Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 12 AS 5755/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 804/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Es fehlt bereits an den tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versagung oder Entziehung von Leistungen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, wenn der Leistungsträger einen solchen Bescheid erlässt, ohne zuvor andere, naheliegende Ermittlungsmöglichkeiten zu den erforderlichen Auskünften und Feststellungen ausgeschöpft zu haben.
2. Eine Mitwirkungsaufforderung muss gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf die konkret geforderte Mitwirkungshandlung und die von der Behörde im Falle fehlender Mitwirkung konkret beabsichtigte Reaktion hinweisen. Das bedeutet, dass nicht der Wortlaut der Vorschrift wiederholt wird, sondern Art - Versagung oder Entziehung -und Umfang - Dauer, ganz oder teilweise - des beabsichtigten Bescheides zu bezeichnen sind.
2. Eine Mitwirkungsaufforderung muss gemäß § 66 Abs. 3 SGB I auf die konkret geforderte Mitwirkungshandlung und die von der Behörde im Falle fehlender Mitwirkung konkret beabsichtigte Reaktion hinweisen. Das bedeutet, dass nicht der Wortlaut der Vorschrift wiederholt wird, sondern Art - Versagung oder Entziehung -und Umfang - Dauer, ganz oder teilweise - des beabsichtigten Bescheides zu bezeichnen sind.
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Juli 2012 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2011 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt in der Hauptsache die (Weiter-) Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 und die Gewährung von Leistungen ab 01.02.2012.
Die Klägerin bezieht seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten und Berufungsbeklagten (damals ArGe F , Dienststelle B -E , seit 01.01.2013 Jobcenter Mittelsachsen; im Folgenden: Beklagter).
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die für die Klägerin bestimmten Leistungen auf das Konto des R e.V. bei der VR-Bank Mittelsachsen eG überwiesen worden waren, teilte der Beklagte dies dem Finanzamt F mit. Daraufhin forderte die Klägerin am 06.07.2011, die Zahlungen auf dieses Konto einzustellen; der Beklagte sei zur Ermittlung des Kontoinhabers nicht befugt gewesen und ein Einverständnis zur Datenabfrage habe nicht vorgelegen. Es habe sich um ein Gemeinschaftskonto zur Kostenersparnis gehandelt.
Zu ihrem Lebenslauf hat die Klägerin am 14.06.2011 angegeben, dass sie seit 01.03.1989 ehrenamtlich als Fachkraft - Betreuung beim R e.V. tätig sei; in der EDV der Agentur für Arbeit (Bl. III/744 der Leistungsakte) ist seit 27.10.2007 Arbeitslosigkeit gespeichert. Am 17.10.2006 hatte sie angegeben als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht und beim Arbeitsgericht C tätig zu sein und hierzu Kopien der Berufungsurkunden übersandt.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 06.07.2011, auf dem in grüner Schrift "Postscheck" sowie "Nachweis ehrenamtl. Tätigkeiten (Schöffe, R e.V.) folgen" vermerkt ist, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2011 für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 vorläufig monatliche Leistungen in Höhe von 681,63 EUR. Es könne vorerst keine endgültige Entscheidung getroffen werden. Die Klägerin wurde gebeten, einen Nachweis über die ehrenamtliche Tätigkeit einzureichen.
Am 26.07.2011 teilte die Klägerin mit, dass sie sich ab sofort in einer Reha-Maßnahme befinde. Am 25.08.2011 erhob sie gegen den Bescheid vom 28.07.2011 Widerspruch (W 2774/11), der mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2011 zurückgewiesen wurde. Gegen diesen wurde keine Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 22.08.2011 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zum Nachweis der ehrenamtlichen Tätigkeit, dass die Tätigkeit bei und für den R e.V. ehrenamtlich – für gemeinnützige Zwecke – sei und ohne Entgelt erfolge. Daraufhin forderte der Beklagte sie mit Schreiben vom 06.09.2011 zur Mitwirkung auf, bis 23.09.2011 folgende noch benötigte Unterlagen vorzulegen: "Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. Negativmeldung aus ehrenamtlichen Tätigkeiten (Verein R sowie gerichtliche Tätigkeit) – bitte von entsprechender Stelle bestätigen lassen ( ) Haben Sie bis zu dem genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz entzogen werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie keine Leistungen erhalten. ( )". Mit Schreiben vom 27.09.2011 erinnerte der Beklagte die Klägerin an die Aufforderung zur Mitwirkung, setzte eine neue Frist bis 14.10.2011 und wies auf die Versagungsmöglichkeit nach §§ 60, 66, 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hin.
Nachdem hierzu keine weitere Erklärung erfolgte, erließ der Beklagte am 20.10.2011 einen Versagungs- und Entziehungsbescheid, mit dem der Klägerin monatlich ab 01.11.2011 die Leistungen teilweise in Höhe von 364,00 EUR versagt bzw. entzogen wurden. Trotz Belehrung habe sie die fehlenden Unterlagen/Nach¬weise bezüglich ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten, welche für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend benötigt würden, nicht vorgelegt. Dadurch sei sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien folgende Gesichtspunkte berücksichtigt worden: Da dem Beklagten nicht bekannt sei, welches Ehrenamt als Richterin sie konkret bekleide, sei eine Ermittlung etwaiger Einkünfte aus dem Ehrenamt nicht möglich. Da mangels Unterlagen keine Berechnung möglich sei, werde zunächst davon ausgegangen, dass eine Anrechung eine Anspruchsminderung zur Folge hätte. Entsprechend erfolge die Entziehung der Regelleistung.
Durch telefonische Nachfrage beim Registergericht ermittelte der Beklagte, dass der R e.V. mit Sitz in der Dr. W -K -Str. in B -E eingetragen ist; Vereinsvorstände seien M T , die Klägerin und B M.
Den Widerspruch der Klägerin vom 28.10.2011 gegen den Bescheid vom 20.10.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 zurück (W 3248/11).
Dagegen hat die Klägerin am Montag, dem 07.12.2011, beim Sozialgericht Chemnitz Klage mit dem Ziel erhoben, die Zahlungen wieder aufzunehmen. Zur Begründung wurde ein Schreiben übergeben, dem sich entnehmen lässt, dass die verlangte Negativmeldung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre darstelle. Dass die Gewährung von Leistungen davon abhängig gemacht werde, sei verfassungswidrig. Die Anrechnung von Aufwands- und Fahrtkostenentschädigungen sei verfassungswidrig und bei der Anrechnung von Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten dürfte ebenfalls das Diskriminierungsverbot verletzt sein. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin mitgeteilt, dass ein Konto derzeit nicht geführt werde. Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Auf den Folgeantrag vom 01.02.2012 hat der Beklagte abermals einen Nachweis gefordert über Einkommen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten beim Verein R e.V. sowie gerichtlicher Tätigkeit bzw. Negativmeldung (von entsprechenden Stellen bestätigt). Am 21.02.2012 hat er die Klägerin an die Übersendung der Unterlagen erinnert und mit Bescheid vom 13.03.2012 die Leistungen ab 01.02.2012 ganz versagt. Dagegen hat sich die Klägerin mit am 08.05.2012 eingegangenem Schreiben vom 04.05.2012 gewandt, denn sie habe das Schreiben vom 13.03.2012 erst jetzt erhalten und mache Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Überprüfung der Entscheidung geltend. Zu Wiedereinsetzungsgründen ist nichts vorgetragen worden. Die Klägerin hat ausgeführt, es sei seit Monaten bekannt, dass ein Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit nicht bezogen werde. Die geforderte Negativbescheinigung sei gesetzeswidrig. Aufwandsentschädigungen seien steuerfrei und eine Mitteilungspflicht bestehe nicht - siehe Weisung der BA zu § 11 SGB II Rn. 11.96. Es handele sich um eine Kompetenzüberschreitung und anmaßende Nachforschung. Es sei auch keine Aufwandsentschädigung aus nebenberuflicher Tätigkeit (z.B. Übungsleiter, Ausbilder) bezogen worden. Der vom Beklagten zugesicherte Ausgleich des Mietkontos sei nicht erfolgt.
Dieses Schreiben hat der Beklagte als Folgeantrag gewertet und die Klägerin mit Schreiben vom 11.05.2012 aufgefordert, den Formularantrag und die Anlage EK auszufüllen, die Nachweise bzw. Negativmeldungen über Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit vorzulegen und mitzuteilen, wann der Versagungsbescheid zugegangen sei. An die Erledigung dieses Schreibens hat der Beklagte am 01.06.2012 erinnert. Mit Bescheid vom 22.06.2012 hat der Beklagte die Gewährung von Leistungen ab 01.05.2012 mangels Mitwirkung abermals ganz versagt. Nach Ablauf der Lagerfrist ist der Rückschein zum Übergabeeinschreiben, mit dem dieser Bescheid versandt worden ist, zur Leistungsakte zurückgelangt. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 08.08.2012, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 verworfen hat.
