L 1 AL 195/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 33 AL 22/08
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 AL 195/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auf der Grundlage des Sächsischen Berufsakademiegesetzes Studierende sind grundsätzlich als zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte in der Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig.
2. Wird dem Studierenden von seinem Ausbildungsbetrieb (Praxispartner) keine Ausbildungsvergütung gezahlt, ist das Bemessungsentgelt nach § 132 SGB III (in der Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt) typisierend und pauschalierend zu ermitteln. Die entgegenstehende Verwaltungspraxis der Bundesagentur für Arbeit, ein jenseits von § 132 SGB III frei ermitteltes, pauschalierendes Bemessungsentgelt zugrunde zu legen, ist rechtswidrig.
3. Dem Wohnsitz eines Arbeitslosen kann keine zwingende Bedeutung zukommen, wenn er sich für Vermittlungsbemühungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stellt (Anschluss an BSG, Urteil vom 23.11.1988 - 7 RAr 6/87 - BSGE 64, 174, 175 ff.).
4. § 408 Nr. 1 SGB III findet keine Anwendung. Auch bei einer entsprechenden Anwendung ist grundsätzlich die Bezugsgröße West anzuwenden. Ausnahmen davon können allenfalls dann gegeben sein, wenn der Arbeitslose seine Vermittlungsbemühungen auf das Beitrittsgebiet beschränkt oder er aufgrund seiner beruflichen Qualifikation und der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt nur im Beitrittsgebiet vermittelbar ist.
5. § 132 SGB III verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

II. Auf die Anschlussberufung des Klägers und seine weitergehende Klage wird die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 08. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2007 und des Bescheides vom 28. Februar 2008 verurteilt, dem Kläger bei Zuordnung zur Qualifikationsgruppe 1 Arbeitslosengeld vom 01. Oktober 2007 bis 16. März 2008 auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung nach § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III und unter Heranziehung der Bezugsgröße West zu gewähren.

III. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2007 bis 16.03.2008 höheres Arbeitslosengeld zusteht.

Der am ...1980 geborene Kläger (ledig, keine Kinder, Lohnsteuerklasse I) absolvierte in der Zeit vom 27.08.2001 bis 16.06.2004 eine Ausbildung zum Industriekaufmann. Vom 01.10.2004 bis 30.09.2007 studierte er an der Berufsakademie G ... Das Studium schloss er als "Diplom-Betriebswirt (Berufsakademie) – Dipl.-Betriebswirt (BA)" in der Studienrichtung Bauwirtschaft ab. Seine Praxispartnerin während dieses Studiums war die Firma "L ... GMBH" (im Folgenden: die Praxispartnerin) in G ... Eine Ausbildungsvergütung wurde nicht vereinbart und tatsächlich auch nicht gezahlt (Arbeitsbescheinigung der Praxispartnerin vom 14.09.2007). Bestandteil des Ausbildungsvertrages vom 15.07.2004 waren die "umstehenden Nebenabreden mit den Punkten 1 bis 11". Insoweit wird auf Blatt 30 der Akte des Sächsischen Landessozialgerichts (LSG) verwiesen. Die Praxispartnerin entrichtete während der gesamten Dauer des Ausbildungsvertrages für den Kläger Beiträge zur Arbeitslosenversicherung unter Zugrundelegung eines Arbeitsentgelts in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße (vgl. § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Am 27.09.2007 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.10.2007 arbeitslos. Dabei gab er an, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Mit Bescheid vom 08.10.2007 bewilligte die Beklagte dem Kläger vom 01.10.2007 bis 30.09.2008 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 22,59 EUR, das er vom 01.10.2007 bis 16.03.2008 bezog. Der tägliche Leistungssatz belief sich auf 10,71 EUR (Lohnsteuerklasse I, allgemeiner Leistungssatz). Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, er wisse von Kommilitonen, deren Arbeitslosengeld bei gleichen Voraussetzungen – unter Zugrundelegung eines täglichen Bemessungsentgelts von 70,00 EUR – 27,16 EUR täglich betrage. In diesen Fällen sei die Beklagte zutreffend von der Regelbemessungsgrenze für ausgelernte Diplom-Betriebswirte in Höhe von 2.100,00 EUR ausgegangen. Mit am 30.10.2007 versandtem Widerspruchsbescheid vom selben Tage wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Für Zeiten einer Beschäftigung zur Berufsausbildung, für die keine Ausbildungsvergütung gezahlt worden sei, sei bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes dasjenige Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, das vergleichbare betriebliche Auszubildende als tarifliche Ausbildungsvergütung erhielten. Die Festlegung der tariflichen Ausbildungsvergütung erfolge anhand der Aufstellung des Bundesinstituts für Berufsbildung. Da der Kläger jedoch an einer Berufsakademie ein Studium absolviert habe, könne dieser Aufstellung eine vergleichbare Ausbildungsvergütung nicht entnommen werden. In diesen Fällen sei als tarifliche Ausbildungsvergütung folgendes monatliches Entgelt zu Grunde zu legen: 1. Ausbildungsjahr 462,00 EUR (Ost), 549,00 EUR (West), 2. Ausbildungsjahr 529,00 EUR (Ost), 610,00 EUR (West), 3. Ausbildungsjahr 591,00 EUR (Ost), 687,00 EUR (West). Beim Kläger sei von einem Entgelt in Höhe von 687,00 EUR monatlich ausgegangen worden. Hieraus ergebe sich ein tägliches Bemessungsentgelt von 22,59 EUR. Nach dem allgemeinen Leistungssatz belaufe sich der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf 10,71 EUR täglich. Mit Schreiben vom 11.12.2007 bekräftige der Kläger seinen Widerspruch vom 08.11.2007 gegenüber der Beklagten. Die Beklagte ging daraufhin davon aus, der Kläger habe den Widerspruchsbescheid vom 30.10.2007 nicht erhalten und übersandte ihn unter dem 19.12.2007 erneut an den Kläger.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 30.10.2007, welchen der Kläger nach seinen Angaben erstmals am 21.12.2007 erhalten habe, hat der Kläger am 09.01.2008 Klage beim Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben.

Mit Änderungsbescheid vom 28.02.2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 01.02.2008, wiederum in Höhe von 10,71 EUR täglich.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger vorgetragen, die Höhe des ihm zustehenden Arbeitslosengeldes richte sich nach § 132 SGB III und sei nach der Regelbemessung eines ausgelernten Diplom-Betriebswirtes zu berechnen. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn Kommilitonen unter gleichen Voraussetzungen fast den dreifachen Leistungsbetrag erhielten.

