L 3 AS 408/12 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 28 AS 1204/12 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 408/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Eine Betriebsrente ist als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln.

2. Eine Betriebsrente ist keine Leistung im Sinne von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II

3. Für die Frage, ob eine Einnahme in Geld oder Geldeswert als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln ist, ist es unerheblich, ob die Einnahme auf finanziellen Aufwendungen des Antragstellers in der Vergangenheit, auf Leistungen privater Dritter oder auf beitrags- oder steuerfinanzierten
Leistungen beruht. Entscheidend ist einzig, ob die jeweilige Einnahme unter eine der Ausnahme- oder Sonderregelungen fällt, auf Grund derer eine Einnahme nicht als Einkommen zu behandeln ist.

4. Schulgeld kann nicht auf der Grundlage von § 11b Abs. 1 SGB II (i. V. m. § 6 Alg II-V) abgesetzt werden.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 3. April 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 3. April 2012, mit dem sein Antrag auf einstweilige Gewährung von Arbeitslosengeld II abgelehnt worden ist.

Der 1991 geborene Antragsteller bewohnt zusammen mit seinem 1945 geborenen Vater eine gemeinsame Wohnung. Monatlich bezieht der Antragsteller Kindergeld in Höhe von 184,00 EUR, sein Vater eine Altersrente in Höhe von 1.030,53 EUR und eine Betriebs-rente in Höhe von 201,55 EUR. Der Antragsgegner berücksichtigte Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von zusammen 543,26 EUR. Die Antragstellerbevollmächtigte be-zifferte diesen Bedarfsanteil in der Beschwerdeschrift auf 650,00 EUR und konkretisierte ihn im Schriftsatz vom 15. Juni 2012 auf 616,55 EUR bis Juni 2012 und auf 654,37 EUR ab Juli 2012. Der Antragsteller besucht eine Fachoberschule mit dem Ziel, das Fachabitur abzulegen. Er hat Schulgeld von monatlich 60,00 EUR zu zahlen.

Der Antragsgegner lehnte den Antrag von 26. Januar 2012 mit Bescheid vom 8. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 ab. Hierbei legte er beim Antragsteller einen Regelbedarf in Höhe 299,00 EUR und bei seinem Vater in Höhe von 374,00 EUR zugrunde. Auf der Grundlage einer vertikalen Bedarfsberechnung ge-langte er zu dem Ergebnis, dass das anzurechnende Einkommen den Bedarf übersteige und damit keine Hilfebedürftigkeit bestehe. Der Antragsteller hat hiergegen am 5. April 2012 Klage erhoben, die unter dem Az. S 30 AS 1611/12 geführt wird.

Bereits am 14. März 2012 hat der Antragsteller beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung ist vorgetragen worden, dass die ausschließlich arbeitgeberfinanzierte Betriebsrente nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfe.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss Chemnitz vom 3. April 2012 abgelehnt. Der Antrag sei für die Zeit vor der der Antragstellung bereits unzulässig, weil Regelungen für die Vergangenheit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur im Ausnahmefall möglich seien, wofür es hier keine Anhaltspunkte gebe. Im Übrigen fehle es sowohl an einem Anordnungsgrund als auch einem -anspruch. Eine Eilbedürftigkeit liege nicht vor, weil die Betriebsrente unabhängig von der Frage, ob sie anrechnungsfrei sei, tatsächlich zur Verfügung stehe und mit ihr der Bedarf gedeckt sei. Aber auch ein Anordnungsanspruch bestehe nicht, weil die Rente nicht in § 11a des Sozialgesetzbuches Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) aufgenommen sei, wo abschließend nicht zu berücksichtigendes Einkommen aufgeführt sei.

Der Antragsteller hat am 4. Mai 2012 gegen den ihm am 4. April 2012 zugestellten Beschluss Beschwerde eingelegt, mit der er sein Begehr weiter verfolgt.

Der Antragsteller beantragt,

1. den Beschluss des Sozialgerichtes Chemnitz vom 3. April 2012 aufzuheben und dem Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zur Vermeidung eines Härtefalles zumindest im Rahmen eines Darlehens Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu bewilligen. 2. dem Antragsteller für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Bevollmächtigten zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Soweit sich die Antragstellerbevollmächtige für ihre Rechtsauffassung zur Anrechnungsfreiheit der Betriebsrente auf eine Broschüre des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beziehe, werde übersehen, dass die dortige Textpassage die Vermögensberücksichtigung nach § 12 Abs. 1 SGB II betreffe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen Bezug genommen. II.

1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen. Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Haupt-sacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde.

