Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 EG 4286/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb als Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Berechnung des Elterngeldes verstößt auch dann nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes, wenn Gegenstand des Gewerbebetriebs die Erzielung von Miet- und Pachteinnahmen ist. 2. Das Verbot des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkommensarten bei der Elterngeldberechnung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin ist als selbstständige XXX tätig. Außerdem erzielt sie Mieteinnahmen als Miteigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses. Sie beantragte am 26.7.2008 Elterngeld für ihr am XXX geborenes Kind X. Mit Bescheid vom 20.1.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin zunächst Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 EUR für den 1. bis 12. Lebensmonat. Nach Abschluss der Ermittlungen zu den Einkommensverhältnissen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13.3.2009 Elterngeld (im Hinblick auf das noch ausstehende Einkommen im Bezugszeitraum vorläufig) in Höhe von 580,64 EUR monatlich. Bei der Berechnung hatte die Beklagte neben den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit (vor Geburt 49.872 EUR brutto, nach der Geburt voraussichtlich 5089 EUR brutto) angelehnt an den Einkommensteuerbescheid der Klägerin für 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.889 EUR brutto sowohl für den Zeitraum vor der Geburt als auch nach der Geburt berücksichtigt.
Dagegen erhob die Klägerin am 2.4.2009 Widerspruch. Sie wandte sich gegen die Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da es sich um einen ruhenden Gewerbebetrieb handele. Dieser sei vor über 20 Jahren vom Großvater an sie (zu einem Viertel) sowie zwei weitere Übernehmer übergeben worden. Aus den Mieteinnahmen sei nach dem Übergabevertrag eine Leibrente in Höhe von monatlich 2000 EUR für die Großmutter aufzubringen, auch seien Umbaumaßnahmen angefallen und sie müsse gleichwohl die theoretischen Einnahmen versteuern, obwohl sie sie nicht ausbezahlt bekomme. Daher stehe dieses Geld keineswegs für ihren Unterhalt zur Verfügung. Sie beantragte, ihren Elterngeldanspruch ohne Berücksichtigung dieses Betrages - sowohl vor der Geburt, als auch nach der Geburt - zu berechnen. Hierdurch ergebe sich ein wesentlich höherer Anspruch auf Elterngeld.
Mit Bescheid vom 16.7.2009 änderte die Beklagte wegen Wegfalls der Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit im Bezugszeitraum die frühere Bewilligung ab und gewährte Elterngeld (im Hinblick auf die noch nachzuweisenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb wiederum vorläufig) in Höhe von 801,48 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.7.2009 wies sie zudem den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, als Einkommen aus Erwerbstätigkeit sei bei der Berechnung des Elterngelds die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe von § 2 Absätze 7 bis 9 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zu berücksichtigen. An diese Vorgaben des Gesetzgebers sei die Beklagte gebunden.
Am 24.8.2009 erhob Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 28.10.2010 bewilligte die Beklagte nach Eingang der vollständigen Nachweise für den Bezugszeitraum das Elterngeld endgültig in Höhe von monatlich 826,83 EUR.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Sie trägt vor, bei dem übergebenen Gebäude handele es sich um ein Hausgrundstück mit mehreren Mietwohnungen sowie einem Geschäftslokal. Zur Verwertung des Miteigentumsanteils hätten die drei Übernehmer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Einnahmen würden ausschließlich aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die Klägerin habe im Jahr 2007 laut Jahresabschluss lediglich 13.286,51 EUR entnommen, im Jahr 2008 13.412,38 EUR, mithin Beträge, die deutlich unter den unterstellten Einkünften aus Gewerbebetrieb liegen würden. Dies gehe darauf zurück, dass den Gesellschaftern auch die Leibrentenzahlung als Einkünfte anteilig zugerechnet werde.
Nach § 2 Absatz 1 S. 2 BEEG, so die weitere Klagebegründung, seien zwar Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, etwa aus Gewerbebetrieb, zu berücksichtigen, sonstige Einkünfte, etwa aus Vermietung und Verpachtung, dagegen ausgenommen. Hieraus lasse sich entnehmen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankomme, Einkünfte aus tatsächlicher Erwerbstätigkeit heranzuziehen. Dies entspreche dem Gesetzeszweck, die wegen der Elterneigenschaft vorübergehend nicht oder nur eingeschränkt mögliche Ausübung der Erwerbstätigkeit auszugleichen. Diesem Gesetzeszweck widerspreche es, die faktisch aus Vermietung und Verpachtung herrührenden Einkünfte der Klägerin zu berücksichtigen. Auch würde es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, Miet- und Pachteinnahmen verschieden zu behandeln, je nachdem, ob sie - weil von einem Miteigentumsanteil an einem ruhenden Gewerbebetrieb herrührend - steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden oder als solche aus Vermietung und Verpachtung.
