Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 405/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 74/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Vergütung von Blutzuckerteststreifen bei vertragslosem Zustand
1. Die Schließung einer Krankenkasse führt nicht zu ihrer liquidationslosen Beendigung, sondern zu ihrer
Umwandlung in eine Abwicklungskörperschaft.
2. Bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung kann ein zugelassener Leistungserbringer von der Krankenkasse
Wertersatz für zulässigerweise erbrachte Leistungen allein auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs fordern, nicht aber nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen.
3. Bei der Bestimmung des Werts des Erlangten kann sich die Krankenkasse nicht generell auf die mit einem
anderen Leistungserbringer vereinbarte Vergütung berufen.
1. Die Schließung einer Krankenkasse führt nicht zu ihrer liquidationslosen Beendigung, sondern zu ihrer
Umwandlung in eine Abwicklungskörperschaft.
2. Bei Fehlen einer Vergütungsvereinbarung kann ein zugelassener Leistungserbringer von der Krankenkasse
Wertersatz für zulässigerweise erbrachte Leistungen allein auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruchs fordern, nicht aber nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen.
3. Bei der Bestimmung des Werts des Erlangten kann sich die Krankenkasse nicht generell auf die mit einem
anderen Leistungserbringer vereinbarte Vergütung berufen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 3. Dezember 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor dieses Urteils in Ziffer I. wie folgt neu gefasst wird: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 16.778,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Juni 2006 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.778,91 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Vergütung von Blutzuckerteststreifen.
Die Klägerin vertreibt Diabetesbedarfsartikel, insbesondere Blutzuckerteststreifen. Für die Blutzuckerteststreifen hat sie mit einigen Krankenkassen Preisvereinbarungen geschlossen. Gegenüber Krankenkassen, mit denen – wie mit der beklagten Betriebskrankenkasse – keine Preisvereinbarung besteht, rechnet die Klägerin für Blutzuckerteststreifen den Betrag ab, der sich aus einer von ihr erstellten Preisliste ergibt.
Von den Rechnungen, die die Klägerin vom 17.07.2005 bis 16.03.2006 der Beklagten für die Lieferung von Blutzuckerteststreifen an deren Versicherte stellte, setzte die Beklagte 34.055,17 EUR ab. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 16.01.2006 und 09.05.2006 gegen die Kürzungen; einer ortsüblichen Vergütung, auf die sie Anspruch habe, entspreche die Preisfestlegung der Beklagten nicht. Mit dem Schreiben vom 09.05.2006 bot die Klägerin der Beklagten zudem den Abschluss einer Preisvereinbarung an. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 18.05.2006, marktüblich sei der Preis, den sie mit einem anderen Leistungserbringer vereinbart habe und zu dem sie ihre Versicherten mit Blutzuckerteststreifen versorgen könne. Mit Anwaltsschreiben vom 29.05.2006 forderte die Klägerin die Beklagte – vergeblich – auf, den Differenzbetrag von 34.055,17 EUR bis 10.06.2006 zu begleichen.
Am 18.07.2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der marktübliche Preis, den eine Krankenkasse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei fehlender vertraglicher Vereinbarung schulde, sei nicht der von der Kasse mit einem anderen Leistungserbringer vereinbarte Preis. Auf den von der Beklagten mit einem einzigen Leistungserbringer – der S GmbH – vereinbarten Preis könne es auch nicht deshalb ankommen, weil deren Versicherte zu diesem Preis versorgt werden könnten, zumal eine ausschließliche Versorgung durch diesen Leistungserbringer aufgrund des Wahlrechts der Versicherten nicht erreichbar sei. Außerdem handele es sich bei dem mit der S GmbH vereinbarten Preis um einen Dumpingpreis, da er unter dem Einkaufspreis liege.
Die Beklagte hat erwidert, die Klage sei unzulässig, da vorgerichtlich keine nachvollziehbaren Rechnungen vorgelegt worden seien. Sie habe den marktüblichen Preis entrichtet. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei der mit der S GmbH vereinbarte Preis als marktüblich anzusehen. Zu diesem Preis könne sie ihre Versicherten bundesweit versorgen. Zudem liege eine aufgedrängte Bereicherung vor, da die Klägerin ohne vertragliche Grundlage und ohne ihre – der Beklagten – Zustimmung Leistungen erbracht habe, an denen sie kein subjektives Interesse gehabt habe, da sie ihre Versicherten über die S GmbH habe ausreichend versorgen können.
Mit Urteil vom 03.12.2008 hat das SG die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin für die streitigen Blutzuckerteststreifen noch den Betrag zu zahlen, der sich aus der Differenz zwischen den in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 ausgewiesenen Bruttopreisen und den von der Beklagten bereits gezahlten Beträgen ergibt. Der Klage fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis; die Klägerin habe sehr wohl vorgerichtlich Rechnungen gestellt, die die Beklagte auch beglichen habe, soweit sie sie für begründet gehalten habe. Die Klage sei teilweise begründet. Wegen des Fehlens einer vertraglichen oder anderweitigen Grundlage könne die Klägerin ihren Anspruch nur auf Bereicherungsrecht stützen. Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) seien erfüllt, weil durch die Leistungen der Klägerin die Beklagte ohne rechtlichen Grund von Verbindlichkeiten gegenüber ihren Versicherten zur Versorgung mit Blutzuckerteststreifen befreit worden sei. Da die Herausgabe des Erlangten nicht möglich sei, habe die Beklagte nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert zu ersetzen. Der Pflicht zum Wertersatz stehe nicht § 814 Alt. 1 BGB entgegen. Denn von einer Kenntnis der Nichtschuld könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Klägerin für ihre Leistung erkennbar keine Gegenleistung erwartet hätte, was nicht der Fall sei. Vielmehr habe die Klägerin aufgrund der langjährigen reibungslosen Versorgung der Versicherten der Beklagten und mit Blick auf deren Wahlrecht davon ausgehen dürfen, zumindest Wertersatz zu erhalten. Hiervon sei auch die Beklagte ausgegangen, die der Klägerin die von ihr erbrachten Leistungen teilweise ersetzt habe. Es liege auch keine aufgedrängte Bereicherung vor. Da die Beklagte nicht habe verhindern können, dass die Versicherten ihren Leistungsanspruch durch die Wahl von Blutzuckerteststreifen anderer Lieferanten als der S GmbH realisierten, habe die Versorgung mit den von der Klägerin vertriebenen Blutzuckerteststreifen im subjektiven Interesse der Beklagten gelegen. Der von ihr somit zu zahlende Wertersatz bestimme sich nach dem objektiven Verkehrswert des Erlangten, also des finanziellen Aufwands, den die Beklagte erspart habe. Dabei seien die Vergütungssätze zugrunde zu legen, die in der streitigen Zeit üblicherweise von anderen Krankenkassen für Blutzuckerteststreifen gezahlt worden seien. Hierbei trage die Klägerin als Bereicherungsgläubigerin die objektive Beweislast für die Marktüblichkeit der von ihr geltend gemachten Preise. Dagegen liege es am Bereicherungsschuldner, zu den in seinem Bereich liegenden Tatsachen substantiiert vorzutragen. Der Aufforderung des Gerichts, den Vortrag zu ergänzen und entsprechende Unterlagen vorzulegen, sei allein die Klägerin umfangreich nachgekommen. Nach Auswertung der von ihr vorgelegten zahlreichen Unterlagen lasse sich nicht feststellen, dass die von ihr geforderten Preise in der streitigen Zeit marktüblich gewesen seien. Allerdings lasse sich in Auswertung dieser Unterlagen auch feststellen, dass der von der Beklagten angesetzte Preis ebenfalls nicht als marktüblich angesehen werden könne. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, dass sich die Marktüblichkeit aus dem Vertrag mit der S GmbH ergebe, sei festzuhalten, dass ein Vertrag einer Krankenkasse mit einem einzelnen Leistungserbringern nicht geeignet sei, den objektiven Marktwert wiederzuspiegeln. Somit stehe zum einen fest, dass weder die von der Klägerin geforderten noch die von der Beklagten gezahlten Preise marktüblich gewesen seien, und zum anderen, dass der marktübliche Preis zwischen den von den Beteiligten angenommenen Preisen liege. Auch wenn insoweit ein ausdrücklicher Vortrag der Klägerin fehle, sei aus deren Preisangebot vom 09.05.2006 zu entnehmen, was ihrer Ansicht nach eine angemessene Preisgestaltung darstellen könnte. Die darin genannten Preise von 27,84 EUR bis 28,42 EUR je Verpackungseinheit mit 50 Blutzuckerteststreifen (VPE 50) bewegten sich am unteren Rand des Preisrahmens, wie er sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergebe. Trotz der zahlreichen von der Klägerin vorgelegten Unterlagen habe sich die Beklagte darauf beschränkt, auf den Vertrag mit der S GmbH hinzuweisen. Daher sei davon auszugehen, dass die in der Angebotsliste genannten Preise den marktüblichen Preis jedenfalls nicht überstiegen.