Mit Gerichtsbescheid vom 14.10.2008 hat das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007 dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III zu gewähren. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig. Dem Kläger stehe ein Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld zu. Gemäß § 129 Nr. 2 SGB III betrage das Arbeitslosengeld für den kinderlosen Kläger 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergebe, das im Bemessungszeitraum erzielt worden sei (Bemessungsentgelt). Zu Unrecht habe die Beklagte unter Berufung auf § 131 Abs. 1 SGB III ihren Berechnungen ein tägliches Bemessungsentgelt von 22,59 EUR zu Grunde gelegt. Gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III sei Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. Der Kläger habe aber im Bemessungszeitraum (§ 130 SGB III) kein Arbeitsentgelt erzielt. Vielmehr sei er im maßgeblichen Zeitraum – ohne Arbeitsentgelt – zur Berufsausbildung beschäftigt gewesen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Für den Fall, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden könne, bestimme § 132 Abs. 1 SGB III, dass als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen sei. So liege die Sache hier. Der Kläger habe – auch innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III – kein Arbeitsentgelt erzielt. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 132 SGB III sei demnach das Bemessungsentgelt auf der Grundlage eines fiktiven Arbeitsentgelts zu berechnen. Der von der Beklagten aufgrund einer internen Dienstanweisung herangezogene Betrag von 687,00 EUR finde im Gesetz keine Stütze. Nach der gesetzlichen Konzeption sei für die Bemessung des Arbeitslosengeldes grundsätzlich das tatsächlich erzielte Arbeitseinkommen maßgeblich. Wenn kein Bemessungszeitraum mit hinreichenden Entgeltansprüchen gebildet werden könne, erfolge eine fiktive Bemessung. Anliegen dieser gesetzlichen Regelung sei die Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens durch Verzicht auf detaillierte Einzelfallregelungen (Hinweis auf BT-Drucksache 15/1515 S. 85). Ermittlungen zu fiktiven vergleichbaren tariflichen Vergütungen – wie sie die Beklagte angestellt habe – erübrigten sich angesichts der gesetzlichen Pauschalierung. Erfasst würden auch solche Sachverhalte, bei denen – wie hier im Hinblick auf das vom Kläger absolvierte Studium an einer Berufsakademie – keine vergleichbare betriebliche Ausbildung mit tariflicher Ausbildungsvergütung bestehe. Dabei werde nicht verkannt, dass die gesetzliche Regelung im Ergebnis dazu führe, dass Arbeitslose, die im Rahmen ihrer Beschäftigung zur Berufsausbildung überhaupt kein Entgelt erhalten hätten, gegenüber solchen Personen besser gestellt würden, die ein nur geringes Entgelt erzielt hätten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden insoweit jedoch nicht (Hinweis auf LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.03.2007 – L 2 AL 168/05 – juris). Die Regelung finde ihre Rechtfertigung in dem gesetzgeberischen Ziel, das Verwaltungsverfahren durch ein größeres Maß an Pauschalierung deutlich und nachhaltig zu vereinfachen. Hiermit sei zwangsläufig der Verzicht auf jedem Einzelfall gerecht werdende Ausnahme- und Detailregelungen verbunden. Vor diesem Hintergrund werde die Beklagte zu prüfen haben, welcher der in § 132 Abs. 2 SGB III bezeichneten Qualifikationsgruppen der Kläger zuzuordnen sei, um auf dieser Grundlage das zur Berechnung des Arbeitslosengeldes heranzuziehende Bemessungsentgelt neu zu bestimmen.

Gegen das ihr am 20.10.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 03.11.2008 Berufung beim Sächsischen LSG eingelegt.

Die Beklagte trägt vor, der Fall der Bemessung von Arbeitslosengeld nach einer Beschäftigung zur Berufsausbildung, für die keine Ausbildungsvergütung gezahlt worden sei, stelle einen im Gesetz bisher nicht geregelten Sonderfall dar. Für diese Sachverhalte werde seitens der Beklagten eine gesetzliche Regelung angestrebt. Bis zu einer entsprechenden Rechtsänderung sei – nach Abstimmung mit dem zuständigen Bundesministerium – für Zeiten einer Beschäftigung zur Berufsausbildung im Sinne von § 25 Abs. 1 SGB III, für die keine Ausbildungsvergütung gezahlt worden sei, dasjenige Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen, das vergleichbare betriebliche Auszubildende als tarifliche Ausbildungsvergütung erhielten. Hierdurch solle "eine Schlechterstellung bzw. Begünstigung des betroffenen Personenkreises vermieden werden". Auszubildende, die keine Ausbildungsvergütung erhalten hätten, würden nach einer fiktiven Bemessung im Sinne von § 132 SGB III besser gestellt als solche, die eine relativ niedrige Vergütung erhalten hätten. Um einen erhöhten Verwaltungsaufwand zu vermeiden, sei die tarifliche Ausbildungsvergütung nach Weisungslage der Beklagten anhand der Aufstellung des Bundesinstituts für Berufsbildung über die durchschnittlichen, tariflichen Ausbildungsvergütungen für verschiedene Ausbildungsberufe zu ermitteln. Könne mit dieser Aufstellung eine Ausbildungsvergütung im Einzelfall – wie vorliegend – nicht ermittelt werden, sei auf die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen der am stärksten besetzten Ausbildungsberufe (Stichtag 01.10.2004) abzustellen. Maßgeblich seien danach für das erste Ausbildungsjahr 462,00 EUR (Ost) bzw. 549,00 EUR (West), für das zweite Ausbildungsjahr 529,00 EUR (Ost) bzw. 610,00 EUR (West) und für das dritte Ausbildungsjahr 591,00 EUR (Ost) bzw. 687,00 EUR (West). Es gebe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Die Beklagte gehe nach der Verlautbarung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 27.07.2004 davon aus, dass der Kläger während seines Studiums an der Berufsakademie S. nach § 25 SGB III versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 44 f. der LSG-Akte verwiesen.

Der Kläger beantragt im Wege der Anschlussberufung, die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 01. Oktober 2007 bis 16. März 2008 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Qualifikationsgruppe 1 gemäß § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB III in Verbindung mit der Bezugsgröße West zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. Oktober 2008 aufzuheben, die Anschlussberufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen und den Bescheid vom 28. Februar 2008 abzuändern.

Er ist der Ansicht, es sei zu erwägen, ob er wie ein Fachhochschulabsolvent zu behandeln sei. Im Übrigen halte er an seinem erstinstanzlichen Vortrag fest.

Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

1. Streitgegenstand ist nicht nur der Bescheid vom 08.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2007. Denn auch der Änderungsbescheid vom 28.02.2008 ist gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Bescheid für die Zeit ab 01.02.2008 ersetzt hat.

2. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Die Beklagte hat dem Kläger ab 01.10.2007 monatlich (30 Tage x 10,71 EUR =) 321,30 EUR Arbeitslosengeld bewilligt. Bei Einstufung in die vom SG nicht ausgeschlossene Qualifikationsgruppe 1 (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III) ergibt sich unter Berücksichtigung der vom SG ebenfalls nicht ausgeschlossenen, maßgeblichen Bezugsgröße (West) ab 01.10.2007 monatlich Arbeitslosengeld in Höhe von 1.044,90 EUR (29.400,00 EUR: 300 = 98,00 EUR; 98,00 EUR x 30 Tage = 2.940,00 EUR; daraus errechnet sich gemäß www.pub.arbeitsamt.de/selbst.php?jahr=2007 Arbeitslosengeld von monatlich 1.044,90 EUR). Da der Kläger über mehr als fünf Monate Arbeitslosengeld bezogen hat, übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).

3. Die Anschlussberufung des Klägers ist gemäß § 202 SGG i.V.m. § 524 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) statthaft. Ein Mindestbeschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht erforderlich (s. nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, § 143 Rn. 5a m.w.N.). Der Kläger ist dadurch beschwert, dass das SG bewusst über die Höhe des ihm zustehenden Arbeitslosengeldes nicht abschließend entschieden hat.

4. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Klage war nicht mangels Verfristung (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGG) abzuweisen. Der Senat ist mit dem SG – und in Übereinstimmung mit der Beklagten – davon überzeugt, dass dem Kläger der Widerspruchsbescheid erst am 21.12.2007 bekanntgegeben wurde. Die erstinstanzliche Entscheidung ist zu Recht ergangen, soweit sie die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung nach § 132 SGB III zu gewähren. Allerdings hätte auch eine Entscheidung darüber getroffen werden müssen, in welche Qualifikationsgruppe der Kläger einzustufen ist, da der Beklagten insoweit kein Ermessen eingeräumt ist (s. insoweit die Ausführungen zur Begründetheit der Anschlussberufung des Klägers unter 5). Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Dem Kläger steht vom 01.10.2007 bis 16.03.2008 Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung gemäß § 132 SGB III zu.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Arbeitslosengeld vom 01.10.2007 bis 16.03.2008 (a). Zur Bestimmung von dessen Höhe bedarf es der im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen fiktiven Bemessung (b). Für die von der Beklagten vorgenommene Bemessung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers findet sich keine Rechtsgrundlage (c).

a) Gemäß § 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) haben Arbeitnehmer bei Arbeitslosigkeit Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Voraussetzungen dafür sind nach § 118 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848), dass die Arbeitnehmer arbeitslos sind (aa), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (bb) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (cc). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

aa) Gemäß § 119 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der 1. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), 2. sich bemüht, seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Eigenbemühungen) und 3. den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit).

Der Kläger war ab 01.10.2007 beschäftigungslos. Das Fehlen von Eigenbemühungen kann nur in Ausnahmefällen zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen, etwa dann, wenn Eigenbemühungen gänzlich fehlen oder abgelehnt werden (s. Söhngen in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, § 119 Rn. 84 m.w.N.). Davon kann beim Kläger nicht ausgegangen werden. Den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht neben weiteren – vorliegend nicht relevanten – Voraussetzungen zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf (§ 119 Abs. 5 Nr. 1 SGB III) und auch bereit ist, jede derartige Beschäftigung anzunehmen und auszuüben. Auch davon ist beim Kläger auszugehen.

bb) Nach § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Art. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) hat sich der Arbeitslose persönlich bei der zuständigen Agentur für arbeitslos zu melden. Diesen Anforderungen hat der Kläger durch seine persönliche Vorsprache bei der Beklagten am 27.09.2007 entsprochen.

cc) Die Anwartschaftszeit ist ebenfalls erfüllt.

Gemäß § 123 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Art. 3 des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt nach § 124 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 01.10.2007 maßgebliche Rahmenfrist dauerte vom 01.10.2005 bis 30.09.2007. Die vom Kläger während seines Studiums bei seiner Praxispartnerin in der Zeit vom 01.10.2005 bis 30.09.2007 ausgeübte Beschäftigung war versicherungspflichtig, da er dort zu seiner Berufsausbildung beschäftigt war (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).

Die Versicherungspflicht nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III wird nicht durch das Werkstudentenprivileg (§ 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III) ausgeschlossen, wonach Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer der fachlichen Ausbildung dienenden Schule eine Beschäftigung ausüben, versicherungsfrei sind.

Die Rechtsprechung hat Versicherungsfreiheit von Studenten nach den entsprechenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht bereits angenommen, wenn jemand als ordentlicher Studierender an einer Hochschule eingeschrieben war. Hinzukommen musste vielmehr, dass das Studium Zeit und Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nahm und der Betreffende damit auch seinem Erscheinungsbild nach Student und nicht Arbeitnehmer war. Die damaligen und mit ihnen im Wesentlichen übereinstimmenden jetzigen Vorschriften über die Versicherungs- und Beitragsfreiheit beziehen sich in erster Linie auf "Werkstudenten". Dies sind Studierende, die neben ihrem Studium eine entgeltliche Beschäftigung ausüben, um sich durch ihre Arbeit die zur Durchführung des Studiums und zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts erforderlichen Mittel zu verdienen. Die Beschäftigung von Studenten ist somit versicherungs- und beitragsfrei, wenn und solange sie "neben" dem Studium ausgeübt wird und ihm nach Zweck und Dauer untergeordnet ist. Versicherungsfreiheit als "Werkstudent" hat das Bundessozialgericht (BSG) deshalb verneint bei Arbeitnehmern, die ein Studium aufgenommen, ihren Beruf aber weiterhin in vollem Umfang ausgeübt haben, ferner beim Abendstudium an einer Bauschule, wenn daneben mehr als eine Halbtagsbeschäftigung ausgeübt wurde, und schließlich bei einer Ganztagsbeschäftigung, wenn nur tageweise studiert wurde. Allen diesen Entscheidungen war gemeinsam, dass während des Studiums die früher verrichtete Beschäftigung weiter ausgeübt wurde oder jedenfalls das Beschäftigungsverhältnis fortdauerte und weiterhin das Erscheinungsbild eines Beschäftigten bestand. Das BSG hat diese Rechtsprechung dahin fortgeführt, dass auch derjenige nicht als Werkstudent versicherungsfrei ist, der ein Studium aufnimmt, sein Arbeitsverhältnis jedoch nicht löst, sondern vom Arbeitgeber unter Zahlung einer Ausbildungsförderung für die Dauer des Studiums beurlaubt und von ihm während der Semesterferien in seinem Beruf gegen Entgelt beschäftigt wird. Später hat das BSG bei einer Beurlaubung für die Dauer des Studiums unter Fortzahlung des nur unwesentlich gekürzten Gehalts das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses und Versicherungspflicht während des gesamten Studiums angenommen. Schließlich hat es Versicherungsfreiheit eines Studenten verneint, der von seinem Arbeitgeber für ein Studium Sonderurlaub unter Zahlung einer Studienförderung erhalten hat, wenn er in den Semesterferien die frühere Beschäftigung wieder ausübt (so das BSG in seinem Urteil vom 10.12.1998 – B 12 KR 22/97 RSozR 3-2500 § 6 Nr. 16 Seite 54 f. m.w.N.).

Wie bereits diese Beispiele zeigen, geht es bei Werkstudentensachverhalten um die Versicherungsfreiheit einer ansonsten versicherungs- und beitragspflichtigen entgeltlichen Beschäftigung. Es handelt sich typischerweise um in abhängiger Beschäftigung ausgeübte Tätigkeiten, die zum Zwecke der (Mit-)Finanzierung des Studiums neben demselben erbracht werden. Allerdings erfasst die Versicherungsfreiheit nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB III auch solche Beschäftigungen, die nicht bzw. nicht vordringlich mit dem Motiv der Finanzierung des Studiums ausgeübt werden, sondern von der jeweiligen Studienordnung – z.B. als Praktika – vorgeschrieben werden, ohne dass sie das Studium maßgeblich prägen. Aber selbst wenn sie das Studium quantitativ und qualitativ in Gestalt längerer, in das Studium eingebetteter Blockzeiten mitprägen, ist vom BSG, für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts unter Geltung des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) die Auffassung vertreten worden, dass Versicherungsfreiheit vorliege. Das BSG hatte sich in diesem Zusammenhang mit der versicherungsrechtlichen Bewertung der Verknüpfung zwischen praktischer Tätigkeit und Studium bereits mehrfach befasst, wenn der Praktikant gleichzeitig an der Universität immatrikuliert war. Insbesondere die Bewertung der früheren einstufigen Juristenausbildung war zwischen den Senaten des BSG nicht unumstritten (vgl. nur Urteil vom 06.10.1988 – 1 RA 53/87 – SozR 2200 § 1232 Nr. 26 = BSGE 64, 130; vom 20.09.1989 – 7 RAr 114/87SozR 4100 § 134 Nr. 38 = BSGE 65, 281; vom 21.02.1990 – 12 RK 12/87SozR 3-2940 § 2 Nr. 1 = BSGE 66, 211; vom 20.03.1986 – 11a RA 64/84BSGE 60, 61 = SozR 2200 § 1232 Nr. 19; siehe auch Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 10/79 – SozR 2200 § 172 Nr. 15 für einen als Studenten eingeschriebenen Informatiker). Im Übrigen kam es nach dem Leistungsrecht des AFG wegen der Sondervorschrift des § 241a AFG für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe auf die Frage der Versicherungspflicht nicht an (BSG, Urteil vom 24.09.1992 – 7 RAr 14/92 – USK 92100 = Die Beiträge 1993, 320).

