L 3 B 465/07 AS-ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 AS 2258/07 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 465/07 AS-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die ordnungsbehördliche Anmeldung ist keine gesetzliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung nach dem SGB II.

2.a) Für Geldleistungen, die für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt in der Regel der Anordnungsgrund.

2.b) Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit auch in der Zeit nach der Antragstellung bei Gericht weiter fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet.
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 3. September 2007 abgeändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. Januar 2008 vorläufig bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, längstens je-doch bis zum 30. Juni 2008, Arbeitslosengeld II in Höhe von 616,82 EUR monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen.

Gründe:

I.

Die 1957 geborene Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Gewährung von Arbeitslosengeld II.

Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 19. Februar 2007 bis zum 30. Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Höhe von zuletzt 616,82 EUR, bestehend aus der Regelleistung von 345,00 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung (nach Abzug einer Warmwasserbereitungspauschale in Höhe von 8,18 EUR) in Höhe von 271,82 EUR für die Wohnung H. straße 30 in D. , unter der die Antragstellerin jedoch beim Einwohnermeldeamt nicht gemeldet ist. In D. ist die Antragstellerin seit dem 9. Januar 2006 von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet.

Auf den mit unveränderten Verhältnissen begründeten Fortzahlungsantrag vom 27. Juni 2007 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin zunächst eine aktuelle Meldebescheinigung, die Vorlage eines ab 1. Mai 2007 gültigen Mietvertrags sowie die persönliche Meldung in der Arbeitsvermittlung. Ein Bescheid über den Fortzahlungsantrag steht noch aus.

Die Antragstellerin hat am 6. August 2007 beim Sozialgericht vorläufigen Rechtsschutz beantragt, da sie über keine Mittel für den laufenden Lebensunterhalt verfüge. Sie wohne weiterhin in der H. straße 30. Eine polizeiliche Anmeldung sei für die Frage nach dem ge-wöhnlichen Aufenthaltsort irrelevant. Das ursprünglich zum 30. April 2007 gekündigte Mietverhältnis sei durch die widerspruchslos akzeptierte weitere Nutzung einer nehmlich verlängert worden. Die im Frühjahr 2007 unternommenen Bemühungen, eine neue Wohnung zu finden, seien daher nicht weiterverfolgt worden.

Das Sozialgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 3. September 2007 abgelehnt, da ein gewöhnlicher Aufenthalt der Antragstellerin in D. nicht glaubhaft gemacht worden sei. Allein der Umstand, dass die Antragstellerin Post unter der Anschrift H.straße 30 erhalte, genüge für eine Glaubhaftmachung nicht. Die nicht nachvollziehbare Weigerung, sich un-ter dieser Anschrift anzumelden, spreche gegen einen dortigen Aufenthalt. Die denkbare Möglichkeit eines Aufenthalts im Zuständigkeitsbereich eines anderen Leistungsträgers oder des Zusammenlebens in einer Bedarfsgemeinschaft unter einer anderen Anschrift sei nicht glaubhaft widerlegt.

Hiergegen richtet sich die am 12. September 2007 eingegangene Beschwerde der Antrag-stellerin.

Die Antragstellerin weist nochmals darauf hin, dass eine polizeiliche Meldung oder die Vorlage einer Meldebescheinigung keine Leistungsvoraussetzung sei. Der gewöhnliche Aufenthalt in D. sei durch ihre eidesstattliche Versicherung und ein Schreiben des Ver-mieters, dass die Antragstellerin weiterhin in ihrer Wohnung bleiben könne, nachgewiesen. In diese Wohnung sei sie auch nach Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt D. vom 9. Oktober 2007 bis 7. November 2007 wieder entlassen worden. Die Ausführungen des Sozialgerichts, sie könne in eine andere Gemeinde verzogen sein oder in einer Bedarfsgemeinschaft leben, entbehrten jeglicher Grundlage.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 3. September 2007 aufzuheben und der Antragsgegnerin aufzugeben, ihr ab 1. Juli 2007 weiterhin Arbeitslosen-geld II in Höhe von 616,82 EUR monatlich zu zahlen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass sie auf Grund fehlender örtlicher Zuständigkeit nicht passiv legitimiert sei. Es bestünden keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in D. habe. Sie sei seit Januar 2006 in D. nicht mehr polizeilich gemeldet, sodass ein in die Zukunft gerichteter Wille, in D. nicht nur vorübergehend zu verweilen, nicht erkennbar sei. Dies werde auch durch die Weigerung, ihren Meldepflichten nachzukommen, und die Suche nach einer neuen Wohnung im Frühjahr 2007 belegt. Im Übrigen fehle dem Eilantrag das Rechtsschutzbedürfnis, da die Antrags-gegnerin erklärt habe, der Antragstellerin für den Fall der Vorlage einer Meldebescheinigung die begehrten Leistungen zu gewähren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet.

