Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 6554/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Deutsche Rentenversicherung Bund muss die Altersrente eines Verschollenen bis zur Todesfeststellung nach dem Verschollenengesetz weiterzahlen (Anschluss an SG Dortmund, Urt. v. 24.05.2007, Az. S 26 R 278/06).
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.000,38 Euro zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus jeweils 1.727,- Euro seit dem 01.01.2009, 01.02.2009, 01.03.2009, 01.04.2009, 01.05.2009, 01.06.2009, 01.07.2009, 01.08.2009, 01.09.2009, 01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010, 01.09.2010, 01.10.2010 und 01.11.2010. Die Verzinsung endet mit dem Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Einstellung der Zahlung einer Altersrente wegen Verschollenheit des Klägers. Der am XX.XX.1921 geborene Kläger wird seit dem 13.07.2006 vermisst und wurde seit dem 27.08.2008 zunächst von einem Abwesenheitspfleger, seit dem 25.06.2009 von einer Abwesenheitspflegerin vertreten. Diese begehrt für den Kläger die Fortzahlung seiner Altersrente über den 30.11.2008 hinaus. Der Kläger bezog von der Beklagten seit dem 01.07.1984 eine Rente wegen Alters. Mit Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2008 wurde die monatliche Rente auf netto 1.727,29 Euro (auszuzahlender Betrag) festgesetzt. Mit einem undatierten Schreiben, auf das die Beklagte am 23.10.2008 antwortete, teilte der damalige Abwesenheitspfleger des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger seit dem 13.07.2006 vermisst und von ihm vertreten wird. Die Beklagte stellte darauf die laufenden Rentenzahlungen an den Kläger zum 30.11.2008 ein, wovon sie den damaligen Abwesenheitspfleger mit Schreiben vom 23.10.2008, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, informierte. Auf ihre Anfrage vom 15.01.2009 teilte das Amtsgericht W. als Vormundschaftsgericht des Klägers der Beklagten mit Schreiben vom 29.01.2009 mit, dass ein gerichtliches Verfahren für eine Todeserklärung nicht anhängig ist und keine entsprechende Entscheidung vorliegt. Die polizeilichen Ermittlungen führten zu keinem eindeutigen Ergebnis. Der Kläger wurde weder lebend noch tot gefunden. Die Ehefrau des Klägers verstarb am 25.07.2007. Der Kläger hat zwei Töchter.
Mit Widerspruch vom 05.06.2009 - eingegangen bei der Beklagten am 08.06.2009 - gegen einen Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 15.05.2009 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Weiterzahlung der Rente über den 30.11.2008 hinaus. Dieser Antrag blieb – anders als der Widerspruch im Übrigen – trotz einer Erinnerung vom 03.11.2009 mit Fristsetzung zum 16.11.2009 ohne Erfolg und ist Gegenstand dieser Klage. Darin begehrt die anwaltlich vertretene Abwesenheitspflegerin des Klägers für diesen weiterhin die Auszahlung seiner Rente über den 30.11.2008 hinaus.
Die Klage wird damit begründet, dass für die Einstellung der Rentenzahlung keine Rechtsgrundlage bestehe, solange keine Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz erfolgt sei.
Der Kläger beantragt zuletzt, die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger einen Betrag in Höhe von 38.000,38 Euro zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus jeweils 1.727,29 seit dem 31.12.2008, 31.01.2009, 28.02.2009, 31.03.2009, 30.04.2009, 31.05.2009, 30.06.2009, 31.07.2009, 31.08.2009, 30.09.2009, 31.10.2009, 30.11.2009, 31.12.2009, 31.01.2010, 28.02.2010, 31.03.2010, 30.04.2010, 31.05.2010, 30.06.2010, 31.07.2010, 31.08.2010, 30.09.2010.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, § 49 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch (SGB VI) sei auf Verschollenheitsfälle analog anzuwenden und die Rentenzahlung im Hinblick darauf vorläufig einzustellen, um zu vermeiden, dass Rentenzahlungen erfolgen, die den Berechtigten nicht erreichen. Das Verschollenheitsgesetz (VerschG) bilde keine geeignete Grundlage, dieser Problematik zu begegnen. Die Beklagte beruft sich dabei auf das Urteil des BSG vom 29.07.1976, Az. 4 RJ 5/76.
