Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 EG 59/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte der Klägerin höheres Elterngeld zu zahlen hat.
Die Klägerin ist die Mutter des 2009 geborenen Kindes El. Sie hat am 08.07.2009 einen Antrag auf Elterngeld gestellt, wobei sie angab, vor der Geburt des Kindes als selbständige Bautechnikerin und Immobilienmaklerin durchgehend d.h. sowohl im letzten Kalenderjahr als auch unmittelbar in den 12 Monaten vor der Geburt erwerbstätig gewesen zu sein. In der Zeit von Juni 2009 bis Mai 2010 werde sie mit einer geringen Arbeitszeit von 0 bis 10 Wochenstunden nur äußerst reduziert tätig seien, weil bestehende Aufträge bereits abgearbeitet worden seien und keine neuen anstünden.
Vorgelegt wurde u.a. der Einkommensteuerbescheid 2008 aus der gemeinsamen Veranlagung der Klägerin und ihres Ehemannes. Darin sind als zu versteuerndes Einkommen ausgewiesen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 21.183 Euro, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Ehemanns der Klägerin in Höhe von 77.207 Euro, außerdem Einkünfte aus Kapitalvermögen und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehemannes der Klägerin wurde mit 79.013,31 Euro und ihre Einkünfte mit 14.400 Euro festgestellt. Im Einkommensteuer-bescheid wurde eine Einkommensteuer in Höhe von 18.922,00 Euro und ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.040,71 Euro festgesetzt.
Der Beklagte kam zum Ergebnis, dass die Klägerin eine selbständige Erwerbstätigkeit sowohl im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum als auch in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchgehend ausgeübt habe. Deshalb sei für die Eltern-geldberechnung § 2 Abs. 9 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anzuwenden. Das Einkommen werde somit aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid ermittelt. Die Elterngeldbewilligung könne jedoch nur vorläufig sein, da erst nach Ablauf des Elterngeldbezugszeitraumes festgestellt werden könne, ob die Einschätzung der Klägerin zutreffe, dass sie aus ihrem Gewerbebetrieb im Elterngeldbezugszeitraum keinen Gewinn erziele.
Der Beklagte bewilligte mit vorläufigen Bescheid vom 14.07.2009 für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes Elterngeld in Höhe von 910,83 Euro. Zur Berechnung erläuterte der Beklagte in einer Bescheidanlage, dass er vom Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 21.083 Euro Steuern (Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) in Höhe von 4.869,57 Euro abgezogen habe. Das Nettojahreserwerbseinkommen der Klägerin sei somit bei 16.313,43 Euro gelegen, was einem durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommen von 1.359,45 Euro entspreche. Das Elterngeld betrage 67 % von diesem Einkommen, mithin 910,83 Euro.
Mit Schreiben vom 30.07.2009 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer tatsächlich gar nicht von ihr, sondern von ihrem Ehemann gezahlt worden seien und deshalb auch nicht von ihrem steuerlichen Gewinn abgezogen werden dürften. Steuerlich seien ihr Ehemann und sie gemeinsam veranlagt worden und es heiße im BEEG, dass das Einkommen des Partners keine Auswirkungen auf die Höhe des Elterngeldes habe.
Der Beklagte stellte fest, dass sich die Aufteilung der Steuern nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes berücksichtigten Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte richte, und wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2009 den Widerspruch zurück.
Daraufhin erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 19.09.2009 mit Telefaxschreiben Klage zum Sozialgericht Würzburg. Zur Begründung wurde nochmals darauf verwiesen, dass die Klägerin selbst überhaupt keine Steuern gezahlt habe, weil die gemeinsame Steuerlast bereits vollumfänglich durch die Zahlungen ihres Ehemannes beglichen worden sei. Die Tatsache der gemeinsamen Veranlagung stelle ein grundgesetzlich geschütztes Recht von Eheleuten dar. Es gehe nicht an, dass sich die Beklagte hierüber hinweg setze und die Tatsache der gemeinsamen Veranlagung zu Lasten der Klägerin werte. Zudem werde die Klägerin wegen der Steuerprogression unangemessen belastet. Deshalb müsse ggf. eine fiktive Berechnung erfolgen, in welcher Höhe bei einer getrennten Veranlagung der Klägerin und einem Bruttoeinkommen von 21.183 Euro Steuern zu zahlen wären. Die genannten Bescheide seien aufzuheben. Es habe eine Neuberechnung auf der Grundlage des Bruttoeinkommens von 21.183 Euro ohne steuerliche Belastung, hilfsweise mit Steuerlast bei getrennter Veranlagung zu erfolgen.