Die Antragstellerin hat das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosengeld II und das Bestehen eines Anordnungsgrunds für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 glaubhaft gemacht. Das Sozialgericht hat den zulässigen Eilantrag insofern zu Un-recht abgelehnt. Für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Dezember 2007 war die Entscheidung des Sozialgerichts im Ergebnis allerdings zu bestätigen und die Beschwerde daher zurückzuweisen, weil der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Dringlichkeit der beantragten gerichtlichen Ent-scheidung nicht gegeben ist.

Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Der Eilantrag ist unzulässig, wenn ein Rechtsschutzbedürfnis nicht besteht, weil das ange-strebte Ergebnis auf einfachere Weise als durch ein gerichtliches Eilverfahren erreicht werden kann (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [8. Aufl., 2005], Rdnr. 16a vor § 51).

Daran gemessen ist das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin zulässig und im tenorierten Umfang begründet.

Insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis durch die Erklärung der Antragsgegnerin, für den Fall der Vorlage einer Meldebescheinigung die begehrten Leistungen zu gewähren, nicht entfallen. Zwar besteht für die Antragstellerin durch die polizeiliche Anmeldung grundsätzlich eine einfachere Möglichkeit, eine Leistungsgewährung herbeizuführen, mit deren Inanspruchnahme sie überdies ihrer gesetzlichen Meldepflicht nach § 10 Abs. 1 des Sächsischen Meldegesetz (SächsMG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 4. Juli 2006 (SächsGVBl. S. 388) genügen würde. Ob die Vorlage einer Meldebescheinigung für die Leistungsgewährung erforderlich ist, ist allerdings eine Frage, die bei der Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und damit bei der Begründetheit des Rechtsschutzbegehrens eine Rolle spielt. Sie ist daher bei der Beurteilung der Zulässigkeit nicht zu prüfen. Die Ablehnung einer Sachentscheidung unter Verweis auf die zumutbare Erfüllung einer nach materiellem Recht entscheidungserheblichen Pflicht wäre mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist somit zulässig. Er hat bezüglich des Leistungszeitraums ab 1. Januar 2008 auch in der Sache Erfolg, da die Antragstellerin insofern sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.

Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht auf Grund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Dabei wird der Sachverhalt gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies un-ter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist (Krodel, NZS 2002, 234 ff.; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitver-fahren [4. Aufl., 1998], Rdnr. 152, 338; jeweils m. w. N.).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch im Sinne einer Leistungsberechtigung nach § 7 Abs. 1, § 19 SGB II glaubhaft gemacht, der sich gegen die für die Leistungsgewährung örtlich zuständige Antragsgegnerin (§ 36 SGB II) richtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 19 Satz 1 SGB II erhalten Personen Arbeitslosen-geld II, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bun-desrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Hilfebedürftigkeit liegt gemäß § 9 Abs. 1 SGB II vor, wenn der Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften, insbesondere nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen gesichert werden kann und die erforderliche Hilfe auch nicht durch Dritte geleistet wird.

Zwischen den Beteiligten ist zu Recht unstreitig, dass die erwerbsfähige Antragstellerin hilfebedürftig im Sinne des § 9 SGB II ist. Sie bezieht weder Einkommen im Sinne des § 11 SGB II noch verfügt sie über nach § 12 SGB II zu berücksichtigendes Vermögen. Leistungen Dritter erhält sie nicht.

Da die Antragstellerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II erfüllt, sind ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) nach § 19 SGB II zu erbringen. Zuständiger Leistungsträger ist gemäß § 36 Satz 1 und 2 i. V. m. § 44b Abs. 3 SGB II die Antragsgegnerin als Arbeitsgemeinschaft im Sinne von § 44b Abs. 1 SGB II, da die Antragstellerin einen gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin glaubhaft gemacht hat.

Der gewöhnliche Aufenthalt wird nach § 30 Abs. 3 Satz 2 des Ersten Buchs Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) dort begründet, wo sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Maßgebend ist der in die Tat umgesetzte Wille, einen bestimmten Ort bis auf Weiteres zu seinem Lebensmittelpunkt zu machen.

