Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 34 AS 3674/07
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 208/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.Die Rückforderung einer Leistung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III setzt nicht nur die Aufhebung des Bewilligungsbescheides und die schuldhafte Verletzung der Mitteilungspflicht durch den Leistungsempfänger, sondern auch einen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Leistung voraus.
2. Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstößt nicht gegen Regelungen des Grundgesetzes, insbesondere
den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG.
3. Nicht bereits jedes Mal dann, wenn der Widerspruchsführer nicht mit seinen Einwänden durchdringen kann, kann in den Widerspruch ein konkludenter Antrag auf eine Erlassentscheidung hineingelesen werden.
4. Eine allgemeine Handlungspflicht der Behörde, über einen etwaigen Erlass von Amts wegen zu entscheiden, ergibt sich nicht aus dem Wortlaut von § 44 SGB II. Es kann allerdings Fälle geben, in denen die zuständige Behörde Anhaltspunkte für eine Erlassentscheidung hat und demzufolge gehalten sein kann,
Sachverhaltsermittlungen durchzuführen oder möglicherweise sogar eine Erlassentscheidung zu treffen.
Anhaltspunkte in diesem Sinne sind allerdings nicht bereits bei jedem für eine Erlassentscheidung denkbaren
Gesichtspunkt gegeben. Damit die Ausnahmevorschrift des § 44 SGB II nicht zur Regelvorschrift wird, ist vielmehr zu fordern, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass eine (Teil-)Erlassentscheidung ergehen kann.
5. Eine im Einzelfall verzögerte Rückforderungsangelegenheit ist als solche noch nicht geeignet, Anhaltspunkte in dem beschriebenen Sinne für eine Erlassentscheidung zu bilden. Es müssen vielmehr weitere Aspekte, wie zum Beispiel eine erhebliche wirtschaftliche Belastung in Folge des durch die Behörde
vermeidbaren Umfangs der Rückforderung, hinzutreten, damit ein Tätigwerden der Behörde im Hinblick auf eine etwaige Erlassentscheidung angezeigt ist.
2. Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstößt nicht gegen Regelungen des Grundgesetzes, insbesondere
den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG.
3. Nicht bereits jedes Mal dann, wenn der Widerspruchsführer nicht mit seinen Einwänden durchdringen kann, kann in den Widerspruch ein konkludenter Antrag auf eine Erlassentscheidung hineingelesen werden.
4. Eine allgemeine Handlungspflicht der Behörde, über einen etwaigen Erlass von Amts wegen zu entscheiden, ergibt sich nicht aus dem Wortlaut von § 44 SGB II. Es kann allerdings Fälle geben, in denen die zuständige Behörde Anhaltspunkte für eine Erlassentscheidung hat und demzufolge gehalten sein kann,
Sachverhaltsermittlungen durchzuführen oder möglicherweise sogar eine Erlassentscheidung zu treffen.
Anhaltspunkte in diesem Sinne sind allerdings nicht bereits bei jedem für eine Erlassentscheidung denkbaren
Gesichtspunkt gegeben. Damit die Ausnahmevorschrift des § 44 SGB II nicht zur Regelvorschrift wird, ist vielmehr zu fordern, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass eine (Teil-)Erlassentscheidung ergehen kann.
5. Eine im Einzelfall verzögerte Rückforderungsangelegenheit ist als solche noch nicht geeignet, Anhaltspunkte in dem beschriebenen Sinne für eine Erlassentscheidung zu bilden. Es müssen vielmehr weitere Aspekte, wie zum Beispiel eine erhebliche wirtschaftliche Belastung in Folge des durch die Behörde
vermeidbaren Umfangs der Rückforderung, hinzutreten, damit ein Tätigwerden der Behörde im Hinblick auf eine etwaige Erlassentscheidung angezeigt ist.
I. Die Berufung des Klägers zu 2 gegen das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Berufung des Klägers zu 1 gegen das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren sind nicht erstattungsfähig. Für das Klageverfahren verbleibt es bei der Kostenentscheidung in Ziffer II des Urteils des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Mit diesem wurden bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 3.363,93 EUR zurückgefordert. Nach einem Teilanerkenntnis des Beklagten beläuft sich der Rückforderungsbetrag nunmehr noch auf 1.369,54 EUR.
Die ARGE D (im Folgenden: ARGE) bewilligte dem 1969 geborenen, erwerbs-fähigen Kläger zu 1, seiner Ehefrau und deren 2004 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, mit Bescheid vom 24. August 2005, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweiten Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum von 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 in Höhe von 1.136,96 EUR. Hierbei wurde auf Bedarfsseite unter anderem eine Grundmiete in Höhe von 406,24 EUR (aus dem Mietvertrag) sowie Vorauszahlungen auf Nebenkosten in Höhe von 83,80 EUR und Heizkosten in Höhe von 60,30 EUR (aus der Betriebskostenabrechnung), ohne Abzug einer Warmwasserpauschale, in Ansatz gebracht. Als Einkommen wurde bei der Ehefrau des Klägers zu 1 das Erwerbseinkommen aus einer in zeitlichem Umfang beschränkten Erwerbstätigkeit und aus Erziehungsgeld berücksichtigt, was bei ihr ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 136,21 EUR ergab. Beim Kläger zu 2 wurde Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR berücksichtigt.
Mit dem am 20. Oktober 2005 eingegangenen Schreiben unterrichtete der Kläger zu 1 die ARGE, dass seine Ehefrau ab dem 19. September 2005 eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte aufgenommen habe und demzufolge kein Erziehungsgeld mehr beziehe. Er bat um die Prüfung des Bewilligungsbescheides. Nach der beigefügten Einkommensbescheinigung betrug im Oktober 2005 ihr Arbeitsentgelt 1.300,00 EUR brutto (= 953,00 EUR netto). Daraufhin erließ die ARGE am 8. März 2006 einen Änderungsbescheid, in dem die Leistungen für September 2005 auf 887,78 EUR und für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 auf jeweils 514,01 EUR festgesetzt wurden.
Unter demselben Datum hörte die ARGE den Kläger zu 1 zum beabsichtigten Erlass einer Aufhebungsentscheidung an. Er habe eine Überzahlung in Höhe von 3.363,93 EUR verursacht, weil er eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in seinen Verhältnissen verspätet angezeigt habe. In seiner Stellungnahme vom 20. März 2006 wies der Kläger darauf hin, dass er auf die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau ab 19. September 2005 hingewiesen habe.
Am 21. März 2006 erließ die ARGE einen Aufhebungsbescheid, mit dem Sie die Leistungsbewilligung für September 2005 in Höhe von 249,18 EUR sowie für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 in Höhe von jeweils 622,95 EUR aufhob. Sie forderte die Erstattung eines Gesamtbetrages in Höhe von 3.363,93 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass das Einkommen, das die Ehefrau des Klägers zu 1 aus einer Erwerbstätigkeit erzielt habe, zur Minderung des Anspruches geführt habe. Außerdem wurde dem Kläger zu 1 vorgehalten, dass ihm die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein können.
Die Klägerbevollmächtigte legte am 30. März 2006 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) für eine Auf-hebung der Bewilligungsentscheidung nicht vorlägen. Zumindest sei ein atypischer Fall gegeben. Der Kläger zu 1 sei seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Soweit eine rückwirkende Aufhebung wegen des erzielten höheren Einkommens in Betracht komme, sei Ermessen auszuüben, was nicht geschehen sei. Der Kläger zu 1 habe gutgläubig die ihm ausgezahlten Beträge zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten verbraucht. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass die ARGE die Leistungen richtig berechnet habe, und dass das Erwerbseinkommen stärker zu bereinigen sei als Einkommen aus Erziehungs- und Kindergeld. Es habe auch berücksichtigt werden müssen, dass der ARGE seit Oktober 2005 bekannt gewesen sei, dass die Ehefrau des Klägers zu 1 höheres Einkommen erziele. Trotzdem sei sie aber erst im Februar/März 2006 tätig geworden. Schließlich könne dem Kläger zu 1 nicht vorgeworfen werden, dass er auf Grund einer im besonderen Maße schwer-wiegenden Sorgfaltspflichtverletzung nicht erkannt habe, dass sich sein Anspruch vermindert habe.