Nachdem der Beklagte auf den Wortlaut von § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG Bezug genommen hatte und hierin keine Regelung erblickte, die auf eine andere Berechnungsvorschrift z.B. auf §§ 288 ff Abgabenordnung (AO) verweisen würde, argumentierte die Klägerseite damit, dass der Wortlaut sich auf eine festgesetzte Einkommensteuer beziehe. Deshalb müsse die Einkommensteuer tatsächlich vom Finanzamt festgesetzt und nicht nur fiktiv angesetzt worden sein. Der Beklagte verwies im weiteren auf einen Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.06.2010 (Az. S 9 EG 3/10), das seine Rechtsauffassung bestätige.
Nachdem die Klägerin im Folgenden ihren Einkommensteuerbescheid 2009 vorlegte, traf der Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2007 eine endgültige Entscheidung, wonach das monatliche Elterngeld der Klägerin den Betrag von 910,83 Euro umfasse. In der Höhe der Leistungen trete gegenüber dem bisherigen Bescheid keine Änderung ein.
Die Klägerin beantragt:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 14.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2009 sowie der Bescheid vom 16.11.2010 werden abgeändert.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes für den 2009 geborenen Sohn E. von einem steuerlichen Gewinn der Klägerin für das Jahr 2008 von 21.183 Euro auszugehen.
3. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes für den 2009 geborenen Sohn E. vom steuerlichen Gewinn der Klägerin für das Jahr 2008 in Höhe von 21.083 Euro lediglich die im Falle der getrennten Veranlagung hierauf entfallenden Steuern in Abzug zu bringen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Der während der Laufzeit des Klageverfahrens ergangene endgültige Bescheid vom 16.11.2010 ist über § 96 SGG Gegenstand des laufenden Rechtsstreits geworden. Zwar hat dieser Bescheid den angefochtenen Ausgangsbescheid im Ergebnis bestätigt; tendenziell wäre durch ihn jedoch eine Abänderung des Ausgangsbescheides bewirkt worden, wenn zwischenzeitlich ein abweichender Sachverhalt aufgetreten wäre.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung der angefochtenen Bescheide und Zahlung eines höheren Elterngeldes.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin nach § 1 BEEG Anspruch auf Zahlung von Elterngeld in den ersten 12 Lebensmonaten ihres Kindes E. hat. Auch dass die Berechnung der Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs. 9 BEEG vorzunehmen ist, weil von der Klägerin in den letzten Jahren bis zur Geburt des Kindes durchgängig eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden war, wird von der Klägerin nicht angegriffen.
Sie hält jedoch eine andere Gesetzesanwendung für geboten. Da im Einkommensteuerbescheid von ihr keine Steuer verlangt worden sei und sie auch keine Zahlungen habe erbringen müssen - das sei alles bereits durch Abzug vom Lohn ihres Ehemannes erbracht worden – sei der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn unverkürzt der Elterngeldberechnung zu Grunde zu legen. Dabei verkennt die Klägerin jedoch, dass eine Steuerschuld selbstverständlich auch anders als durch Forderung einer Geldzahlung – nämlich durch Aufrechnung – eingezogen werden kann und bei einer gemeinsamen Veranlagung dies sich auch auf eine Aufrechnung gegen den mitveranlagten Ehepartner bezieht. Die Klägerin hat selbstverständlich eine Steuerschuld gehabt und diese getilgt.
Aus den rechtlichen Gegebenheiten könnte man eigentlich eher auf den Gedanken kommen, vom Einkommen der Klägerin die gesamte Einkommensteuerschuld und den Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen, weil die Klägerin bei der hier bestehenden gemeinsamen Veranlagung für die gesamte Steuerschuld zahlungsverpflichtet ist, was wohl dazu führen würde, dass Elterngeld nur in Höhe des Mindestbetrages zu zahlen wäre.
