsetzbarkeit im bisherigen Beruf als Maler mit Ersteigen von Leitern und Gerüsten derzeit nicht gegeben sei. Für leichte Arbeiten im Wechselrhythmus 6 Stunden und mehr dürfte zumindest ab 17. März 2008 Leistungsfähigkeit bestehen. Am 12. März 2008 wurde unter der Diagnose "M25.56G" (= Gelenkschmerz: Unterschenkel) eine Folgebescheini-gung über Arbeitsunfähigkeit bis 19. März 2008 ausgestellt.
Unter dem 13. März 2008 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er über ein Leistungsbild verfüge, wonach er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eingesetzt werden könne. Dieses Leistungsbild sei für Arbeitslose die Grundlage zur Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit. Krankengeld werde daher vom 1. bis 19. März 2008 gezahlt. Mit Schreiben vom 13. März 2008 unterrichtete die Beklagte auch die behandelnden Ärzte, dass der Kläger für Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeitsfähig sei. Dagegen ließ der Kläger am 10. April 2008 Widerspruch einlegen. Es sei unzutreffend, dass vorliegend auf die Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen sei. Der Kläger sei als Maler und Lackierer beschäftigt gewesen. Hierfür bestehe Arbeitsunfähigkeit. Die Ablehnung der Krankengeldgewährung beruhe ausschließlich darauf, dass die Beklagte von einem falschen Arbeitsunfähigkeitsbegriff ausgehe. Auf Veranlassung der Beklagten äußerte sich der Arbeitgeber am 15. April 2004 dahingehend, dass der Kläger als Malergeselle beschäftigt gewesen sei. Am 13. Mai 2008 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass weitere Ermittlungen ergeben hätten, dass keine weitere ärztliche Behandlung stattgefunden habe. Es werde daher davon ausgegangen, dass der Widerspruch sich erledigt habe. Dem widersprach der Kläger. Nach Beiziehung der Gutachten des Rentenversicherungsträgers äußerte sich der MDK unter dem 11. November 2008 erneut. Die Arbeitsunfähigkeit sei mit Datum vom 19. März 2008 beendet worden. Eine weitere Therapie habe nicht stattgefunden. Arbeitsunfähigkeit sei darüber hinaus von ärztlicher Seite auch nicht attestiert worden. Ein Widerspruch gegen die Beendigung der Arbeitsunfähigkeit sei nicht eingegangen, sodass die Zweitgutachterin zu keinem anderen Ergebnis gelange. Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2009 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Der Kläger beziehe seit 1. März 2008 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Aufgrund seines bestehenden Leistungsbildes für den allgemeinen Arbeitsmarkt beziehe er von der Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld. Eine Krankengeldzahlung über den 19. März 2008 hinaus könne nicht in Betracht kommen. Die Arbeitsunfähigkeit sei nur bis 19. März bescheinigt worden. Über den 18. März 2008 hinaus habe beim Kläger keine ärztliche Behandlung stattgefunden.
3. Am 30. Januar 2009 wurde dagegen Klage erhoben. Der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankung durchgehend seit Februar 2008 nicht mehr in der Lage, kniende Tätigkeiten sowie Überkopfarbeiten zu verrichten, sowie Tätigkeiten, die mit Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten verbunden seien. Es sei unstrittig, dass der Kläger als Maler und Lackierer nicht mehr arbeiten könne. Es sei rechtsmissbräuchlich, wenn die Beklagte im Widerspruchsbescheid argumentiere, dass über den 19. März 2008 hinaus keine Arbeitsunfä-higkeit mehr festgestellt worden sei. Die Beklagte habe auch gegenüber den behandelnden Ärzten zum Ausdruck gebracht, dass es für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich sei, ob eine Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt zuletzt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19. März 2008 hinaus bis 11. August 2009 zu bezahlen.
4. Unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid beantragt die Beklagte,
die Klage abzuweisen.
5. Auf entsprechende Anfrage hin erklärte die Beklagte, dass der Anspruch auf Krankengeld am 11. August 2009 erschöpft gewesen wäre, falls über den 19. März 2008 hinaus von Arbeitsunfähigkeit auszugehen wäre. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Beklagtenakte, die beigezogene Akte der DRV sowie die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet. Der Kläger hat über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe, sodass der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzen. Er war daher aufzuheben und die Beklagte entsprechend zur Zahlung von Krankengeld zu verurteilen.
1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn - abgesehen von den Fällen stationärer Behandlung - Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte wegen Krankheit nicht oder nur mit der Gefahr, seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seine bisherige Erwerbstätigkeit auszuüben. Das bei Entstehen eines Krankengeldanspruchs bestehende Versicherungsverhältnis bestimmt, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krankengeld hat. Generell beruht der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V und speziell der Umfang des Krankengeldanspruchs auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Arbeitsunfähigkeit ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgericht, der sich die Kammer anschließt, gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Arbeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Dass er möglicherweise eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben könnte, ist unerheblich. Gibt er nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf oder verliert er sie, ändert sich allerdings der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten ent-sprechend der Funktion des Krankengelds eng zu ziehen ist. Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist. Für die Beurteilung ist unerheblich, ob der Versicherte sich arbeitslos meldet und sein Einverständnis mit einer Vermittlung in einen anderen Beruf erklärt (BSG, Urteil vom 14.12.2006 - B 1 KR 6/06 R -; vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - und vom 14.02.2001 - B 1 KR 30/00 R - zitiert nach juris).
2. Unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten Grundsätze ist vorliegend für die Frage der Arbeitsunfähigkeit auf den Beruf des Malers oder eine vergleichbare Verweisungstätigkeit abzustellen. Der Kläger war bis 29. Februar 2008 als Maler beschäftigt. Er erkrankte arbeitsunfähig während des laufenden Arbeitsverhältnisses, nämlich am 12. Februar 2008. Aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes sind nicht die konkreten Anforderungen der letzten Arbeitsstelle maßgeblich, sondern der abstrakte Beruf des Malers bzw. eine vergleichbare Verweisungstätigkeit. Ohne Belang ist es, dass die Arbeitsunfähigkeit nach erfolgter Kündigung eingetreten ist. Ausschlaggebend ist allein, dass Arbeitsunfähigkeit im laufenden Arbeitsverhältnis eingetreten ist. Unerheblich ist auch, dass der Kläger später mit Bescheid vom 4. Juni 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit rückwirkend ab 1. März 2008 gewährt erhalten hat. Denn einen Ausschluss des Krankengeldes sieht § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB V unter anderem nur vor im Fall der Rente wegen voller Erwerbsminderung. Demgegenüber führt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit lediglich zu einer Kürzung des Krankengeldes, wenn die Leistung von einem Zeitpunkt nach dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der stationären Behandlung an zuerkennt wird (§ 50 Abs. 2 SGB V). Diese gesetzliche Regelung wäre nicht erforderlich, falls automatisch mit der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbminderung zugleich der Anspruch auf Krankengeld generell oder doch in den meisten Fällen entfallen würde, weil beispielsweise Maßstab der Arbeitsunfähigkeit nicht mehr die zuletzt ausgeübte Tätigkeit, sondern die Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wäre. Daher ist auch vorliegend bei der Frage der Arbeitsunfähigkeit auf die Tätigkeit des Malers oder eine vergleichbare Verweisungstätigkeit abzustellen.
3. In Bezug auf die Tätigkeit des Malers war der Kläger arbeitsunfähig, was im Übrigen auch von der Beklagten nicht ernsthaft bestritten wird. Bereits in seinem Gutachten vom 11. März 2008 führt der MDK aus, dass die Einsetzbarkeit im bisherigen Beruf als Maler derzeit nicht gegeben sei. Auch die Rentengutachter Dr. G. und Dr. S. äußern sich dahingehend, dass der Kläger als Maler und Lackierer dauerhaft nur noch unter 3 Stunden einsetzbar sei. Auch von der Beklagten wird die Unfähigkeit, den Beruf des Malers auszuüben, nicht bestritten. Sie argumentiert vielmehr, dass der Kläger aufgrund der Unfähigkeit eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalte und sich im Übrigen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung stelle und von dort Arbeitslosengeld beziehe. Sie bringt damit rechtliche Überlegungen ins Spiel, bezweifelt die Arbeitsunfähigkeit als solche nicht. Die rechtlichen Überlegungen der Beklagten finden im Gesetz aber keine Grundlage und greifen - insbesondere vor dem Hintergrund der Regelung des § 50 Abs. 2 SGB V - nicht durch.
Auf Grund der Arbeitslosigkeit ab 1. März 2008 hätte die Beklagte den Kläger auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verweisen" können, was sie nicht getan hat. Auch für das Gericht sind Verweisungstätigkeiten nicht ersichtlich. Auf Grund der vom Rentenver-sicherungsträger und von der Beklagten eingeholten Arbeitgeberauskünfte steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger zuletzt als Facharbeiter tätig war, was im Übrigen auch dadurch bestätigt wird, dass der Rentenversicherungsträger dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gewährt hat. Eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung scheidet damit aus. Eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs, die im Bezug auf die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung mit der bisher verrichteten Arbeit im wesentlichen übereinstimmt, so dass der Kläger sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung hätte ausführen können, ist für das Gericht nicht ersichtlich und konnte im Übrigen - zur Vermeidung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit -auch vom Rentenversicherungsträger nicht benannt werden. Daher war der Kläger über den 19. März 2008 hinaus arbeitsunfähig.
4. Dem Anspruch auf Krankengeld steht nicht entgegen, dass über den 19. März 2008 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorliegen.
