Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 9 AL 204/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 36/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Urteil, welches ohne mündliche Verhandlung ohne Einverständnis eines der Beteiligten ergeht, stellt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der mit der Berufung gerügt werden kann.
2. Das Merkmal der Unmittelbarkeit in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. ist nur erfüllt, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezuges der Einkommenssatzleistung nicht mehr als ein Monat liegt.
3. Die Zeit des Bezuges von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung ist nicht mit dem
Bezug von Leistungen nach dem SGB III gleichzusetzen.
2. Das Merkmal der Unmittelbarkeit in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. ist nur erfüllt, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezuges der Einkommenssatzleistung nicht mehr als ein Monat liegt.
3. Die Zeit des Bezuges von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung ist nicht mit dem
Bezug von Leistungen nach dem SGB III gleichzusetzen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 10. März 2010.
Der 1978 geborene Kläger war vom 10. Juli 2007 bis zum 18. August 2007, vom 1. Juni 2008 bis zum 1. Juli 2008, vom 8. Juli 2008 bis zum 17. Juli 2008 und vom 1. September 2008 bis zum 31. Mai 2009 in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt. Weitere versicherungspflichtige Beschäftigungen des Klägers sind nicht festgestellt.
Auf Grund seines Antrages gewährte ihm die Schweizer Arbeitslosenkasse für die Zeit vom 2. Juni 2009 bis zum 25. September 2009 Arbeitslosenentschädigung.
Nach Rückkehr aus der Schweiz meldete sich der Kläger am 2. Oktober 2009 bei der Beklagten arbeitslos und legte unter Beantragung von Arbeitslosengeld eine "Bescheinigung der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit" der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 2009 (Formblatt E 303) vor. Dort wurde bestätigt, dass er ab dem 27. September 2009 Leistungen beziehen könne, wenn er sich bis zum 2. Oktober 2009 bei der Arbeitsvermittlung des Landes der Arbeitssuche gemeldet habe. Danach habe er Anspruch auf Leistungen für eine Höchstdauer von 65 Tagen, jedoch nicht länger als bis zum 25. Dezember 2009.
Mit Bescheid vom 3. November 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Zeit vom 27. September 2009 bis zum 25. Dezember 2009 Arbeitslosengeld entsprechend dem Formblatt E 303.
Am 11. März 2010 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, sich seit September 2007 um die Erziehung seiner Kinder zu kümmern.
Mit Bescheid vom 31. März 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in den zwei Jahren vor dem 11. März 2010 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Zeiten der Kindererziehung seien nicht zu berücksichtigen.
In dem dagegen eingelegten Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass Zeiten der Kindererziehung versicherungspflichtig und daher zu berücksichtigen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Diese erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Innerhalb der Rahmenfrist sei der Kläger nur an 314 Kalendertagen in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die sich anschließende Zeit der Kinderbetreuung sei nicht versicherungspflichtig, weil der Kläger keine laufende Entgeltersatzleistung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) bezogen habe, sondern nach den Rechtsvorschriften des ausländischen Leistungsträgers.
Der Kläger hat gegen den am 11. Mai 2010 zu Post gegebenen Widerspruchsbescheid am 14. Juni 2010 Klage erhoben, welche mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 25. November 2010 abgewiesen worden ist. Zutreffend habe die Beklagte entschieden, dass es dem Kläger an der Erfüllung der Anwartschaftszeit im Sinne des § 123 SGB III fehle. Die Zeiten der Kindererziehung könnten auch nicht gemäß § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anwartschaftsbegründend herangezogen werden, da der Kläger nicht unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig gewesen sei oder eine laufende Entgelt-ersatzleistung nach dem SGB III bezogen habe.
