Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 2212/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller eine vorläufige Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung in der Allee 00 in 00000 E , Wohnungsnummer , zu erteilen.
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
3. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
4. Dem Antragsteller wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab 08.10.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr. F D , I straße 00, 00000 B , beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu leisten.
5. Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung der Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung in der Allee 00, Wohnungsnummer , in 00000 E.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Insbesondere ist die Antragsbefugnis des Antragstellers zu bejahen und ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers gegeben.
a) Antragsbefugt ist, wer im Hauptsacheverfahren klagebefugt ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 8, 26c). Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn der Kläger behauptet, dass er einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung habe (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 54 Rdnr. 9, 22, 39). Von diesen Grundsätzen ausgehend ist eine Antragsbefugnis des Antragstellers gegeben. Der Antragsteller macht ein mögliches eigenes Recht auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft geltend und nicht etwaige Ansprüche seiner Kinder auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft.
b) Auch das für die Zulässigkeit eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenso wie für die Zulässigkeit einer Klage erforderliche (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 26, 26b) allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – vor.
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Prozessvoraussetzung, die aus dem Grundsatz folgt, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen darf oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht insbesondere dann nicht, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann oder wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung unzweifelhaft die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Klägers bzw. Antragstellers nicht verbessern würde (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Rdnr. 16, 16a vor § 51).
aa) Der Antragsteller kann das von ihm angestrebte Ergebnis – die Anmietung der Wohnung in der B Allee 00 in 00000 E und die Tragung der Miete durch den Antragsgegner – nicht einfacher dadurch erreichen, dass er die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anmietet und dann die Miete beim Antragsgegner geltend macht.
Zwar ist – was der Antragsgegner zutreffend als ständige Rechtsprechung bezeichnet – die Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch [SGB II]) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung. Es ist aber kein einfacherer Weg, die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anzumieten und dann im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zu beantragen. Dass der Antragsgegner bereit wäre, dann, wenn der Antragsteller die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anmieten würde, die Kosten der Unterkunft und Heizung in vollem Umfang zu berücksichtigen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Zusicherung hat zudem den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren erstmaliger Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so zu vermeiden, dass der Hilfebedürftige infolge einer nur teilweisen Übernahme von Kosten erneut in eine Notlage gerät (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Es kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die in Aussicht genommene Vermieterin kein bindendes Mietvertragsangebot abgegeben hat, sondern sich vorbehalten hat, nach Vorlage sämtlicher Unterlagen über die Vergabe der Wohnung zu entscheiden. Die Chancen des Antragstellers, der kein auch nur annähernd bedarfsdeckendes Einkommen hat und ausweislich des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Eberswalde vom 26.09.2012, Az.: 0 C 000/12, erhebliche Mietschulden aufweist und somit nicht in der Lage sein dürfte, die von der Vermieter ausweislich des Wohnungsangebots grundsätzlich geforderte Mietschulden¬freiheits¬bescheinigung vorzulegen, dass die Vermieterin mit ihm einen Mietvertrag abschließt, erhöhen sich durch die Erteilung einer Zusicherung des Antragsgegners zu den Aufwendungen der Unterkunft.
bb) Der Antragsteller kann das von ihm angestrebte Ergebnis auch nicht dadurch erreichen, dass er sich an die kommunale Ordnungsbehörde wendet. Die Ordnungsbehörde wird nur zur Gefahrenabwehr tätig. Die Erbringung von Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ist nicht Aufgabe der kommunalen Ordnungsbehörde, sondern Aufgabe des Antragsgegners (vgl. §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, 44b SGB II).
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wesentlichen auch in der Sache begründet.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) als auch ein Anordnungsgrund (im Sinne einer Eilbedürftigkeit des Verfahrens) bestehen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –), müssen also überwiegend wahrscheinlich sein. Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht grundsätzlich sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur dann an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist in solchen Fällen allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, im Internet zu recherchieren unter http://www.bverfg.de/entscheidungen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.10.2006, Az. L 19 B 516/06 AS ER, im Internet zu recherchieren unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Das Gericht entscheidet im vorliegenden Fall nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Sowohl ein Anordnungsanspruch (nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung; siehe nachfolgend 3.) als auch – bezüglich einer vorläufigen Zusicherung – ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit; siehe nachfolgend 4.) sind glaubhaft gemacht, also überwiegend wahrscheinlich.
3. Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf die Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft B Allee 00 in 00000 E.
Anspruchsgrundlage ist § 22 Abs. 4 SGB II. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (§ 22 Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz SGB II).
a) Der Umzug ist jedenfalls nach summarischer Prüfung erforderlich.
Erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist ein Umzug jedenfalls nach summarischer Prüfung dann, wenn der Umzug auf einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund beruht, durch den sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.01.2012, Az.: L 18 AS 1172/10, www.sozialgerichtsbarkeit.de, mit weiteren Nachweisen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2011, Az.: L 34 AS 883/11 B ER, nicht veröffentlicht).
Der (laut Schriftsatz vom 15.10.2012 vom Antragsteller beabsichtigte) Auszug aus der bisher bewohnten Wohnung P Allee 00, 00000 E , ist wegen der erfolgreichen Räumungsklage der bisherigen Vermieterin (Versäumnisurteil des Amtsgerichts Eberswalde vom 26.09.2012, Az.: 0 C 000/12) erforderlich. Der beabsichtigte oder zwischenzeitlich bereits erfolgte Auszug macht auch die Anmietung einer neuen Wohnung erforderlich. Es ist einem Hilfebedürftigen nicht zuzumuten, auf die Anmietung einer eigenen Wohnung zu verzichten, sondern stattdessen unentgeltlich bei Freunden zu übernachten. Auch die Verweisung eines Hilfebedürftigen auf die Nutzung von Obdachlosenunterkünften scheidet aus (so bereits zur Sozialhilfe nach dem damaligen Bundessozialhilfegesetz Bundesverwaltungsgericht – BVerwG –, Urteil vom 30.05.1996, Az: 5 C 14/95, BVerwGE 101, 194 ff. = NJW 1996, 3427 f.). Sollte der Antragsteller zwischenzeitlich bereits den Auszug vorgenommen haben und in Ermangelung einer eigenen Wohnung bei Freunden unentgeltlich übernachten, so entfällt dadurch die Erforderlichkeit der Anmietung einer Wohnung nicht.
Es kann dahin stehen, ob es für die Erforderlichkeit des Umzugs genügt, wenn die Anmietung einer neuen Wohnung erforderlich ist oder ob gerade die Anmietung der konkret in Aussicht genommenen Wohnung erforderlich sein muss. Denn im vorliegenden Fall beruht auch die (beabsichtigte) Anmietung speziell der Wohnung B Allee 00 in 00000 E auf einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund, durch den sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde, und ist somit erforderlich. Es handelt sich um eine 59,17 m² große Wohnung mit 2 ½ Räumen, die geeignet ist, den Unterkunftsbedarf des Antragstellers zu decken und dem Antragsteller auch die Ausübung seines Umgangsrechts mit seinen 4 und 6 Jahre alten Kindern zu ermöglichen. Die Nettokaltmiete beträgt 265,00 EUR, also 4,48 EUR pro tatsächlichem Quadratmeter, und überschreitet damit die nach Auffassung des Antragsgegners im unteren Mietpreissegmente ortsübliche Kaltmiete von 4,50 EUR/m² nicht. Die Aufwendungen für die Wohnung sind (wie nachfolgend unter Buchstabe b ausgeführt wird) nach summarischer Prüfung auch insgesamt angemessen. Zudem ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dem Antragsteller derzeit weitere Wohnungsangebote vorliegen oder dass in E günstigere dem Antragsteller zumutbare Wohnungen aktuell anmietbar sind.