Mit Bescheid vom 09.03.2010 hat die Beklagte unter Berufung auf § 49 SGB VI den 04.03.2010 als Todestag des Klägers festgestellt. Dieser Bescheid wurde bislang nicht bestandskräftig, weil die Beteiligten das Widerspruchsverfahren ruhend gestellt haben, um den Ausgang der vorliegenden Klage abzuwarten. Mit Schreiben vom 19.08.2010 hat das Gericht die Beteiligten auf das Urteil des SG Dortmund vom 24.05.2007 (Az. S 26 R 278/06) hingewiesen, in dem die hier Beklagte in einem gleich gelagerten Fall schon einmal unterlag. Nachdem die Beklagte es abgelehnt hat, ein Anerkenntnis abzugeben, haben sich die Beteiligten auf Anfrage des Gerichts übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Akte der Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Die Klage ist zulässig.
Der Kläger ist weder nachweislich tot noch rechtskräftig für tot erklärt worden. Er ist daher prozessfähig und wird seit dem 25.06.2009 durch Frau W. B. als Abwesenheitspflegerin vertreten und diese wiederum durch einen von ihr bevollmächtigten Rechtsanwalt. Statthafte Rechtsschutzform ist eine Leistungsklage, weil die begehrte Leistung nicht durch Verwaltungsakt, sondern schlicht hoheitliches Handeln verweigert wurde. Die Beklagte hat dem an sie gerichteten Antrag nicht stattgegeben, so dass Klage geboten war.
3. Die Klage ist mit dem Hauptantrag vollständig und mit dem Zinsantrag ganz überwiegend begründet.
3.1. Dem Kläger steht die Auszahlung der mit Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2008 zuletzt festgesetzten Altersrente über den 30.11.2008 hinaus zu. Dem Klageantrag ist insoweit vollumfänglich stattzugeben. Die Voraussetzung für eine Einstellung der Rentenzahlung wegen Todes des Berechtigten gemäß § 102 Absatz 5 SGB VI liegt nicht vor. Denn der Kläger ist weder nachweislich tot noch gilt er als tot. Eine entsprechende Feststellung nach dem Verschollenheitsgesetz ist bislang nicht erfolgt. Auch kommt die – nicht bestandskräftige – Feststellung der Beklagten nach § 49 SGB VI vom 09.03.2010 nicht als Grundlage für § 102 Abs. 5 SGB VI in Betracht. Denn § 49 SGB VI ist vorliegend weder direkt noch analog anwendbar.
Eine direkte Anwendung scheidet bereits aus, weil es vorliegend nicht um eine Rente Hinterbliebener wegen Todes des Rentenbeziehers, sondern um die Rente des Rentenbeziehers selbst trotz seines (mutmaßlichen) Todes geht.
Auch eine analoge Anwendung von § 49 SGB VI kommt nicht in Betracht.
a) Das SG Dortmund hat hierzu in seinem rechtskräftigen Urteil vom 24.05.2007, Az. S 26 R 278/06 (Rdnr. 26 ff. zitiert nach juris) folgendes ausgeführt:
"Eine analoge Anwendung des § 49 SGB VI scheidet ebenfalls aus.
Voraussetzungen für eine Analogie sind eine planwidrige Regelungslücke sowie eine Ähnlichkeit der Sachverhalte im geregelten und nicht geregelten Tatbestand (s. grdl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 354 ff, 365 ff.). Von diesen allgemeinen Analogievoraussetzungen abgesehen, steht einer analogen Anwendung speziell sozialrechtlicher Vorschriften auch § 31 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) weitgehend entgegen. Danach dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Bereits dieser Vorbehalt des Gesetzes nach § 31 SGB I steht nach Auffassung der Kammer einer analogen Anwendung von § 49 SGB VI entgegen. Dies gilt erst recht für einen belastenden Verwaltungsakt wie den hier vorliegenden, der über die Feststellung des Todeszeitpunkts des Klägers mit einer Aufhebung eines Rechts i.S.d. § 31 SGB I – der Einstellung der Altersrente - einhergeht. Die analoge Anwendung des § 49 SGB VI durch die Beklagte verletzt überdies nicht nur den einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I, sondern auch den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes [GG]) hergeleiteten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der dieser ein Normanwendungsgebot und Normabweichungsverbot vorschreibt. Zwar schließt auch § 31 SGB I sowie das Rechtsstaatsprinzip eine ggf. auch erweiterte Auslegung sozialrechtlicher bzw. sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften nicht aus. Wie die Beklagte