4.1 Der Umfang des Versicherungsschutzes nach dem SGB V beruht auf dem im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung wirksamen Versicherungsverhältnis. Für den Krankengeldanspruch ist dabei weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den "wirklichen" Beginn der Arbeitsunfähigkeit, sondern grundsätzlich auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Denn für die Fortsetzung des Mitgliedschaftsverhältnisses setzt § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V nicht Arbeitsunfähigkeit, sondern einen Anspruch auf Krankengeld voraus, der seinerseits nach § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V grundsätzlich nur auf Grund ärztlicher Feststellung entsteht. Zudem ruht der Anspruch auf Krankengeld u.a., solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, wenn nicht die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt, § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V. § 49 Abs 1. Nr. 5 SGB V soll die Krankenkasse ebenso wie die Ausschlussregelung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet geltend gemachten Krankengeldanspruchs im Nachhinein aufklären zu müssen, und ihr so die Möglichkeit erhalten, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den MDK überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen entgegentreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesso-zialgerichts, der sich die Kammer anschließt, ist grundsätzlich die Gewährung von Kran-kengeld deshalb bei verspäteter Meldung auch dann ausgeschlossen, wenn die Leis-tungsvoraussetzungen im Übrigen zweifelsfrei - wie vorliegend - gegeben sind und den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft. Die Arbeitsunfähigkeit muss der Krankenkasse daher vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krankengeldes auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Dies hat auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der Arbeitsunfähigkeit über die Weitergewährung des Krankengeldes neu zu befinden ist. Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner Krankenkasse melden, will er das Erlöschen oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden. Wie bei der ärztlichen Feststellung handelt es sich auch bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit um eine Obliegenheit des Versicherten; die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen ärztlichen Feststellung oder Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen. Regelmäßig ist danach sowohl die Ausschlussregelung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 SGB V als auch des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V strikt zu handhaben. Etwas anderes gilt allerdings, wenn der Versicherte (1.) alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat, um seine Ansprüche zu wahren, (2.) daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung gehindert wurde, und (3.) - zusätzlich - seine Rechte bei der Kasse unverzüglich nach Erlangung der Kenntnis von dem Fehler geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R - zitiert nach juris, m.w.N.).
4.2 So liegt der Fall hier. Der Kläger ist nicht arbeitsfähig geschrieben worden, weil sich – aus Sicht des begutachtenden Arztes – sein Gesundheitszustand gebessert oder die medizinische Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit geändert hätte. Grund war vielmehr die unzutreffende rechtliche Bewertung, dass sich die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wegen der Aufgabe des Arbeitsplatzes und/oder wegen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht mehr an der zuletzt ausgeübten Tätigkeit auszurichten habe. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 13. März 2008 sowohl dem Kläger als auch die die Arbeitsunfähigkeit bescheinigenden Ärzte darüber – rechtsfehlerhaft – unterrichtet, dass Grundlage der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit das Leistungsbild für Arbeitslose sei. Da die unrichtige Feststellung der Arbeitsfähigkeit mit rechtlichen Gesichtspunkten begründet wurde und nur durch die Kasse selbst hätte richtig gestellt werden können, kann es dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, dass er über den 19. März 2008 hinaus keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hat. Dem Kläger war es unter besonderer Berücksichtigung der Einzelumstände nicht zumutbar, nicht nur die Beklagte, sondern auch seine behandelnden Ärzte von der in rechtlicher Hinsicht fehlerhaften Auffassung der Beklagten zu überzeugen und unter Berücksichtigung des korrekten Maßstabes der Arbeitsfähigkeit auf die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hinzuwirken. Aufgrund der besonderen Einzelumstände war es völlig ausreichend, dass der Kläger mittels seiner Bevollmächtigten am 10. April 2008 Widerspruch eingelegt und auf den von der Beklagten rechtlich fehlerhaften Maßstab hingewiesen hat (vgl. auch BSG, Urteil vom 8.02.2000 – B 1 KR 11/99 R – zitiert nach juris).
Demnach kann die fehlende Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit über dem 19. März 2009 hinaus dem Anspruch auf Krankengeld nicht entgegengehalten werden.
5. Da der Kläger somit arbeitsunfähig war und Anhaltspunkte dafür, dass sich an seiner gesundheitlichen Situation nach dem 19. März 2008 bis 11. August 2009 etwas geändert haben könnte, weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich und angesichts der eindeutigen sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK und der ausführlichen Gutachten des Rentenversicherungsträgers auch schlechterdings nicht vorstellbar sind, hat der Kläger Anspruch auf Krankengeld bis zur Erschöpfung der Höchstanspruchsdauer, die von den Beteiligten unstreitig mit dem 11. August 2009 datiert wurden. Daher hat der Kläger über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 Anspruch auf Krankengeld in gesetzlicher Höhe, weshalb der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2009 rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt wird. Er war daher aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von Krankengeld in gesetzlicher Höhe über den 19. März 2008 hinaus bis einschließlich 11. August 2009 zu verurteilen.
6. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und ist getragen von der Erwägung, dass die Klage in vollem Umfang Erfolg hat.
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