In der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 17.07.2012 hat die Klägerin erklärt, sie werde keine Negativbescheinigung vom R e.V. vorlegen und sie erweitere die Klage auf Leistungen ab 01.02.2012.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.07.2012 abgewiesen. Die Klage sei bezüglich der Anfechtung der Entziehung unbegründet, im Übrigen jedoch unzulässig. Zunächst hat das Sozialgericht betreffend der Entziehung gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Widerspruchsbescheid verwiesen, dem es folge. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum kein Ehrenamt als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz bekleidet, sodass insofern Einkünfte nicht in Betracht kämen. Die Klägerin habe jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten und auf Aufforderung des Gerichts keinen Nachweis erbracht, dass sie beim Verein R e.V. keine Einkünfte erziele. Sie habe sich vielmehr in der mündlichen Verhandlung geweigert, eine Negativbescheinigung vorzulegen. Es sei für das Gericht schlechthin nicht nachvollziehbar, warum sich die Klägerin derart beharrlich weigere, eine entsprechende Erklärung des Vorstands beizubringen. Es könne daher vom Beklagten nicht festgestellt werden, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin Einkünfte erziele. Daher habe der Beklagte zu Recht der Klägerin die Leistungen entzogen. Was die Gewährung von Leistungen ab 01.02.2012 betreffe, sei die Klage unzulässig, da das erforderliche Widerspruchsverfahren diesbezüglich nicht durchgeführt sei. Dies sei jedoch Verfahrensvoraussetzung.
Gegen das Urteil richtet sich die am 13.08.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 (W 1998/12) hat der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22.06.2012 wegen Verfristung als unzulässig verworfen.
Am 21.08.2012 ist ein Versagungsbescheid für die ab 01.08.2012 beantragten Leistungen ergangen und zugleich ein Überprüfungsbescheid zum Versagungsbescheid vom 13.03.2012, mit dem die Änderung dieses Bescheides abgelehnt worden ist, weil die Klägerin die der Versagung zugrunde liegenden Unterlagen nach wie vor nicht eingereicht habe. Dem Widerspruch der Klägerin gegen den Versagungsbescheid vom 21.08.2012 (W 2109/12) hat der Beklagte abgeholfen und mit Bescheid vom 13.09.2012 vorläufig den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung, zusammen 691,63 EUR monatlich, für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 bewilligt.
Ebenfalls am 27.08.2012 hat die Klägerin gegen den Überprüfungsbescheid vom 21.08.2012 hinsichtlich der Versagung von Leistungen vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 Widerspruch erhoben (W 2110/12). Im Rahmen dieses Widerspruchsverfahrens ist sie am 04.10.2012 aufgefordert worden mitzuteilen, ob und in welchem zeitlichen Umfang sie in dieser Zeit für den R e.V., als dessen Vorstand sie wohl auch fungiere, tätig gewesen sei. Zum Zweck, Namen und Sitz des Vereins ist um Auskunft und Vorlage der Satzung (auszugsweise hinsichtlich der Befugnisse des Vorstandes) gebeten worden, ferner ob und in welcher Form geregelt sei, dass für den Verein ehrenamtlich Tätige Aufwandsentschädigungen erhalten. Dies solle die Klägerin auch für sich selbst erklären. Denn entgegen der weit verbreiteten Auffassung handele es sich auch bei Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlicher Betätigung um Einkommen, dessen Anrechnung nach den Grundsätzen der §§ 11, 11b SGB II zu prüfen sei. Alle vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 eingetretenen Änderungen seien mitzuteilen. Es seien noch Feststellungen nötig, wofür die Mithilfe der Klägerin in o.g. Form benötigt werde. Am selben Tag ist die Mitwirkung der Klägerin im Rahmen des Folgeantrages angefordert worden.
Im Berufungsverfahren trägt die Klägerin vor, sie habe kein Problem damit, die Entschädigungslosigkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit bei dem e.V. beizubringen. Es sei dem Beklagten sehr wohl bekannt, dass seit April 2011 keine ehrenamtliche Richtertätigkeit ausgeübt werde, dennoch seien Nachweise abgefordert worden. Das extensiv rigide Ausmaß der Leistungsverweigerung beim Beklagten aufgrund dieser allgemeinen Forderungen habe gezeigt, dass es hier grundsätzlich einer Klarheit bedürfe. Die Nachweisforderungen beruhten auf sachfremden Erwägungen, um das Verfahren zu Lasten der Klägerin zu verzögern. Auch wenn eine "Negativbescheinigung" eines e.V. erfolge, werde auch auf die nächste Antragstellung die Leistungsverweigerung folgen – siehe Bescheid vom 13.03.2012. Es sei nicht klar, auf welcher Grundlage der Beklagte welche Erklärung fordere; Inhalt und Form der geforderten Nachweise sei unbestimmt. Indem von ihr Negativmeldungen gefordert würden, werde sie in ihrer unentgeltlichen ehrenamtlichen Tätigkeit diskriminiert. Der Verein habe keine Beschäftigten. Aus verfassungsrechtlichen Gründen könnten Leistungen nur bei gesicherter Kenntnis, dass die Hilfebedürftigkeit entfalle, versagt werden. Eines Widerspruchsbescheides bedürfe es ausnahmsweise dann nicht, wenn Leistungen für die Gewährleistung der physischen Existenz notwendig seien und wenn der Widerspruchsbescheid verweigert werde. Im Übrigen liege auch nach ca. sechs Monaten kein Widerspruchsbescheid vor. Der Beklagte sei der Erweiterung der Klage nicht entgegen getreten. Aufgrund Sachdienlichkeit und engem Zusammenhang seien die nachfolgenden Bescheide einzubeziehen.
Des Weiteren begehrt die Klägerin vom Beklagten die Vorlage von Durchführungshinweisen, Handlungsempfehlungen, Geschäftsanweisungen und ggf. anderer sowie Zielvereinbarungen.
Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.07.2012 und den Bescheid des Beklagten vom 20.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 sowie die Bescheide vom 13.03.2012 und vom 22.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2012 aufzuheben und ihr über den 31.01.2012 hinaus Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, streitig sei der Bescheid vom 20.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011, mit dem der Beklagte die vormals zuerkannten Leistungen teilweise für die Zeit ab 01.11.2011 entzogen habe. Die Einwilligung des Beklagten zur begehrten Klageerweiterung sei weder in einem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Auch im Berufungsverfahren werde ausdrücklich die Nichteinwilligung zur beabsichtigen Klageänderung mitgeteilt, sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 als auch vom 01.08.2012 bis 31.01.2013. Da die Klägerin zumindest zeitweise über das Vereinskonto verfügungsberechtigt gewesen sei, genüge die Behauptung, aus der unstreitig betriebenen ehrenamtlichen Tätigkeit kein Einkommen zu erzielen, nicht. Es sei möglich, dass sie Einnahmen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit erziele, die dann aufgrund der bestehenden Verfügungsberechtigung vom dem Vereinskonto in den Verfügungsbereich der Klägerin gelangten. Insoweit trage sie allein die Beweislast.
Am 18.09.2012 hat die Klägerin im Berufungsverfahren eine Verzögerungsrüge erhoben. Am 05.10.2012 ist ein Hinweis des Gerichts zum Streitgegenstand des Berufungsverfahrens erfolgt.
Unter dem 26.02.2013 hat der Beklagte gemäß § 60 Abs. 1 SGB II den R e.V angeschrieben, mit der Bitte mitzuteilen, ob die Klägerin für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhalte, falls ja, deren monatliche Höhe oder sonst den Zeitpunkt der Zahlung und die Höhe der Aufwandsentschädigung. Die an die Vereinsanschrift in der W -K -S in B -E gerichtete Anfrage gelangte am 01.03.2013 als unzustellbar, weil der Empfänger unter der angegebnen Anschrift nicht zu ermitteln sei, an den Beklagten zurück. Laut Registerauskunft vom 05.03.2013 lautete die Anschrift des R e.V. "c/o U ... M , F S , B -E ".
Am 13.03.2013 ist die Räumung der Wohnung der Klägerin erfolgt. Zum Erörterungstermin der Berichterstatterin am 15.03.2013 ist die Klägerin nicht erschienen. Auf Anfrage hat das Arbeitsgericht Chemnitz am 22.03.2013 mitgeteilt, dass die Klägerin mit Ablauf der Amtsperiode zum 31.12.2010 als ehrenamtliche Richterin beim Arbeitsgericht Chemnitz ausgeschieden ist. Am 10.04.2013 hat der Beklagte die neue Anschrift der Klägerin mitgeteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände und 2 Heftungen, Bl. 1-1060) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur im tenorierten Umfang Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts vom 17.07.2012 ist dementsprechend teilweise zu ändern.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht, weil der Klägerin mit dem angegriffenen Bescheid die zuvor bewilligte Regelleistung in Höhe von 364,00 für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.01.2012, also (3 x 364 =) 1.092,00 EUR entzogen bekommen hat. Darüber hinaus begehrte sie schon beim Sozialgericht die Weitergewährung von Leistungen über den 01.02.2012 hinaus.
Die Berufung ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht insgesamt abgewiesen, denn der Entziehungsbescheid vom 20.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (1.). Sie kann hingegen keine Verpflichtung des Beklagten zur Leistung für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 verlangen (2.). 1. Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides vom 20.11.2011 ist somit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 maßgebend (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 RdNr. 38b).