Gegen das ihm am 2. Februar 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Februar 2011 Berufung eingelegt. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung habe er kein Einverständnis erklärt. Auch in der Sache sei die Entscheidung fehlerhaft. Artikel 69 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Union vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 5. Juli 1971) meine, dass er den Anspruch, wenn er in die Schweiz vor Ablauf der drei Monate zurückgekehrt wäre, nicht noch einmal hätte in Anspruch nehmen können. Um einen derartigen schweizerischen Anspruch ginge es ihm jedoch nicht. Die Verordnung sei zwar anzuwenden, jedoch entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Es sei absurd, wenn im Urteil dargelegt werde, dass er innerhalb der Rahmenfrist in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Vielmehr seien Artikel 71 und 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden mit der Maßgabe, dass er in Deutschland Anspruch auf Leistungen habe unter Berücksichtigung der in der Schweiz erzielten Versicherungs- und Beschäftigungszeiten. Dies erfolge direkt, ohne dass vorher noch eine versicherungspflichtige Zeit in Deutschland bestanden haben müsse. So habe er in der Rahmenfrist vom 11. März 2008 bis zum 10. März 2010 314 Kalendertage versicherungspflichtiger Beschäftigung nachzuweisen. Zuzüglich der Zeiten der Kindererziehung gemäß § 26 Abs. 2a SGB III vom 28. September 2009 bis zum 10. März 2010 sei die Anwartschaft erfüllt. Zum Zeitpunkt des 28. September 2009 hätte er nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Anspruch auf Leistungen nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Diese seien nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 jedoch für den Zeitraum ausgesetzt gewesen, für die er Leistungen aus der Schweiz bezogen habe. Diese Aussetzung habe Vorrang. Dadurch sollte jedoch keine Benachteiligung entstehen.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 2010 aufzuheben und ihm ab 10. März 2010 beziehungsweise zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Selbst wenn von einer Anspruchsdauer von 180 Tagen auszugehen wäre, hätte der Kläger unter Berücksichtigung der Leistungen, welche er in der Schweiz erhalten habe und die auch in Deutschland erbracht worden seien, die Anspruchsdauer aufgebraucht. Auf einen weiteren Anspruch komme man nicht, weil während der Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen werde, keine Zeiten im Sinne des § 26 Abs. 2a SGB III anerkannt werden könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Zu Recht rügt der Kläger, das das Sozialgericht seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) getroffen hat, obwohl er auf die gerichtliche Anfrage vom 25. Oktober 2010 mit seinem Schriftsatz vom 11. November 2010 hierzu kein Einverständnis erteilt hat. Ein Urteil, welches ohne mündliche Verhandlung ohne Einverständnis eines der Beteiligten ergeht, stellt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 124 Rdnr. 4a) und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der mit der Berufung gerügt werden kann. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an diesem wesentlichen Mangel leidet (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 29. März 2007 – L 3 AS 101/06 – ZFSH/SGB 2007, 403 = info also 2007, 167 = Sozialrecht aktuell 2007, 194 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 23. August 2007 – L 3 AS 134/06 –JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.). Der Senat hat von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch gemacht, da das Sozialgericht die Klage aus zutreffenden rechtlichen Erwägungen heraus abgewiesen hat und weitere Ermittlungen für den Senat nicht veranlasst gewesen sind.
2. Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 31. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 sind daher nicht zu beanstanden und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG). Maßgebend sind die Regelungen in §§ 117 bis 119 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]), § 122 bis 124 SGB III in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 64 bis 66 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]) sowie § 26 SGB III in der vom 9. August 2008 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 14 Nr. 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2008 [BGBl. I S. 1629]). Ferner sind im Falle des Klägers noch die europarechtlichen Regelungen aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden, weil diese Verordnung erst zum 1. Mai 2010, das heißt nach dem Antrag des Klägers, durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 abgelöst worden ist.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hatten gemäß § 117 Nr. 1, § 118 Abs. 1 SGB III a. F. Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos waren, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hatten. Der Kläger war bei seiner Arbeitslosmeldung am 11. März 2010 im Sinne des § 119 SGB III a. F. arbeitslos und auch gemäß § 122 SGB III a. F. arbeitslos gemeldet.
Voraussetzung für die Erfüllung der Anwartschaftszeit war gemäß § 123 SGB III a. F., dass der Arbeitslose in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte (vgl. § 123 Abs. 1 SGB III a. F.). Die Rahmenfrist betrug zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III a. F.).
Die Beklagte hat damit zu Recht die Rahmenfrist auf die Zeit vom 11. März 2008 bis zum 10. März 2010 festgesetzt. Innerhalb dieser Rahmenfrist sind jedoch nur 314 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der § 24 SGB III (in der seit 1. April 2006 geltenden Fassung), § 26 SGB III a. F. und § 28a SGB III war. Der Kläger war in dieser Zeit in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt, nämlich vom 10. Juli bis zum 18. August 2007, vom 8. Juli bis zum 17. Juli 2008, vom 1. Juni bis zum 1. Juli 2008 und vom 1. September 2008 bis zum 31. Mai 2009, wie die Unia Arbeitslosenkasse Zürich am 25. September 2009 im Formblatt E 301 feststellte. In diesen Zeiten war der Kläger weder echter noch unechter Grenzgänger, weil er bis Ende September 2009 in der Schweiz wohnte. Weitere versicherungspflichtige Zeiten sind nicht festzustellen.