jedoch selbst aufgrund ihrer eigenen Argumentation mit einer entsprechenden Anwendung des § 49 SGB VI richtig erkannt hat, würde sich eine derartige "Auslegung" über den eindeutigen Wortlaut der Regelung, ihren leistungs- und nicht eingriffsbegründenden Zweck sowie die systematische Stellung der Norm im Gefüge der Regelung über die Renten wegen Todes hinwegsetzen. So verbliebe tatsächlich nur die Möglichkeit einer Analogie, die jedoch an § 31 SGB I scheitert. Doch auch unabhängig von § 31 SGB I liegen die allgemeinen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 49 SGB VI nicht vor. So fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Zwar sieht das SGB VI an keiner Stelle die Befugnis des Rentenversicherungsträgers vor, aus eigenem und daher nicht von der Möglichkeit der eine Rente wegen Todes begehrenden Angehörigen abgeleiteten Recht den Todeszeitpunkt eines Verschollenen mit der Wirkung des Anspruchsverlustes festzustellen und die Zahlung einer Versichertenrente einzustellen. Auch sieht die Kammer das Bedürfnis der Beklagten als durchaus legitim an, vor dem Hintergrund dieser besonderen Fallkonstellation, bei der rentenberechtigte Angehörige des Klägers fehlen, offensichtlich sinnlos gewordene Rentenzahlungen nicht weiter zu erbringen. Dieser Situation ist die Beklagte jedoch nicht hilflos ausgesetzt. Sie kann vielmehr den Weg über das Verschollenheitsgesetz (VerschG) beschreiten. So ist sie gemäß § 16 Abs. 2 lit. c VerschG berechtigt, einen Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens bei dem zuständigen Amtsgericht zum Zwecke der Erklärung des Todes des Versicherten zu stellen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein rechtliches Interesse von Sozialversicherungsträgern i.S.d. § 16 Abs. 2 lit. c VerschG an der Einleitung eines Aufgebotsverfahrens zur Todeserklärung verschollener Versicherter anerkannt (BGH 14.05.1965, VersR 1965, 975 ff.). Dass das VerschG durchaus ein effektives Instrument für die Beklagte sein kann, sich über eine gerichtliche Todeserklärung von der Zahlung einer Versichertenrente zu befreien, macht gerade der vorliegende Fall besonders anschaulich. Denn nach § 3 VerschG ist die Todeserklärung zulässig, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, 10 Jahre, oder wenn der Verschollene zur Zeit der Todeserklärung des 80. Lebensjahr vollendet hätte, 5 Jahre verstrichen sind. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte nicht bis 2009 zuwarten muss, um ein erfolgversprechendes Aufgebotsverfahren zu bestellen. Denn am ... hätte der Kläger sein 80. Lebensjahr vollendet; daher gilt nicht die übliche 10-Jahres-, sondern nur die 5-Jahresfrist, hier - ausgehend vom ... als dem Tag des letzten Lebenszeichens des Versicherten - vom 31.12.1999 bis 31.12.2004. Diese Frist ist mithin bereits abgelaufen, so dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH ein Antrag der Beklagten auf Erklärung des Todes des Versicherten Aussicht auf Erfolg hätte. Mit der Existenz des VerschG und der Zugehörigkeit der Beklagten zum Kreis der nach diesem Gesetz Antragsberechtigten kann von einer planwidrigen Regelungslücke im Kontext des § 49 SGB VI daher nicht gesprochen werden. Im Übrigen liegt nach Auffassung der Kammer auch die analogiebegründende Voraussetzung der Ähnlichkeit der Interessenlage zwischen dem geregelten und nicht geregelten Sachverhalt nicht vor. In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte insbesondere nicht auf das von ihr zitierte Urteil des BSG vom 29.07.1976 - 4 RJ 5/76 - Breithaupt 1977, 608, berufen. Zwar trifft es zu, dass - wie das BSG in dieser Entscheidung in Bezug auf die Anwendung des § 1271 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ausführt - mit der Feststellung des Todestages eines verschollenen Versicherten als Voraussetzung für die Entstehung von Ansprüchen auf Hinterbliebenenrenten gleichzeitig die Einstellung der Zahlung einer Versichertenrente einhergeht. Dies ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass nach dem System der gesetzlichen Rentenversicherung Versichertenrente und Rente wegen Todes aus demselben Versicherungsverhältnis einander ausschließen, wie auch das BSG ausdrücklich betont. Hiermit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. So wird die Rente des nach § 49 SGB VI durch Feststellung des Todeszeitpunkts durch den Rentenversicherungsträger als verstorben geltenden Versicherten gerade deswegen nicht mehr geleistet (s. § 102 Abs. 5 SGB VI), weil eine Rente wegen Todes aus demselben Versicherungsverhältnis gewährt wird. