L 5 R 766/10

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 24 R 1300/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 766/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rentenversicherung - Krankenversicherung - Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers -
Abgrenzung des Umfangs der Leistungspflicht bei Hilfsmittelversorgung (hier Hörgerät) - Hörgeräteakustiker
als Erfüllungsgehilfe der Krankenkasse - Wirtschaftlichkeitsgebot

1. Die Zuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX erstreckt
sich im Falle des nicht fristgerecht weitergeleiteten Antrages des Versicherten nicht nur auf
Teilhabeleistungen sondern auch auf Leistungen der Krankenbehandlung, sofern solche Leistungen das
Begehren des versicherten Antragstellers decken können. Der im Falle nicht fristgerechter Weiterleitung
endgültig zuständig gewordene Leistungsträger hat den geltend gemachten Anspruch - hier auf das Hilfsmittel
Hörhilfe - anhand aller Rechtsgrundlagen, auch nach zuständigkeitsfremden Leistungsgesetzen, zu prüfen
und zu erbringen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation in Betracht kommen und dem Grunde nach
vorgesehen sind.

2. Der Hörgeräteakustiker ist zwar beauftragter Leistungserbringer der Krankenkasse, jedoch keine zur
Entgegennahme von Sozialleistungsanträgen befugte Stelle (§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Die Übergabe der
ohrenärztlichen Verordnung durch den Versicherten an den Hörgeräteakustiker kann daher nicht bereits als
Eingang des Antrages auf Hilfsmittelgewährung gegenüber der Krankenkasse gewertet werden. Erst die
Weiterleitung des Hilfsmittelbegehrens durch den Hörgeräteakustiker namens und im Auftrag des
Versicherten an die Krankenkasse stellt den Eingang des Leistungsantrages bei einem Sozialleistungsträger
dar.

3. Die Kostenerstattung eines selbstbeschafften Hörgeräts ist zwar davon abhängig, ob der Versicherte das
ihm Zumutbare getan hat, um die notwendige Leistung zur Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Testet
der Versicherte bei einem von der Krankenkasse zugelassenen Hörgeräteakustiker jedoch mehrere
Hörgeräte, darunter auch solche zu Vertragsarztpreisen oder Festbeträgen, und liegen keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass die Testung und Anpassung unsachgemäß erfolgte oder überteuerte bzw. luxuriöse Geräte
angepasst worden sind, dann erfüllt der Versicherte regelmäßig diese Obliegenheit, soweit die Leistungsträger
nicht im Einzelfall Vorschläge unterbreiten, denen der Versicherte konkret nachgehen kann, um eine
preiswertere Hörgeräteversorgung mit gleichadäquaten Ergebnissen zu ererreichen.
I. Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Oktober 2010 wird als unzulässig verworfen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

III. Die Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder als Krankenbehandlung, die Kosten für zwei digitale Mehrkanalhörgeräte mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung in Höhe von 2.810,58 Euro abzüglich des von der Krankenkasse bereits geleisteten Festbetrages zu Vertragsarztsätzen in Höhe von 813,14 Euro und abzüglich des gesetzlichen Zuzahlungsbetrages in Höhe von 20,00 Euro, mithin einen Betrag in Höhe von 1.997,44 Euro, zu erstatten.

Die Klägerin arbeitete seit 1. September 1992 bei der HypoVereinsbank in L , zuletzt als Leiterin Zentraler Vertrieb Liquidität bzw. Teamleiterin in der Servicekreditabteilung. Nach einem psychischen Zusammenbruch am Arbeitsplatz wurde ihr seit 27. Dezember 2006 Arbeitsunfähigkeit attestiert. Nach einer psychosomatischen Rehabilitation vom 13. März bis 24. April 2007 und anschließender weiterer Arbeitsunfähigkeit bis 30. Juni 2007 wurde seit Juli 2007 eine Wiedereingliederung mit Vollzeitbeschäftigung ab September 2007 versucht, woraufhin jedoch erneut dauerhafte Arbeitsunfähigkeit ab 21. Februar 2008 bestand. Im Jahr 2008 war die Klägerin erfolglos in tagesklinischen nervenärztlichen Behandlungen wegen depressiver Störungen, einer somatoformen Schmerzstörung und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Nach einem nochmaligen Eingliederungsversuch im Sommer 2008 wurde das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag zum 31. Dezember 2008 gelöst. Die Beklagte erbringt der Klägerin derzeit mit Leistungsfall vom 22. September 2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung seit 1. Februar 2009 unbefristet sowie Rente wegen voller Erwerbsminderung seit 1. April 2009 befristet bis 31. Dezember 2011.

Nach erstmaliger ohrenärztlicher Verordnung einer Hörhilfe wegen einer beidseitigen Innenohrschwerhörigkeit durch Dr. St (Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde) vom (vermutlich) 3. Mai 2007 und Einleitung der Test- und Hörgeräteanpassung bei der Hörgeräteakustik-Meisterin Birgit R stellte die Klägerin am 18. Mai 2007 bei der Beklagten einen Antrag auf Zuschuss zu den Hörhilfen, da sie diese aus beruflichen Gründen für die sachgerechte Ausübung ihrer Tätigkeit als Leiterin der Servicekreditabteilung benötige. Dem Antrag fügte sie das Tonaudiogramm vom 7. Mai 2007 bei und wies darauf hin, dass sie sich in der Anpassungsphase für die Hörhilfen befinde und einen Kostenvoranschlag nachreichen werde, wenn sie sich für eines der getesteten Geräte entschieden habe. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. Juni 2007 ab und führte zur Begründung aus: Zwar sei eine Hörhilfe aus medizinischen Gründen notwendig. Es handle sich aber um eine Leistung der medizinischen Grundversorgung, weil eine über die Basisversorgung hinausgehende Versorgung mit höherwertigen Hörgeräten nicht wegen besonderer Anforderungen während der Berufsausübung notwendig sei. Die Klägerin benötige bei jedweder Ausübung einer beruflichen Tätigkeit die begehrte Hörhilfe. Ihre konkrete Berufstätigkeit lasse keine spezifische, berufsbedingte Notwendigkeit der höherwertigen Hörgeräteversorgung erkennen.

