Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 32 AS 4865/08 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 1215/12 B ER WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Der Senat entscheidet über den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens in der für das Beschlussverfahren vorgesehenen Regelbesetzung mit drei Berufsrichtern. Das im Ausgangsverfahren von den Beteiligten erklärte Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter wirkt im Wiederaufnahmeverfahren, das ein neues Verfahren darstellt, nicht fort.
2. Auch Beschlüsse sind einer Wiederaufnahme nach § 179 SGG zugänglich, soweit sie rechtskräftig oder nicht anfechtbar sind, und soweit sie auf einer Sachentscheidung beruhen, die eine Instanz abschließt (Anschluss an BSG, Urteil vom 23. März 1965 – 11 RA 304/64).
3. Für die Wiederaufnahme eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt regelmäßig bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn sobald veränderte Umstände vorliegen, hat der Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, ohne dass es eines Wiederaufnahmeverfahrens bedarf.
2. Auch Beschlüsse sind einer Wiederaufnahme nach § 179 SGG zugänglich, soweit sie rechtskräftig oder nicht anfechtbar sind, und soweit sie auf einer Sachentscheidung beruhen, die eine Instanz abschließt (Anschluss an BSG, Urteil vom 23. März 1965 – 11 RA 304/64).
3. Für die Wiederaufnahme eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehlt regelmäßig bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Denn sobald veränderte Umstände vorliegen, hat der Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, ohne dass es eines Wiederaufnahmeverfahrens bedarf.
I. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens L 3 B 758/08 AS-ER wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
In dem Beschwerdeverfahren Az. L 3 B 758/08 AS-ER haben die Beteiligten, nachdem das Begehren des Antragstellers erstinstanzlich erfolglos geblieben war, darüber gestritten, ob die Arbeitsgemeinschaft Zwickauer Land berechtigt gewesen ist, Geschäftspartner des als Musiker tätigen und zugleich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) beziehenden Antragstellers um Auskunft über Geschäftsverbindungen zu ersuchen.
Mit Beschluss vom 27. April 2009 hat der Senat durch die konsentierte Einzelrichterin (vgl. § 155 Abs. 3, 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) die Beschwerde zurückgewiesen. Dem Antragsteller stehe der geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Verpflichtung der Arbeitsgemeinschaft, die Auskunftsersuchen zu unterlassen, nicht zu. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die Arbeitsgemeinschaft habe mehrfach ausgeführt, die letzten Auskunftsersuchen seien im September 2008 erfolgt. Dem sei der Antragsteller nicht schlüssig entgegengetreten. Seine Beanstandungen bezögen sich auf in der Vergangenheit durchgeführte Ermittlungen.
Am 25. Oktober 2012 hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf § 179 SGG die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Es liege "zweifelsohne Prozessbetrug" vor. In dem vorangegangenen Rechtsstreit sei dem Gericht "eine manipulierte Akte mit zum Teil falschen Akteninhalt" vorgelegt worden.
II.
1. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens Az. L 3 B 758/08 AS-ER ist unzulässig und daher zu verwerfen.
a) Der Senat entscheidet in der für das Beschlussverfahren vorgesehenen Regelbesetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das im Ausgangsverfahren von den Beteiligten erklärte Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter wirkt im Wiederaufnahmeverfahren, das ein neues Verfahren darstellt, nicht fort (vgl. BFH, Urteil vom 2. Dezember 1998 – X R 15-16/97, X R 15/97, X R 16/97 – BFHE 188, 1 = NJW 1999, 2391 = JURIS-Dokument Rdnr. 14).
b) Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO), das heißt den §§ 578 bis 591 ZPO, wieder aufgenommen werden. Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und durch Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. § 179 Abs. 1 SGG beschränkt seinem Wortlaut nach die Wiederaufnahme nicht auf ein "durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenes Verfahren" (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1965 – 11 RA 304/64 – BSGE 23, 30 [31] = JURIS-Dokument Rdnr. 6). Damit sind auch Beschlüsse einer Wiederaufnahme zugänglich, soweit sie rechtskräftig oder nicht anfechtbar sind, und soweit sie auf einer Sachentscheidung beruhen, die eine Instanz abschließen (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1965, a. a. O.; vgl. die Beispiels für instanzabschließende Beschlüsse bei Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 177 Rdnr. 6 und § 179 Rdnr. 3 sowie bei Krasney, in: Krasney/Udsching, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens [6. Aufl., 2011], Kapitel XI Rdnr. 8). Hingegen ist eine Wideraufnahme gegen nicht instanzabschließende Beschlüsse nicht statthaft (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – B 4 AS 97/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Ein solcher ist der vom Antragsteller beanstandeten Beschluss vom 27. April 2009. Bei diesem handelt es sich um eine auf ein Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hin ergangene Entscheidung nach § 86b Abs. 2 SGG. Beschlüsse nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind aber keine instanzabschließenden Entscheidungen im Sinne von § 179 Abs. 1 SGG (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. Juni 2000 – L 4 KR 63/00 – JURIS-Dokument Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008 – L 16 B 55/08 KR ER – JURIS-Dokument 11, Bay. LSG, Beschluss vom 6. Juli 2012 – L 9 AL 176/12 WA – JURIS-Dokument Rdnr. 4).
Für die Wiederaufnahme fehlt auch regelmäßig bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, das auch bei Wiederaufnahmeanträgen gegeben sein muss. Denn sobald veränderte Umstände vorliegen, hat der Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, ohne dass es eines Wiederaufnahmeverfahrens bedarf (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008, a. a. O.).
Unabhängig davon ist das Wiederaufnahmebegehren des Antragstellers nach § 179 Abs. 1 SGG auch deshalb unzulässig, weil das Vorliegen der prozessualen Voraussetzungen einer Wiederaufnahme nicht dargetan ist. Der Antragsteller wirft der Rechtsvorgängerin des Antragsgegners vor, im vorangegangenen Verfahren eine "manipulierte Akte" vorgelegt und damit eine "Falschaussage" getätigt und daher "Prozessbetrug" begangen zu haben. Beruht die Entscheidung auf einem derartigen – strafrechtlich relevanten – Verhalten, kommt nach § 578 Abs. 1, § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage in Betracht. Sie findet nach § 581 Abs. 1 ZPO aber in den Konstellationen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO nur dann statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Antragsteller weder behauptet, noch ist etwas dafür ersichtlich.
Auch eine Wiederaufnahme nach § 179 Abs. 2 SGG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Regelung ist die Wiederaufnahme eines Verfahrens zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Durch die Vorschrift wird der Katalog der Wiederaufnahmegründe gegenüber § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO erweitert. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die Wiederaufnahme "ferner", mithin zusätzlich zu den in Absatz 1 benannten Fällen zulässig ist. Inhaltlich geht § 179 Abs. 2 SGG deshalb über die Wiederaufnahmegründe der ZPO, insbesondere über § 580 Nr. 4 ZPO hinaus. Während das Urteil nach dieser Regelung erschlichen sein muss, genügt es für § 179 Abs. 2 SGG, dass die fälschlich behauptete oder verschwiegene Tatsache für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war. Die für den Prozessbetrug erforderliche Absicht, sich durch unwahre Behauptungen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, verlangt der Tatbestand des § 179 Abs. 2 SGG folglich nicht. Die Vorschrift fordert aber im Gegensatz zu §§ 580 Nr. 4, 581 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO eine strafgerichtliche Verurteilung des Beteiligten wegen wissentlich falscher Behauptung einer Tatsache. Die Unmöglichkeit strafgerichtlicher Verfolgung aus anderen Gründen als aus Mangel an Beweisen genügt nicht (vgl.: BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RV 2/96 – BSGE 81, 46 [48] = SozR 3-1500 § 179 Nr. 1 S. 3 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; Leitherer, § 179 Rdnr. 9, m. w. N.; Krasney, a. a. O., Kapitel XI Rdnr. 48, m. w. N.). Das Vorliegen einer strafrechtlichen Beurteilung hat der Kläger aber, wie bereits ausgeführt, nicht behauptet.
Das Wiederaufnahmebegehren muss daher erfolglos bleiben. Denn ein Anfechtungsgrund muss schlüssig behauptet sein (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RV 2/96 – BSGE 81, 46 [47] = SozR 3-1500 § 179 Nr. 1 S. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 11). Wenn ein Restitutionsgrund nicht schlüssig behauptet wurde, ist eine Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen, (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 29. Oktober 1975 – L 5 V 441/75 – JURIS-Dokument Rdnr. 20).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen (vgl. § 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO).
4. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
I.
In dem Beschwerdeverfahren Az. L 3 B 758/08 AS-ER haben die Beteiligten, nachdem das Begehren des Antragstellers erstinstanzlich erfolglos geblieben war, darüber gestritten, ob die Arbeitsgemeinschaft Zwickauer Land berechtigt gewesen ist, Geschäftspartner des als Musiker tätigen und zugleich Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) beziehenden Antragstellers um Auskunft über Geschäftsverbindungen zu ersuchen.
Mit Beschluss vom 27. April 2009 hat der Senat durch die konsentierte Einzelrichterin (vgl. § 155 Abs. 3, 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) die Beschwerde zurückgewiesen. Dem Antragsteller stehe der geltend gemachte Anspruch auf vorläufige Verpflichtung der Arbeitsgemeinschaft, die Auskunftsersuchen zu unterlassen, nicht zu. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft gemacht. Die Arbeitsgemeinschaft habe mehrfach ausgeführt, die letzten Auskunftsersuchen seien im September 2008 erfolgt. Dem sei der Antragsteller nicht schlüssig entgegengetreten. Seine Beanstandungen bezögen sich auf in der Vergangenheit durchgeführte Ermittlungen.
Am 25. Oktober 2012 hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf § 179 SGG die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Es liege "zweifelsohne Prozessbetrug" vor. In dem vorangegangenen Rechtsstreit sei dem Gericht "eine manipulierte Akte mit zum Teil falschen Akteninhalt" vorgelegt worden.
II.
1. Der Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens Az. L 3 B 758/08 AS-ER ist unzulässig und daher zu verwerfen.
a) Der Senat entscheidet in der für das Beschlussverfahren vorgesehenen Regelbesetzung mit drei Berufsrichtern (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGG i. V. m. § 12 Abs. 1 Satz 2 SGG). Das im Ausgangsverfahren von den Beteiligten erklärte Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter wirkt im Wiederaufnahmeverfahren, das ein neues Verfahren darstellt, nicht fort (vgl. BFH, Urteil vom 2. Dezember 1998 – X R 15-16/97, X R 15/97, X R 16/97 – BFHE 188, 1 = NJW 1999, 2391 = JURIS-Dokument Rdnr. 14).
b) Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung (ZPO), das heißt den §§ 578 bis 591 ZPO, wieder aufgenommen werden. Gemäß § 578 Abs. 1 ZPO kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) und durch Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen. § 179 Abs. 1 SGG beschränkt seinem Wortlaut nach die Wiederaufnahme nicht auf ein "durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenes Verfahren" (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1965 – 11 RA 304/64 – BSGE 23, 30 [31] = JURIS-Dokument Rdnr. 6). Damit sind auch Beschlüsse einer Wiederaufnahme zugänglich, soweit sie rechtskräftig oder nicht anfechtbar sind, und soweit sie auf einer Sachentscheidung beruhen, die eine Instanz abschließen (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 1965, a. a. O.; vgl. die Beispiels für instanzabschließende Beschlüsse bei Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 177 Rdnr. 6 und § 179 Rdnr. 3 sowie bei Krasney, in: Krasney/Udsching, Handbuch des Sozialgerichtlichen Verfahrens [6. Aufl., 2011], Kapitel XI Rdnr. 8). Hingegen ist eine Wideraufnahme gegen nicht instanzabschließende Beschlüsse nicht statthaft (vgl. BSG, Beschluss vom 10. Dezember 2010 – B 4 AS 97/10 B – JURIS-Dokument Rdnr. 11). Ein solcher ist der vom Antragsteller beanstandeten Beschluss vom 27. April 2009. Bei diesem handelt es sich um eine auf ein Begehren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hin ergangene Entscheidung nach § 86b Abs. 2 SGG. Beschlüsse nach § 86b Abs. 1 und 2 SGG sind aber keine instanzabschließenden Entscheidungen im Sinne von § 179 Abs. 1 SGG (vgl. LSG Niedersachsen, Beschluss vom 26. Juni 2000 – L 4 KR 63/00 – JURIS-Dokument Rdnr. 5; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008 – L 16 B 55/08 KR ER – JURIS-Dokument 11, Bay. LSG, Beschluss vom 6. Juli 2012 – L 9 AL 176/12 WA – JURIS-Dokument Rdnr. 4).
