Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 25/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 22/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage des Anspruchs auf Verletztengeld bei einer Auslandstätigkeit
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26.11.2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Verletztengeld.
Am ...1980 erlitt der Kläger auf der Heimfahrt von der Arbeitsstätte VEB Zuckerfabrik L. einen Mopedunfall, bei dem er sich eine Fraktur des rechten Beines unterhalb des Kniegelenkes zuzog. Er erhielt deswegen von der Sozialversicherung der DDR eine Teilrente nach einem Körperschaden von 30 %, deren Auszahlung ab dem 01.04.1991 der Rechtsvorgänger der Beklagten übernahm.
Seit dem 25. Mai 2006 ist der Kläger im Besitz einer Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Geschäftsführer der fleischverarbeitenden Firma E. Co. Ltd. in C. / Thailand. Er übt diese Tätigkeit auch seitdem aus und ist in Thailand privat krankenversichert.
Eine notwendig gewordene unfallbedingte Operation (Implantation einer Knie-TEP rechts) wurde am 21.04.2008 auf Kosten der Beklagten einvernehmlich im Klinikum H. durchgeführt. Die Entlassung erfolgte am ...2008, wobei ein Wiedervorstellungstermin auf den ...2008 vereinbart wurde. Nach Physiotherapie erfolgte dann die letzte Untersuchung am ...2008.
Wegen dieses Zeitraums gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom ...2009 Verletztengeld vom 20.04. bis 28.07.2008. Im Jahre 2009 fand eine Heilverfahrenskontrolle statt, deswegen wurde dann noch einmal mit Bescheid vom ...2009 Verletztengeld für die Zeit vom 23.06. bis 08.09.2009 bewilligt. Die Widersprüche, mit denen der Kläger geltend gemacht hatte, dass er schon am 16.04.2008 zu einer Voruntersuchung habe anreisen müssen und auch Anspruch auf Verletztengeld für die Zeiträume 28.07.2008 bis 23.06.2009 sowie 09.09.2009 bis 16.10.2009 habe, wurden mit Widerspruchsbescheiden vom ...2009 und ...2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Die dagegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Leipzig mit Beschluss vom 17.05.2010 verbunden und die Beklagte - ihrem Anerkenntnis gemäß - verurteilt, noch für den 16.04.2008 Verletztengeld zu zahlen. Im Übrigen hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2010 die Klagen abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit welcher der Kläger darauf hinweist, dass er bereits am 07.04.2008 nach Deutschland angereist und am 17.08.2008 zurückgereist sei. Für die Zeit danach sei eine Wiederaufnahme der Arbeit als Geschäftsführer einer Lebensmittelproduktion mit zwei Unterarmstützen sowohl aus hygienischer als auch aus unfallvorbeugender Sicht nicht möglich gewesen. Die Rückreise an den Wohn- und Arbeitsort in Thailand sei nach der ambulanten Heilverfahrenskontrolle erst am 06.10.2009 erfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26.11.2010, soweit die Klagen abgewiesen worden, aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom ...2009 unter Fassung des Widerspruchsbescheides vom ...2009 sowie des Bescheides vom ...2009 unter Fassung des Widerspruchsbescheides vom ...2010 zu verurteilen, unter Anrechnung bereits gezahlten Verletztengeldes für den Zeitraum 07.04.2008 bis 06.10.2009 Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26.11.2011 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Sache mit Beschluss vom 06.02.2012 gemäß § 153 Abs. 5 SGG auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztengeld für die begehrten weiteren Zeiträume, da ein Anspruch auf Verletztengeld schon dem Grunde nach nicht besteht.
Dass die Beklagte für den Unfall vom ...1980 als gesetzlicher Unfallversicherungsträger einstandspflichtig ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Erörterung.
Es besteht daher gemäß § 26 SGB X Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und dem Prinzip auch auf Geldleistungen, allerdings nur "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften" des SGB VII. Gemäß § 48 i.V.m. § 45 Abs. 1 SGB VII besteht bei Wiedererkrankung Anspruch auf Verletztengeld, wenn Versicherte - infolge des Versicherungsunfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztätige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und - unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft vor Geburt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder Mutterschaftsgeld hatten.
Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass kein Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift durch eine Arbeitsunfähigkeit oder eine Maßnahme der Heilbehandlung unterbrochen wurde. Zwar war der Kläger in Thailand abhängig beschäftigt; jedoch kann nach dem Gesamtsystem des Sozialgesetzbuches das daraus erzielte Entgelt nicht als "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 45 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII angesehen werden.
In der Kommentarliteratur wird, was diesen Begriff angeht, durchgehend auf § 14 SGB IV verwiesen (Fischer in JURIS PK-SGB VII, Saarbrücken 2009, § 45 RdNr. 9; Köllner in Lauterbach Unfallversicherung, Loseblatt, § 45 RdNr. 31; Jung in Eichenhofer/Wenner SGB VII, Köln 2010, § 45 RdNr. 6; Kater in Kater/Leube SGB VII München 1997 § 45 RdNr. 19; Nehls in Hauck/Noftz SGB VII, Loseblatt § 45 RdNr. 8; Schmitt SGB VII 4. Aufl. München 2009 RdNr. 11).
Die Vorschrift des § 14 SGB IV betrifft, wenn man sie im Zusammenhang mit § 3 SGB IV liest, nur inländische Beschäftigungen. Denn nur solche können die Beitragspflicht zur Sozialversicherung auslösen. Nun besteht freilich die Besonderheit, dass das Arbeitsentgelt in der Krankenversicherung, in der Pflegeversicherung und der Rentenversicherung Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 7 SGB V, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2, § 3 Satz 2 und §§ 4, 5 Abs. 2 SGB VI; § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI), ebenso für die Arbeitsförderung (§§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III) und diese Funktion ausgerechnet für die gesetzliche Unfallversicherung nicht gilt (vgl. KassKomm-Seewald § 14 SGB IV RdNr. 6). Rein vom Wortlaut her ergibt sich auch die Beschränkung nur auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nicht.
Die systematische Auslegung gebietet es jedoch, im Ausland verdientes Entgelt sofern, wie bei Thailand der Fall, kein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland besteht (für die Besonderheiten des EU-Rechts vgl. HVBG Rundschreiben VB 80/2004, Aktenzeichen 194, 1-FL), nicht unter den Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 45 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII zu fassen. Der Begriff des Arbeitsentgelts ist hier gewissermaßen in einem Atemzug mit Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld etc. genannt. Es versteht sich daher, dass sich das Arbeitsentgelt auch in einen gewissen Bedeutungszusammenhang einordnen lassen muss. So ist es ganz offensichtlich und wird sicher auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt, dass er durch sein Beschäftigungsverhältnis in Thailand nicht einen Anspruch auf ALG I nach dem SGB III erwerben kann. Auch einen Anspruch auf Krankengeld nach Deutschem Recht bestünde ganz zweifelsohne nicht, wobei in diesem Zusammenhang schon auffällt, dass in der Kommentarliteratur die Nähe des Verletztengeldes zum Krankengeld betont wird (Fischer in JURIS PK-SGB VII § 45 RdNr. 9; Köllner in Lauterbach, Unfallversicherung Loseblatt § 45 RdNr. 6). In diesem Zusammenhang ist auch von einem "Kreis der Erwerbstätigen" die Rede (vgl. Köllner in Nomos Kommentar SGB VII 3. Aufl. Baden-Baden 2011 § 45 RdNr. 18); mit diesen "Kreis" können kaum die auf der ganzen Welt nichtselbstständig Tätigen gemeint sein. Es findet eine Beschränkung statt auf das Entgelt, für das die Entgeltersatzfunktion gedacht ist; ein unbeschränkter Sozialleistungsexport ist nicht intendiert.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beiträge von einem ebenfalls beschränkten Kreis getragen werden, nämlich von den deutschen Unternehmern. Insoweit besteht eine gewisse Nähe zur Lohnfortzahlung: Das Verletztengeld ist eine Form der reduzierten Lohnfortzahlung, wobei die Kosten nicht von dem Einzelunternehmer oder einer dafür vorgesehenen Versicherung sondern von der Gesamtheit der Unternehmer getragen werden. Insofern ist auch an Kollisionen mit ausländischem Recht zu denken: Der Fall, dass im Ausland die Lohnfortzahlung davon abhängig gemacht wird, dass keine anderweitigen Leistungen wie Krankengeld oder Verletztengeld zustehen, macht deutlich, dass es hier um eine Schnittstelle verschiedener Rechtskreise geht; wer wie der Kläger nicht gemäß § 4 SGB IV entsandt wurde, befindet sich damit, was die Zugehörigkeit zur Versichertengemeinschaft des "Kreises der Erwerbstätigen" anbelangt, außerhalb des deutschen Rechtskreises. In diesem Falle gilt, dass für nicht verbeitragtes Entgelt auch keine aus Beiträgen finanzierten Entgeltersatzleistungen zustehen.