b) Die Aufwendungen für die Wohnung B Allee 00 in 00000 E , die der Antragsteller anmieten will, sind jedenfalls nach summarischer Prüfung angemessen.
aa) Die Kosten der Unterkunft werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Damit lässt sich der Gesetzgeber – anders als bei der pauschalierten Regelleistung – bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach. Die Angemessenheitsprüfung ist nicht ins Belieben der Verwaltung gestellt. Vielmehr sind weitere Konkretisierungen erforderlich, die schon auf Grund des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien erfolgen müssen. Zum anderen fordert das Rechtsstaatsprinzip die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 12, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
bb) Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach der Rechtsprechung des BSG in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist (BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 13, 17 und Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de). Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Die angemessenen Unterkunftskosten bestimmen sich danach, welche Aufwendungen nach den maßgeblichen örtlichen Verhältnissen für eine nach Wohnfläche und Mietzins zur Bedarfsdeckung geeignete Unterkunft entstehen würden, so dass sich die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für die Hilfebedürftigen abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter ergibt (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, Rdnr. 24, BSGE 97, 231 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, und Az. B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, BSGE 97, 254 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 = SGb 2007, 543 ff., Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 17, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, mit weiteren Nachweisen, und Urteile vom 19.10.2010, B 14 AS 65/09 R, Rdnr. 21, B 14 AS 2/10, Rdnr. 16, und B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20, www.sozialgerichtsbarkeit.de; sog. Produkttheorie).
cc) Die Frage nach der grundsicherungsrechtlich angemessenen Wohnfläche kann dabei anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Verwaltungsvorschriften der Länder beantwortet werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R, Rdnr. 24, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, BSGE 97, 254 ff., Urteil vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rdnr. 14, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 14, und Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rdnr. 15; alle www.sozialgerichtsbarkeit.de). Dabei handelt es sich in Brandenburg um Nr. I 4.1 Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz vom 15.10.2002 – VV-WoFGWoBindG – zu § 10 Wohnraumförderungsgesetz – WoFG –, der den früheren § 5 Abs. 2 WoBindG abgelöst hat. Hieraus ergibt sich für einen Einpersonenhaushalt grundsätzlich eine Wohnfläche von 50 m².
Bei dem Haushalt, den der Antragsteller in der von ihm anzumietenden Wohnung führen will, handelt es sich um einen Einpersonenhaushalt (und nicht um einen Dreipersonenhaushalt, für den sich eine Wohnfläche von 80 m² ergäbe), weil sich seine beiden Kinder – auch im Falle des Bezuges der neuen Wohnung durch den Antragsteller – überwiegend im Haushalt der Kindesmutter und nur in zeitlich geringerem Umfang im Haushalt des Antragstellers aufhalten werden.
Dies schließt jedoch nicht aus, die für einen Einpersonenhaushalt maßgebende Wohnfläche wegen des Umstandes, dass sich die Kinder des Antragstellers voraussichtlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit an zwei bis drei Tagen pro Woche beim Antragsteller aufhalten werden, angemessen zu erhöhen.
Ob und wie es sich auf die Höhe der vom Grundsicherungsträger zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung auswirkt, wenn in Ausübung des Umgangsrechts durch den Hilfebedürftigen ein Kind mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnt (sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft), ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. hierzu neben den vom Antragsteller benannten Entscheidungen [Sozialgericht Aachen, Urteil vom 19.11.2007, S 14 AS 80/07 und Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 28.12.2010, S 22 AS 5857/10 ER, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de] insbesondere Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2012, L 11 AS 635/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de, mit weiteren Nachweisen).
Nach summarischer Prüfung wird durch das Bestehen einer temporären Bedarfsgemeinschaft kein eigener Anspruch des Kindes auf Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm zeitweise mitgenutzte Wohnung begründet, sondern der der Besonderheit der Umstände des Einzelfalls angemessene Umfang der Aufwendungen des umgangsberechtigten Elternteils für Unterkunft und Heizung (und somit der vom Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigende Bedarf des umgangsberechtigten Elternteils für Unterkunft und Heizung) kann sich erhöhen. Die entstehenden Mehraufwendungen dienen nicht in erster Linie der Deckung des Unterkunftsbedarfs des Kindes, das bereits beim anderen Elternteil über eine Unterkunft verfügt, sondern der Ausübung des Umgangsrechts. Sie entstehen auch für die Zeiten, in denen sich das Kind nicht in der Wohnung aufhält, und sind auch nicht vom Kind, sondern vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragen. Auch der vorliegend nicht anwendbare § 22b Abs. 3 (Satz 1 und Satz 2 Nr. 2) SGB II zeigt, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Personen wegen der Ausübung ihres Umgangsrechts einen erhöhten Raumbedarf haben können.
Nach summarischer Prüfung ist unter Berücksichtigung der Anzahl und des Alters der Kinder und der Dauer und Häufigkeit ihres Aufenthalts die für den Antragsteller grundsicherungsrechtlich angemessene Wohnfläche von der für einen Einpersonenhaushalt grundsätzlich angemessenen Wohnfläche von 50 m² um 10 m² auf 60 m² zu erhöhen. Dadurch, dass die 4 und 6 Jahre alten Kinder des Antragstellers jede Woche die Wohnung an 2 bis 3 Tagen mitnutzen werden, wird gegenüber einem Alleinstehenden, der kein Umgangsrecht ausübt, zusätzlicher Platz benötigt. Dass auch für drei Personen je nach dem Zuschnitt der Wohnung auch eine Wohnfläche von weniger als 60 m² ausreichen kann, steht dem nicht entgegen, da es sich bei den angemessenen Wohnflächen stets um Höchstgrenzen handelt, deren Überschreitung nur (nach der oben bei Buchstabe a dargestellten Produkttheorie) durch eine Unterschreitung des nach den örtlichen Verhältnissen (maximal) angemessenen Mietzinses pro Quadratmeter ausgeglichen werden kann.
dd) Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es – insbesondere im ländlichen Raum – geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundessozialgericht unter anderem für eine Stadt mit ca. 53.000 Einwohnern (Nordhorn in Niedersachsen, BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 33/08 R, Rdnr. 20, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und für eine Stadt mit ca. 35.000 Einwohnern (Zweibrücken in Rheinland-Pfalz, BSG, Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 65/08 R, Rdnr. 15, und Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de) entschieden, dass das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab für den Mietwohnungsstandard bildet. Ebenfalls in Anwendung der genannten Grundsätze hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) für die Stadt E mit ca. 42.000 Einwohnern (unter anderem Urteil vom 02.09.2010, S 21 AS 323/07, und Urteil vom 30.05.2012, S 28 AS 3255/10, beide nicht veröffentlicht) bereits entschieden, dass das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab für den Mietwohnungsstandard bildet.
