L 1 B 321/06 KR-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 258/06 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 321/06 KR-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wenn ein Arbeitgeber (Transportunternehmer) seinen Arbeitnehmern (Fahrern) ihnen gegenüber wegen Straßenverkehrsverstößen ausgesprochene Verwarnungs- und Bußgelder bezahlt, die aus ihrer Tätigkeit als Arbeitnehmer resultieren, handelt es sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 16. August 2006 wird zurückgewiesen. II. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.207,80 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

In der Hauptsache streiten die Beteiligten über eine Nachforderung von Sozialversiche-rungsbeiträgen.

Der Beschwerdeführer ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners B. als Inhaber der Firma "Transporte und Baustoffhandel B ... e. K." (im Folgenden: der Schuldner). In diesem Betrieb waren ca. 70 Arbeitnehmer beschäftigt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung der Firma "Transporte und Baustoffhandel B. e. K." nach § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) in der Zeit vom 01.09.2004 bis 23.11.2004 ermittelte die Landesversicherungsanstalt Thüringen, die Rechtsvorgängerin der Beschwerdegegnerin, für den Prüfzeitraum vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 13.229,32 EUR.

Während der Schlussbesprechung am 07.10.2004 über die durchgeführte Betriebsprüfung wies die Beklagte den Schuldner unter anderem darauf hin, Bußgelder, die vom Arbeitge-ber übernommen würden, seien beitragspflichtig. Mit dieser Schlussbesprechung gelte die Anhörung nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) als durchgeführt.

Mit Schreiben vom 07.10.2004 bat die Landesversicherungsanstalt Thüringen den Schuld-ner, "anhand des Sachkontos 4101 Sonstige Lohnkosten (Bußgelder) der Jahre 2000 bis 2003 eine Aufstellung zu fertigen, aus der hervorgeht, für welchen Arbeitnehmer in wel-cher Höhe Geldbußen übernommen wurden." In den Fällen, in denen keine namentliche Zuordnung der Beträge möglich sei, würden die übernommenen Bußgelder als Summenbe-scheid nach § 28 f Abs. 2 SGB IV nachberechnet.

Durch Schreiben vom 21.10.2004 teilte der Schuldner der Landesversicherungsanstalt Thüringen mit, es sei nicht möglich, eine namentliche Zuordnung der Beträge auf dem Sachkonto 4101 "Sonstige Lohnkosten" der Jahre 2000 bis 2003 vorzunehmen.

Mit Bescheid vom 30.11.2004 forderte die Landesversicherungsanstalt Thüringen den Schuldner zur Zahlung des Betrags in Höhe von 13.229,32 EUR auf. Ausweislich der Anlagen über die Berechnung der Beiträge zu diesem Bescheid entfiel ein Betrag in Höhe von 12.831,19 EUR auf vom Arbeitgeber übernommene Bußgelder der Arbeitnehmer. Im Einzel-nen machte die Landesversicherungsanstalt Thüringen für die AOK – Die Gesundheitskas-se – in Thüringen (Beigeladene zu 1) einen Betrag in Höhe von 7.040,76 EUR, für die In-nungskrankenkasse Thüringen (Beigeladene zu 2) einen Betrag in Höhe von 478,11 EUR, für die Betriebskrankenkasse für Heilberufe (Beigeladene zu 3) einen Betrag in Höhe von 430,88 EUR, für die mhplus Betriebskrankenkasse (Beigeladene zu 4) einen Betrag in Höhe von 425,56 EUR, für die Deutsche Angestellten Krankenkasse (Beigeladene zu 5) einen Be-trag in Höhe von 2.474,29 EUR, für die Kaufmännische Krankenkasse (Beigeladene zu 6) ei-nen Betrag in Höhe von 1.579,31 EUR und für die Barmer Ersatzkasse Krankenversicherungs-träger (Beigeladene zu 7) einen Betrag in Höhe von 402,28 EUR geltend. Unter "Sachverhalt" findet sich jeweils die Angabe: "vom Arbeitgeber übernommene Bußgelder der Arbeit-nehmer sind beitragspflichtig, eine namentliche Zuordnung ist nicht möglich (Gesamtbe-trag lt. Sachkonto 4101: [jeweiliger Betrag])".

