Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 26 AL 575/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 119/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Übersteigt das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen um weniger als 10%, bleibt die Indizfunktion des Bemessungsentgeltes aus dem Regelbemessungsrahmen erhalten. Eine unbillige Härte iS von § 130 Abs 3 S 1 Nr 2 SGB 3 liegt in diesen Fällen nicht vor.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Verpflichtung der Beklagten, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines auf 2 Jahre erweiterten Bemessungszeitraums zu bewilligen.
Der am 1950 geborene Kläger war, zuletzt als Bauleiter, bis 31. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 4. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Das Formblatt trägt den schriftlichen Vermerk "Bitte bei Bemessung beachten, dass zwischenzeitlich geringeres Einkommen erzielt wurde".
Die Arbeitsbescheinigung der Firma MG E St P GmbH vom 5. Januar 2005 weist für die letzen 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Kläger folgende Bruttoarbeitsentgelte aus: 12/02 4.606,00 EUR 01/03 4.452,00 EUR 02/03 4.607,00 EUR 04/03 5.064,00 EUR 05/03 4.846,00 EUR 06/03 5.489,00 EUR 07/03 5.509,00 EUR 08/03 5.629,00 EUR 09/03 5.335,00 EUR 10/03 5.796,00 EUR 11/03 5.691,00 EUR.
Aus der Arbeitsbescheinigung des Bildungszentrums für Schweiß- und Konstruktionstechnik P GmbH vom 14. Dezember 2004 sind für die letzten 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Klägers folgende Bruttoarbeitsentgelte zu entnehmen:
Januar 2004 4.133,10 EUR Februar 2004 4.133,10 EUR März 2004 4.133,10 EUR April 2004 4.133,10 EUR Oktober ab 18.10.2004 1.928,78 EUR November 2004 4.133,10 EUR Dezember 2004 4.133,10 EUR.
Für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis 17. Oktober 2004 ergeben sich nach der Arbeitsbescheinigung der S A und M GmbH vom 15. Oktober 2004 folgende Bruttoarbeitsentgelte: 01.05. – 31.05.04 2.901,28 EUR 01.06. – 30.06.04 2.901,28 EUR 01.07. – 31.07.04 2.901,28 EUR 01.08. – 31.08.04 2.901,28 EUR 01.09. – 30.09.04 2.901,28 EUR 01.10. – 17.10.04 1.520,38 EUR.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2005 in Höhe von täglich 46,73 EUR. Sie legte dabei einen Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004, ein Arbeitsentgelt von 42.754,46 EUR bei 366 Kalendertagen und daraus folgend ein tägliches Bemessungsentgelt von 116,82 EUR zugrunde.
Den vom Kläger am 12. Februar 2002 unter Hinweis auf die Beantragung des erweiterten Bemessungszeitraumes eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 zurück. Der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltzeiträume von 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004. Der Sonderfall einer unbilligen Härte, der eine andere Bemessung möglich mache, liege nicht vor. Das Bemessungsentgelt das auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmens liege nicht um 10 % über dem Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungszeitraum.