Das Sozialgericht hat in Übereinstimmung mit der Beklagten zutreffend ausgeführt, dass die nach der Rückkehr aus der Schweiz sich anschließende Zeit der Kindererziehung vom 27. September 2009 bis zum 10. März 2010 nicht der Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. unterlag. Danach waren Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, erzogen, wenn sie 1. unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hatten, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III unterbrochen hatte und 2. sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhielten oder bei Aufenthalt im Ausland Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder Bundeskindergeldgesetz (BKGG) hatten oder ohne die Anwendung des § 64 oder § 65 EStG oder der §§ 3 oder 4 BKGG haben würden.
Unstreitig hielt sich der Kläger mit seinen Kindern ab dem 27. September 2009, ab dem er nach seinen Angaben im Schreiben vom 1. Februar 2012 die Kinder erzog, im Inland auf und erhielt ab diesem Zeitpunkt Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz, sodass die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB III a. F. erfüllt sind. Auch ist unstreitig, dass der Kläger die Kinder erzog.
Nicht erfüllt sind dagegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F., weil es an der Unmittelbarkeit zwischen einer der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen einerseits und der Kindererziehung andererseits fehlt.
Das Merkmal der Unmittelbarkeit in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. ist nur erfüllt, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezuges der Einkommenssatzleistung nicht mehr als ein Monat liegt (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – L 3 AL 98/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 37, m. w. N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2013 – L 8 AL 339/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 23; Fuchs, in: Gagel, SGB II/SGB III [51. Erg.-Lfg., September 2013], § 26 SGB III Rdnr 31). Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III (vgl. BT-Drucks. 15/1515 S. 78), in dem ebenfalls den Begriff der "Unmittelbarkeit" benutzt wird (vgl. die weiteren Beispiele bei Sächs. LSG, Urteil vom 6. Mai 2010, a. a. O.). Auch bei § 26 SGB III a. F., der den Kreis der sonstigen Versicherungspflichtigen beschreibt, ist, wie bei § 28a SGB III, der unter bestimmten Umständen versicherungsfreie Personen unter den Schutz der Arbeitslosenversicherung mit einbezieht, der begünstigte Personenkreis eng zu ziehen und auf eine enge Verbindung zwischen einer in der Vergangenheit liegenden Zugehörigkeit zum System der Arbeitslosenversicherung und Eintritt in die Erziehungszeit abzustellen. Eine "Unmittelbarkeit" liegt nach Ansicht des Bundessozialgerichts bereits bei einem Zeitraum von sechs Wochen nicht vor (BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 AL 2/10 R – SozR 4-4300 § 28a Nr. 4 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21 ff.).
Der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III ab dem 11. März 2010 steht dem Kläger nicht zu, da die bis zum 31. Mai 2009 dauernde Versicherungszeit in der Schweiz, deren Dauer der schweizerische Träger für die Beklagte und das Gericht bindend bescheinigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2004 – C-372/02 [Adanez-Vega] – Slg 2004, I-10761 = SozR 4-6050 Art 71 Nr. 4 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 3), nicht unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. vor der frühestens am 27. September 2009 beginnenden Zeit der Kindererziehung in Deutschland lag. Dies ist jedoch Voraussetzung, um den weitergehenden Versicherungsschutz des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB III a. F. heranziehen zu können.
Eine Versicherungspflicht im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB III a. F. bestand nicht, weil der Kläger keine der dort aufgeführten Leistungen (Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld von einem Träger der medizinischen Rehabilitation, Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen oder Rente wegen voller Erwerbsminderung von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) bezog. Die dortige Aufzählung ist abschließend (vgl. Brand, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 26 Rdnr. 19).