Diese Ergebnis ist jedoch aus Sicht des Gerichtes ebenso unvertretbar, wie das von der Klägerin im Hauptantrag angestrebte Ziel keinerlei Steuer vom (Gewinn-) Einkommen abzuziehen. Deshalb ist es aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes abzuleiten, dass bei einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten nur der auf das Einkommen des jeweiligen Antragstellers von Elterngeld entfallende steuerliche Anteil in Abzug zu bringen ist. Daran ändert auch die Beteiligung eines nichtselbständig erwerbstätigen Ehegatten nichts, weil dort die gewählte Steuerklasse entweder die Einkommensverhältnisse abbildet oder eine im Rahmen des Elterngeldes zu respektierende Entscheidung der Betroffenen vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 25.06.2009, B 10 EG 3/08 R).
Eine anteilsmäßige Verteilung der gemeinsamen Steuerschuld nach den Einkommensanteilen der Beteiligten – wie sie der Beklagte vorgenommen hat – ist somit die dem Gesetzessinn entsprechende Vorgehensweise und aus Sicht des Gerichtes nicht zu beanstanden.
Die von der Klägerin im Hilfsantrag geforderte fiktive Einzelberechnung, in welcher Höhe bei einer Einzelveranlagung für das von ihr erzielte Einkommen aus Gewerbebetrieb Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag angefallen wären, ist zwar ebenfalls eine Möglichkeit die Steuerschuld aufzuteilen. Gegen diese Lösung spricht zunächst ein erheblicher Verwaltungsaufwand, den der Gesetzgeber vermeiden wollte, wie man aus der Gestaltung des § 2 BEEG entnehmen kann, der stets versucht auf bereits vorhandene Berechnungen (Lohnunterlagen, Einkommensteuerbescheid) zurückzugreifen. Weiter würde dies in Fällen, in denen beide Ehepartner Elterngeld beantragen – was der Gesetzgeber ja anstrebt – zu einem von der tatsächlichen Steuerlast abweichenden Ergebnis führen und den besser verdienenden Elternteil von einer eigenen Erziehungszeit eher abhalten. Zentral aus Sicht des Gerichtes ist jedoch der Gedanke der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung: Wenn sich die Klägerin im Steuerrecht zu einer bestimmten Vorgehensweise (gemeinsame Veranlagung) entscheidet, dann ist sie auch im darauf aufsetzenden Sozialrecht nicht als Einzelveranlagte zu behandeln. Die steuerliche Besserstellung ihres Ehemannes zu ihren eigenen Lasten ist eine eigene Entscheidung der Klägerin. Da sie zu einer Optimierung des Familieneinkommens führen kann, liegt darin auch keine Art. 6 GG entgegenstehende Benachteiligung von Ehe und Familie. Die Klägerin muss sich aber an der von ihr getroffenen, ihr eigenes Nettoeinkommen mindernden Entscheidung festhalten lassen. Dies ist ebenso zu sehen, wie in einem fiktiven Fall, in dem eine Ehefrau zu Gunsten des Gewerbetriebes ihres Ehegatten, in dem sie beschäftigt ist, auf einen höheren Lohn verzichtet.
Die gesetzliche Regelung ist auch im Gesamtgefüge der Gesetze stimmig, da das Elterngeld als steuerfinanzierte Sozialleistung einen starken Bezug zum entsprechenden Steu-eraufkommen aufweist.
Dementsprechend ist die Klage in Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Nachdem die Klägerin mit ihrer Klage keinen Erfolg gehabt hatte, sind ihr auch außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte der Klägerin höheres Elterngeld zu zahlen hat.
Die Klägerin ist die Mutter des 2009 geborenen Kindes El. Sie hat am 08.07.2009 einen Antrag auf Elterngeld gestellt, wobei sie angab, vor der Geburt des Kindes als selbständige Bautechnikerin und Immobilienmaklerin durchgehend d.h. sowohl im letzten Kalenderjahr als auch unmittelbar in den 12 Monaten vor der Geburt erwerbstätig gewesen zu sein. In der Zeit von Juni 2009 bis Mai 2010 werde sie mit einer geringen Arbeitszeit von 0 bis 10 Wochenstunden nur äußerst reduziert tätig seien, weil bestehende Aufträge bereits abgearbeitet worden seien und keine neuen anstünden.