Eine unmittelbare Klage auf existenzsichernde Leistungen kommt nur in Betracht, wenn sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 25.02.2013 – B 14 AS 133/12 B, zitiert nach Juris, RdNr. 5 mit Verweis auf Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R = BSGE 104, 26 = SozR 4-1200 § 66 Nr. 5). Eine Verpflichtung zur Leistung ist vorliegend jedenfalls für den Leistungszeitraum vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 auch nicht erforderlich, weil es sich bei dem angegriffenen Bescheid um einen Entziehungsbescheid handelt, so dass mit dessen Aufhebung sogleich die ursprüngliche Bewilligung von Leistungen für diesen Zeitraum wieder wirksam wird. Die Klägerin könnte dann aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 28.07.2011 die dort gewährten Leistungen zumindest vorläufig vollständig beanspruchen. Die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung bzw. eine Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dürften allerdings immer noch nicht vorliegen, weil immer noch nicht feststeht, ob und ggf. in welchem Umfang die Klägerin vom R e.V. Zahlungen (Aufwandsentschädigung, zweckgebundene Einnahme o.Ä.) erhalten hat und wie diese im Rahmen des SGB II zu qualifizieren sind.
a) Voraussetzung für die Versagung von Leistungen ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, dass derjenige, der eine Sozialleistung – wie hier – beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3.). Bei der Entscheidung, ob die beantragte Leistung nach § 66 SGB I mangels Mitwirkung versagt wird, ist dem Leistungsträger Ermessen eingeräumt.
b) Zunächst waren der Klägerin mit bindendem Bewilligungsbescheid vom 28.07.2011 vorläufig Leistungen bewilligt und sie zugleich gebeten worden, Nachweise über die ehrenamtliche Tätigkeit einzureichen. Nachdem sie mitgeteilt hatte, dass sie kein Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit habe, hat sie der Beklagte in der Folge mit Schreiben vom 06.09.2011 und vom 27.09.2011 zur Mitwirkung aufgefordert, einen Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. eine Negativmeldung aus ehrenamtlicher Tätigkeiten (Verein R e.V. sowie gerichtliche Tätigkeit) vorzulegen und sich von entsprechender Stelle bestätigen zu lassen. Dem ist die Klägerin nicht gefolgt.
In der Rechtsprechung des BSG zu den Voraussetzungen einer Versagung nach § 66 SGB I ist geklärt, dass zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I unter Umständen auch Auskünfte gehören, die einen Dritten betreffen, soweit sie für die Gewährung der Leistung von Bedeutung sind. So hat das BSG den Empfänger von Arbeitslosenhilfe für verpflichtet gehalten, über die Einkommensverhältnisse seines Partners Auskunft zu erteilen, wenn feststeht, dass ihm diese bekannt sind (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988 – 7 RAr 70/87, RdNr. 16), und zwar gerade auch für den Fall, dass - wie hier bezogen auf den Verein - davon ausgegangen werden muss, dass der Dritte keine Angaben machen wird.
Sowohl hinsichtlich ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin als auch hinsichtlich ihrer Tätigkeit für den R e.V. war die Klägerin zu den gewünschten Auskünften in der Lage und gemäß § 60 SGB I auch verpflichtet, hierzu Angaben zu machen. Es hätte ebenso genügt mitzuteilen, seit wann sie nicht mehr als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz und beim Arbeitsgericht Chemnitz tätig war und ggf. die Entbindungsschreiben o.Ä. als "Negativbescheinigung" vorzuzeigen. Nicht zu beanstanden ist auch die Forderung des Beklagten, hinsichtlich ihrer Tätigkeit für den Verein R e.V. Nachweise über Einnahmen bzw. eine "Negativbescheinigung", also eine Bestätigung des Vereins, dass die Klägerin vom Verein keinerlei Zahlungen erhält, vorzulegen. Die Klägerin ist als Leistungsempfängerin nach dem SGB II verpflichtet, alle ihrer Einnahmen anzugeben. Die Beurteilung, ob es sich bei diesen Einnahmen um Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, obliegt nicht der Klägerin sondern dem Beklagten.
Zutreffend hat der Beklagte daher angenommen, dass zunächst die Klägerin gehalten ist, die gewünschten Auskünfte zu ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten beizubringen. Da sie zuletzt 2006 mitgeteilt hatte, dass sie als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz und beim Arbeitsgericht Chemnitz berufen worden war, bestand auch im Jahr 2011 noch Anlass, bei ihr wegen der mit diesen Tätigkeiten erzielten Einnahmen nachzufragen. Insbesondere bedeutete der Ablauf der fünfjährigen Amtszeit als ehrenamtliche Richterin nicht ohne Weiteres, dass diese Ehrenämter nun nicht mehr ausgeübt wurden, weil grundsätzlich eine Wiederberufung möglich gewesen wäre. Insoweit war die Klägerin gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet mitzuteilen, dass und seit wann sie nicht mehr als ehrenamtliche Richterin tätig war. Dies hat sie erst mit der Berufungsschrift getan, in der sie mitgeteilt hat, seit April 2011 nicht mehr ehrenamtlich tätig zu sein. Davor hatte das Sozialgericht bereits gerichtsintern ermittelt, dass sie dort nicht mehr als ehrenamtliche Richterin tätig war. Dasselbe hatte für das Ende ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin in der Arbeitsgerichtsbarkeit zum 31.12.2010 zu gelten.
c) Allerdings durfte der Beklagte nicht sogleich eine Entziehung der Leistungen vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 verfügen, ohne zuvor andere, naheliegende Ermittlungsmöglichkeiten zu den erforderlichen Auskünften und Feststellungen ausgeschöpft zu haben. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Versagungs- und Entziehungsbescheides liegen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I erst vor, wenn durch die fehlende Mitwirkung des an sich zur Mitwirkung Verpflichteten die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R, RdNr. 16) eröffnet § 60 SGB II dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit, sich unmittelbar an den Dritten zu wenden. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II hat derjenige, der jemandem, der eine Leistung nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn Guthaben führt oder Vermögensgegenstände verwahrt, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben des Leistungsträgers erforderlich ist. Außerdem ist nach § 60 Abs. 3 Nr. 1 SGB II dementsprechend verpflichtet, der Agentur für Arbeit auf Verlangen über die Beschäftigung, insbesondere über das Arbeitsentgelt, Auskunft zu erteilen, wer jemanden, der Leistungen nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, beschäftigt. Während § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I nur den Antragsteller oder Leistungsempfänger selbst betrifft, erfasst § 60 SGB II Auskunftspflichten Dritter, die für den Leistungsanspruch des Antragstellers von Bedeutung sein können.
Nach Ansicht des Senats hätte der Beklagte die Klägerin zunächst gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. SGB I auffordern können, ihre Zustimmung zum Einholen von Auskünften durch den Beklagten selbst bei den Gerichten bzw. beim R e.V. zu erteilen. Darüber hinaus ermächtigt § 60 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II den Beklagten, u.U. direkt bei Gericht bzw. beim Verein – wie mit Schreiben vom 26.02.2013 geschehen – oder bei den übrigen Vorstandsmitgliedern nachzufragen. Die bisherigen Angaben der Klägerin, dass sie in der Betreuung für den Verein tätig sei, und der Umstand, dass sie dem Vorstand des Vereins angehört, rechtfertigen es davon auszugehen, dass sie vom Verein Leistungen beziehen könnte, die zumindest geeignet sind, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern. Aus der Stellung der Klägerin als Vereinsvorstand folgt nichts anderes. Es spricht zwar viel dafür, dass die Klägerin als Vorstandsmitglied und als postalische Anlaufstelle des Vereins auch hätte verhindern können, dass die übrigen Vorstandsmitglieder Angaben zu etwaigen Zahlungen des Vereins an die Klägerin machen; es erscheint aber auch nicht völlig ausgeschlossen, dass vom weiteren Vereinsvorstand hierzu Angaben hätten erlangt werden können. Es ist nicht ersichtlich, was einer entsprechenden Nachfrage vor Erlass des Entziehungsbescheides vom 22.11.2011 entgegen gestanden haben könnte.
d) Darüber hinaus steht § 66 Abs. 3 SGB I der Entziehung im vorliegenden Falle entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
Hierzu hat das BSG (Urteil vom 25.10.1988, a.a.O., RdNr. 18f.) entschieden:
Tenor:
"Das LSG hat gemeint, diese formellen Voraussetzungen für die Versagung seien hier beachtet worden, weil die Klägerin in dem Schreiben vom 27.08.1985 einen entsprechenden Hinweis erhalten habe und ihr gleichzeitig eine im gegebenen Falle angemessen lange Frist gesetzt worden sei. Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht zu folgen. Es mag zutreffen, dass gegen die Frist nichts einzuwenden ist. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob schon zu beanstanden ist, dass die Beklagte von der Klägerin in dem Schreiben ‚Einkommensnachweise über das Nettoeinkommen des M.’ verlangt hat, obwohl es der Beklagten, wie das LSG festgestellt hat, nur um wahrheitsgemäße Angaben über die Höhe des Einkommens ging. Die ausgesprochene Versagung der Alhi ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin nicht, wie dies nach § 66 Abs. 3 SGB I erforderlich ist, schriftlich auf die in ihrem Fall zu erwartende Folge der Nichtangabe des Einkommens des M. hingewiesen worden ist. Der in § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene vorherige Hinweis ist eine zwingende Voraussetzung der Versagung. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt und durch die spätere Entscheidung nach § 66 SGB I nicht überrascht wird. Der Hinweis darf sich daher, wie der Senat schon entschieden hat, nicht auf die Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder Belehrungen allgemeiner Art beschränken (BSG SozR 4100 § 132 Nr 1). Er muss vielmehr anhand der dem Leistungsträger durch § 66 Abs. 1 und 2 SGB I eingeräumten Entscheidungsmöglichkeiten unmissverständlich und konkret die Entscheidung bezeichnen, die im Einzelfall beabsichtigt ist, wenn der Betroffene dem Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Im vorliegenden Falle ist solange, als das Einkommen des M. nicht feststeht, zweifelhaft, ob der Klägerin überhaupt ein Anspruch auf Alhi zusteht. Da deshalb allein die völlige Versagung der Alhi in Betracht kam, hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass sie die Alhi gemäß § 66 SGB I ganz versagen werde, wenn die Klägerin die geforderten Angaben über das Einkommen des M. nicht innerhalb der gesetzten Frist mache. Das ist hier nicht geschehen. Der gegebene Hinweis, dass die Leistung gemäß § 66 SGB I ganz oder teilweise versagt werden könne, wenn die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I nicht nachkomme, beschreibt lediglich mit den Worten des Gesetzes die rechtlichen Möglichkeiten, die dem Leistungsträger in Fällen dieser Art durch § 66 Abs 1 SGB I eingeräumt worden sind. Er lässt jedoch weder eine Absicht der Beklagten erkennen, nach Ablauf der Frist nach § 66 SGB I zu verfahren, noch, welches Ausmaß die Versagung im Falle der Klägerin haben werde. Ein solcher Hinweis gewährleistet daher nicht, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt."
Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, war die Formulierung in den Schreiben des Beklagten, mit denen er die Klägerin zur Mitwirkung aufforderte, zumindest missverständlich. Nachdem die Klägerin mit Schrei¬ben vom 22.08.2011 mitgeteilt hatte, dass die Tätigkeit für den R e.V. ohne Entgelt erfolge, hat der Beklagte mit Schreiben vom 06.09.2011 als noch benötigte Unterlagen "Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. Negativmeldung aus ehrenamtlichen Tätigkeiten (Verein Re sowie gerichtliche Tätigkeit) – bitte von entsprechender Stelle bestätigen lassen ( )." gefordert. Wie bereits erwähnt, hatte die Klägerin Angaben zu etwaigen Einnahmen zu machen und die Bewertung, ob es sich dabei um Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II handelt, dem Beklagten zu überlassen. Aus ihren Einlassungen könnte zwar geschlossen werden, dass sie tatsächlich Einnahmen z.B. als Aufwandsentschädigung, Reise- oder Fahrtkosten o.Ä. hatte, diese jedoch – jedenfalls aus ihrer Sicht – nicht als Einkommen ansah. Gefragt hatte der Beklagte allerdings tatsächlich nach Einkommen.
Dass genauere Angaben erforderlich sind, um über den Leistungsanspruch der Klägerin sachgerecht entscheiden zu können, ergibt sich auch aus den späteren Mitwirkungsaufforderungen des Beklagten, die Angaben zu den Vertretungsverhältnissen im Verein, etwaigen Aufwandsentschädigungen usw. betreffen. Aus den allesamt nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 ergangenen konkreteren Mitwirkungsaufforderungen, in denen die Klägerin detailliert und zutreffend nach ihrer Tätigkeit für den R e.V. befragt wurde (z.B. Schreiben vom 04.10.2012), ergibt sich für jedermann klar und nachvollziehbar, welche Angaben und Mitteilungen von der Klägerin erwartet werden, während dies bei der Formulierung der hier streitgegenständlichen Mitwirkungsaufforderungen vom 06.09.2011 und 27.09.2011 nicht ohne Weiteres der Fall war. Diese Schreiben lassen Auslegungsmöglichkeiten zu, die es aus Sicht des Adressaten ausreichend erscheinen lassen könnten, anzugeben, dass kein Einkommen erzielt werde. Die Mitwirkungsaufforderung vom 04.12.2012 enthält derartige Auslegungsmöglichkeiten nicht.
Ferner entspricht die im Bescheid vom 22.10.2011 ausgesprochene teilweise Entziehung von bereits bewilligten Leistungen nicht den zuvor ausgesprochenen Mitwirkungsaufforderungen vom 06.09.2011 und 27.09.2011. Während im Schreiben vom 06.09.2011 noch zutreffend darauf hingewiesen wurde, dass die Geldleistungen ganz entzogen werden können, spricht die nachfolgende Mitwirkungsaufforderung vom 27.09.2011, die an die Erledigung des Schreibens vom 06.09.2011 erinnerte, davon, dass Geldleistungen ganz versagt werden können. In beiden Schreiben heißt es, dass dies bedeute, dass sie (die Klägerin) keine Leistungen erhalte. Damit erschöpfen sich beide Schreiben hinsichtlich der anzukündigenden Folgen der fehlenden Mitwirkung im Wesentlichen in einer Wiederholung des Gesetzestextes, denn es wird lediglich auf die Möglichkeit der vollständigen Entziehung bzw. Versagung von Leistungen hingewiesen.
Schließlich hat der "Versagungs-/¬Ent¬ziehungsbescheid" vom 20.10.2011 nicht vollständig, sondern entgegen der vorherigen Mitwirkungsaufforderungen nur teilweise Leistungen "versagt", obwohl mit diesem Bescheid tatsächlich die vorläufig bewilligten Leistungen teilweise entzogen worden sind. Ob diese Einschränkung in dem angekündigten vollständigen Verlust von Leistungen als Minus enthalten war oder nicht, muss nicht entscheiden werden, weil der angegriffene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 bereits aus den o.g. Gründen rechtswidrig und deswegen aufzuheben ist.
2. Die von der Klägerin weiterverfolgte Leistungsklage auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.02.2012 ist unzulässig und unbegründet. a) Zunächst unterscheidet sich ein Leistungsbegehren grundsätzlich von der gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I - wie hier - gerichteten reinen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 2 SGG. Eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG ist daher grundsätzlich unstatthaft (vgl. BSG, Urteile vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R, RdNr. 12 m.w.N. und vom 17.02.2004 - B 1 KR 4/02 R; RdNr. 12). Zwar hat das BSG in der Entscheidung vom 01.07.2009 (B 4 AS 78/08 R) bei Streitigkeiten über existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II für den Fall, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde, eine Leistungsklage für möglicherweise zulässig gehalten. Diese Überlegungen haben aber einen Sachverhalt betroffen, in dem zur Aufklärung des Sachverhalts die Einholung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einer dritten Person, die Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sein konnte, erforderlich war. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch ist hier nicht ersichtlich, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen wird. Die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass im Falle einer Versagung eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG unstatthaft ist (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 a.a.O.), liegen nicht vor. Eine Klage auf Leistungsgewährung im Fall des Erlasses eines Versagensbescheides nach § 66 SGB I ist danach zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder von der klagenden Partei behauptet wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn nach wie vor steht nicht fest, ob und ggf. in welchem Umfang, die Klägerin bei ihrer Tätigkeit für den R e.V. Einnahmen erzielt, die ggf. als Einkommen anzurechnen sind. Da auch die Ermittlungen des Beklagten direkt beim R e.V. ohne Erfolg waren, ist der Beklagte insoweit auf die Mitwirkung der Klägerin angewiesen (s.o.). Die Klägerin ist insoweit verpflichtet, bei der Aufklärung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, mitzuwirken (vgl. zum Umfang der Mitwirkungspflicht u. a. durch die Vorlage von Kontoauszüge: BSG Urteile vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R - und vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R).
b) Darüber hinaus liegt für den Zeitraum ab 01.02.2012 liegt ein Versagungsbescheid vom 13.03.2012 vor, der bestandskräftig geworden ist, weil die Klägerin nicht innerhalb der maßgeblichen Frist Widerspruch eingelegt hat und nach Einlegung des Widerspruchs nach Ablauf der Widerspruchsfrist zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, aber zu keinem Zeitpunkt Gründe für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist vorgebracht hat. Schon dieser Bescheid steht einer Leistungsgewährung ab 01.02.2012 entgegen. Für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ist zudem am 21.08.2012 ein Überprüfungsbescheid ergangen, der sich im Widerspruchsverfahren befindet.
c) Den Versagungsbescheid vom 22.06.2012 hat die Klägerin zwar mit Widerspruch vom 08.08.2012 angegriffen. Dieser ist jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist verworfen worden. Hiergegen ist die Klägerin zwar – im Berufungsverfahren – im Wege der Klageerweiterung der streitgegenständlichen Klage vorgegangen. Der Beklagte hat der Klageerweiterung gemäß § 99 Abs. 1 SGG widersprochen. Die Klageerweiterung ist aus Sicht des Senats auch nicht sachdienlich i.S.d. § 99 Abs. 1 SGG. Sie bedeutet einerseits eine Erweiterung auf einen andern Bewilligungszeitraum. Folgezeiträume sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 26.05.2011 – B 7 AS 14 146/10 R, RdNr. 16 m.w.N.) nicht einzubeziehen. Andererseits ist der Prüfungsgegenstand in diesem Verfahren ein anderer als im Ursprungsverfahren, es geht nämlich insbesondere um die Frage, ob die Widerspruchsfrist gewahrt ist.
Ab 01.08.2012 hat der Beklagte der Klägerin monatliche Leistungen bewilligt, so dass dieser Zeitraum ohnehin nicht mehr erfasst ist.
Daher hat die Berufung nur teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, denn Zulassungsgründe i.S.d. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr.Anders Brügmann Wagner
II. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten für beide Instanzen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt in der Hauptsache die (Weiter-) Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 und die Gewährung von Leistungen ab 01.02.2012.
Die Klägerin bezieht seit 2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten und Berufungsbeklagten (damals ArGe F , Dienststelle B -E , seit 01.01.2013 Jobcenter Mittelsachsen; im Folgenden: Beklagter).
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die für die Klägerin bestimmten Leistungen auf das Konto des R e.V. bei der VR-Bank Mittelsachsen eG überwiesen worden waren, teilte der Beklagte dies dem Finanzamt F mit. Daraufhin forderte die Klägerin am 06.07.2011, die Zahlungen auf dieses Konto einzustellen; der Beklagte sei zur Ermittlung des Kontoinhabers nicht befugt gewesen und ein Einverständnis zur Datenabfrage habe nicht vorgelegen. Es habe sich um ein Gemeinschaftskonto zur Kostenersparnis gehandelt.