Der Kläger bezog auch keine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III (vgl. § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB III a. F.). Vielmehr bezog er Arbeitslosengeld nach den Rechtsvorschriften eines ausländischen Leistungsträgers, der Schweiz, und zwar zunächst vom 2. Juni 2009 bis zum 25. September 2009 in der Schweiz selbst und anschließend vom 27. September 2009 bis zum 25. Dezember 2009 das restliche in der Schweiz erworbene Arbeitslosengeld in Deutschland auf der Grundlage der Bescheinigung der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit (E 303-1). Rechtsgrundlage für die Zahlung der Leistungen in Deutschland ist Artikel 69, Artikel 71 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 i. V. m. dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EWG) und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972 (ABl. L 300 vom 31. Dezember 1972, S. 189). Nach Artikel 71 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erhielt der Arbeitslose Leistungen nach Maßgabe des Artikels 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, wenn ihm bereits Leistungen zu Lasten des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats zuerkannt worden waren, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten hatten. Die Leistungen nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hatten Vorrang.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Zeit des Bezuges von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung nicht mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB III gleichzusetzen. Eine derartige Gleichstellung hat der europäische Gesetzgeber nicht in Artikel 67, 69 bis 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 geregelt. Nach Artikel 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 waren nach den dortigen Maßgaben Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zusammenzurechnen. Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hatte die Bedingungen und Grenzen der Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs, Artikel 70 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die Zahlung der Leistungen und Erstattungen zum Gegenstand. Regelungen betreffend Arbeitslose, die während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnten, waren in Artikel 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthalten. Mit diesen Regelungen sollte gesichert werden, dass Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung, welche im Beschäftigungsland erworben wurden, ins Land der Arbeitssuche mitgenommen werden konnten, und dass eine wechselseitige Anerkennung der Ansprüche erfolgen konnte. Der Kläger begehrt jedoch vorliegend die Berücksichtigung weitergehender Versicherungszeiten, welche einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem deutschen Recht, nämlich dem SGB III, begründen sollen. Hierfür bieten die genannten europarechtlichen Regelungen keine Rechtsgrundlage.
Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch auch nicht auf andere Rechtsgrundlagen stützt. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf Artikel 21 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 abstellte, findet sich diese Vorschrift in Teil III Kapitel 1 (Krankheit und Mutterschaft). Vorliegend sind jedoch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Teil III Kapitel 6) streitig.
Letztendlich kann auf Grund des Antrages vom 11. März 2010 nur dann ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld nach deutschem Recht entstehen, wenn zu den 314 Tagen der Versicherungspflicht, die jedoch, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, durch die Inanspruchnahme von schweizerischem Arbeitslosengeld bereits verbraucht sind, weitere versicherungspflichtige Zeiten hinzukommen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein durch Zeiten der Kindererziehung kann kein neuer Anspruch begründet werden (vgl. Brand, a. a. O., § 26 Rdnr. 24). Auch können die Versicherungszeiten des Klägers aus der Schweiz nicht nochmals für die Begründung eines neuen Anspruches herangezogen werden (vgl. Artikel 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71).
Soweit der Kläger nunmehr ausführt, die Beklagte hätte ihn zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Oktober 2009 falsch beraten, weil er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach schweizerischem Recht nicht hätte in Anspruch nehmen dürfen, sondern im Rahmen der Kindererziehungszeiten die Anwartschaftserfüllung nach deutschem Recht abwarten müssen, so führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Der damit geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch scheitert jedoch daran, dass die oben dargestellten Gründe, die dem geltend gemachten Arbeitslosengeldanspruch entgegenstehen, bereits am 2. Oktober 2009, dem Tag der ersten Arbeitslosmeldung, vorlagen. In der Zeit bis zur Arbeitslosmeldung am 11. März 2010 traten keine entscheidungserheblichen Änderungen ein.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
III. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten hat die Beklagte der Klägerin nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 10. März 2010.
Der 1978 geborene Kläger war vom 10. Juli 2007 bis zum 18. August 2007, vom 1. Juni 2008 bis zum 1. Juli 2008, vom 8. Juli 2008 bis zum 17. Juli 2008 und vom 1. September 2008 bis zum 31. Mai 2009 in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt. Weitere versicherungspflichtige Beschäftigungen des Klägers sind nicht festgestellt.
Auf Grund seines Antrages gewährte ihm die Schweizer Arbeitslosenkasse für die Zeit vom 2. Juni 2009 bis zum 25. September 2009 Arbeitslosenentschädigung.