Hiergegen richtet sich die Beklagte mit ihrer am 15.05.2009 eingelegten Berufung. Die Klägerin hat den ihr vom SG im angefochtenen Urteil zuerkannten Differenzbetrag, ausgehend von ihrer Angebotsliste vom 09.05.2006, auf 16.778,91 EUR beziffert. Die Beklagte ist vom Bundesversicherungsamt zum 01.07.2011 geschlossen worden.
Die Beklagte bringt vor, es sei bereits fraglich, ob der Anwendung des Bereicherungsrechts nicht das vom Gesetzgeber gewollte Vertragsmodell entgegenstehe. Auf die Frage, welche Preise üblich bzw. angemessen seien, komme es nicht an. Denn nach den Grundsätzen der aufgedrängten Bereicherung habe sie nicht mehr an Vergütung zu erstatten, als sie an andere Leistungserbringer zu zahlen habe, mit deren Hilfe sie ebenfalls in der Lage wäre, ihre Versicherten zu versorgen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03. Dezember 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung zur Zahlung von 16.778,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2006 (richtig: 11. Juni 2006) an die Klägerin zu verurteilen.
Für Blutzuckerteststreifen habe der Gesetzgeber kein Vertragsmodell gewählt. Neben der Anwendung von Bereicherungsrecht komme auch der Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 453 BGB a.F. in Betracht. Dabei hätte letzteres zur Folge, dass dem Leistungserbringer das Bestimmungsrecht gemäß § 316 BGB zustünde. Die Krankenkasse könnte bei Zweifeln an der Marktüblichkeit der geltend gemachten Preise Untersuchungen dazu anstellen, die ihr als marktstärkerem Partner auch zumutbar wären.
Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
1. Der Senat ist durch die Schließung der Beklagten zum 01.07.2011 nicht an einer Sachentscheidung gehindert.
Das Bundesversicherungsamt als zuständige Aufsichtsbehörde hat die beklagte Betriebskrankenkasse mit Bescheid vom 04.05.2011 zum 01.07.2011 (mit Ablauf des 30.06.2011) gemäß § 153 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossen. Mit Wirksamwerden der Schließung endete zwar die Existenz der Beklagten als Krankenkasse im Sinne des § 4 Abs. 2 SGB V, d.h. als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Leistungen der sozialen Krankenversicherung erbringt. Die Beklagte verlor damit aber nicht ihre rechtliche Existenz. Die Schließung einer Krankenkasse führt nicht zu ihrer liquidationslosen Beendigung. Vielmehr bedarf es noch der Abwicklung ihrer Geschäfte. Daher gilt nach § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V (auf den § 146a Satz 3, § 164 Abs. 1 Satz 1, § 171 Satz 1 SGB V für andere Kassenarten verweist) die (Betriebs-) Krankenkasse als fortbestehend, bis die Geschäfte abgewickelt sind und soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert. Die Krankenkasse bleibt also zunächst als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestehen und wandelt sich lediglich in eine Abwicklungskörperschaft um (vgl. Koch in: jurisPK-SGB V, 1. Aufl., § 155 Rn. 6; Uwer, GesR 2009, 113, 116). Mithin leitet die Schließung der Krankenkasse das Liquidationsstadium ein. Dieses dient der Abwicklung der laufenden Geschäfte, der Befriedigung der Gläubiger und der Verteilung des Vermögens (vgl. § 155 Abs. 2 und 3 SGB V). Die Liquidation ist beendet, wenn kein zu verteilendes Vermögen mehr vorhanden ist. Damit tritt die Vollbeendigung ein, d.h. die Krankenkasse erlischt als Körperschaft des öffentlichen Rechts und ist dann rechtlich nicht mehr existent. In diesem Stadium befindet sich die Beklagte jedoch noch nicht. Vielmehr firmiert sie zurzeit zu Recht als "Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung".
Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ist nicht eröffnet worden. Die Eröffnung eines solchen Verfahrens kann nach § 171b Abs. 3 Satz 1 SGB V nur die Aufsichtsbehörde beantragen. Statt einen Insolvenzantrages zu stellen, soll aber die Aufsichtsbehörde die Krankenkasse schließen, wenn die Voraussetzungen für eine Schließung wegen auf Dauer nicht mehr gesicherter Leistungsfähigkeit vorliegen (§ 171b Abs. 3 Satz 2 SGB V). Da letzteres hier der Fall war, ist die Beklagte gemäß § 153 SGB V geschlossen worden und nicht nach § 171b Abs. 5 SGB V infolge eines Insolvenzantrages.