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht einmal ansatzweise, weil ausschließlich die Einstellung der Zahlung der Altersrente des Klägers im Streit steht. Aus der von der Beklagten geltend gemachten Verknüpfung von Hinterbliebenenrenten und Versichertenrenten folgt mithin das genaue Gegenteil dessen, worauf sich die Beklagte bei ihrer Argumentation beruft. Dies wird noch deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass § 49 SGB VI nicht nur den Zweck verfolgt, den betroffenen Angehörigen unter Vermeidung der mit einem Verfahren nach dem VerschG verbundenen Erschwernisse den Bezug einer Rente wegen Todes zu ermöglichen (s. KassKomm/Gürtner, § 49 SGB VI Rdnr. 2), sondern auch - und sei es auch nur in der Form eines Rechtsreflexes - eine Doppelzahlung durch den Rentenversicherungsträger zu verhindern. Denn durch das Verfahren nach § 49 SGB VI wird auch sichergestellt, dass der Rentenversicherungsträger entweder nur die Versichertenrente (bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 49 SGB VI) oder (bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen) ausschließlich die Rente wegen Todes zahlt. Im vorliegenden Fall kann eine solche Konstellation dagegen überhaupt nicht auftreten. Gegen eine analogiebegründende Ähnlichkeit der Interessenlage spricht auch, dass es sich bei § 49 SGB VI um eine leistungsbegründende und damit begünstigende Regelung zu Gunsten der Hinterbliebenen des verstorbenen Versicherten handelt. Mit einer analogen Anwendung des § 49 SGB VI, die - wie hier - ausschließlich darauf abzielt, eine bewilligte und gezahlte Versichertenrente zu entziehen, wird der Regelung eine belastende Wirkung hinzugefügt und damit geradezu in ihr Gegenteil verkehrt. Eine die Rechtsnatur einer Regelung derogierende Analogie ist jedoch stets unzulässig. Schließlich stützt auch die Gesetzgebungsgeschichte des § 49 SGB VI das Vorgehen der Beklagten nicht. Denn auch die Vorgängerregelungen des § 49 SGB VI - § 48 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und § 1271 RVO - waren im Wesentlichen inhaltsgleich, so dass diese für einen ggf. analogiebegründenden Ansatz zum Zwecke der Wahrung einer vermuteten Regelungskontinuität nichts hergeben."
b) Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung und Überzeugung für den vorliegenden Fall vollumfänglich mit der Maßgabe an, dass wegen des Alters des Klägers auch hier nur die fünfjährige Antragsfrist nach dem VerschG gilt. Diese ist hier zwar – anders als in dem vom SG Dortmund entschiedenen Fall – noch nicht abgelaufen, ändert nach Ansicht der Kammer jedoch nichts am Fehlen einer Regelungslücke.
c) Die Beklagte wird zu berücksichtigen haben, dass sie die eingeklagte Nettorente über die vorliegende Verurteilung hinaus fortlaufend zuzüglich der Differenz zur Bruttorente schuldet. Dies ist jedoch ebenso wie die ausgebliebenen und nachzuholenden Rentenanpassungen vom Klageantrag nicht umfasst.
3.2 Der Zinsantrag ist nur im zugesprochenen Umfang begründet. Grund und Höhe der Verzinsung beruhen auf § 44 Abs. 3 SGB I. Verzinst werden jedoch nur volle Eurobeträge. Zudem beginnt die Verzinsung später als beantragt. Die monatliche Rente wird gem. § 118 Abs. 1 SGB VI am letzten Bankarbeitstag des jeweiligen Monats fällig. Die Rente für Dezember 2008 wurde daher am Dienstag, 30.12.2008 fällig. Die Verzinsung beginnt nach § 44 Abs. 1 SGB I erst nach Ablauf eines Kalendermonats, hier noch des Dezembers, also erst am 01.01.2009.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klage mit der Hauptforderung ganz und mit der Nebenforderung ganz überwiegend begründet ist, ist eine volle Kostentragung durch die Beklagte sachgerecht.