Darüber hinaus ist auch darauf hinzuweisen, dass der Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" nicht etwa ein medizinischer sondern ein Rechtsbegriff ist; in diesem Zusammenhang wären auch Verweisungsmöglichkeiten zu prüfen. Es versteht sich von selbst, dass solche Verweisungsmöglichkeiten nur mit Bezugnahme auf einen konkreten Arbeitsmarkt geprüft werden können; es kann nicht sein, dass in diesem Zusammenhang Verweisungsmöglichkeiten in Thailand abzuprüfen wären. Stellte man aber auf den deutschen inländischen Arbeitmarkt ab, so hieße das, dass dem Betroffenen regelmäßig ein Umzug zuzumuten wäre - und sei es nur für eine kurze Zwischenbeschäftigung. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass mangels einer bei der Beklagten bestehenden Versicherung gegen unfallbedingte Arbeitsentgeltausfälle auch kein Anspruch auf Entgeltersatz besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Stampa Richter am LSG
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Verletztengeld.
Am ...1980 erlitt der Kläger auf der Heimfahrt von der Arbeitsstätte VEB Zuckerfabrik L. einen Mopedunfall, bei dem er sich eine Fraktur des rechten Beines unterhalb des Kniegelenkes zuzog. Er erhielt deswegen von der Sozialversicherung der DDR eine Teilrente nach einem Körperschaden von 30 %, deren Auszahlung ab dem 01.04.1991 der Rechtsvorgänger der Beklagten übernahm.
Seit dem 25. Mai 2006 ist der Kläger im Besitz einer Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Geschäftsführer der fleischverarbeitenden Firma E. Co. Ltd. in C. / Thailand. Er übt diese Tätigkeit auch seitdem aus und ist in Thailand privat krankenversichert.
Eine notwendig gewordene unfallbedingte Operation (Implantation einer Knie-TEP rechts) wurde am 21.04.2008 auf Kosten der Beklagten einvernehmlich im Klinikum H. durchgeführt. Die Entlassung erfolgte am ...2008, wobei ein Wiedervorstellungstermin auf den ...2008 vereinbart wurde. Nach Physiotherapie erfolgte dann die letzte Untersuchung am ...2008.
Wegen dieses Zeitraums gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom ...2009 Verletztengeld vom 20.04. bis 28.07.2008. Im Jahre 2009 fand eine Heilverfahrenskontrolle statt, deswegen wurde dann noch einmal mit Bescheid vom ...2009 Verletztengeld für die Zeit vom 23.06. bis 08.09.2009 bewilligt. Die Widersprüche, mit denen der Kläger geltend gemacht hatte, dass er schon am 16.04.2008 zu einer Voruntersuchung habe anreisen müssen und auch Anspruch auf Verletztengeld für die Zeiträume 28.07.2008 bis 23.06.2009 sowie 09.09.2009 bis 16.10.2009 habe, wurden mit Widerspruchsbescheiden vom ...2009 und ...2010 als unbegründet zurückgewiesen.