Die ARGE änderte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2007 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 dahingehend ab, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag gegenüber dem Kläger zu 1 auf 1.853,55 EUR und gegenüber dem Kläger zu 2 auf 169,95 EUR festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag in Höhe von 7/10 erstattet. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wurde als notwendig anerkannt. Es wurde die Berechnung der einzelnen Leistungsansprüche der drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und die ihnen gegenüber errechneten Erstattungsbeträge dargelegt. Da der Aufhebungsbescheid vom 21. März 2006 nur gegenüber dem Kläger zu 1 in eigener Angelegenheit und zugleich als gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Klägers zu 2 erfolgt sei, könne die Rückforderung auch nur diesen beiden gegenüber erfolgen. Die Aufhebung sei wegen des von der Ehefrau des Klägers zu 1 erzielten höheren Einkommens erfolgt. Ein Ermessenspielraum sei wegen der Regelung in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) nicht eröffnet.
Die Kläger haben am 20. November 2007 Klage erhoben. Sie haben vorgetragen, dass das zu berücksichtigende Einkommen der Ehefrau des Klägers zu 1 unzutreffend berechnet worden sei. Es könnten vom Kläger zu 1 nur 1.333,10 EUR und vom Kläger zu 2 nur 632,60 EUR zurückverlangt werden. Einer Rückforderung gegenüber dem Kläger zu 2 stehe jedoch entgegen, dass ihm gegenüber kein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen worden sei. In Bezug auf die den Kläger zu 1 betreffende Aufhebungsentscheidung ist weiterhin die Auffassung vertreten worden, dass Ermessen auszuüben sei und ein atypischer Fall vorliege.
Die ARGE hat nach einem ersten Teilanerkenntnis ein zweite im Schriftsatz vom 12. März 2009 erklärt. Darin hat sie den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag gegenüber den Kläger zu 1 auf 1.369,54 EUR festgesetzt (Nummer 1). Die Forderung gegenüber dem Kläger zu 2 hat sie nicht mehr geltend gemacht (Nummer 2). Sie hat insoweit auch ein Kostenanerkenntnis abgegeben (Nummer 3). Die Kläger haben das Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 1. April 2009 angenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2010 abgewiesen und 35 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für erstattungsfähig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die dem Teilanerkenntnis im Schriftsatz vom 12. März 2009 zugrunde liegende Berechnung korrekt sei. Gemäß § 67 SGB II seien die Freibetragsregelungen in der bis zum der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung anzuwenden. Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstoße nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG). Dem Erstattungsanspruch stehe auch nicht die Erlassregelung in § 44 SGB II entgegen. Denn Voraussetzung für eine gerichtliche Geltendmachung sei ein vorgeschaltetes Antrags- und Widerspruchsverfahren. Zudem käme wegen des der ARGE eingeräumten Ermessensspielraumes allenfalls eine Verurteilung zu einer Neuverbescheidung in Betracht. Es liege auch weder eine Ermessensreduzierung auf Null noch eine Unbilligkeit der Erstattungsforderung vor.
Die Kläger haben gegen das ihnen am 9. Februar 2011 zugestellte Urteil am 9. März 2011 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2012 haben sie zur Verfassungswidrigkeit von § 67 SGB II darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der rückwirkenden Anhebung des Regelsatzes und dem Verzicht auf eine Warmwasserpauschale zum 1. Januar 2011 eine Vielzahl von Bescheiden, die vor dem 1. Januar 2011 erlassen worden seien und deren Bewilligungszeitraum über den 1. Januar 2011 hinausgegangen sei, hätten geändert werden müssen. In diesem Fall sei der Verwaltungsaufwand nicht gescheut worden. Entsprechendes gelte für die Anhebung des Regelsatzes zum 1. Januar 2012. Den Ausführungen des Sozialgerichtes zu § 44 SGB II treten sie mit der Wiedergabe einer näher zitierten Kommentarstelle entgegen. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass eine Unbilligkeit vorliege und keine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Zuletzt wenden sie sich gegen die Kostenentscheidung des Sozialgerichtes. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Forderung gegen die Ehefrau des Klägers zu 1 bereits im Vorverfahren aufgegeben worden sei.
Die Kläger, die keinen ausdrücklichen Antrag gestellt haben, beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 sowie den Aufhebungsbescheid des ARGE D vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 aufzuheben.
Der Beklagte, das zum 1. Januar 2011 an die Stelle der ARGE getretene Jobcenter Dresden, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichtes Dresden für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung.
II. Die Berufung des Klägers zu 2 ist nicht zulässig und deshalb gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen. Danach ist die Berufung, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetz-lichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist, als unzulässig zu verwerfen. Diese Regelung gilt über die dort genannten Fälle hinaus für alle Fälle, in denen die Berufung unzulässig ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 158 Rdnr. 5).
Mit der Berufungsschrift ist die Berufung für beide Kläger eingelegt worden. Eine Beschränkung der Berufung ist auch nicht im Schriftsatz vom 22. Mai 2012 enthalten. Damit ist das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 auch in Bezug auf den Kläger zu 2 zur vollen Überprüfung gestellt worden.
Der Kläger zu 2 ist aber nicht durch eine Hauptsacheentscheidung des Sozialgerichtes beschwert. Denn durch Nummer 2 des Teilanerkenntnisses im Schriftsatz vom 12. März 2009 ist er hinsichtlich seines Aufhebungsbegehrens klaglos gestellt. Nachdem das Teilanerkenntnis angenommen worden ist, ist gemäß § 101 Abs. 2 SGG insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Für eine Berufung gegen das Urteil fehlt ihm somit das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger zu 2 kann nur noch durch die Kostenentscheidung unter Ziffer II des Urteils des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 beschwert sei. Gemäß § 144 Abs. 4 SGG ist jedoch die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Dies gilt auch, wenn für den Kläger zu 2 nur formale Gründe vorgebracht worden wären, um die ungünstige Kostenfolge beseitigen zu können (vgl. BSG, Beschluss vom 1. Juli 2004 – B 9 SB 33/03 B – JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 48a).
III. Die Berufung des Klägers zu 1 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Aufhebungsbescheid des ARGE D vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 ist rechtmäßig.
1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007. Mit erfasst ist aber auch der Änderungsbescheid vom 8. März 2006. Denn die dort enthaltenen verringerten Leistungsbewilligungen nehmen spiegelbildlich die Aufhebungsentscheidung im Bescheid vom 21. März 2006 vorweg. Der Widerspruch des Klägers vom 30. März 2006 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 ist deshalb zugleich als Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 8. März 2006 auszulegen.
2. Der Bescheid vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 ist formell rechtmäßig.
a) Der Bescheid genügt den Bestimmtheitsanforderungen aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bundessozialgericht fordert für die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2011 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 30/09R – SozR 4-4200 § 31 Nr. 3 Rdnr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 16, m.w.N.; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 18, m.w.N.; zuletzt: BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 154/11 R – Nr. 6 des Terminberichts Nr. 28/12; Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 56, m.w.N.; Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – L 3 AS 480/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 53, m.w.N.). Ein Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X – und ebenso ein Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X – muss erkennen lassen, wer Adressat des Bescheides ist, welche Leistungsbewilligung für welchen Zeitraum und in welchem Umfang aufgehoben wird (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008, a.a.O., Rdnr. 57, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid (eingehend zu Einzelaspekten: Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 56 ff., m.w.N.). Aus seinem Verfügungssatz geht hervor, welche Leistungsbewilligung ("Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II") für welche Zeiträume und in welchem Umfang aufgehoben wird. Die Aufhebungsentscheidung weist den jeweils betroffenen Monat mit dem zugehörenden Aufhebungsbetrag aus. Ferner geht aus dem Verfügungssatz die Höhe des Erstattungsbetrages hervor. Schließlich ist der Kläger zu 1 als Adressat des Bescheides aus dem Adressfeld zu erkennen. Weitergehende Anforderungen an die Bestimmtheit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sind auf der Grundlage von § 33 Abs. 1 SGB X nicht zu fordern.
