L 8 AS 858/12 B KO

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 27 SF 728/11 E
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AS 858/12 B KO
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Festsetzung der Vergütung des im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalts - Tätigkeit bereits im Vorverfahren - Berücksichtigung von Synergien

1. Eine gebührenmindernde Berücksichtigung der Tätigkeit des Rechtsanwalts im Vorverfahren ist bei der Festsetzung von Gebühren nach Nr. 3103 VV RVG unzulässig. Darüber hinausgehende objektive Erleichterungen bleiben jedoch berücksichtigungsfähig. Arbeitserleichterungen können nicht nur durch den Rückgriff auf im Vorverfahren erworbene Informationen und Erkenntnisse, sondern auch durch die parallele Bearbeitung im Wesentlichen gleichgelagerter Fälle desselben Mandanten entstehen.

2. Objektive Arbeitserleichterungen bei zeitgleich erhobenen und parallel geführten Verfahren, in denen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, in welchem Verfahren die „Hauptarbeit“ getätigt wurde, sind gleichmäßig auf alle betroffenen Verfahren aufzuteilen.
I. Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 6. August 2012 geändert und die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen in Höhe von 458,85 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung des im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) im Verfahren S 27 AS 937/10 beigeordneten Rechtsanwalts.

Die Kläger führten vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) mehrere Verfahren um die Höhe der ihnen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zustehenden Leistungen. Streitig war im Verfahren S 27 AS 937/10, das den Leistungszeitraum 01.10.2009 bis 31.03.2010 betraf, die Berücksichtigung der Müllgebühren in ihrem Fälligkeitsmonat, ferner die Berichtigung des Nettolohns des Klägers zu 2), die Länge des in Ansatz zu bringenden Arbeitsweges sowie die Bereinigung des Elterngeldes um die sog. Versicherungspauschale. Im Verfahren S 27 AS 938/10, das den Leistungszeitraum 01.04.2009 bis 30.06.2009 betraf, waren streitig die Berücksichtigung der Müllgebühren in ihrem Fälligkeitsmonat, ferner die Berichtigung des Nettolohns des Klägers zu 2), die Länge des in Ansatz zu bringenden Arbeitsweges sowie die Berücksichtigung des Kindergeldes bei dem jeweiligen Kind einschließlich der Bereinigung um die sog. Versicherungspauschale. Im Verfahren S 27 AS 936/10, das den Zeitraum 01.10.2008 bis 31.03.2009 betraf, waren die Berücksichtigung der Müllgebühren in ihrem Fälligkeitsmonat, das erzielte Einkommen des Klägers zu 2) von Januar bis März 2009, die Länge des in Ansatz zu bringenden Arbeitsweges sowie die Berücksichtigung zu hohen Kindergeldes von Januar bis März 2009 streitig. Diese Punkte waren zudem für andere Bewilligungszeiträume in weiteren Verfahren – teilweise gegen die Höhe von Aufhegungen und Erstattungsforderungen gerichtet – streitig.

Mit Beschluss vom 12.08.2010 bewilligte das SG den Klägern im Verfahren S 27 AS 937/10 PKH unter Beiordnung des Beschwerdeführers.

Am 20.01.2011 erörterte das SG das Verfahren S 27 AS 937/10 gemeinsam mit 13 weiteren Verfahren in einem insgesamt 90 Minuten (13:00 Uhr bis 14:30 Uhr) dauernden Termin. Nachdem der Beklagte weitere 156,60 EUR bewilligte hatte, erklärten die Beteiligten das Verfahren S 27 AS 937/10 in der Hauptsache für erledigt.

Mit Vergütungsfestsetzungsantrag vom 03.02.2011 hat der Beschwerdeführer im Verfahren S 27 AS 937/10 die Festsetzung von aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen wie folgt beantragt:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103, 1008 VV RVG) 425,00 EUR Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 200,00 EUR Fahrtkosten (Nr. 7003 VV RVG 180 km á 0,30 EUR, 1/13) 4,15 EUR Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG) 2,69 EUR Entgelte für Post und Telekommunikation 20,00 EUR Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 123,85 EUR Gesamtbetrag 775,69 EUR