Weiter macht die Klägerin geltend, sie habe im Bezugszeitraum in ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht lediglich geringere Einkünfte erzielt, sondern negative Einkünfte, weil die Praxiskosten weiterliefen. Zumindest sei das berücksichtigte Einkommen aus Gewerbebetrieb um die Verluste bei der selbstständigen Tätigkeit zu bereinigen. Es werde nicht verkannt, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG einen Ausgleich von Verlusten mit Einkünften aus verschiedenen Einkommensarten nicht vorsehe. Auch hierin sehe die Klägerin eine verfassungswidrige Benachteiligung von Antragstellern mit mehreren Einkunftsarten. Die Klägerin beruft sich schließlich auf die Entscheidung des BSG vom 30.9.1997, Az. 4 RA 122/95, zur Einkommensanrechnung auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Antragstellerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Bescheid der Beklagten vom 13.3.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.7.2009 und 28.10.2010 sowie des Widerspruchsbescheids vom 24.7.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Elterngeld für ihr am XXX geborenes Kind X ohne jede Berücksichtigung von Einkommen aus Gewerbebetrieb, (hilfsweise: unter Berücksichtigung um das negative Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit reduzierten Einkommens aus Gewerbebetrieb im Bezugszeitraum) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die den verfahrensgegenständlichen Antrag betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 1 bis 290) lag vor und war Gegenstand der Beratung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az. S 9 EL 4286/09, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht kann gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da beide Beteiligte hiermit einverstanden sind.
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG statthaft.
II.
Die Klage ist aber nicht begründet. Das Gericht folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere des Widerspruchsbescheids vom 24.7.2009. Auf diese wird daher verwiesen und gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Auch nach Überzeugung des Gerichts hat die Beklagte zutreffenderweise bei der Berechnung des verfahrensgegenständlichen Elterngelds die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb vor und nach der Geburt ihrer Tochter nach den einschlägigen Vorschriften des § 2 BEEG berücksichtigt. Dies folgt aus der Definition des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 1 und § 2 Abs. 3 BEEG. In jener werden u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannt. Weiter wurde im angefochtenen Bescheid richtigerweise keine Verrechnung der nachgeburtlichen negativen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit den positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb vorgenommen. Ein derartiger Verlustausgleich ist nach den zitierten Vorschriften ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 2 BEEG: " die Summe der positiven Einkünfte "). Diese Gesetzeslage wird von der Klägerin nicht bestritten, ebensowenig die wortlautgetreue Anwendung des Gesetzes durch die Beklagte. Die Klägerin macht vielmehr eine Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Vorschriften geltend, die eine hiervon abweichende, verfassungskonforme Auslegung erforderlich mache. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen.
Zwar beinhaltet § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG insoweit eine Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte, als danach bestimmte Einkommensarten als Einkommen als Erwerbstätigkeit zu berücksichtigten sind, andere nicht; hierbei wird unabhängig von etwaigen tatsächlichen Wechselwirkungen zwischen der Art der Einkommenserzielung und der Kindererziehung typisierend an die steuerrechtliche Qualifikation des Einkommens angeknüpft. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), der allgemeine Gleichheitssatz, verwehrt dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung. Der allgemeine Gleichheitssatz ist erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (st. Rspr., vgl. BSG-Urt. v. 17.2.2011, Az. B 10 EG 20/09 R, (juris), m. Nw. aus der Rspr. d. BVerfG).
