L 1 B 493/08 KR-PKH

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 15 KR 100/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 B 493/08 KR-PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Beteiligtenfähigkeit des Bezirksrevisors im Verfahren der Beschwerde des PKH-Antragstellers.
2. Zur Berechtigung der Krankenkasse, einen jungen Erwachsenen, der wegen mit Methadon behandelter Opiatabhängigkeit und chronischer Hepatitis C arbeitsunfähig ist und Krankengeld bezieht, aufzufordern einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim Rentenversicherungsträger zu stellen.
3. Zur rechtlichen Qualifizierung der substitutionsgestützten Behandlung.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 26. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Streitig ist im Hauptsacheverfahren der Wegfall von Krankengeld wegen unterlassener Stellung eines Antrags auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 51 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V).

Der am ...1986 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er befand sich in einer Berufsausbildung, als er am 05.01.2007 wegen Opiatabhängigkeit und chronischer Hepatitis C arbeitsunfähig wurde. Ab dem 16.02.2007 bezog er Krankengeld von der Beklagten. Vom 17.01.2007 bis zum 23.01.2007 fand eine stationäre Entzugsbehandlung statt, die der Kläger gegen ärztlichen Rat abbrach. Nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 30.03.2007 unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht aufgefordert hatte mitzuteilen, wann und wo eine Suchtberatung stattfinde, legte er eine Behandlungsvereinbarung mit der Allgemeinmedizinerin M1 vom 10.04.2007 vor. Diese teilte dem Medizinzischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am 15.05.2007 telefonisch mit, hinsichtlich der im Vordergrund stehenden Suchterkrankung finde gegenwärtig eine Substitutionsbehandlung statt, später sei eine Entwöhnungstherapie vorgesehen, und schlug unter dem 27.06.2007 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme in Form einer Langzeittherapie vor. In einer Stellungnahme vom 03.07.2007 hielt der MDK (Dipl.-Med. A1 ) eine Entwöhnungsbehandlung für angezeigt und die Voraussetzungen des § 51 SGB V für erfüllt. Mit Schreiben vom selben Tag wies die Beklagte den Kläger darauf hin, die Absicht zu haben, ihn gemäß § 51 SGB V zur Stellung eines Rehabilitationsantrags beim zuständigen Rentenversicherungsträger aufzufordern. Am 24.07.2007 gab die Allgemeinmedizinerin M1 telefonisch gegenüber dem MDK (Dipl.-Med. A1 ) an, der Kläger sei motiviert, besuche regelmäßig die Suchtberatung; in den nächsten Wochen sei ein Treffen geplant, bei dem eine definitive Antragstellung der Langzeitentwöhnung erfolgen solle. In einem Schreiben vom selben Tag erklärte der Kläger, solange die Behandlungsvereinbarung mit seiner Ärztin bestehe, sehe er keinen Anlass für weitere Mitwirkungshandlungen. Unter dem 31.08.2008 teilte die Allgemeinmedizinerin M1 mit, ein Antrag auf Langzeitentwöhnungsbehandlung sei wegen des Wechsels der Suchtberatungsstelle noch nicht erfolgt. Spätere Nachfragen des MDK ließ sie unbeantwortet. Nachdem der Kläger daraufhin für den 05.11.2007 zu einem Vorstellungstermin beim MDK eingeladen worden war, verlangte er konkrete Angaben zur Erfordernis der sozialmedizinischen Beratung durch den MDK und meinte, seine Arbeitsunfähigkeit hätte unmittelbar nach der ersten Krankschreibung bezweifelt werden müssen, die zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit eingeleiteten Maßnahmen reichten aus. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 29.10.2007 auf die Rechtsgrundlagen für die Einbeziehung des MDK und auf seine Mitwirkungspflicht hin. In einem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 09.11.2007 stellte der MDK (Dr. H1 ) fest, anhand der vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Epikrisen über stationäre Aufenthalte in den Jahren 2004 und 2007, sei eine Heroin-Abhängigkeitserkrankung nachgewiesen. Zusätzlich sei ein schädlicher Gebrauch von Alkohol, Cannabis und Crystal beschrieben und seit 2004 eine chronische Hepatitis C bekannt. Durch die Suchterkrankung sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet; die Einleitung von Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation in Form einer Drogenentwöhnungsbehandlung werde empfohlen. Daraufhin teilte die Beklagte mit Schreiben vom 13.11.2007 dem Kläger mit zu beabsichtigen, ihn gemäß § 51 SGB V zur Stellung eines Antrags auf medizinische Rehabilitationsmaßnahmen beim zuständigen Rentenversicherungsträger aufzufordern, und gab ihm Gelegenheit, sich hierzu zu äußern. Der Kläger vertrat die Auffassung, er befinde sich bereits in den zur Rehabilitation jeweils notwendigen Therapien.