ee) Wie viel für eine Wohnung von 60 m² auf dem für den Antragsteller maßgeblichen Wohnungsmarkt (E ) aufzuwenden ist, kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Auch wenn man die vom Antragsgegner als angemessen angenommene Nettokaltmiete von 4,50 EUR/m² ansetzt, wird die hieraus für eine Wohnung von 60 m² sich ergebende Miete von monatlich 270,00 EUR durch die tatsächliche Nettokaltmiete von monatlich 265,00 EUR nicht überschritten. Die Angemessenheit der Vorauszahlungen auf die kalten Betriebskosten von monatlich 70,00 EUR (2 x 35,00 EUR), also 1,17 EUR/m², ist von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden. Da keine durchgreifenden Zweifel an der Angemessenheit sowohl der Nettokaltmiete als auch an der Angemessenheit der kalten Betriebskosten bestehen, sind auch – worauf es insoweit ankommt – die Kosten der Unterkunft insgesamt bei summarischer Prüfung angemessen. Auch die gesondert von der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu prüfende Angemessenheit der Heizkostenvorauszahlungen von monatlich 85,00 EUR, also 1,42 EUR/m², ist von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden, so dass auch die Heizkostenvorauszahlungen bei summarischer Prüfung angemessen sind. Die Zusicherung zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft nach § 22 Abs. 4 SGB II hat sich bei summarischer Prüfung dann, wenn – wie hier – die Heizkostenvorauszahlungen aus dem Wohnungsangebot hervorgehen, so dass damit zu rechnen ist, dass sie auch im Mietvertrag vereinbart werden, nicht nur auf die eigentlichen Kosten der Unterkunft, sondern auch auf die Angemessenheit der Kosten der Heizung zu erstrecken. Nur so kann ein Hilfebedürftiger einschätzen, ob er die Wohnung anmieten kann, ohne einen Teil der Kosten für die Wohnung selbst tragen zu müssen.
c) Wenn der Antragsteller aus der bisherigen Wohnung bereits ausgezogen ist, steht dies seinem Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung nicht entgegen. Die Einholung einer Zusicherung soll nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft, also nicht zwingend vor dem Auszug aus der bisherigen Wohnung, erfolgen. Der Antragsteller hat einen Vertrag über die neue Unterkunft noch nicht abgeschlossen.
4. Ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) ist in Bezug auf die Erteilung einer vorläufigen Zusicherung glaubhaft gemacht. In Bezug auf die Erteilung einer endgültigen Zusicherung ist ein Anordnungsgrund hingegen nicht glaubhaft gemacht.
a) Ein Anordnungsgrund ist nur gegeben, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Zudem ergibt sich aus dem Wesen des einstweiligen Rechtsschutzes und dem Wortlaut des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ("eines vorläufigen Zustandes"), dass eine einstweilige Anordnung grundsätzlich eine endgültige Entscheidung nicht vorweg nehmen darf.
Im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes kann es ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar wäre und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre, insbesondere diesem wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere, die Existenz gefährdende und anders nicht abwendbare Nachteile drohen. Dies ist bei existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt, wenn es um größere Beträge geht, regelmäßig – d. h. abgesehen von besonders liegenden Ausnahmefällen – der Fall.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Die Beeinträchtigung dadurch, dass während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt ist, kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht (Bundesverfassungsgericht – BVerfG – Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Absatz 18 und 27, www.bverfg.de).
Dies gilt jedoch für das zum Leben Unerlässliche. Die Gerichte können im Eilverfahren über Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, z. B. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Absatz 25).
b) Die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums umfasst auch Unterkunft und Heizung und wird in Bezug auf diese durch § 22 SGB II umgesetzt (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Absätze 135, 136, 147, 148, www.bverfg.de). Daraus ergibt sich einerseits, dass einem Hilfesuchenden, der keine Wohnung hat bzw. seine bisherige Wohnung aufgrund eines ihn hierzu verpflichtenden gerichtlichen Titels räumt, nicht zuzumuten ist, mit dem Bezug einer neuen Wohnung eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten, und zum anderen, dass der Hilfesuchende vom Grundsatz her nicht auf Möglichkeiten der Verhinderung von Wohnungslosigkeit verwiesen werden kann, die den Hilfesuchenden zwar vor einer etwaigen unfreiwilligen Obdachlosigkeit bewahren, aber nicht annähernd den durch § 22 SGB II gewährleisteten Standard erreichen. Es besteht daher ein Eilbedürfnis dafür, dass der Antragsteller, der seine bisherige Wohnung aufgrund eines Räumungsurteils räumen muss und dazu auch bereit ist, wieder eine angemessene Wohnung (und nicht etwa einen Platz in einer Notunterkunft) erhält. Ein Hilfebedürftiger darf (jedenfalls grundsätzlich) auch nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Absatz 136). Daher scheidet es auch aus, den Antragsteller auf eine etwaige Möglichkeit zu verweisen, bei Freunden unentgeltlich zu übernachten.
c) Ein Abwarten auf die Entscheidung des Hauptsacheverfahrens ist dem Antragsteller zudem auch deshalb nicht zuzumuten, weil nach der Lebenserfahrung nicht damit zu rechnen ist, dass die Wohnung noch bis dahin von der Vermieterin vorgehalten wird.
d) Die Eilbedürftigkeit fehlt nicht deshalb, weil die Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs. 4 SGB II) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung darstellt.
Die Zusicherung hat den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren erstmaliger Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so zu vermeiden, dass der Hilfebedürftige infolge einer nur teilweisen Übernahme von Kosten erneut in eine Notlage gerät (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Ein schützenswertes Interesse, die Kostentragung bereits vor dem Umzug durch ein auf Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zusicherung der Aufwendungen der neuen Unterkunft gerichtetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren klären zu lassen, ergibt sich hierbei auch aus der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2012, Az.: L 18 AS 367/12 B ER, nicht veröffentlicht). Wenn der Hilfesuchende darauf verwiesen werden könnte, die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Kosten der neuen Wohnung und die daraus folgende Höhe der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft erst nach Anmietung der Wohnung in einem auf (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu klären, könnte der gemäß § 22 Abs. 4 SGB II bestehende Anspruch auf Zusicherung in aller Regel nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Denn die Erteilung einer Zusicherung zu den künftigen Kosten der Unterkunft im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wäre dann von vornherein ausgeschlossen, ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren wäre regelmäßig vergeblich, da der (künftige) Vermieter die Wohnung regelmäßig nicht so lange vorhält und nach dem Wegfall des Wohnungsangebots kein Anspruch auf Zusicherung mehr besteht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 18 AS 424/12 B PKH, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2012, Az.: L 18 AS 367/12 B ER, nicht veröffentlicht). In diesen Fällen ist auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse regelmäßig nicht gegeben, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, d. h. der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 18 AS 424/12 B PKH, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
e) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die in Aussicht genommene Vermieterin kein bindendes Mietvertragsangebot abgegeben hat, sondern sich vorbehalten hat, nach Vorlage sämtlicher Unterlagen über die Vergabe der Wohnung zu entscheiden. Obwohl die Vermieterin den Abschluss eines Mietvertrags nicht erkennbar von der Zusicherung des Antragsgegners abhängig macht, erhöht die Zusicherung zu den Aufwendungen der Wohnung die Chancen des Antragstellers auf die Vergabe der Wohnung an ihn. Für die einen Vermieter typischerweise interessierende Frage, ob der Mieter zur Vertragserfüllung (vollständiger und pünktlicher Zahlung des Mietzinses) in der Lage ist, ist bei Arbeitslosengeld II-Empfängern regelmäßig von ausschlaggebender Bedeutung, ob das Jobcenter die Kosten der Unterkunft trägt. Dies gilt erst recht bei einem Mieter, der wie der Antragsteller erhebliche Mietschulden (gegenüber einem anderen Vermieter) aus dem vorangegangenen Mietverhältnis aufweist.