2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages zwischen den gezahlten Beträgen und den Bruttopreisen in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 verurteilt.
a) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist allerdings richtigerweise der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Zwar ging das BSG in einem Beschluss vom 27.07.2005 (B 3 KR 21/05 B - juris) noch davon aus, dass ein Vertreiber von Blutzuckerteststreifen bei Fehlen konkreter vertraglicher Vereinbarungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen Wertersatz beanspruchen könnte. Dies entsprach der damaligen Rechtsprechung, wonach sich die vertraglichen Vergütungsansprüche von Leistungserbringern über § 69 SGB V aus dem Zivilrecht ergeben (so BSG, Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 6/06 R - SozR 4-2500 § 129 Nr. 2 Rn. 20 f. für die Vergütungsansprüche von Apothekern). Doch hat das BSG diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben und entnimmt die Rechtsgrundlage für vertragliche Vergütungsansprüche von Leistungserbringern nur noch dem öffentlichen Recht (BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R - BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 5 Rn. 15 für Apotheker; Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 9 für Hilfsmittelerbringer). Dann aber müssen folgerichtig auch nichtvertragliche Vergütungsansprüche ihre Rechtsgrundlage allein im öffentlichen Recht haben, mithin im öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch statt im Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB). Dies führt indessen im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis, da der aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sich in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB entwickelt hat (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2, jeweils Rn. 8 f.).
b) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2, jeweils Rn. 8). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Ein Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts liegt vor. Seit dem 01.01.2000 ist die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung dem öffentlich Recht unterworfen. Denn mit der Neufassung von § 69 SGB V durch Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und der Leistungserbringer in Zukunft insgesamt nur noch nach öffentlichem Recht zu bewerten sind (BSG, Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 6). Die Rechtsprechung zu der bis zum 31.12.1999 geltenden Rechtslage, wonach die Beziehungen zwischen einzelner Krankenkasse und einzelnem Hilfsmittellieferant zivilrechtlicher Natur seien (BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 3 KR 12/98 R - BSGE 84, 213, 215 = SozR 3-2500 § 126 Nr. 3), ist damit überholt (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 9, wonach Beschaffungsverträge zwischen Hilfsmittellieferant und Krankenkasse dem öffentlichen Recht zugehören).
Zwischen Klägerin und Beklagter ist es zu einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung gekommen, weil zwischen beiden jedenfalls in der hier streitigen Zeit (Juli 2005 bis März 2006) keine Vereinbarung über die Vergütung von Blutzuckerteststreifen bestand. Indem die Klägerin Versicherte der Beklagten mit diesen Diabetikerbedarfsartikeln versorgte, erfüllte die Klägerin mit befreiender Wirkung Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber deren Versicherten. Zur Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Diabetikerbedarfsartikeln war die Klägerin zwar durch Bescheid vom 02.06.2004 gemäß § 126 SGB V zugelassen. Aus dieser Berechtigung folgte aber keine Verpflichtung der Klägerin – vor allem keine Verpflichtung zur unentgeltlichen Versorgung der Versicherten. Vielmehr erfolgte die Vermögensverschiebung, die durch die Befreiung der Beklagten von Sachleistungsansprüchen ihrer Versicherten bewirkt wurde, ohne Rechtsgrundlage, da zwischen den Beteiligten kein Vertrag über die Vergütung für die Blutzuckerteststreifen bestand, mit denen die Klägerin Versicherte der Beklagten versorgte.
c) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist nicht durch übergeordnete Gesichtspunkte ausgeschlossen.
Nach der Rechtsprechung des BSG zum Leistungs- und Leistungserbringerrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Deshalb kann ein Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Nur soweit bestimmte Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu versagen (siehe nur BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 23 m.w.N.). Der Gedanke, dass die Regelungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen können, wenn die rechtswidrig bewirkten Leistungen im Ergebnis dennoch vergütet werden müssten (siehe nur BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 Rn. 26 = SozR 4-5570 § 30 Nr. 1 Rn. 23), steht einem Ausgleichsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Denn ein Verstoß gegen formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung liegt nicht vor. Vielmehr war die Klägerin als zugelassene Hilfsmittelerbringerin zur Abgabe von Blutzuckerteststreifen berechtigt. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Medizinprodukte nach § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V leistungsrechtlich wie Arzneimittel behandelt werden.
Ebenso wenig ergibt sich aus dem Hinweis der Beklagten auf ein "vom Gesetzgeber gewolltes Vertragsmodell". Zwar kann ein für die Erbringung bestimmter Leistungen im Gesetz vorgesehenes Vertragsmodell nichtvertraglichen Ansprüchen auf Wertersatz entgegenstehen, weil andernfalls das Interesse beider Seiten an der Preisfindung im Verhandlungswege fehlen könnte, wenn einer der Vertragspartner Zahlungsansprüche ohne vertragliche Grundlage durch schlichte Leistungserbringung erwerben könnte (BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 15 für Krankentransportleistungen). Für den hier in Rede stehenden Hilfsmittelbereich war in der streitigen Zeit (Juli 2005 bis März 2006) ein Vertragsmodell aber noch nicht vorgesehen. Vielmehr wurde erst zum 01.04.2007 das Zulassungsmodell durch das Vertragsmodell abgelöst (BSG, Urteil vom 10.03.2010 - B 3 KR 26/08 R - BSGE 106, 29 Rn. 16). Zuvor war Grundlage der Beteiligung an der Versorgung der Versicherten die Zulassung als Hilfsmittellieferant nach § 126 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477). Diese auf Zulassung beruhende Versorgungsbefugnis konnte durch Verträge nach § 127 SGB V näher ausgestaltet werden. Insoweit bestand zunächst nach § 127 SGB V in der bis zum 31.12.2003 im Wesentlichen unveränderten Fassung des GRG eine Vertragskompetenz für Regelungen insbesondere über die näheren Modalitäten der Versorgung zwischen den Verbänden der Krankenkassen und entweder Verbänden der Leistungserbringer oder einzelnen Leistungserbringern (Absatz 1); zudem konnten sich Leistungserbringer bereiterklären, Hilfsmittel zum Festbetrag oder zu niedrigeren Beträgen abzugeben, und waren die Krankenkassen verpflichtet, für festbetragsfreie Hilfsmittel Preisvereinbarungen wahlweise mit Verbänden von Leistungserbringern oder mit Leistungserbringern selbst zu treffen (Absatz 2). Die Vertragsregelungen des § 127 SGB V sind durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 3445) erheblich umgestaltet worden. Danach waren für festbetragsfreie Hilfsmittel und über die Abrechnung der Festbeträge zunächst Verträge auf Verbandsebene zu schließen (Absatz 1); auf Grundlage dessen waren die Krankenkassen nachrangig befugt, Verträge mit einzelnen Leistungserbringern zu niedrigeren Preisen zu schließen (Absatz 2). Dieses um fakultative Vertragselemente ergänzte Zulassungsregime (so BSG, Urteil vom 10.03.2010 - B 3 KR 26/08 R - BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr. 2, jeweils Rn. 19) hat der Gesetzgeber des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) zum 01.04.2007 grundlegend umgestaltet und vollständig in ein Vertragsmodell überführt.
d) Der dem Grunde nach gegebene öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist inhaltlich – nicht anders als ein bereicherungsrechtlicher Anspruch – auf Herausgabe des durch die rechtsgrundlose Vermögensverschiebung Erlangten gerichtet. Da dies wegen der Beschaffenheit des Erlangten – der Befreiung von Sachleistungsansprüchen der Versicherten – nicht möglich ist, hat die Beklagte der Klägerin den Wert zu ersetzen.