2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Einstellung der Zahlung einer Altersrente wegen Verschollenheit des Klägers. Der am XX.XX.1921 geborene Kläger wird seit dem 13.07.2006 vermisst und wurde seit dem 27.08.2008 zunächst von einem Abwesenheitspfleger, seit dem 25.06.2009 von einer Abwesenheitspflegerin vertreten. Diese begehrt für den Kläger die Fortzahlung seiner Altersrente über den 30.11.2008 hinaus. Der Kläger bezog von der Beklagten seit dem 01.07.1984 eine Rente wegen Alters. Mit Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2008 wurde die monatliche Rente auf netto 1.727,29 Euro (auszuzahlender Betrag) festgesetzt. Mit einem undatierten Schreiben, auf das die Beklagte am 23.10.2008 antwortete, teilte der damalige Abwesenheitspfleger des Klägers der Beklagten mit, dass der Kläger seit dem 13.07.2006 vermisst und von ihm vertreten wird. Die Beklagte stellte darauf die laufenden Rentenzahlungen an den Kläger zum 30.11.2008 ein, wovon sie den damaligen Abwesenheitspfleger mit Schreiben vom 23.10.2008, das keine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, informierte. Auf ihre Anfrage vom 15.01.2009 teilte das Amtsgericht W. als Vormundschaftsgericht des Klägers der Beklagten mit Schreiben vom 29.01.2009 mit, dass ein gerichtliches Verfahren für eine Todeserklärung nicht anhängig ist und keine entsprechende Entscheidung vorliegt. Die polizeilichen Ermittlungen führten zu keinem eindeutigen Ergebnis. Der Kläger wurde weder lebend noch tot gefunden. Die Ehefrau des Klägers verstarb am 25.07.2007. Der Kläger hat zwei Töchter.
Mit Widerspruch vom 05.06.2009 - eingegangen bei der Beklagten am 08.06.2009 - gegen einen Rückforderungsbescheid der Beklagten vom 15.05.2009 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers die Weiterzahlung der Rente über den 30.11.2008 hinaus. Dieser Antrag blieb – anders als der Widerspruch im Übrigen – trotz einer Erinnerung vom 03.11.2009 mit Fristsetzung zum 16.11.2009 ohne Erfolg und ist Gegenstand dieser Klage. Darin begehrt die anwaltlich vertretene Abwesenheitspflegerin des Klägers für diesen weiterhin die Auszahlung seiner Rente über den 30.11.2008 hinaus.
Die Klage wird damit begründet, dass für die Einstellung der Rentenzahlung keine Rechtsgrundlage bestehe, solange keine Todeserklärung nach dem Verschollenheitsgesetz erfolgt sei.
Der Kläger beantragt zuletzt, die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger einen Betrag in Höhe von 38.000,38 Euro zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozent aus jeweils 1.727,29 seit dem 31.12.2008, 31.01.2009, 28.02.2009, 31.03.2009, 30.04.2009, 31.05.2009, 30.06.2009, 31.07.2009, 31.08.2009, 30.09.2009, 31.10.2009, 30.11.2009, 31.12.2009, 31.01.2010, 28.02.2010, 31.03.2010, 30.04.2010, 31.05.2010, 30.06.2010, 31.07.2010, 31.08.2010, 30.09.2010.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist im Wesentlichen der Ansicht, § 49 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch (SGB VI) sei auf Verschollenheitsfälle analog anzuwenden und die Rentenzahlung im Hinblick darauf vorläufig einzustellen, um zu vermeiden, dass Rentenzahlungen erfolgen, die den Berechtigten nicht erreichen. Das Verschollenheitsgesetz (VerschG) bilde keine geeignete Grundlage, dieser Problematik zu begegnen. Die Beklagte beruft sich dabei auf das Urteil des BSG vom 29.07.1976, Az. 4 RJ 5/76.
Mit Bescheid vom 09.03.2010 hat die Beklagte unter Berufung auf § 49 SGB VI den 04.03.2010 als Todestag des Klägers festgestellt. Dieser Bescheid wurde bislang nicht bestandskräftig, weil die Beteiligten das Widerspruchsverfahren ruhend gestellt haben, um den Ausgang der vorliegenden Klage abzuwarten. Mit Schreiben vom 19.08.2010 hat das Gericht die Beteiligten auf das Urteil des SG Dortmund vom 24.05.2007 (Az. S 26 R 278/06) hingewiesen, in dem die hier Beklagte in einem gleich gelagerten Fall schon einmal unterlag. Nachdem die Beklagte es abgelehnt hat, ein Anerkenntnis abzugeben, haben sich die Beteiligten auf Anfrage des Gerichts übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die den Kläger betreffende Akte der Beklagten verwiesen, die das Gericht beigezogen hat.