Hiergegen legte der Schuldner am 20.12.2004 mit der Begründung Widerspruch ein, ein beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen VI R 26/00 (ausweislich des Schreibens des Steuerberaters des Schuldners vom 10.09.2002 gemeint: VI R 29/00) an-hängiges Verfahren bezüglich vom Arbeitgeber übernommener Bußgelder sei noch nicht abgeschlossen. Außerdem werde beantragt, im Hinblick auf den Beschluss des Thüringer Finanzgerichts vom 12.09.2002 mit dem Aktenzeichen II 455/02 "den Vollzug des oben genannten Bescheides ruhen zu lassen". Gleichzeitig werde ein "Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung" gestellt.

Mit Schreiben vom 08.03.2005 lehnte die Landesversicherungsanstalt Thüringen den An-trag auf Aussetzung der Vollziehung des Schuldners ab, weil die Voraussetzungen von § 86 a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht vorlägen.

Allerdings stellte sie das Widerspruchsverfahren bis zur Entscheidung des Thüringer Fi-nanzgerichts in dem Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen II 455/02 ruhend (Schreiben vom 15.04.2005).

Am 12.04.2005 beantragte der Schuldner beim Sozialgericht Meiningen unter dem Akten-zeichen S 10 R 565/05 ER die "Aussetzung der Vollziehung" in Bezug auf die festgesetz-ten Sozialversicherungsbeiträge für erhobene Bußgelder in Höhe von insgesamt 13.022,51 EUR.

Mit Beschluss vom 20.07.2005 lehnte das Sozialgericht Meiningen diesen Antrag mit der Begründung ab, die Übernahme von Buß-/Verwarnungsgeldern durch den Arbeitgeber stelle grundsätzlich Arbeitslohn dar, welcher beitragspflichtig sei. Die insoweit abwei-chende Entscheidung des BFH (gemeint: Urteil vom 07.07.2004 – VI R 29/00) beruhe aus-drücklich auf den Besonderheiten des dortigen Streitfalles.

Durch Beschluss vom 20.07.2005 erlegte das Thüringer Finanzgericht unter dem neuen Aktenzeichen II 473/05 (vormals II 455/02) dem Finanzamt Rudolstadt die Kosten des Verfahrens bezüglich des gegenüber dem Schuldner ergangenen Haftungsbescheides für Lohnsteuer für die Jahre 1996 bis 1999 auf.

Unter Bezugnahme auf diesen Beschluss legte der Schuldner am 29.08.2005 Beschwerde beim Sozialgericht Meiningen gegen dessen Beschluss vom 20.07.2005 ein.

Die Beschwerde wurde beim Thüringer Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen L 2 R 671/05 ER geführt. Ausweislich des Aktenvermerks in der Akte des Sozialgerichts Leipzig mit dem Aktenzeichen KR 258/06 ER vom 14.07.2006 war zu diesem Zeitpunkt über die Beschwerde noch keine Entscheidung ergangen. Zwischenzeitlich wurde dieses Verfahren nach Angabe der Beschwerdegegnerin "analog § 19 Abs. 1 Buchstabe c und d der Aktenordnung für die Sozialgerichtsbarkeit in Thüringen als erledigt angesehen". Bei entsprechendem Antrag der Beteiligten könne es wieder aufgenommen werden. Der Be-schwerdeführer hat darauf hingewiesen, das Verfahren sei infolge der Eröffnung des Insol-venzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gemäß § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen worden.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Gera vom 02.01.2006 wurde über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Verwalter be-stellt. Dessen Wohnsitz befindet sich in Leipzig.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2006 wies die Beschwerdegegnerin, die Rechts-nachfolgerin der Landesversicherungsanstalt Thüringen, den Widerspruch des Schuldners gegen den Bescheid vom 30.11.2004 zurück. Zur Begründung führte die Beschwerdegeg-nerin unter anderem aus, die übernommenen Geldbußen und Verwarnungsgelder in Höhe von 12.831,19 EUR seien Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung und unterlägen so-mit der Beitragspflicht. Die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für diesen Sachverhalt sei als Summenbescheid gemäß § 28 f Abs. 2 SGB IV erfolgt, da eine namentliche Zuordnung der übernommenen Beträge auf die einzelnen Arbeitnehmer we-gen Verletzung der Aufzeichnungspflichten und mangels Vorlage entsprechender Unterla-gen durch den Widerspruchsführer nicht möglich gewesen sei. Das Urteil des BFH vom 07.07.2004 (VI R 29/00) habe ausdrücklich auf die "Besonderheiten des Streitfalls" abge-stellt. Es handele sich dabei um eine Einzelfallentscheidung, die auf den strittigen Sach-verhalt nicht übertragbar sei. Folglich stelle die Übernahme der Bußgelder vorliegend bei-tragspflichtiges Arbeitsentgelt dar, weil der Arbeitnehmer allein Schuldner der Bußgelder sei. Die Verfehlungen gegen die Straßenverkehrsordnung seien ausschließlich dem Be-schäftigten zuzuschreiben. Durch die Zahlung der Bußgelder seitens des Arbeitgebers wer-de eine fremde Schuld beglichen. Der Beschäftigte erlange durch diese Entlastung einen geldwerten Vorteil, welcher der Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterliege.