Die Klage vom 21. Juni 2005 hat das Sozialgericht Chemnitz mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2005 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 erzielten Arbeitsentgelts. Eine umbillige Härte im Sinne des § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung liege nicht vor. Nach dieser Vorschrift sei der Bemessungsrahmen auf 2 Jahre zu erweitern, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Dem Charakter als Ausnahmevorschrift entsprechend müsse aber ein deutlicher Einkommensunterschied feststellbar sein. Die Kammer folge der Auffassung der Beklagten, dass eine unbillige Härte grundsätzlich erst ab einer Differenz von 10 % zwischen dem (niedrigeren) Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen und dem (höheren) Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen in Betracht komme. Eine solche Mindestdifferenz sei nicht feststellbar, wenngleich der Kläger im Jahr 2004 weniger Arbeitsentgelt als im Jahr 2003 erzielt habe. Das tägliche Bemessungsentgelt des einjährigen Regelbemessungsrahmens betrage 116,82 EUR. Ein um 10 % erhöhtes Bemessungsentgelt, also 128,50 EUR, werde auch im erweiterten Bemessungsrahmen nicht erzielt. Vielmehr betrage das tägliche Bemessungsentgelt im zweijährigen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 nur 127,68 EUR. Auch wenn der Kläger regelmäßig mehr Arbeitsentgelt erzielt habe, sei für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. November 2003 Arbeitsentgelt nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (Ost), die bei 4.250,00 EUR monatlich gelegen habe, zu berücksichtigen. Für den Monat Dezember 2003 sei kein Einkommen nachgewiesen. Im Jahre 2004 sei für 366 Kalendertage ein Arbeitsentgelt von 42.754,46 EUR bestätigt. Rechnerisch ergebe sich bei 89.504,46 EUR dividiert durch 701 Kalendertage ein tägliches Bemessungsentgelt von 127,68 EUR. Selbst wenn man für den Monat Dezember 2003 ein weiteres Entgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 4.250,00 EUR unterstelle, werde kein entsprechend hohes Bemessungsentgelt erreicht. Rechnerisch ergebe sich für den Zweijahreszeitraum bei 93.754,46 EUR dividiert durch 736 Kalendertage ein tägliches Bemessungsentgelt von 127,38 EUR.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 25. November 2005. Die vom Sozialgericht geforderte mindestens 10 % ige Abweichung zwischen dem niedrigeren und dem aus dem erweiterten Bemessungsrahmen folgende Bemessungsentgelt sei willkürlich und finde keinen Rückhalt im Gesetz.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 reichenden Bemessungszeitraums zu bewilligen.
Die Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre durch Dienstanweisung vorgegebene Praxis, von einem Härtefall im Sinne von § 130 Abs. 3 SGB III dann auszugehen, wenn das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das Regelbemessungsentgelt um 10 % übersteigt. Dadurch sei eine gleichmäßige Anwendung der Härtevorschrift gewährleistet.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage des Klägers abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen zur Erweiterung des Bemessungszeitraums auf 2 Jahre liegen nicht vor. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt – mit der nachfolgenden Maßgabe – auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Ausführungen des Sozialgerichts bedürfen hinsichtlich des rechnerischen Ansatzes der Korrektur. Das tägliche Bemessungsentgelt des einjährigen Regelbemessungsrahmens ist mit 116,82 EUR zutreffend bestimmt. Ein um 10 % erhöhtes Bemessungsentgelt läge bei 128,50 EUR. Der Monat Dezember 2003 ist in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Entgegen dem hypothetischen Ansatz des Sozialgerichts aber nicht mit einem Entgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (4.250,00 EUR) sondern mit einem Betrag von 4.133,10 EUR. Nach den Angaben zum Arbeitsentgelt in der Arbeitsbescheinigung der Bildungszentrum für Schweiß und Konstruktionstechnik P GmbH war der Kläger dort ab dem 1. Dezember 2003 beschäftigt. Das vereinbarte Bruttoarbeitsentgelt lag für jeden vollen Monat bei 4.133,10 EUR. Dass in der Rubrik "Angaben zum Arbeitsentgelt" eine Eintragung für den Monat Dezember 2003 nicht vorgenommen wurde, ist darauf zurückzuführen, dass mit dem Formblatt nur die Abrechnungszeiträume der letzten 12 Zeitmonate des Beschäftigungsverhältnisses abgefragt werden. Das sind hier die Zeiträume Januar 2004 bis Dezember 2004. Es fehlt daher für den Monat Dezember 2003 nicht im Sinne des § 130 Abs. 3 Satz 2 SGB III am Einkommensnachweis. Vielmehr kann diese Information aus den Angaben in der Arbeitsbescheinigung gewonnen werden. Anstelle der vom Sozialgericht unter Berücksichtigung des Monats Dezember 2003 angesetzten 736 Kalendertage sind lediglich 731 Kalendertage anzusetzen. 