Vorgelegt wurde u.a. der Einkommensteuerbescheid 2008 aus der gemeinsamen Veranlagung der Klägerin und ihres Ehemannes. Darin sind als zu versteuerndes Einkommen ausgewiesen: Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Klägerin in Höhe von 21.183 Euro, Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Ehemanns der Klägerin in Höhe von 77.207 Euro, außerdem Einkünfte aus Kapitalvermögen und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Der Gesamtbetrag der Einkünfte des Ehemannes der Klägerin wurde mit 79.013,31 Euro und ihre Einkünfte mit 14.400 Euro festgestellt. Im Einkommensteuer-bescheid wurde eine Einkommensteuer in Höhe von 18.922,00 Euro und ein Solidaritätszuschlag in Höhe von 1.040,71 Euro festgesetzt.
Der Beklagte kam zum Ergebnis, dass die Klägerin eine selbständige Erwerbstätigkeit sowohl im letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum als auch in den 12 Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchgehend ausgeübt habe. Deshalb sei für die Eltern-geldberechnung § 2 Abs. 9 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anzuwenden. Das Einkommen werde somit aus dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid ermittelt. Die Elterngeldbewilligung könne jedoch nur vorläufig sein, da erst nach Ablauf des Elterngeldbezugszeitraumes festgestellt werden könne, ob die Einschätzung der Klägerin zutreffe, dass sie aus ihrem Gewerbebetrieb im Elterngeldbezugszeitraum keinen Gewinn erziele.
Der Beklagte bewilligte mit vorläufigen Bescheid vom 14.07.2009 für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes Elterngeld in Höhe von 910,83 Euro. Zur Berechnung erläuterte der Beklagte in einer Bescheidanlage, dass er vom Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 21.083 Euro Steuern (Einkommensteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) in Höhe von 4.869,57 Euro abgezogen habe. Das Nettojahreserwerbseinkommen der Klägerin sei somit bei 16.313,43 Euro gelegen, was einem durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommen von 1.359,45 Euro entspreche. Das Elterngeld betrage 67 % von diesem Einkommen, mithin 910,83 Euro.
Mit Schreiben vom 30.07.2009 legte die Klägerin hiergegen Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer tatsächlich gar nicht von ihr, sondern von ihrem Ehemann gezahlt worden seien und deshalb auch nicht von ihrem steuerlichen Gewinn abgezogen werden dürften. Steuerlich seien ihr Ehemann und sie gemeinsam veranlagt worden und es heiße im BEEG, dass das Einkommen des Partners keine Auswirkungen auf die Höhe des Elterngeldes habe.
Der Beklagte stellte fest, dass sich die Aufteilung der Steuern nach dem Verhältnis der für die Bemessung des Elterngeldes berücksichtigten Summe der positiven Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zur Summe aller Einkünfte richte, und wies mit Widerspruchsbescheid vom 17.08.2009 den Widerspruch zurück.
Daraufhin erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 19.09.2009 mit Telefaxschreiben Klage zum Sozialgericht Würzburg. Zur Begründung wurde nochmals darauf verwiesen, dass die Klägerin selbst überhaupt keine Steuern gezahlt habe, weil die gemeinsame Steuerlast bereits vollumfänglich durch die Zahlungen ihres Ehemannes beglichen worden sei. Die Tatsache der gemeinsamen Veranlagung stelle ein grundgesetzlich geschütztes Recht von Eheleuten dar. Es gehe nicht an, dass sich die Beklagte hierüber hinweg setze und die Tatsache der gemeinsamen Veranlagung zu Lasten der Klägerin werte. Zudem werde die Klägerin wegen der Steuerprogression unangemessen belastet. Deshalb müsse ggf. eine fiktive Berechnung erfolgen, in welcher Höhe bei einer getrennten Veranlagung der Klägerin und einem Bruttoeinkommen von 21.183 Euro Steuern zu zahlen wären. Die genannten Bescheide seien aufzuheben. Es habe eine Neuberechnung auf der Grundlage des Bruttoeinkommens von 21.183 Euro ohne steuerliche Belastung, hilfsweise mit Steuerlast bei getrennter Veranlagung zu erfolgen.