Dagegen hat der Beschwerdeführer am 28.02.2006 Klage beim Sozialgericht Altenburg erhoben, soweit durch den angegriffenen Beitragsbescheid Beiträge in Höhe von 12.831,19 EUR festgesetzt worden sind, und außerdem insoweit einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt, der unter dem Aktenzeichen S 9 R 766/06 ER ge-führt worden ist. Zur Begründung seiner Klage hat er vorgetragen, im Bereich des Trans-portgewerbes zwinge das Kundenverhalten den jeweiligen Speditionsunternehmer zu einer sehr knappen Terminierung. Verspätete Lieferungen führten zu Kundenverlust, Preisabzü-gen und Vertragsstrafen. Der Schuldner habe deshalb zur Vermeidung von Nachteilen für sein Transportunternehmen die seinen Arbeitnehmern auferlegten Geldbußen wegen Geschwindigkeits-, Tonnage- oder Lenkzeitüberschreitungen übernommen. Der Anlass zur Überschreitung der gesetzlichen Limits sei somit aufgrund von betrieblichen Zwängen vom Schuldner ausgegangen. Dieser habe bei der Übernahme der Geldbußen allerdings genau danach differenziert, ob sie betrieblich veranlasst gewesen seien. Beispielsweise habe er bei Geschwindigkeitsüberschreitungen auf dem Heimweg des jeweiligen Arbeit-nehmers die verhängten Geldstrafen nicht übernommen. Dies gelte ebenso für Geschwin-digkeitsverstöße innerhalb geschlossener Ortschaften. Nach §§ 14, 17 SGB IV in Verbin-dung mit § 1 der Arbeitsentgeltverordnung richte sich die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt grundsätzlich nach dem Steuerrecht. Der BFH habe in sei-ner Entscheidung vom 07.07.2004 (VI R 29/00) entschieden, dass solche Vorteile des Ar-beitnehmers nicht als Arbeitslohn anzusehen seien, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung be-triebsfunktionaler Zielsetzungen erwiesen. Vorteile besäßen danach keinen Arbeitslohn-charakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt würden. So liege es auch hier, weil der Schuldner die verhängten Buß- und Ver-warnungsgelder im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse aus Gründen der Konkur-renzfähigkeit übernommen habe. Dementsprechend habe das Finanzamt Rudolstadt nach Erlass des Urteils des BFH vom 07.07.2004 auch die – bezüglich der vom Schuldner in der Zeit von 1996 bis 1999 übernommenen Bußgelder erlassenen – Haftungsbescheide für Lohnsteuer für die Jahre 1996 bis 1999 zurückgenommen.

Zur Begründung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat der Beschwerdeführer vorgetragen, es müsse beachtet werden, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet worden sei. Die ohne Anordnung der aufschiebenden Wirkung bestehende Zahlungsverpflichtung des Schuldners führe - insbe-sondere vor dem Hintergrund der Rechtswidrigkeit des Bescheides - zu einer nicht zu rechtfertigenden Härte für den Schuldner und gefährde darüber hinaus die derzeitige Fort-führung des Unternehmens.

Die Beschwerdegegnerin hat vorgetragen, auch in Anbetracht der Eröffnung des Insol-venzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit sei nicht zu erkennen, wie in einer Zahlung, die auf einem rechtlich zweifelsfreien Bescheid beruhe, eine unbillige Härte liegen könne. Gerade durch die gesetzliche Möglichkeit einer Stun-dung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch die Einzugsstellen entsprechend § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, deren Zweck der Ausgleich für wirtschaftliche Härtefälle sei, sei der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abzulehnen. Die vom Beschwerdeführer behaupte-te Differenzierung der Bußgelder im Hinblick auf ihre betriebliche Veranlassung sei nicht vorgenommen worden. Weder bei der Betriebsprüfung noch im Rahmen des Wider-spruchsverfahrens seien Unterlagen vorgelegt worden, die eine Zuordnung des geldwerten Vorteils auf die einzelnen Beschäftigten zugelassen hätten.