Ein Anordnungsanspruch im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Dabei wird der Sachverhalt gemäß § 103 SGG von Amts wegen unter Heranziehung der Beteiligten ermittelt, soweit dies unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit des Rechtsschutzbegehrens geboten ist (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 30. Mai 2011 – L 3 AS 342/11 B ER – JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.; Krodel, NZS 2002, 234 ff., m. w. N.).

In diesem Sinne hat der Antragsteller nicht den von ihm geltend gemachten Anspruch glaubhaft gemacht.

a) Der Antragsteller als Schüler ist nicht von einem Anspruch auf Arbeitslosengeld II ausgeschlossen. Zwar haben nach § 7 Abs. 5 SGB II in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 5 Nr. 3 Buchst. a des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes oder der §§ 51, 57 und 58 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Ausbildungsförderung wird gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Bundesgesetzes über indivi-duelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) geleistet unter anderem für den Besuch von Fachoberschulklassen. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 5 Nr. 3 Buchst. b Doppelbuchst. aa des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 [BGBl. I S. 2854]) findet § 7 Abs. 5 SGB II keine Anwendung auf Auszubildende, die unter anderem auf Grund von § 2 Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben. Nach § 2 Abs. 1a Satz 1 BAföG wird für den Besuch der in § 2 Abs. 1 Satz 1 BAföG bezeichneten Ausbildungsstätten Aus-bildungsförderung nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt. Da der Antragsteller bei seinem Vater wohnt, hat er gemäß § 2 Abs. 1a Satz 1 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung mit der Folge, dass er gemäß § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB II einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II haben kann.

b) Der Antragsteller ist, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, erwerbsfähig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i. V. m. § 8 SGB II und erfüllt die Voraussetzungen aus § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 SGB II. Jedoch ist er nicht hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 SGB II.

Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und

die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft des Antragstellers gehört sein Vater. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, wonach zur Bedarfsgemeinschaft die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils gehören. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Vater des Antragstellers, der die Altersgrenze aus 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II überschritten hat, selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen könnte (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 As 51/09 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 23 Rdnr. 12 = JURIS-Dokument Rdnr. 12).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes ist bei der Berechnung eines behaupteten Leistungsanspruches grundsätzlich die horizontale Berechnungsmethode anzuwenden, das heißt innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ist der individuelle Anspruch des einzelnen Partners auf Arbeitslosengeld II nach dem Verhältnis seines Bedarfs zum Gesamtbedarf zu berechnen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14 As 55/07 R – SozR 4-4200 § 9 Nr. 4 = JURIS-Dokument).

Danach beträgt der Bedarf des Antragstellers und seines Vaters zusammen maximal 1.327,37 EUR. Dieser Gesamtbedarf setzt sich zusammen aus dem Regelbedarf des Vaters in Höhe von 374,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. Nr. 1 der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 des Zweiten Buches Sozial-gesetzbuch für die Zeit ab 1. Januar 2012 [BGBl. I S. 2093]), dem Regelbedarf des Antragstellers in Höhe von 299,00 EUR (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II i. V. m. Nr. 3 der bezeichneten Bekanntmachung) und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II) in Höhe von maximal 654,37 EUR. Es begegnet keinen Be-denken, dass der Gesetzgeber für den Antragsteller nur einen Regelbedarf in herabgesetzter

Höhe zuerkannt hat. Denn er wird nach den zitierten Regelungen nicht wie ein Allein-stehender behandelt und bildet keine eigene Bedarfsgemeinschaft (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 14 As 51/09 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 23 Rdnr. 13 = JURIS-Dokument Rdnr. 13).

Diesem Gesamtbedarf ist das Gesamteinkommen der beiden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber zu stellen.

Der Vater des Antragstellers bezieht eine Altersrente in Höhe von 1.030,53 EUR und eine Betriebsrente in Höhe von 201,55 EUR. Von diesem Einkommen in Höhe von insgesamt 1.232,08 EUR ist die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR (vgl. § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 13 Abs. 1 Nr. 3 SGB II und § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld [Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung – Alg II-V]) abzusetzen, sodass ein Betrag in Höhe von 1.202,08 EUR verbleibt.

Die Betriebsrente, die der Vater des Antragstellers bezieht, ist entgegen der Auffassung der Antragstellerbevollmächtigten als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln. Danach sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Es gibt keine Rechtsgrundlage, auf Grund derer die Betriebsrente unberücksichtigt zu bleiben hätte.

Von den Renten sind die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen (vgl. § 11a Abs. 1 Nr. 2 SGB II), und die Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (vgl. § 11a Abs. 1 Nr. 2 SGB II), nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Hierzu zählen Betriebsrenten ersichtlich nicht. Auch bezieht der Vater des Antragstellers keine Verletzten-

rente nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII), die nach Maßgabe von § 1 Abs. 6 ALG II-V teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.