Mit Beschluss vom 05.09.2011 hat die Urkundsbeamtin des SG die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt festgesetzt:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV RVG 85,00 EUR Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV RVG) 127,50 EUR Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 40,00 EUR Reisekosten 4,15 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG) 2,69 EUR Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 53,07 EUR Gesamtsumme 332,41 EUR

Die Verfahrensgebühr sei auf die Hälfte der Mittelgebühr zu reduzieren, da die Verfahren S 27 AS 937/10, S 27 AS 936/10 und S 27 AS 938/10 parallel geführt worden. Ein erheblicher Teil der Arbeit sei jeweils in den anderen Verfahren nutzbar gewesen. Im Verfahrens S 27 AS 936/10 sei bereits die Verfahrensmittelgebühr festgesetzt worden. Auch die Terminsgebühr sei zu reduzieren. Nachdem bereits im Verfahren S 27 AS 5436/09 eine Terminsmittelgebühr festgesetzt worden ist, erscheine hier angesichts der 14 in einem 1,5stündigen Termin verhandelten Sachen eine reduzierte Terminsgebühr in Höhe der doppelten Mindestgebühr als angemessen.

Am 10.10.2011 hat der Beschwerdeführer Erinnerung erhoben. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei nicht unterdurchschnittlich gewesen. Die Kürzung der Mittelgebühr um 2/3 sei völlig unangemessen. Die Synergien seien nicht so hoch, dass man in derselben Zeit die dreifache Zahl der Fälle bearbeiten könnte. Mit Beschluss vom 06.08.2012 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer müsse sich nicht unerhebliche Synergieeffekte aus der Bearbeitung der parallel gelagerten Fälle entgegenhalten lassen.

Gegen den ihm am 10.08.2012 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 24.08.2012 Beschwerde erhoben. Synergien führten generell nicht zu einem geringeren Umfang der Sache. Es müsse berücksichtigt werden, dass zahlreiche Nebenarbeiten – wie etwa die anwaltliche Tätigkeit im Erinnerungsverfahren – anfielen. Auch gegen die Kürzung der Terminsgebühr wende er sich weiterhin.

Der Beschwerdegegner hält die Berücksichtigung von Synergien grundsätzlich für richtig; über die konkrete Kürzung möge der Senat entscheiden. Die Kürzung der Terminsgebühr hält er für angemessen, denn auf jedes der 14 in einem Termin erörterten Verfahren seien 6,43 Minuten entfallen.

Dem Senat haben die Akten des Kostenfestsetzungsverfahrens einschließlich des Erinnerungsverfahrens und des PKH-Beihefts sowie die Akten der Verfahren S 27 AS 5463/09, S 27 AS 5869/09, S 27 AS 936/10 – S 27 AS 938/10, S 27 AS 2397/10, S 27 AS 2451/10 – S 27 AS 2454/10, S 27 AS 6218(10 und S 27 AS 6477/10 vorgelegen.

II.

1. Über die Beschwerden entscheidet gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter.

2. Die Beschwerde ist statthaft. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Beantragt wurde die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung in Höhe von 775,69 EUR. Demgegenüber beläuft sich die Höhe der festgesetzten Vergütung auf 332,41 EUR. Die Beschwerde ist auch fristgerecht eingelegt worden, ohne dass es auf die Zwei-Wochen-Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ankam, denn dem Beschluss des SG war keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt.

3. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Dem Beschwerdeführer steht eine Verfahrensgebühr in Höhe der um ¼ abgesenkten Verfahrensmittelgebühr zu. Im Übrigen ist die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen nicht zu beanstanden.

Der im Wege der PKH beigeordnete Rechtsanwalt erhält die gesetzliche Vergütung vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse (§ 45 Abs. 1 RVG). Der Vergütungsanspruch bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die PKH bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet wurde (§ 48 Abs. 1 Satz 1 RVG). Für die Höhe der Vergütung ist gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG auf das Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (VV RVG) zurückzugreifen, wobei in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen – wie hier – das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist (§ 183 Sozialgerichtsgesetz), Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Innerhalb des hiernach einschlägigen Gebührenrahmens bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG); ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 RVG). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG).