Für die Wertbestimmung ist – wie im Bereicherungsrecht – der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 16 m.w.N.). Dabei wird der objektive Gegenwert für die Befreiung von den Sachleistungsansprüchen der Versicherten durch den finanziellen Aufwand dargestellt, den die Krankenkasse ihrerseits erspart hat. Dies stellt die Werteinschätzung dar, welche die verkehrsbeteiligten Kreise einer solchen "Freistellung" entgegenbringen (BSG, Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 14).
Eine Subjektivierung der Wertbestimmung entsprechend den Grundsätzen der "aufgedrängten Bereicherung" (dazu etwa Martinek in: jurisPK-BGB § 818 Rn. 48 f.) ist nicht vorzunehmen. Zwar hat das BSG die Anwendung dieser Grundsätze auch in Leistungser-bringerstreitigkeiten in Erwägung gezogen und es nicht für ausgeschlossen gehalten, dass Krankenkassen Leistungserbringern die Höhe der mit anderen Leistungserbringern vereinbarten Vergütung entgegen halten können, durch die die Versorgung der Versicherten gesichert ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 15; Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 15). Doch folgt daraus im vorliegenden Fall nicht, dass sich die Beklagte auf den mit einem einzigen Leistungserbringer vereinbarten Preis berufen kann. Von einer aufgedrängten Bereicherung wird gesprochen, wenn für den Bereicherten eine ohne seine Zustimmung eingetretene objektive Werterhöhung subjektiv ohne Interesse ist. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Bereicherte in solchen Fällen schutzwürdig ist und das Empfangene daher nicht zu vergüten hat, wird im Zivilrecht kontrovers diskutiert (vgl. den Überblick bei Lieb in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 812 Rn. 307 ff.). Selbst wenn zum Zwecke des Aufdrängungsschutzes die Wertbestimmung subjektiviert wird, bedeutet dies nicht, dass sich der Wert des Erlangten nach dem subjektiven Belieben des Bereicherten richtet (so mit Recht Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.07.2006 - L 24 KR 1127/05 - juris Rn. 45). Vielmehr ist der subjektive Wert danach zu bestimmen, ob und inwieweit es dem Bereicherten im Rahmen seiner Vermögensdispositionen möglich und zumutbar ist, aus der objektiven Wertsteigerung auch wirklich Nutzen zu ziehen (vgl. Lieb in: Münchener Kommentar zum BGB, § 812 Rn. 313; Wendehorst in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 818 Rn. 150). Ausgehend hiervon steht der Beklagten im vorliegenden Fall kein Aufdrängungsschutz zu. Denn die Beklagte war verpflichtet, ihre Versicherten mit Blutzuckerteststreifen versorgen zu lassen. Sie hatte somit ein eigenes maßgebliches Interesse an deren Versorgung mit diesen Diabetikerbedarfsartikeln durch zugelassene Leistungserbringer (letzteres unterscheidet den vorliegenden Fall von demjenigen, über den das LSG Hamburg mit Urteil vom 31.10.2007 - L 1 KR 21/07 - juris zu entscheiden hatte). Folglich gewährte die Beklagte der Klägerin überhaupt eine Vergütung für die von dieser gelieferten Blutzuckerteststreifen. Es war der Beklagten auch zumutbar, den objektiven Wert des aus diesen Lieferungen Erlangten zu realisieren, da sie ihre Versicherten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht ausschließlich über den Leistungserbringer (S GmbH) versorgen konnte, auf dessen Preis sie sich beruft. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, oblag in der streitigen Zeit nicht der Beklagten, sondern ihren Versicherten die Entscheidung, welche Blutzuckerteststreifen sie verwendeten. Selbst wenn die Beklagte tatsächlich in der Lage gewesen wäre, ihre Versicherten ausschließlich mit Blutzuckerteststreifen der S GmbH zu versorgen, hätte sie ihre Versicherten nicht rechtlich dazu verpflichten können, die Blutzuckerteststreifen der S GmbH zu verwenden, zumal der Vertrag mit diesem Leistungserbringer ein einziges Blutzuckermesssystem eines bestimmten Herstellers mit zugehörigen Teststreifen zum Gegenstand hatte. Das Recht des SGB V gab der Beklagten keine Handhabe dafür zu verhindern, dass ihre Versicherten ihren Leistungsanspruch durch die Wahl von Blutzuckerteststreifen anderer Hersteller und anderer zugelassener Lieferanten realisierten.
Vor diesem Hintergrund hat das SG zu Recht den Wert des durch die Beklagte Erlangten objektiv bestimmt und sich dabei nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen an den in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 ausgewiesenen Bruttopreisen orientiert. Den diesbezüglichen Feststellungen des SG schließt sich der Senat an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin den vom SG ausgeurteilten Differenzbetrag nachvollziehbar auf 16.778,91 EUR beziffert; gegen diese Bezifferung hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Der Antrag der Klägerin, die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich Zinsen zu verurteilen, ist dahingehend zu verstehen, den Tenor des SG-Urteils dementsprechend neu zu fassen.
e) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB (zur entsprechenden Anwendung dieser zivilrechtlichen Vorschriften siehe nur BSG, Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 14 m.w.N.). Da die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2006 die Beklagte gemahnt hatte, den Differenzbetrag bis zum 10.06.2006 zu begleichen, befand sich die Beklagte seit dem 11.06.2006 in Verzug.
f) Schließlich hat die Klägerin ihren Anspruch auch nicht infolge der Schließung der Beklagten verloren. Das Gesetz gesteht in § 155 Abs. 2 SGB V der geschlossenen (Betriebs-) Krankenkasse lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn deren Gläubiger trotz Hinweises in der Bekanntmachung über die Auflösung der Krankenkasse (Satz 2) oder bekannte Gläubigern trotz besonderer Aufforderung (Satz 3) ihre Forderungen nicht innerhalb von sechs Monaten anmelden. Auf dieses Leistungsverweigerungsrecht hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht berufen. Auch käme es schon aufgrund des Zeitablaufs nicht in Betracht. Zudem hat die Klägerin ihre Forderungen durch deren gerichtliche Geltendmachung längst angemeldet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Lübke Dr. Wahl
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen. IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 16.778,91 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Vergütung von Blutzuckerteststreifen.
Die Klägerin vertreibt Diabetesbedarfsartikel, insbesondere Blutzuckerteststreifen. Für die Blutzuckerteststreifen hat sie mit einigen Krankenkassen Preisvereinbarungen geschlossen. Gegenüber Krankenkassen, mit denen – wie mit der beklagten Betriebskrankenkasse – keine Preisvereinbarung besteht, rechnet die Klägerin für Blutzuckerteststreifen den Betrag ab, der sich aus einer von ihr erstellten Preisliste ergibt.