Mit Beschluss vom 13.06.2006 hat das Sozialgericht Altenburg den Rechtsstreit an das Sozialgericht Leipzig (SG) verwiesen.

Durch Beschluss vom 16.08.2006 hat das SG die Beigeladenen zu 1 bis 7 beigeladen. Mit weiterem Beschluss vom 16.08.2006 hat das SG den Antrag des Beschwerdeführers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 30.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2006 abgelehnt. Die Voraussetzungen von § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG lägen nicht vor. Weder bestünden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes noch habe die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Nach summarischer Prüfung werde die Klage aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Die Arbeitnehmer, für welche die Beschwerdegegnerin im Nachhinein Beiträge zur Sozialversicherung nachgefordert habe, seien gegen Arbeits-entgelt Beschäftigte im Betrieb des Schuldners gewesen. Nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IV seien alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung Arbeitsentgelt. Die Bußgeldzahlungen stellten Arbeitsentgelt dar, obwohl sie den Arbeitnehmern selbst tatsächlich nicht zugeflossen seien. Denn der Beitragsanspruch entstehe bereits dann, wenn die im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorlägen (§ 22 Abs. 1 SGB IV). Auf die tatsächlich bezogenen Einnahmen komme es deshalb nicht an. Es reiche aus, dass die Arbeitnehmer durch die arbeitgeberseitige Übernahme der Bußgelder aus dem Arbeitsverhältnis etwas erspart hätten, insoweit seien sie bereichert. Durch Zah-lung der Bußgelder begleiche der Arbeitgeber eine fremde Schuld. Der Beschwerdeführer könne sich aller Voraussicht nach nicht mit Erfolg auf die Rechtsprechung des BFH beru-fen. Zum einen habe der Beschwerdeführer eine Differenzierung bei der Übernahme von Bußgeldern nach Heimfahrten oder sogenannten "Terminfahrten" nicht glaubhaft gemacht. Zum anderen sei zu beachten, dass Verkehrsverstöße einzelner Fahrer von der Rechtsord-nung missbilligt und durch Bußgelder geahndet würden. Derartige rechtswidrige Handlun-gen dürften vom Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht mitumfasst sein. Ebenso wenig dürfte eine beitragsrechtliche Sanktionierung rechtswidrigen Handels durch das Sozialver-sicherungsrecht angezeigt sein. Im Übrigen habe der BFH in seinem Urteil vom 07.07.2004 auf die "Besonderheiten" des der Entscheidung zu Grunde liegenden Streitfal-les abgestellt und dabei ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers be-jaht. Dadurch habe der BFH der Wettbewerbssituation der im Bereich der Paketzustellung tätigen Unternehmen Rechnung tragen wollen. Lediglich der Deutschen Post seien nämlich Sonderrechte im straßenverkehrsrechtlichen Bereich eingeräumt gewesen. Ähnliche Be-sonderheiten seien vorliegend nicht gegeben. Die Gewährung wettbewerbsgleicher Bedin-gungen führe im Speditionsbereich vielmehr zum gegenteiligen Ergebnis. Andernfalls würden diejenigen Unternehmen rechtlich bevorzugt, die ein von der Rechtsordnung miss-billigtes Verhalten durch arbeitgeberseitige Übernahme von Bußgeldern ausglichen. Auch wenn nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen sei, sei der Rentenversicherungsträger nicht an steuerrechtliche Feststellungen des Finanzamts gebunden. Denn Steuern und Sozi-alversicherungen verfolgten unterschiedliche Zwecke, weshalb nicht notwendigerweise eine Übereinstimmung herzustellen sei. Die Vollziehung des Nachforderungsbescheides bewirke schließlich keine unbillige Härte für den Schuldner. Allein die Tatsache, dass er trotz Insolvenz des Unternehmens den Betrieb "(vorläufig?)" weiterführe, begründe noch keine unbillige Härte. Nicht jede wirtschaftliche Schlechterstellung vermöge einen derarti-gen Anspruch zu begründen. Eine unbillige Härte sei vielmehr erst dann anzunehmen, wenn dem Betroffenen durch die sofortige Vollziehung Nachteile entstünden, die über die eigentliche Zahlung hinausgingen und nicht oder nur schwer wieder gutzumachen seien. Der Schuldner habe indes nichts dazu vorgetragen, dass ihm auch keine abgestufte, gege-benenfalls in Form von Ratenzahlungen, vorzunehmende Vollziehung zumutbar sei.

