Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 15 AS 4694/08 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 B 840/08 AS-ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Ein gerichtliches Verfahren ist im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache erst erledigt,
das heißt im prozessrechtlichen Sinn beendet, wenn die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses reicht nicht aus.
2. Ein den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigendes Ereignis liegt vor, wenn ein nach Klageerhebung
eingetretenes außergerichtliches Ereignis dem Rechtschutzbegehren die Grundlage entzogen hat und das
Rechtschutzbegehren deshalb für den Rechtsschutzsuchenden gegenstandlos geworden ist.
3. Ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens des
vorläufigen Rechtsschutzes kann grundsätzlich auch bestehen, wenn noch keine ablehnende
Verwaltungsentscheidung ergangen ist.
das heißt im prozessrechtlichen Sinn beendet, wenn die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache
übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses reicht nicht aus.
2. Ein den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigendes Ereignis liegt vor, wenn ein nach Klageerhebung
eingetretenes außergerichtliches Ereignis dem Rechtschutzbegehren die Grundlage entzogen hat und das
Rechtschutzbegehren deshalb für den Rechtsschutzsuchenden gegenstandlos geworden ist.
3. Ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens des
vorläufigen Rechtsschutzes kann grundsätzlich auch bestehen, wenn noch keine ablehnende
Verwaltungsentscheidung ergangen ist.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 18. Dezember 2008 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind auch für auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen über den 31. Dezember 2008 hinaus zu verpflichten.
Die Antragstellerin steht bei der Antragsgegnerin im Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 1. August 2008 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2008 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von monatlich 679,08 EUR.
Die Antragstellerin stellte am 17. November 2008 einen Fortzahlungsantrag.
Am 18. Dezember 2008 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, die Antragsgegnerin "zur lückenlosen Weiterzahlung aller Leistungen wie aus der Leistungsakte und beiliegendem Bescheid ersichtlich, ab 01.01.2009, zu verpflichten. Dieser Betrag [ist] mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen." Die monatliche Gesamtforderung hat sie nach eigener Berechnung mit 684,19 EUR beziffert.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 den Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt. Die Rechtsverfolgung sei mutwillig. Die Antragsgegnerin habe bislang den Fortzahlungsantrag nicht abgelehnt. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine ablehnende Entscheidung ergehen werde. Ein Tätigwerden des Gerichtes sei bei dieser Sachlage offensichtlich – noch – nicht erforderlich. Die Antragstellerin, die selbst die Fortzahlung rechtzeitig beantragt habe, könne ohne weiteres davon ausgehen, dass auch die Antragsgegnerin rechtzeitig tätig werde.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember, bei Gericht eingegangen am 23. Dezember 2008, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Antragstellerin beantragt:
1. Der Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 18. Dezember 2008 wird aufgehoben. 2. Die Antragsgegnerin wird zur Bewilligung und Bescheidung der Fortsetzungsanträge bis 31. Dezember 2008 verpflichtet. Der monatliche Betrag ist mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen. 3. Die außergerichtlichen Kosten trägt die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 20. Januar 2009 – von der Antragstellerin nicht bestritten – vorgetragen, dass mit Bewilligungsbescheid vom 2. Januar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 680,21 EUR bewilligt worden seien. Der Antragstellerin sei bei einem persönlichen Gespräch am 30. Dezember 2008 mitgeteilt worden sei, dass sie am 2. Januar 2009 um 10.00 Uhr vorsprechen könne und sich ihre Regelleistung als Barzahlung abholen könne. Auf Wunsch der Antragstellerin werde ein Betrag in Höhe von 339,83 EUR direkt an den Vermieter gezahlt. Die Antragsgegnerin hält auf Grund dessen den Rechtsstreit für erledigt.
Die Antragstellerin ist mit gerichtlichem Schreiben vom 2. Februar 2009 darauf hingewiesen worden, dass es hinsichtlich des nunmehr nur noch streitigen Differenzbetrages in Höhe von 3,98 EUR an einem Anordnungsgrund fehle.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist auch nach Erlass des Bewilligungsbescheides noch nicht erledigt (a). Sie ist jedoch unbegründet (b).
a) Ein gerichtliches Verfahren ist erst erledigt, das heißt im prozessrechtlichen Sinn beendet, wenn die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], § 125 Rdnr.9; Clausnig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [16. Erg.-Lfg., März 2008], § 161 Rdnr. 12, m. w. N.). Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses reicht nicht aus. Da vorliegend solche übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht abgegeben worden sind, ist das Beschwerdeverfahren nicht beendet.