Nachdem der Beklagte auf den Wortlaut von § 2 Abs. 9 S. 4 BEEG Bezug genommen hatte und hierin keine Regelung erblickte, die auf eine andere Berechnungsvorschrift z.B. auf §§ 288 ff Abgabenordnung (AO) verweisen würde, argumentierte die Klägerseite damit, dass der Wortlaut sich auf eine festgesetzte Einkommensteuer beziehe. Deshalb müsse die Einkommensteuer tatsächlich vom Finanzamt festgesetzt und nicht nur fiktiv angesetzt worden sein. Der Beklagte verwies im weiteren auf einen Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 24.06.2010 (Az. S 9 EG 3/10), das seine Rechtsauffassung bestätige.
Nachdem die Klägerin im Folgenden ihren Einkommensteuerbescheid 2009 vorlegte, traf der Beklagte mit Bescheid vom 16.11.2007 eine endgültige Entscheidung, wonach das monatliche Elterngeld der Klägerin den Betrag von 910,83 Euro umfasse. In der Höhe der Leistungen trete gegenüber dem bisherigen Bescheid keine Änderung ein.
Die Klägerin beantragt:
1. Der Bescheid des Beklagten vom 14.07.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.08.2009 sowie der Bescheid vom 16.11.2010 werden abgeändert.
2. Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes für den 2009 geborenen Sohn E. von einem steuerlichen Gewinn der Klägerin für das Jahr 2008 von 21.183 Euro auszugehen.
3. Hilfsweise: Der Beklagte wird verpflichtet, bei der Bemessung des Elterngeldes für den 2009 geborenen Sohn E. vom steuerlichen Gewinn der Klägerin für das Jahr 2008 in Höhe von 21.083 Euro lediglich die im Falle der getrennten Veranlagung hierauf entfallenden Steuern in Abzug zu bringen.
4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 51, 54, 57, 87, 90 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Der während der Laufzeit des Klageverfahrens ergangene endgültige Bescheid vom 16.11.2010 ist über § 96 SGG Gegenstand des laufenden Rechtsstreits geworden. Zwar hat dieser Bescheid den angefochtenen Ausgangsbescheid im Ergebnis bestätigt; tendenziell wäre durch ihn jedoch eine Abänderung des Ausgangsbescheides bewirkt worden, wenn zwischenzeitlich ein abweichender Sachverhalt aufgetreten wäre.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Abänderung der angefochtenen Bescheide und Zahlung eines höheren Elterngeldes.
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin nach § 1 BEEG Anspruch auf Zahlung von Elterngeld in den ersten 12 Lebensmonaten ihres Kindes E. hat. Auch dass die Berechnung der Höhe des Elterngeldes nach § 2 Abs. 9 BEEG vorzunehmen ist, weil von der Klägerin in den letzten Jahren bis zur Geburt des Kindes durchgängig eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt worden war, wird von der Klägerin nicht angegriffen.
Sie hält jedoch eine andere Gesetzesanwendung für geboten. Da im Einkommensteuerbescheid von ihr keine Steuer verlangt worden sei und sie auch keine Zahlungen habe erbringen müssen - das sei alles bereits durch Abzug vom Lohn ihres Ehemannes erbracht worden – sei der im Einkommensteuerbescheid ausgewiesene Gewinn unverkürzt der Elterngeldberechnung zu Grunde zu legen. Dabei verkennt die Klägerin jedoch, dass eine Steuerschuld selbstverständlich auch anders als durch Forderung einer Geldzahlung – nämlich durch Aufrechnung – eingezogen werden kann und bei einer gemeinsamen Veranlagung dies sich auch auf eine Aufrechnung gegen den mitveranlagten Ehepartner bezieht. Die Klägerin hat selbstverständlich eine Steuerschuld gehabt und diese getilgt.