Gegen den dem Beschwerdeführer am 23.08.2006 zugestellten Beschluss hat dieser am 25.09.2006, einem Montag, Beschwerde beim SG eingelegt, welches der Beschwerde unter dem 28.09.2006 nicht abgeholfen und den Vorgang an das Sächsische Landessozialgericht (LSG) weitergeleitet hat.

Der Beschwerdeführer trägt vor, nach dem Urteil des BFH vom 07.07.2004 (VI R 29/00) stellten Buß- und Verwarnungsgelder entgegen der Auffassung des SG kein Arbeitsentgelt im Sinne von §§ 14, 17 SGB IV in Verbindung mit § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) dar. Von besonderer Bedeutung sei es, dass der Schuldner jeweils nur diejenigen Bußgel-der übernommen habe, die auf Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Fahrten im konkreten wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens gestanden hätten. Während die Buß- und Verwarnungsgelder für Tonnage-, Lenkzeit- und Geschwindigkeitsübertretungen außerhalb geschlossener Ortschaften arbeitgeberseitig übernommen worden seien, habe dies für Lenkzeit- und Geschwindigkeitsüberschreitungen auf dem Heimweg der Fahrer nicht gegolten, ebenso wenig für Geschwindigkeitsüberschreitungen innerhalb geschlosse-ner Ortschaften, Falschparken, Überholen im Überholverbot und Nichteinhalten des Si-cherheitsabstandes. Dass in der vom Bundesfinanzhof ergangenen Entscheidung auf § 35 Abs. 7 Straßenverkehrsordnung (StVO) alter Fassung abgestellt worden sei, rechtfertige es nicht, diese Entscheidung nicht auf vergleichbare Sachverhalte anzuwenden. Auch in dem vom BFH entschiedenen Verfahren habe nicht nur eine Konkurrenzsituation gegenüber der Deutschen Post bestanden, sondern auch gegenüber anderen Paketzustelldiensten. Der Be-scheid vom 30.11.2004 sei offensichtlich rechtswidrig. An der sofortigen Vollziehung ei-nes offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes könne kein öffentliches Interesse be-stehen. Somit überwiege das Aussetzungsinteresse des Beschwerdeführers das Vollzugsin-teresse der Beschwerdegegnerin.

Der Beschwerdeführer beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Leipzig vom 16. August 2006 (Az. S 8 KR 258/06 ER) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 30. November 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2006 anzuordnen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung und diejenige des Sozialgerichts Meiningen vom 20.07.2005 für zutreffend. Anzumerken sei, dass keine Unterlagen vorgelegt worden seien, die eine Aufhebung des Summenbeitragsbescheides ermöglichten. Konkrete Nachweise darüber, dass die Übernahme der Bußgelder im betrieblichen Interesse entsprechend einer einheitlichen Festlegung für die Fahrer erfolgt sei, seien nicht erbracht. Im Rahmen des Insolvenzverfahrens habe in der Zeit vom 06.03.2006 bis 28.06.2006 eine Nachfolgeprü-fung (abschließende Betriebsprüfung) mit einem Prüfzeitraum vom 01.01.2004 bis 01.01.2006 stattgefunden. Dabei hätten sich wiederum Beitragsnachforderungen aufgrund vom Arbeitgeber übernommener Bußgelder in Höhe von 6.823,68 EUR einschließlich der dar-auf entfallenden Säumniszuschläge ergeben. Der Bescheid vom 13.07.2006 sei dem Be-schwerdeführer zugestellt worden. Hiergegen habe der Beschwerdeführer keinen Wider-spruch eingelegt.

Die Beigeladene zu 5 hat von einer Stellungnahme ausdrücklich abgesehen.

Die Beigeladene zu 3 hat sich dem Vorbringen der Beschwerdegegnerin angeschlossen.