Im Übrigen ist auch kein das Beschwerdeverfahren erledigendes Ereignis eingetreten. Ein Rechtsstreit ist nämlich erst dann erledigt, wenn ein nach Klageerhebung eingetretenes außergerichtliches Ereignis dem Rechtschutzbegehren die Grundlage entzogen hat und das Rechtschutzbegehren deshalb für den Rechtsschutzsuchenden gegenstandlos geworden ist (vgl. Clausnig, a. a. O., § 161 Rdnr. 912, m. w. N.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 14. Januar 1965 – BVerwG I C 68.61 – BVerwGE 20, 146 [149] – und vom 27. Februar 1969 – BVerwG VIII C 37 und 38.67 – BVerwGE 31, 318 [319]. Zu weiteren Definitionen vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung [15. Aufl., 2007], § 113 Rdnr. 102). Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und damit das Beschwerdeverfahren sind nicht gegenstandslos geworden, weil die mit Bescheid vom 2. Januar 2009 bewilligten Leistungen um 3,98 EUR unter den beantragten Leistungen liegen.
b) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat zwar zu Unrecht das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin verneint, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch im Ergebnis zutreffend abgelehnt (aa). Nachdem die Antragsgegnerin den Bewilligungsbescheid erlassen hat, ist auch kein Anordnungsgrund mehr gegeben (bb).
aa) Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [16. Erg.-Lfg., März 2008], Vorb § 40 Rdnr. 74, m. w. N; Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb. § 40 Rdnr. 30; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. januar 1989 – BVerwG 9 C 44.87 – BVerwGE 81, 164 [165]). Ein Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung fehlt in der Regel (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], Vor § 51 Rdnr. 16 ff., m. w. N.; Ehlers, a. a. O., Vorb § 40 Rdnr. 81 ff., m. w. N; Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb. § 40 Rdnr. 33 ff., m. w. N.), wenn es eine offensichtlich einfachere, umfassendere, schnellere oder billigere Möglichkeit zur Verwirklichung des Rechtsschutzes gibt, wenn die gerichtliche Entscheidung nutzlos ist, d. h. dem Rechtschutzsuchenden offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringt, wenn mit dem an sich prozessrechtlich zulässige Vorgehen missbilligenswerte Ziele verfolgt werden, wenn verfrüht, insbesondere vorbeugend, Rechtsschutz begehrt wird, wenn die gerichtlichen Geltendmachung des Rechts verwirkt ist, weil sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden verspätet erfolgt ist, oder wenn der Rechtschutzsuchende auf den Rechtschutz verzichtet hat.
In diesem Sinne konnte das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht verneint werden. Insbesondere war die Rechtsverfolgung der Antragstellerin weder verfrüht noch rechtsmissbräuchlich. In diesem Zusammenhang wird zwar in der Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass das Rechtschutzbedürfnis nicht nur in der Regel fehlt, wenn der Antragsteller sich nicht zuvor mit seinem Begehren an die zuständige Behörde gewandt hat (allgem. Auffassung.; vgl. z. B. Thüringer LSG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – L 6 KR 992/02 ER – JURIS-Dokument Rdnr. 23; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. Januar 2003 – L 8 B 11/05 AY-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 21; Keller, a. a. O., § 86b Rdnr. 26b, m. w. N.; Adolf, in: Hennig: Sozialgerichtsgesetz [15. Erg.-Lfg., Februar 2009], § 86b RdNr. 74), sondern auch dann, wenn die Behörde das Begehren noch nicht abgelehnt hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Januar 2008 – L 8 AS 5486/07 ER-B – JURIS-Dokument Rdnr. 11; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren [2. Aufl., 2008], Rdnr. 29). Dieser Rechtsauffassung ist – zumindest in dieser Allgemeinheit – nicht zu folgen. Denn ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes kann grundsätzlich auch bestehen, wenn noch keine ablehnende Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Denn die Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung im Rahmen einer Sicherungsanordnung oder die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Rahmen einer Regelungsanordnung kann auch bestehen, wenn die zuständige Behörde entweder bislang untätig geblieben ist oder zwar den Antrag bearbeitet, aber für eine Entscheidung noch weitere Zeit zu benötigen behauptet. Die Frage, ob ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht oder ob dem Antragsteller noch zuzumuten ist, eine gewisse Zeit zuzuwarten, ist vielmehr grundsätzlich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, zu beantworten. Die Prüfung des Anordnungsgrundes betrifft aber die Begründetheit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und nicht bereits dessen Zulässigkeit.