Entscheidungsgründe:
1. Die Kammer konnte gemäß § 124 Absatz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Die Klage ist zulässig.
Der Kläger ist weder nachweislich tot noch rechtskräftig für tot erklärt worden. Er ist daher prozessfähig und wird seit dem 25.06.2009 durch Frau W. B. als Abwesenheitspflegerin vertreten und diese wiederum durch einen von ihr bevollmächtigten Rechtsanwalt. Statthafte Rechtsschutzform ist eine Leistungsklage, weil die begehrte Leistung nicht durch Verwaltungsakt, sondern schlicht hoheitliches Handeln verweigert wurde. Die Beklagte hat dem an sie gerichteten Antrag nicht stattgegeben, so dass Klage geboten war.
3. Die Klage ist mit dem Hauptantrag vollständig und mit dem Zinsantrag ganz überwiegend begründet.
3.1. Dem Kläger steht die Auszahlung der mit Rentenanpassungsbescheid zum 01.07.2008 zuletzt festgesetzten Altersrente über den 30.11.2008 hinaus zu. Dem Klageantrag ist insoweit vollumfänglich stattzugeben. Die Voraussetzung für eine Einstellung der Rentenzahlung wegen Todes des Berechtigten gemäß § 102 Absatz 5 SGB VI liegt nicht vor. Denn der Kläger ist weder nachweislich tot noch gilt er als tot. Eine entsprechende Feststellung nach dem Verschollenheitsgesetz ist bislang nicht erfolgt. Auch kommt die – nicht bestandskräftige – Feststellung der Beklagten nach § 49 SGB VI vom 09.03.2010 nicht als Grundlage für § 102 Abs. 5 SGB VI in Betracht. Denn § 49 SGB VI ist vorliegend weder direkt noch analog anwendbar.
Eine direkte Anwendung scheidet bereits aus, weil es vorliegend nicht um eine Rente Hinterbliebener wegen Todes des Rentenbeziehers, sondern um die Rente des Rentenbeziehers selbst trotz seines (mutmaßlichen) Todes geht.
Auch eine analoge Anwendung von § 49 SGB VI kommt nicht in Betracht.
a) Das SG Dortmund hat hierzu in seinem rechtskräftigen Urteil vom 24.05.2007, Az. S 26 R 278/06 (Rdnr. 26 ff. zitiert nach juris) folgendes ausgeführt:
"Eine analoge Anwendung des § 49 SGB VI scheidet ebenfalls aus.
Voraussetzungen für eine Analogie sind eine planwidrige Regelungslücke sowie eine Ähnlichkeit der Sachverhalte im geregelten und nicht geregelten Tatbestand (s. grdl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl. 1983, S. 354 ff, 365 ff.). Von diesen allgemeinen Analogievoraussetzungen abgesehen, steht einer analogen Anwendung speziell sozialrechtlicher Vorschriften auch § 31 des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - (SGB I) weitgehend entgegen. Danach dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Bereits dieser Vorbehalt des Gesetzes nach § 31 SGB I steht nach Auffassung der Kammer einer analogen Anwendung von § 49 SGB VI entgegen. Dies gilt erst recht für einen belastenden Verwaltungsakt wie den hier vorliegenden, der über die Feststellung des Todeszeitpunkts des Klägers mit einer Aufhebung eines Rechts i.S.d. § 31 SGB I – der Einstellung der Altersrente - einhergeht. Die analoge Anwendung des § 49 SGB VI durch die Beklagte verletzt überdies nicht nur den einfachgesetzlichen Gesetzesvorbehalt des § 31 SGB I, sondern auch den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes [GG]) hergeleiteten Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der dieser ein Normanwendungsgebot und Normabweichungsverbot vorschreibt. Zwar schließt auch § 31 SGB I sowie das Rechtsstaatsprinzip eine ggf. auch erweiterte Auslegung sozialrechtlicher bzw. sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften nicht aus. Wie die Beklagte jedoch selbst aufgrund ihrer eigenen Argumentation mit einer entsprechenden Anwendung des § 49 SGB VI richtig erkannt hat, würde sich eine derartige "Auslegung" über den eindeutigen Wortlaut der Regelung, ihren leistungs- und nicht eingriffsbegründenden Zweck sowie die systematische Stellung der Norm im Gefüge der Regelung über die Renten wegen Todes hinwegsetzen. So verbliebe tatsächlich nur die Möglichkeit einer Analogie, die jedoch an § 31 SGB I scheitert. Doch