Mit Bescheid vom 12.12.2007 forderte die Beklagte den Kläger auf, einen Antrag auf medizinische Maßnahmen zur Rehabilitation bei seinem Rentenversicherungsträger zu stellen. Der Anspruch auf Krankengeld erlösche am 22.02.2008, wenn bis zu diesem Tage die Stellung eines solchen Rehabilitationsantrages nicht nachgewiesen sei. Auch die mit der Krankengeldzahlung verbundene Beitragsfreiheit würde enden; der Kläger müsste sich freiwillig weiterversichern. Der Kläger legte mit der Begründung Widerspruch ein, er befinde sich mit der Substitutionsbehandlung bereits in einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme; eine Rehabilitationsbedürftigkeit im Sinne der Rentenversicherung liege nicht vor. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.02.2008 zurück. Die medizinischen Voraussetzungen für die geforderte Antragstellung lägen vor. Nach dem MDK-Gutachten vom 09.11.2007 sei aufgrund der erhobenen Befunde und festgestellten Gesundheitsstörungen die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet. Eine Rücksprache bei der behandelnden Allgemeinmedizinerin M1 habe ergeben, dass es keine medizinischen Gründe gebe, die gegen eine Rehabilitationsmaßnahme sprächen; eine Hepatitis C-Therapie könne auch in einer Rehabilitationsmaßnahme weitergeführt werden. Ob bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen von dem Recht nach § 51 SGB V Gebrauch gemacht werde, stehe im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkasse. Bei der Ausübung des Ermessens habe sie die Umstände des Einzelfalles abzuwägen und berechtigte Interessen des Versicherten zu beachten; bei der gebotenen Abwägung genössen die Befugnisse der Krankenkasse Vorrang. Anhaltspunkte, die für eine Ermessensentscheidung zugunsten des Klägers sprächen, lägen nicht vor.

Am 10.03.2008 hat der Kläger beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Er hat geltend gemacht, er befinde sich bereits in medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen zulasten der Beklagten, nämlich zur Behandlung des Abhängigkeitssyndroms seit dem 10.04.2008 in einer substitutionsgestützten Therapie sowie zur Behandlung der chronischen Hepatitis C in einer HCV-Therapie. Zudem handele es sich bei der Stellungnahme des MDK vom 09.11.2007 nicht um ein medizinisches Gutachten im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 3b SGB V; ihr komme daher keinerlei Beweiswert zu. Die Stellungnahme beruhe nicht auf einer persönlichen Untersuchung, obwohl eine solche bei psychiatrischen Krankheitsbildern vonnöten sei. Die Stellungnahme sei auch deshalb unbrauchbar, weil der MDK von den Krankenkassen finanziert werde und die Kompetenz der für ihn tätig gewordenen Ärztin anzuzweifeln sei. Ferner sei § 51 SGB V ermessensfehlerhaft angewandt worden, weil er – der Kläger – weder erwerbsgemindert sei noch für die Beklagte ein Rechtsschutzbedürfnis zu Abwendung einer Inanspruchnahme durch einen potentiell Erwerbsgeminderten bestehe. Die Beklagte habe seine berechtigten Interessen verletzt, indem sie die zu ihren Lasten durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme gegen seinen Willen beenden wolle. Ihm stehe das Recht zur Auswahl der Behandlungsform zu und es sei ihm nicht zuzumuten, die Vorteile einer ambulanten Behandlung aufzugeben, um die Beklagte zu entlasten. Die substitutionsgestützte Behandlung sei anerkannt und reiche aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V genannten Ziele zu erreichen; es bedürfe deshalb keiner Anwendung des § 51 SGB V.