Das BSG hat in seinem Urteil vom 03.02.1994 (12 RK 78/92SozR 3-2500 § 5 Nr. 15 Seite 49 f.) aber allgemein zu Praktika ausgeführt, dass ein Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs 2 SGB IV mangels betrieblicher Berufsbildung im Sinne des § 19 Berufsbildungsgesetz (BBiG) nur zu verneinen sei, wenn die praktische Ausbildung im Wesentlichen außerbetrieblich, also durch die Ausbildungsstätte (Hochschule) geregelt und gelenkt werde. Wie durch die Bezugnahme auf § 19 BBiG klargestellt werde, komme es demgegenüber nicht darauf an, ob berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses im Sinne des § 1 Abs. 2 BBiG vermittelt würden. Eine berufspraktische Tätigkeit sei nur dann als Teil des Studiums und nicht als Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn anzusehen, wenn der Praktikant bereits immatrikuliert sei. Nur dann sei das Praktikum mit den notwendigen Rechtswirkungen für die Betroffenen in die Hoch- oder Fachschulausbildung einbezogen. Denn erst mit dem Wirksamwerden der Einschreibung als Student werde bestätigt, dass der Ausbildungswillige und die Ausbildungsstätte den mit der Ausbildung verbundenen rechtlichen Status anerkennen würden. Das bedeute zwar, dass Vorpraktikanten versicherungsrechtlich anders zu behandeln sein könnten (zu früheren Entscheidungen über die Versicherungspflicht von Vorpraktikanten siehe BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 20/79BSGE 51, 88 = SozR 2200 § 165 Nr. 53 für ein Vorpraktikum zu einem Architekturstudium; vom 17.03.1981 – 12 RK 44/80 – Die Beiträge 1982, 92 = USK 81107 für ein Vorpraktikum zu einer Fachschulausbildung im Sozialwesen; vom 21.04.1988 – 7 RAr 73/86BSGE 63, 153 = SozR 4100 § 112 Nr. 39 für ein Vorpraktikum zu einem forstwissenschaftlichen Studium) als Zwischenpraktikanten bei fortbestehender Immatrikulation und dass der versicherungsrechtliche Status durch die Verschiebung des Praktikums in die Zeit nach der Immatrikulation beeinflusst werden könne, soweit das Hochschulrecht dies gestatte. Im Interesse der Rechtssicherheit müsse dieses jedoch hingenommen werden. Die von der Gegenmeinung befürwortete Versicherungsfreiheit aller mit einer wissenschaftlichen Ausbildung zusammenhängenden abhängigen Tätigkeiten sei weder mit dem Wortlaut der einschlägigen Vorschriften noch mit ihrer Entstehungsgeschichte vereinbar. Die Versicherungsfreiheit sei für den wissenschaftlichen Nachwuchs zunächst ausgedehnt worden, so dass sie nicht nur Beschäftigungen nach einem ersten wissenschaftlichen Abschluss (insbesondere Assistenten, vgl. BSG, Urteil vom 31.05.1978 – 12 RK 62/76 – SozR 5750 Art 2 § 46 Nr. 3; vom 14.02.1964 – 1 RA 151/61 – DAngVers 1964, 341), sondern auch entgeltliche Vorpraktika erfasst habe. Sie sei aber in der Rentenversicherung bei der Rentenreform im Jahre 1957 und im Arbeitsförderungsrecht bei der Einführung der Krankenversicherung der Studenten im Jahre 1975 aufgegeben worden. Die Auslegung des Beschäftigungsbegriffs in § 7 Abs. 2 SGB IV müsse die Abkehr des Gesetzgebers von der allgemeinen Versicherungsfreiheit des wissenschaftlichen Nachwuchses beachten und dürfe nicht dazu führen, dass im Ergebnis zu der vor 1957 geltenden Rechtslage zurückgekehrt werde. Dieses würde auch der Begründung zur Rentenreform 1957 widersprechen. Danach sollte die Einführung des bis heute geltenden "Werkstudentenprivilegs" zur Einschränkung der Versicherungsfreiheit auf Nebenbeschäftigungen von "ordentlich Studierenden" führen (Bericht des Bundestags-Ausschusses für Sozialpolitik zu BT-Drucks II/3080 S. 3). Auch in seinem schon erwähnten Urteil vom 10.12.1998 (B 12 KR 22/97 RSozR 3-2500 § 6 Nr. 16) hat das BSG Versicherungs- und Beitragspflicht bejaht, wenn nach Abschluss einer Berufsausbildung ein beruflich weiterführendes "berufsintegriertes Studium" absolviert wird und die Beschäftigung in dem erlernten Beruf während des Semesters als Teilzeitbeschäftigung und während der Semesterferien als Vollzeitbeschäftigung ausgeübt wird. Außerdem hat es ausdrücklich an der früheren Auffassung, dass bei einem Studenten Versicherungs- und Beitragspflicht wegen Beschäftigung nur eintrete, wenn auch die wöchentliche Beschäftigungszeit durchgehend über 20 Stunden liege, ausdrücklich nicht mehr festgehalten. Insgesamt ergibt sich aus dieser neueren Rechtsprechung, dass immer schon dann ein Pflichtversicherungsverhältnis aufgrund einer Beschäftigung (zur Berufsausbildung) zu bejahen ist, wenn das Studium bzw. die theoretischen Studienabschnitte in eine vorbestehende oder eine damit im Zusammenhang stehende Beschäftigung eingebettet sind und die Beschäftigung die Studienzeit wesentlich mitprägt, ohne dass dies ständig täglich, wöchentlich oder auch nur monatlich so sein muss.

Die besondere Ausgestaltung des hier zu beurteilenden Sachverhalts ergibt, dass sich der Kläger, der bereits eine Ausbildung zum Industriekaufmann absolviert hatte, während der gesamten Dauer des Ausbildungsverhältnisses, jedenfalls aber während des berufspraktischen Teils einschließlich der Urlaubszeiten zu seiner Berufsausbildung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III beschäftigt und die Versicherungspflicht nicht nach § 27 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 SGB III ausgeschlossen war.

Hier prägt maßgeblich das auf der Grundlage des am 15.07.2004 geschlossenen Ausbildungsvertrages zustande gekommene betriebliche Berufsausbildungsverhältnis die (arbeitslosen-)versicherungsrechtliche Situation des Klägers. Die wissenschaftlich theoretischen Teile der Ausbildung – das Studium im engeren Sinne – sind in das Berufsausbildungsverhältnis eingebettet und nicht umgekehrt etwaige Praktika in das Studium. Das Berufsausbildungsverhältnis ist seinerseits eine abhängige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB IV. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes über die Berufsakademie im Freistaat Sachsen (Sächsisches Berufsakademiegesetz – SächsBAG) vom 11.06.1999 (SächsGVBl. S. 276) umfasst jedes Studienhalbjahr einen wissenschaftlich theoretischen sowie einen praktischen Studienabschnitt von jeweils zwölf Studienwochen. Dabei werden die wissenschaftlich theoretische und die praktische Bildung inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 SächsBAG). Auch wenn deswegen die Teilnehmer an den Studiengängen der Berufsakademie S. als Studenten bezeichnet werden und das Gesetz davon spricht, dass die Studenten in einem dreijährigen praxisintegrierenden Studium durch die Vermittlung und Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden auf eine berufliche Tätigkeit vorbereitet werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 SächsBAG), handelt es sich bei den Studenten gleichwohl um zu ihrer betrieblichen Berufsausbildung Beschäftigte, die lediglich für die Dauer der wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitte von ihrem Ausbildungsbetrieb freigestellt werden.