Aus den rechtlichen Gegebenheiten könnte man eigentlich eher auf den Gedanken kommen, vom Einkommen der Klägerin die gesamte Einkommensteuerschuld und den Solidaritätszuschlag in Abzug zu bringen, weil die Klägerin bei der hier bestehenden gemeinsamen Veranlagung für die gesamte Steuerschuld zahlungsverpflichtet ist, was wohl dazu führen würde, dass Elterngeld nur in Höhe des Mindestbetrages zu zahlen wäre.
Diese Ergebnis ist jedoch aus Sicht des Gerichtes ebenso unvertretbar, wie das von der Klägerin im Hauptantrag angestrebte Ziel keinerlei Steuer vom (Gewinn-) Einkommen abzuziehen. Deshalb ist es aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes abzuleiten, dass bei einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung von Eheleuten nur der auf das Einkommen des jeweiligen Antragstellers von Elterngeld entfallende steuerliche Anteil in Abzug zu bringen ist. Daran ändert auch die Beteiligung eines nichtselbständig erwerbstätigen Ehegatten nichts, weil dort die gewählte Steuerklasse entweder die Einkommensverhältnisse abbildet oder eine im Rahmen des Elterngeldes zu respektierende Entscheidung der Betroffenen vorliegt (vgl. BSG, Urt. v. 25.06.2009, B 10 EG 3/08 R).
Eine anteilsmäßige Verteilung der gemeinsamen Steuerschuld nach den Einkommensanteilen der Beteiligten – wie sie der Beklagte vorgenommen hat – ist somit die dem Gesetzessinn entsprechende Vorgehensweise und aus Sicht des Gerichtes nicht zu beanstanden.
Die von der Klägerin im Hilfsantrag geforderte fiktive Einzelberechnung, in welcher Höhe bei einer Einzelveranlagung für das von ihr erzielte Einkommen aus Gewerbebetrieb Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag angefallen wären, ist zwar ebenfalls eine Möglichkeit die Steuerschuld aufzuteilen. Gegen diese Lösung spricht zunächst ein erheblicher Verwaltungsaufwand, den der Gesetzgeber vermeiden wollte, wie man aus der Gestaltung des § 2 BEEG entnehmen kann, der stets versucht auf bereits vorhandene Berechnungen (Lohnunterlagen, Einkommensteuerbescheid) zurückzugreifen. Weiter würde dies in Fällen, in denen beide Ehepartner Elterngeld beantragen – was der Gesetzgeber ja anstrebt – zu einem von der tatsächlichen Steuerlast abweichenden Ergebnis führen und den besser verdienenden Elternteil von einer eigenen Erziehungszeit eher abhalten. Zentral aus Sicht des Gerichtes ist jedoch der Gedanke der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung: Wenn sich die Klägerin im Steuerrecht zu einer bestimmten Vorgehensweise (gemeinsame Veranlagung) entscheidet, dann ist sie auch im darauf aufsetzenden Sozialrecht nicht als Einzelveranlagte zu behandeln. Die steuerliche Besserstellung ihres Ehemannes zu ihren eigenen Lasten ist eine eigene Entscheidung der Klägerin. Da sie zu einer Optimierung des Familieneinkommens führen kann, liegt darin auch keine Art. 6 GG entgegenstehende Benachteiligung von Ehe und Familie. Die Klägerin muss sich aber an der von ihr getroffenen, ihr eigenes Nettoeinkommen mindernden Entscheidung festhalten lassen. Dies ist ebenso zu sehen, wie in einem fiktiven Fall, in dem eine Ehefrau zu Gunsten des Gewerbetriebes ihres Ehegatten, in dem sie beschäftigt ist, auf einen höheren Lohn verzichtet.
Die gesetzliche Regelung ist auch im Gesamtgefüge der Gesetze stimmig, da das Elterngeld als steuerfinanzierte Sozialleistung einen starken Bezug zum entsprechenden Steu-eraufkommen aufweist.
Dementsprechend ist die Klage in Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Nachdem die Klägerin mit ihrer Klage keinen Erfolg gehabt hatte, sind ihr auch außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten (§ 193 SGG).
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