Bezüglich der Stellungnahme der Beigeladenen zu 2 wird auf Blatt 41 und 83 der Akte des LSG verwiesen, im Hinblick auf diejenige der Beigeladenen zu 4 auf Blatt 51 und 84 der Akte des LSG, in Bezug auf die Stellungnahme der Beigeladenen zu 6 auf Blatt 42 und 78 der Akte des LSG, hinsichtlich derjenigen der Beigeladenen zu 7 auf Blatt 44, 76 und 246 der Akte des LSG.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

Mit Schreiben vom 09.01.2007 hat der Beschwerdeführer Auszüge der Bußgeldbescheide und Verwarnungen übersandt, die in den Jahren 2002 und 2003 ergangen und vom Schuld-ner beglichen worden sind (Blatt 99-223 der Akte des LSG). Ferner hat der Beschwerde-führer Auszüge der Bußgeldbescheide und Verwarnungen übersandt, die in den Jahren 2002 und 2003 ergangen und vom Schuldner nicht beglichen worden sind (Blatt 224-242 der Akte des LSG). Es sei im Übrigen davon auszugehen, dass die Bußgeldbescheide und Verwarnungen der Beschwerdegegnerin wegen der durchgeführten Prüfung bekannt gewe-sen seien.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.

II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die angefochtene Entscheidung des SG und die angefochtenen Bescheide der Beschwer-degegnerin sind rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage im Hinblick auf den der Nachforderung von Sozialversi-cherungsbeiträgen zu Grunde liegenden Bescheid vom 30.11.2004 in der Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 26.01.2006 liegen nicht vor.

Da § 86 a SGG ausschließlich den einstweiligen Rechtsschutz außerhalb des Gerichtsver-fahrens betrifft (siehe insoweit nur Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. § 86 a Rn. 2), ist Prüfungsmaßstab für den Senat § 86 b SGG. Dort werden die Möglichkeiten des Ge-richts im einstweiligen Rechtsschutz geregelt. In der Hauptsache begehrt der Beschwerde-führer als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners als Inhaber der Firma "Transporte und Baustoffhandel B. e. K." (vgl. § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung) die Auf-hebung des Bescheides der Beschwerdegegnerin vom 30.11.2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 26.01.2006. Dieses Begehren kann er nur im Wege einer Anfech-tungsklage geltend machen, so dass vorliegend § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG einschlägig ist.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der An-forderung von Beiträgen.

Wenn der Gesetzgeber in § 86 a Abs. 2 SGG für bestimmte Konstellationen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert hat, so bedeutet dies, dass im Zweifel grundsätzlich das Vollziehungsinteresse Vorrang hat (so auch Krasney/Udsching, Handbuch des sozialge-richtlichen Verfahrens, 3. Aufl., Kapitel V, Rn. 33, und Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rn. 12 a). Von dieser Regel kann nur dann abgewichen werden, sofern gewichtige Gründe die Annahme einer Ausnahmesituation rechtfertigen. Hierfür bedarf es einer Interessenabwägung. Dabei ist in den Fällen von § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG im Rah-men der Prüfung von § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die Vorschrift des § 86 Abs. 3 Satz 2 SGG heranzuziehen (Keller, in: Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 b Rn. 12 c). Hier-nach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Recht-mäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (a) oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (b).

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

a) Zum einen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschei-des bestehen, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs bei summarischer Prüfung wahrscheinli-cher ist als sein Misserfolg (s. Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Ver-fahrens, 3. Aufl., Kapitel V, Rn. 16, und Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 a Rn. 27).

Ein Obsiegen des Beschwerdeführers in der Hauptsache ist nicht überwiegend wahrschein-lich.

aa) Bei den vom Schuldner für seine Arbeitnehmer gezahlten Buß- und Verwarnungsgel-dern handelt es sich um beitragspflichtiges Arbeitsentgelt.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Arbeitsentgelt "alle laufenden oder einmaligen Leistungen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnah-men besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden".