Von den Rechnungen, die die Klägerin vom 17.07.2005 bis 16.03.2006 der Beklagten für die Lieferung von Blutzuckerteststreifen an deren Versicherte stellte, setzte die Beklagte 34.055,17 EUR ab. Die Klägerin wandte sich mit Schreiben vom 16.01.2006 und 09.05.2006 gegen die Kürzungen; einer ortsüblichen Vergütung, auf die sie Anspruch habe, entspreche die Preisfestlegung der Beklagten nicht. Mit dem Schreiben vom 09.05.2006 bot die Klägerin der Beklagten zudem den Abschluss einer Preisvereinbarung an. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 18.05.2006, marktüblich sei der Preis, den sie mit einem anderen Leistungserbringer vereinbart habe und zu dem sie ihre Versicherten mit Blutzuckerteststreifen versorgen könne. Mit Anwaltsschreiben vom 29.05.2006 forderte die Klägerin die Beklagte – vergeblich – auf, den Differenzbetrag von 34.055,17 EUR bis 10.06.2006 zu begleichen.
Am 18.07.2006 hat die Klägerin beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der marktübliche Preis, den eine Krankenkasse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei fehlender vertraglicher Vereinbarung schulde, sei nicht der von der Kasse mit einem anderen Leistungserbringer vereinbarte Preis. Auf den von der Beklagten mit einem einzigen Leistungserbringer – der S GmbH – vereinbarten Preis könne es auch nicht deshalb ankommen, weil deren Versicherte zu diesem Preis versorgt werden könnten, zumal eine ausschließliche Versorgung durch diesen Leistungserbringer aufgrund des Wahlrechts der Versicherten nicht erreichbar sei. Außerdem handele es sich bei dem mit der S GmbH vereinbarten Preis um einen Dumpingpreis, da er unter dem Einkaufspreis liege.
Die Beklagte hat erwidert, die Klage sei unzulässig, da vorgerichtlich keine nachvollziehbaren Rechnungen vorgelegt worden seien. Sie habe den marktüblichen Preis entrichtet. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte sei der mit der S GmbH vereinbarte Preis als marktüblich anzusehen. Zu diesem Preis könne sie ihre Versicherten bundesweit versorgen. Zudem liege eine aufgedrängte Bereicherung vor, da die Klägerin ohne vertragliche Grundlage und ohne ihre – der Beklagten – Zustimmung Leistungen erbracht habe, an denen sie kein subjektives Interesse gehabt habe, da sie ihre Versicherten über die S GmbH habe ausreichend versorgen können.
Mit Urteil vom 03.12.2008 hat das SG die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin für die streitigen Blutzuckerteststreifen noch den Betrag zu zahlen, der sich aus der Differenz zwischen den in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 ausgewiesenen Bruttopreisen und den von der Beklagten bereits gezahlten Beträgen ergibt. Der Klage fehle nicht das Rechtsschutzbedürfnis; die Klägerin habe sehr wohl vorgerichtlich Rechnungen gestellt, die die Beklagte auch beglichen habe, soweit sie sie für begründet gehalten habe. Die Klage sei teilweise begründet. Wegen des Fehlens einer vertraglichen oder anderweitigen Grundlage könne die Klägerin ihren Anspruch nur auf Bereicherungsrecht stützen. Die Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) seien erfüllt, weil durch die Leistungen der Klägerin die Beklagte ohne rechtlichen Grund von Verbindlichkeiten gegenüber ihren Versicherten zur Versorgung mit Blutzuckerteststreifen befreit worden sei. Da die Herausgabe des Erlangten nicht möglich sei, habe die Beklagte nach § 818 Abs. 2 BGB den Wert zu ersetzen. Der Pflicht zum Wertersatz stehe nicht § 814 Alt. 1 BGB entgegen. Denn von einer Kenntnis der Nichtschuld könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die Klägerin für ihre Leistung erkennbar keine Gegenleistung erwartet hätte, was nicht der Fall sei. Vielmehr habe die Klägerin aufgrund der langjährigen reibungslosen Versorgung der Versicherten der Beklagten und mit Blick auf deren Wahlrecht davon ausgehen dürfen, zumindest Wertersatz zu erhalten. Hiervon sei auch die Beklagte ausgegangen, die der Klägerin die von ihr erbrachten Leistungen teilweise ersetzt habe. Es liege auch keine aufgedrängte Bereicherung vor. Da die Beklagte nicht habe verhindern können, dass die Versicherten ihren Leistungsanspruch durch die Wahl von Blutzuckerteststreifen anderer Lieferanten als der S GmbH realisierten, habe die Versorgung mit den von der Klägerin vertriebenen Blutzuckerteststreifen im subjektiven Interesse der Beklagten gelegen. Der von ihr somit zu zahlende Wertersatz bestimme sich nach dem objektiven Verkehrswert des Erlangten, also des finanziellen Aufwands, den die Beklagte erspart habe. Dabei seien die Vergütungssätze zugrunde zu legen, die in der streitigen Zeit üblicherweise von anderen Krankenkassen für Blutzuckerteststreifen gezahlt worden seien. Hierbei trage die Klägerin als Bereicherungsgläubigerin die objektive Beweislast für die Marktüblichkeit der von ihr geltend gemachten Preise. Dagegen liege es am Bereicherungsschuldner, zu den in seinem Bereich liegenden Tatsachen substantiiert vorzutragen. Der Aufforderung des Gerichts, den Vortrag zu ergänzen und entsprechende Unterlagen vorzulegen, sei allein die Klägerin umfangreich nachgekommen. Nach Auswertung der von ihr vorgelegten zahlreichen Unterlagen lasse sich nicht feststellen, dass die von ihr geforderten Preise in der streitigen Zeit marktüblich gewesen seien. Allerdings lasse sich in Auswertung dieser Unterlagen auch feststellen, dass der von der Beklagten angesetzte Preis ebenfalls nicht als marktüblich angesehen werden könne. Soweit die Beklagte die Auffassung vertrete, dass sich die Marktüblichkeit aus dem Vertrag mit der S GmbH ergebe, sei festzuhalten, dass ein Vertrag einer Krankenkasse mit einem einzelnen Leistungserbringern nicht geeignet sei, den objektiven Marktwert wiederzuspiegeln. Somit stehe zum einen fest, dass weder die von der Klägerin geforderten noch die von der Beklagten gezahlten Preise marktüblich gewesen seien, und zum anderen, dass der marktübliche Preis zwischen den von den Beteiligten angenommenen Preisen liege. Auch wenn insoweit ein ausdrücklicher Vortrag der Klägerin fehle, sei aus deren Preisangebot vom 09.05.2006 zu entnehmen, was ihrer Ansicht nach eine angemessene Preisgestaltung darstellen könnte. Die darin genannten Preise von 27,84 EUR bis 28,42 EUR je Verpackungseinheit mit 50 Blutzuckerteststreifen (VPE 50) bewegten sich am unteren Rand des Preisrahmens, wie er sich aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergebe. Trotz der zahlreichen von der Klägerin vorgelegten Unterlagen habe sich die Beklagte darauf beschränkt, auf den Vertrag mit der S GmbH hinzuweisen. Daher sei davon auszugehen, dass die in der Angebotsliste genannten Preise den marktüblichen Preis jedenfalls nicht überstiegen.