Mit Beschluss vom 26.05.2008 hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt. Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Beklagte habe den Kläger zutreffend aufgefordert, beim zuständigen Rentenversicherungsträger einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu stellen. Mangels Antrages in der bis 22.02.2008 laufenden Zehnwochenfrist sei der Krankengeldanspruch ab 23.02.2008 zu Recht weggefallen. Nach den vorliegenden Unterlagen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet. Dies ergebe sich aus dem MDK-Gutachten vom 09.11.2007. Bei der Stellungnahme des MDK handele es sich um ein ärztliches Gutachten im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Eine persönliche Untersuchung des Klägers sei nicht erforderlich gewesen, weil sich die Befunde und Gesundheitsstörungen anhand anderer medizinischer Unterlagen eindeutig feststellen ließen. Das Vorliegen einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit habe zudem die behandelnde Allgemeinmedizinerin M1 bestätigt. Ermessensfehler seien nicht festzustellen. Der Kläger befinde sich mit der Substitutions- und HCV-Therapie nicht bereits in einer medizinischen Rehabilitation im Sinne des § 51 SGB V. Eine solche setze eine multifunktionale Wirkung unter medizinischen, beruflichen und gesellschaftlichen Aspekten mit dem Ziel der Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit voraus. Die durchgeführte Substitutionstherapie diene nicht dem Ziel der Besserung der Erwerbsfähigkeit, sondern nur der Minderung der Wirkung der Drogen. Eine Besserung der Erwerbsfähigkeit könne nur im Rahmen einer Drogenentziehungskur mit dem Ziel, die Sucht bis zur vollständigen Suchtfreiheit zu verringern, erfolgen.

Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner am 03.07.2008 beim SG eingelegten Beschwerde. Er vertritt weiterhin die Auffassung, die Stellungnahme des MDK vom 09.11.2007 genüge nicht den Anforderungen an ein ärztliches Gutachten im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Dieser Stellungnahme fehle es an fundierten Feststellungen zur Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit. Bei Abhängigkeitserkrankungen könne nicht automatisch von einer Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen werden. Auch gehe aus einem aktuellen Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Dipl.-Med. R1 vom 10.06.2008 hervor, dass eine Erwerbsminderung nicht drohe. Die substitutionsgestützte Behandlung entsprechend Anlage I Nr. 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (Method-RL) sei staatlich anerkannt und diene keineswegs nur der Minderung der Wirkungen der Drogen. Die medikamentengestützte Behandlung, in der er sich befinde, sei eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, deren Ziel – wie bei der Drogenentziehungskur – die Beseitigung oder Milderung der krankheitsbedingten Funktionsstörung oder Beeinträchtigung des psychologischen Körpersystems zur Verhinderung einer Beeinträchtigung oder eines Verlusts der Erwerbsfähigkeit sei. Der Beklagte stehe es nicht zu, ihm das Krankengeld zu versagen, um ihn dazu zu zwingen, beim Rentenversicherungsträger eine andere medizinische Rehabilitationsmaßnahme zu beantragen. Ferner hält der Kläger die Beteiligung des Bezirksrevisors im Beschwerdeverfahren für unzulässig. Dieser besitze gemäß § 127 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) lediglich ein beschränktes Beschwerderecht bei der Bewilligung von PKH. Dies ändere aber nichts daran, dass das PKH-Verfahren ein einseitiges Antragsverfahren mit dem Prozessgegner als Beteiligten im weiteren Sinne und ohne förmliche Beteiligung der Staatskasse sei. Auch im Beschwerdeverfahren sei die Staatskasse nicht förmlicher Beschwerdegegner. Es sei verfassungsrechtlich bedenklich, eine durch ausdrückliche gesetzliche Regelung ausgeschlossene Beteiligungsfähigkeit durch Richterrecht zu bestimmen. Außerdem habe das SG entgegen seiner Pflicht aus § 572 Abs. 1 ZPO keine Entscheidung darüber getroffen, ob es der Beschwerde abhelfe. Deshalb müsse der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen werden. Zuletzt bringt der Kläger vor, die mehr als dreimonatige Dauer des Beschwerdeverfahrens werde als Negativentscheidung gewertet. Deshalb seien die Akten unverzüglich an das SG zurückzusenden. Wegen der sowieso vorzunehmenden Aufhebung und Zurückverweisung aufgrund unterbliebener Abhilfeprüfung müsse das SG ohnehin unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens erneut entscheiden. Die Verfahrensverschleppung durch das Beschwerdegericht sei ihm nicht weiter zumutbar.