Zu ihrem Lebenslauf hat die Klägerin am 14.06.2011 angegeben, dass sie seit 01.03.1989 ehrenamtlich als Fachkraft - Betreuung beim R e.V. tätig sei; in der EDV der Agentur für Arbeit (Bl. III/744 der Leistungsakte) ist seit 27.10.2007 Arbeitslosigkeit gespeichert. Am 17.10.2006 hatte sie angegeben als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht und beim Arbeitsgericht C tätig zu sein und hierzu Kopien der Berufungsurkunden übersandt.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin vom 06.07.2011, auf dem in grüner Schrift "Postscheck" sowie "Nachweis ehrenamtl. Tätigkeiten (Schöffe, R e.V.) folgen" vermerkt ist, bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 28.07.2011 für die Zeit vom 01.08.2011 bis 31.01.2012 vorläufig monatliche Leistungen in Höhe von 681,63 EUR. Es könne vorerst keine endgültige Entscheidung getroffen werden. Die Klägerin wurde gebeten, einen Nachweis über die ehrenamtliche Tätigkeit einzureichen.
Am 26.07.2011 teilte die Klägerin mit, dass sie sich ab sofort in einer Reha-Maßnahme befinde. Am 25.08.2011 erhob sie gegen den Bescheid vom 28.07.2011 Widerspruch (W 2774/11), der mit Widerspruchsbescheid vom 23.09.2011 zurückgewiesen wurde. Gegen diesen wurde keine Klage erhoben.
Mit Schreiben vom 22.08.2011 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zum Nachweis der ehrenamtlichen Tätigkeit, dass die Tätigkeit bei und für den R e.V. ehrenamtlich – für gemeinnützige Zwecke – sei und ohne Entgelt erfolge. Daraufhin forderte der Beklagte sie mit Schreiben vom 06.09.2011 zur Mitwirkung auf, bis 23.09.2011 folgende noch benötigte Unterlagen vorzulegen: "Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. Negativmeldung aus ehrenamtlichen Tätigkeiten (Verein R sowie gerichtliche Tätigkeit) – bitte von entsprechender Stelle bestätigen lassen ( ) Haben Sie bis zu dem genannten Termin nicht reagiert oder die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht, können die Geldleistungen ganz entzogen werden, bis Sie die Mitwirkung nachholen (§§ 60, 66, 67 SGB I). Dies bedeutet, dass Sie keine Leistungen erhalten. ( )". Mit Schreiben vom 27.09.2011 erinnerte der Beklagte die Klägerin an die Aufforderung zur Mitwirkung, setzte eine neue Frist bis 14.10.2011 und wies auf die Versagungsmöglichkeit nach §§ 60, 66, 67 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hin.
Nachdem hierzu keine weitere Erklärung erfolgte, erließ der Beklagte am 20.10.2011 einen Versagungs- und Entziehungsbescheid, mit dem der Klägerin monatlich ab 01.11.2011 die Leistungen teilweise in Höhe von 364,00 EUR versagt bzw. entzogen wurden. Trotz Belehrung habe sie die fehlenden Unterlagen/Nach¬weise bezüglich ihrer ehrenamtlichen Tätigkeiten, welche für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend benötigt würden, nicht vorgelegt. Dadurch sei sie ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Im Rahmen der Ermessensentscheidung seien folgende Gesichtspunkte berücksichtigt worden: Da dem Beklagten nicht bekannt sei, welches Ehrenamt als Richterin sie konkret bekleide, sei eine Ermittlung etwaiger Einkünfte aus dem Ehrenamt nicht möglich. Da mangels Unterlagen keine Berechnung möglich sei, werde zunächst davon ausgegangen, dass eine Anrechung eine Anspruchsminderung zur Folge hätte. Entsprechend erfolge die Entziehung der Regelleistung.
Durch telefonische Nachfrage beim Registergericht ermittelte der Beklagte, dass der R e.V. mit Sitz in der Dr. W -K -Str. in B -E eingetragen ist; Vereinsvorstände seien M T , die Klägerin und B M.
Den Widerspruch der Klägerin vom 28.10.2011 gegen den Bescheid vom 20.10.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2011 zurück (W 3248/11).
Dagegen hat die Klägerin am Montag, dem 07.12.2011, beim Sozialgericht Chemnitz Klage mit dem Ziel erhoben, die Zahlungen wieder aufzunehmen. Zur Begründung wurde ein Schreiben übergeben, dem sich entnehmen lässt, dass die verlangte Negativmeldung einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre darstelle. Dass die Gewährung von Leistungen davon abhängig gemacht werde, sei verfassungswidrig. Die Anrechnung von Aufwands- und Fahrtkostenentschädigungen sei verfassungswidrig und bei der Anrechnung von Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten dürfte ebenfalls das Diskriminierungsverbot verletzt sein. Auf gerichtliche Nachfrage hat die Klägerin mitgeteilt, dass ein Konto derzeit nicht geführt werde. Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Auf den Folgeantrag vom 01.02.2012 hat der Beklagte abermals einen Nachweis gefordert über Einkommen aus ehrenamtlichen Tätigkeiten beim Verein R e.V. sowie gerichtlicher Tätigkeit bzw. Negativmeldung (von entsprechenden Stellen bestätigt). Am 21.02.2012 hat er die Klägerin an die Übersendung der Unterlagen erinnert und mit Bescheid vom 13.03.2012 die Leistungen ab 01.02.2012 ganz versagt. Dagegen hat sich die Klägerin mit am 08.05.2012 eingegangenem Schreiben vom 04.05.2012 gewandt, denn sie habe das Schreiben vom 13.03.2012 erst jetzt erhalten und mache Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. Überprüfung der Entscheidung geltend. Zu Wiedereinsetzungsgründen ist nichts vorgetragen worden. Die Klägerin hat ausgeführt, es sei seit Monaten bekannt, dass ein Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit nicht bezogen werde. Die geforderte Negativbescheinigung sei gesetzeswidrig. Aufwandsentschädigungen seien steuerfrei und eine Mitteilungspflicht bestehe nicht - siehe Weisung der BA zu § 11 SGB II Rn. 11.96. Es handele sich um eine Kompetenzüberschreitung und anmaßende Nachforschung. Es sei auch keine Aufwandsentschädigung aus nebenberuflicher Tätigkeit (z.B. Übungsleiter, Ausbilder) bezogen worden. Der vom Beklagten zugesicherte Ausgleich des Mietkontos sei nicht erfolgt.
Dieses Schreiben hat der Beklagte als Folgeantrag gewertet und die Klägerin mit Schreiben vom 11.05.2012 aufgefordert, den Formularantrag und die Anlage EK auszufüllen, die Nachweise bzw. Negativmeldungen über Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit vorzulegen und mitzuteilen, wann der Versagungsbescheid zugegangen sei. An die Erledigung dieses Schreibens hat der Beklagte am 01.06.2012 erinnert. Mit Bescheid vom 22.06.2012 hat der Beklagte die Gewährung von Leistungen ab 01.05.2012 mangels Mitwirkung abermals ganz versagt. Nach Ablauf der Lagerfrist ist der Rückschein zum Übergabeeinschreiben, mit dem dieser Bescheid versandt worden ist, zur Leistungsakte zurückgelangt. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 08.08.2012, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 verworfen hat.
In der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht am 17.07.2012 hat die Klägerin erklärt, sie werde keine Negativbescheinigung vom R e.V. vorlegen und sie erweitere die Klage auf Leistungen ab 01.02.2012.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.07.2012 abgewiesen. Die Klage sei bezüglich der Anfechtung der Entziehung unbegründet, im Übrigen jedoch unzulässig. Zunächst hat das Sozialgericht betreffend der Entziehung gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Widerspruchsbescheid verwiesen, dem es folge. Darüber hinaus hat das Gericht festgestellt, dass die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum kein Ehrenamt als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz bekleidet, sodass insofern Einkünfte nicht in Betracht kämen. Die Klägerin habe jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten und auf Aufforderung des Gerichts keinen Nachweis erbracht, dass sie beim Verein R e.V. keine Einkünfte erziele. Sie habe sich vielmehr in der mündlichen Verhandlung geweigert, eine Negativbescheinigung vorzulegen. Es sei für das Gericht schlechthin nicht nachvollziehbar, warum sich die Klägerin derart beharrlich weigere, eine entsprechende Erklärung des Vorstands beizubringen. Es könne daher vom Beklagten nicht festgestellt werden, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin Einkünfte erziele. Daher habe der Beklagte zu Recht der Klägerin die Leistungen entzogen. Was die Gewährung von Leistungen ab 01.02.2012 betreffe, sei die Klage unzulässig, da das erforderliche Widerspruchsverfahren diesbezüglich nicht durchgeführt sei. Dies sei jedoch Verfahrensvoraussetzung.
Gegen das Urteil richtet sich die am 13.08.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 (W 1998/12) hat der Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 22.06.2012 wegen Verfristung als unzulässig verworfen.
Am 21.08.2012 ist ein Versagungsbescheid für die ab 01.08.2012 beantragten Leistungen ergangen und zugleich ein Überprüfungsbescheid zum Versagungsbescheid vom 13.03.2012, mit dem die Änderung dieses Bescheides abgelehnt worden ist, weil die Klägerin die der Versagung zugrunde liegenden Unterlagen nach wie vor nicht eingereicht habe. Dem Widerspruch der Klägerin gegen den Versagungsbescheid vom 21.08.2012 (W 2109/12) hat der Beklagte abgeholfen und mit Bescheid vom 13.09.2012 vorläufig den Regelbedarf und den Bedarf für Unterkunft und Heizung, zusammen 691,63 EUR monatlich, für die Zeit vom 01.08.2012 bis 31.01.2013 bewilligt.