Nach Abschluss der Test- und Anpassungsphase, während der zwei Hörsysteme zu Vertragsarztpreisen sowie fünf Hörsysteme über Vertragsarztpreisen getestet wurden, erwarb die Klägerin auf der Grundlage der ohrenärztlichen Verordnung von Dr. St bei der Hörgeräteakustik-Meisterin R zwei digitale Mehrkanalhörgeräte mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung der Marke "Phonak micro extra 100 dAZ" zum Preis von 2.810,58 Euro. Die Rechnung vom 9. Oktober 2007 ließ sie – in Form eines auf den Festbetrag begrenzten Kostenvoranschlages vom 13. September 2007 – bei ihrer Krankenkasse am 9. Oktober 2007 einreichen, die der Klägerin mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 eine Leistung in Form der Festbetragsübernahme zu Vertragsarztpreisen in Höhe von 813,14 Euro, einschließlich Reparaturpauschale und abzüglich der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 20,00 Euro, gewährte. Den verbleibenden Restbetrag in Höhe von 1.997,44 Euro zahlte die Klägerin in Raten am 12. Oktober und 5. November 2007 selbst. Einen Antrag auf vollständige Kostenübernahme, vor Erwerb der Hörgeräte, stellte sie bei ihrer Krankenkasse nicht. Den Widerspruch der Klägerin vom 3. Juli 2007 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 2007 zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Dezember 2007 Klage zum Sozialgericht Leipzig.

Das Sozialgericht Leipzig hat im Rahmen des Klageverfahrens einen Befundbericht der Dipl.-Med. St vom 4. März 2008 beigezogen, Arbeitgeberauskünfte der HypoVereinsbank vom 8. April 2008 und 26. Mai 2009 eingeholt, die zuständige Krankenkasse mit Beschluss vom 13. Mai 2009 beigeladen, die Dokumentationsunterlagen zur Hörgeräteanpassung von der Hörgeräteakustik-Meisterin R am 26. Mai 2009 beigezogen, das im Erwerbsminderungsrentenverfahren von der Beklagten eingeholte Gutachten auf psychiatrischem Fachgebiet von Prof. Dr. P (Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie) vom 30. März 2009 beigezogen und ein Gutachten auf otologischem Fachgebiet bei Dr. R (Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde) vom 11. Januar 2010 eingeholt. Dr. R stellte auf Grund der Untersuchungen der Klägerin am 26. August 2009 und 29. September 2009 eine beidseitige Schallempfindungsschwerhörigkeit im mittel- und hochfrequenten Bereich, einen beidseitigen Hörverlust von 25 % und einen Tinnitus rechts größer als links fest. Mit den beiden bei der Klägerin angepassten Hörgeräten sei im Störschall von 60 Dezibel (dB) ein Verstehen von 80 % erreicht worden, ohne Hörgerät von 75 %, sodass ein Anstieg von 5 % zu verzeichnen sei. Dr. R legte dar, dass die in ihrer Untersuchung festgestellten Verbesserungen des Hörvermögens nicht mit denen in den Anpassberichten der Hörgeräteakustikerin übereinstimmen, da dort dargestellt wurde, dass mit den angepassten Geräten ein Ergebnis im Freifeld von 95 % erreicht worden sei. Als Erklärung hierfür gab Dr. R an, dass die unterschiedlichen Messwerte in der damaligen Depression der Klägerin liegen könnten, die bei einem subjektiven Test durchaus auf die Ergebnisse des Sprachaudiogramms Auswirkung haben können. Auch wäre die Schallleitungskomponente als Ursache anzusehen. Die Darstellung der Hörgeräteakustikerin hinsichtlich der Hörgeräteauswahl sei plausibel und werde von der Klägerin bestätigt. Es seien nur digitale Hörgeräte getestet worden, auch bei den getesteten Festbetragsgeräten handele es sich bereits um digitale Hörgeräte. Durch die angepassten Geräte empfinde die Klägerin nachvollziehbar eine Entlastung, da die Kommunikation sich verbessert habe und auch der Tinnitus als geringer empfunden werde, was ebenfalls nachvollziehbar sei. Die Hörgeräteversorgung sei erforderlich, um den akustischen Ansprüchen im Beruf gerecht zu werden. Die angepassten Hörgeräte seien in komplizierten Hörsituationen, in Gesprächen mit vielen Menschen, unter ungünstigen akustischen Bedingungen und vor allem bei Besprechungen mit mehreren Personen geeignet und erforderlich. Die Klägerin bedürfe in gleicher Weise der Hörgeräte bei sämtlichen beruflichen Tätigkeiten, die Kommunikation erfordern würden. Die Hörgeräteversorgung sei für sämtliche Tätigkeiten nötig, bei denen mit Menschen kommuniziert werden müsse, die nicht immer in ruhiger Umgebung bzw. frontal kommunizieren, sondern in Gruppen von Menschen, in halligen Umgebungen oder unter akustisch ungünstigen Verhältnissen. Die beiden von der Akustikerin getesteten Festbetragsgeräte seien digitale zweikanalige Geräte, die nicht geeignet seien, kommunikationsintensive Tätigkeiten zu verrichten. Hierfür seien Hörgeräte mit mindestens sechs Kanälen notwendig, um eine suffiziente Nebengeräuschunterdrückung zu sichern. Die zuzahlungsfreien getesteten Hörgeräte zu Vertragsarztpreisen seien auch in den Trageeigenschaften und in den akustischen Eigenschaften ungünstig und mit Umgebungsgeräuschen behaftet gewesen.