Ein solcher sachlicher Grund liegt hier vor. Die Anknüpfung der Definition des Erwerbseinkommens an das Steuerrecht geht auf die Mitwirkung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zurück und soll es nach der Intention des Gesetzgebers den in der Regel einkommensteuerpflichtigen Eltern ermöglichen, die Höhe des ihnen zustehenden Elterngelds anhand des vorliegenden Steuerbescheides mit vergleichsweise geringem Aufwand abzuschätzen (vgl. BR-Drs. 426/06, S. 1 ff.; BT-Drs. 16/2785, S. 37). Auch wird auf diese Weise andernfalls unumgänglicher erheblicher Verwaltungsaufwand erspart. Konkret erübrigen sich dadurch Ermittlungen und die eigenständige rechtliche Würdigung der BEEG-Behörden zu den Sachverhalten, die verschiedenen Einkunftsarten zugrunde liegen. Wie sinnvoll dies ist, wird dadurch erhellt, dass aus der von der Klägerin präferierten spezifisch auf den Zweck des BEEG bezogenen Definition des Einkommens aus Erwerbstätigkeit eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen und somit erhebliche Rechtsunsicherheit resultieren würden. Die gesetzgeberischen Ziele höherer Transparenz für die Elterngeldberechtigten und geringeren Verwaltungsaufwands sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu ihrer Verwirklichung ist die vom Gesetzgeber gewählte Regelung geeignet und sie ist auch nicht unverhältnismäßig.
Der Ausschluss des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist vom Gesetzgeber ebenfalls beabsichtigt und verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Dadurch sollen einerseits bei der Einkommensermittlung vor der Geburt Verluste z. B. aus selbstständiger Arbeit nicht ein für ein daneben erzieltes Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zustehendes Elterngeld reduzieren oder ausschließen. Andererseits sollen aber auch bei der Einkommensermittlung nach der Geburt steuerrechtlich zulässige Gestaltungsoptionen nicht den Bezug eines erhöhten Elterngeldes ermöglichen (BT-Drs. 16/2785, S. 37). Diese gesetzgeberischen Ziele sind verfassungsrechtlich legitim und der gesetzliche Ausschluss des Verlustausgleichs ein zu ihrer Erreichung geeignetes und verhältnismäßiges Mittel.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.
Die Klägerin ist als selbstständige XXX tätig. Außerdem erzielt sie Mieteinnahmen als Miteigentümerin eines Wohn- und Geschäftshauses. Sie beantragte am 26.7.2008 Elterngeld für ihr am XXX geborenes Kind X. Mit Bescheid vom 20.1.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin zunächst Elterngeld in Höhe des Mindestbetrages von 300 EUR für den 1. bis 12. Lebensmonat. Nach Abschluss der Ermittlungen zu den Einkommensverhältnissen bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 13.3.2009 Elterngeld (im Hinblick auf das noch ausstehende Einkommen im Bezugszeitraum vorläufig) in Höhe von 580,64 EUR monatlich. Bei der Berechnung hatte die Beklagte neben den Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit (vor Geburt 49.872 EUR brutto, nach der Geburt voraussichtlich 5089 EUR brutto) angelehnt an den Einkommensteuerbescheid der Klägerin für 2007 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 22.889 EUR brutto sowohl für den Zeitraum vor der Geburt als auch nach der Geburt berücksichtigt.
Dagegen erhob die Klägerin am 2.4.2009 Widerspruch. Sie wandte sich gegen die Berücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da es sich um einen ruhenden Gewerbebetrieb handele. Dieser sei vor über 20 Jahren vom Großvater an sie (zu einem Viertel) sowie zwei weitere Übernehmer übergeben worden. Aus den Mieteinnahmen sei nach dem Übergabevertrag eine Leibrente in Höhe von monatlich 2000 EUR für die Großmutter aufzubringen, auch seien Umbaumaßnahmen angefallen und sie müsse gleichwohl die theoretischen Einnahmen versteuern, obwohl sie sie nicht ausbezahlt bekomme. Daher stehe dieses Geld keineswegs für ihren Unterhalt zur Verfügung. Sie beantragte, ihren Elterngeldanspruch ohne Berücksichtigung dieses Betrages - sowohl vor der Geburt, als auch nach der Geburt - zu berechnen. Hierdurch ergebe sich ein wesentlich höherer Anspruch auf Elterngeld.
Mit Bescheid vom 16.7.2009 änderte die Beklagte wegen Wegfalls der Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit im Bezugszeitraum die frühere Bewilligung ab und gewährte Elterngeld (im Hinblick auf die noch nachzuweisenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb wiederum vorläufig) in Höhe von 801,48 EUR monatlich. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.7.2009 wies sie zudem den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, als Einkommen aus Erwerbstätigkeit sei bei der Berechnung des Elterngelds die Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbstständiger Arbeit und nichtselbstständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nach Maßgabe von § 2 Absätze 7 bis 9 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) zu berücksichtigen. An diese Vorgaben des Gesetzgebers sei die Beklagte gebunden.