Die dagegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Leipzig mit Beschluss vom 17.05.2010 verbunden und die Beklagte - ihrem Anerkenntnis gemäß - verurteilt, noch für den 16.04.2008 Verletztengeld zu zahlen. Im Übrigen hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2010 die Klagen abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung, mit welcher der Kläger darauf hinweist, dass er bereits am 07.04.2008 nach Deutschland angereist und am 17.08.2008 zurückgereist sei. Für die Zeit danach sei eine Wiederaufnahme der Arbeit als Geschäftsführer einer Lebensmittelproduktion mit zwei Unterarmstützen sowohl aus hygienischer als auch aus unfallvorbeugender Sicht nicht möglich gewesen. Die Rückreise an den Wohn- und Arbeitsort in Thailand sei nach der ambulanten Heilverfahrenskontrolle erst am 06.10.2009 erfolgt.
Er beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26.11.2010, soweit die Klagen abgewiesen worden, aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom ...2009 unter Fassung des Widerspruchsbescheides vom ...2009 sowie des Bescheides vom ...2009 unter Fassung des Widerspruchsbescheides vom ...2010 zu verurteilen, unter Anrechnung bereits gezahlten Verletztengeldes für den Zeitraum 07.04.2008 bis 06.10.2009 Verletztengeld zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 26.11.2011 zurückzuweisen.
Der Senat hat die Sache mit Beschluss vom 06.02.2012 gemäß § 153 Abs. 5 SGG auf den Einzelrichter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die beigezogenen Beklagtenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verletztengeld für die begehrten weiteren Zeiträume, da ein Anspruch auf Verletztengeld schon dem Grunde nach nicht besteht.
Dass die Beklagte für den Unfall vom ...1980 als gesetzlicher Unfallversicherungsträger einstandspflichtig ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Erörterung.
Es besteht daher gemäß § 26 SGB X Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und dem Prinzip auch auf Geldleistungen, allerdings nur "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften" des SGB VII. Gemäß § 48 i.V.m. § 45 Abs. 1 SGB VII besteht bei Wiedererkrankung Anspruch auf Verletztengeld, wenn Versicherte - infolge des Versicherungsunfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztätige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und - unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung bei Schwangerschaft vor Geburt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder Mutterschaftsgeld hatten.
Der Anspruch des Klägers scheitert daran, dass kein Anspruch auf Arbeitsentgelt im Sinne dieser Vorschrift durch eine Arbeitsunfähigkeit oder eine Maßnahme der Heilbehandlung unterbrochen wurde. Zwar war der Kläger in Thailand abhängig beschäftigt; jedoch kann nach dem Gesamtsystem des Sozialgesetzbuches das daraus erzielte Entgelt nicht als "Arbeitsentgelt" im Sinne des § 45 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII angesehen werden.
In der Kommentarliteratur wird, was diesen Begriff angeht, durchgehend auf § 14 SGB IV verwiesen (Fischer in JURIS PK-SGB VII, Saarbrücken 2009, § 45 RdNr. 9; Köllner in Lauterbach Unfallversicherung, Loseblatt, § 45 RdNr. 31; Jung in Eichenhofer/Wenner SGB VII, Köln 2010, § 45 RdNr. 6; Kater in Kater/Leube SGB VII München 1997 § 45 RdNr. 19; Nehls in Hauck/Noftz SGB VII, Loseblatt § 45 RdNr. 8; Schmitt SGB VII 4. Aufl. München 2009 RdNr. 11).
Die Vorschrift des § 14 SGB IV betrifft, wenn man sie im Zusammenhang mit § 3 SGB IV liest, nur inländische Beschäftigungen. Denn nur solche können die Beitragspflicht zur Sozialversicherung auslösen. Nun besteht freilich die Besonderheit, dass das Arbeitsentgelt in der Krankenversicherung, in der Pflegeversicherung und der Rentenversicherung Voraussetzung für die Versicherungspflicht ist (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 6 Abs. 1 Nr. 1, 7 SGB V, § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2, § 3 Satz 2 und §§ 4, 5 Abs. 2 SGB VI; § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI), ebenso für die Arbeitsförderung (§§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 1 Nr. 4, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III) und diese Funktion ausgerechnet für die gesetzliche Unfallversicherung nicht gilt (vgl. KassKomm-Seewald § 14 SGB IV RdNr. 6). Rein vom Wortlaut her ergibt sich auch die Beschränkung nur auf versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse nicht.