Gestützt auf das Gutachten von Dr. R hat das Sozialgericht Leipzig mit Urteil vom 19. Oktober 2010 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2007 verurteilt, der Klägerin den Eigenanteil für die Hörhilfen "Phonak micro extra 100 dAZ" beidseits in Höhe von 1.997,44 Euro zu erstatten. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Erstattungsanspruch bestehe gegenüber der Beklagten zwar nicht nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, aber nach dem Recht der Krankenversicherung, weil die Beklagte erstangegangener Leistungsträger sei. Ein Anspruch nach dem SGB VI bestehe nicht, weil die Klägerin wegen massiver Konzentrations- und Merkfähigkeitsstörungen sowie einer depressiven und Angstsymptomatik bereits seit ihrem ersten psychischen Zusammenbruch am Arbeitsplatz am 27. Dezember 2006 nicht mehr erfolgversprechend in ihrer bisherigen Tätigkeit bei der HypoVereinsbank einsetzbar gewesen sei. Die Beklagte habe aber nach § 14 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) auch den Bedarf nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung prüfen müssen, weil sie den Antrag nicht innerhalb von 14 Tagen an die Beigeladene weitergeleitet habe. Der Anspruch auf Hörgeräteversorgung nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, weil nach dem Gutachten von Dr. R , den Anpassberichten der Hörgeräteakustik-Meisterin R und den Angaben der Klägerin ein möglichst vollständiger Behinderungsausgleich nicht mit Hörgeräten zu Vertrags- oder Festbeträgen zu erreichen gewesen sei. Die höherwertige Hörgeräteversorgung führe bei der Klägerin zur erheblich besseren Verständigung in schwierigen Hörsituationen, insbesondere in den Gruppentherapiesitzungen zur Behandlung ihrer derzeit zur Erwerbsminderung führenden psychischen Störungen. Zwar habe Dr. R nur einen geringfügigen Anstieg des Sprachverständnisses um 5 % feststellen können. Jedoch habe die Gutachterin auch darauf hingewiesen, dass der prozentuale Grad der Verbesserung des Sprachverständnisses in schwierigen Hörsituationen des täglichen Lebens tatsächlich erheblich höher sein könne als im von ihr durchgeführten Test, da dieser weder lebendige Sprache erfasse noch realistische Störgeräusche beinhalte. Insbesondere würden die höherwertigen Hörgeräte den Tinnitus wesentlich besser als Festbetragsgeräte unterdrücken. Zudem würden die Hörgeräte wegen der sechskanaligen Signalverarbeitung, der Störgeräuschunterdrückung sowie des adaptiven Richtmikrofons die Kommunikation in Gruppengesprächen, in halligen Umgebungen und in sonstigen akustisch ungünstigen Verhältnissen im Vergleich zu Festbetragsgeräten wesentlich erleichtern. Die Klägerin habe sich die streitgegenständlichen Hörgeräte am 13. September 2007 erst nach Erlass des Ablehnungsbescheides der Beklagten vom 6. Juni 2007 selbst beschafft. Wesentlich preiswertere Geräte, die einen vergleichbaren Behinderungsausgleich ermöglicht hätten, seien nicht festzustellen, auch wenn dies nicht gänzlich auszuschließen sei. Insoweit könne die volle Kostenerstattung jedoch nur davon abhängig gemacht werden, ob der Versicherte das ihm Zumutbare getan habe, um die notwendige Leistung zur Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Die Klägerin habe bei der zugelassenen Hörgeräteakustik-Meisterin sieben Hörgeräte, darunter zwei zu Vertragsarztpreisen, testen und anpassen lassen. Bei den ausgewählten Geräten habe es sich um solche im mittleren Preissegment gehandelt. Teurere Geräte mit geringfügig noch besseren Anpassungsergebnissen seien aus Wirtschaftlichkeitsgründen, wie die Hörgeräteakustik-Meisterin bestätigt habe, nicht in Betracht gezogen worden. Geringfügig billigere Geräte seien deshalb nicht ausgewählt worden, weil diese am Ohr der Klägerin zu locker gesessen hätten. Deshalb habe die Klägerin keine weiteren Anstrengungen unternehmen müssen, um herauszufinden, ob noch günstigere gleichwertigere Hörhilfen auf dem Markt verfügbar gewesen seien.

Gegen das ihr am 10. November 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 1. Dezember 2010 Berufung eingelegt, mit der sie die Abweisung der Klage verfolgt. Zur Begründung führt sie aus: Sie sei weder formell noch zur Weiterleitung des Antrages verpflichtet gewesen, weil die Hörhilfen nicht auch Rehabilitationsleistungen, sondern als Leistungen der Krankenbehandlung zu erbringen seien. Außerdem habe sich die Klägerin bereits vor der Antragstellung an die Hörgeräteakustikerin gewandt, sodass es schwer vorstellbar sei, dass die Akustikerin, ohne zuvor die Beigeladene eingeschaltet zu haben, mit der Anpassung begonnen habe. Sei die Versorgungsanzeige vor dem 18. Mai 2007 erstellt, sei die Beigeladene erstangegangener Leistungsträger. Außerdem bestehe kein wesentlicher Gebrauchsvorteil. Zudem sei die Hörgeräteakustikerin als Leistungserbringerin Erfüllungsgehilfin der Beigeladenen, sodass die Beigeladene auch aus diesem Gesichtspunkt zuerst angegangen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 19. Oktober 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladene hat ihre am 23. November 2010 eingelegte Berufung in der mündlichen Verhandlung am 23. August 2011 zurückgenommen. Sie stellt keinen Antrag, führt zur Sache aber aus: Das Ausmaß der Hörstörung sei bei der Klägerin nicht sehr stark ausgeprägt. Der Anstieg der Hörleistung um lediglich 5 % stelle keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil dar. Die Angaben der Klägerin und der Hörgeräteakustik-Meisterin seien nicht objektiviert worden. Die Mehrkosten seien daher von der Klägerin zu tragen. § 14 SGB IX greife nicht, daher sei sie materiell beschwert.

Das Gericht hat die bei der Beigeladenen vorhandenen Unterlagen beigezogen.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil das Sozialgericht Leipzig der Klage im Ergebnis und mit zutreffender Begründung stattgegeben hat. Der Ablehnungs- bescheid der Beklagten vom 6. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2007 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte den vom Sozialgericht Leipzig ausgeurteilten Kostenanspruch der Klägerin bedient.

Zur Begründung und zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen kann auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil des Sozialgerichts Leipzig verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden (§ 153 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Zur Ergänzung ist lediglich Folgendes auszuführen:

Der Anspruch der Klägerin ergibt sich, nach dem sie sich die begehrten Hörgeräte selbst beschafft hat, aus § 15 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), weil die Beklagte als erstangegangener Rehabilitationsträger zuständig geworden (und geblieben) ist und die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Diese Vorschrift ist entweder unmittelbar anwendbar, weil sie trägerübergreifend Kostenerstattungsansprüche für selbstbeschaffte Teilhabeleistungen normiert (so deutlich: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 12). Oder sie ist über § 13 Abs. 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) entsprechend heranzuziehen, weil zwar § 15 Abs. 1 Satz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) auf sie nicht verweist, aber § 13 Abs. 3 SGB V einen allgemeinen Gedanken für sämtliche selbstbeschafften Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für jeden in Betracht kommenden Rehabilitationsträger enthält (so angedeutet: BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 21 und 22 unter Bezugnahme auf BSG, 1. Senat, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 36/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 18). Die Frage kann dahinstehen, weil das Ergebnis des Rechtsstreits von ihrer Beantwortung nicht abhängt.