Der Bezirksrevisor hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend und weist darauf hin, dass zwar der amtliche Vordruck eingereicht worden sei, jedoch keine Nachweise beigefügt und auch nicht ausreichend Angaben gemacht worden seien. Der Bitte des Senats, die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen, ist der Kläger nicht nachgekommen.

II. Der Senat hat über die Beschwerde des Klägers in der Sache entschieden, obwohl dieser in seinem Schreiben vom 18.10.2008 darum gebeten hat, die Akten unverzüglich an das SG zurückzusenden. Denn der Kläger hat in diesem Schreiben weder ausdrücklich noch sinngemäß eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben. Vielmehr wünscht der Kläger weiter eine Befassung mit seiner Beschwerde und eine erneute gerichtliche Entscheidung über die Bewilligung von PKH. Nur meint er, diese Befassung und Entscheidung habe durch das SG zu erfolgen, weil dieses ohnehin hätte prüfen müssen, ob es seiner Beschwerde abhelfe.

Eine Abgabe der Akten an das SG zur Abhilfeprüfung und -entscheidung ist von Rechts wegen ausgeschlossen. Denn die Abhilfemöglichkeit ist durch das Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I S. 444) mit Wirkung vom 01.04.2008 abgeschafft worden. Bis zum 31.03.2008 verlangte § 174 Sozialgerichtsgesetz (SGG), dass das SG prüft, ob es einer Beschwerde abhilft, bevor es diese dem Landessozialgericht (LSG) vorlegt. Diese – § 572 Abs. 1 ZPO entsprechende – Bestimmung ist zum 01.04.2008 aufgehoben worden. Damit sollten, wie aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 16/7716, S. 22) hervorgeht, die Abhilfeverfahren gestrichen werden, weil diese für die SG mit einem erhöhten Arbeitsaufwand verbunden, für die Beschwerdeführer aber in der Praxis meist nicht ertragreich gewesen seien. Angesichts dessen scheidet eine entsprechende Anwendung des § 572 ZPO aus. Zwar sieht § 202 SGG vor, dass, soweit das SGG keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, die Bestimmungen der ZPO entsprechend anwendbar sind. Doch liegt hinsichtlich des Abhilfeverfahrens angesichts des vom Gesetzgeber mit der Aufhebung des § 174 SGG verfolgten Zwecks keine Regelungslücke vor, die eine Heranziehung von Bestimmungen der ZPO rechtfertigen würde.

Es ist rechtens, den Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse auch dann am Beschwerdeverfahren zu beteiligen, wenn er nicht selbst Beschwerde eingelegt hat. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG gelten im sozialgerichtlichen Verfahren die Vorschriften der ZPO über die PKH entsprechend. Wie aus § 127 Abs. 2 und 3 ZPO hervorgeht, kann gegen Entscheidungen über die PKH nur durch den Antragsteller und die Staatskasse Beschwerde eingelegt werden. Dabei kann sich der Antragsteller nur gegen die Ablehnung und die Staatskasse nur gegen die Bewilligung von PKH wenden. Legt die Staatskasse gegen die Bewilligung von PKH Beschwerde ein, so ist – auch wenn dies in § 127 ZPO nicht ausdrücklich erwähnt wird – der Antragsteller Beschwerdegegner. Denn es ist sein Anspruch auf PKH, über den weiterhin zu entscheiden ist. Legt dagegen der Antragsteller Beschwerde ein, so kann sich diese – auch wenn dies ebenfalls in § 127 ZPO keine Erwähnung gefunden hat – nur gegen die Staatskasse richten. Denn auch der Anspruch auf PKH richtet sich gegen die Staatskasse. Eine gesetzliche Bestimmung, die für diesen Fall ausdrücklich oder sinngemäß eine Beteiligung der Staatskasse ausschlösse, gibt es nicht. Sie lässt sich insbesondere nicht dem eingeschränkten Beschwerderecht entnehmen, das § 127 Abs. 3 ZPO der Staatskasse einräumt. Nach dieser Bestimmung findet die Beschwerde gegen Bewilligung von PKH nur statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind (§ 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO), und kann nur darauf gestützt werden, dass der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat (§ 127 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Dieses eingeschränkte Beschwerderecht spricht keineswegs gegen, sondern vielmehr für eine Beteiligung der Staatskasse als Beschwerdegegner. Denn erlaubt es das Gesetz der Staatskasse, in bestimmtem Umfang mit der Beschwerde aktiv ihre Interessen zu verfolgen, so muss es auch möglich sein, sie in gleicher Weise passiv an einem Beschwerdeverfahren zu beteiligen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 127 Abs. 3 Satz 5 ZPO. Diese Bestimmung bewirkt zwar, dass die Staatskasse bei der Ausübung ihres Beschwerderechts auf Stichproben beschränkt ist. Dies dient aber lediglich dazu, den Kontrollaufwand der Staatskasse verringern, und ändert nichts daran, dass die Staatskasse im Beschwerdeverfahren bestimmte Interessen verfolgen darf.

Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.

Nach § 114 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; erforderlich ist darüber hinaus, dass der Beteiligte nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.

Für die von § 114 Satz 1 ZPO verlangte hinreichende Erfolgsaussicht braucht der Erfolg nicht mit Sicherheit festzustehen. Er muss auch nicht überwiegend wahrscheinlich sein. Hinreichende Erfolgsaussicht liegt vielmehr bereits dann vor, wenn der Rechtsstandpunkt des Antragstellers zumindest vertretbar ist und das Gericht in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Philippi, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rn. 19). Es reicht damit aus, wenn der Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (vgl. Keller/Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl., § 73a Rn. 7).

Gemessen an diesen Maßstäben bietet die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Vielmehr ergibt die gebotene summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Beklagte berechtigt war, den Kläger mit dem mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 12.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2008 dazu aufzufordern, bis zum 22.02.2008 einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen, und festzustellen, dass widrigenfalls der Anspruch auf Krankengeld mit dem 22.02.2008 erlöscht.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V kann die Krankenkasse Versicherten, deren Erwerbsfähigkeit nach ärztlichem Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von 10 Wochen setzen, innerhalb derer sie einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen haben. Stellen Versicherte innerhalb der Frist den Antrag nicht, so entfällt nach § 51 Abs. 3 Satz 1 SGB V der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf der Frist.