Eine Einwilligung des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner in die Zahlung der Miete unmittelbar an den Vermieter und eine daraufhin ergehende Bescheinigung des Antragsgegners, dies im Falle eines Mietvertrags tun zu wollen, ist zwar möglich (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und dürfte, wenn es zusätzlich zur Zusicherung erfolgt, die Chancen des Antragstellers auf Abschluss eines Mietvertrags auch weiter erhöhen, ist jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht einer Zusicherung gleichwertig, weil der Antragsgegner im vorliegenden Fall gerade bestreitet, zur Tragung der vollen Kosten der Unterkunft verpflichtet zu sein.
Dass es auch bei Vorliegen einer Zusicherung nicht sicher ist, ob die Vermieterin den Mietvertrag abschließen wird, ändert am Anordnungsgrund nichts. Wenn der Mietvertrag über die vom Antragsteller in Aussicht genommene Unterkunft nicht zustande kommen sollte, führt dies lediglich dazu, dass ihm keine Aufwendungen für diese Unterkunft entstehen (und dann natürlich auch keine Aufwendungen für diese Unterkunft vom Antragsgegner übernommen werden müssten).
f) Aus der im Wege einstweiligen Rechtsschutzes zugesprochenen Zusicherung folgt nur die vorläufige Pflicht zur Leistung der Mietkosten für die noch anzumietende Wohnung (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht). Jedenfalls zur Klarstellung war dies auch in den Verfügungssatz des Beschlusses aufzunehmen in der Form, dass eine Verpflichtung des Antragsgegners (nur) zur vorläufigen Zusicherung erfolgt (vgl. auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05.04.2012, Az.: L 7 AS 425/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht). Die vorläufige Verpflichtung zur Leistung der Mietkosten hindert daher den Antragsgegner nicht, bei der Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den jeweiligen Bewilligungszeitraum zu überprüfen, ob die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Maßstab des § 22 Abs. 1 SGB II angemessen sind. Derartiges kann der Antragsgegner entscheiden, wobei er allerdings jeweils bis zur Bestandskraft dieser Entscheidung (oder einer etwaigen Bestandskraft seiner Entscheidung vom 11.09.2012 über die Ablehnung der Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft) zur vorläufigen Weiterzahlung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung nach Maßgabe dieses Beschlusses verpflichtet bleibt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht).
Es ist nicht Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, die Hauptsache vorwegzunehmen, und ist daher auch nicht Zweck einer Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer Zusicherung, dem Antragsteller endgültig zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verhelfen und ihn vollständig vom Risiko des Umzugs zu entlasten. Wenn ein Antragsgegner aufgrund einer einstweiligen Anordnung Leistungen erbracht hat, steht ihm ein Rückgewähranspruch (bei Geldleistung Rückzahlungsanspruch, bei Sachleistungen Rückgabeanspruch) zu, sofern sich nachträglich herausstellt, dass dem Antragsteller die Leistung nicht zusteht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 49), und zwar unabhängig davon, ob das jeweilige materielle Recht eine vorläufige Leistungserbringung vorsieht oder nicht. Derjenige, dem es nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten, kann eine vorläufige Regelung erhalten, er kann aber, wie auch § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 Zivilprozessordnung (ZPO) zeigen, nicht verlangen, dass er aufgrund nur summarischer Prüfung endgültig und ohne eigenes Risiko die von ihm begehrte Leistung zugesprochen erhält.
5. Die Kostenentscheidung ergeht analog § 193 SGG und entspricht im Wesentlichen dem Ergebnis des Verfahrens. Der Antragsteller hat sein Rechtschutzziel weitgehend erreicht. Der Antragsgegner hat durch die Nichterteilung der Zusicherung Veranlassung zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben. Die Teilabweisung ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass eine einstweilige Anordnung nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes dient.
6. Dem Antragsteller ist nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist auch nicht mutwillig. Auch ist der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach den für die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltenden Grundsätzen hinreichende Aussicht auf Erfolg zuzubilligen.
Die teilweise Ablehnung des Antrags d. Klg. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergibt sich daraus, dass das Gericht dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rückwirkung frühestens ab dem Zeitpunkt beilegen konnte, in dem ihm der Antrag samt den erforderlichen Erklärungen und Unterlagen vorlag (Bundesgerichtshof – BGH –, Beschluss vom 06.12.1984, Az.: VII ZR 223/83, NJW 1985, 921 f.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 32. Aufl. 2011, § 119 Rdnr. 2-4).
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses beim
Sozialgericht Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstädter Chaussee 48, 15236 Frankfurt (Oder)
schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Försterweg 2 – 6, 14482 Potsdam
schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 SGG).
Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) i. d. F. vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.
Der Vorsitzende der 21. Kammer
Hain Richter am Sozialgericht
2. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
3. Der Antragsgegner hat dem Antragsteller die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
4. Dem Antragsteller wird für diesen Rechtszug für die Zeit ab 08.10.2012 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr. F D , I straße 00, 00000 B , beigeordnet. Ratenzahlungen sind nicht zu leisten.
5. Im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Gründe:
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung der Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung in der Allee 00, Wohnungsnummer , in 00000 E.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Insbesondere ist die Antragsbefugnis des Antragstellers zu bejahen und ist auch ein Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers gegeben.
a) Antragsbefugt ist, wer im Hauptsacheverfahren klagebefugt ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 8, 26c). Die Klagebefugnis ist gegeben, wenn der Kläger behauptet, dass er einen Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung habe (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 54 Rdnr. 9, 22, 39). Von diesen Grundsätzen ausgehend ist eine Antragsbefugnis des Antragstellers gegeben. Der Antragsteller macht ein mögliches eigenes Recht auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft geltend und nicht etwaige Ansprüche seiner Kinder auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft.
b) Auch das für die Zulässigkeit eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ebenso wie für die Zulässigkeit einer Klage erforderliche (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 26, 26b) allgemeine Rechtsschutzbedürfnis liegt – entgegen der Auffassung des Antragsgegners – vor.
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist eine ungeschriebene, aber allgemein anerkannte Prozessvoraussetzung, die aus dem Grundsatz folgt, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen darf oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht insbesondere dann nicht, wenn das angestrebte Ergebnis auf einfachere Weise erreicht werden kann oder wenn die begehrte gerichtliche Entscheidung unzweifelhaft die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des Klägers bzw. Antragstellers nicht verbessern würde (Keller in Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, Rdnr. 16, 16a vor § 51).
aa) Der Antragsteller kann das von ihm angestrebte Ergebnis – die Anmietung der Wohnung in der B Allee 00 in 00000 E und die Tragung der Miete durch den Antragsgegner – nicht einfacher dadurch erreichen, dass er die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anmietet und dann die Miete beim Antragsgegner geltend macht.