Die Betriebsrente ist keine Leistung im Sinne von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II (vgl. Geiger, in: Münder [Hrsg.], SGB II [4. Aufl., 2011], § 11a Rdnr. 10; so zur Berufsunfähigkeits-rente: BSG, Urteil vom 5. September 2007 – B 11b AS 51/06 RSozR 4-4200 § 11 Nr. 6 Rdnr. 17 = JURIS-Dokument Rdnr. 17). Nach dieser Regelung sind Leistungen, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. Die Betriebsrente wird nicht auf Grund öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbracht, weil zu ihrer Erbringung ein Träger öffentlich-rechtlicher Verwaltung weder ermächtigt noch verpflichtet ist (vgl. hierzu: Söhngen, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II [3. Aufl., 2012], § 11a Rdnr. 25). Zudem fehlt es an der erforderlichen Zweckbestimmung. Sie ist unstreitig keine Leistung der freien Wohlfahrtpflege im Sinne von § 11a Abs. 4 SGB II, aber auch keine Zuwendung, die ein Dritter ohne rechtliche oder sittliche Verpflichtung erbringt (vgl. § 11a Abs. 5 SGB II). Vielmehr hat der Vater des Antragstellers nach Maßgabe der vertraglichen Regelungen einen Anspruch auf Zahlung der Betriebsrente.

Soweit die Antragstellerbevollmächtigte geltend macht, die Betriebsrente sei nicht als Einkommen zu berücksichtigen, weil sie ausschließlich arbeitgeberfinanziert sei, findet diese Rechtsauffassung im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine Stütze. Denn für die Frage, ob eine Einnahme in Geld oder Geldeswert als Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu behandeln ist, ist es vollkommen unerheblich, ob die Einnahme auf finanziellen Aufwendungen des Antragstellers in der Vergangenheit, auf Leistungen privater Dritter oder auf beitrags- oder steuerfinanzierten Leistungen beruht. Entscheidend ist einzig, ob die jeweilige Einnahme unter eine der Ausnahme- oder Sonderregelungen fällt, auf Grund derer eine Einnahme nicht als Einkommen zu behandeln ist. Dies ist, wie dargestellt, bei der Betriebsrente nicht der Fall.

Das einzige Einkommen des Antragstellers besteht in Form des Kindergeldes in Höhe von 184,00 EUR. Hiervon ist lediglich die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR abzuziehen. Das vom Antragsteller zu entrichtende Schulgeld in Höhe von 60,00 EUR kann nicht auf der Grundlage von § 11b Abs. 1 SGB II (i. V. m. § 6 Alg II-V) abgesetzt werden. Insbesondere handelt es sich nicht um mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben im Sinne von § 11b Abs. 1 Nr. 5 SGB II.

Aus den Einnahmen des Antragstellers und seines Vaters errechnet sich ein anrechenbaren Einkommen in Höhe von 1.356,08 EUR (= 154,00 EUR + 1.202,08 EUR). Dem steht ein Gesamtbedarf der beiden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.327,37 EUR gegenüber. Dies ergibt eine Bedarfsüberdeckung in Höhe von mindestens 28,71 EUR. Da gemäß § 19 Abs. 3 Satz 1 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Bedarfe erbracht werden, soweit diese nicht durch das zu berücksichtigende Ein-kommen und Vermögen gedeckt sind, hat dies für den Antragsteller zur Folge, dass er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Sofern der Antragsteller entgegen der gesetzgeberischen Vorstellung in § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II nicht von seinem Vater unterstützt werden sollte, ist er gehalten, einen etwaigen Unterhaltsanspruch gegenüber seinem Vater, insbesondere nach § 1610 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), vor den Zivilgerichten, gegebenenfalls mit Hilfe eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes, geltend zu machen.

Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass bei der obigen Berechung die von der Antragstellerbevollmächtigten mitgeteilten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zugrunde gelegt worden sind, weil sich selbst bei diesen Beträgen kein Leistungsanspruch des Antragstellers errechnet. Sofern für die nach § 22 SGB II übernahmefähigen Aufwendungen nicht auf den höchsten mitgeteilten Betrag (654,37 EUR), sondern auf den vom Antragsgegner bislang anerkannten Betrag (543,26 EUR) abzustellen sein sollte, läge eine Bedarfsüberdeckung in Höhe von weiteren 111,11 EUR vor.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

3. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war abzulehnen. Denn die für eine Bewilligung erforderlichen hinreichende Erfolgsaussicht (vgl. § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung [ZPO]) war, wie dargestellt wurde, nicht gegeben. Die hinreichende Erfolgsaussicht fehlte bereits zu dem Zeitpunkt als der Prozesskostenhilfeantrag gestellt wurden

4. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

Dr. Scheer Höhl Atanassov
Rechtskraft
Aus
Saved