Für die Wiederaufnahme fehlt auch regelmäßig bereits das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, das auch bei Wiederaufnahmeanträgen gegeben sein muss. Denn sobald veränderte Umstände vorliegen, hat der Antragsteller jederzeit die Möglichkeit, erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu stellen, ohne dass es eines Wiederaufnahmeverfahrens bedarf (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. November 2008, a. a. O.).
Unabhängig davon ist das Wiederaufnahmebegehren des Antragstellers nach § 179 Abs. 1 SGG auch deshalb unzulässig, weil das Vorliegen der prozessualen Voraussetzungen einer Wiederaufnahme nicht dargetan ist. Der Antragsteller wirft der Rechtsvorgängerin des Antragsgegners vor, im vorangegangenen Verfahren eine "manipulierte Akte" vorgelegt und damit eine "Falschaussage" getätigt und daher "Prozessbetrug" begangen zu haben. Beruht die Entscheidung auf einem derartigen – strafrechtlich relevanten – Verhalten, kommt nach § 578 Abs. 1, § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO die Restitutionsklage in Betracht. Sie findet nach § 581 Abs. 1 ZPO aber in den Konstellationen des § 580 Nr. 1 bis 5 ZPO nur dann statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, hat der Antragsteller weder behauptet, noch ist etwas dafür ersichtlich.
Auch eine Wiederaufnahme nach § 179 Abs. 2 SGG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Regelung ist die Wiederaufnahme eines Verfahrens zulässig, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Durch die Vorschrift wird der Katalog der Wiederaufnahmegründe gegenüber § 179 Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 579, 580 ZPO erweitert. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die Wiederaufnahme "ferner", mithin zusätzlich zu den in Absatz 1 benannten Fällen zulässig ist. Inhaltlich geht § 179 Abs. 2 SGG deshalb über die Wiederaufnahmegründe der ZPO, insbesondere über § 580 Nr. 4 ZPO hinaus. Während das Urteil nach dieser Regelung erschlichen sein muss, genügt es für § 179 Abs. 2 SGG, dass die fälschlich behauptete oder verschwiegene Tatsache für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung war. Die für den Prozessbetrug erforderliche Absicht, sich durch unwahre Behauptungen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, verlangt der Tatbestand des § 179 Abs. 2 SGG folglich nicht. Die Vorschrift fordert aber im Gegensatz zu §§ 580 Nr. 4, 581 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO eine strafgerichtliche Verurteilung des Beteiligten wegen wissentlich falscher Behauptung einer Tatsache. Die Unmöglichkeit strafgerichtlicher Verfolgung aus anderen Gründen als aus Mangel an Beweisen genügt nicht (vgl.: BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RV 2/96 – BSGE 81, 46 [48] = SozR 3-1500 § 179 Nr. 1 S. 3 = JURIS-Dokument Rdnr. 14; Leitherer, § 179 Rdnr. 9, m. w. N.; Krasney, a. a. O., Kapitel XI Rdnr. 48, m. w. N.). Das Vorliegen einer strafrechtlichen Beurteilung hat der Kläger aber, wie bereits ausgeführt, nicht behauptet.
Das Wiederaufnahmebegehren muss daher erfolglos bleiben. Denn ein Anfechtungsgrund muss schlüssig behauptet sein (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 1997 – 9 RV 2/96 – BSGE 81, 46 [47] = SozR 3-1500 § 179 Nr. 1 S. 2 = JURIS-Dokument Rdnr. 11). Wenn ein Restitutionsgrund nicht schlüssig behauptet wurde, ist eine Restitutionsklage als unzulässig zu verwerfen, (vgl. Hess. LSG, Urteil vom 29. Oktober 1975 – L 5 V 441/75 – JURIS-Dokument Rdnr. 20).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechender Anwendung von § 193 SGG.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels hinreichender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen (vgl. § 73 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO).
4. Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Dr. Scheer Höhl Krewer
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