Hiergegen richtet sich die Beklagte mit ihrer am 15.05.2009 eingelegten Berufung. Die Klägerin hat den ihr vom SG im angefochtenen Urteil zuerkannten Differenzbetrag, ausgehend von ihrer Angebotsliste vom 09.05.2006, auf 16.778,91 EUR beziffert. Die Beklagte ist vom Bundesversicherungsamt zum 01.07.2011 geschlossen worden.
Die Beklagte bringt vor, es sei bereits fraglich, ob der Anwendung des Bereicherungsrechts nicht das vom Gesetzgeber gewollte Vertragsmodell entgegenstehe. Auf die Frage, welche Preise üblich bzw. angemessen seien, komme es nicht an. Denn nach den Grundsätzen der aufgedrängten Bereicherung habe sie nicht mehr an Vergütung zu erstatten, als sie an andere Leistungserbringer zu zahlen habe, mit deren Hilfe sie ebenfalls in der Lage wäre, ihre Versicherten zu versorgen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03. Dezember 2008 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Zurückweisung ihrer Berufung zur Zahlung von 16.778,91 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11. Juli 2006 (richtig: 11. Juni 2006) an die Klägerin zu verurteilen.
Für Blutzuckerteststreifen habe der Gesetzgeber kein Vertragsmodell gewählt. Neben der Anwendung von Bereicherungsrecht komme auch der Rückgriff auf den Rechtsgedanken des § 453 BGB a.F. in Betracht. Dabei hätte letzteres zur Folge, dass dem Leistungserbringer das Bestimmungsrecht gemäß § 316 BGB zustünde. Die Krankenkasse könnte bei Zweifeln an der Marktüblichkeit der geltend gemachten Preise Untersuchungen dazu anstellen, die ihr als marktstärkerem Partner auch zumutbar wären.
Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
1. Der Senat ist durch die Schließung der Beklagten zum 01.07.2011 nicht an einer Sachentscheidung gehindert.
Das Bundesversicherungsamt als zuständige Aufsichtsbehörde hat die beklagte Betriebskrankenkasse mit Bescheid vom 04.05.2011 zum 01.07.2011 (mit Ablauf des 30.06.2011) gemäß § 153 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossen. Mit Wirksamwerden der Schließung endete zwar die Existenz der Beklagten als Krankenkasse im Sinne des § 4 Abs. 2 SGB V, d.h. als Körperschaft des öffentlichen Rechts, die Leistungen der sozialen Krankenversicherung erbringt. Die Beklagte verlor damit aber nicht ihre rechtliche Existenz. Die Schließung einer Krankenkasse führt nicht zu ihrer liquidationslosen Beendigung. Vielmehr bedarf es noch der Abwicklung ihrer Geschäfte. Daher gilt nach § 155 Abs. 1 Satz 2 SGB V (auf den § 146a Satz 3, § 164 Abs. 1 Satz 1, § 171 Satz 1 SGB V für andere Kassenarten verweist) die (Betriebs-) Krankenkasse als fortbestehend, bis die Geschäfte abgewickelt sind und soweit es der Zweck der Abwicklung erfordert. Die Krankenkasse bleibt also zunächst als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestehen und wandelt sich lediglich in eine Abwicklungskörperschaft um (vgl. Koch in: jurisPK-SGB V, 1. Aufl., § 155 Rn. 6; Uwer, GesR 2009, 113, 116). Mithin leitet die Schließung der Krankenkasse das Liquidationsstadium ein. Dieses dient der Abwicklung der laufenden Geschäfte, der Befriedigung der Gläubiger und der Verteilung des Vermögens (vgl. § 155 Abs. 2 und 3 SGB V). Die Liquidation ist beendet, wenn kein zu verteilendes Vermögen mehr vorhanden ist. Damit tritt die Vollbeendigung ein, d.h. die Krankenkasse erlischt als Körperschaft des öffentlichen Rechts und ist dann rechtlich nicht mehr existent. In diesem Stadium befindet sich die Beklagte jedoch noch nicht. Vielmehr firmiert sie zurzeit zu Recht als "Körperschaft des öffentlichen Rechts in Abwicklung".
Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten ist nicht eröffnet worden. Die Eröffnung eines solchen Verfahrens kann nach § 171b Abs. 3 Satz 1 SGB V nur die Aufsichtsbehörde beantragen. Statt einen Insolvenzantrages zu stellen, soll aber die Aufsichtsbehörde die Krankenkasse schließen, wenn die Voraussetzungen für eine Schließung wegen auf Dauer nicht mehr gesicherter Leistungsfähigkeit vorliegen (§ 171b Abs. 3 Satz 2 SGB V). Da letzteres hier der Fall war, ist die Beklagte gemäß § 153 SGB V geschlossen worden und nicht nach § 171b Abs. 5 SGB V infolge eines Insolvenzantrages.
2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages zwischen den gezahlten Beträgen und den Bruttopreisen in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 verurteilt.
a) Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs der Klägerin ist allerdings richtigerweise der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Zwar ging das BSG in einem Beschluss vom 27.07.2005 (B 3 KR 21/05 B - juris) noch davon aus, dass ein Vertreiber von Blutzuckerteststreifen bei Fehlen konkreter vertraglicher Vereinbarungen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen Wertersatz beanspruchen könnte. Dies entsprach der damaligen Rechtsprechung, wonach sich die vertraglichen Vergütungsansprüche von Leistungserbringern über § 69 SGB V aus dem Zivilrecht ergeben (so BSG, Urteil vom 03.08.2006 - B 3 KR 6/06 R - SozR 4-2500 § 129 Nr. 2 Rn. 20 f. für die Vergütungsansprüche von Apothekern). Doch hat das BSG diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben und entnimmt die Rechtsgrundlage für vertragliche Vergütungsansprüche von Leistungserbringern nur noch dem öffentlichen Recht (BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R - BSGE 105, 157 = SozR 4-2500 § 129 Nr. 5 Rn. 15 für Apotheker; Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 9 für Hilfsmittelerbringer). Dann aber müssen folgerichtig auch nichtvertragliche Vergütungsansprüche ihre Rechtsgrundlage allein im öffentlichen Recht haben, mithin im öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch statt im Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB). Dies führt indessen im vorliegenden Fall zu keinem anderen Ergebnis, da der aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch sich in weitgehender Analogie zu den §§ 812 ff. BGB entwickelt hat (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2, jeweils Rn. 8 f.).
b) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 2, jeweils Rn. 8). Diese tatbestandlichen Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Ein Rechtsverhältnis des öffentlichen Rechts liegt vor. Seit dem 01.01.2000 ist die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung dem öffentlich Recht unterworfen. Denn mit der Neufassung von § 69 SGB V durch Art. 1 Nr. 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22.12.1999 (BGBl. I S. 2626) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und der Leistungserbringer in Zukunft insgesamt nur noch nach öffentlichem Recht zu bewerten sind (BSG, Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 6). Die Rechtsprechung zu der bis zum 31.12.1999 geltenden Rechtslage, wonach die Beziehungen zwischen einzelner Krankenkasse und einzelnem Hilfsmittellieferant zivilrechtlicher Natur seien (BSG, Urteil vom 05.08.1999 - B 3 KR 12/98 R - BSGE 84, 213, 215 = SozR 3-2500 § 126 Nr. 3), ist damit überholt (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 9, wonach Beschaffungsverträge zwischen Hilfsmittellieferant und Krankenkasse dem öffentlichen Recht zugehören).