auch unabhängig von § 31 SGB I liegen die allgemeinen Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 49 SGB VI nicht vor. So fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Zwar sieht das SGB VI an keiner Stelle die Befugnis des Rentenversicherungsträgers vor, aus eigenem und daher nicht von der Möglichkeit der eine Rente wegen Todes begehrenden Angehörigen abgeleiteten Recht den Todeszeitpunkt eines Verschollenen mit der Wirkung des Anspruchsverlustes festzustellen und die Zahlung einer Versichertenrente einzustellen. Auch sieht die Kammer das Bedürfnis der Beklagten als durchaus legitim an, vor dem Hintergrund dieser besonderen Fallkonstellation, bei der rentenberechtigte Angehörige des Klägers fehlen, offensichtlich sinnlos gewordene Rentenzahlungen nicht weiter zu erbringen. Dieser Situation ist die Beklagte jedoch nicht hilflos ausgesetzt. Sie kann vielmehr den Weg über das Verschollenheitsgesetz (VerschG) beschreiten. So ist sie gemäß § 16 Abs. 2 lit. c VerschG berechtigt, einen Antrag auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens bei dem zuständigen Amtsgericht zum Zwecke der Erklärung des Todes des Versicherten zu stellen. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein rechtliches Interesse von Sozialversicherungsträgern i.S.d. § 16 Abs. 2 lit. c VerschG an der Einleitung eines Aufgebotsverfahrens zur Todeserklärung verschollener Versicherter anerkannt (BGH 14.05.1965, VersR 1965, 975 ff.). Dass das VerschG durchaus ein effektives Instrument für die Beklagte sein kann, sich über eine gerichtliche Todeserklärung von der Zahlung einer Versichertenrente zu befreien, macht gerade der vorliegende Fall besonders anschaulich. Denn nach § 3 VerschG ist die Todeserklärung zulässig, wenn seit dem Ende des Jahres, in dem der Verschollene nach den vorhandenen Nachrichten noch gelebt hat, 10 Jahre, oder wenn der Verschollene zur Zeit der Todeserklärung des 80. Lebensjahr vollendet hätte, 5 Jahre verstrichen sind. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte nicht bis 2009 zuwarten muss, um ein erfolgversprechendes Aufgebotsverfahren zu bestellen. Denn am ... hätte der Kläger sein 80. Lebensjahr vollendet; daher gilt nicht die übliche 10-Jahres-, sondern nur die 5-Jahresfrist, hier - ausgehend vom ... als dem Tag des letzten Lebenszeichens des Versicherten - vom 31.12.1999 bis 31.12.2004. Diese Frist ist mithin bereits abgelaufen, so dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH ein Antrag der Beklagten auf Erklärung des Todes des Versicherten Aussicht auf Erfolg hätte. Mit der Existenz des VerschG und der Zugehörigkeit der Beklagten zum Kreis der nach diesem Gesetz Antragsberechtigten kann von einer planwidrigen Regelungslücke im Kontext des § 49 SGB VI daher nicht gesprochen werden. Im Übrigen liegt nach Auffassung der Kammer auch die analogiebegründende Voraussetzung der Ähnlichkeit der Interessenlage zwischen dem geregelten und nicht geregelten Sachverhalt nicht vor. In diesem Zusammenhang kann sich die Beklagte insbesondere nicht auf das von ihr zitierte Urteil des BSG vom 29.07.1976 - 4 RJ 5/76 - Breithaupt 1977, 608, berufen. Zwar trifft es zu, dass - wie das BSG in dieser Entscheidung in Bezug auf die Anwendung des § 1271 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ausführt - mit der Feststellung des Todestages eines verschollenen Versicherten als Voraussetzung für die Entstehung von Ansprüchen auf Hinterbliebenenrenten gleichzeitig die Einstellung der Zahlung einer Versichertenrente einhergeht. Dies ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass nach dem System der gesetzlichen Rentenversicherung Versichertenrente und Rente wegen Todes aus demselben Versicherungsverhältnis einander ausschließen, wie auch das BSG ausdrücklich betont. Hiermit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. So wird die Rente des nach § 49 SGB VI durch Feststellung des Todeszeitpunkts durch den