Voraussetzung für die Berechtigung zum Studium an der Staatlichen Studienakademie G. (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SächsBAG definiert die Staatliche Studienakademie G. als Teil der Berufsakademie S. ) ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SächsBAG namentlich und maßgeblich ein vor Studienbeginn mit einem Praxispartner abgeschlossener Ausbildungsvertrag, der den vom Kollegium der Berufsakademie S. (§ 14 Abs. 1 SächsBAG) gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 8 SächsBAG aufgestellten Grundsätzen für die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses entspricht. Praxispartner sind Einrichtungen der Wirtschaft, insbesondere solche der freien Berufe, sowie Einrichtungen von Trägern sozialer Aufgaben, wenn sie geeignet sind, die vorgeschriebenen Inhalte der praktischen Studienabschnitte zu vermitteln. Die Durchführung des Verfahrens zur Anerkennung von Praxispartnern obliegt einer im Gesetz vorgesehenen Koordinierungskommission (§ 2 SächsBAG). Zugelassen werden kann als Student nur, wer diese Voraussetzung – vorheriger Abschluss eines Ausbildungsvertrages bei einem anerkannten Praxispartner – erfüllt und von seinem Praxispartner unter Vorlage des Ausbildungsvertrages zum Studium vorgeschlagen wird (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SächsBAG). Die Zulassung zum Studium ist in der Regel zu widerrufen, wenn das Ausbildungsverhältnis des Studenten mit einem Praxispartner rechtswirksam beendet und nicht innerhalb von acht Wochen ein neuer Ausbildungsvertrag mit einem anderen Praxispartner abgeschlossen worden ist (§ 8 Abs. 4 SächsBAG). Danach muss das Berufsausbildungsverhältnis während der gesamten Dauer des Studiums fortbestehen und der Student kann nur aus dem Ausbildungsverhältnis heraus an den wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitten teilnehmen.

Dementsprechend sah der vom Kläger mit seiner Praxispartnerin abgeschlossene Ausbildungsvertrag, dessen Inhalte durch das Kollegium der Berufsakademie S. vorgegeben worden sind (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 SächsBAG), auch vor, dass das Berufsausbildungsverhältnis die gesamte Studienzeit erfassen und vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2007 dauern sollte. Während der berufspraktischen Studienzeit betrug die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 37,5 Stunden. Der Urlaub wurde von der Praxispartnerin gewährt (7 Arbeitstage im Jahr 2004, 29 Arbeitstage in den Jahren 2005 und 2006, 22 Arbeitstage im Jahr 2007). Der Kläger hatte keine durch die Berufsakademie zu gewährenden Semesterferien. Der Kläger verpflichtete sich gegenüber seiner Praxispartnerin den Weisungen zu folgen, die ihm im Rahmen der praktischen Berufsabschnitte und in den wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitten von weisungsberechtigten Personen erteilt wurden. Die Praxispartnerin verpflichtete sich, den Kläger zum Zwecke des Besuchs der Staatlichen Studienakademie von der betrieblichen Beschäftigung freizustellen. Aus dem Berufsausbildungsverhältnis heraus wurde dem Kläger der Besuch der wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitte ermöglicht und er gerade nicht umgekehrt aus dem Studium heraus zeitweise in ein berufsorientiertes Ausbildungsverhältnis eingebunden. Damit korrespondiert auch, dass die Praxispartnerin aufgrund des Ausbildungsvertrages verpflichtet war, dem Kläger einen für das gesamte Studium verantwortlichen Betreuer (Ausbildungsleiter) zur Seite zu stellen und ergänzend weitere geeignete Mitarbeiter mit der Betreuung der praktischen Studienabschnitte zu beauftragen. Der Ausbildungsleiter der Praxispartnerin war somit auch während der wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitte maßgeblich für den Kläger verantwortlich und musste gegebenenfalls auf ihn einwirken.

Der Kläger unterlag im Rahmen der praktischen Studienabschnitte umfassend der Weisungsbefugnis der Praxispartnerin. Dies war im Ausbildungsvertrag ausdrücklich geregelt. Er musste zudem die betriebliche Ordnung der Praxispartnerin, insbesondere die Arbeitszeitregelung beachten, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer anzeigen. Urlaub wurde von der Praxispartnerin gewährt. Der Kläger unterlag der Weisungsbefugnis der Praxispartnerin zum Teil unmittelbar und zum Teil mittelbar auch soweit es um die wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitte ging. Der Kläger durfte dem Studium nur mit vorheriger Zustimmung der Praxispartnerin, im wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitt "zusätzlich"(!) nur mit vorheriger Zustimmung der Staatlichen Studienakademie fernbleiben. Der Kläger musste sich auch ausbildungsvertraglich gegenüber seiner Praxispartnerin verpflichten, den Weisungen des Personals der Staatlichen Studienakademie nachzukommen. Ein Fehlverhalten während eines wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitts konnte zur Kündigung aus wichtigem Grund führen. Ausdrücklich war geregelt, dass dem Kläger im Falle der Exmatrikulation ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden konnte. Damit korrespondiert, dass die Praxispartnerin den Kläger während der gesamten Studiendauer vom 01.10.2004 bis 30.09.2007, also auch während der wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitte aufgrund des Ausbildungsvertrages nach § 342 SGB III in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße versichert hat.

Folgerichtig haben die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 27.07.2004 auch die Teilnehmer an berufs- und ausbildungsintegrierten Studiengängen unter ausdrücklicher Erwähnung der Berufsakademien als versicherungspflichtig Beschäftigte eingestuft (dort bei 1.2.8.1).

Aber selbst wenn man hier davon ausginge, dass es sich bei dem wissenschaftlich theoretischen Studienabschnitt und dem praktischen Studienabschnitt um zwei getrennte Bereiche handele und der wissenschaftlich theoretische Studienabschnitt nicht durch das Ausbildungsverhältnis dominiert werde, weicht das Erscheinungsbild eines Studenten/Auszubildenden, der einen Studiengang der Berufsakademie S. besucht, aufgrund des das gesamte Studium umklammernden Ausbildungsverhältnisses sehr deutlich von dem Erscheinungsbild des Studierenden ab, wie er sonst im Hochschul- und Fachhochschulbereich anzutreffen ist. Jedenfalls kann umgekehrt auch der praktische Studienabschnitt nicht allein zu einem – weil vom Werkstudentenprivileg erfassten – versicherungsrechtlich unbeachtlichen Teil des Studiums herabgestuft werden, sondern es kommt ihm eine eigenständige arbeitslosenversicherungsrechtliche Bedeutung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III zu. Auch hiernach war der Kläger innerhalb der Rahmenfrist einschließlich der Urlaubszeiten mindestens 55 Wochen versicherungspflichtig beschäftigt (48 Wochen berufspraktische Studienabschnitte, 51 Tage Urlaub für die Jahre 2006 und 2007), wenn man zu seinen Ungunsten davon ausgeht, dass er von Oktober bis Dezember 2005 keinen Urlaub genommen hat und auch kein Resturlaub vorhanden war.

Somit ist die Rahmenfrist mit einem Versicherungspflichtverhältnis von mindestens zwölf Monaten ausgefüllt.

b) Dem Kläger steht für die Zeit vom 01.10.2007 bis 16.03.2008 Arbeitslosengeld auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung gemäß § 132 SGB III zu.

aa) Dabei richtet sich das Leistungsentgelt für den Kläger nach dem allgemeinen Leistungssatz.