Soweit in dem an den Kläger zu 1 adressierten Bescheid vom 21. März 2006 auch Leistungsteile zurückgefordert werden, die anderen Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft bewilligt wurden, lässt dies die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit des Bescheides unberührt. Denn der Bescheid kann dahingehend ausgelegt werden, dass jedenfalls gegenüber dem Bescheidadressaten eine Bewilligungsaufhebung erfolgen und ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden soll. Ob gegenüber diesem der geltend gemachte Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach besteht, ist keine Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 58, m.w.N.; Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 40 Rdnr. 109b; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 40 Rdnr. 13).
b) Auch die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 24 Abs. 1 SGB X gebotene Anhörung wurde durchgeführt.
Dem Kläger zu 1 wurden Grund und Umfang der Überzahlung mitgeteilt. Soweit er zusätzlich zum Vertrauensausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X und nicht zu dem des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X angehört wurde, ist dies unerheblich. Denn die Einkommenserzielung wurde ihm bereits im Zusammenhang mit dem Grund der Überzahlung mitgeteilt. Subjektive Tatbestandsvoraussetzungen, zu denen eine Anhörung hätte geboten sein können, enthält § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht
3. Die angefochtene Aufhebungsentscheidung in der Fassung des Teilanerkenntnisses ist materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt für das Verfahren nach dem SGB II das SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Ver-mögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II liegen vor. Mit der Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellten ab 19. September 2005 erzielte die Ehefrau des Klägers zu 1 Erwerbseinkommen, das gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei der Berechnung des Anspruches des Klägers zu 1 auf Arbeitslosengeld II zu berücksichtigen ist. Obwohl die Ehefrau des Klägers zu 1 seitdem kein Erziehungsgeld mehr bezog, minderte sich wegen ihres deutlich höheren, nach einer Bereinigung anzurechnenden Erwerbseinkommens der Arbeitslosengeld II-Anspruch des Klägers.
Auch sind die Voraussetzungen für die teilweise Bewilligungsaufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit gegeben, weil sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Für den Fall, dass nach dem Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung Einkommen erzielt wird, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, hat der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X die Aufhebungsmöglichkeit vorge-sehen, ohne dass es auf subjektive Tatbestandsmerkmale ankommt. Insoweit unterscheidet sich dieser Vertrauensausschlusstatbestand von anderen in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgeführten, in denen dem Betroffenen eine Verletzung seiner Mitteilungspflicht (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) vorgeworfen oder ihm vorgehalten wird, er habe gewusst oder nicht gewusst, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Aus gegebenem Anlass hält es der erkennende Senat allerdings für angezeigt darauf hinzuweisen, dass der im Anhörungsschreiben vom 8. März 2006 erhobene Vorwurf, eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in den Verhältnissen sei verspätet angezeigt worden, nicht die Bewilligungsaufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit in vollem Umfang gerechtfertigt hätte. Denn das Bundessozialgericht hat bereits im Urteil vom 1. August 1978 darauf hingewiesen, dass die Rückforderung einer Leistung gemäß § 152 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) nicht nur die Aufhebung des Bewilligungsbescheides (§ 151 AFG) und die schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht durch den Leistungsempfänger, sondern auch einen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Leistung voraussetzte. Die Rückforderung war der Höhe nach nur gerechtfertigt, soweit (§ 152 Abs. 1 AFG) dieser Kausalzusammenhang bestand (vgl. BSG, Urteil vom 1. August 1978 – 7 RAr 37/77 – BSGE 47, 28 = SozR 1500 § 86 Nr. 1, jeweils Leitsatz 2). § 152 AFG war die Vorgängerregelung zu § 330 SGB III. Das Erfordernis der Kausalität gilt deshalb auch für § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X [7. Aufl., 2010], § 48 Rdnr. 23). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die am 20. Oktober 2005 eingegangene Mitteilung über die Beschäftigungsausnahme der Ehefrau des Klägers zu 1 am 19. September 2005 verspätet war. Sie hätte jedoch nur einen Vertrauensausschluss im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X für die Monate September und Oktober 2005 bewirken können. Denn für die Bewilligungszeit ab 1. November 2005 wäre der ARGE hinreichend Zeit verblieben, auf die Mitteilung zu reagieren und zum Beispiel die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 331 SGB III zu verfügen. Eine verspätete Mitteilung rechtfertigt somit im Zusammenhang mit der Vertrauensausschlussregelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nicht ein längeres Zuwarten der Behörde, bis sie auf die Veränderungsmitteilung reagiert.
Der Umstand, dass die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gegeben sind, hat zur Folge, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben "ist". Kraft Ge-setzes ist somit der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnete Ermessensspielraum ausgeschlossen.
Die Berechnung der Höhe des Leistungsanspruches und damit verbunden der überzahlten Beträge ist korrekt. Diesbezüglich wird auf den Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2007 und die berichtigenden Berechnungen im Schriftsatz der ARGE D vom 14. Mai 2008 verwiesen.
Die von den Klägerbevollmächtigten in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung in § 67 SGB II besteht nicht. Nach dieser Regelung sind die §§ 11 und 30 SGB II in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Bewilligungszeiträume (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), die vor dem 1. Oktober 2005 begannen, längstens jedoch bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die Regelung wurde mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 durch Artikel 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige (Freibetragsneuregelungsgesetz) vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407) eingeführt. Nach der Gesetzesbegründung sollte sichergestellt werden, dass der Verwaltung ausreichend Zeit für die erforderlichen Umstellungsarbeiten beim Übergang zur neuen Rechtslage bei der Berücksichtigung von Einkommen eingeräumt wird (vgl. BT-Drs. 15/5446, S. 5). In der Ausschussbegründung wurde ergänzend darauf abgestellt, dass nicht der zufällige Zeitpunkt der Leistungsbewilligung für die Frage nach dem anzuwendenden Recht maßgebend sein soll. Anders als bisher vorgesehen solle die Anwendung der neuen Rechtslage nicht davon abhängig gemacht werden, ob der erwerbsfähige Hilfebedürftige im Leistungsbezug stehe. Entscheidend solle sein, wann der Bewilligungszeitraum begonnen habe. Damit werde sichergestellt, dass die Anwendung der Neuregelung nicht davon abhängig sei, ob dem Betreffenden die beantragten Leistungen rechtzeitig zu Monatsbeginn oder verspätet bewilligt worden seien (vgl. BT-Drs. 15/5607, S. 6).
Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstößt nicht gegen Regelungen des Grundge-setzes (GG), insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 GG und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 – BVerfGE 122, 151 [182] = JURIS-Dokument Rdnr. 79 [zu Rentenkürzung für Frührentner, Pflichtbeitragszeit]; BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08 – BVerfGE 123, 186 [263] = JURIS-Dokument Rdnr. 229 [zu PKV-Basistarif, Gesundheitsreform 2007]; BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 [222 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 133 ff. [zu Hartz IV-Regelsatz, Hartz IV-Gesetz]; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 8. September 2005 – 71477/01– JURIS-Dokument Rdnr. 72; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 2. Februar 2006 – 51466/99, 70130/01 [Buchheit und Meinberg./. Deutschland] – NVwZ 2006, 1274 [1275] = JURIS-Dokument Rdnr. 45; BSG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 – B 10 AS 46/08 R – JURIS-Dokument Rdnr. 11; BSG, Vorlagebeschluss vom 15. Dezember 2011 – B 10 EG 15/10 R – JURIS-Dokument Rdnr. 56; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 C 3.03 – BverwGE 121, 34 [37] = JURIS-Dokument Rdnr. 16). Es ist deshalb aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Schaffung von Übergangsregelungen im Sozialrecht auch den Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes berücksichtigt. Dass eine andere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung aus Sicht des Betroffenen sachgerechter erscheint, gebietet von Verfassungs wegen noch nicht, dass sich der Gesetzgeber für diese andere Variante entscheiden müsste. Soweit der Gesetzgeber mit § 67 SGB II die von der Übergangsregelung betroffenen Hilfebedürftigen an der bisherigen Rechtslage festhielt, überschritt er nicht die Grenzen des Ge-staltungsspielraumes. Die bis zum 30. September 2005 geltenden Freibetragsregelungen führten nicht zu einer so weitreichenden Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, dass damit die vom Bundessozialgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175 ff.) aufgezeigten Grenzen für das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf soziokultu-relles Existenzminimum unterschritten wäre.