Ebenfalls am 27.08.2012 hat die Klägerin gegen den Überprüfungsbescheid vom 21.08.2012 hinsichtlich der Versagung von Leistungen vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 Widerspruch erhoben (W 2110/12). Im Rahmen dieses Widerspruchsverfahrens ist sie am 04.10.2012 aufgefordert worden mitzuteilen, ob und in welchem zeitlichen Umfang sie in dieser Zeit für den R e.V., als dessen Vorstand sie wohl auch fungiere, tätig gewesen sei. Zum Zweck, Namen und Sitz des Vereins ist um Auskunft und Vorlage der Satzung (auszugsweise hinsichtlich der Befugnisse des Vorstandes) gebeten worden, ferner ob und in welcher Form geregelt sei, dass für den Verein ehrenamtlich Tätige Aufwandsentschädigungen erhalten. Dies solle die Klägerin auch für sich selbst erklären. Denn entgegen der weit verbreiteten Auffassung handele es sich auch bei Aufwandsentschädigungen aus ehrenamtlicher Betätigung um Einkommen, dessen Anrechnung nach den Grundsätzen der §§ 11, 11b SGB II zu prüfen sei. Alle vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 eingetretenen Änderungen seien mitzuteilen. Es seien noch Feststellungen nötig, wofür die Mithilfe der Klägerin in o.g. Form benötigt werde. Am selben Tag ist die Mitwirkung der Klägerin im Rahmen des Folgeantrages angefordert worden.
Im Berufungsverfahren trägt die Klägerin vor, sie habe kein Problem damit, die Entschädigungslosigkeit der ehrenamtlichen Tätigkeit bei dem e.V. beizubringen. Es sei dem Beklagten sehr wohl bekannt, dass seit April 2011 keine ehrenamtliche Richtertätigkeit ausgeübt werde, dennoch seien Nachweise abgefordert worden. Das extensiv rigide Ausmaß der Leistungsverweigerung beim Beklagten aufgrund dieser allgemeinen Forderungen habe gezeigt, dass es hier grundsätzlich einer Klarheit bedürfe. Die Nachweisforderungen beruhten auf sachfremden Erwägungen, um das Verfahren zu Lasten der Klägerin zu verzögern. Auch wenn eine "Negativbescheinigung" eines e.V. erfolge, werde auch auf die nächste Antragstellung die Leistungsverweigerung folgen – siehe Bescheid vom 13.03.2012. Es sei nicht klar, auf welcher Grundlage der Beklagte welche Erklärung fordere; Inhalt und Form der geforderten Nachweise sei unbestimmt. Indem von ihr Negativmeldungen gefordert würden, werde sie in ihrer unentgeltlichen ehrenamtlichen Tätigkeit diskriminiert. Der Verein habe keine Beschäftigten. Aus verfassungsrechtlichen Gründen könnten Leistungen nur bei gesicherter Kenntnis, dass die Hilfebedürftigkeit entfalle, versagt werden. Eines Widerspruchsbescheides bedürfe es ausnahmsweise dann nicht, wenn Leistungen für die Gewährleistung der physischen Existenz notwendig seien und wenn der Widerspruchsbescheid verweigert werde. Im Übrigen liege auch nach ca. sechs Monaten kein Widerspruchsbescheid vor. Der Beklagte sei der Erweiterung der Klage nicht entgegen getreten. Aufgrund Sachdienlichkeit und engem Zusammenhang seien die nachfolgenden Bescheide einzubeziehen.
Des Weiteren begehrt die Klägerin vom Beklagten die Vorlage von Durchführungshinweisen, Handlungsempfehlungen, Geschäftsanweisungen und ggf. anderer sowie Zielvereinbarungen.
Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 17.07.2012 und den Bescheid des Beklagten vom 20.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011 sowie die Bescheide vom 13.03.2012 und vom 22.06.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.08.2012 aufzuheben und ihr über den 31.01.2012 hinaus Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, streitig sei der Bescheid vom 20.10.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.11.2011, mit dem der Beklagte die vormals zuerkannten Leistungen teilweise für die Zeit ab 01.11.2011 entzogen habe. Die Einwilligung des Beklagten zur begehrten Klageerweiterung sei weder in einem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung erfolgt. Auch im Berufungsverfahren werde ausdrücklich die Nichteinwilligung zur beabsichtigen Klageänderung mitgeteilt, sowohl hinsichtlich des Zeitraums vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 als auch vom 01.08.2012 bis 31.01.2013. Da die Klägerin zumindest zeitweise über das Vereinskonto verfügungsberechtigt gewesen sei, genüge die Behauptung, aus der unstreitig betriebenen ehrenamtlichen Tätigkeit kein Einkommen zu erzielen, nicht. Es sei möglich, dass sie Einnahmen aus der ehrenamtlichen Tätigkeit erziele, die dann aufgrund der bestehenden Verfügungsberechtigung vom dem Vereinskonto in den Verfügungsbereich der Klägerin gelangten. Insoweit trage sie allein die Beweislast.
Am 18.09.2012 hat die Klägerin im Berufungsverfahren eine Verzögerungsrüge erhoben. Am 05.10.2012 ist ein Hinweis des Gerichts zum Streitgegenstand des Berufungsverfahrens erfolgt.
Unter dem 26.02.2013 hat der Beklagte gemäß § 60 Abs. 1 SGB II den R e.V angeschrieben, mit der Bitte mitzuteilen, ob die Klägerin für ihre ehrenamtliche Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhalte, falls ja, deren monatliche Höhe oder sonst den Zeitpunkt der Zahlung und die Höhe der Aufwandsentschädigung. Die an die Vereinsanschrift in der W -K -S in B -E gerichtete Anfrage gelangte am 01.03.2013 als unzustellbar, weil der Empfänger unter der angegebnen Anschrift nicht zu ermitteln sei, an den Beklagten zurück. Laut Registerauskunft vom 05.03.2013 lautete die Anschrift des R e.V. "c/o U ... M , F S , B -E ".
Am 13.03.2013 ist die Räumung der Wohnung der Klägerin erfolgt. Zum Erörterungstermin der Berichterstatterin am 15.03.2013 ist die Klägerin nicht erschienen. Auf Anfrage hat das Arbeitsgericht Chemnitz am 22.03.2013 mitgeteilt, dass die Klägerin mit Ablauf der Amtsperiode zum 31.12.2010 als ehrenamtliche Richterin beim Arbeitsgericht Chemnitz ausgeschieden ist. Am 10.04.2013 hat der Beklagte die neue Anschrift der Klägerin mitgeteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände und 2 Heftungen, Bl. 1-1060) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin hat nur im tenorierten Umfang Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts vom 17.07.2012 ist dementsprechend teilweise zu ändern.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert von 750,00 EUR erreicht, weil der Klägerin mit dem angegriffenen Bescheid die zuvor bewilligte Regelleistung in Höhe von 364,00 für die Zeit vom 01.11.2011 bis 31.01.2012, also (3 x 364 =) 1.092,00 EUR entzogen bekommen hat. Darüber hinaus begehrte sie schon beim Sozialgericht die Weitergewährung von Leistungen über den 01.02.2012 hinaus.
Die Berufung ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht insgesamt abgewiesen, denn der Entziehungsbescheid vom 20.11.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (1.). Sie kann hingegen keine Verpflichtung des Beklagten zur Leistung für die Zeit vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 verlangen (2.). 1. Gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung ist grundsätzlich nur die reine Anfechtungsklage gegeben. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Entziehungsbescheides vom 20.11.2011 ist somit die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 maßgebend (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 54 RdNr. 38b).
Eine unmittelbare Klage auf existenzsichernde Leistungen kommt nur in Betracht, wenn sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 25.02.2013 – B 14 AS 133/12 B, zitiert nach Juris, RdNr. 5 mit Verweis auf Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R = BSGE 104, 26 = SozR 4-1200 § 66 Nr. 5). Eine Verpflichtung zur Leistung ist vorliegend jedenfalls für den Leistungszeitraum vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 auch nicht erforderlich, weil es sich bei dem angegriffenen Bescheid um einen Entziehungsbescheid handelt, so dass mit dessen Aufhebung sogleich die ursprüngliche Bewilligung von Leistungen für diesen Zeitraum wieder wirksam wird. Die Klägerin könnte dann aufgrund des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 28.07.2011 die dort gewährten Leistungen zumindest vorläufig vollständig beanspruchen. Die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung bzw. eine Entscheidung nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 328 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dürften allerdings immer noch nicht vorliegen, weil immer noch nicht feststeht, ob und ggf. in welchem Umfang die Klägerin vom R e.V. Zahlungen (Aufwandsentschädigung, zweckgebundene Einnahme o.Ä.) erhalten hat und wie diese im Rahmen des SGB II zu qualifizieren sind.
a) Voraussetzung für die Versagung von Leistungen ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, dass derjenige, der eine Sozialleistung – wie hier – beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (Nr. 1), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (Nr. 2) und Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (Nr. 3.). Bei der Entscheidung, ob die beantragte Leistung nach § 66 SGB I mangels Mitwirkung versagt wird, ist dem Leistungsträger Ermessen eingeräumt.
b) Zunächst waren der Klägerin mit bindendem Bewilligungsbescheid vom 28.07.2011 vorläufig Leistungen bewilligt und sie zugleich gebeten worden, Nachweise über die ehrenamtliche Tätigkeit einzureichen. Nachdem sie mitgeteilt hatte, dass sie kein Einkommen aus ehrenamtlicher Tätigkeit habe, hat sie der Beklagte in der Folge mit Schreiben vom 06.09.2011 und vom 27.09.2011 zur Mitwirkung aufgefordert, einen Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. eine Negativmeldung aus ehrenamtlicher Tätigkeiten (Verein R e.V. sowie gerichtliche Tätigkeit) vorzulegen und sich von entsprechender Stelle bestätigen zu lassen. Dem ist die Klägerin nicht gefolgt.