Nach Rückkehr aus der Schweiz meldete sich der Kläger am 2. Oktober 2009 bei der Beklagten arbeitslos und legte unter Beantragung von Arbeitslosengeld eine "Bescheinigung der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit" der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer vom 25. September 2009 (Formblatt E 303) vor. Dort wurde bestätigt, dass er ab dem 27. September 2009 Leistungen beziehen könne, wenn er sich bis zum 2. Oktober 2009 bei der Arbeitsvermittlung des Landes der Arbeitssuche gemeldet habe. Danach habe er Anspruch auf Leistungen für eine Höchstdauer von 65 Tagen, jedoch nicht länger als bis zum 25. Dezember 2009.
Mit Bescheid vom 3. November 2009 gewährte die Beklagte dem Kläger daraufhin für die Zeit vom 27. September 2009 bis zum 25. Dezember 2009 Arbeitslosengeld entsprechend dem Formblatt E 303.
Am 11. März 2010 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er gab an, sich seit September 2007 um die Erziehung seiner Kinder zu kümmern.
Mit Bescheid vom 31. März 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da der Kläger in den zwei Jahren vor dem 11. März 2010 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und daher die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Zeiten der Kindererziehung seien nicht zu berücksichtigen.
In dem dagegen eingelegten Widerspruch vertrat der Kläger die Auffassung, dass Zeiten der Kindererziehung versicherungspflichtig und daher zu berücksichtigen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe die Anwartschaftszeit nicht erfüllt. Diese erfülle, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Die Rahmenfrist betrage zwei Jahre und beginne mit dem Tag vor der Erfüllung aller Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Innerhalb der Rahmenfrist sei der Kläger nur an 314 Kalendertagen in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die sich anschließende Zeit der Kinderbetreuung sei nicht versicherungspflichtig, weil der Kläger keine laufende Entgeltersatzleistung nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) bezogen habe, sondern nach den Rechtsvorschriften des ausländischen Leistungsträgers.
Der Kläger hat gegen den am 11. Mai 2010 zu Post gegebenen Widerspruchsbescheid am 14. Juni 2010 Klage erhoben, welche mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 25. November 2010 abgewiesen worden ist. Zutreffend habe die Beklagte entschieden, dass es dem Kläger an der Erfüllung der Anwartschaftszeit im Sinne des § 123 SGB III fehle. Die Zeiten der Kindererziehung könnten auch nicht gemäß § 26 Abs. 2a Nr. 1 SGB III anwartschaftsbegründend herangezogen werden, da der Kläger nicht unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig gewesen sei oder eine laufende Entgelt-ersatzleistung nach dem SGB III bezogen habe.
Gegen das ihm am 2. Februar 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25. Februar 2011 Berufung eingelegt. Mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung habe er kein Einverständnis erklärt. Auch in der Sache sei die Entscheidung fehlerhaft. Artikel 69 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates der Europäischen Union vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABl. L 149 vom 5. Juli 1971) meine, dass er den Anspruch, wenn er in die Schweiz vor Ablauf der drei Monate zurückgekehrt wäre, nicht noch einmal hätte in Anspruch nehmen können. Um einen derartigen schweizerischen Anspruch ginge es ihm jedoch nicht. Die Verordnung sei zwar anzuwenden, jedoch entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung nicht Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Es sei absurd, wenn im Urteil dargelegt werde, dass er innerhalb der Rahmenfrist in keinem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Vielmehr seien Artikel 71 und 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden mit der Maßgabe, dass er in Deutschland Anspruch auf Leistungen habe unter Berücksichtigung der in der Schweiz erzielten Versicherungs- und Beschäftigungszeiten. Dies erfolge direkt, ohne dass vorher noch eine versicherungspflichtige Zeit in Deutschland bestanden haben müsse. So habe er in der Rahmenfrist vom 11. März 2008 bis zum 10. März 2010 314 Kalendertage versicherungspflichtiger Beschäftigung nachzuweisen. Zuzüglich der Zeiten der Kindererziehung gemäß § 26 Abs. 2a SGB III vom 28. September 2009 bis zum 10. März 2010 sei die Anwartschaft erfüllt. Zum Zeitpunkt des 28. September 2009 hätte er nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Anspruch auf Leistungen nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland gehabt. Diese seien nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 jedoch für den Zeitraum ausgesetzt gewesen, für die er Leistungen aus der Schweiz bezogen habe. Diese Aussetzung habe Vorrang. Dadurch sollte jedoch keine Benachteiligung entstehen.