1. Von den in § 15 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 SGB IX geregelten drei unterschiedlichen Tatbeständen, die zur Kostenerstattungspflicht führen können, kommt vorliegend nur die in § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX geregelte in Betracht. Danach besteht eine Erstattungspflicht, wenn der Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Rehabilitationsträger im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX ist ausweislich des systematischen Zusammenhangs der Bestimmung mit § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB IX der zuständige Rehabilitationsträger. Nach Satz 3 ist der "zuständige" Rehabilitationsträger unter bestimmten Voraussetzungen zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, wenn sich Leistungsberechtigte eine erforderliche Leistung selbst beschaffen. Die Erstattungspflicht des "zuständigen" Rehabilitationsträgers erstreckt Satz 4 auf die darin geregelten Tatbestände, indem er bestimmt, dass die Erstattungspflicht "auch" in diesen Fällen besteht. Zuständiger Rehabilitationsträger im Sinne des § 15 Abs. 1 SGB IX ist der nach § 14 SGB IX verantwortliche Rehabilitationsträger (so deutlich: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 14). § 14 SGB IX sieht im Grundsatz lediglich zwei Zuständigkeiten vor, die des erstangegangenen oder des im Wege der Weiterleitung zweitangegangenen Rehabilitationsträgers. Werden Leistungen zur Teilhabe beantragt, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen zuständig ist. Stellt er bei der Prüfung fest, dass er für die Leistung nicht zuständig ist, leitet er den Antrag gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX unverzüglich dem seiner Auffassung nach zuständigen Rehabilitationsträger zu. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Im Falle der Nichtweiterleitung des Antrags ist danach der erstangegangene Rehabilitationsträger zuständig. Wird der Antrag demgegenüber weitergeleitet, gelten gemäß § 14 Abs. 2 Satz 3 SGB IX die Sätze 1 und 2 für den Rehabilitationsträger, an den der Antrag weitergeleitet worden ist, entsprechend. In diesem Fall hat dieser den Rehabilitationsbedarf festzustellen und ist gegenüber dem behinderten Menschen zuständig. Ein Weiterleitungsrecht besteht für ihn nicht, selbst wenn er nach den Leistungsgesetzen "eigentlich" nicht zuständig ist. Die Zuständigkeit nach § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX gegenüber dem behinderten Menschen ist eine ausschließliche Zuständigkeit. § 14 SGB IX zielt darauf ab, zwischen den betroffenen behinderten Menschen und Rehabilitationsträgern die Zuständigkeit schnell und dauerhaft zu klären. Die Vorschrift trägt dem Bedürfnis Rechnung, im Interesse behinderter und von Behinderung bedrohter Menschen durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten Systems entgegenzuwirken. Diesem Gesetzeszweck liefe es zuwider, für das Außenverhältnis zum Leistungsberechtigten neben der Zuständigkeit eines Trägers nach § 14 SGB IX eine Zuständigkeit des nach den Leistungsgesetzen "eigentlich" verpflichteten Trägers für möglich zu halten (so deutlich: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 15; offengelassen noch von: BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 36 unter Bezugnahme auf BSG, 4. Senat, Urteil vom 14. Dezember 2006 - B 4 R 19/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 32), wie die Beklagte im Verfahren mehrfach angedeutet hat, indem sie von einer formellen und einer inhaltlichen Zuständigkeit ausgeht.

Da die Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers im Außenverhältnis diejenige aller anderen Träger ausschließt, kann im Gerichtsverfahren über diese Frage im Verhältnis zu den vom behinderten Menschen angegangenen Rehabilitationsträgern nur einheitlich entschieden werden. Wird die Zuständigkeit eines Trägers im Sinne von § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX festgestellt, so hat das zwingend zur Folge, dass im Verhältnis zwischen diesem und dem Leistungsberechtigten der Anspruch an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen ist, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation für Rehabilitationsträger vorgesehen sind (so ganz deutlich und einheitlich: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R -JURIS-Dokument, Rn. 16; BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 30; BSG, 1. Senat, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 34/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 24 ff.). Dies gilt nach der Rechtsprechung des BSG unabhängig davon, ob die Beklagte als Träger der Rentenversicherung "eigentlich" (nur oder auch) zur Leistungserbringung zuständig war. Ist der erstangegangene Träger für eine Leistung der beantragten Art gar nicht zuständig, hat er die Leistung dem Antragsteller gegenüber nach den Vorschriften des "eigentlich" zuständigen Leistungsträgers zu erbringen und gegebenenfalls einen Erstattungsanspruch gegenüber dem "eigentlich" zuständigen Träger geltend zu machen (BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 16; BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 30; BSG, 1. Senat, Urteil vom 26. Juni 2007 - B 1 KR 34/06 R - JURIS-Dokument, Rn. 24 ff). Aus diesem Grund ist die von der Beklagten im Verfahren mehrfach geäußerte Auffassung, die Frage des erst- oder zweitangegangenen Trägers sei nachrangig gegenüber der inhaltlichen Fragestellung zur Abgrenzung des Umfangs der Leistungspflicht zwischen der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, unzutreffend. Ebenso unzutreffend ist die Ansicht der Beklagten, dass sich eine durch § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit lediglich auf Teilhabeleistungen erstrecken und sie deshalb nicht verpflichtet werden könne, als zuständig gewordener Leistungsträger gänzlich zuständigkeitsfremde Leistungen, wie Leistungen für Hörhilfen als Krankenbehandlung (Hilfsmittel) nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V) zu erbringen (so wohl auch: LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 24. Februar 2011 - L 8 R 176/10 - JURIS-Dokument, Rn. 26). Denn diese Sichtweise entspricht nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die klargestellt hat, dass die durch § 14 SGB IX begründete Zuständigkeit des erstangegangenen Leistungsträgers die Erbringung von Leistungen an Hand aller in der konkreten Bedarfssituation in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen, auch nach "zuständigkeitsfremden Leistungsgesetzen" umfasst. Dies gilt auch dann, wenn die Versorgung mit Hörhilfen nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung keine Leistung zur medizinischen Rehabilitation ist. Denn § 14 SGB IX gilt seiner Intention nach auch in solchen Fällen, in denen eine Leistung, hier das Hilfsmittel Hörhilfe, beantragt wird, die nach dem Recht des zuerst angegangenen Leistungsträgers eine solche der medizinischen Rehabilitation, nach dem der ("eigentlich" mit- oder allein-)zuständigen Krankenkasse jedoch keine Leistung zur Teilhabe im Sinne der §§ 4, 5 SGB IX ist (so ganz deutlich: BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 38; im Ergebnis ebenso: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 16 und 22: "der Anspruch ist an Hand aller Rechtsgrundlagen zu prüfen, die überhaupt in der konkreten Bedarfssituation vorgesehen sind").

Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Beklagte der erstangegangene Leistungsträger im Sinne von § 14 SGB IX ist. Die Klägerin beantragte bei ihr am 18. Mai 2007 einen Zuschuss zur Hörgeräteversorgung, während sie sich über die Hörgeräteakustik-Meisterin Reinhart erst mit dem Kostenvoranschlag vom 13. September 2007 in Form der Rechnung vom 9. Oktober 2007 am 11. Oktober 2007 bezüglich der Gewährung des Festbetrages an die beigeladene Krankenkasse gewandt hatte. Soweit die Beklagte meint, erstangegangener Leistungsträger sei die Beigeladene, weil die Klägerin spätestens am 7. Mai 2007, als das Tonaudiometer erstellt wurde, die ohrenärztliche Verordnung vom (vermutlich) 3. Mai 2007 der Hörgeräteakustik-Meisterin überreicht habe und diese daraufhin die Anpassung eingeleitet habe und als beauftragte Leistungserbringerin für die Krankenkasse deren Erfüllungsgehilfin sei, weshalb die Übergabe der ohrenärztlichen Verordnung als Antragstellung bei der Beigeladenen zu erachten sei, stellt diese Sichtweise eine Verkennung der rechtlichen Regelungen dar. Der Hörgeräteakustiker ist als von der Beigeladenen eingeschalteter oder im Vorfeld beauftragter Leistungserbringer keine zur Entgegennahme von Sozialleistungsanträgen befugte Stelle; nach § 16 Abs. 1 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) sind lediglich alle anderen Leistungsträger, alle Gemeinden und bei Personen, die sich im Ausland aufhalten, auch die amtlichen Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland im Ausland zur Entgegennahme von Sozialleistungsanträgen befugte Stellen. Der Hörgeräteakustiker kann lediglich als Erklärungsbote oder Erklärungsvertreter des Versicherten hinsichtlich der Weiterleitung des Antrages, nicht jedoch als Empfangsbote oder Empfangsvertreter der Krankenkasse angesehen werden. Auch wenn in der Übergabe der ohrenärztlichen Verordnung an den Hörgeräteakustiker ein Sozialleistungsantrag zu erblicken sein sollte, entfaltet dieser erst mit der Weiterleitung und dem Eingang bei der Krankenkasse als dem zuständigen Leistungsträger (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB I) oder bei den in § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB I genannten Stellen Rechtswirkungen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem, von der Beklagten angesprochenen, "Vertrag zur Komplettversorgung mit Hörsystemen zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR (BIHA) und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V (VdAK/AEV)". Nach § 4 Nr. 1 Satz 2 und 3 sowie Anlage 2 dieses Vertrages wird erst mit der Versorgungsanzeige des Hörgeräteakustikers gegenüber der Krankenkasse mitgeteilt, dass ein bestimmter Versicherter eine Hörgeräteversorgung begehrt und um "Zustimmung" der Versorgung bittet. Erst mit dem Eingang dieser Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse liegt ein Antrag beim zuständigen Leistungsträger vor, über den allein die Krankenkasse entscheidet, ohne die erbetene "Zustimmung" zur Hörgeräteversorgung an den Hörgeräteakustiker in irgendeiner Form im Vorfeld delegiert zu haben (vgl. dazu zutreffend: LSG Berlin/Brandenburg, Urteil vom 25. November 2010 - L 31 R 37/10 - JURIS-Dokument, Rn. 30). Hiervon unabhängig ist im Übrigen im konkret vorliegenden Fall zu beachten, dass die Beigeladene, eine Betriebskrankenkasse, ohnehin nicht Vertragspartner des von der Beklagten angesprochenen Rahmenvertrages ist und diese daher nicht bindet. Auch aus dem – ebenfalls die Beigeladene konkret nicht bindenden – "Vertrag zwischen der Bundesinnung der Hörgeräteakustiker KdöR und 14 Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK), vertreten durch den AOK-Bundesvorstand" zum "Ablauf und Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der AOK mit Hörsystemen" (§ 1 des Vertrages) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Nach § 4 Abs. 3 dieses Vertrages soll der Hörgeräteakustiker unter Verwendung der als Anlage 4 des Vertrages vorformulierten Versorgungsanzeige vor jeder Versorgung unter Beifügung des Ton- und Sprachaudiogramms diese Versorgungsanzeige zur Prüfung und Zustimmung der AOK vorlegen. Mit der Versorgungsanzeige bittet der Versicherte durch den Hörgeräteakustiker um "Ausfertigung der Zustimmung"; erst die Krankenkasse "entscheidet" unter Verwendung des zweiten Teils der vorformulierten Versorgungsanzeige und "bewilligt" eine Hörsystemversorgung nach Vorlage der für die Indikationsstellung nötigen Informationen (Ton- und Sprachaudiogramm). Auch diese Regelungen verdeutlichen, dass erst mit dem Eingang der Versorgungsanzeige bei der Krankenkasse ein Antrag beim zuständigen Leistungsträger vorliegt, über den ausschließlich die Krankenkasse entscheidet, ohne die "Zustimmung" zur oder die "Entscheidung" über die Hörgeräteversorgung dem Hörgeräteakustiker überlassen zu haben.

Fest steht ebenfalls, dass die Beklagte den Antrag der Klägerin nicht wegen Unzuständigkeit innerhalb von zwei Wochen zur Entscheidung an die Beigeladene abgegeben, sondern mit Bescheid vom 6. Juni 2007 abschlägig beschieden, und bereits in diesem Bescheid auf Leistungen der medizinischen Grundversorgung verwiesen, hat. Die Beklagte ist danach der gegenüber der Klägerin umfassend zuständig gewordene Leistungsträger. Sie hat sowohl die nach dem SGB VI als auch u.a. nach dem SGB V vorgesehenen Rehabilitationsleistungen und Leistungen der Krankenbehandlung, die das konkrete Begehren decken können, zu erbringen, weil sich die in § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX geregelte Zuständigkeit – wie ausgeführt – im Verhältnis zur Klägerin auf alle Rechtsgrundlagen erstreckt. Die Krankenkasse der Klägerin war hier jedoch als möglicherweise endgültig zuständiger Leistungsträger notwendig beizuladen (vgl. dazu: BSG, 5. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2009 - B 5 R 5/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 16), was das Sozialgericht mit Beschluss vom 13. Mai 2009 zutreffend veranlasst hat.