Zwar ist – was der Antragsgegner zutreffend als ständige Rechtsprechung bezeichnet – die Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs. 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch [SGB II]) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung. Es ist aber kein einfacherer Weg, die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anzumieten und dann im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zu beantragen. Dass der Antragsgegner bereit wäre, dann, wenn der Antragsteller die Wohnung ohne vorherige Zusicherung anmieten würde, die Kosten der Unterkunft und Heizung in vollem Umfang zu berücksichtigen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Die Zusicherung hat zudem den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren erstmaliger Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so zu vermeiden, dass der Hilfebedürftige infolge einer nur teilweisen Übernahme von Kosten erneut in eine Notlage gerät (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Es kommt im vorliegenden Fall hinzu, dass die in Aussicht genommene Vermieterin kein bindendes Mietvertragsangebot abgegeben hat, sondern sich vorbehalten hat, nach Vorlage sämtlicher Unterlagen über die Vergabe der Wohnung zu entscheiden. Die Chancen des Antragstellers, der kein auch nur annähernd bedarfsdeckendes Einkommen hat und ausweislich des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Eberswalde vom 26.09.2012, Az.: 0 C 000/12, erhebliche Mietschulden aufweist und somit nicht in der Lage sein dürfte, die von der Vermieter ausweislich des Wohnungsangebots grundsätzlich geforderte Mietschulden¬freiheits¬bescheinigung vorzulegen, dass die Vermieterin mit ihm einen Mietvertrag abschließt, erhöhen sich durch die Erteilung einer Zusicherung des Antragsgegners zu den Aufwendungen der Unterkunft.
bb) Der Antragsteller kann das von ihm angestrebte Ergebnis auch nicht dadurch erreichen, dass er sich an die kommunale Ordnungsbehörde wendet. Die Ordnungsbehörde wird nur zur Gefahrenabwehr tätig. Die Erbringung von Leistungen für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung ist nicht Aufgabe der kommunalen Ordnungsbehörde, sondern Aufgabe des Antragsgegners (vgl. §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, 44b SGB II).
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wesentlichen auch in der Sache begründet.
Das Gericht kann nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung ist, dass sowohl ein Anordnungsanspruch (d. h. ein nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung) als auch ein Anordnungsgrund (im Sinne einer Eilbedürftigkeit des Verfahrens) bestehen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO –), müssen also überwiegend wahrscheinlich sein. Wegen des vorläufigen Charakters einer einstweiligen Anordnung soll durch sie eine endgültige Entscheidung in der Hauptsache grundsätzlich nicht vorweggenommen werden. Bei seiner Entscheidung kann das Gericht grundsätzlich sowohl eine Folgenabwägung vornehmen wie auch eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache anstellen. Drohen aber ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, dann dürfen sich die Gerichte nur dann an den Erfolgsaussichten orientieren, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist. Ist dem Gericht dagegen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist in solchen Fällen allein anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (Bundesverfassungsgericht – BVerfG –, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, im Internet zu recherchieren unter http://www.bverfg.de/entscheidungen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.10.2006, Az. L 19 B 516/06 AS ER, im Internet zu recherchieren unter www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Das Gericht entscheidet im vorliegenden Fall nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Sowohl ein Anordnungsanspruch (nach der Rechtslage gegebener Anspruch auf die einstweilig begehrte Leistung; siehe nachfolgend 3.) als auch – bezüglich einer vorläufigen Zusicherung – ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit; siehe nachfolgend 4.) sind glaubhaft gemacht, also überwiegend wahrscheinlich.
3. Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Der Antragsteller hat nach summarischer Prüfung gegen den Antragsgegner einen Anspruch auf die Zusicherung zu den Aufwendungen der Unterkunft B Allee 00 in 00000 E.
Anspruchsgrundlage ist § 22 Abs. 4 SGB II. Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen (§ 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (§ 22 Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz SGB II).
a) Der Umzug ist jedenfalls nach summarischer Prüfung erforderlich.
Erforderlich im Sinne des § 22 Abs. 4 Satz 2 SGB II ist ein Umzug jedenfalls nach summarischer Prüfung dann, wenn der Umzug auf einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund beruht, durch den sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.01.2012, Az.: L 18 AS 1172/10, www.sozialgerichtsbarkeit.de, mit weiteren Nachweisen; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2011, Az.: L 34 AS 883/11 B ER, nicht veröffentlicht).
Der (laut Schriftsatz vom 15.10.2012 vom Antragsteller beabsichtigte) Auszug aus der bisher bewohnten Wohnung P Allee 00, 00000 E , ist wegen der erfolgreichen Räumungsklage der bisherigen Vermieterin (Versäumnisurteil des Amtsgerichts Eberswalde vom 26.09.2012, Az.: 0 C 000/12) erforderlich. Der beabsichtigte oder zwischenzeitlich bereits erfolgte Auszug macht auch die Anmietung einer neuen Wohnung erforderlich. Es ist einem Hilfebedürftigen nicht zuzumuten, auf die Anmietung einer eigenen Wohnung zu verzichten, sondern stattdessen unentgeltlich bei Freunden zu übernachten. Auch die Verweisung eines Hilfebedürftigen auf die Nutzung von Obdachlosenunterkünften scheidet aus (so bereits zur Sozialhilfe nach dem damaligen Bundessozialhilfegesetz Bundesverwaltungsgericht – BVerwG –, Urteil vom 30.05.1996, Az: 5 C 14/95, BVerwGE 101, 194 ff. = NJW 1996, 3427 f.). Sollte der Antragsteller zwischenzeitlich bereits den Auszug vorgenommen haben und in Ermangelung einer eigenen Wohnung bei Freunden unentgeltlich übernachten, so entfällt dadurch die Erforderlichkeit der Anmietung einer Wohnung nicht.
Es kann dahin stehen, ob es für die Erforderlichkeit des Umzugs genügt, wenn die Anmietung einer neuen Wohnung erforderlich ist oder ob gerade die Anmietung der konkret in Aussicht genommenen Wohnung erforderlich sein muss. Denn im vorliegenden Fall beruht auch die (beabsichtigte) Anmietung speziell der Wohnung B Allee 00 in 00000 E auf einem plausiblen, nachvollziehbaren und verständlichen Grund, durch den sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde, und ist somit erforderlich. Es handelt sich um eine 59,17 m² große Wohnung mit 2 ½ Räumen, die geeignet ist, den Unterkunftsbedarf des Antragstellers zu decken und dem Antragsteller auch die Ausübung seines Umgangsrechts mit seinen 4 und 6 Jahre alten Kindern zu ermöglichen. Die Nettokaltmiete beträgt 265,00 EUR, also 4,48 EUR pro tatsächlichem Quadratmeter, und überschreitet damit die nach Auffassung des Antragsgegners im unteren Mietpreissegmente ortsübliche Kaltmiete von 4,50 EUR/m² nicht. Die Aufwendungen für die Wohnung sind (wie nachfolgend unter Buchstabe b ausgeführt wird) nach summarischer Prüfung auch insgesamt angemessen. Zudem ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass dem Antragsteller derzeit weitere Wohnungsangebote vorliegen oder dass in E günstigere dem Antragsteller zumutbare Wohnungen aktuell anmietbar sind.
b) Die Aufwendungen für die Wohnung B Allee 00 in 00000 E , die der Antragsteller anmieten will, sind jedenfalls nach summarischer Prüfung angemessen.