Die Voraussetzungen für die Aufforderung, einen Rehabilitationsantrag zu stellen, lagen vor. Aus dem MDK-Gutachten vom 09.11.2007 geht hervor, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch seine Suchterkrankung gefährdet war. Dieses MDK-Gutachten genügt den Anforderungen, die an ein ärztliches Gutachten im Sinne des § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu stellen sind: Die Ärztin des MDK, die darin die Erwerbsfähigkeit des Klägers beurteilt hat, hat sich nicht darauf beschränkt, das Ergebnis ihrer Überlegungen mitzuteilen. Vielmehr hat sie die erhobenen Befunde wiedergegeben, sich zu den durch die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingten Leistungseinschränkungen geäußert und damit die medizinischen Gesichtspunkte genannt, die für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit des Klägers erforderlich sind (zu diesen Anforderungen siehe Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 08.08.1991 - 1/3 RK 26/90BSGE 69, 187, 189 = SozR 3-2200 § 183 Nr. 2). In dem Gutachten wird nicht nur eine Suchterkrankung festgestellt, sondern diese auch anhand der vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere solcher über stationäre Aufenthalte in den Jahren 2004 und 2007, näher beschrieben. Danach besteht – neben einem schädlichen Gebrauch von Cannabis, Alkohol und Crystal – seit etwa 2002 eine Heroin-Abhängigkeit. Diese führte im Januar 2004 und im Januar 2007 zu stationären Entzugsbehandlungen, wobei die letztere gegen ärztlichen Rat abgebrochen wurde. Angesichts dessen und in Anbetracht der seit 05.01.2007 bestehenden Arbeitsunfähigkeit, von deren Fortdauer in dem MDK-Gutachten vom 09.11.2007 ausgegangen wird, ist es nachvollziehbar, wenn darin die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch dessen Suchterkrankung für erheblich gefährdet gehalten wird. Das MDK-Gutachten wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass es ohne persönliche Untersuchung des Klägers erstattet werden musste. Die vorliegenden medizinischen Unterlagen waren aussagekräftig genug, um auch nach Aktenlage eine Aussage über die durch die Suchterkrankung des Klägers bedingten Leistungseinschränkungen zu treffen. Die Beklagte war daher nicht darauf beschränkt, den Kläger nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dazu anzuhalten, einen Untersuchungstermin beim MDK wahrzunehmen (vgl. § 62 SGB I). Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Attest des Allgemeinmediziners Dipl.-Med. R1 vom 10.05.2008, durch den die substitutionsgestützte Behandlung des Klägers seit dem 09.05.2008 erfolgt, nachdem die Allgemeinmedizinerin M1 zum 08.05.2008 die Behandlung wegen gestörtem Arzt-Patienten-Verhältnis und Nichteinhaltung der Substitutionsrichtlinien beendet hatte. In diesem Attest bestätigt Dipl.-Med. R1 , dass "aufgrund der derzeitigen Behandlung ... keine zu erwartende bzw. aktuelle Erwerbsminderung" bestehe. Abgesehen davon, dass das Attest keine Aussagen zu den aus Gesundheitsstörungen folgenden Leistungseinschränkungen trifft, enthält es auch weder Befunde noch sonstige medizinische Angaben, die eine Beurteilung der Erwerbsfähigkeit zuließen. Zudem steht es in deutlichem Widerspruch zu der bereits lang andauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers. Das nicht näher begründete Attest von Dipl.-Med. R1 vom 10.05.2008 vermag daher die Leistungseinschätzung in dem MDK-Gutachten vom 09.11.2007 nicht in Frage zu stellen.

Die Beklagte hat mit der Aufforderung, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen, auch nicht die Grenzen des ihr in § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V eingeräumten Ermessens überschritten. Wie aus dem Bescheid vom 12.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2008 hervorgeht, hat die Beklagte nicht nur erkannt, dass es in ihr pflichtgemäßes Ermessen gestellt ist, ob sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 SGB V von ihren Befugnissen Gebrach macht. Vielmehr hat die Beklagte auch erkannt, dass sie bei der Ausübung ihres Ermessens alle Umstände des Einzelfalles sorgfältig abzuwägen und die berechtigten Belange des Versicherten zu beachten hat. Hierbei ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass das Gesetz bei der Abwägung zwischen den Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherten und den Befugnissen der Krankenkasse nach § 51 SGB V grundsätzlich den Interessen der Krankenkasse Vorrang einräumt (BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 RBSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr. 1, jeweils Rn. 23). Denn bei § 51 SGB V handelt es sich um eine Schutzvorschrift zugunsten der Krankenkasse, die dazu dient, bei Dauerzuständen die sich daraus ergebenden Aufwendungen für das Krankengeld zu begrenzen und den Übergang zu Leistungen der Rentenversicherungsträger zu befördern (vgl. Höfler in: Kasseler Kommentar, § 51 SGB V, Rn. 2 – Stand Mai 2006). Bei der Ermessensentscheidung durchgreifende berechtigte Interessen des Versicherten dürfen nicht in erster Linie darauf ausgerichtet sein, die der Krankenkasse zustehenden Befugnisse zu schmälern (BSG, Urteil vom 07.12.2004 - B 1 KR 6/03 RBSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr. 1, jeweils Rn. 26).