3. Auch die Erstattungsentscheidung in der Fassung des Teilanerkenntnisses ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Hiervon sah § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) eine Ausnahme vor. Danach waren abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) sowie § 28 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung) berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Eine Rückausnahme hiervon sah wiederum § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der ab 1. April 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 558], gültig bis 31. März 2011) vor, wonach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II unter anderem nicht in den Fällen galt, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wurde. Die zum 1. April 2006 in Kraft getretene Gesetzesänderung ist vorliegend maßgebend, weil bei reinen Anfechtungsklagen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, abzustellen ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 70; Sächs. LSG, Urteil vom 20. November 2008 – L 3 AL 108/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 32; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 54 Rdnr. 33, m.w.N.). Dies war hier der 22. Oktober 2007.
Soweit gegen die zitierte Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II teilweise in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken gelten gemacht werden, teilt sie der erkennende Senat in inzwischen ständiger Rechtsprechung nicht (vgl. u.a. Sächs. LSG, Urteil vom 24. November 2011 – L 3 AS 108/10 – Urteilsabdruck S. 8; Sächs. LSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – L 3 AS 189/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 26). Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom 16. Februar 2012 verwiesen.
4. Schließlich hat auch das Begehren des Klägers zu 1, den Erstattungsbetrag im Rahmen eines (Teil-)Erlasses zu verringern, keinen Erfolg.
Nach § 44 SGB II dürfen die Träger von Leistungen nach dem SGB II Ansprüche erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Regelung ist an § 76 Abs. 2 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) angelehnt (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 63), sodass auf die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Für ein im vorliegenden Verfahren erfolgreiches Erlassbegehren fehlt es bereits an der Zulässigkeit der Klage.
Aus der Regelung des § 44 SGB II folgt, dass der Einzelne gegenüber den Trägern nach dem SGB II ein subjektives öffentliches Recht auf eine fehlerfreie Verwaltungsent-scheidung über die Veränderung von Ansprüchen hat (vgl. Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 44 Rdnr. 9; Groth, in: Hohm [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum SGB II [Stand: 26. Erg.-Lfg,, März 2012], § 44 Rdnr. 4; Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 44 Rdnr. 8). Die Entscheidung ist durch Verwaltungsakt zu treffen (vgl. Burkiczak, a.a.O., § 44 Rdnr. 7). Nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen hat eine Entscheidung durch die zuständige Behörde zu ergehen, wenn ein Antrag gestellt worden ist oder wenn sie verpflichtet ist, von Amts wegen tätig zu werden.
Einen ausdrücklichen Antrag aus (Teil-)Erlass der Rückforderung hat der Kläger zu 1 nicht gestellt. Auch ist in keinem seiner Schreiben im Verwaltungsverfahren ein konkludenter Erlassantrag zu erkennen. Einen konkludenten Antrag hat das Bundessozialgericht zum Beispiel darin gesehen, dass im Widerspruch gegen die Zahlungsverpflichtung auf Zahlungsschwierigkeiten hingewiesen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1991 – 13/5 RJ 36/90 – BSGE 69, 301 [302 i. V. m. 306] = SozR 3-2400 § 76 Nr. 1 S. 1 i. V. m. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 3 i. V. m. 21). Vergleichbares ist hier nicht gegeben. Im Widerspruch wurde vielmehr auf den Vertrauensschutz des Klägers zu 1 und das (Mit-)Verschulden der ARGE abgestellt. Ersichtlich wurde in dem Anwaltsschriftsatz auf die Rücknahmeregelungen in § 48 SGB X Bezug genommen. Aber nicht bereits jedes Mal dann, wenn der Widerspruchsführer nicht mit seinen Einwänden durchdringen kann, sei es wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage, sei es weil die in der bestehenden Rechtsgrund-lage geforderten Voraussetzungen in seinem Fall nicht erfüllt sind, kann in den Widerspruch ein konkludenter Antrag auf eine Erlassentscheidung hineingelesen werden. Andernfalls würde die Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass § 44 SGB II eine Ausnahmevorschrift ist, die nur unter den dort genannten engen Voraussetzungen zum Tragen kommen soll, zu einer allgemeinen Korrekturvorschrift. Die über die Ermessensausschlussregelungen in § 330 SGB III bewusst streng gehaltenen Rückforderungs- und Vertrauensausschlussregelungen in § 45 SGB X und § 48 SGB X würden wieder offen ge-staltet.
Wegen des fehlenden Antrages konnte der Beklagte keine ablehnende Entscheidung treffen, gegen die der Kläger zu 1 zunächst Widerspruch und sodann eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hätte erheben können. Damit fehlt es an dem in § 75 SGG geforderten Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung.
Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, von Amts wegen über einen etwaigen Erlass zu entscheiden. Eine diesbezügliche allgemeine Handlungspflicht ergibt sich nicht aus dem Wortlaut von § 44 SGB II. Es kann allerdings Fälle geben, in denen die zuständige Be-hörde Anhaltspunkte für eine Erlassentscheidung hat und demzufolge gehalten sein kann, Sachverhaltsermittlungen durchzuführen (vgl. Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: 45. Erg.-Lfg., April 2012], § 44 Rdnr. 23) oder möglicherweise sogar eine Erlassentscheidung zu treffen (vgl. Eicher, a.a.O., § 44 Rdnr. 18). Die Bestandskraft der Rückforderungsentscheidung ist für eine Erlassentscheidung nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom Urteil vom 29. Oktober 1991 – 13/5 RJ 36/90 – BSGE 69, 301 [306] = SozR 3-2400 § 76 Nr. 1 S. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 20). Anhaltspunkte in diesem Sinne sind allerdings nicht bereits bei jedem für eine Erlassentscheidung denkbaren Gesichtspunkt ge-geben. Damit die Ausnahmevorschrift des § 44 SGB II nicht zur Regelvorschrift wird, ist vielmehr zu fordern, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass eine (Teil-)Erlassentscheidung ergehen kann. Dies ist hier nicht der Fall. Denn für den Fall, dass sich auf Grund einer Einkommenserzielung der Anspruch mindert oder der Anspruch gänzlich wegfällt, hat der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III festgelegt, dass die Rückforderung bindend zu erfolgen hat. Eine im Einzelfall verzögerte Rückforderungsangelegenheit ist deshalb als solche noch nicht geeignet, Anhaltspunkte in dem beschriebenen Sinne für eine Erlassentscheidung zu bilden. Es müssen vielmehr weitere Aspekte, wie zum Beispiel eine erhebliche wirtschaftliche Be-lastung in Folge des durch die Behörde vermeidbaren Umfangs der Rückforderung, hinzutreten, damit ein Tätigwerden der Behörde im Hinblick auf eine etwaige Erlassent-scheidung angezeigt ist.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 193 Rdnr. 12d) hat die Entscheidung auch die Kosten des Klageverfahren zu umfassen. Die Entscheidung ist vom Gericht nach billigem Ermessen zu treffen (vgl. Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 12 ff., m.w.N.).
Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil beide mit ihren Berufungen erfolglos geblieben sind. In Bezug auf das Klageverfahren besteht kein Anlass, die Kostengrundentscheidung im Urteil vom 15. Dezember 2010 abzuändern. Denn die Quotelung entspricht den Anteilen am Obsiegen und Unterliegen. Soweit die Klägerbevollmächtigte das Änderungsbegehren damit begründet, dass die Rückforderung gegenüber der Ehefrau des Klägers zu 1 fallengelassen worden sei, kann dieser Umstand bei der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Kosten des Klageverfahrens keine Berücksichtigung finden. Denn die Kostengrundentscheidung kann nur, wie sich aus dem Wortlaut von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, in Bezug auf "die Beteiligten" ergehen. Beteiligte am Verfahren sind gemäß § 69 SGG nur der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene. Die Ehefrau des Klägers zu 1 war in keiner dieser Eigenschaften am vorliegenden Klageverfahren beteiligt. Im Übrigen ist der Erfolg ihres Widerspruches bereits in der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides berücksichtigt worden. Danach werden die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag in Höhe von 7/10 erstattet.
V. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
II. Die Berufung des Klägers zu 1 gegen das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren sind nicht erstattungsfähig. Für das Klageverfahren verbleibt es bei der Kostenentscheidung in Ziffer II des Urteils des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid. Mit diesem wurden bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 3.363,93 EUR zurückgefordert. Nach einem Teilanerkenntnis des Beklagten beläuft sich der Rückforderungsbetrag nunmehr noch auf 1.369,54 EUR.
Die ARGE D (im Folgenden: ARGE) bewilligte dem 1969 geborenen, erwerbs-fähigen Kläger zu 1, seiner Ehefrau und deren 2004 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, mit Bescheid vom 24. August 2005, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweiten Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum von 1. September 2005 bis zum 28. Februar 2006 in Höhe von 1.136,96 EUR. Hierbei wurde auf Bedarfsseite unter anderem eine Grundmiete in Höhe von 406,24 EUR (aus dem Mietvertrag) sowie Vorauszahlungen auf Nebenkosten in Höhe von 83,80 EUR und Heizkosten in Höhe von 60,30 EUR (aus der Betriebskostenabrechnung), ohne Abzug einer Warmwasserpauschale, in Ansatz gebracht. Als Einkommen wurde bei der Ehefrau des Klägers zu 1 das Erwerbseinkommen aus einer in zeitlichem Umfang beschränkten Erwerbstätigkeit und aus Erziehungsgeld berücksichtigt, was bei ihr ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 136,21 EUR ergab. Beim Kläger zu 2 wurde Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR berücksichtigt.
Mit dem am 20. Oktober 2005 eingegangenen Schreiben unterrichtete der Kläger zu 1 die ARGE, dass seine Ehefrau ab dem 19. September 2005 eine Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte aufgenommen habe und demzufolge kein Erziehungsgeld mehr beziehe. Er bat um die Prüfung des Bewilligungsbescheides. Nach der beigefügten Einkommensbescheinigung betrug im Oktober 2005 ihr Arbeitsentgelt 1.300,00 EUR brutto (= 953,00 EUR netto). Daraufhin erließ die ARGE am 8. März 2006 einen Änderungsbescheid, in dem die Leistungen für September 2005 auf 887,78 EUR und für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 auf jeweils 514,01 EUR festgesetzt wurden.
Unter demselben Datum hörte die ARGE den Kläger zu 1 zum beabsichtigten Erlass einer Aufhebungsentscheidung an. Er habe eine Überzahlung in Höhe von 3.363,93 EUR verursacht, weil er eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in seinen Verhältnissen verspätet angezeigt habe. In seiner Stellungnahme vom 20. März 2006 wies der Kläger darauf hin, dass er auf die Arbeitsaufnahme seiner Ehefrau ab 19. September 2005 hingewiesen habe.
Am 21. März 2006 erließ die ARGE einen Aufhebungsbescheid, mit dem Sie die Leistungsbewilligung für September 2005 in Höhe von 249,18 EUR sowie für die Monate Oktober 2005 bis Februar 2006 in Höhe von jeweils 622,95 EUR aufhob. Sie forderte die Erstattung eines Gesamtbetrages in Höhe von 3.363,93 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass das Einkommen, das die Ehefrau des Klägers zu 1 aus einer Erwerbstätigkeit erzielt habe, zur Minderung des Anspruches geführt habe. Außerdem wurde dem Kläger zu 1 vorgehalten, dass ihm die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides bekannt gewesen sei oder hätte bekannt sein können.
Die Klägerbevollmächtigte legte am 30. März 2006 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass die Voraussetzungen nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) für eine Auf-hebung der Bewilligungsentscheidung nicht vorlägen. Zumindest sei ein atypischer Fall gegeben. Der Kläger zu 1 sei seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen. Soweit eine rückwirkende Aufhebung wegen des erzielten höheren Einkommens in Betracht komme, sei Ermessen auszuüben, was nicht geschehen sei. Der Kläger zu 1 habe gutgläubig die ihm ausgezahlten Beträge zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten verbraucht. Er habe darauf vertrauen dürfen, dass die ARGE die Leistungen richtig berechnet habe, und dass das Erwerbseinkommen stärker zu bereinigen sei als Einkommen aus Erziehungs- und Kindergeld. Es habe auch berücksichtigt werden müssen, dass der ARGE seit Oktober 2005 bekannt gewesen sei, dass die Ehefrau des Klägers zu 1 höheres Einkommen erziele. Trotzdem sei sie aber erst im Februar/März 2006 tätig geworden. Schließlich könne dem Kläger zu 1 nicht vorgeworfen werden, dass er auf Grund einer im besonderen Maße schwer-wiegenden Sorgfaltspflichtverletzung nicht erkannt habe, dass sich sein Anspruch vermindert habe.
Die ARGE änderte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2007 den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 dahingehend ab, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag gegenüber dem Kläger zu 1 auf 1.853,55 EUR und gegenüber dem Kläger zu 2 auf 169,95 EUR festgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen würden auf Antrag in Höhe von 7/10 erstattet. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten wurde als notwendig anerkannt. Es wurde die Berechnung der einzelnen Leistungsansprüche der drei Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft und die ihnen gegenüber errechneten Erstattungsbeträge dargelegt. Da der Aufhebungsbescheid vom 21. März 2006 nur gegenüber dem Kläger zu 1 in eigener Angelegenheit und zugleich als gesetzlicher Vertreter des minderjährigen Klägers zu 2 erfolgt sei, könne die Rückforderung auch nur diesen beiden gegenüber erfolgen. Die Aufhebung sei wegen des von der Ehefrau des Klägers zu 1 erzielten höheren Einkommens erfolgt. Ein Ermessenspielraum sei wegen der Regelung in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) nicht eröffnet.
Die Kläger haben am 20. November 2007 Klage erhoben. Sie haben vorgetragen, dass das zu berücksichtigende Einkommen der Ehefrau des Klägers zu 1 unzutreffend berechnet worden sei. Es könnten vom Kläger zu 1 nur 1.333,10 EUR und vom Kläger zu 2 nur 632,60 EUR zurückverlangt werden. Einer Rückforderung gegenüber dem Kläger zu 2 stehe jedoch entgegen, dass ihm gegenüber kein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen worden sei. In Bezug auf die den Kläger zu 1 betreffende Aufhebungsentscheidung ist weiterhin die Auffassung vertreten worden, dass Ermessen auszuüben sei und ein atypischer Fall vorliege.
Die ARGE hat nach einem ersten Teilanerkenntnis ein zweite im Schriftsatz vom 12. März 2009 erklärt. Darin hat sie den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag gegenüber den Kläger zu 1 auf 1.369,54 EUR festgesetzt (Nummer 1). Die Forderung gegenüber dem Kläger zu 2 hat sie nicht mehr geltend gemacht (Nummer 2). Sie hat insoweit auch ein Kostenanerkenntnis abgegeben (Nummer 3). Die Kläger haben das Teilanerkenntnis mit Schriftsatz vom 1. April 2009 angenommen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 15. Dezember 2010 abgewiesen und 35 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für erstattungsfähig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die dem Teilanerkenntnis im Schriftsatz vom 12. März 2009 zugrunde liegende Berechnung korrekt sei. Gemäß § 67 SGB II seien die Freibetragsregelungen in der bis zum der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung anzuwenden. Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstoße nicht gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG). Dem Erstattungsanspruch stehe auch nicht die Erlassregelung in § 44 SGB II entgegen. Denn Voraussetzung für eine gerichtliche Geltendmachung sei ein vorgeschaltetes Antrags- und Widerspruchsverfahren. Zudem käme wegen des der ARGE eingeräumten Ermessensspielraumes allenfalls eine Verurteilung zu einer Neuverbescheidung in Betracht. Es liege auch weder eine Ermessensreduzierung auf Null noch eine Unbilligkeit der Erstattungsforderung vor.