731 Kalendertage sind, wenn nicht ein Lohnabrechnungszeitraum in den Bemessungsrahmen hineinragt, der längste mögliche Bemessungszeitraum. Soweit dazu unter Verweis auf §§ 134 Satz 2, 339 Abs. 1 Satz 1 und 341 Abs. 3 Satz 2 SGB III vertreten wird, bei der Berechnung des täglichen Bemessungsentgeltes sei das Arbeitsentgelt nicht durch die tatsächliche Zahl an Kalendertagen zu teilen, vielmehr seien 30 Tage im Monat anzusetzen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 – L 8 AL 3880/08 – JURIS-Dokument), folgt der Senat dem nicht. Die genannten Vorschriften vereinfachen im Sinne einer Verstetigung von Zeitabschnitten die Bestimmung der Höhe von Leistungen oder Beiträgen. Sie setzen damit, einer Rundung ähnlich, am Ende der Berechnung an. Auf den hier zu beurteilenden Berechnungsvorgang angewandt würde aber keine Vereinfachung der Bestimmung eines Zahlbetrages sondern lediglich eine mathematische Ungenauigkeit im Rechenweg herbeigeführt werden. Hat es damit beim Ansatz von 731 Kalendertagen mit einem Arbeitsentgelt von 93.637,16 EUR zu verbleiben, ergibt sich im zweijährigen Bemessungszeitraum ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 128,10 EUR. Es unterschreitet, wenn auch nur geringfügig, das um 10 % erhöhte tägliche Bemessungsentgelt des Regelbemessungsrahmens.
Unterhalb dieser 10 % - Schwelle liegt eine unbillige Härte im Sinne von § 130 Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht vor. Ein Härtefall ist grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn eine erhebliche Verschlechterung in der Entgeltsituation vorliegt, welche die Anknüpfung der Bemessung an die allgemeinen Regeln als im Einzelfall unzumutbar erscheinen lässt. Dabei ist darauf abzustellen, ob eine Vergleichsberechnung ein Missverhältnis zwischen dem im Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 1 SGB III und im erweiterten Ermessungsrahmen erzielten Bemessungsentgelt ergibt, dass nach einer Erweiterung verlangt, um die Indizfunktion des Bemessungsentgeltes zu gewährleisten (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 a.a.O.). Soweit die Gegenauffassung eine unbillige Härte auch bei einem Unterschied zwischen dem Bemessungsentgelt im Regelbemessungszeitraum und dem Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungszeitraum zischen 5 und 10 % dann annimmt, wenn besondere Umstände des Einzelfalls mit besonderem Gewicht – etwa freiwillige Gehaltseinbußen, die der Arbeitnehmer zum Erhalt seines Arbeitsplatzes hingenommen hat – hinzutreten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Mai 2006 – L 1 AL 10/06 – JURIS-Dokument), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach der Systematik des § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III will die Billigkeitsprüfung alleine einen Vergleich aus Entgelten aus länger zurückliegenden Zeiträumen zwecks Ausweitung des Bemessungsrahmens ermöglichen, ohne dass es auf die Gründe des Minderverdienstes ankommt. Dieser Normenzweck lässt die Berücksichtigung anderer Härtegesichtspunkte nicht zu (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 a.a.o.). Der vom Kläger angeführte Umstand, aus der Beschäftigungsgesellschaft heraus zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine andere Stelle angenommen zu haben, kann daher keine Berücksichtigung finden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger erstrebt die Verpflichtung der Beklagten, ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines auf 2 Jahre erweiterten Bemessungszeitraums zu bewilligen.
Der am 1950 geborene Kläger war, zuletzt als Bauleiter, bis 31. Dezember 2004 versicherungspflichtig beschäftigt.