Zwischen Klägerin und Beklagter ist es zu einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung gekommen, weil zwischen beiden jedenfalls in der hier streitigen Zeit (Juli 2005 bis März 2006) keine Vereinbarung über die Vergütung von Blutzuckerteststreifen bestand. Indem die Klägerin Versicherte der Beklagten mit diesen Diabetikerbedarfsartikeln versorgte, erfüllte die Klägerin mit befreiender Wirkung Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber deren Versicherten. Zur Versorgung der Versicherten der Beklagten mit Diabetikerbedarfsartikeln war die Klägerin zwar durch Bescheid vom 02.06.2004 gemäß § 126 SGB V zugelassen. Aus dieser Berechtigung folgte aber keine Verpflichtung der Klägerin – vor allem keine Verpflichtung zur unentgeltlichen Versorgung der Versicherten. Vielmehr erfolgte die Vermögensverschiebung, die durch die Befreiung der Beklagten von Sachleistungsansprüchen ihrer Versicherten bewirkt wurde, ohne Rechtsgrundlage, da zwischen den Beteiligten kein Vertrag über die Vergütung für die Blutzuckerteststreifen bestand, mit denen die Klägerin Versicherte der Beklagten versorgte.
c) Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist nicht durch übergeordnete Gesichtspunkte ausgeschlossen.
Nach der Rechtsprechung des BSG zum Leistungs- und Leistungserbringerrecht in der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Deshalb kann ein Leistungserbringer auch bereicherungsrechtlich die Abgeltung von Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, selbst dann nicht beanspruchen, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich sind. Nur soweit bestimmte Vorschriften reine Ordnungsfunktion haben, besteht kein Grund, dem Leistungserbringer trotz der Entlastung der Krankenkasse eine Entschädigung zu versagen (siehe nur BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 8/07 R - SozR 4-2500 § 127 Nr. 2 Rn. 23 m.w.N.). Der Gedanke, dass die Regelungen des Leistungserbringungsrechts über die Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen der Leistungserbringung ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen können, wenn die rechtswidrig bewirkten Leistungen im Ergebnis dennoch vergütet werden müssten (siehe nur BSG, Urteil vom 17.03.2005 - B 3 KR 2/05 R - BSGE 94, 213 Rn. 26 = SozR 4-5570 § 30 Nr. 1 Rn. 23), steht einem Ausgleichsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Denn ein Verstoß gegen formale oder inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung liegt nicht vor. Vielmehr war die Klägerin als zugelassene Hilfsmittelerbringerin zur Abgabe von Blutzuckerteststreifen berechtigt. Daran ändert der Umstand nichts, dass diese Medizinprodukte nach § 31 Abs. 1 Satz 3 SGB V leistungsrechtlich wie Arzneimittel behandelt werden.
Ebenso wenig ergibt sich aus dem Hinweis der Beklagten auf ein "vom Gesetzgeber gewolltes Vertragsmodell". Zwar kann ein für die Erbringung bestimmter Leistungen im Gesetz vorgesehenes Vertragsmodell nichtvertraglichen Ansprüchen auf Wertersatz entgegenstehen, weil andernfalls das Interesse beider Seiten an der Preisfindung im Verhandlungswege fehlen könnte, wenn einer der Vertragspartner Zahlungsansprüche ohne vertragliche Grundlage durch schlichte Leistungserbringung erwerben könnte (BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 15 für Krankentransportleistungen). Für den hier in Rede stehenden Hilfsmittelbereich war in der streitigen Zeit (Juli 2005 bis März 2006) ein Vertragsmodell aber noch nicht vorgesehen. Vielmehr wurde erst zum 01.04.2007 das Zulassungsmodell durch das Vertragsmodell abgelöst (BSG, Urteil vom 10.03.2010 - B 3 KR 26/08 R - BSGE 106, 29 Rn. 16). Zuvor war Grundlage der Beteiligung an der Versorgung der Versicherten die Zulassung als Hilfsmittellieferant nach § 126 Abs. 1 SGB V in der Fassung des Gesundheits-Reformgesetzes (GRG) vom 20.12.1988 (BGBl. I S. 2477). Diese auf Zulassung beruhende Versorgungsbefugnis konnte durch Verträge nach § 127 SGB V näher ausgestaltet werden. Insoweit bestand zunächst nach § 127 SGB V in der bis zum 31.12.2003 im Wesentlichen unveränderten Fassung des GRG eine Vertragskompetenz für Regelungen insbesondere über die näheren Modalitäten der Versorgung zwischen den Verbänden der Krankenkassen und entweder Verbänden der Leistungserbringer oder einzelnen Leistungserbringern (Absatz 1); zudem konnten sich Leistungserbringer bereiterklären, Hilfsmittel zum Festbetrag oder zu niedrigeren Beträgen abzugeben, und waren die Krankenkassen verpflichtet, für festbetragsfreie Hilfsmittel Preisvereinbarungen wahlweise mit Verbänden von Leistungserbringern oder mit Leistungserbringern selbst zu treffen (Absatz 2). Die Vertragsregelungen des § 127 SGB V sind durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 3445) erheblich umgestaltet worden. Danach waren für festbetragsfreie Hilfsmittel und über die Abrechnung der Festbeträge zunächst Verträge auf Verbandsebene zu schließen (Absatz 1); auf Grundlage dessen waren die Krankenkassen nachrangig befugt, Verträge mit einzelnen Leistungserbringern zu niedrigeren Preisen zu schließen (Absatz 2). Dieses um fakultative Vertragselemente ergänzte Zulassungsregime (so BSG, Urteil vom 10.03.2010 - B 3 KR 26/08 R - BSGE 106, 29 = SozR 4-2500 § 126 Nr. 2, jeweils Rn. 19) hat der Gesetzgeber des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) zum 01.04.2007 grundlegend umgestaltet und vollständig in ein Vertragsmodell überführt.
d) Der dem Grunde nach gegebene öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist inhaltlich – nicht anders als ein bereicherungsrechtlicher Anspruch – auf Herausgabe des durch die rechtsgrundlose Vermögensverschiebung Erlangten gerichtet. Da dies wegen der Beschaffenheit des Erlangten – der Befreiung von Sachleistungsansprüchen der Versicherten – nicht möglich ist, hat die Beklagte der Klägerin den Wert zu ersetzen.