Die Kläger haben gegen das ihnen am 9. Februar 2011 zugestellte Urteil am 9. März 2011 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2012 haben sie zur Verfassungswidrigkeit von § 67 SGB II darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit der rückwirkenden Anhebung des Regelsatzes und dem Verzicht auf eine Warmwasserpauschale zum 1. Januar 2011 eine Vielzahl von Bescheiden, die vor dem 1. Januar 2011 erlassen worden seien und deren Bewilligungszeitraum über den 1. Januar 2011 hinausgegangen sei, hätten geändert werden müssen. In diesem Fall sei der Verwaltungsaufwand nicht gescheut worden. Entsprechendes gelte für die Anhebung des Regelsatzes zum 1. Januar 2012. Den Ausführungen des Sozialgerichtes zu § 44 SGB II treten sie mit der Wiedergabe einer näher zitierten Kommentarstelle entgegen. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass eine Unbilligkeit vorliege und keine Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Zuletzt wenden sie sich gegen die Kostenentscheidung des Sozialgerichtes. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die Forderung gegen die Ehefrau des Klägers zu 1 bereits im Vorverfahren aufgegeben worden sei.
Die Kläger, die keinen ausdrücklichen Antrag gestellt haben, beantragen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 sowie den Aufhebungsbescheid des ARGE D vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 aufzuheben.
Der Beklagte, das zum 1. Januar 2011 an die Stelle der ARGE getretene Jobcenter Dresden, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung des Sozialgerichtes Dresden für zutreffend.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Gericht entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung.
II. Die Berufung des Klägers zu 2 ist nicht zulässig und deshalb gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen. Danach ist die Berufung, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetz-lichen Frist oder nicht schriftlich oder nicht in elektronischer Form oder nicht zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist, als unzulässig zu verwerfen. Diese Regelung gilt über die dort genannten Fälle hinaus für alle Fälle, in denen die Berufung unzulässig ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 158 Rdnr. 5).
Mit der Berufungsschrift ist die Berufung für beide Kläger eingelegt worden. Eine Beschränkung der Berufung ist auch nicht im Schriftsatz vom 22. Mai 2012 enthalten. Damit ist das Urteil des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 auch in Bezug auf den Kläger zu 2 zur vollen Überprüfung gestellt worden.
Der Kläger zu 2 ist aber nicht durch eine Hauptsacheentscheidung des Sozialgerichtes beschwert. Denn durch Nummer 2 des Teilanerkenntnisses im Schriftsatz vom 12. März 2009 ist er hinsichtlich seines Aufhebungsbegehrens klaglos gestellt. Nachdem das Teilanerkenntnis angenommen worden ist, ist gemäß § 101 Abs. 2 SGG insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Für eine Berufung gegen das Urteil fehlt ihm somit das Rechtsschutzbedürfnis. Der Kläger zu 2 kann nur noch durch die Kostenentscheidung unter Ziffer II des Urteils des Sozialgerichtes Dresden vom 15. Dezember 2010 beschwert sei. Gemäß § 144 Abs. 4 SGG ist jedoch die Berufung ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt. Dies gilt auch, wenn für den Kläger zu 2 nur formale Gründe vorgebracht worden wären, um die ungünstige Kostenfolge beseitigen zu können (vgl. BSG, Beschluss vom 1. Juli 2004 – B 9 SB 33/03 B – JURIS-Dokument Rdnr. 7; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 144 Rdnr. 48a).
III. Die Berufung des Klägers zu 1 ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Aufhebungsbescheid des ARGE D vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 ist rechtmäßig.
1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007. Mit erfasst ist aber auch der Änderungsbescheid vom 8. März 2006. Denn die dort enthaltenen verringerten Leistungsbewilligungen nehmen spiegelbildlich die Aufhebungsentscheidung im Bescheid vom 21. März 2006 vorweg. Der Widerspruch des Klägers vom 30. März 2006 gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 21. März 2006 ist deshalb zugleich als Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 8. März 2006 auszulegen.
2. Der Bescheid vom 21. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2007 ist formell rechtmäßig.
a) Der Bescheid genügt den Bestimmtheitsanforderungen aus § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 33 Abs. 1 SGB X.
Das Bundessozialgericht fordert für die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2011 – B 4 RA 114/00 R – SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 30/09R – SozR 4-4200 § 31 Nr. 3 Rdnr. 16 = JURIS-Dokument Rdnr. 16, m.w.N.; BSG, Urteil vom 15. Dezember 2010 – B 14 AS 92/09 R – JURIS-Dokument Rdnr. 18, m.w.N.; zuletzt: BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 154/11 R – Nr. 6 des Terminberichts Nr. 28/12; Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 56, m.w.N.; Sächs. LSG, Urteil vom 15. Dezember 2011 – L 3 AS 480/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 53, m.w.N.). Ein Aufhebungsbescheid nach § 48 SGB X – und ebenso ein Rücknahmebescheid nach § 45 SGB X – muss erkennen lassen, wer Adressat des Bescheides ist, welche Leistungsbewilligung für welchen Zeitraum und in welchem Umfang aufgehoben wird (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008, a.a.O., Rdnr. 57, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid (eingehend zu Einzelaspekten: Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 56 ff., m.w.N.). Aus seinem Verfügungssatz geht hervor, welche Leistungsbewilligung ("Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II") für welche Zeiträume und in welchem Umfang aufgehoben wird. Die Aufhebungsentscheidung weist den jeweils betroffenen Monat mit dem zugehörenden Aufhebungsbetrag aus. Ferner geht aus dem Verfügungssatz die Höhe des Erstattungsbetrages hervor. Schließlich ist der Kläger zu 1 als Adressat des Bescheides aus dem Adressfeld zu erkennen. Weitergehende Anforderungen an die Bestimmtheit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides sind auf der Grundlage von § 33 Abs. 1 SGB X nicht zu fordern.
Soweit in dem an den Kläger zu 1 adressierten Bescheid vom 21. März 2006 auch Leistungsteile zurückgefordert werden, die anderen Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft bewilligt wurden, lässt dies die inhaltlich hinreichende Bestimmtheit des Bescheides unberührt. Denn der Bescheid kann dahingehend ausgelegt werden, dass jedenfalls gegenüber dem Bescheidadressaten eine Bewilligungsaufhebung erfolgen und ein Rückforderungsanspruch geltend gemacht werden soll. Ob gegenüber diesem der geltend gemachte Anspruch dem Grunde oder der Höhe nach besteht, ist keine Frage der hinreichenden inhaltlichen Bestimmtheit, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 58, m.w.N.; Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 40 Rdnr. 109b; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 40 Rdnr. 13).
b) Auch die nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 24 Abs. 1 SGB X gebotene Anhörung wurde durchgeführt.
Dem Kläger zu 1 wurden Grund und Umfang der Überzahlung mitgeteilt. Soweit er zusätzlich zum Vertrauensausschlusstatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X und nicht zu dem des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X angehört wurde, ist dies unerheblich. Denn die Einkommenserzielung wurde ihm bereits im Zusammenhang mit dem Grund der Überzahlung mitgeteilt. Subjektive Tatbestandsvoraussetzungen, zu denen eine Anhörung hätte geboten sein können, enthält § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nicht
3. Die angefochtene Aufhebungsentscheidung in der Fassung des Teilanerkenntnisses ist materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 48 SGB X sowie § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.
Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II gilt für das Verfahren nach dem SGB II das SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Ver-mögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X).
Die Voraussetzungen für die teilweise Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II liegen vor. Mit der Aufnahme ihrer beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellten ab 19. September 2005 erzielte die Ehefrau des Klägers zu 1 Erwerbseinkommen, das gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II bei der Berechnung des Anspruches des Klägers zu 1 auf Arbeitslosengeld II zu berücksichtigen ist. Obwohl die Ehefrau des Klägers zu 1 seitdem kein Erziehungsgeld mehr bezog, minderte sich wegen ihres deutlich höheren, nach einer Bereinigung anzurechnenden Erwerbseinkommens der Arbeitslosengeld II-Anspruch des Klägers.
Auch sind die Voraussetzungen für die teilweise Bewilligungsaufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit gegeben, weil sich der Kläger nicht auf Vertrauensschutz berufen kann. Für den Fall, dass nach dem Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung Einkommen erzielt wird, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, hat der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X die Aufhebungsmöglichkeit vorge-sehen, ohne dass es auf subjektive Tatbestandsmerkmale ankommt. Insoweit unterscheidet sich dieser Vertrauensausschlusstatbestand von anderen in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufgeführten, in denen dem Betroffenen eine Verletzung seiner Mitteilungspflicht (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) vorgeworfen oder ihm vorgehalten wird, er habe gewusst oder nicht gewusst, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (vgl. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).