Berechtigte Interessen des Klägers, denen bei der Ermessensentscheidung ausschlaggebende Bedeutung beizumessen wäre, sind nicht ersichtlich. Das diesbezügliche Vorbringen des Klägers, er befinde sich bereits in einer ausreichenden medizinischen Rehabilitationsmaßnahme, greift nicht durch. Bei der substitutionsgestützten Behandlung entsprechend Anlage I Nr. 2 Method-RL handelt es sich nicht um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, wie sie § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V im Auge hat. Auch wenn es in § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht ausdrücklich erwähnt ist, so sind mit den darin erwähnten Rehabilitationsleistungen solche gemeint, die der Rentenversicherungsträger erbringt. Dies entspricht nicht nur dem oben erwähnten Zweck des § 51 Abs. 1 Satz 1 SGB V, sondern findet auch in dessen Wortlaut seinen Niederschlag, indem die darin genannten Voraussetzungen für eine Aufforderung zur Beantragung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und Teilhabe am Arbeitsleben (erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit) denjenigen entsprechen, die das Rentenversicherungsrecht für derartige Leistungen vorsieht (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch). Demgegenüber gibt es gerade keine Übereinstimmung mit den Anforderungen, die § 11 Abs. 2 SGB V an Rehabilitationsleistungen der Krankenversicherung stellt. Bei der substitutionsgestützten Behandlung entsprechend Anlage I Nr. 2 Method-RL handelt es sich auch nicht um eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation im Sinne des Krankenversicherungsrechts. Für dieses sind nicht alle Leistungen, die der Erreichung der in § 11 Abs. 2 SGB V genannten Ziele dienen, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, sondern nur diejenigen Leistungen, die darüber hinaus auch – soweit hier von Interesse – den Anforderungen des § 40 SGB V genügen. Hierzu zählt aber, wie § 40 Abs. 1 SGB V deutlich macht, die ambulante Krankenbehandlung durch einen Arzt (§ 28 Abs. 1 SGB V) nicht. Die substitutionsgestützte Therapie entsprechend Anlage I Nr. 2 Method-RL ist folglich im krankenversicherungsrechtlichen Sinne ärztliche Behandlung und keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation. Hinzu kommt, dass bei Abhängigkeitserkrankungen die Akutbehandlung, für die die Krankenkassen zuständig sind, andere Ziele verfolgt als die medizinische Rehabilitation, die in den Zuständigkeitsbereich der Rentenversicherungsträger fällt. Nach der Vereinbarung der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger über die Zusammenarbeit bei Abhängigkeitserkrankungen vom 04.05.2001 (Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen") ist Gegenstand der Akutbehandlung die Entzugsbehandlung und Gegenstand der medizinischen Rehabilitation die Entwöhnungsbehandlung. Die Entzugsbehandlung, für die die Krankenkassen zuständig sind (§ 5 Abs. 2 Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen"), wird durchgeführt, um die Rehabilitationsfähigkeit zu erreichen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen"), an sie soll sich eine erforderliche Entwöhnungsbehandlung nahtlos anschließen (§ 4 Abs. 2 Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen"). Die Entwöhnungsbehandlung, für die grundsätzlich die Rentenversicherungsträger zuständig sind (§ 5 Abs. 1 Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen"), dient dazu Abstinenz zu erreichen und zu erhalten, körperliche und seelische Störungen weitgehend zu beheben oder auszugleichen und die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft möglichst dauerhaft zu erhalten bzw. zu erreichen (§ 2 Abs. 1 Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen"). Damit unterscheiden sich Akutbehandlung und medizinische Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen von ihren Zielstellungen her deutlich. Es kann daher nicht davon die Rede sein, eine Akutbehandlung zulasten der Krankenkasse (hier: eine substitutionsgestützte ambulante ärztliche Behandlung) verfolge dieselben Ziele wie eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zulasten des Rentenversicherungsträgers (hier: Entwöhnungsbehandlung). Vielmehr handelt es sich bei der substitutionsgestützten Behandlung entsprechend Anlage I Nr. 2 Method-RL auch von ihrer Zielstellung her um eine Leistung, die keineswegs der medizinischen Rehabilitation entspricht, wie sie die Rentenversicherungsträger für Abhängigkeitskranke erbringen. Deren Bewilligung ist, wie die Anlage 4 zur Vereinbarung "Abhängigkeitserkrankungen" deutlich macht, auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Einsatz von Substitutionsmitteln noch erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund sind durchgreifende berechtigte Interessen des Klägers nicht erkennbar.

Da die Klage bereits keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, kann offen bleiben, ob der Kläger nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage ist, die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen. Der Senat hat daher darauf verzichtet, seiner Bitte, die diesbezüglichen Angaben zu ergänzen, gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO Nachdruck zu verleihen.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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