Die Klägerin hat sich darüber hinaus die streitgegenständlichen zwei digitalen Mehrkanalhörgeräte mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung der Marke "Phonak micro extra 100 dAZ" auch erst nach der ablehnenden Entscheidung der Beklagten (Ablehnungsbescheid vom 6. Juni), nämlich ausweislich der Rechnung der Hörgeräteakustik-Meisterin R vom 9. Oktober 2007 am 12. Oktober 2007 (erste Ratenzahlung des Restbetrages), selbst und auf eigene Kosten beschafft, so dass dies einem Anspruch nach § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX – ebenso wie einem solchen nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V – nicht entgegen steht (vgl. hierzu: BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 23; BSG, 3. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - JURIS-Dokument, Rn. 10-12).

Die Ablehnung war auch ursächlich für die Selbstbeschaffung. Anhaltspunkte für eine Vorfestlegung der Klägerin auf die streitgegenständlichen Hörgeräte liegen nicht vor. Soweit die Beklagte ausführte, die Klägerin habe sich bereits vor der Antragstellung an die Hörgeräteakustikerin gewandt, ist dies zwar zutreffend, weil die Klägerin unmittelbar nach Ausstellung der ohrenärztlichen Verordnung in die Test- und Anpassphase einstieg. Daraus folgt aber nicht, dass die Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt auf ein bestimmtes Hörgerät vorfestgelegt war. Vielmehr belegen die von der Hörgeräteakustik-Meisterin R im sozialgerichtlichen Verfahren am 26. Mai 2009 eingereichten Unterlagen, dass zwischen Mai und September 2007 verschiedene Hörsysteme sowohl zu Vertragsarztpreisen als auch zu über Vertrags- und Festbeträgen liegenden Preisen getestet worden sind. Ausweislich der dokumentierten Rückseite der ohrenärztlichen Verordnung vom (vermutlich) 3. Mai 2007 wurde die Probephase am 7. Mai 2007 begonnen und am 13. September 2007 beendet, nachdem die verschiedenen Hörsysteme getestet worden sind. Deshalb ist in der Dokumentation zur Anpassung der Hörsysteme vom 13. September 2007 ausgeführt, dass während der Anpassung von der Klägerin verschiedene Hörsysteme miteinander verglichen worden sind. Es wurden dabei ausschließlich Systeme in der HdO (hinter dem Ohr)-Bauform getestet. Da die Klägerin sehr empfindliche Gehörgänge besitzt, konnten lediglich Systeme mit Mikroschlauch und der kleinsten Schirmchengröße getestet werden. Es wurden dabei sieben volldigitale Systeme insgesamt getestet. Die Klägerin erzielte das beste Gesamthörvermögen mit den ausgewählten Geräten der Marke "Phonak micro extra 100 dAZ", die einen sehr guten Klang und ein optimales Sprachverstehen boten. Die Entscheidung fiel ausweislich der Dokumentation erst nach der viermonatigen Erprobungsphase. Erst nach Abschluss der Probephase und nach endgültiger Auswahlentscheidung überzeugte sich die behandelnde Hals-Nasen-Ohrenärztin, Dipl.-Med. St , am 27. September 2007 davon, dass durch die vorgeschlagenen Hörsysteme eine ausreichende Hörverbesserung erzielt wurde, sodass auch sie das vorgeschlagene Gerät für zweckmäßig hielt (vgl. dazu insgesamt Bl. 208 bis 210 der Gerichtsakte). Auf Grund dessen sind die Mutmaßungen der Beklagten, dass eine Vorfestlegung vorgelegen haben könnte, nicht gerechtfertigt. Soweit die Beklagte ausgeführt hat, es sei schwer vorstellbar, dass die Akustikerin, ohne zuvor die Beigeladene eingeschalten zu haben, mit der Anpassung begonnen habe, ist auch diese Mutmaßung nicht gerechtfertigt. Ausweislich der vorliegenden Dokumentationen hat die Hörgeräteakustik-Meisterin R die Krankenkasse erstmals mit der Übersendung des Kostenvoranschlages vom 9. Oktober 2007 von der Hörgeräteversorgung der Klägerin unterrichtet, die Kostenaufstellung in Form der Rechnung vom 9. Oktober 2007 vorgelegt und die Beigeladene um Genehmigung und Bearbeitung im Auftrag der Klägerin gebeten. Die Anzeige der Hörgeräteversorgung ging bei der Beigeladenen ausweislich des Eingangsstempels auf der Anzeige vom 9. Oktober 2007 erstmals am 11. Oktober 2007 ein. Infolge dieser Anzeige schaltete die Beigeladene ihren Medizinischen Dienst ein, der am 15. Oktober 2007 die medizinische Notwendigkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der angezeigten Hörgeräteversorgung zum medizinisch indizierten Festbetrag bestätigte (vgl. Bl. 206 der Gerichtsakte). Auf Grund dieser Entscheidung bewilligte die Beigeladene mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 in Reaktion des von der Hörgeräteakustik-Meisterin übersandten Kostenvoranschlages die Festbeträge für die Hörgeräte in Höhe von 813,14 Euro (vgl. Bl. 205 der Gerichtsakte). Unschädlich ist es, entgegen der Ansicht der Beklagten, dass die Klägerin die Anpassung (ab 7. Mai 2007) vor der Antragstellung bei ihr (am 18. Mai 2007) begonnen hatte. Im Zeitpunkt der Antragstellung hatte sich die Klägerin noch nicht auf ein bestimmtes Gerät festgelegt. Erst die endgültige rechtliche Verpflichtung zur Abnahme und Bezahlung des Hilfsmittels als unbedingtes Verpflichtungsgeschäft zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer ist Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung.