Am 4. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Das Formblatt trägt den schriftlichen Vermerk "Bitte bei Bemessung beachten, dass zwischenzeitlich geringeres Einkommen erzielt wurde".
Die Arbeitsbescheinigung der Firma MG E St P GmbH vom 5. Januar 2005 weist für die letzen 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Kläger folgende Bruttoarbeitsentgelte aus: 12/02 4.606,00 EUR 01/03 4.452,00 EUR 02/03 4.607,00 EUR 04/03 5.064,00 EUR 05/03 4.846,00 EUR 06/03 5.489,00 EUR 07/03 5.509,00 EUR 08/03 5.629,00 EUR 09/03 5.335,00 EUR 10/03 5.796,00 EUR 11/03 5.691,00 EUR.
Aus der Arbeitsbescheinigung des Bildungszentrums für Schweiß- und Konstruktionstechnik P GmbH vom 14. Dezember 2004 sind für die letzten 12 Zeitmonate der Beschäftigung des Klägers folgende Bruttoarbeitsentgelte zu entnehmen:
Januar 2004 4.133,10 EUR Februar 2004 4.133,10 EUR März 2004 4.133,10 EUR April 2004 4.133,10 EUR Oktober ab 18.10.2004 1.928,78 EUR November 2004 4.133,10 EUR Dezember 2004 4.133,10 EUR.
Für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis 17. Oktober 2004 ergeben sich nach der Arbeitsbescheinigung der S A und M GmbH vom 15. Oktober 2004 folgende Bruttoarbeitsentgelte: 01.05. – 31.05.04 2.901,28 EUR 01.06. – 30.06.04 2.901,28 EUR 01.07. – 31.07.04 2.901,28 EUR 01.08. – 31.08.04 2.901,28 EUR 01.09. – 30.09.04 2.901,28 EUR 01.10. – 17.10.04 1.520,38 EUR.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1. Januar 2005 in Höhe von täglich 46,73 EUR. Sie legte dabei einen Bemessungsrahmen vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004, ein Arbeitsentgelt von 42.754,46 EUR bei 366 Kalendertagen und daraus folgend ein tägliches Bemessungsentgelt von 116,82 EUR zugrunde.
Den vom Kläger am 12. Februar 2002 unter Hinweis auf die Beantragung des erweiterten Bemessungszeitraumes eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 zurück. Der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltzeiträume von 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004. Der Sonderfall einer unbilligen Härte, der eine andere Bemessung möglich mache, liege nicht vor. Das Bemessungsentgelt das auf 2 Jahre erweiterten Bemessungsrahmens liege nicht um 10 % über dem Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungszeitraum.
Die Klage vom 21. Juni 2005 hat das Sozialgericht Chemnitz mit Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2005 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 erzielten Arbeitsentgelts. Eine umbillige Härte im Sinne des § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung liege nicht vor. Nach dieser Vorschrift sei der Bemessungsrahmen auf 2 Jahre zu erweitern, wenn es mit Rücksicht auf das Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungsrahmen unbillig hart wäre, von dem Bemessungsentgelt im Bemessungszeitraum auszugehen. Dem Charakter als Ausnahmevorschrift entsprechend müsse aber ein deutlicher Einkommensunterschied feststellbar sein. Die Kammer folge der Auffassung der Beklagten, dass eine unbillige Härte grundsätzlich erst ab einer Differenz von 10 % zwischen dem (niedrigeren) Bemessungsentgelt aus dem Regelbemessungsrahmen und dem (höheren) Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen in Betracht komme. Eine solche Mindestdifferenz sei nicht feststellbar, wenngleich der Kläger im Jahr 2004 weniger Arbeitsentgelt als im Jahr 2003 erzielt habe. Das tägliche Bemessungsentgelt des einjährigen Regelbemessungsrahmens betrage 116,82 EUR. Ein um 10 % erhöhtes Bemessungsentgelt, also 128,50 EUR, werde auch im erweiterten Bemessungsrahmen nicht erzielt. Vielmehr betrage