aa) Die Kosten der Unterkunft werden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind. Damit lässt sich der Gesetzgeber – anders als bei der pauschalierten Regelleistung – bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach. Die Angemessenheitsprüfung ist nicht ins Belieben der Verwaltung gestellt. Vielmehr sind weitere Konkretisierungen erforderlich, die schon auf Grund des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien erfolgen müssen. Zum anderen fordert das Rechtsstaatsprinzip die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (Bundessozialgericht – BSG –, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 12, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
bb) Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach der Rechtsprechung des BSG in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist (BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 13, 17 und Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de). Sodann ist zu ermitteln, wie viel für eine angemessene Wohnung auf dem für den Hilfebedürftigen maßgeblichen Wohnungsmarkt im streitgegenständlichen Zeitraum aufzuwenden gewesen ist. Die angemessenen Unterkunftskosten bestimmen sich danach, welche Aufwendungen nach den maßgeblichen örtlichen Verhältnissen für eine nach Wohnfläche und Mietzins zur Bedarfsdeckung geeignete Unterkunft entstehen würden, so dass sich die angemessene Höhe der Unterkunftskosten als Produkt aus der für die Hilfebedürftigen abstrakt angemessenen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter ergibt (vgl. BSG, Urteile vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, Rdnr. 24, BSGE 97, 231 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, und Az. B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, BSGE 97, 254 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr 3 = SGb 2007, 543 ff., Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 17, Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, mit weiteren Nachweisen, und Urteile vom 19.10.2010, B 14 AS 65/09 R, Rdnr. 21, B 14 AS 2/10, Rdnr. 16, und B 14 AS 50/10 R, Rdnr. 20, www.sozialgerichtsbarkeit.de; sog. Produkttheorie).
cc) Die Frage nach der grundsicherungsrechtlich angemessenen Wohnfläche kann dabei anhand der Kriterien der Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau nach den hierfür geltenden Verwaltungsvorschriften der Länder beantwortet werden (BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 10/06 R, Rdnr. 24, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R, Rdnr. 20, BSGE 97, 254 ff., Urteil vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rdnr. 14, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 18/09 R, Rdnr. 14, und Urteil vom 23.03.2010, B 8 SO 24/08 R, Rdnr. 15; alle www.sozialgerichtsbarkeit.de). Dabei handelt es sich in Brandenburg um Nr. I 4.1 Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zum Wohnraumförderungs- und Wohnungsbindungsgesetz vom 15.10.2002 – VV-WoFGWoBindG – zu § 10 Wohnraumförderungsgesetz – WoFG –, der den früheren § 5 Abs. 2 WoBindG abgelöst hat. Hieraus ergibt sich für einen Einpersonenhaushalt grundsätzlich eine Wohnfläche von 50 m².
Bei dem Haushalt, den der Antragsteller in der von ihm anzumietenden Wohnung führen will, handelt es sich um einen Einpersonenhaushalt (und nicht um einen Dreipersonenhaushalt, für den sich eine Wohnfläche von 80 m² ergäbe), weil sich seine beiden Kinder – auch im Falle des Bezuges der neuen Wohnung durch den Antragsteller – überwiegend im Haushalt der Kindesmutter und nur in zeitlich geringerem Umfang im Haushalt des Antragstellers aufhalten werden.
Dies schließt jedoch nicht aus, die für einen Einpersonenhaushalt maßgebende Wohnfläche wegen des Umstandes, dass sich die Kinder des Antragstellers voraussichtlich mit einer gewissen Regelmäßigkeit an zwei bis drei Tagen pro Woche beim Antragsteller aufhalten werden, angemessen zu erhöhen.
Ob und wie es sich auf die Höhe der vom Grundsicherungsträger zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft und Heizung auswirkt, wenn in Ausübung des Umgangsrechts durch den Hilfebedürftigen ein Kind mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnt (sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft), ist in der Rechtsprechung umstritten (vgl. hierzu neben den vom Antragsteller benannten Entscheidungen [Sozialgericht Aachen, Urteil vom 19.11.2007, S 14 AS 80/07 und Sozialgericht Dortmund, Beschluss vom 28.12.2010, S 22 AS 5857/10 ER, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de] insbesondere Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 04.01.2012, L 11 AS 635/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de, mit weiteren Nachweisen).
Nach summarischer Prüfung wird durch das Bestehen einer temporären Bedarfsgemeinschaft kein eigener Anspruch des Kindes auf Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm zeitweise mitgenutzte Wohnung begründet, sondern der der Besonderheit der Umstände des Einzelfalls angemessene Umfang der Aufwendungen des umgangsberechtigten Elternteils für Unterkunft und Heizung (und somit der vom Grundsicherungsträger nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigende Bedarf des umgangsberechtigten Elternteils für Unterkunft und Heizung) kann sich erhöhen. Die entstehenden Mehraufwendungen dienen nicht in erster Linie der Deckung des Unterkunftsbedarfs des Kindes, das bereits beim anderen Elternteil über eine Unterkunft verfügt, sondern der Ausübung des Umgangsrechts. Sie entstehen auch für die Zeiten, in denen sich das Kind nicht in der Wohnung aufhält, und sind auch nicht vom Kind, sondern vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragen. Auch der vorliegend nicht anwendbare § 22b Abs. 3 (Satz 1 und Satz 2 Nr. 2) SGB II zeigt, dass auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers Personen wegen der Ausübung ihres Umgangsrechts einen erhöhten Raumbedarf haben können.
Nach summarischer Prüfung ist unter Berücksichtigung der Anzahl und des Alters der Kinder und der Dauer und Häufigkeit ihres Aufenthalts die für den Antragsteller grundsicherungsrechtlich angemessene Wohnfläche von der für einen Einpersonenhaushalt grundsätzlich angemessenen Wohnfläche von 50 m² um 10 m² auf 60 m² zu erhöhen. Dadurch, dass die 4 und 6 Jahre alten Kinder des Antragstellers jede Woche die Wohnung an 2 bis 3 Tagen mitnutzen werden, wird gegenüber einem Alleinstehenden, der kein Umgangsrecht ausübt, zusätzlicher Platz benötigt. Dass auch für drei Personen je nach dem Zuschnitt der Wohnung auch eine Wohnfläche von weniger als 60 m² ausreichen kann, steht dem nicht entgegen, da es sich bei den angemessenen Wohnflächen stets um Höchstgrenzen handelt, deren Überschreitung nur (nach der oben bei Buchstabe a dargestellten Produkttheorie) durch eine Unterschreitung des nach den örtlichen Verhältnissen (maximal) angemessenen Mietzinses pro Quadratmeter ausgeglichen werden kann.
dd) Als räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgebend. Ein Umzug in einen anderen Wohnort, der mit einer Aufgabe des sozialen Umfeldes verbunden wäre, kann von ihm im Regelfall nicht verlangt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich der räumliche Vergleichsmaßstab strikt am kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" nach dem jeweiligen landesrechtlichen Kommunalrecht orientieren muss. Bei der Bildung des räumlichen Vergleichsmaßstabs kann es – insbesondere im ländlichen Raum – geboten sein, größere Gebiete als Vergleichsgebiete zusammenzufassen, während in größeren Städten andererseits eine Unterteilung in mehrere kleinere Vergleichsgebiete, die kommunalverfassungsrechtlich keine selbständigen Einheiten darstellen, geboten sein kann. Entscheidend ist es, für die repräsentative Bestimmung des Mietpreisniveaus ausreichend große Räume der Wohnbebauung zu beschreiben, die auf Grund ihrer räumlichen Nähe zueinander, ihrer Infrastruktur und ihrer verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Bundessozialgericht unter anderem für eine Stadt mit ca. 53.000 Einwohnern (Nordhorn in Niedersachsen, BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 33/08 R, Rdnr. 20, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und für eine Stadt mit ca. 35.000 Einwohnern (Zweibrücken in Rheinland-Pfalz, BSG, Urteil vom 20.08.2009, B 14 AS 65/08 R, Rdnr. 15, und Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 73/08 R, Rdnr. 21, beide www.sozialgerichtsbarkeit.de) entschieden, dass das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab für den Mietwohnungsstandard bildet. Ebenfalls in Anwendung der genannten Grundsätze hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) für die Stadt E mit ca. 42.000 Einwohnern (unter anderem Urteil vom 02.09.2010, S 21 AS 323/07, und Urteil vom 30.05.2012, S 28 AS 3255/10, beide nicht veröffentlicht) bereits entschieden, dass das Gebiet der Stadt insgesamt den räumlichen Vergleichsmaßstab für den Mietwohnungsstandard bildet.