Grundsätzlich ist für den Durchschnitts- oder Normalfall die Mittelgebühr billige Gebühr im Sinne des RVG. Sie beträgt die Hälfte der Summe von Mindest- und Höchstgebühr des jeweiligen Betragsrahmens und ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 10).

a) Den konkreten Umständen des hier zu entscheidenden Falles trägt die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3103, 1008 VV RVG in Höhe einer um ¼ abgesenkten Mittelgebühr auf 318,75 EUR ausreichend Rechnung. Die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers war daher unbillig und ist vom SG grundsätzlich zu Recht korrigiert worden. Eine Absenkung der Verfahrensgebühr um ½ hält der Senat jedoch nicht für gerechtfertigt.

aa) Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war unterdurchschnittlich. Hierbei ist der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt tatsächlich in der Sache betrieben hat und den er davon auch objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 21/09 R - juris RdNr. 28). Bezugspunkt der anwaltlichen Tätigkeit ist das in der jeweiligen Gebührenziffer umschriebene Tätigkeitsfeld, hier die Vertretung im Verfahren vor dem Sozialgericht, in dem Betragsrahmengebühren entstanden. Der durchschnittliche Aufwand hat sich dabei am Ablauf des sozialgerichtlichen Verfahrens zu orientieren.

Während des vom 18.02.2010 bis 20.01.2011 – und damit im Vergleich zu anderen sozialgerichtlichen Klageverfahren bereits unterdurchschnittlich lang – anhängigen Verfahrens hat der Beschwerdeführer eine Klageschrift gefertigt, der er Anlagen beifügte, die Vollmacht übersandt und mitgeteilt, dass zur Klageerwiderung des Beklagten keine Stellungnahme nötig erscheine. (Umfangreiche) Auseinandersetzungen mit Rechtsprechung, Literatur oder sonstigen Besonderheiten spiegeln sich in den Schriftsätzen nicht wider. Zudem muss sich der Beschwerdeführer Arbeitserleichterungen entgegenhalten lassen, die ihm durch die parallele Bearbeitung des hier betroffenen Verfahrens und der Verfahren S 27 AS 936/10 und S 27 AS 938/10 entstanden sind.

Der Senat hat bereits entschieden, dass er keine grundsätzlichen Bedenken gegen die Berücksichtigung von auf Vor- oder Parallelbefassungen beruhenden Arbeitserleichterungen, die den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit nicht nur unerheblich minderten, hat (Senatsbeschluss vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris RdNr. 29 f.; vgl. auch Sächsisches LSG, Urteil vom 08.11.2012 - L 3 AS 1118/11 - juris RdNr. 53 ff.). Nichts Abweichendes gilt dabei in den Fällen, in denen der Rechtsanwalt – wie hier – bereits im Vorverfahren tätig war. Zwar kann ihm nicht gebührenmindernd entgegengehalten werden, dass der Umfang seiner anwaltlichen Tätigkeit im Klageverfahren infolge der Tätigkeit im Vorverfahren geringer war. Diesem Umstand trägt bereits der im Vergleich zu Nr. 3102 VV RVG abgesenkte Gebührenrahmen der Nr. 3103 VV RVG pauschalierend Rechnung. Eine gebührenmindernde Doppelberücksichtigung der Tätigkeit im Vorverfahren wäre unzulässig. Darüber hinausgehende objektive Erleichterungen bleiben jedoch berücksichtigungsfähig. Denn Arbeitserleichterungen können nicht nur durch den Rückgriff auf im Vorverfahren erworbene Informationen und Erkenntnisse, sondern auch durch die parallele Bearbeitung im Wesentlichen gleichgelagerter Fälle desselben Mandanten entstehen. Der Rechtsanwalt kann von Tätigkeiten in einer Angelegenheit in einem gleich oder ähnlich gelagerten Fall in vielfältiger Weise – zum Beispiel durch die Übernahme von Textpassagen aus früheren Schriftstücken oder die Übernahme ganzer Schriftsätze (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 08.11.2012 - L 3 AS 1118/11 - juris RdNr. 53) – profitieren. Auch wenn diese Erleichterungen regelmäßig keine Absenkung in den unteren Bereich des Gebührenrahmens rechtfertigen werden können, sind sie dennoch bei der Bewertung des – insbesondere – Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit angemessen einzustellen.