Am 24.8.2009 erhob Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 28.10.2010 bewilligte die Beklagte nach Eingang der vollständigen Nachweise für den Bezugszeitraum das Elterngeld endgültig in Höhe von monatlich 826,83 EUR.
Die Klägerin verfolgt ihr Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Sie trägt vor, bei dem übergebenen Gebäude handele es sich um ein Hausgrundstück mit mehreren Mietwohnungen sowie einem Geschäftslokal. Zur Verwertung des Miteigentumsanteils hätten die drei Übernehmer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Einnahmen würden ausschließlich aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die Klägerin habe im Jahr 2007 laut Jahresabschluss lediglich 13.286,51 EUR entnommen, im Jahr 2008 13.412,38 EUR, mithin Beträge, die deutlich unter den unterstellten Einkünften aus Gewerbebetrieb liegen würden. Dies gehe darauf zurück, dass den Gesellschaftern auch die Leibrentenzahlung als Einkünfte anteilig zugerechnet werde.
Nach § 2 Absatz 1 S. 2 BEEG, so die weitere Klagebegründung, seien zwar Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, etwa aus Gewerbebetrieb, zu berücksichtigen, sonstige Einkünfte, etwa aus Vermietung und Verpachtung, dagegen ausgenommen. Hieraus lasse sich entnehmen, dass es dem Gesetzgeber darauf ankomme, Einkünfte aus tatsächlicher Erwerbstätigkeit heranzuziehen. Dies entspreche dem Gesetzeszweck, die wegen der Elterneigenschaft vorübergehend nicht oder nur eingeschränkt mögliche Ausübung der Erwerbstätigkeit auszugleichen. Diesem Gesetzeszweck widerspreche es, die faktisch aus Vermietung und Verpachtung herrührenden Einkünfte der Klägerin zu berücksichtigen. Auch würde es gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen, Miet- und Pachteinnahmen verschieden zu behandeln, je nachdem, ob sie - weil von einem Miteigentumsanteil an einem ruhenden Gewerbebetrieb herrührend - steuerlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden oder als solche aus Vermietung und Verpachtung.
Weiter macht die Klägerin geltend, sie habe im Bezugszeitraum in ihrer selbstständigen Tätigkeit nicht lediglich geringere Einkünfte erzielt, sondern negative Einkünfte, weil die Praxiskosten weiterliefen. Zumindest sei das berücksichtigte Einkommen aus Gewerbebetrieb um die Verluste bei der selbstständigen Tätigkeit zu bereinigen. Es werde nicht verkannt, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG einen Ausgleich von Verlusten mit Einkünften aus verschiedenen Einkommensarten nicht vorsehe. Auch hierin sehe die Klägerin eine verfassungswidrige Benachteiligung von Antragstellern mit mehreren Einkunftsarten. Die Klägerin beruft sich schließlich auf die Entscheidung des BSG vom 30.9.1997, Az. 4 RA 122/95, zur Einkommensanrechnung auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Antragstellerin beantragt (teilweise sinngemäß),
den Bescheid der Beklagten vom 13.3.2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16.7.2009 und 28.10.2010 sowie des Widerspruchsbescheids vom 24.7.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Elterngeld für ihr am XXX geborenes Kind X ohne jede Berücksichtigung von Einkommen aus Gewerbebetrieb, (hilfsweise: unter Berücksichtigung um das negative Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit reduzierten Einkommens aus Gewerbebetrieb im Bezugszeitraum) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die den verfahrensgegenständlichen Antrag betreffende Verwaltungsakte der Beklagten (Bl. 1 bis 290) lag vor und war Gegenstand der Beratung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die genannte Verwaltungsakte sowie die Akte des Gerichts, Az. S 9 EL 4286/09, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Gericht kann gem. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da beide Beteiligte hiermit einverstanden sind.
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 SGG statthaft.
II.