Der Senat geht im Gegensatz zum Sozialgericht davon aus, dass die Antragstellerin bereits im erstinstanzlichen Verfahren einen dauerhaften Aufenthalt in D. glaubhaft gemacht hat. Für einen solchen Aufenthalt sprechen die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin, das Schreiben ihres Vermieters vom 8. Juli 2007, dass die Antragstellerin weiterhin in der bisherigen Dresdner Wohnung bleiben könne, sowie die postalische Erreichbarkeit unter der angegebenen Adresse. Demgegenüber fällt die Weigerung der Antragstellerin, sich unter dieser Adresse polizeilich anzumelden, nicht entscheidend ins Gewicht. Denn für die Frage, wo die Antragstellerin im Sinne von § 30 SGB I ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im streitigen Zeitraum hatte, kommt es nicht auf die ordnungsbehördliche Meldung an (vgl. BSG, Urteile vom 28. Mai 1997 - 14/10 RKg 14/94 - JURIS-Dokument RdNr. 13 = SozR 3-5870 § 2 Nr. 36 und vom 24. Juni 1998 - B 14 KG 2/98 R - JURIS-Dokument RdNr. 14 = SozR 3-5870 § 2 Nr. 40). Die Anmeldung ist daher auch keine gesetzliche Voraussetzung für die Leistungsgewährung nach dem SGB II. Sie stellt vielmehr nur ein Indiz bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsorts dar. Ihr Feh-len führt nicht zur Verneinung eines gewöhnlichen Aufenthaltsorts, wenn dieser durch andere Umstände dokumentiert wird. Solche Umstände hat die Antragstellerin glaubhaft dargelegt. Sie hat insbesondere auch glaubhaft versichert, dass sie nicht umgezogen ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte für einen Umzug aus der Dresdner Wohnung. Die Antragsgegnerin verweist insofern lediglich auf die Bemühungen der Antragstellerin im Früh-jahr 2007, eine neue Wohnung zu finden. Den daraus folgenden Verdacht einer Verlegung des gewöhnlichen Aufenthalts in einen Ort außerhalb D. hat die Antragstellerin durch die oben genannten glaubhaften Angaben widerlegt. Es kann auch dahinstehen, welche Motive die Antragstellerin für ihre Weigerung hat, sich polizeilich anzumelden. Darüber kann le-diglich spekuliert werden. Ein aussagekräftiger Hinweis, dass die Weigerung darauf be-ruht, dass sich die Antragstellerin tatsächlich außerhalb D. aufhält, findet sich nicht.

Die Antragsgegnerin hat daher der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II) nach dem SGB II zu gewähren. Diese setzen sich gemäß § 19 Satz 1 SGB II zusammen aus der Regelleistung nach § 20 SGB II und den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 SGB II. Da die Antragstellerin ausdrücklich einen Betrag von 616,82 EUR, ausgehend von einer Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 271,82 EUR, beantragt hat, ist ihr dieser Betrag vorläufig zuzusprechen.

Im Hauptsacheverfahren wird allerdings zu beachten sein, dass die Regelleistung seit dem 1. Juli 2007 347,00 EUR statt 345,00 EUR beträgt (§ 20 Abs. 4 Satz 1 und 3 SGB II i. V. m. der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II vom 18. Juni 2007 [BGBl. I S. 1139]). Des Weiteren wird unter Umständen unter Berücksichtigung des Urteils des Sächsischen Landessozialgerichts vom 29. März 2007 (L 3 AS 101/06) zu prüfen sein, ob der Abzug einer Warmwasserbereitungspauschale von 8,18 EUR von den Kosten der Unterkunft und Heizung, deren Angemessenheit nicht im Streit steht, rechtmäßig ist.

Vorläufig sind der Antragstellerin nur die beantragten Leistungen zu gewähren. Der Leistungszeitraum wird in Anwendung des § 41 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II bis zum 30. Juni 2008 befristet. Sollte bis zum Ablauf dieses Zeitraums noch keine Entscheidung in der Hauptsache vorliegen, hat - falls beantragt - zunächst die Antragsgegnerin über die Weitergewährung der Leistungen zu entscheiden.

Der Antragstellerin sind die vorläufigen Leistungen allerdings erst ab dem 1. Januar 2008 zu erbringen, denn für einen Leistungsausspruch für die Vergangenheit fehlt der Antragsstellerin der Anordnungsgrund.

Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers - unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter - unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Aufl., 1998], RdNr. 154 bis 156 m.w.N.; ähnlich Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen bzw. glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [8. Aufl., 2005], § 86b RdNr. 27a).

Danach besteht nur für die Leistungen ab Januar 2008 ein Anordnungsgrund, da die Antragstellerin mittellos ist und die Leistungen der aktuellen Existenzsicherung dienen. Inso-fern indiziert schon das Vorliegen des Anordnungsanspruchs die Eilbedürftigkeit der bean-tragten Anordnung.

Bei Geldleistungen, die - wie vorliegend – auch für die Vergangenheit begehrt werden, fehlt hingegen in der Regel der Anordnungsgrund (LSG Hamburg, Beschluss vom 7. Dezember 1989 - V EABs 83/89 - Breithaupt 90, 699; Keller, a.a.O., § 86b RdNr. 28). Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn ein besonderer Nachholbedarf besteht, d.h. wenn die Nichtgewährung der begehrten Leistung in der Vergangenheit auch in der Zeit nach Antragstellung bei Gericht weiter fortwirkt und noch eine weiterhin gegenwärtige, die einstweilige Anordnung rechtfertigende Notlage begründet (SächsLSG, Beschluss vom 2. Februar 2007 - L 3 B 224/06 AS-ER und Beschluss vom 28. November 2007 - L 3 B 100/07 AS-ER). Einen solchen Nachholbedarf hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Hiervon abweichend wurde lediglich für Januar 2008 die volle beantragte Leistung zugesprochen, weil dies der Verwaltungsvereinfachung dient.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und berücksichtigt das Verhältnis des Obsiegens der Antragstellerin zu ihrem Unterliegen.
Rechtskraft
Aus
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