So liegt es auch hier, denn die wesentlichen, streitigen Punkte stellten sich bereits in den parallel geführten Verfahren der Kläger. Aus den teilidentischen Klagebegründungen erhellt, dass der Beschwerdeführer sich die Parallelität auch zu nutzen machen konnte. Allerdings tragen diese Erleichterungen keine Absenkung der Verfahrensmittelgebühr um die Hälfte, denn die Verfahren wiesen doch Unterschiede auf, die einen Anpassungsbedarf der Begründungen erforderten, der über das bloße Auswechseln der Bescheiddaten hinausging. So war etwa für jeden betroffenen Leistungszeitraum zu prüfen, welche Müllgebühren in welchem Monat anfielen, oder wie das Kindergeld jeweils konkret angerechnet worden ist. Dass der Beschwerdeführer die sich stellenden Rechtsfragen als solche ggf. bereits kannte, bleibt dagegen unberücksichtigt (vgl. Senatsbeschluss vom 22.04.2013 - L 8 AS 527/12 B KO - juris RdNr. 32).

Festgestellte objektive Arbeitserleichterungen bei – wie hier – zeitgleich erhobenen und parallel geführten Verfahren, in denen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, in welchem Verfahren die "Hauptarbeit" getätigt wurde, sind gleichmäßig auf alle betroffenen Verfahren aufzuteilen (in diesem Sinne: Bayerisches LSG, Beschluss vom 06.06.2013 – L 15 SF 190/12 B – juris RdNr. 10 f.; Sächsisches LSG, Urteil vom 08.11.2012 - L 3 AS 1118/11 - juris RdNr. 56), denn sie erleichterten die Bearbeitung aller parallel geführten Verfahren gleichermaßen. Ob hiervon ausgehend im Verfahren S 27 AS 936/10, in dem die Verfahrensgebühr in Höhe der Mittelgebühr festgesetzt worden ist, eine Absenkung der Gebühren angezeigt gewesen wäre, ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens.

Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war dagegen nicht wegen des Aufwands des Beschwerdeführers im Erinnerungsverfahren, zu erhöhen. Das PKH-Vergütungsfestsetzungsverfahren führt er im eigenen Namen und Vergütungsinteresse, sodass dieses nicht zur Erhöhung des Aufwands im zugrundeliegenden Verfahren der Kläger führt. Auch bezieht sich die PKH- Bewilligung schon nicht auf die Tätigkeit des Anwalts in eigener Sache. Zudem würde eine Berücksichtigung des Erinnerungsverfahrens § 56 Abs. 2 Satz 3 RVG umgehen (vgl. Senatsbeschluss vom 19.06.2013 – L 8 AS 45/12 B KO – juris).

bb) Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war allenfalls durchschnittlich. Die vom Umfang zu unterscheidende Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit meint die Intensität der Arbeit (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG 20. Aufl., § 14 RdNr. 16). Ausgehend von einem objektiven Maßstab ist auf einen Rechtsanwalt abzustellen, der sich bei der Wahrnehmung des Mandats darauf beschränken kann und darf, den Fall mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, gegebenenfalls unter Heranziehung von Rechtsprechung und Kommentarliteratur, zu bearbeiten.

Vorliegend stellten sich keine rechtlichen oder tatsächlichen Fragen, die eine wesentliche Abweichung vom sozialrechtlichen Routinefall begründen würden. Streitig war die Höhe der zustehenden Kosten für Unterkunft und Heizung, insbesondere die Berücksichtigung von Müllgebühren im Fälligkeitsmonat, die tatsächliche Höhe des Nettolohns des Klägers zu 2), die Länge des Arbeitswegs (25 oder 26 Kilometer) sowie die Berücksichtigung der sog. Versicherungspauschale beim Elterngeld. Eine vertiefte Auseinandersetzung mit Rechtsprechung oder Literatur erfolgte insoweit nicht und war auch nicht erforderlich.

cc) Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger war überdurchschnittlich, da exiszenzsichernde Leistungen im Raum standen, wird jedoch durch deren unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse kompensiert (vgl. Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 14 RdNr. 11).