Der Kläger hat beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 25. November 2010 aufzuheben und ihm ab 10. März 2010 beziehungsweise zu einem späteren Zeitpunkt Arbeitslosengeld zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Selbst wenn von einer Anspruchsdauer von 180 Tagen auszugehen wäre, hätte der Kläger unter Berücksichtigung der Leistungen, welche er in der Schweiz erhalten habe und die auch in Deutschland erbracht worden seien, die Anspruchsdauer aufgebraucht. Auf einen weiteren Anspruch komme man nicht, weil während der Zeiten, in denen Arbeitslosengeld bezogen werde, keine Zeiten im Sinne des § 26 Abs. 2a SGB III anerkannt werden könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Beteiligtenvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Zu Recht rügt der Kläger, das das Sozialgericht seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) getroffen hat, obwohl er auf die gerichtliche Anfrage vom 25. Oktober 2010 mit seinem Schriftsatz vom 11. November 2010 hierzu kein Einverständnis erteilt hat. Ein Urteil, welches ohne mündliche Verhandlung ohne Einverständnis eines der Beteiligten ergeht, stellt eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], § 124 Rdnr. 4a) und damit einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, der mit der Berufung gerügt werden kann. Gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Landessozialgericht durch Urteil die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn das Verfahren an diesem wesentlichen Mangel leidet (vgl. hierzu: Sächs. LSG, Urteil vom 29. März 2007 – L 3 AS 101/06 – ZFSH/SGB 2007, 403 = info also 2007, 167 = Sozialrecht aktuell 2007, 194 = JURIS-Dokument Rdnr. 15, m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 23. August 2007 – L 3 AS 134/06 –JURIS-Dokument Rdnr. 16, m. w. N.). Der Senat hat von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch gemacht, da das Sozialgericht die Klage aus zutreffenden rechtlichen Erwägungen heraus abgewiesen hat und weitere Ermittlungen für den Senat nicht veranlasst gewesen sind.
2. Zutreffend hat das Sozialgericht festgestellt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 31. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Mai 2010 sind daher nicht zu beanstanden und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG). Maßgebend sind die Regelungen in §§ 117 bis 119 SGB III in der vom 1. Januar 2005 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 62 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]), § 122 bis 124 SGB III in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 64 bis 66 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]) sowie § 26 SGB III in der vom 9. August 2008 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (vgl. Artikel 14 Nr. 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2008 [BGBl. I S. 1629]). Ferner sind im Falle des Klägers noch die europarechtlichen Regelungen aus der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 anzuwenden, weil diese Verordnung erst zum 1. Mai 2010, das heißt nach dem Antrag des Klägers, durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 i. V. m. der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 abgelöst worden ist.
Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit hatten gemäß § 117 Nr. 1, § 118 Abs. 1 SGB III a. F. Arbeitnehmer, die 1. arbeitslos waren, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hatten. Der Kläger war bei seiner Arbeitslosmeldung am 11. März 2010 im Sinne des § 119 SGB III a. F. arbeitslos und auch gemäß § 122 SGB III a. F. arbeitslos gemeldet.
Voraussetzung für die Erfüllung der Anwartschaftszeit war gemäß § 123 SGB III a. F., dass der Arbeitslose in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte (vgl. § 123 Abs. 1 SGB III a. F.). Die Rahmenfrist betrug zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (vgl. § 124 Abs. 1 SGB III a. F.).
Die Beklagte hat damit zu Recht die Rahmenfrist auf die Zeit vom 11. März 2008 bis zum 10. März 2010 festgesetzt. Innerhalb dieser Rahmenfrist sind jedoch nur 314 Kalendertage zu berücksichtigen, in denen der Kläger versicherungspflichtig im Sinne der § 24 SGB III (in der seit 1. April 2006 geltenden Fassung), § 26 SGB III a. F. und § 28a SGB III war. Der Kläger war in dieser Zeit in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt, nämlich vom 10. Juli bis zum 18. August 2007, vom 8. Juli bis zum 17. Juli 2008, vom 1. Juni bis zum 1. Juli 2008 und vom 1. September 2008 bis zum 31. Mai 2009, wie die Unia Arbeitslosenkasse Zürich am 25. September 2009 im Formblatt E 301 feststellte. In diesen Zeiten war der Kläger weder echter noch unechter Grenzgänger, weil er bis Ende September 2009 in der Schweiz wohnte. Weitere versicherungspflichtige Zeiten sind nicht festzustellen.