Gemäß § 129 SGB III in der ab 01.08.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften vom 16.02.2001 (BGBl. I S. 266) beträgt das Arbeitslosengeld 1. für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (erhöhter Leistungssatz), 2. für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (allgemeiner Leistungssatz) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

Die Voraussetzungen für den erhöhten Leistungssatz liegen beim Kläger nicht vor.

bb) Für die Berechnung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes ist ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen.

(1) Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

Unter Berücksichtigung eines Bemessungsrahmens vom 01.10.2006 bis 30.09.2007 ergeben sich für den Kläger keine Entgeltabrechnungszeiträume von versicherungspflichtigen Beschäftigungen.

(2) Gemäß § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) wird der Bemessungsrahmen auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.

Unter Zugrundelegung eines Bemessungsrahmens vom 01.10.2005 bis 30.09.2007 ergeben sich für den Kläger ebenfalls keine Entgeltabrechnungszeiträume von versicherungspflichtigen Beschäftigungen.

(3) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 [BGBl. I S. 2848]). Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht insoweit gerade keine Gesetzeslücke. Vielmehr hat der Gesetzgeber ausdrücklich eine zwingende Regelung getroffen, deren Voraussetzungen hier zu bejahen sind.

c) Für die von der Beklagten vorgenommene Bemessung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers ist keine Rechtsgrundlage ersichtlich.

Der Ausgangspunkt der Beklagten, die tarifliche Ausbildungsvergütung für die Bemessung des Arbeitslosengeldes des Klägers heranzuziehen, findet in § 132 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) keine Stütze. Demgegenüber sah die bis zum 31.12.2004 geltende Vorläuferregelung zumindest eine Orientierung am tariflichen Arbeitsentgelt vor. § 133 Abs. 4 SGB III in der damaligen Fassung lautete: "Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 39 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, bei Saisonarbeitnehmern von 20 Wochen mit Anspruch auf Entgelt, innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs nicht festgestellt werden, ist Bemessungsentgelt das tarifliche Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat." Und speziell für Zeiten einer Beschäftigung zur Berufsausbildung sah § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung für Arbeitslose, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt gewesen waren und die Abschlussprüfung bestanden hatten, vor, dass als Entgelt die Hälfte des tariflichen Arbeitsentgelts derjenigen Beschäftigung zu Grunde zu legen war, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hatte, mindestens das Arbeitsentgelt der Beschäftigung zur Berufsausbildung.

Allerdings wollte der Gesetzgeber mit der Neufassung des Bemessungsrechts ab 01.01.2005 eine durchgreifende Vereinfachung des Leistungsrecht herbeiführen (s. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, vor §§ 129-134 Rn. 1). So heißt es in der allgemeinen Begründung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Vereinfachung des Leistungsrechts der Arbeitslosenversicherung im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen vom 05.09.2003 (BT-Drucks. 15/1515 S. 71):

"Gegenwärtig ist das System davon geprägt, ein hohes Maß an Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen, arbeitsmarktpolitische Besonderheiten durch stark differenzierte Sonder- und Ausnahmeregelungen zu berücksichtigen und einschränkende Rechtsänderungen durch Übergangsregelungen abzufedern. Die Entscheidung über Bewilligung und Umfang des Arbeitslosengeldes löst deshalb einen erheblichen Informationsbedarf bei den beteiligten Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus und erfordert einen hohen Personal-, Sach- und Zeitaufwand in der Bundesanstalt für Arbeit. Sie ist für die Betroffenen, aber auch für Experten nur noch schwer nachvollziehbar. Insgesamt bindet das Leistungsverfahren in erheblichem Umfang Kapazitäten, die im Gesamtrahmen der Umgestaltung der Bundesanstalt für Arbeit zu einem modernen Dienstleister am Arbeitsmarkt für die Beratung und Betreuung der Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die berufliche Wiedereingliederung Arbeitsloser dringend benötigt werden. Ziel der Reformbestrebungen ist es deshalb, die Vielfalt und Komplexität der Regelungen zurückzuführen und das Verwaltungsverfahren deutlich und nachhaltig zu vereinfachen."

Die Begründung zu § 132 SGB III im Gesetzentwurf eines Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt der Regierungsfraktionen vom 05.09.2003 lautete (BT-Drucks. 15/1515 S. 85 f.):

"zu § 132 ... Anders als bisher erfolgt die fiktive Leistungsbemessung nicht mehr nach dem individuell erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelt sondern - verwaltungseinfach - nach einer pauschalierenden Regelung."

Mit diesen Bestrebungen des Gesetzgebers, eine umfassende Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen, lässt sich die Vorgehensweise der Beklagten nicht in Einklang bringen. Die Beklagte wendet ohne jegliche rechtliche Grundlage eine andere als in § 132 SGB III vorgesehene fiktive, pauschalierende Bemessung des Arbeitsentgelts an, weil sie dies für gerechter erachtet und damit zumindest partiell der Einzelfallgerechtigkeit entsprechen will.

Wenn die Beklagte argumentiert, derjenige Auszubildende, der über eine lediglich geringe Ausbildungsvergütung verfüge, werde gegenüber demjenigen schlechter gestellt, der überhaupt keine Ausbildungsvergütung erhalte, so mag dies zutreffen, rechtfertigt aber nicht die von der Beklagten vorgenommene Bemessung des Arbeitslosengeldes des Klägers. Konsequent, wenngleich dennoch weiterhin rechtswidrig, wäre dies allenfalls, sofern die Beklagte die Ausbildungsvergütung gering, aber immerhin tatsächlich entlohnter, zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigter auf das Maß der von ihr – der Beklagten – zu Grunde gelegten pauschalierenden tariflichen Ausbildungsvergütung anheben würde. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die Beklagte ausdrücklich von dem bisher nicht geregelten Sonderfall spricht, dass in Zeiten einer versicherungspflichtigen Beschäftigung zur Berufsausbildung kein Arbeitsentgelt gezahlt wurde. Auch das von der Beklagten zu Grunde gelegte Bemessungssystem führt somit nach wie vor zu Ungleichbehandlungen.

5. Die Anschlussberufung des Klägers ist begründet.

Zum einen ist der Kläger der Qualifikationsgruppe 1 zuzuordnen (a), zum anderen richtet sich das der Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers zu Grunde zu legende fiktive Bemessungsentgelt nach der Bezugsgröße West (b).

a) Gemäß § 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848) ist für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist für den Kalendertag nach § 132 Abs. 2 Satz 2 SGB III zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die 1. eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße, 2. einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße, 3. eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße, 4. keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße.

Auf welche Beschäftigung die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie zu erstrecken hat, richtet sich gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 SGB III nach Neigung, Eignung und Leistungsfähigkeit des Arbeitsuchenden sowie den angebotenen Stellen. Der Abschluss des Klägers als Betriebswirt befähigt ihn zu Beschäftigungen der Qualifikationsgruppe 1. Denn seine Ausbildung an der Berufsakademie S. ist mit einer Fachhochschulausbildung gleichzusetzen. So heißt es in § 10 Abs. 4 Satz 3 in der damals geltenden Fassung des SächsBAG vom 11.06.1999: "Der Abschluss der Berufsakademie S. steht den entsprechenden Abschlüssen der Staatlichen Fachhochschulen als berufsbefähigender Abschluss gleich."

b) Dem Kläger steht für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Arbeitsentgelts in Höhe von (einem Dreihundertstel der Bezugsgröße West [29.400,00 EUR] =) 98,00 EUR und für die Zeit vom 01.01.2008 bis 16.03.2008 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines täglichen Arbeitsentgelts in Höhe von (einem Dreihundertstel der Bezugsgröße West [29.820,00 EUR] =) 99,40 EUR zu.