In der Rechtsprechung des BSG zu den Voraussetzungen einer Versagung nach § 66 SGB I ist geklärt, dass zu den Mitwirkungspflichten nach § 60 Abs. 1 SGB I unter Umständen auch Auskünfte gehören, die einen Dritten betreffen, soweit sie für die Gewährung der Leistung von Bedeutung sind. So hat das BSG den Empfänger von Arbeitslosenhilfe für verpflichtet gehalten, über die Einkommensverhältnisse seines Partners Auskunft zu erteilen, wenn feststeht, dass ihm diese bekannt sind (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988 – 7 RAr 70/87, RdNr. 16), und zwar gerade auch für den Fall, dass - wie hier bezogen auf den Verein - davon ausgegangen werden muss, dass der Dritte keine Angaben machen wird.
Sowohl hinsichtlich ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin als auch hinsichtlich ihrer Tätigkeit für den R e.V. war die Klägerin zu den gewünschten Auskünften in der Lage und gemäß § 60 SGB I auch verpflichtet, hierzu Angaben zu machen. Es hätte ebenso genügt mitzuteilen, seit wann sie nicht mehr als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz und beim Arbeitsgericht Chemnitz tätig war und ggf. die Entbindungsschreiben o.Ä. als "Negativbescheinigung" vorzuzeigen. Nicht zu beanstanden ist auch die Forderung des Beklagten, hinsichtlich ihrer Tätigkeit für den Verein R e.V. Nachweise über Einnahmen bzw. eine "Negativbescheinigung", also eine Bestätigung des Vereins, dass die Klägerin vom Verein keinerlei Zahlungen erhält, vorzulegen. Die Klägerin ist als Leistungsempfängerin nach dem SGB II verpflichtet, alle ihrer Einnahmen anzugeben. Die Beurteilung, ob es sich bei diesen Einnahmen um Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt, obliegt nicht der Klägerin sondern dem Beklagten.
Zutreffend hat der Beklagte daher angenommen, dass zunächst die Klägerin gehalten ist, die gewünschten Auskünfte zu ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten beizubringen. Da sie zuletzt 2006 mitgeteilt hatte, dass sie als ehrenamtliche Richterin beim Sozialgericht Chemnitz und beim Arbeitsgericht Chemnitz berufen worden war, bestand auch im Jahr 2011 noch Anlass, bei ihr wegen der mit diesen Tätigkeiten erzielten Einnahmen nachzufragen. Insbesondere bedeutete der Ablauf der fünfjährigen Amtszeit als ehrenamtliche Richterin nicht ohne Weiteres, dass diese Ehrenämter nun nicht mehr ausgeübt wurden, weil grundsätzlich eine Wiederberufung möglich gewesen wäre. Insoweit war die Klägerin gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet mitzuteilen, dass und seit wann sie nicht mehr als ehrenamtliche Richterin tätig war. Dies hat sie erst mit der Berufungsschrift getan, in der sie mitgeteilt hat, seit April 2011 nicht mehr ehrenamtlich tätig zu sein. Davor hatte das Sozialgericht bereits gerichtsintern ermittelt, dass sie dort nicht mehr als ehrenamtliche Richterin tätig war. Dasselbe hatte für das Ende ihrer Tätigkeit als ehrenamtliche Richterin in der Arbeitsgerichtsbarkeit zum 31.12.2010 zu gelten.
c) Allerdings durfte der Beklagte nicht sogleich eine Entziehung der Leistungen vom 01.11.2011 bis 31.01.2012 verfügen, ohne zuvor andere, naheliegende Ermittlungsmöglichkeiten zu den erforderlichen Auskünften und Feststellungen ausgeschöpft zu haben. Denn die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Versagungs- und Entziehungsbescheides liegen nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I erst vor, wenn durch die fehlende Mitwirkung des an sich zur Mitwirkung Verpflichteten die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.
Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R, RdNr. 16) eröffnet § 60 SGB II dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit, sich unmittelbar an den Dritten zu wenden. Nach § 60 Abs. 2 Satz 1 SGB II hat derjenige, der jemandem, der eine Leistung nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, zu Leistungen verpflichtet ist, die geeignet sind, Leistungen nach diesem Buch auszuschließen oder zu mindern, oder wer für ihn Guthaben führt oder Vermögensgegenstände verwahrt, der Agentur für Arbeit auf Verlangen hierüber sowie über damit im Zusammenhang stehendes Einkommen oder Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit es zur Durchführung der Aufgaben des Leistungsträgers erforderlich ist. Außerdem ist nach § 60 Abs. 3 Nr. 1 SGB II dementsprechend verpflichtet, der Agentur für Arbeit auf Verlangen über die Beschäftigung, insbesondere über das Arbeitsentgelt, Auskunft zu erteilen, wer jemanden, der Leistungen nach dem SGB II beantragt hat oder bezieht, beschäftigt. Während § 60 Abs. 1 Nr. 1 SGB I nur den Antragsteller oder Leistungsempfänger selbst betrifft, erfasst § 60 SGB II Auskunftspflichten Dritter, die für den Leistungsanspruch des Antragstellers von Bedeutung sein können.
Nach Ansicht des Senats hätte der Beklagte die Klägerin zunächst gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Alt. SGB I auffordern können, ihre Zustimmung zum Einholen von Auskünften durch den Beklagten selbst bei den Gerichten bzw. beim R e.V. zu erteilen. Darüber hinaus ermächtigt § 60 Abs. 2 und Abs. 3 SGB II den Beklagten, u.U. direkt bei Gericht bzw. beim Verein – wie mit Schreiben vom 26.02.2013 geschehen – oder bei den übrigen Vorstandsmitgliedern nachzufragen. Die bisherigen Angaben der Klägerin, dass sie in der Betreuung für den Verein tätig sei, und der Umstand, dass sie dem Vorstand des Vereins angehört, rechtfertigen es davon auszugehen, dass sie vom Verein Leistungen beziehen könnte, die zumindest geeignet sind, Leistungen nach dem SGB II auszuschließen oder zu mindern. Aus der Stellung der Klägerin als Vereinsvorstand folgt nichts anderes. Es spricht zwar viel dafür, dass die Klägerin als Vorstandsmitglied und als postalische Anlaufstelle des Vereins auch hätte verhindern können, dass die übrigen Vorstandsmitglieder Angaben zu etwaigen Zahlungen des Vereins an die Klägerin machen; es erscheint aber auch nicht völlig ausgeschlossen, dass vom weiteren Vereinsvorstand hierzu Angaben hätten erlangt werden können. Es ist nicht ersichtlich, was einer entsprechenden Nachfrage vor Erlass des Entziehungsbescheides vom 22.11.2011 entgegen gestanden haben könnte.
d) Darüber hinaus steht § 66 Abs. 3 SGB I der Entziehung im vorliegenden Falle entgegen. Nach dieser Vorschrift dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.
Hierzu hat das BSG (Urteil vom 25.10.1988, a.a.O., RdNr. 18f.) entschieden:
Tenor:
"Das LSG hat gemeint, diese formellen Voraussetzungen für die Versagung seien hier beachtet worden, weil die Klägerin in dem Schreiben vom 27.08.1985 einen entsprechenden Hinweis erhalten habe und ihr gleichzeitig eine im gegebenen Falle angemessen lange Frist gesetzt worden sei. Dieser Beurteilung vermag der Senat nicht zu folgen. Es mag zutreffen, dass gegen die Frist nichts einzuwenden ist. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob schon zu beanstanden ist, dass die Beklagte von der Klägerin in dem Schreiben ‚Einkommensnachweise über das Nettoeinkommen des M.’ verlangt hat, obwohl es der Beklagten, wie das LSG festgestellt hat, nur um wahrheitsgemäße Angaben über die Höhe des Einkommens ging. Die ausgesprochene Versagung der Alhi ist jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin nicht, wie dies nach § 66 Abs. 3 SGB I erforderlich ist, schriftlich auf die in ihrem Fall zu erwartende Folge der Nichtangabe des Einkommens des M. hingewiesen worden ist. Der in § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene vorherige Hinweis ist eine zwingende Voraussetzung der Versagung. Er soll sicherstellen, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt und durch die spätere Entscheidung nach § 66 SGB I nicht überrascht wird. Der Hinweis darf sich daher, wie der Senat schon entschieden hat, nicht auf die Wiederholung des Gesetzeswortlauts oder Belehrungen allgemeiner Art beschränken (BSG SozR 4100 § 132 Nr 1). Er muss vielmehr anhand der dem Leistungsträger durch § 66 Abs. 1 und 2 SGB I eingeräumten Entscheidungsmöglichkeiten unmissverständlich und konkret die Entscheidung bezeichnen, die im Einzelfall beabsichtigt ist, wenn der Betroffene dem Mitwirkungsverlangen innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt (vgl. BSG a.a.O. m.w.N.). Im vorliegenden Falle ist solange, als das Einkommen des M. nicht feststeht, zweifelhaft, ob der Klägerin überhaupt ein Anspruch auf Alhi zusteht. Da deshalb allein die völlige Versagung der Alhi in Betracht kam, hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass sie die Alhi gemäß § 66 SGB I ganz versagen werde, wenn die Klägerin die geforderten Angaben über das Einkommen des M. nicht innerhalb der gesetzten Frist mache. Das ist hier nicht geschehen. Der gegebene Hinweis, dass die Leistung gemäß § 66 SGB I ganz oder teilweise versagt werden könne, wenn die Klägerin ihren Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I nicht nachkomme, beschreibt lediglich mit den Worten des Gesetzes die rechtlichen Möglichkeiten, die dem Leistungsträger in Fällen dieser Art durch § 66 Abs 1 SGB I eingeräumt worden sind. Er lässt jedoch weder eine Absicht der Beklagten erkennen, nach Ablauf der Frist nach § 66 SGB I zu verfahren, noch, welches Ausmaß die Versagung im Falle der Klägerin haben werde. Ein solcher Hinweis gewährleistet daher nicht, dass der Betroffene in Kenntnis der ihm drohenden Folgen seine Haltung überdenkt."