Das Sozialgericht hat in Übereinstimmung mit der Beklagten zutreffend ausgeführt, dass die nach der Rückkehr aus der Schweiz sich anschließende Zeit der Kindererziehung vom 27. September 2009 bis zum 10. März 2010 nicht der Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. unterlag. Danach waren Personen versicherungspflichtig in der Zeit, in der sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, erzogen, wenn sie 1. unmittelbar vor der Kindererziehung versicherungspflichtig waren, eine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III bezogen oder eine als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme geförderte Beschäftigung ausgeübt hatten, die ein Versicherungspflichtverhältnis oder den Bezug einer laufenden Entgeltersatzleistung nach dem SGB III unterbrochen hatte und 2. sich mit dem Kind im Inland gewöhnlich aufhielten oder bei Aufenthalt im Ausland Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) oder Bundeskindergeldgesetz (BKGG) hatten oder ohne die Anwendung des § 64 oder § 65 EStG oder der §§ 3 oder 4 BKGG haben würden.
Unstreitig hielt sich der Kläger mit seinen Kindern ab dem 27. September 2009, ab dem er nach seinen Angaben im Schreiben vom 1. Februar 2012 die Kinder erzog, im Inland auf und erhielt ab diesem Zeitpunkt Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz, sodass die Voraussetzungen nach § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB III a. F. erfüllt sind. Auch ist unstreitig, dass der Kläger die Kinder erzog.
Nicht erfüllt sind dagegen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F., weil es an der Unmittelbarkeit zwischen einer der dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen einerseits und der Kindererziehung andererseits fehlt.
Das Merkmal der Unmittelbarkeit in § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. ist nur erfüllt, wenn zwischen dem Ende der Versicherungspflicht und dem Beginn des Bezuges der Einkommenssatzleistung nicht mehr als ein Monat liegt (vgl. Sächs. LSG, Urteil vom 6. Mai 2010 – L 3 AL 98/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 37, m. w. N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. April 2013 – L 8 AL 339/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 23; Fuchs, in: Gagel, SGB II/SGB III [51. Erg.-Lfg., September 2013], § 26 SGB III Rdnr 31). Dies ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 28a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III (vgl. BT-Drucks. 15/1515 S. 78), in dem ebenfalls den Begriff der "Unmittelbarkeit" benutzt wird (vgl. die weiteren Beispiele bei Sächs. LSG, Urteil vom 6. Mai 2010, a. a. O.). Auch bei § 26 SGB III a. F., der den Kreis der sonstigen Versicherungspflichtigen beschreibt, ist, wie bei § 28a SGB III, der unter bestimmten Umständen versicherungsfreie Personen unter den Schutz der Arbeitslosenversicherung mit einbezieht, der begünstigte Personenkreis eng zu ziehen und auf eine enge Verbindung zwischen einer in der Vergangenheit liegenden Zugehörigkeit zum System der Arbeitslosenversicherung und Eintritt in die Erziehungszeit abzustellen. Eine "Unmittelbarkeit" liegt nach Ansicht des Bundessozialgerichts bereits bei einem Zeitraum von sechs Wochen nicht vor (BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 AL 2/10 R – SozR 4-4300 § 28a Nr. 4 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 21 ff.).
Der geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem SGB III ab dem 11. März 2010 steht dem Kläger nicht zu, da die bis zum 31. Mai 2009 dauernde Versicherungszeit in der Schweiz, deren Dauer der schweizerische Träger für die Beklagte und das Gericht bindend bescheinigt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 11. November 2004 – C-372/02 [Adanez-Vega] – Slg 2004, I-10761 = SozR 4-6050 Art 71 Nr. 4 = JURIS-Dokument, jeweils Leitsatz 3), nicht unmittelbar im Sinne des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 SGB III a. F. vor der frühestens am 27. September 2009 beginnenden Zeit der Kindererziehung in Deutschland lag. Dies ist jedoch Voraussetzung, um den weitergehenden Versicherungsschutz des § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 SGB III a. F. heranziehen zu können.
Eine Versicherungspflicht im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB III a. F. bestand nicht, weil der Kläger keine der dort aufgeführten Leistungen (Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld von einem Träger der medizinischen Rehabilitation, Krankentagegeld von einem privaten Krankenversicherungsunternehmen oder Rente wegen voller Erwerbsminderung von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) bezog. Die dortige Aufzählung ist abschließend (vgl. Brand, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 26 Rdnr. 19).