das tägliche Bemessungsentgelt im zweijährigen Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 nur 127,68 EUR. Auch wenn der Kläger regelmäßig mehr Arbeitsentgelt erzielt habe, sei für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 30. November 2003 Arbeitsentgelt nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (Ost), die bei 4.250,00 EUR monatlich gelegen habe, zu berücksichtigen. Für den Monat Dezember 2003 sei kein Einkommen nachgewiesen. Im Jahre 2004 sei für 366 Kalendertage ein Arbeitsentgelt von 42.754,46 EUR bestätigt. Rechnerisch ergebe sich bei 89.504,46 EUR dividiert durch 701 Kalendertage ein tägliches Bemessungsentgelt von 127,68 EUR. Selbst wenn man für den Monat Dezember 2003 ein weiteres Entgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 4.250,00 EUR unterstelle, werde kein entsprechend hohes Bemessungsentgelt erreicht. Rechnerisch ergebe sich für den Zweijahreszeitraum bei 93.754,46 EUR dividiert durch 736 Kalendertage ein tägliches Bemessungsentgelt von 127,38 EUR.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 25. November 2005. Die vom Sozialgericht geforderte mindestens 10 % ige Abweichung zwischen dem niedrigeren und dem aus dem erweiterten Bemessungsrahmen folgende Bemessungsentgelt sei willkürlich und finde keinen Rückhalt im Gesetz.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 20. Oktober 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 reichenden Bemessungszeitraums zu bewilligen.
Die Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre durch Dienstanweisung vorgegebene Praxis, von einem Härtefall im Sinne von § 130 Abs. 3 SGB III dann auszugehen, wenn das Bemessungsentgelt aus dem erweiterten Bemessungsrahmen das Regelbemessungsentgelt um 10 % übersteigt. Dadurch sei eine gleichmäßige Anwendung der Härtevorschrift gewährleistet.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorganges sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage des Klägers abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 20. Mai 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Voraussetzungen zur Erweiterung des Bemessungszeitraums auf 2 Jahre liegen nicht vor. Der Senat sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt – mit der nachfolgenden Maßgabe – auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides Bezug (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Die Ausführungen des Sozialgerichts bedürfen hinsichtlich des rechnerischen Ansatzes der Korrektur. Das tägliche Bemessungsentgelt des einjährigen Regelbemessungsrahmens ist mit 116,82 EUR zutreffend bestimmt. Ein um 10 % erhöhtes Bemessungsentgelt läge bei 128,50 EUR. Der Monat Dezember 2003 ist in die Vergleichsberechnung einzubeziehen. Entgegen dem hypothetischen Ansatz des Sozialgerichts aber nicht mit einem Entgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (4.250,00 EUR) sondern mit einem Betrag von 4.133,10 EUR. Nach den Angaben zum Arbeitsentgelt in der Arbeitsbescheinigung der Bildungszentrum für Schweiß und Konstruktionstechnik P GmbH war der Kläger dort ab dem 1. Dezember 2003 beschäftigt. Das vereinbarte Bruttoarbeitsentgelt lag für jeden vollen Monat bei 4.133,10 EUR. Dass in der Rubrik "Angaben zum Arbeitsentgelt" eine Eintragung für den Monat Dezember 2003 nicht vorgenommen wurde, ist darauf zurückzuführen, dass mit dem Formblatt nur die Abrechnungszeiträume der letzten 12 Zeitmonate des Beschäftigungsverhältnisses abgefragt werden. Das sind hier die Zeiträume Januar 2004 bis Dezember 2004. Es fehlt daher für den Monat Dezember 2003 nicht im Sinne des § 130 Abs. 3 Satz 2 SGB III am Einkommensnachweis. Vielmehr kann diese Information aus den Angaben in der Arbeitsbescheinigung gewonnen werden. Anstelle der vom Sozialgericht unter Berücksichtigung des Monats Dezember 2003 angesetzten 736 Kalendertage sind lediglich 731 Kalendertage anzusetzen. 