Aus gegebenem Anlass hält es der erkennende Senat allerdings für angezeigt darauf hinzuweisen, dass der im Anhörungsschreiben vom 8. März 2006 erhobene Vorwurf, eine für den Leistungsanspruch erhebliche Änderung in den Verhältnissen sei verspätet angezeigt worden, nicht die Bewilligungsaufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit in vollem Umfang gerechtfertigt hätte. Denn das Bundessozialgericht hat bereits im Urteil vom 1. August 1978 darauf hingewiesen, dass die Rückforderung einer Leistung gemäß § 152 Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) nicht nur die Aufhebung des Bewilligungsbescheides (§ 151 AFG) und die schuldhafte Verletzung der Anzeigepflicht durch den Leistungsempfänger, sondern auch einen Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Leistung voraussetzte. Die Rückforderung war der Höhe nach nur gerechtfertigt, soweit (§ 152 Abs. 1 AFG) dieser Kausalzusammenhang bestand (vgl. BSG, Urteil vom 1. August 1978 – 7 RAr 37/77 – BSGE 47, 28 = SozR 1500 § 86 Nr. 1, jeweils Leitsatz 2). § 152 AFG war die Vorgängerregelung zu § 330 SGB III. Das Erfordernis der Kausalität gilt deshalb auch für § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (vgl. Schütze, in: von Wulffen, SGB X [7. Aufl., 2010], § 48 Rdnr. 23). Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die am 20. Oktober 2005 eingegangene Mitteilung über die Beschäftigungsausnahme der Ehefrau des Klägers zu 1 am 19. September 2005 verspätet war. Sie hätte jedoch nur einen Vertrauensausschluss im Sinne von § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X für die Monate September und Oktober 2005 bewirken können. Denn für die Bewilligungszeit ab 1. November 2005 wäre der ARGE hinreichend Zeit verblieben, auf die Mitteilung zu reagieren und zum Beispiel die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 331 SGB III zu verfügen. Eine verspätete Mitteilung rechtfertigt somit im Zusammenhang mit der Vertrauensausschlussregelung in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nicht ein längeres Zuwarten der Behörde, bis sie auf die Veränderungsmitteilung reagiert.
Der Umstand, dass die Voraussetzungen des Vertrauensausschlusstatbestandes in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gegeben sind, hat zur Folge, dass gemäß § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben "ist". Kraft Ge-setzes ist somit der in § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X eröffnete Ermessensspielraum ausgeschlossen.
Die Berechnung der Höhe des Leistungsanspruches und damit verbunden der überzahlten Beträge ist korrekt. Diesbezüglich wird auf den Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2007 und die berichtigenden Berechnungen im Schriftsatz der ARGE D vom 14. Mai 2008 verwiesen.
Die von den Klägerbevollmächtigten in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verfassungswidrigkeit der Übergangsregelung in § 67 SGB II besteht nicht. Nach dieser Regelung sind die §§ 11 und 30 SGB II in der bis zum 30. September 2005 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden für Bewilligungszeiträume (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), die vor dem 1. Oktober 2005 begannen, längstens jedoch bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die Regelung wurde mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 durch Artikel 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Neufassung der Freibetragsregelungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige (Freibetragsneuregelungsgesetz) vom 14. August 2005 (BGBl. I S. 2407) eingeführt. Nach der Gesetzesbegründung sollte sichergestellt werden, dass der Verwaltung ausreichend Zeit für die erforderlichen Umstellungsarbeiten beim Übergang zur neuen Rechtslage bei der Berücksichtigung von Einkommen eingeräumt wird (vgl. BT-Drs. 15/5446, S. 5). In der Ausschussbegründung wurde ergänzend darauf abgestellt, dass nicht der zufällige Zeitpunkt der Leistungsbewilligung für die Frage nach dem anzuwendenden Recht maßgebend sein soll. Anders als bisher vorgesehen solle die Anwendung der neuen Rechtslage nicht davon abhängig gemacht werden, ob der erwerbsfähige Hilfebedürftige im Leistungsbezug stehe. Entscheidend solle sein, wann der Bewilligungszeitraum begonnen habe. Damit werde sichergestellt, dass die Anwendung der Neuregelung nicht davon abhängig sei, ob dem Betreffenden die beantragten Leistungen rechtzeitig zu Monatsbeginn oder verspätet bewilligt worden seien (vgl. BT-Drs. 15/5607, S. 6).
Die Übergangsregelung in § 67 SGB II verstößt nicht gegen Regelungen des Grundge-setzes (GG), insbesondere den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Abs. 1 GG. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips aus Artikel 20 Abs. 1 GG und der Ausgestaltung von Sozialleistungen ein Gestaltungsspielraum zusteht (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 11. November 2008 – 1 BvL 3/05, 1 BvL 4/05, 1 BvL 5/05, 1 BvL 6/05, 1 BvL 7/05 – BVerfGE 122, 151 [182] = JURIS-Dokument Rdnr. 79 [zu Rentenkürzung für Frührentner, Pflichtbeitragszeit]; BVerfG, Urteil vom 10. Juni 2009 – 1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08 – BVerfGE 123, 186 [263] = JURIS-Dokument Rdnr. 229 [zu PKV-Basistarif, Gesundheitsreform 2007]; BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175 [222 ff.] = JURIS-Dokument Rdnr. 133 ff. [zu Hartz IV-Regelsatz, Hartz IV-Gesetz]; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 8. September 2005 – 71477/01– JURIS-Dokument Rdnr. 72; EGMR [3. Sektion], Entscheidung vom 2. Februar 2006 – 51466/99, 70130/01 [Buchheit und Meinberg./. Deutschland] – NVwZ 2006, 1274 [1275] = JURIS-Dokument Rdnr. 45; BSG, Beschluss vom 21. Dezember 2009 – B 10 AS 46/08 R – JURIS-Dokument Rdnr. 11; BSG, Vorlagebeschluss vom 15. Dezember 2011 – B 10 EG 15/10 R – JURIS-Dokument Rdnr. 56; BVerwG, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 C 3.03 – BverwGE 121, 34 [37] = JURIS-Dokument Rdnr. 16). Es ist deshalb aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Schaffung von Übergangsregelungen im Sozialrecht auch den Gesichtspunkt des Verwaltungsaufwandes berücksichtigt. Dass eine andere als die vom Gesetzgeber gewählte Lösung aus Sicht des Betroffenen sachgerechter erscheint, gebietet von Verfassungs wegen noch nicht, dass sich der Gesetzgeber für diese andere Variante entscheiden müsste. Soweit der Gesetzgeber mit § 67 SGB II die von der Übergangsregelung betroffenen Hilfebedürftigen an der bisherigen Rechtslage festhielt, überschritt er nicht die Grenzen des Ge-staltungsspielraumes. Die bis zum 30. September 2005 geltenden Freibetragsregelungen führten nicht zu einer so weitreichenden Minderung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, dass damit die vom Bundessozialgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, BVerfGE 125, 175 ff.) aufgezeigten Grenzen für das verfassungsrechtlich gewährleistete Grundrecht auf soziokultu-relles Existenzminimum unterschritten wäre.
3. Auch die Erstattungsentscheidung in der Fassung des Teilanerkenntnisses ist nicht zu beanstanden.
Rechtsgrundlage ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Hiervon sah § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II (in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2011 geltenden Fassung) eine Ausnahme vor. Danach waren abweichend von § 50 SGB X 56 vom Hundert der bei der Leistung nach § 19 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung) sowie § 28 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung) berücksichtigten Kosten für Unterkunft, mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und Warmwasserversorgung, nicht zu erstatten. Eine Rückausnahme hiervon sah wiederum § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II (in der ab 1. April 2006 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 9 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 558], gültig bis 31. März 2011) vor, wonach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II unter anderem nicht in den Fällen galt, in denen die Bewilligung lediglich teilweise aufgehoben wurde. Die zum 1. April 2006 in Kraft getretene Gesetzesänderung ist vorliegend maßgebend, weil bei reinen Anfechtungsklagen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, abzustellen ist (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 18. September 2008 – L 3 AS 40/08 – JURIS-Dokument Rdnr. 70; Sächs. LSG, Urteil vom 20. November 2008 – L 3 AL 108/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 32; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 54 Rdnr. 33, m.w.N.). Dies war hier der 22. Oktober 2007.