Nach diesen Grundsätzen, denen sich der Senat anschließt, war die Formulierung in den Schreiben des Beklagten, mit denen er die Klägerin zur Mitwirkung aufforderte, zumindest missverständlich. Nachdem die Klägerin mit Schrei¬ben vom 22.08.2011 mitgeteilt hatte, dass die Tätigkeit für den R e.V. ohne Entgelt erfolge, hat der Beklagte mit Schreiben vom 06.09.2011 als noch benötigte Unterlagen "Nachweis über eventuelle Einkommen bzw. Negativmeldung aus ehrenamtlichen Tätigkeiten (Verein Re sowie gerichtliche Tätigkeit) – bitte von entsprechender Stelle bestätigen lassen ( )." gefordert. Wie bereits erwähnt, hatte die Klägerin Angaben zu etwaigen Einnahmen zu machen und die Bewertung, ob es sich dabei um Einkommen i.S.d. § 11 Abs. 1 SGB II handelt, dem Beklagten zu überlassen. Aus ihren Einlassungen könnte zwar geschlossen werden, dass sie tatsächlich Einnahmen z.B. als Aufwandsentschädigung, Reise- oder Fahrtkosten o.Ä. hatte, diese jedoch – jedenfalls aus ihrer Sicht – nicht als Einkommen ansah. Gefragt hatte der Beklagte allerdings tatsächlich nach Einkommen.
Dass genauere Angaben erforderlich sind, um über den Leistungsanspruch der Klägerin sachgerecht entscheiden zu können, ergibt sich auch aus den späteren Mitwirkungsaufforderungen des Beklagten, die Angaben zu den Vertretungsverhältnissen im Verein, etwaigen Aufwandsentschädigungen usw. betreffen. Aus den allesamt nach Erlass des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 ergangenen konkreteren Mitwirkungsaufforderungen, in denen die Klägerin detailliert und zutreffend nach ihrer Tätigkeit für den R e.V. befragt wurde (z.B. Schreiben vom 04.10.2012), ergibt sich für jedermann klar und nachvollziehbar, welche Angaben und Mitteilungen von der Klägerin erwartet werden, während dies bei der Formulierung der hier streitgegenständlichen Mitwirkungsaufforderungen vom 06.09.2011 und 27.09.2011 nicht ohne Weiteres der Fall war. Diese Schreiben lassen Auslegungsmöglichkeiten zu, die es aus Sicht des Adressaten ausreichend erscheinen lassen könnten, anzugeben, dass kein Einkommen erzielt werde. Die Mitwirkungsaufforderung vom 04.12.2012 enthält derartige Auslegungsmöglichkeiten nicht.
Ferner entspricht die im Bescheid vom 22.10.2011 ausgesprochene teilweise Entziehung von bereits bewilligten Leistungen nicht den zuvor ausgesprochenen Mitwirkungsaufforderungen vom 06.09.2011 und 27.09.2011. Während im Schreiben vom 06.09.2011 noch zutreffend darauf hingewiesen wurde, dass die Geldleistungen ganz entzogen werden können, spricht die nachfolgende Mitwirkungsaufforderung vom 27.09.2011, die an die Erledigung des Schreibens vom 06.09.2011 erinnerte, davon, dass Geldleistungen ganz versagt werden können. In beiden Schreiben heißt es, dass dies bedeute, dass sie (die Klägerin) keine Leistungen erhalte. Damit erschöpfen sich beide Schreiben hinsichtlich der anzukündigenden Folgen der fehlenden Mitwirkung im Wesentlichen in einer Wiederholung des Gesetzestextes, denn es wird lediglich auf die Möglichkeit der vollständigen Entziehung bzw. Versagung von Leistungen hingewiesen.
Schließlich hat der "Versagungs-/¬Ent¬ziehungsbescheid" vom 20.10.2011 nicht vollständig, sondern entgegen der vorherigen Mitwirkungsaufforderungen nur teilweise Leistungen "versagt", obwohl mit diesem Bescheid tatsächlich die vorläufig bewilligten Leistungen teilweise entzogen worden sind. Ob diese Einschränkung in dem angekündigten vollständigen Verlust von Leistungen als Minus enthalten war oder nicht, muss nicht entscheiden werden, weil der angegriffene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2011 bereits aus den o.g. Gründen rechtswidrig und deswegen aufzuheben ist.
2. Die von der Klägerin weiterverfolgte Leistungsklage auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.02.2012 ist unzulässig und unbegründet. a) Zunächst unterscheidet sich ein Leistungsbegehren grundsätzlich von der gegen die Versagung einer Sozialleistung wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I - wie hier - gerichteten reinen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 2 SGG. Eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG ist daher grundsätzlich unstatthaft (vgl. BSG, Urteile vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R, RdNr. 12 m.w.N. und vom 17.02.2004 - B 1 KR 4/02 R; RdNr. 12). Zwar hat das BSG in der Entscheidung vom 01.07.2009 (B 4 AS 78/08 R) bei Streitigkeiten über existenzsichernden Leistungen nach dem SGB II für den Fall, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung nach § 66 SGB I das bisherige Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde, eine Leistungsklage für möglicherweise zulässig gehalten. Diese Überlegungen haben aber einen Sachverhalt betroffen, in dem zur Aufklärung des Sachverhalts die Einholung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse einer dritten Person, die Mitglied der Bedarfsgemeinschaft sein konnte, erforderlich war. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Auch ist hier nicht ersichtlich, dass sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen wird. Die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass im Falle einer Versagung eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG unstatthaft ist (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 a.a.O.), liegen nicht vor. Eine Klage auf Leistungsgewährung im Fall des Erlasses eines Versagensbescheides nach § 66 SGB I ist danach zulässig, wenn die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist oder von der klagenden Partei behauptet wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall, denn nach wie vor steht nicht fest, ob und ggf. in welchem Umfang, die Klägerin bei ihrer Tätigkeit für den R e.V. Einnahmen erzielt, die ggf. als Einkommen anzurechnen sind. Da auch die Ermittlungen des Beklagten direkt beim R e.V. ohne Erfolg waren, ist der Beklagte insoweit auf die Mitwirkung der Klägerin angewiesen (s.o.). Die Klägerin ist insoweit verpflichtet, bei der Aufklärung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, mitzuwirken (vgl. zum Umfang der Mitwirkungspflicht u. a. durch die Vorlage von Kontoauszüge: BSG Urteile vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R - und vom 19.09.2008 - B 14 AS 45/07 R).
b) Darüber hinaus liegt für den Zeitraum ab 01.02.2012 liegt ein Versagungsbescheid vom 13.03.2012 vor, der bestandskräftig geworden ist, weil die Klägerin nicht innerhalb der maßgeblichen Frist Widerspruch eingelegt hat und nach Einlegung des Widerspruchs nach Ablauf der Widerspruchsfrist zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, aber zu keinem Zeitpunkt Gründe für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist vorgebracht hat. Schon dieser Bescheid steht einer Leistungsgewährung ab 01.02.2012 entgegen. Für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis 31.07.2012 ist zudem am 21.08.2012 ein Überprüfungsbescheid ergangen, der sich im Widerspruchsverfahren befindet.
c) Den Versagungsbescheid vom 22.06.2012 hat die Klägerin zwar mit Widerspruch vom 08.08.2012 angegriffen. Dieser ist jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2012 wegen Versäumung der Widerspruchsfrist verworfen worden. Hiergegen ist die Klägerin zwar – im Berufungsverfahren – im Wege der Klageerweiterung der streitgegenständlichen Klage vorgegangen. Der Beklagte hat der Klageerweiterung gemäß § 99 Abs. 1 SGG widersprochen. Die Klageerweiterung ist aus Sicht des Senats auch nicht sachdienlich i.S.d. § 99 Abs. 1 SGG. Sie bedeutet einerseits eine Erweiterung auf einen andern Bewilligungszeitraum. Folgezeiträume sind nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 26.05.2011 – B 7 AS 14 146/10 R, RdNr. 16 m.w.N.) nicht einzubeziehen. Andererseits ist der Prüfungsgegenstand in diesem Verfahren ein anderer als im Ursprungsverfahren, es geht nämlich insbesondere um die Frage, ob die Widerspruchsfrist gewahrt ist.
Ab 01.08.2012 hat der Beklagte der Klägerin monatliche Leistungen bewilligt, so dass dieser Zeitraum ohnehin nicht mehr erfasst ist.
Daher hat die Berufung nur teilweise Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen.
Die Revision ist nicht zuzulassen, denn Zulassungsgründe i.S.d. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Dr.Anders Brügmann Wagner
Rechtskraft
Aus
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