S 22 AS 4507/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
22
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 22 AS 4507/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Verzicht von Sozialleistungen setzt nicht voraus, dass der Verzichtende über die konkrete Höhe seines (möglichen) Leistungsanspruch Kenntnis hat, sprich bei Geldleistungen auf einen genauen Betrag verzichtet. Dass die Klägerin die Erklärung möglicherweise nie abgegeben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die im Zuständigkeitsbereich des Beklagten angenommenen Angemessenheitskriterien für unschlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erachtet werden würden (so jedenfalls LSG Bad.-Württ., Urt. v. 22.06.2010 - L 13 AS 4212/08 -, zit. in Juris), mithin ihr gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II höhere Leistungen für Unterkunft zustehen könnten (noch ungeklärt, siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R), stellt die Annahme eines Verzichts nicht in Frage, sondern ist allenfalls als Irrtum im Rahmen der Wirksamkeit des Verzichts zu prüfen.

2. Ein Verzicht auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II ist auch nicht deshalb unwirksam, weil mit ihm auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums verzichtet wird.

3. Für die Frage, ob ein schlüssiges Konzept i.S.d. Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Angemessenheit von Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II vorliegt, kommt es nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, ob das gesamte Konzept schlüssig ist. Ausreichend ist vielmehr, dass ein klar und eindeutig abgrenzbarer Teil des Konzeptes, welcher allein maßgebend für die Entscheidung eines konkreten Falles ist, den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept genügt.

4. Der Umstand, dass der Leistungsträger lediglich Wohnungen von Beziehern von SGB II, SGB XII und AsylbLG-Leistungen herangezogen hat und somit einen "Transferleistungsempfänger-Mietspiegel" konzipiert haben dürfte, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

5. Die Kammer hat jedoch insofern Bedenken bezüglich der Schlüssigkeit des Konzepts, als eine Kappung "nach oben" vorgenommen wurde. Dies führt jedoch vorliegend nicht dazu, dass mittels des Konzepts des Beklagten nicht die Angemessenheit der Wohnung der Klägerin i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt werden könnte. Die Kammer sieht sich vorliegend in der Lage, auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Datenmaterials die Angemessenheitsgrenzen am Wohnort der Klägerin für einen 2-Personen-Haushalt zu bestimmen. Die Kammer schließt sich dabei der Auffassung der 7. Kammer des Sozialgerichts Freiburg im Urteil vom 01.03.2012 (S 7 AS 4477/11) an und ermittelt den für den Personenkreis "2-Personenhaushalt in der Raumschaft Hexental/Schneckental" angemessenen Kaltmietzins unter Einbezug der vom Beklagten für dieses Segment nicht berücksichtigten Wohnungen mit einer Miete von über 8,00 EUR/qm. Nach Auffassung der Kammer kann so ein Konzept zur Bestimmung der angemessenen Miete i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II geschaffen werden, welches den Schlüssigkeitskriterien des Bundessozialgerichts entspricht.
1. Der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 werden aufgehoben, soweit eine Abänderung der Leistungsbescheide für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.08.2009 abgelehnt wurde. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin unter Abänderung der entgegenstehenden Bescheide für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.08.2009 Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung einer Kaltmiete in Höhe von 344,40 EUR monatlich zu gewähren. 3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 4. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten.

Die am X.X.1977 geborene Klägerin und ihr am X.X.2004 geborener Sohn sind zum 01.12.2005 von in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten gezogen und beziehen seitdem vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Sie mieteten zum 01.12.2005 eine Wohnung zu einer Kaltmiete von 350,00 EUR zzgl. 15,00 EUR Garagenmiete zzgl. einer monatlichen Vorauszahlung für Nebenkosten, Heiz- und Warmwasserkosten an. Der Beklagte wies die Klägerin vor dem Umzug auf die nach seiner Auffassung unangemessenen Kaltmietkosten hin. Er gewährte jedoch Maklerkosten sowie die Mietkaution nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 03.11.2005 erklärte: "Der Differenzbetrag zwischen 306,60 EUR Bezuschussung und der tatsächlichen Miete von 350,00 EUR wird durch die "Einnahmen" von Kindergeld 154,- EUR, Unterhaltsvorschuss 127,- EUR, Bundeserziehungsgeld 300,- EUR gedeckt sein". In der Folgezeit gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft der Klägerin Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung einer monatlichen Kaltmiete i.H.v. 306,60 EUR.