Soweit gegen die zitierte Regelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II teilweise in der Literatur verfassungsrechtliche Bedenken gelten gemacht werden, teilt sie der erkennende Senat in inzwischen ständiger Rechtsprechung nicht (vgl. u.a. Sächs. LSG, Urteil vom 24. November 2011 – L 3 AS 108/10 – Urteilsabdruck S. 8; Sächs. LSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – L 3 AS 189/11 – JURIS-Dokument Rdnr. 26). Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil vom 16. Februar 2012 verwiesen.
4. Schließlich hat auch das Begehren des Klägers zu 1, den Erstattungsbetrag im Rahmen eines (Teil-)Erlasses zu verringern, keinen Erfolg.
Nach § 44 SGB II dürfen die Träger von Leistungen nach dem SGB II Ansprüche erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Diese Regelung ist an § 76 Abs. 2 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) angelehnt (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 63), sodass auf die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann.
Für ein im vorliegenden Verfahren erfolgreiches Erlassbegehren fehlt es bereits an der Zulässigkeit der Klage.
Aus der Regelung des § 44 SGB II folgt, dass der Einzelne gegenüber den Trägern nach dem SGB II ein subjektives öffentliches Recht auf eine fehlerfreie Verwaltungsent-scheidung über die Veränderung von Ansprüchen hat (vgl. Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 44 Rdnr. 9; Groth, in: Hohm [Hrsg.], Gemeinschaftskommentar zum SGB II [Stand: 26. Erg.-Lfg,, März 2012], § 44 Rdnr. 4; Burkiczak, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 44 Rdnr. 8). Die Entscheidung ist durch Verwaltungsakt zu treffen (vgl. Burkiczak, a.a.O., § 44 Rdnr. 7). Nach den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen hat eine Entscheidung durch die zuständige Behörde zu ergehen, wenn ein Antrag gestellt worden ist oder wenn sie verpflichtet ist, von Amts wegen tätig zu werden.
Einen ausdrücklichen Antrag aus (Teil-)Erlass der Rückforderung hat der Kläger zu 1 nicht gestellt. Auch ist in keinem seiner Schreiben im Verwaltungsverfahren ein konkludenter Erlassantrag zu erkennen. Einen konkludenten Antrag hat das Bundessozialgericht zum Beispiel darin gesehen, dass im Widerspruch gegen die Zahlungsverpflichtung auf Zahlungsschwierigkeiten hingewiesen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 1991 – 13/5 RJ 36/90 – BSGE 69, 301 [302 i. V. m. 306] = SozR 3-2400 § 76 Nr. 1 S. 1 i. V. m. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 3 i. V. m. 21). Vergleichbares ist hier nicht gegeben. Im Widerspruch wurde vielmehr auf den Vertrauensschutz des Klägers zu 1 und das (Mit-)Verschulden der ARGE abgestellt. Ersichtlich wurde in dem Anwaltsschriftsatz auf die Rücknahmeregelungen in § 48 SGB X Bezug genommen. Aber nicht bereits jedes Mal dann, wenn der Widerspruchsführer nicht mit seinen Einwänden durchdringen kann, sei es wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage, sei es weil die in der bestehenden Rechtsgrund-lage geforderten Voraussetzungen in seinem Fall nicht erfüllt sind, kann in den Widerspruch ein konkludenter Antrag auf eine Erlassentscheidung hineingelesen werden. Andernfalls würde die Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass § 44 SGB II eine Ausnahmevorschrift ist, die nur unter den dort genannten engen Voraussetzungen zum Tragen kommen soll, zu einer allgemeinen Korrekturvorschrift. Die über die Ermessensausschlussregelungen in § 330 SGB III bewusst streng gehaltenen Rückforderungs- und Vertrauensausschlussregelungen in § 45 SGB X und § 48 SGB X würden wieder offen ge-staltet.
Wegen des fehlenden Antrages konnte der Beklagte keine ablehnende Entscheidung treffen, gegen die der Kläger zu 1 zunächst Widerspruch und sodann eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage hätte erheben können. Damit fehlt es an dem in § 75 SGG geforderten Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung.
Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, von Amts wegen über einen etwaigen Erlass zu entscheiden. Eine diesbezügliche allgemeine Handlungspflicht ergibt sich nicht aus dem Wortlaut von § 44 SGB II. Es kann allerdings Fälle geben, in denen die zuständige Be-hörde Anhaltspunkte für eine Erlassentscheidung hat und demzufolge gehalten sein kann, Sachverhaltsermittlungen durchzuführen (vgl. Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II [Stand: 45. Erg.-Lfg., April 2012], § 44 Rdnr. 23) oder möglicherweise sogar eine Erlassentscheidung zu treffen (vgl. Eicher, a.a.O., § 44 Rdnr. 18). Die Bestandskraft der Rückforderungsentscheidung ist für eine Erlassentscheidung nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom Urteil vom 29. Oktober 1991 – 13/5 RJ 36/90 – BSGE 69, 301 [306] = SozR 3-2400 § 76 Nr. 1 S. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 20). Anhaltspunkte in diesem Sinne sind allerdings nicht bereits bei jedem für eine Erlassentscheidung denkbaren Gesichtspunkt ge-geben. Damit die Ausnahmevorschrift des § 44 SGB II nicht zur Regelvorschrift wird, ist vielmehr zu fordern, dass gewichtige Anhaltspunkte dafür sprechen, dass eine (Teil-)Erlassentscheidung ergehen kann. Dies ist hier nicht der Fall. Denn für den Fall, dass sich auf Grund einer Einkommenserzielung der Anspruch mindert oder der Anspruch gänzlich wegfällt, hat der Gesetzgeber in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III festgelegt, dass die Rückforderung bindend zu erfolgen hat. Eine im Einzelfall verzögerte Rückforderungsangelegenheit ist deshalb als solche noch nicht geeignet, Anhaltspunkte in dem beschriebenen Sinne für eine Erlassentscheidung zu bilden. Es müssen vielmehr weitere Aspekte, wie zum Beispiel eine erhebliche wirtschaftliche Be-lastung in Folge des durch die Behörde vermeidbaren Umfangs der Rückforderung, hinzutreten, damit ein Tätigwerden der Behörde im Hinblick auf eine etwaige Erlassent-scheidung angezeigt ist.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 193 Rdnr. 12d) hat die Entscheidung auch die Kosten des Klageverfahren zu umfassen. Die Entscheidung ist vom Gericht nach billigem Ermessen zu treffen (vgl. Leitherer, a.a.O., § 193 Rdnr. 12 ff., m.w.N.).
Billigem Ermessen entspricht es vorliegend, die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Berufungsverfahren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil beide mit ihren Berufungen erfolglos geblieben sind. In Bezug auf das Klageverfahren besteht kein Anlass, die Kostengrundentscheidung im Urteil vom 15. Dezember 2010 abzuändern. Denn die Quotelung entspricht den Anteilen am Obsiegen und Unterliegen. Soweit die Klägerbevollmächtigte das Änderungsbegehren damit begründet, dass die Rückforderung gegenüber der Ehefrau des Klägers zu 1 fallengelassen worden sei, kann dieser Umstand bei der Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit von Kosten des Klageverfahrens keine Berücksichtigung finden. Denn die Kostengrundentscheidung kann nur, wie sich aus dem Wortlaut von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt, in Bezug auf "die Beteiligten" ergehen. Beteiligte am Verfahren sind gemäß § 69 SGG nur der Kläger, der Beklagte und der Beigeladene. Die Ehefrau des Klägers zu 1 war in keiner dieser Eigenschaften am vorliegenden Klageverfahren beteiligt. Im Übrigen ist der Erfolg ihres Widerspruches bereits in der Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides berücksichtigt worden. Danach werden die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag in Höhe von 7/10 erstattet.
V. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr. Scheer Höhl Atanassov
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