Im Ergebnis hat das Sozialgericht allerdings den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Beschluss vom 18. Dezember 2008 zu Recht abgelehnt. Denn der Antragstellerin fehlte an diesem Tag noch ein Anordnungsgrund.
Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter – unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Aufl., 1998], Rdnr. 154 bis 156 m. w. N.; ähnlich Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen beziehungsweise glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [9. Aufl., 2008], § 86b Rdnr. 27a).
Diesbezüglich ist zwar zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass es in den knapp zwei Wochen bis zum Ende des aktuellen Bewilligungszeitraumes nach dem 18. Dezember 2008 wegen der Weihnachtsfeiertage und dem anschließenden Wochenende nur noch fünf Arbeitstage im Dezember 2008 gab. Solange es aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte gibt, ist davon auszugehen, dass eine Behörde wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtzeitig die erforderliche Entscheidung treffen und die sich gegebenenfalls daran anschließenden Maßnahmen zur Umsetzung der Entscheidung veranlassen wird. Anhaltspunkte, die auf eine verzögerte Bearbeitung des Antrages der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin hindeuten würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
b) Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hatte auch im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, das heißt ob die Antragstellerin für die Zeit ab 1. Januar 2009 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 684,19 EUR hat, wie dies beantragt ist, oder auf lediglich in Höhe von monatlich 680,21 EUR, wie dies bewilligt ist. Der Bewilligungsbescheid lässt keine offensichtlichen Berechnungsfehler erkennen; Berechnungsfehler sind auch nicht vorgetragen. Denn die Antragstellerin hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass wesentliche Nachteile eintreten werden, wenn erst im Hauptsacheverfahren geklärt wird, ob sie auch noch einen Anspruch auf den Differenzbetrag in Höhe von 3,98 EUR hat. Auch hat sie nicht glaubhaft gemacht, dass ihr dadurch Nachteile entstanden sind, dass die Leistungen nicht bereits am 1. Januar 2009 bewilligt und ausgezahlt worden sind, sondern erst am 2. Januar 2009.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Scheer Ulshöfer Weier
II. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin sind auch für auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Weiterzahlung der bisher bewilligten Leistungen über den 31. Dezember 2008 hinaus zu verpflichten.
Die Antragstellerin steht bei der Antragsgegnerin im Leistungsbezug. Mit Bescheid vom 1. August 2008 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2008 bis 31. Dezember 2008 in Höhe von monatlich 679,08 EUR.
Die Antragstellerin stellte am 17. November 2008 einen Fortzahlungsantrag.
Am 18. Dezember 2008 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, die Antragsgegnerin "zur lückenlosen Weiterzahlung aller Leistungen wie aus der Leistungsakte und beiliegendem Bescheid ersichtlich, ab 01.01.2009, zu verpflichten. Dieser Betrag [ist] mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen." Die monatliche Gesamtforderung hat sie nach eigener Berechnung mit 684,19 EUR beziffert.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2008 den Antrag wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt. Die Rechtsverfolgung sei mutwillig. Die Antragsgegnerin habe bislang den Fortzahlungsantrag nicht abgelehnt. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine ablehnende Entscheidung ergehen werde. Ein Tätigwerden des Gerichtes sei bei dieser Sachlage offensichtlich – noch – nicht erforderlich. Die Antragstellerin, die selbst die Fortzahlung rechtzeitig beantragt habe, könne ohne weiteres davon ausgehen, dass auch die Antragsgegnerin rechtzeitig tätig werde.
Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 20. Dezember, bei Gericht eingegangen am 23. Dezember 2008, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.
Die Antragstellerin beantragt:
1. Der Beschluss des Sozialgerichtes Leipzig vom 18. Dezember 2008 wird aufgehoben. 2. Die Antragsgegnerin wird zur Bewilligung und Bescheidung der Fortsetzungsanträge bis 31. Dezember 2008 verpflichtet. Der monatliche Betrag ist mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen. 3. Die außergerichtlichen Kosten trägt die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 20. Januar 2009 – von der Antragstellerin nicht bestritten – vorgetragen, dass mit Bewilligungsbescheid vom 2. Januar 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis 30. Juni 2009 in Höhe von monatlich 680,21 EUR bewilligt worden seien. Der Antragstellerin sei bei einem persönlichen Gespräch am 30. Dezember 2008 mitgeteilt worden sei, dass sie am 2. Januar 2009 um 10.00 Uhr vorsprechen könne und sich ihre Regelleistung als Barzahlung abholen könne. Auf Wunsch der Antragstellerin werde ein Betrag in Höhe von 339,83 EUR direkt an den Vermieter gezahlt. Die Antragsgegnerin hält auf Grund dessen den Rechtsstreit für erledigt.