ee) Wie viel für eine Wohnung von 60 m² auf dem für den Antragsteller maßgeblichen Wohnungsmarkt (E ) aufzuwenden ist, kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Auch wenn man die vom Antragsgegner als angemessen angenommene Nettokaltmiete von 4,50 EUR/m² ansetzt, wird die hieraus für eine Wohnung von 60 m² sich ergebende Miete von monatlich 270,00 EUR durch die tatsächliche Nettokaltmiete von monatlich 265,00 EUR nicht überschritten. Die Angemessenheit der Vorauszahlungen auf die kalten Betriebskosten von monatlich 70,00 EUR (2 x 35,00 EUR), also 1,17 EUR/m², ist von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden. Da keine durchgreifenden Zweifel an der Angemessenheit sowohl der Nettokaltmiete als auch an der Angemessenheit der kalten Betriebskosten bestehen, sind auch – worauf es insoweit ankommt – die Kosten der Unterkunft insgesamt bei summarischer Prüfung angemessen. Auch die gesondert von der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu prüfende Angemessenheit der Heizkostenvorauszahlungen von monatlich 85,00 EUR, also 1,42 EUR/m², ist von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden, so dass auch die Heizkostenvorauszahlungen bei summarischer Prüfung angemessen sind. Die Zusicherung zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft nach § 22 Abs. 4 SGB II hat sich bei summarischer Prüfung dann, wenn – wie hier – die Heizkostenvorauszahlungen aus dem Wohnungsangebot hervorgehen, so dass damit zu rechnen ist, dass sie auch im Mietvertrag vereinbart werden, nicht nur auf die eigentlichen Kosten der Unterkunft, sondern auch auf die Angemessenheit der Kosten der Heizung zu erstrecken. Nur so kann ein Hilfebedürftiger einschätzen, ob er die Wohnung anmieten kann, ohne einen Teil der Kosten für die Wohnung selbst tragen zu müssen.
c) Wenn der Antragsteller aus der bisherigen Wohnung bereits ausgezogen ist, steht dies seinem Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung nicht entgegen. Die Einholung einer Zusicherung soll nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft, also nicht zwingend vor dem Auszug aus der bisherigen Wohnung, erfolgen. Der Antragsteller hat einen Vertrag über die neue Unterkunft noch nicht abgeschlossen.
4. Ein Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit) ist in Bezug auf die Erteilung einer vorläufigen Zusicherung glaubhaft gemacht. In Bezug auf die Erteilung einer endgültigen Zusicherung ist ein Anordnungsgrund hingegen nicht glaubhaft gemacht.
a) Ein Anordnungsgrund ist nur gegeben, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Personen, nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Zudem ergibt sich aus dem Wesen des einstweiligen Rechtsschutzes und dem Wortlaut des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG ("eines vorläufigen Zustandes"), dass eine einstweilige Anordnung grundsätzlich eine endgültige Entscheidung nicht vorweg nehmen darf.
Im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes kann es ausnahmsweise erforderlich sein, der Entscheidung in der Hauptsache vorzugreifen, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar wäre und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre, insbesondere diesem wegen des Nichterfüllens dieses Anspruchs schwere, die Existenz gefährdende und anders nicht abwendbare Nachteile drohen. Dies ist bei existenzsichernden Leistungen zum Lebensunterhalt, wenn es um größere Beträge geht, regelmäßig – d. h. abgesehen von besonders liegenden Ausnahmefällen – der Fall.
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Die Beeinträchtigung dadurch, dass während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt ist, kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht (Bundesverfassungsgericht – BVerfG – Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Absatz 18 und 27, www.bverfg.de).
Dies gilt jedoch für das zum Leben Unerlässliche. Die Gerichte können im Eilverfahren über Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums, z. B. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, Az.: 1 BvR 569/05, Absatz 25).
b) Die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums umfasst auch Unterkunft und Heizung und wird in Bezug auf diese durch § 22 SGB II umgesetzt (vgl. BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Absätze 135, 136, 147, 148, www.bverfg.de). Daraus ergibt sich einerseits, dass einem Hilfesuchenden, der keine Wohnung hat bzw. seine bisherige Wohnung aufgrund eines ihn hierzu verpflichtenden gerichtlichen Titels räumt, nicht zuzumuten ist, mit dem Bezug einer neuen Wohnung eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren abzuwarten, und zum anderen, dass der Hilfesuchende vom Grundsatz her nicht auf Möglichkeiten der Verhinderung von Wohnungslosigkeit verwiesen werden kann, die den Hilfesuchenden zwar vor einer etwaigen unfreiwilligen Obdachlosigkeit bewahren, aber nicht annähernd den durch § 22 SGB II gewährleisteten Standard erreichen. Es besteht daher ein Eilbedürfnis dafür, dass der Antragsteller, der seine bisherige Wohnung aufgrund eines Räumungsurteils räumen muss und dazu auch bereit ist, wieder eine angemessene Wohnung (und nicht etwa einen Platz in einer Notunterkunft) erhält. Ein Hilfebedürftiger darf (jedenfalls grundsätzlich) auch nicht auf freiwillige Leistungen des Staates oder Dritter verwiesen werden, deren Erbringung nicht durch ein subjektives Recht des Hilfebedürftigen gewährleistet ist (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Absatz 136). Daher scheidet es auch aus, den Antragsteller auf eine etwaige Möglichkeit zu verweisen, bei Freunden unentgeltlich zu übernachten.
c) Ein Abwarten auf die Entscheidung des Hauptsacheverfahrens ist dem Antragsteller zudem auch deshalb nicht zuzumuten, weil nach der Lebenserfahrung nicht damit zu rechnen ist, dass die Wohnung noch bis dahin von der Vermieterin vorgehalten wird.
d) Die Eilbedürftigkeit fehlt nicht deshalb, weil die Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs. 4 SGB II) keine Voraussetzung für einen Anspruch auf die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung darstellt.
Die Zusicherung hat den Zweck, über die Angemessenheit der Unterkunftskosten vor deren erstmaliger Entstehung eine Entscheidung herbeizuführen und so zu vermeiden, dass der Hilfebedürftige infolge einer nur teilweisen Übernahme von Kosten erneut in eine Notlage gerät (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Ein schützenswertes Interesse, die Kostentragung bereits vor dem Umzug durch ein auf Verpflichtung des Antragsgegners zur vorläufigen Zusicherung der Aufwendungen der neuen Unterkunft gerichtetes einstweiliges Rechtsschutzverfahren klären zu lassen, ergibt sich hierbei auch aus der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2012, Az.: L 18 AS 367/12 B ER, nicht veröffentlicht). Wenn der Hilfesuchende darauf verwiesen werden könnte, die Erforderlichkeit des Umzugs und die Angemessenheit der Kosten der neuen Wohnung und die daraus folgende Höhe der zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft erst nach Anmietung der Wohnung in einem auf (höhere) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gerichteten einstweiligen Rechtsschutzverfahren zu klären, könnte der gemäß § 22 Abs. 4 SGB II bestehende Anspruch auf Zusicherung in aller Regel nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Denn die Erteilung einer Zusicherung zu den künftigen Kosten der Unterkunft im einstweiligen Rechtsschutzverfahren wäre dann von vornherein ausgeschlossen, ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren wäre regelmäßig vergeblich, da der (künftige) Vermieter die Wohnung regelmäßig nicht so lange vorhält und nach dem Wegfall des Wohnungsangebots kein Anspruch auf Zusicherung mehr besteht (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 18 AS 424/12 B PKH, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24.02.2012, Az.: L 18 AS 367/12 B ER, nicht veröffentlicht). In diesen Fällen ist auch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse regelmäßig nicht gegeben, weil jedwede Zusicherung der Übernahme von Unterkunftskosten immer von den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall, d. h. der zum Zeitpunkt der begehrten Zusicherung bestehenden Sachlage, abhängt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08.08.2012, Az.: L 18 AS 424/12 B PKH, www.sozialgerichtsbarkeit.de).
e) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die in Aussicht genommene Vermieterin kein bindendes Mietvertragsangebot abgegeben hat, sondern sich vorbehalten hat, nach Vorlage sämtlicher Unterlagen über die Vergabe der Wohnung zu entscheiden. Obwohl die Vermieterin den Abschluss eines Mietvertrags nicht erkennbar von der Zusicherung des Antragsgegners abhängig macht, erhöht die Zusicherung zu den Aufwendungen der Wohnung die Chancen des Antragstellers auf die Vergabe der Wohnung an ihn. Für die einen Vermieter typischerweise interessierende Frage, ob der Mieter zur Vertragserfüllung (vollständiger und pünktlicher Zahlung des Mietzinses) in der Lage ist, ist bei Arbeitslosengeld II-Empfängern regelmäßig von ausschlaggebender Bedeutung, ob das Jobcenter die Kosten der Unterkunft trägt. Dies gilt erst recht bei einem Mieter, der wie der Antragsteller erhebliche Mietschulden (gegenüber einem anderen Vermieter) aus dem vorangegangenen Mietverhältnis aufweist.
Eine Einwilligung des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner in die Zahlung der Miete unmittelbar an den Vermieter und eine daraufhin ergehende Bescheinigung des Antragsgegners, dies im Falle eines Mietvertrags tun zu wollen, ist zwar möglich (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.07.2011, Az.: L 5 AS 956/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de) und dürfte, wenn es zusätzlich zur Zusicherung erfolgt, die Chancen des Antragstellers auf Abschluss eines Mietvertrags auch weiter erhöhen, ist jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb nicht einer Zusicherung gleichwertig, weil der Antragsgegner im vorliegenden Fall gerade bestreitet, zur Tragung der vollen Kosten der Unterkunft verpflichtet zu sein.
Dass es auch bei Vorliegen einer Zusicherung nicht sicher ist, ob die Vermieterin den Mietvertrag abschließen wird, ändert am Anordnungsgrund nichts. Wenn der Mietvertrag über die vom Antragsteller in Aussicht genommene Unterkunft nicht zustande kommen sollte, führt dies lediglich dazu, dass ihm keine Aufwendungen für diese Unterkunft entstehen (und dann natürlich auch keine Aufwendungen für diese Unterkunft vom Antragsgegner übernommen werden müssten).
f) Aus der im Wege einstweiligen Rechtsschutzes zugesprochenen Zusicherung folgt nur die vorläufige Pflicht zur Leistung der Mietkosten für die noch anzumietende Wohnung (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht). Jedenfalls zur Klarstellung war dies auch in den Verfügungssatz des Beschlusses aufzunehmen in der Form, dass eine Verpflichtung des Antragsgegners (nur) zur vorläufigen Zusicherung erfolgt (vgl. auch Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 05.04.2012, Az.: L 7 AS 425/11 B ER, www.sozialgerichtsbarkeit.de; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht). Die vorläufige Verpflichtung zur Leistung der Mietkosten hindert daher den Antragsgegner nicht, bei der Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den jeweiligen Bewilligungszeitraum zu überprüfen, ob die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Maßstab des § 22 Abs. 1 SGB II angemessen sind. Derartiges kann der Antragsgegner entscheiden, wobei er allerdings jeweils bis zur Bestandskraft dieser Entscheidung (oder einer etwaigen Bestandskraft seiner Entscheidung vom 11.09.2012 über die Ablehnung der Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen der neuen Unterkunft) zur vorläufigen Weiterzahlung der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung nach Maßgabe dieses Beschlusses verpflichtet bleibt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.08.2008, Az.: L 10 B 1486/08 AS ER, nicht veröffentlicht).
Es ist nicht Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, die Hauptsache vorwegzunehmen, und ist daher auch nicht Zweck einer Verpflichtung des Antragsgegners im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erteilung einer Zusicherung, dem Antragsteller endgültig zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu verhelfen und ihn vollständig vom Risiko des Umzugs zu entlasten. Wenn ein Antragsgegner aufgrund einer einstweiligen Anordnung Leistungen erbracht hat, steht ihm ein Rückgewähranspruch (bei Geldleistung Rückzahlungsanspruch, bei Sachleistungen Rückgabeanspruch) zu, sofern sich nachträglich herausstellt, dass dem Antragsteller die Leistung nicht zusteht (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2012, § 86b Rdnr. 49), und zwar unabhängig davon, ob das jeweilige materielle Recht eine vorläufige Leistungserbringung vorsieht oder nicht. Derjenige, dem es nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten, kann eine vorläufige Regelung erhalten, er kann aber, wie auch § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 945 Zivilprozessordnung (ZPO) zeigen, nicht verlangen, dass er aufgrund nur summarischer Prüfung endgültig und ohne eigenes Risiko die von ihm begehrte Leistung zugesprochen erhält.
5. Die Kostenentscheidung ergeht analog § 193 SGG und entspricht im Wesentlichen dem Ergebnis des Verfahrens. Der Antragsteller hat sein Rechtschutzziel weitgehend erreicht. Der Antragsgegner hat durch die Nichterteilung der Zusicherung Veranlassung zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegeben. Die Teilabweisung ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass eine einstweilige Anordnung nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes dient.
6. Dem Antragsteller ist nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Er kann nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist auch nicht mutwillig. Auch ist der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach den für die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltenden Grundsätzen hinreichende Aussicht auf Erfolg zuzubilligen.
Die teilweise Ablehnung des Antrags d. Klg. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergibt sich daraus, dass das Gericht dem Beschluss über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rückwirkung frühestens ab dem Zeitpunkt beilegen konnte, in dem ihm der Antrag samt den erforderlichen Erklärungen und Unterlagen vorlag (Bundesgerichtshof – BGH –, Beschluss vom 06.12.1984, Az.: VII ZR 223/83, NJW 1985, 921 f.; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar, 32. Aufl. 2011, § 119 Rdnr. 2-4).
Rechtsmittelbelehrung:
Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Beschlusses beim
Sozialgericht Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstädter Chaussee 48, 15236 Frankfurt (Oder)
schriftlich, in elektronischer Form oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Försterweg 2 – 6, 14482 Potsdam
schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 173 SGG).
Die elektronische Form wird durch eine qualifizierte signierte Datei gewahrt, die nach den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr im Land Brandenburg vom 14. Dezember 2006 (GVBl. II S. 558) i. d. F. vom 1. Oktober 2007 (GVBl. II S. 425) in die elektronische Poststelle des jeweiligen Gerichts zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zu den Kommunikationswegen für den elektronischen Rechtsverkehr können unter der Internetadresse www.erv.brandenburg.de abgerufen werden.
Der Vorsitzende der 21. Kammer
Hain Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
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