Für die Wertbestimmung ist – wie im Bereicherungsrecht – der objektive Verkehrswert des Erlangten maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 16 m.w.N.). Dabei wird der objektive Gegenwert für die Befreiung von den Sachleistungsansprüchen der Versicherten durch den finanziellen Aufwand dargestellt, den die Krankenkasse ihrerseits erspart hat. Dies stellt die Werteinschätzung dar, welche die verkehrsbeteiligten Kreise einer solchen "Freistellung" entgegenbringen (BSG, Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 14).
Eine Subjektivierung der Wertbestimmung entsprechend den Grundsätzen der "aufgedrängten Bereicherung" (dazu etwa Martinek in: jurisPK-BGB § 818 Rn. 48 f.) ist nicht vorzunehmen. Zwar hat das BSG die Anwendung dieser Grundsätze auch in Leistungser-bringerstreitigkeiten in Erwägung gezogen und es nicht für ausgeschlossen gehalten, dass Krankenkassen Leistungserbringern die Höhe der mit anderen Leistungserbringern vereinbarten Vergütung entgegen halten können, durch die die Versorgung der Versicherten gesichert ist (vgl. BSG, Urteil vom 10.04.2008 - B 3 KR 5/07 R - SozR 4-2500 § 133 Nr. 2 Rn. 15; Urteil vom 13.05.2004 - B 3 KR 2/03 R - SozR 4-2500 § 132a Nr. 1 Rn. 15). Doch folgt daraus im vorliegenden Fall nicht, dass sich die Beklagte auf den mit einem einzigen Leistungserbringer vereinbarten Preis berufen kann. Von einer aufgedrängten Bereicherung wird gesprochen, wenn für den Bereicherten eine ohne seine Zustimmung eingetretene objektive Werterhöhung subjektiv ohne Interesse ist. Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Bereicherte in solchen Fällen schutzwürdig ist und das Empfangene daher nicht zu vergüten hat, wird im Zivilrecht kontrovers diskutiert (vgl. den Überblick bei Lieb in: Münchener Kommentar zum BGB, 4. Auflage, § 812 Rn. 307 ff.). Selbst wenn zum Zwecke des Aufdrängungsschutzes die Wertbestimmung subjektiviert wird, bedeutet dies nicht, dass sich der Wert des Erlangten nach dem subjektiven Belieben des Bereicherten richtet (so mit Recht Landessozialgericht [LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.07.2006 - L 24 KR 1127/05 - juris Rn. 45). Vielmehr ist der subjektive Wert danach zu bestimmen, ob und inwieweit es dem Bereicherten im Rahmen seiner Vermögensdispositionen möglich und zumutbar ist, aus der objektiven Wertsteigerung auch wirklich Nutzen zu ziehen (vgl. Lieb in: Münchener Kommentar zum BGB, § 812 Rn. 313; Wendehorst in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 818 Rn. 150). Ausgehend hiervon steht der Beklagten im vorliegenden Fall kein Aufdrängungsschutz zu. Denn die Beklagte war verpflichtet, ihre Versicherten mit Blutzuckerteststreifen versorgen zu lassen. Sie hatte somit ein eigenes maßgebliches Interesse an deren Versorgung mit diesen Diabetikerbedarfsartikeln durch zugelassene Leistungserbringer (letzteres unterscheidet den vorliegenden Fall von demjenigen, über den das LSG Hamburg mit Urteil vom 31.10.2007 - L 1 KR 21/07 - juris zu entscheiden hatte). Folglich gewährte die Beklagte der Klägerin überhaupt eine Vergütung für die von dieser gelieferten Blutzuckerteststreifen. Es war der Beklagten auch zumutbar, den objektiven Wert des aus diesen Lieferungen Erlangten zu realisieren, da sie ihre Versicherten aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen nicht ausschließlich über den Leistungserbringer (S GmbH) versorgen konnte, auf dessen Preis sie sich beruft. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, oblag in der streitigen Zeit nicht der Beklagten, sondern ihren Versicherten die Entscheidung, welche Blutzuckerteststreifen sie verwendeten. Selbst wenn die Beklagte tatsächlich in der Lage gewesen wäre, ihre Versicherten ausschließlich mit Blutzuckerteststreifen der S GmbH zu versorgen, hätte sie ihre Versicherten nicht rechtlich dazu verpflichten können, die Blutzuckerteststreifen der S GmbH zu verwenden, zumal der Vertrag mit diesem Leistungserbringer ein einziges Blutzuckermesssystem eines bestimmten Herstellers mit zugehörigen Teststreifen zum Gegenstand hatte. Das Recht des SGB V gab der Beklagten keine Handhabe dafür zu verhindern, dass ihre Versicherten ihren Leistungsanspruch durch die Wahl von Blutzuckerteststreifen anderer Hersteller und anderer zugelassener Lieferanten realisierten.
Vor diesem Hintergrund hat das SG zu Recht den Wert des durch die Beklagte Erlangten objektiv bestimmt und sich dabei nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen an den in der Angebotsliste der Klägerin vom 09.05.2006 ausgewiesenen Bruttopreisen orientiert. Den diesbezüglichen Feststellungen des SG schließt sich der Senat an und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin den vom SG ausgeurteilten Differenzbetrag nachvollziehbar auf 16.778,91 EUR beziffert; gegen diese Bezifferung hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben. Der Antrag der Klägerin, die Beklagte unter Zurückweisung der Berufung zur Zahlung dieses Betrages zuzüglich Zinsen zu verurteilen, ist dahingehend zu verstehen, den Tenor des SG-Urteils dementsprechend neu zu fassen.
e) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 288 Abs. 1 Satz 1, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB (zur entsprechenden Anwendung dieser zivilrechtlichen Vorschriften siehe nur BSG, Urteil vom 08.09.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr. 7 Rn. 14 m.w.N.). Da die Klägerin mit Schreiben vom 29.05.2006 die Beklagte gemahnt hatte, den Differenzbetrag bis zum 10.06.2006 zu begleichen, befand sich die Beklagte seit dem 11.06.2006 in Verzug.
f) Schließlich hat die Klägerin ihren Anspruch auch nicht infolge der Schließung der Beklagten verloren. Das Gesetz gesteht in § 155 Abs. 2 SGB V der geschlossenen (Betriebs-) Krankenkasse lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn deren Gläubiger trotz Hinweises in der Bekanntmachung über die Auflösung der Krankenkasse (Satz 2) oder bekannte Gläubigern trotz besonderer Aufforderung (Satz 3) ihre Forderungen nicht innerhalb von sechs Monaten anmelden. Auf dieses Leistungsverweigerungsrecht hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall nicht berufen. Auch käme es schon aufgrund des Zeitablaufs nicht in Betracht. Zudem hat die Klägerin ihre Forderungen durch deren gerichtliche Geltendmachung längst angemeldet.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1, § 43 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Dr. Wietek Lübke Dr. Wahl
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