Eine Zugrundelegung der Bezugsgröße Ost wäre rechtswidrig.

aa) Die Zugrundelegung der Bezugsgröße Ost für die Berechnung des Arbeitslosengeldanspruchs des Klägers lässt sich nicht auf § 408 Nr. 1 SGB III stützen.

(1) Dessen direkter Anwendungsbereich erstreckt sich nicht auf Fälle der fiktiven Bemessung gemäß § 132 SGB III (so auch Rokita in Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, Stand Dezember 2007, § 132 Rn. 70; anderer Ansicht Schlegel/Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, § 408 Rn. 24).

Danach ist, soweit Vorschriften des SGB III bei Entgelten oder Beitragsbemessungsgrundlagen an die Bezugsgröße anknüpfen, die Bezugsgröße für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet (Beitrittsgebiet) maßgebend (s. § 18 Abs. 2 und 3 Viertes Buch Sozialgesetzbuch [SGB IV]), wenn der Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt.

Beschäftigungsort ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB IV der Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.

Wer arbeitslos ist, der übt aber tatsächlich gerade keine Beschäftigung an irgendeinem Beschäftigungsort aus (zutreffend Rokita in Schönefelder/Kranz/Wanka, SGB III, Stand Dezember 2007, § 132 Rn. 70). § 408 Nr. 1 SGB III ist daher vorliegend nicht einschlägig. Sein direkter Anwendungsbereich beschränkt sich vielmehr auf solche Vorschriften, die eine tatsächliche Beschäftigung voraussetzen (vgl. z.B. § 416 Abs. 3 Satz 2 SGB III, § 344 Abs. 2 und 3 SGB III sowie § 345 Satz 1 Nr. 1 und 3 SGB III).

(2) Eine analoge Anwendung von § 408 Nr. 1 SGB III auf Sachverhalte wie den vorliegenden kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil bei einem bundesweit vermittelbaren Arbeitslosen – selbst bei Unterstellung einer Gesetzeslücke – keine vergleichbare Interessenlage besteht. Denn wer sich der Arbeitsvermittlung bundesweit zur Verfügung stellt, weist im Hinblick auf einen potentiellen Beschäftigungsort gerade keinerlei Bezug auf, der die Heranziehung der Bezugsgröße Ost rechtfertigen könnte. Maßgebliches Kriterium kann in diesen Fällen grundsätzlich nur sein, auf welches Gebiet die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen zu erstrecken hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.1988 – 7 RAr 6/87BSGE 64, 174, 175-177 = SozR 4100 § 112 Nr. 42 und Rolfs in Gagel, SGB III, Stand Oktober 2008, § 132 Rn. 12). Dies ist bei einem Arbeitslosen, der keinerlei Einschränkung seiner Verfügbarkeit geltend macht, der gesamte Arbeitsmarkt im Bundesgebiet. Somit ist einheitlich die Bezugsgröße West heranzuziehen (so zutreffend Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, § 132 Rn. 46; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Februar 2009, § 132 Rn. 12).

bb) Aber selbst wenn § 408 Nr. 1 SGB III entsprechend anwendbar sein sollte, hat der Kläger hier Anspruch auf Berechnung seines Arbeitslosengeldes nach der Bezugsgröße West, weil er sich für Vermittlungsbemühungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat.

Nach in der Kommentarliteratur vertretener Auffassung ist nur in zwei Fällen für die fiktive Bemessung an die Bezugsgröße Ost anzuknüpfen, mithin eine analoge Anwendbarkeit von § 408 Nr. 1 SGB III zu bejahen (Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, Stand Februar 2009, § 132 Rn. 12, spricht insoweit von subjektiver oder objektiver regionaler Beschränkung; s. auch Marschner in GK-SGB III, Stand März 2009, § 132 Rn. 13), zum einen dann, wenn der Arbeitslose im Ausnahmefall aufgrund seiner beruflichen Qualifikation einerseits und dem Angebot auf dem Arbeitsmarkt andererseits nur im Beitrittsgebiet vermittelbar ist (Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, § 132 Rn. 46; Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, § 132 Rn. 29) und zum anderen dann, wenn der Arbeitslose seine Verfügbarkeit regional auf das Beitrittsgebiet beschränkt (Coseriu/Jakob in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Auflage, § 132 Rn. 29). Beide Ausnahmefälle liegen allerdings beim Kläger nicht vor: Weder hat er seine Verfügbarkeit regional eingeschränkt noch finden sich für Diplom-Betriebswirte (Berufsakademie) in der Studienrichtung Bauwirtschaft nur im Beitrittsgebiet Arbeitsplätze. Es kann somit dahinstehen, ob Fälle einer objektiven regionalen Beschränkung überhaupt praktisch denkbar sind.

Dem Wohnsitz eines Arbeitslosen kann keine zwangsläufige Bedeutung zugemessen werden, wenn er sich für Vermittlungsbemühungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung stellt (vgl. BSG, Urteil vom 23.11.1988 – 7 RAr 6/87BSGE 64, 174, 175-177 = SozR 4100 § 112 Nr. 42; Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Februar 2009, § 132 Rn. 46). § 121 Abs. 4 SGB III regelt nur, welche Tagespendelstrecke einem Arbeitslosen zumutbar ist. Das schließt nicht aus, dass er eine Arbeit außerhalb des zumutbaren Tagespendelbereiches aufnehmen darf. Die Heranziehung von § 121 Abs. 4 SGB III ist daher nicht sachgerecht.

6. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung in § 132 Abs. 2 SGB III bestehen nicht. Die Abkehr von der individuellen Ermittlung des erzielbaren tariflichen Arbeitsentgelts (§ 133 Abs. 4 SGB III a.F. und § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F.) hält insbesondere dem Willkürverbot des Art. 3 Grundgesetz (GG) stand (vgl. BSG, Urteil vom 29.05.2008 – B 11a/7a AL 64/06 R – juris Rn. 48-51).

Wenn der Gesetzgeber im Rahmen von § 132 SGB III keine dem § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. vergleichbare Regelung mehr getroffen hat, ist diesbezüglich von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, über welche sich die Verwaltung nicht hinwegsetzen darf, auch nicht durch zusätzliche Modifizierungen der Berechnungsweise (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21.03.2007 – L 2 AL 168/05 – juris Rn. 19-20; allerdings greift die dortige Überlegung am Ende von Rn. 20 vorliegend gerade nicht, weil der Kläger nach der vorgeschlagenen Lösung sogar noch günstiger behandelt wird, als er nach § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III a.F. behandelt worden wäre!). Gerade die zitierte Entscheidung des LSG Sachsen-Anhalt zeigt deutlich, dass das ab 01.01.2005 geltende gesetzgeberische Konzept bei der Bemessung von Arbeitslosengeldansprüchen aufgrund von Zeiten einer Beschäftigung zur Berufsausbildung in Einzelfällen zu deutlichen Abweichungen nach oben oder nach unten führen kann. Dem Gesetzgeber steht aber insbesondere im Bereich des Sozialrechts ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Vom Gesetzgeber getroffene sozialpolitische Entscheidungen sind hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlerhaft noch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar sind (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 11.10.1962 – 1 BvL 22/57BVerfGE 14, 288, 301). Dabei kann er Massenerscheinungen auch ordnen, indem er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen trifft (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005 – 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00BVerfGE 112, 368, 404 m.w.N.). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern darauf, ob sachlich einleuchtende Gründe für seine Regelung vorliegen (BVerfG, Beschluss vom 17.03.1959 – 1 BvL 39, 44/56 – BVerfGE 9, 201, 206, BVerfG, Beschluss vom 14.04.1964 – 2 BvR 69/62BVerfGE 17, 319, 330).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich allerdings je nach Regelungsgegen-stand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Die Abstufung der Anforderungen folgt aus Wortlaut und Sinn des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus seinem Zusammenhang mit anderen Verfassungsnormen. Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Verschiedenbehandlung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung. Diese ist jedoch nicht auf personenbezogene Differenzierungen beschränkt. Sie gilt vielmehr auch, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers sind um so engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Dieser Gesichtspunkt ist insbesondere im Hinblick auf die Zwangsmitgliedschaft der Versicherten in einem öffentlichrechtlichen Verband, die deren allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG einschränkt, von Bedeutung. Außerhalb des so umschriebenen Bereichs lässt der Gleichheitssatz dem Gesetzgeber weitgehende Freiheit, Lebenssachverhalte je nach dem Regelungszusammenhang verschieden zu behandeln. Die Grenze bildet insoweit allein das Willkürverbot (so das BVerfG in der ersten Einmalzahlungsentscheidung, Beschluss vom 11.01.1995 – 1 BvR 892/88BVerfGE 92, 53, 68 f. m.w.N.). Bei der Ordnung von sozialrechtlichen Massenerscheinungen durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen liegt nicht bereits allein wegen der damit verbundenen Härten ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz vor. Jedoch setzt eine zulässige Typisierung voraus, dass diese Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (BVerfG, Urteil vom 28.04.1999 – 1 BvL 11/94, 33/95, 1 BvR 1560/97 – BVerfGE 100, 139, 174 m.w.N.).