Die Antragstellerin ist mit gerichtlichem Schreiben vom 2. Februar 2009 darauf hingewiesen worden, dass es hinsichtlich des nunmehr nur noch streitigen Differenzbetrages in Höhe von 3,98 EUR an einem Anordnungsgrund fehle.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist auch nach Erlass des Bewilligungsbescheides noch nicht erledigt (a). Sie ist jedoch unbegründet (b).
a) Ein gerichtliches Verfahren ist erst erledigt, das heißt im prozessrechtlichen Sinn beendet, wenn die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], § 125 Rdnr.9; Clausnig, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [16. Erg.-Lfg., März 2008], § 161 Rdnr. 12, m. w. N.). Der Eintritt eines erledigenden Ereignisses reicht nicht aus. Da vorliegend solche übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht abgegeben worden sind, ist das Beschwerdeverfahren nicht beendet.
Im Übrigen ist auch kein das Beschwerdeverfahren erledigendes Ereignis eingetreten. Ein Rechtsstreit ist nämlich erst dann erledigt, wenn ein nach Klageerhebung eingetretenes außergerichtliches Ereignis dem Rechtschutzbegehren die Grundlage entzogen hat und das Rechtschutzbegehren deshalb für den Rechtsschutzsuchenden gegenstandlos geworden ist (vgl. Clausnig, a. a. O., § 161 Rdnr. 912, m. w. N.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 14. Januar 1965 – BVerwG I C 68.61 – BVerwGE 20, 146 [149] – und vom 27. Februar 1969 – BVerwG VIII C 37 und 38.67 – BVerwGE 31, 318 [319]. Zu weiteren Definitionen vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung [15. Aufl., 2007], § 113 Rdnr. 102). Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und damit das Beschwerdeverfahren sind nicht gegenstandslos geworden, weil die mit Bescheid vom 2. Januar 2009 bewilligten Leistungen um 3,98 EUR unter den beantragten Leistungen liegen.
b) Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Das Sozialgericht hat zwar zu Unrecht das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin verneint, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung jedoch im Ergebnis zutreffend abgelehnt (aa). Nachdem die Antragsgegnerin den Bewilligungsbescheid erlassen hat, ist auch kein Anordnungsgrund mehr gegeben (bb).
aa) Das Rechtsschutzbedürfnis ist eine allgemeine Sachurteilsvoraussetzung, die bei jeder Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gegeben sein muss. Der Begriff des Rechtsschutzbedürfnisses bedeutet, dass nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, einen Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung hat (vgl. Ehlers, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [16. Erg.-Lfg., März 2008], Vorb § 40 Rdnr. 74, m. w. N; Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb. § 40 Rdnr. 30; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 17. januar 1989 – BVerwG 9 C 44.87 – BVerwGE 81, 164 [165]). Ein Anspruch auf eine gerichtliche Sachentscheidung fehlt in der Regel (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl., 2008], Vor § 51 Rdnr. 16 ff., m. w. N.; Ehlers, a. a. O., Vorb § 40 Rdnr. 81 ff., m. w. N; Kopp/Schenke, a. a. O., Vorb. § 40 Rdnr. 33 ff., m. w. N.), wenn es eine offensichtlich einfachere, umfassendere, schnellere oder billigere Möglichkeit zur Verwirklichung des Rechtsschutzes gibt, wenn die gerichtliche Entscheidung nutzlos ist, d. h. dem Rechtschutzsuchenden offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringt, wenn mit dem an sich prozessrechtlich zulässige Vorgehen missbilligenswerte Ziele verfolgt werden, wenn verfrüht, insbesondere vorbeugend, Rechtsschutz begehrt wird, wenn die gerichtlichen Geltendmachung des Rechts verwirkt ist, weil sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßenden verspätet erfolgt ist, oder wenn der Rechtschutzsuchende auf den Rechtschutz verzichtet hat.