731 Kalendertage sind, wenn nicht ein Lohnabrechnungszeitraum in den Bemessungsrahmen hineinragt, der längste mögliche Bemessungszeitraum. Soweit dazu unter Verweis auf §§ 134 Satz 2, 339 Abs. 1 Satz 1 und 341 Abs. 3 Satz 2 SGB III vertreten wird, bei der Berechnung des täglichen Bemessungsentgeltes sei das Arbeitsentgelt nicht durch die tatsächliche Zahl an Kalendertagen zu teilen, vielmehr seien 30 Tage im Monat anzusetzen (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 – L 8 AL 3880/08 – JURIS-Dokument), folgt der Senat dem nicht. Die genannten Vorschriften vereinfachen im Sinne einer Verstetigung von Zeitabschnitten die Bestimmung der Höhe von Leistungen oder Beiträgen. Sie setzen damit, einer Rundung ähnlich, am Ende der Berechnung an. Auf den hier zu beurteilenden Berechnungsvorgang angewandt würde aber keine Vereinfachung der Bestimmung eines Zahlbetrages sondern lediglich eine mathematische Ungenauigkeit im Rechenweg herbeigeführt werden. Hat es damit beim Ansatz von 731 Kalendertagen mit einem Arbeitsentgelt von 93.637,16 EUR zu verbleiben, ergibt sich im zweijährigen Bemessungszeitraum ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 128,10 EUR. Es unterschreitet, wenn auch nur geringfügig, das um 10 % erhöhte tägliche Bemessungsentgelt des Regelbemessungsrahmens.
Unterhalb dieser 10 % - Schwelle liegt eine unbillige Härte im Sinne von § 130 Abs. 3 Nr. 2 SGB III nicht vor. Ein Härtefall ist grundsätzlich nur dann zu bejahen, wenn eine erhebliche Verschlechterung in der Entgeltsituation vorliegt, welche die Anknüpfung der Bemessung an die allgemeinen Regeln als im Einzelfall unzumutbar erscheinen lässt. Dabei ist darauf abzustellen, ob eine Vergleichsberechnung ein Missverhältnis zwischen dem im Bemessungsrahmen nach § 130 Abs. 1 SGB III und im erweiterten Ermessungsrahmen erzielten Bemessungsentgelt ergibt, dass nach einer Erweiterung verlangt, um die Indizfunktion des Bemessungsentgeltes zu gewährleisten (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 a.a.O.). Soweit die Gegenauffassung eine unbillige Härte auch bei einem Unterschied zwischen dem Bemessungsentgelt im Regelbemessungszeitraum und dem Bemessungsentgelt im erweiterten Bemessungszeitraum zischen 5 und 10 % dann annimmt, wenn besondere Umstände des Einzelfalls mit besonderem Gewicht – etwa freiwillige Gehaltseinbußen, die der Arbeitnehmer zum Erhalt seines Arbeitsplatzes hingenommen hat – hinzutreten (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31. Mai 2006 – L 1 AL 10/06 – JURIS-Dokument), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Nach der Systematik des § 130 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III will die Billigkeitsprüfung alleine einen Vergleich aus Entgelten aus länger zurückliegenden Zeiträumen zwecks Ausweitung des Bemessungsrahmens ermöglichen, ohne dass es auf die Gründe des Minderverdienstes ankommt. Dieser Normenzweck lässt die Berücksichtigung anderer Härtegesichtspunkte nicht zu (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 6. März 2009 a.a.o.). Der vom Kläger angeführte Umstand, aus der Beschäftigungsgesellschaft heraus zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine andere Stelle angenommen zu haben, kann daher keine Berücksichtigung finden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSS
Saved