Der Kläger bezog auch keine laufende Entgeltersatzleistung nach dem SGB III (vgl. § 26 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 SGB III a. F.). Vielmehr bezog er Arbeitslosengeld nach den Rechtsvorschriften eines ausländischen Leistungsträgers, der Schweiz, und zwar zunächst vom 2. Juni 2009 bis zum 25. September 2009 in der Schweiz selbst und anschließend vom 27. September 2009 bis zum 25. Dezember 2009 das restliche in der Schweiz erworbene Arbeitslosengeld in Deutschland auf der Grundlage der Bescheinigung der Aufrechterhaltung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit (E 303-1). Rechtsgrundlage für die Zahlung der Leistungen in Deutschland ist Artikel 69, Artikel 71 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 i. V. m. dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EWG) und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 22. Juli 1972 (ABl. L 300 vom 31. Dezember 1972, S. 189). Nach Artikel 71 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. ii der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 erhielt der Arbeitslose Leistungen nach Maßgabe des Artikels 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, wenn ihm bereits Leistungen zu Lasten des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats zuerkannt worden waren, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten hatten. Die Leistungen nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hatten Vorrang.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Zeit des Bezuges von Leistungen aus der schweizerischen Arbeitslosenversicherung nicht mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB III gleichzusetzen. Eine derartige Gleichstellung hat der europäische Gesetzgeber nicht in Artikel 67, 69 bis 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 geregelt. Nach Artikel 67 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 waren nach den dortigen Maßgaben Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten zusammenzurechnen. Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 hatte die Bedingungen und Grenzen der Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs, Artikel 70 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die Zahlung der Leistungen und Erstattungen zum Gegenstand. Regelungen betreffend Arbeitslose, die während ihrer letzten Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat als dem zuständigen Staat wohnten, waren in Artikel 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 enthalten. Mit diesen Regelungen sollte gesichert werden, dass Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung, welche im Beschäftigungsland erworben wurden, ins Land der Arbeitssuche mitgenommen werden konnten, und dass eine wechselseitige Anerkennung der Ansprüche erfolgen konnte. Der Kläger begehrt jedoch vorliegend die Berücksichtigung weitergehender Versicherungszeiten, welche einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem deutschen Recht, nämlich dem SGB III, begründen sollen. Hierfür bieten die genannten europarechtlichen Regelungen keine Rechtsgrundlage.
Der Kläger kann den von ihm geltend gemachten Anspruch auch nicht auf andere Rechtsgrundlagen stützt. Soweit er in der mündlichen Verhandlung auf Artikel 21 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 abstellte, findet sich diese Vorschrift in Teil III Kapitel 1 (Krankheit und Mutterschaft). Vorliegend sind jedoch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung (Teil III Kapitel 6) streitig.
Letztendlich kann auf Grund des Antrages vom 11. März 2010 nur dann ein (neuer) Anspruch auf Arbeitslosengeld nach deutschem Recht entstehen, wenn zu den 314 Tagen der Versicherungspflicht, die jedoch, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, durch die Inanspruchnahme von schweizerischem Arbeitslosengeld bereits verbraucht sind, weitere versicherungspflichtige Zeiten hinzukommen. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Allein durch Zeiten der Kindererziehung kann kein neuer Anspruch begründet werden (vgl. Brand, a. a. O., § 26 Rdnr. 24). Auch können die Versicherungszeiten des Klägers aus der Schweiz nicht nochmals für die Begründung eines neuen Anspruches herangezogen werden (vgl. Artikel 12 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71).
Soweit der Kläger nunmehr ausführt, die Beklagte hätte ihn zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Oktober 2009 falsch beraten, weil er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld nach schweizerischem Recht nicht hätte in Anspruch nehmen dürfen, sondern im Rahmen der Kindererziehungszeiten die Anwartschaftserfüllung nach deutschem Recht abwarten müssen, so führt auch dies zu keinem anderen Ergebnis. Der damit geltend gemachte sozialrechtliche Herstellungsanspruch scheitert jedoch daran, dass die oben dargestellten Gründe, die dem geltend gemachten Arbeitslosengeldanspruch entgegenstehen, bereits am 2. Oktober 2009, dem Tag der ersten Arbeitslosmeldung, vorlagen. In der Zeit bis zur Arbeitslosmeldung am 11. März 2010 traten keine entscheidungserheblichen Änderungen ein.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
III. Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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