2. Soweit die Beigeladene und die Beklagte darauf hingewiesen haben, das Ausmaß der Hörstörung sei bei der Klägerin nicht sehr stark ausgeprägt gewesen und ein Anstieg der Hörleistung, wie von der Gerichtssachverständigen Dr. R nachgewiesen, von lediglich 5 % stelle keinen wesentlichen Gebrauchsvorteil dar, ist zu konstatieren, dass diese Einwände dem Kostenerstattungsanspruch nicht entgegenstehen. Insofern hatte bereits das Sozialgericht Leipzig in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf abgestellt, dass der Gutachterin Dr. R nicht der über jeden Zweifel erhabene und mit anerkannten wissenschaftlichen Methoden geführte Nachweis gelungen sei, dass eine höherwertige Hörgeräteversorgung – d. h. insbesondere eine Versorgung mit mindestens sechskanaligen Geräten mit adaptivem Richtmikrofon – im Fall der Klägerin zur Erreichung wesentlicher Gebrauchsvorteile im Alltagsleben, vor allem zur erheblich besseren Verständigung in schwierigen Hörsituationen, erforderlich sei. Das Sozialgericht hat dabei bereits darauf hingewiesen, dass insbesondere der Freiburger Sprachtest zur Hörgerätekontrolle insoweit allenfalls einen geringfügigen Anstieg des Sprachverständnisses um etwa 5 % erbracht habe. Gleichwohl hat Dr. R im Gutachten jedoch dargestellt, dass der prozentuale Grad der Verbesserung des Sprachverständnisses in schwierigen Hörsituationen des täglichen Lebens tatsächlich erheblich höher sein könne als im Freiburger Sprachtest, da dieser weder lebendige Sprache noch realistische Störgeräusche beinhalte. Vor allem hat Dr. R insoweit nachvollziehbar deutlich gemacht, dass sie im konkreten Einzelfall davon ausgeht, dass die begehrten Hörgeräte für die Klägerin wesentlich bessere Hörergebnisse erbringen als Hörgeräte zum Festbetrag. Insoweit hat Dr. R insbesondere die von der Klägerin auch gegenüber dem Sozialgericht geschilderten Angaben, dass die höherwertigen Hörgeräte zum einen den Tinnitus wesentlich besser als Festbetragsgeräte unterdrücken und zum anderen auf Grund der sechskanaligen Signalverarbeitung und Störgeräuschunterdrückung sowie des adaptiven Richtmikrofons die Kommunikation in Gruppengesprächen, in halligen Umgebungen und in sonstigen akustisch ungünstigen Verhältnissen im Vergleich zu Festbetragsgeräten wesentlich erleichtern. Eine abweichende medizinische Einschätzung liegt nicht vor; auch die von der Beigeladenen im sozialgerichtlichen Verfahren angekündigte Stellungnahme des Medizinischen Dienstes ist trotz Aufforderung mit gerichtlichem Schreiben vom 22. September 2010 nicht übersandt worden. Auch im Berufungsverfahren hat die Beigeladene keine medizinisch begründete und nachvollziehbar untermauerte Stellungnahme vorgelegt, dass die von der Gutachterin Dr. R eingeschätzten wesentlichen Verbesserungen des Hörvermögens der Klägerin, als von ihr selbst getestet, nicht nachvollziehbar erscheinen. Im Übrigen, und auch darauf hatte des Sozialgericht bereits hingewiesen, geht aus den vorgelegten Anpassberichten der Hörgeräteakustik-Meisterin R hervor, dass bei den von der Klägerin beschafften Hörgeräten im Freifeldergebnis ein etwa 20%iger Hörgewinn gegenüber einer Versorgung mit Festbetragsgeräten zu verzeichnen war. Die Hörgeräteakustik-Meisterin hatte in ihren Anpassberichten und in der eingereichten Übersicht über die getesteten Hörsysteme innerhalb der Anpassungsphase (vgl. Bl. 45 bis 48 der Gerichtsakte) ausgeführt, dass die gesamten Freifeldmessungen im Störgeräusch erfolgten und ohne Hörsysteme das Sprachverständnis bei 75 % gelegen hat, mit den getesteten Hörgeräten zu Vertragsarztpreisen bei 75 % bzw. 80 % gelegen hat, wobei die digitalen Basisgeräte unruhig und hallig im Klang und ohne ein verbessertes Sprachverstehen waren, währenddessen das Gerät "Phonak micro extra 100 dAZ" ein 95%iges Sprachverstehen im Störschall erreichte, ein gutes Tragegefühl verzeichnete, ein sehr gutes Sprachverständnis in allen Situationen, auch bei Hintergrundgeräuschen, erzielte, sich günstig auf den Tinnitus auswirkte, indem dieser weniger bzw. kaum noch wahrgenommen wurde, und schließlich im Hinblick auf mehrere getestete Geräte zu Nichtvertragsarztpreisen das beste Preis-Leistungs-Verhältnis hatte. Soweit das Sozialgericht nach dem Ergebnis der Ermittlungen ein "deutliches Übergewicht an Gründen" festgestellt hat, die darauf hinweisen, dass die begehrte Hörgeräteversorgung im Vergleich zu einer Versorgung mit Festbetragsgeräten für die Klägerin wesentliche Gebrauchsvorteile im Alltagsleben mit sich bringen, ist dies nicht zu beanstanden, da auch der erkennende Senat dieses Ergebnis nachvollziehen kann und gegenteilige medizinische Stellungnahmen nicht vorliegen. Soweit die Beigeladene zusätzlich noch darauf hingewiesen hat, die Angaben der Klägerin zu einem verbesserten Hörvermögen mit den streitgegenständlichen Geräten sei nicht objektiviert worden, trifft dies nicht zu, weil die Testberichte der Hörgeräteakustik-Meisterin R die Angaben der Klägerin in den dort durchgeführten Freifeldmessungen belegt haben.