In diesem Sinne konnte das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin nicht verneint werden. Insbesondere war die Rechtsverfolgung der Antragstellerin weder verfrüht noch rechtsmissbräuchlich. In diesem Zusammenhang wird zwar in der Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Auffassung vertreten, dass das Rechtschutzbedürfnis nicht nur in der Regel fehlt, wenn der Antragsteller sich nicht zuvor mit seinem Begehren an die zuständige Behörde gewandt hat (allgem. Auffassung.; vgl. z. B. Thüringer LSG, Beschluss vom 19. Dezember 2002 – L 6 KR 992/02 ER – JURIS-Dokument Rdnr. 23; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 3. Januar 2003 – L 8 B 11/05 AY-ER – JURIS-Dokument Rdnr. 21; Keller, a. a. O., § 86b Rdnr. 26b, m. w. N.; Adolf, in: Hennig: Sozialgerichtsgesetz [15. Erg.-Lfg., Februar 2009], § 86b RdNr. 74), sondern auch dann, wenn die Behörde das Begehren noch nicht abgelehnt hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Januar 2008 – L 8 AS 5486/07 ER-B – JURIS-Dokument Rdnr. 11; Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren [2. Aufl., 2008], Rdnr. 29). Dieser Rechtsauffassung ist – zumindest in dieser Allgemeinheit – nicht zu folgen. Denn ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Entscheidung im Rahmen eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes kann grundsätzlich auch bestehen, wenn noch keine ablehnende Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Denn die Gefahr einer Rechtsvereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung im Rahmen einer Sicherungsanordnung oder die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile im Rahmen einer Regelungsanordnung kann auch bestehen, wenn die zuständige Behörde entweder bislang untätig geblieben ist oder zwar den Antrag bearbeitet, aber für eine Entscheidung noch weitere Zeit zu benötigen behauptet. Die Frage, ob ein Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung besteht oder ob dem Antragsteller noch zuzumuten ist, eine gewisse Zeit zuzuwarten, ist vielmehr grundsätzlich im Zusammenhang mit der Prüfung, ob ein Anordnungsgrund vorliegt, zu beantworten. Die Prüfung des Anordnungsgrundes betrifft aber die Begründetheit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und nicht bereits dessen Zulässigkeit.
Im Ergebnis hat das Sozialgericht allerdings den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Beschluss vom 18. Dezember 2008 zu Recht abgelehnt. Denn der Antragstellerin fehlte an diesem Tag noch ein Anordnungsgrund.
Ein Anordnungsgrund ist nur dann gegeben, wenn sich aus den glaubhaft gemachten Tatsachen ergibt, dass es die individuelle Interessenlage des Antragstellers – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Antragsgegners, der Allgemeinheit oder unmittelbar betroffener Dritter – unzumutbar erscheinen lässt, den Antragsteller zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen (Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren [4. Aufl., 1998], Rdnr. 154 bis 156 m. w. N.; ähnlich Krodel, NZS 2002, 234 ff.). Ob die Anordnung derart dringlich ist, beurteilt sich insbesondere danach, ob sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen, ebenso schwer wiegenden Gründen nötig erscheint. Dazu müssen Tatsachen vorliegen beziehungsweise glaubhaft gemacht sein, die darauf schließen lassen, dass der Eintritt des wesentlichen Nachteils im Sinne einer objektiven und konkreten Gefahr unmittelbar bevorsteht (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG [9. Aufl., 2008], § 86b Rdnr. 27a).
Diesbezüglich ist zwar zugunsten der Antragstellerin zu berücksichtigen, dass es in den knapp zwei Wochen bis zum Ende des aktuellen Bewilligungszeitraumes nach dem 18. Dezember 2008 wegen der Weihnachtsfeiertage und dem anschließenden Wochenende nur noch fünf Arbeitstage im Dezember 2008 gab. Solange es aber keine gegenteiligen Anhaltspunkte gibt, ist davon auszugehen, dass eine Behörde wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtzeitig die erforderliche Entscheidung treffen und die sich gegebenenfalls daran anschließenden Maßnahmen zur Umsetzung der Entscheidung veranlassen wird. Anhaltspunkte, die auf eine verzögerte Bearbeitung des Antrages der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin hindeuten würden, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
b) Der Antrag auf Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung hatte auch im Beschwerdeverfahren keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.
Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist, das heißt ob die Antragstellerin für die Zeit ab 1. Januar 2009 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 684,19 EUR hat, wie dies beantragt ist, oder auf lediglich in Höhe von monatlich 680,21 EUR, wie dies bewilligt ist. Der Bewilligungsbescheid lässt keine offensichtlichen Berechnungsfehler erkennen; Berechnungsfehler sind auch nicht vorgetragen. Denn die Antragstellerin hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass wesentliche Nachteile eintreten werden, wenn erst im Hauptsacheverfahren geklärt wird, ob sie auch noch einen Anspruch auf den Differenzbetrag in Höhe von 3,98 EUR hat. Auch hat sie nicht glaubhaft gemacht, dass ihr dadurch Nachteile entstanden sind, dass die Leistungen nicht bereits am 1. Januar 2009 bewilligt und ausgezahlt worden sind, sondern erst am 2. Januar 2009.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Scheer Ulshöfer Weier
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