Die Klage ist aber nicht begründet. Das Gericht folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage der zutreffenden Begründung des angefochtenen Bescheides, insbesondere des Widerspruchsbescheids vom 24.7.2009. Auf diese wird daher verwiesen und gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
Auch nach Überzeugung des Gerichts hat die Beklagte zutreffenderweise bei der Berechnung des verfahrensgegenständlichen Elterngelds die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb vor und nach der Geburt ihrer Tochter nach den einschlägigen Vorschriften des § 2 BEEG berücksichtigt. Dies folgt aus der Definition des § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 1 und § 2 Abs. 3 BEEG. In jener werden u. a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. v. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ausdrücklich genannt. Weiter wurde im angefochtenen Bescheid richtigerweise keine Verrechnung der nachgeburtlichen negativen Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit mit den positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb vorgenommen. Ein derartiger Verlustausgleich ist nach den zitierten Vorschriften ausgeschlossen (§ 2 Abs. 1 S. 2 BEEG: " die Summe der positiven Einkünfte "). Diese Gesetzeslage wird von der Klägerin nicht bestritten, ebensowenig die wortlautgetreue Anwendung des Gesetzes durch die Beklagte. Die Klägerin macht vielmehr eine Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Vorschriften geltend, die eine hiervon abweichende, verfassungskonforme Auslegung erforderlich mache. Dem vermag das Gericht jedoch nicht zu folgen.
Zwar beinhaltet § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG insoweit eine Ungleichbehandlung verschiedener Sachverhalte, als danach bestimmte Einkommensarten als Einkommen als Erwerbstätigkeit zu berücksichtigten sind, andere nicht; hierbei wird unabhängig von etwaigen tatsächlichen Wechselwirkungen zwischen der Art der Einkommenserzielung und der Kindererziehung typisierend an die steuerrechtliche Qualifikation des Einkommens angeknüpft. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), der allgemeine Gleichheitssatz, verwehrt dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung. Der allgemeine Gleichheitssatz ist erst dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Umgekehrt verbietet Art. 3 Abs. 1 GG auch die Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem, insbesondere die Gleichbehandlung einer Gruppe von Normadressaten mit einer anderen, obwohl zwischen beiden Gruppen gewichtige Unterschiede bestehen, die deren Gleichbehandlung als sachwidrig erscheinen lassen. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder anderweitig einleuchtender Grund für die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt (st. Rspr., vgl. BSG-Urt. v. 17.2.2011, Az. B 10 EG 20/09 R, (juris), m. Nw. aus der Rspr. d. BVerfG).
Ein solcher sachlicher Grund liegt hier vor. Die Anknüpfung der Definition des Erwerbseinkommens an das Steuerrecht geht auf die Mitwirkung des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren zurück und soll es nach der Intention des Gesetzgebers den in der Regel einkommensteuerpflichtigen Eltern ermöglichen, die Höhe des ihnen zustehenden Elterngelds anhand des vorliegenden Steuerbescheides mit vergleichsweise geringem Aufwand abzuschätzen (vgl. BR-Drs. 426/06, S. 1 ff.; BT-Drs. 16/2785, S. 37). Auch wird auf diese Weise andernfalls unumgänglicher erheblicher Verwaltungsaufwand erspart. Konkret erübrigen sich dadurch Ermittlungen und die eigenständige rechtliche Würdigung der BEEG-Behörden zu den Sachverhalten, die verschiedenen Einkunftsarten zugrunde liegen. Wie sinnvoll dies ist, wird dadurch erhellt, dass aus der von der Klägerin präferierten spezifisch auf den Zweck des BEEG bezogenen Definition des Einkommens aus Erwerbstätigkeit eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen und somit erhebliche Rechtsunsicherheit resultieren würden. Die gesetzgeberischen Ziele höherer Transparenz für die Elterngeldberechtigten und geringeren Verwaltungsaufwands sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zu ihrer Verwirklichung ist die vom Gesetzgeber gewählte Regelung geeignet und sie ist auch nicht unverhältnismäßig.
Der Ausschluss des Verlustausgleichs zwischen verschiedenen Einkunftsarten ist vom Gesetzgeber ebenfalls beabsichtigt und verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Dadurch sollen einerseits bei der Einkommensermittlung vor der Geburt Verluste z. B. aus selbstständiger Arbeit nicht ein für ein daneben erzieltes Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit zustehendes Elterngeld reduzieren oder ausschließen. Andererseits sollen aber auch bei der Einkommensermittlung nach der Geburt steuerrechtlich zulässige Gestaltungsoptionen nicht den Bezug eines erhöhten Elterngeldes ermöglichen (BT-Drs. 16/2785, S. 37). Diese gesetzgeberischen Ziele sind verfassungsrechtlich legitim und der gesetzliche Ausschluss des Verlustausgleichs ein zu ihrer Erreichung geeignetes und verhältnismäßiges Mittel.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die Zulassung der Berufung beruht auf § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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