dd) Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich. Ob diesem Kriterium in sozialgerichtliche Verfahren angesichts des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) und der Möglichkeit von Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X überhaupt Bedeutung zukommt, kann daher dahinstehen. Sonstige unbenannte Kriterien (vgl. hierzu Mayer, in: Gerold/Schmidt, RVG, § 14 RdNr. 20), die geeignet wären, zu einer Herauf- oder Herabbemessung der Gebühr zu führen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

ee) Insgesamt ist daher unter Berücksichtigung einer Erhöhungsgebühr für die Vertretung von fünf weiteren Klägern eine Verfahrensgebühr in Höhe von 318,75 festzusetzen. Der Gebührenrahmen der Nr. 3103 V RVG (20,00 – 320,00 EUR) erhöhte sich wegen der Vertretung von fünf weiteren Klägern um 150 Prozent auf 50,00 EUR – 800 EUR. Die sich hieraus ergebende Mittelgebühr von 425,00 EUR war um ¼ (106,25 EUR) auf 318,75 EUR abzusenken.

b) Die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG ist in nicht zu niedriger Höhe festgesetzt worden. Sie entsteht nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 zu Teil 3 VV RVG für die Vertretung in einem Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermin oder die Wahrnehmung eines von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Termins oder die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen auch ohne Beteiligung des Gerichts. Innerhalb des hiernach einschlägigen Gebührenrahmen von 20,00 EUR bis 380,00 EUR bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisses des Auftraggebers nach billigem Ermessen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 RVG). Vorliegend erweist sich die Gebührenfestsetzung des Beschwerdeführers auf die Mittelgebühr als unbillig. Umfang und Schwierigkeit der Terminswahrnehmung waren deutlich unterdurchschnittlich, sodass keine Mittelgebühr verdient ist.

Werden wie hier ohne vorherigen förmlichen Verbindungsbeschluss mehrere Sachen zur Verhandlung aufgerufen und ist der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt vertretungsbereit anwesend, entstehen jeweils eigenständige Terminsgebühren. Für die Bestimmung der Höhe der Terminsgebühren ist der jeweils auf das einzelne Verfahren entfallende - insbesondere zeitliche - Aufwand der anwaltlichen Tätigkeit im Termin maßgeblich. Ergibt sich aus der Niederschrift über den Termin keine andere Zuordnung, ist die Gesamtdauer des Termins gleichmäßig auf die aufgerufenen Verfahren aufzuteilen (grundlegend: Senatsbeschluss vom 19.06.2013 – L 8 AS 45/12 B KO – juris RdNr. 20).

Bei einer Dauer des gesamten Termins von 90 Minuten entfielen bei insgesamt 14 zum Aufruf gekommenen Verfahren auf jedes einzelne Verfahren 6,43 Minuten, die einen jeweils deutlich unterdurchschnittlichen Umfang begründen. Eine andere Aufteilung ist nicht geboten. Weder können der Niederschrift über den Termin ein konkreter Zeitaufwand für jedes einzelne Verfahren oder sonstige Besonderheiten entnommen werden noch hat der Beschwerdeführer Umstände vorgetragen, die eine abweichende Bemessung rechtfertigen könnten. Im Vergleich zu einer durchschnittliche Terminsdauer von 30 – 45 Minuten sowie unter Berücksichtigung, dass die Parallelität der Verfahren S 27 AS 936/10, S 27 AS 937/10 und S 27 AS 938/10 die Terminswahrnehmung objektiv erleichterte, hält der Senat die Vergütung in Höhe von 40,00 EUR – wie festgesetzt – noch für ausreichend.

c) Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG) sowie Reisekosten (Nr. 7005 VV RVG) waren an sich zu 1/14 zu berücksichtigen, da der Beschwerdeführer beim SG insgesamt 14 Erörterungstermine wahrnahm. Die Festsetzung des SG auf jeweils 1/13 war im Beschwerdeverfahren wegen des Verböserungsverbots allerdings nicht zu korrigieren. Die weiteren Auslagentatbestände nach Nr. 7002 VV RVG (Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen) und Nr. 7008 VV RVG i. V. m. § 12 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz (Umsatzsteuer auf Vergütung) sind nicht streitig und der Höhe nach zutreffend festgesetzt.

d) Insgesamt sind daher Gebühren und Auslagen wie folgt zu erstatten:

Verfahrensgebühr (Nr. 3103, 1008 VV RVG 318,75 EUR Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 40,00 EUR Reisekosten 4,15 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG) 2,69 EUR Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR Zwischensumme 385,59 EUR Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 73,26EUR Gesamtsumme 458,85 EUR

III.

Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2 RVG). Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 3 RVG). Sie ist nicht weiter anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 RVG i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG)

Salomo Richter am Landessozialgericht
Rechtskraft
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