Die systematische Auslegung gebietet es jedoch, im Ausland verdientes Entgelt sofern, wie bei Thailand der Fall, kein Sozialversicherungsabkommen mit Deutschland besteht (für die Besonderheiten des EU-Rechts vgl. HVBG Rundschreiben VB 80/2004, Aktenzeichen 194, 1-FL), nicht unter den Begriff des Arbeitsentgelts im Sinne des § 45 Abs. 1 Ziffer 2 SGB VII zu fassen. Der Begriff des Arbeitsentgelts ist hier gewissermaßen in einem Atemzug mit Lohnersatzleistungen wie Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld etc. genannt. Es versteht sich daher, dass sich das Arbeitsentgelt auch in einen gewissen Bedeutungszusammenhang einordnen lassen muss. So ist es ganz offensichtlich und wird sicher auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt, dass er durch sein Beschäftigungsverhältnis in Thailand nicht einen Anspruch auf ALG I nach dem SGB III erwerben kann. Auch einen Anspruch auf Krankengeld nach Deutschem Recht bestünde ganz zweifelsohne nicht, wobei in diesem Zusammenhang schon auffällt, dass in der Kommentarliteratur die Nähe des Verletztengeldes zum Krankengeld betont wird (Fischer in JURIS PK-SGB VII § 45 RdNr. 9; Köllner in Lauterbach, Unfallversicherung Loseblatt § 45 RdNr. 6). In diesem Zusammenhang ist auch von einem "Kreis der Erwerbstätigen" die Rede (vgl. Köllner in Nomos Kommentar SGB VII 3. Aufl. Baden-Baden 2011 § 45 RdNr. 18); mit diesen "Kreis" können kaum die auf der ganzen Welt nichtselbstständig Tätigen gemeint sein. Es findet eine Beschränkung statt auf das Entgelt, für das die Entgeltersatzfunktion gedacht ist; ein unbeschränkter Sozialleistungsexport ist nicht intendiert.
In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Beiträge von einem ebenfalls beschränkten Kreis getragen werden, nämlich von den deutschen Unternehmern. Insoweit besteht eine gewisse Nähe zur Lohnfortzahlung: Das Verletztengeld ist eine Form der reduzierten Lohnfortzahlung, wobei die Kosten nicht von dem Einzelunternehmer oder einer dafür vorgesehenen Versicherung sondern von der Gesamtheit der Unternehmer getragen werden. Insofern ist auch an Kollisionen mit ausländischem Recht zu denken: Der Fall, dass im Ausland die Lohnfortzahlung davon abhängig gemacht wird, dass keine anderweitigen Leistungen wie Krankengeld oder Verletztengeld zustehen, macht deutlich, dass es hier um eine Schnittstelle verschiedener Rechtskreise geht; wer wie der Kläger nicht gemäß § 4 SGB IV entsandt wurde, befindet sich damit, was die Zugehörigkeit zur Versichertengemeinschaft des "Kreises der Erwerbstätigen" anbelangt, außerhalb des deutschen Rechtskreises. In diesem Falle gilt, dass für nicht verbeitragtes Entgelt auch keine aus Beiträgen finanzierten Entgeltersatzleistungen zustehen.
Darüber hinaus ist auch darauf hinzuweisen, dass der Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" nicht etwa ein medizinischer sondern ein Rechtsbegriff ist; in diesem Zusammenhang wären auch Verweisungsmöglichkeiten zu prüfen. Es versteht sich von selbst, dass solche Verweisungsmöglichkeiten nur mit Bezugnahme auf einen konkreten Arbeitsmarkt geprüft werden können; es kann nicht sein, dass in diesem Zusammenhang Verweisungsmöglichkeiten in Thailand abzuprüfen wären. Stellte man aber auf den deutschen inländischen Arbeitmarkt ab, so hieße das, dass dem Betroffenen regelmäßig ein Umzug zuzumuten wäre - und sei es nur für eine kurze Zwischenbeschäftigung. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass mangels einer bei der Beklagten bestehenden Versicherung gegen unfallbedingte Arbeitsentgeltausfälle auch kein Anspruch auf Entgeltersatz besteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Stampa Richter am LSG
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