Bei den vom Schuldner für seine Arbeitnehmer gezahlten Buß- und Verwarnungsgeldern handelt es sich um Leistungen aus einer Beschäftigung, die jedenfalls im Zusammenhang mit ihr erzielt wurden. Der Schuldner hat seinen Arbeitnehmern diejenigen Buß- und Ver-warnungsgelder ersetzt, die im Zusammenhang mit Geschwindigkeits-, Tonnage- und Lenkzeitüberschreitungen angefallen sind. Nur insoweit allerdings hat er eine betriebliche Veranlassung bejaht. Geschwindigkeitsübertretungen innerhalb geschlossener Ortschaften, Falschparken, Überholen im Überholverbot und Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes sah er als nicht betrieblich veranlasst an. Insoweit hat er seinen Arbeitnehmern die dadurch entstandenen Buß- und Verwarnungsgelder auch nicht ersetzt, weshalb diese nicht dem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen sind.

Bezüglich der vom Schuldner übernommenen Buß- und Verwarnungsgelder ist auch kein Ausnahmetatbestand im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 3 SGB IV oder im Sinne von § 17 SGB IV in Verbindung mit der ArEV erfüllt.

Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des BFH vom 07.07.2004 mit dem Aktenzeichen VI R 29/00 (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20.06.2007 – S 4 [16] RA 43/02 – juris, S. 4 in einem gleich gelagerten Fall). Dort hat der BFH entschieden, die Übernahme von Verwarnungsgeldern könne im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen und deshalb keinen Ar-beitslohncharakter haben (s. BFH a. a. O. Rn. 13; zum Kriterium des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Eigeninteresses des Arbeitgebers s. auch BSG, Urteil vom 25.06.2004 – B 12 KR 5/04 R – juris, Rn. 17). Dieser Entscheidung lag aber eine ganz besondere Kons-tellation zu Grunde: Während es Postzustellern der damaligen Deutschen Bundespost er-laubt war, gemäß § 35 Abs. 7 der StVO in der damals geltenden Fassung vom 09.11.1989 (BGBl. I 1976) auf allen Straßen und Straßenteilen zu allen Zeiten zu fahren und zu halten, soweit ihr Einsatz dies erforderte, kamen andere mit der Postzustellung befasste Unter-nehmen nicht in den Genuss dieser Sonderregelung (BFH a. a. O., juris, Rn. 16). Um die-sen Wettbewerbsnachteil auszugleichen, sah der BFH die Übernahme von Verwarnungs-geldern wegen Verletzung des Halteverbots durch den Arbeitgeber als im ganz überwie-gend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an. Der BFH verneinte "angesichts der Besonderheiten des Streitfalles" den Arbeitsentgeltcharakter der Zahlung dieser Verwar-nungsgelder (a. a. O., juris, Rn. 13). Verwarnungsgelder wegen anderer Verkehrsverstöße – z.B. wegen zu schnellen Fahrens – hatte der Arbeitgeber allerdings nicht übernommen. Dabei hat der BFH ausdrücklich offen gelassen, ob die Frage anders zu entscheiden ist, wenn es sich – anders als im Streitfall – nicht um einen relativ geringfügigen Verstoß ge-gen die Rechtsordnung handelt (a. a. O., juris, Rn. 19). Zudem hat der BFH nicht auf das Konkurrenzverhältnis zwischen den verschiedenen Postzustellern (ausgenommen die Deutsche Post) abgestellt, sondern auf dasjenige zwischen den verschiedenen Postzustel-lern einerseits und der Deutschen Post andererseits.