Rentenversicherungsträger als verstorben geltenden Versicherten gerade deswegen nicht mehr geleistet (s. § 102 Abs. 5 SGB VI), weil eine Rente wegen Todes aus demselben Versicherungsverhältnis gewährt wird. Darum geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht einmal ansatzweise, weil ausschließlich die Einstellung der Zahlung der Altersrente des Klägers im Streit steht. Aus der von der Beklagten geltend gemachten Verknüpfung von Hinterbliebenenrenten und Versichertenrenten folgt mithin das genaue Gegenteil dessen, worauf sich die Beklagte bei ihrer Argumentation beruft. Dies wird noch deutlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, dass § 49 SGB VI nicht nur den Zweck verfolgt, den betroffenen Angehörigen unter Vermeidung der mit einem Verfahren nach dem VerschG verbundenen Erschwernisse den Bezug einer Rente wegen Todes zu ermöglichen (s. KassKomm/Gürtner, § 49 SGB VI Rdnr. 2), sondern auch - und sei es auch nur in der Form eines Rechtsreflexes - eine Doppelzahlung durch den Rentenversicherungsträger zu verhindern. Denn durch das Verfahren nach § 49 SGB VI wird auch sichergestellt, dass der Rentenversicherungsträger entweder nur die Versichertenrente (bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 49 SGB VI) oder (bei Vorliegen von dessen Voraussetzungen) ausschließlich die Rente wegen Todes zahlt. Im vorliegenden Fall kann eine solche Konstellation dagegen überhaupt nicht auftreten. Gegen eine analogiebegründende Ähnlichkeit der Interessenlage spricht auch, dass es sich bei § 49 SGB VI um eine leistungsbegründende und damit begünstigende Regelung zu Gunsten der Hinterbliebenen des verstorbenen Versicherten handelt. Mit einer analogen Anwendung des § 49 SGB VI, die - wie hier - ausschließlich darauf abzielt, eine bewilligte und gezahlte Versichertenrente zu entziehen, wird der Regelung eine belastende Wirkung hinzugefügt und damit geradezu in ihr Gegenteil verkehrt. Eine die Rechtsnatur einer Regelung derogierende Analogie ist jedoch stets unzulässig. Schließlich stützt auch die Gesetzgebungsgeschichte des § 49 SGB VI das Vorgehen der Beklagten nicht. Denn auch die Vorgängerregelungen des § 49 SGB VI - § 48 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) und § 1271 RVO - waren im Wesentlichen inhaltsgleich, so dass diese für einen ggf. analogiebegründenden Ansatz zum Zwecke der Wahrung einer vermuteten Regelungskontinuität nichts hergeben."
b) Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung und Überzeugung für den vorliegenden Fall vollumfänglich mit der Maßgabe an, dass wegen des Alters des Klägers auch hier nur die fünfjährige Antragsfrist nach dem VerschG gilt. Diese ist hier zwar – anders als in dem vom SG Dortmund entschiedenen Fall – noch nicht abgelaufen, ändert nach Ansicht der Kammer jedoch nichts am Fehlen einer Regelungslücke.
c) Die Beklagte wird zu berücksichtigen haben, dass sie die eingeklagte Nettorente über die vorliegende Verurteilung hinaus fortlaufend zuzüglich der Differenz zur Bruttorente schuldet. Dies ist jedoch ebenso wie die ausgebliebenen und nachzuholenden Rentenanpassungen vom Klageantrag nicht umfasst.
3.2 Der Zinsantrag ist nur im zugesprochenen Umfang begründet. Grund und Höhe der Verzinsung beruhen auf § 44 Abs. 3 SGB I. Verzinst werden jedoch nur volle Eurobeträge. Zudem beginnt die Verzinsung später als beantragt. Die monatliche Rente wird gem. § 118 Abs. 1 SGB VI am letzten Bankarbeitstag des jeweiligen Monats fällig. Die Rente für Dezember 2008 wurde daher am Dienstag, 30.12.2008 fällig. Die Verzinsung beginnt nach § 44 Abs. 1 SGB I erst nach Ablauf eines Kalendermonats, hier noch des Dezembers, also erst am 01.01.2009.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die Klage mit der Hauptforderung ganz und mit der Nebenforderung ganz überwiegend begründet ist, ist eine volle Kostentragung durch die Beklagte sachgerecht.
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