3. Zutreffend hat das Sozialgericht Leipzig im Übrigen hervorgehoben, dass zwar nicht feststeht, ob im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung wesentlich preiswertere Geräte auf dem Markt zur Verfügung standen, die einen vergleichbaren Behinderungsausgleich ermöglichen. Jedoch kann die volle Kostenerstattung nur davon abhängig gemacht werden, ob der Versicherte das ihm Zumutbare getan hat, um die notwendige Leistung zur Vermeidung unnötiger Kosten zu ermitteln. Denn: Begrenzt ist der aus §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V folgende Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit digitalen Mehrkanalhörgeräten mit Störschallunterdrückung und Spracherkennung durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Die Leistungen müssen danach "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein" und dürfen "das Maß des Notwendigen nicht überschreiten"; Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Demzufolge verpflichtet auch § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht dazu, den Versicherten jede gewünschte, von ihnen für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung zu stellen. Ausgeschlossen sind danach Ansprüche auf teure Hilfsmittel, wenn eine kostengünstigere Versorgung für den angestrebten Nachteilsausgleich funktionell ebenfalls geeignet ist; Mehrkosten sind andernfalls selbst zu tragen (§ 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V). Eingeschlossen in den Versorgungsauftrag der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine kostenaufwendige Versorgung dagegen dann, wenn durch sie eine Verbesserung bedingt ist, die einen wesentlichen Gebrauchsvorteil gegenüber einer kostengünstigeren Alternative bietet. Das gilt bei Hilfsmitteln zum unmittelbaren Behinderungsausgleich insbesondere durch Prothesen für grundsätzlich jede Innovation, die dem Versicherten nach ärztlicher Einschätzung in seinem Alltagsleben deutliche Gebrauchsvorteile bietet. Keine Leistungspflicht besteht dagegen für solche Innovationen, die nicht die Funktionalität betreffen, sondern in erster Linie die Bequemlichkeit und den Komfort bei der Nutzung des Hilfsmittels. Dasselbe gilt für lediglich ästhetische Vorteile. Desgleichen kann eine Leistungsbegrenzung zu erwägen sein, wenn die funktionalen Vorteile eines Hilfsmittels ausschließlich in bestimmten Lebensbereichen zum Tragen kommen. Weitere Grenzen der Leistungspflicht können schließlich berührt sein, wenn einer nur geringfügigen Verbesserung des Gebrauchsnutzens ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht (vgl. auch dazu wiederum lediglich ausführlich: BSG, 3. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R - JURIS-Dokument, Rn. 21 und 41 mit zahlreichen weiteren Nachweisen; ebenso: BSG, 13. Senat, Urteil vom 21. August 2008 - B 13 R 33/07 R - JURIS-Dokument, Rn. 49).

Im Fall der Klägerin ist unter Berücksichtigung dieser Maßgaben festzustellen, dass sie bei einer von der Beigeladenen als Krankenkasse zugelassenen Hörgeräteakustik-Meisterin insgesamt sieben Hörgeräte, darunter zwei Hörgeräte zum Festbetrag, getestet und anpassen lassen hat. Für die Klägerin lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anpassung unsachgemäß erfolgte oder gar überteuerte bzw. luxuriöse Geräte angepasst worden sind. Vielmehr handelte es sich bei den ausgewählten Geräten um solche im mittleren Preissegment. Teurere Geräte mit geringfügig noch besseren Anpassergebnissen wurden aus Wirtschaftlichkeitsgründen gerade nicht in Betracht gezogen. Geringfügig billigere Geräte wurden nur deshalb nicht ausgewählt, weil diese am Ohr zu locker saßen. Wie bereits hervorgehoben, war mit den zwei getesteten Hörsystemen zu Vertragsarztpreisen keine Verbesserung des Sprachverständnisses im Störgeräusch zu erzielen, da diese Systeme einen unruhigen und halligen Klang hatten und zudem ungünstige Trageeigenschaften durch ein "Zuviel" an Masse im Gehörgang mit Verschlusseffekt bewirkten. Ein unmittelbarer Behinderungsausgleich war mit den Festbetragsgeräten im Sinne eines wie vom Bundessozialgericht geforderten vollständigen Gleichziehens mit einem gesunden Menschen nicht zu erreichen. Hörbehinderten Menschen ist im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in größeren Räumen und bei störenden Umgebungsgeräuschen zu eröffnen und ihnen sind dazu die nach dem Stand der Hörgerätetechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) jeweils erforderlichen Geräte zur Verfügung zu stellen (BSG, 3. Senat, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 3 KR 20/08 R – JURIS-Dokument, Rdnr. 20). Die Klägerin musste deshalb insgesamt keine weiteren Anstrengungen unternehmen, um herauszufinden, ob noch günstigere gleichwertigere Hörhilfen auf dem gesamten Markt der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung standen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch zu beachten, dass weder die Beklagte noch die Beigeladene der Klägerin im Sinne der Wirtschaftlichkeit im Ansatz Vorschläge unterbreitet haben, denen die Klägerin hätte nachgehen können, um eine preiswertere Hörgeräteversorgung mit gleichadäquaten Ergebnissen erwerben zu können.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Jacobi Lübke Dr. Schnell

SÄCHSISCHES LANDESSOZIALGERICHT Beschluss In dem Rechtsstreit , - Klägerin und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte., , gegen Deutsche Rentenversicherung Bund, vertreten durch das Direktorium, Ruhrstraße 2, 10704 Berlin, - Beklagte und Berufungsklägerin -

Beigeladene und Berufungsklägerin: HypoVereinsbank BKK Pflegekasse, Arnulfstraße 27, 80335 München,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin ...,.,

hat der 5. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts am 8. September 2011 durch die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Jacobi sowie die Richter am Landessozialgericht Lübke und Dr. Schnell ohne mündliche Verhandlung beschlossen:

Tenor:

Der Tenor des schriftlich abgesetzten Urteils vom 23. August 2011 wird dahingehend berichtigt, dass Ziffer I. des Tenors gegenstandslos ist.

Gründe:

Der Tenor des schriftlich abgesetzten Urteils vom 23. August 2011 ist von Amts wegen dahingehend zu berichtigen, dass Ziffer I. des Tenors gegenstandslos ist, weil die Beigeladene ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung am 23. August 2011 ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung des 5. Senats vom 23. August 2011 zurückgenommen hatte. Der im schriftlich abgefassten Urteil niedergelegte Tenor stimmt daher mit dem in der mündlichen Verhandlung des 5. Senats vom 23. August 2011 verkündeten nicht überein. Aus den schriftlich abgefassten Urteilsgründen ergibt sich zudem eindeutig, dass über eine Berufung der Beigeladenen nicht mehr zu entscheiden war (vgl. Seite 7 des Urteils). Es handelt sich damit um eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne der §§ 153 Abs. 1, 138 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), die jederzeit von Amts wegen berichtigt werden kann.

Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Jacobi Lübke Dr. Schnell
Rechtskraft
Aus
Saved