Eine Ungleichbehandlung bewirkt hier § 132 SGB III im Verhältnis der Gruppe der Arbeitslosengeldbezieher, deren Bemessungsentgelt konkret ermittelt wird, an dem sich auch die Höhe der Beiträge ausrichtet, und der Gruppe der Arbeitslosengeldbezieher, deren Bemessungsentgelt in pauschalierender Weise bestimmt wird. Dies kann dazu führen, dass die letztere Gruppe trotz Zahlung nur geringer Beiträge im Bemessungszeitraum einen höheren Arbeitslosengeldanspruch als die Gruppe hat, deren Bemessungsentgelt bei deutlich höherer Beitragslast konkret ermittelt wird.

Allerdings hat das BVerfG bei derartigen Fallgestaltungen einen sachlich nicht gerechtfertigten Verstoß nur dann angenommen, wenn es der Gesetzgeber dabei belässt, die Höhe der jeweiligen Lohnersatzleistung grundsätzlich an den beitragspflichtigen Arbeitsentgelten zu orientieren, gleichwohl aber bestimmte Arbeitsentgeltbestandteile ausklammert. Nur in diesem Fall müssen alle beitragspflichtigen Arbeitsentgelte berücksichtigt werden. Solange die Bemessung der Lohnersatzleistung nicht in einer ganz unbedeutenden Weise durch das bisherige beitragspflichtige Arbeitsentgelt mit bestimmt wird, müssen alle Arbeitsentgeltbestandteile, die der Beitragspflicht unterworfen werden, einen grundsätzlich gleichen Erfolgswert haben. Allein dies entspricht Art. 3 Abs. 1 GG (so das BVerfG in seiner zweiten Einmalzahlungsentscheidung, Beschluss vom 24.05.2000 – 1 BvL 1, 4/98, 15/99 – BVerfGE 102, 137, 143 f.).

So verhält es sich hier gerade nicht. Bei den vom Gesetzgeber definierten Sachverhalten, bei denen es zu einer pauschalierenden Bemessung kommt, weicht er vom Referenzprinzip bewusst ab und stellt prospektiv in einer (hinsichtlich der Gruppenbildung) typisierenden und (und hinsichtlich der Höhe) pauschalierenden Weise darauf ab, welches Arbeitsentgelt der Arbeitslose aufgrund seiner bisher erreichten beruflichen Ausbildung erzielen kann. Dafür hat der Gesetzgeber ausreichende sachliche Gründe. Hierbei ist kategorial zu trennen zwischen der Frage, warum der Gesetzgeber eine fiktive Bemessung in § 132 SGB III vorsieht, und der Frage, warum jemand in den Genuss eines Arbeitslosengeldanspruchs kommt, obwohl er selbst im erweiterten Bemessungsrahmen von zwei Jahren (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III), der regelmäßig weitgehend mit der Rahmenfrist (§ 124 Abs. 1 SGB III) identisch ist, nicht einmal 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt vorweisen kann, möglicherweise sogar keinen einzigen Tag. Wenn der Gesetzgeber unter diesen Bedingungen Personengruppen auch dann in den Schutz der Arbeitslosenversicherung einbeziehen will, wenn sie keine oder nur geringe Beiträge zur Arbeitslosenversicherung erbracht haben, bedeutet dies zugleich, dass die Möglichkeit einer fiktiven Bemessung (§ 132 SGB III) oder einer semi-fiktiven Bemessung (§ 133 Abs. 4 und § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung: tarifliches Arbeitsentgelt derjenigen Beschäftigung, auf die das Arbeitsamt die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat; bei Arbeitslosen nach vorausgegangener Berufsausbildung die Hälfte des tariflichen Arbeitsentgelts mindestens aber das Arbeitsentgelt der Beschäftigung zur Berufsausbildung) eröffnet werden muss. Für den Übergang von der semi-fiktiven zur vollständig fiktiven Bemessung als solche hat der Gesetzgeber tragfähige Gründe.

Solche Gründe sind zum einen die mit dem ab 01.01.2005 verfolgten Konzept der fiktiven Bemessung von Arbeitslosengeldansprüchen erstrebte Verwaltungsvereinfachung und zum anderen die damit bezweckte Freisetzung von erheblichen Personalkapazitäten der Arbeitsverwaltung (3.000 Jahresarbeitskräfte!) für andere Aufgaben (s. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 29.05.2008 – B 11a/7a AL 64/06 R – juris Rn. 48-51 m.w.N.).

Auch die Begründung eines Versicherungspflichtverhältnisses aufgrund einer Beschäftigung zur Berufsausbildung ohne Entgelt ist mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Die Einbeziehung der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, auch wenn sie kein Arbeitsentgelt erzielen, war schon in § 168 Abs. 1 AFG geregelt, und trägt ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit Rechnung. Mithin geht es nicht um die Frage, welches Schutzniveau einem zur Berufsausbildung Beschäftigten gewährt werden soll, der kein Arbeitsentgelt erzielt hat. Dies hat der Gesetzgeber durch § 134 Abs. 2 Nr. 2 SGB III in der vor dem 01.01.2005 geltenden Fassung und durch § 132 SGB III in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung im Rahmen seines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums eindeutig beantwortet. Nicht zu entscheiden ist hier hingegen, ob das so definierte Schutzniveau auch für diejenigen als Mindestniveau gelten muss, die im Rahmen ihrer Beschäftigung zur Berufsausbildung nur ein geringes Entgelt erzielen, bei denen aber das Bemessungsentgelt konkret berechnet werden kann. Ein möglicher Gleichheitsverstoß kann aber nur aus dieser für den vorliegenden Rechtsstreit irrelevanten Richtung betrachtet werden, weil die konkrete Berechnung eines Bemessungsentgelts bei zur Berufsausbildung Beschäftigten, die kein Entgelt erhalten, ohnehin nicht möglich ist. Denn das Bemessungsentgelt für Arbeitslose, die nach Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung ohne Entgelt arbeitslos werden, kann immer nur typisierend und pauschalierend berechnet werden und dies hat der Gesetzgeber hier mit § 132 SGB III eindeutig geregelt.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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