Bei Speditionsunternehmen fehlt es aber an einer Konkurrenzsituation zu einem Mitbe-werber, der eine Sonderregelung in Anspruch nehmen kann. Auf das Konkurrenzverhältnis der verschiedenen Spediteure untereinander kann es – entgegen der Auffassung des Be-schwerdeführers – nicht ankommen. Andernfalls würden diejenigen Spediteure auf Kosten der Sozialversicherungskassen begünstigt, die bewusst Verstöße gegen die Rechtsordnung in Kauf nehmen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Verstöße gegen das Haltever-bot in weitaus geringerem Umfang in den Bestand der Rechtsordnung eingreifen als Ver-stöße gegen das zulässige Gesamtgewicht, gegen die Einhaltung der Lenkzeiten und gegen die Beachtung der jeweils zulässigen Geschwindigkeitsbegrenzungen. Dies gilt umso mehr, als die Beitragspflichtigkeit von Arbeitsentgelt nicht davon abhängen kann, welche Verkehrsverstöße der jeweilige Arbeitgeber als betrieblich veranlasst ansieht und welche nicht. Deshalb kann es keine Rolle spielen, dass der Schuldner Buß- und Verwarnungsgel-der für Geschwindigkeitsübertretungen innerhalb geschlossener Ortschaften, Falschparken, Überholen im Überholverbot und Nichteinhalten des Sicherheitsabstandes nicht übernom-men hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Finanzamt Rudolstadt für die Jahre 1996 bis 1999 im Hinblick auf die Steuererklärungen des Schuldners die oben genannte Rechtsprechung des BFH für Buß- und Verwarnungsgelder angewandt hat. Abgesehen davon, dass es sich dabei nicht um den Prüfzeitraum vom 01.01.2000 bis 31.12.2003 handelt, entfalten Be-scheide der Finanzbehörden keine Bindungswirkung für die Sozialversicherungsträger und die Sozialgerichte (so BSG, Urteil vom 26.03.1998 – B 12 RK 17/97 R – SozR 3-2400 § 14 Nr. 15). Vielmehr ist der Begriff des Arbeitsentgelts nach den Grundsätzen des Sozi-alrechts im Einzelfall autonom nach sozialrechtlichen Grundsätzen und Normzwecken auszulegen (vgl. BSG, Urteil vom 21.02.1990 – 12 RK 20/88SozR 3-2400 § 14 Nr. 2 = juris, Rn. 16; ebenso Vor in LPK-SGB IV, § 14 Rn. 6). Insoweit ist aber maßgeblich zu beachten, dass Beitragsansprüche der Versicherungsträger schon nach dem Entstehungs-prinzip begründet werden (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Bestand eine betriebliche Ü-bung, Buß- und Verwarnungsgelder zu übernehmen, wurde dadurch bereits deren Bei-tragspflichtigkeit ausgelöst.

bb) Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Summenbescheides (hierzu grundlegend BSG, Urteil vom 07.02.2002 – B 12 KR 12/01BSGE 89, 158) bestehen im Rahmen der gebo-tenen summarischen Prüfung keine Bedenken.

Gemäß § 28 f Abs. 2 Satz 1 SGB IV kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeit-geber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versiche-rungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können.

Im Anschluss an die Anhörung hat die Beschwerdegegnerin den Schuldner durch Schrei-ben vom 07.10.2004 auf die Möglichkeit des Erlasses eines Summenbescheides hingewie-sen. Darauf hat der Schuldner mit Schreiben vom 31.10.2004 mitgeteilt, es sei ihm nicht möglich, eine namentliche Zuordnung im Hinblick auf die übernommenen Buß- und Ver-warnungsgelder vorzunehmen.

Die Beschwerdegegnerin hatte zum damaligen Zeitpunkt also gar keine andere Möglich-keit, als einen Summenbescheid zu erlassen. Auch nachdem die Beschwerdegegnerin im Beschwerdeverfahren darauf hingewiesen hat, es seien keine Unterlagen vorgelegt worden, die eine Aufhebung des Summenbeitragsbescheides ermöglichten, hat der Beschwerdefüh-rer lediglich Auszüge der Bußgeldbescheide und Verwarnungen übersandt, die in den Jah-ren 2002 und 2003 ergangen sind. Folglich kommt auch zum jetzigen Zeitpunkt die An-wendung von § 28 f Abs. 2 Satz 5 SGB IV nicht in Betracht: Danach hat der prüfende Trä-ger der Rentenversicherung einen aufgrund von Satz 1 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfrei-heit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden.

Der Erlass des streitgegenständlichen Summenbescheides war jedenfalls durch das Verhal-ten des Schuldners gerechtfertigt (venire contra factum proprium).

b) Zum anderen hat die Vollziehung für den Beschwerdeführer keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge. Eine unbillige Härte liegt vor, wenn dem Betroffenen durch die Vollziehung Nachteile entstehen, die über die eigent-liche Zahlung hinausgehen und nicht oder nur schwer wieder gutgemacht werden können (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Aufl., Kapitel V, Rn. 17, und Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl., § 86 a Rn. 27).

Insbesondere vor dem Hintergrund der Möglichkeiten, die § 76 Abs. 2 SGB IV bietet, sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, welche die Annahme einer unbilligen Härte rechtfertigen könnten. Der abstrakte Vortrag, die Fortführung des Unternehmens werde durch die Nach-forderung von Sozialversicherungsbeiträgen gefährdet, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

3. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbin-dung mit § 52 Abs. 2 und 3 Gerichtskostengesetz. Das SG wird seinerseits noch den end-gültigen Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen haben.

4. Die Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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