Mit Schriftsatz vom 30.10.2009 stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Überprüfung sämtlicher Bescheide für den Zeitraum 01.12.2005 bis 31.08.2009 und begehrte dabei u.a. die Übernahme der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10.06.2010 gewährte der Beklagte höhere Leistungen für Kranken- und Pflegeversicherung sowie ein Mehrbedarf für Alleinerziehende, lehnte die Gewährung höherer Unterkunftskosten jedoch ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.01.2011, eingegangen beim Sozialgericht Freiburg am selben Tag, hat die Klägerin Klage erhoben und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Prozessbevollmächtigten gestellt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mietkosten in tatsächlicher Höhe übernommen werden müssten. Das Konzept des Beklagten sei unzutreffend.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 10.06.2010 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 03.08.2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihr unter Abänderung aller entgegenstehenden Bescheide für den Zeitraum 01.12.2005 bis 31.08.2009 Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer Kaltmiete i.H.v. 365,00 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die für diesen Zeitraum für angemessen erachteten Unterkunftskosten weiterhin für rechtmäßig.

Mit Beschluss vom 25.05.2011 hat das Gericht der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihren Prozessbevollmächtigten beigeordnet.

Am 03.05.2012 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die hier erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) (vgl. dazu BSG, Urt. v. 09.06.2011 - B 8 AY 1/10 R -, zit. in Juris; Steinwedel, in: Kasseler Komm., § 44 SGB X Rn. 29 m.w.N.) ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei dessen Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen wurde, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Liegen die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, besteht ein Anspruch zur Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes. Besteht darüber hinaus ein (noch) Anspruch auf die mit dem rechtswidrigen Bescheid verweigerte Leistung, ist die Behörde zugleich zu verurteilen, die Leistung zu gewähren.

Daran gemessen hat die Klage nur in einem geringen Umfang Erfolg.

1. Soweit die Klägerin für den Zeitraum 01.12.2005 bis 30.04.2009 höhere Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaltmiete i.H.v. 365,00 EUR begehrt, ist die Klage unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10.06.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Abänderung der Leistungsbescheide für den Zeitraum 01.12.2005 bis 30.04.2009 und Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung einer Kaltmiete i.H.v. 365,00 EUR.

Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch steht für diesen Zeitraum die unter dem 03.11.2005 abgegebene Verzichtserklärung entgegen. Das Schreiben der Klägerin vom 03.11.2005, in dem sie erklärt "Der Differenzbetrag zwischen 306,60 EUR Bezuschussung und der tatsächlichen Miete von 350,00 EUR wird durch die "Einnahmen" von Kindergeld 154,- EUR, Unterhaltsvorschuss 127,- EUR, Bundeserziehungsgeld 300,- EUR gedeckt sein" stellt eine wirksame Verzichtserklärung i.S.v. § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) auf höhere Leistungen für Unterkunft dar und steht somit dem von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Anspruch entgegen (venire contra factum proprium).

a. Gem. § 46 Abs. 1 SGB I kann auf Ansprüche auf Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden; der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden. Der Verzicht ist eine einseitige, rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, aus deren Wortlaut und den Begleitumständen sich klar ergeben muss, ob und in welchem Umfang der Leistungsberechtigte ihm bekannte oder mögliche Ansprüche aufgibt (Seewald, in: Kasseler Komm., § 46 SGB I Rn. 8 m.w.N.). Für die Auslegung einer solchen Erklärung sind §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden. Als empfangsbedürftige Willenserklärung ist bei der hier zu prüfenden Erklärung vom 03.11.2005 neben dem wirklichen Willen (sog. natürliche Auslegung) mittels normativer Auslegungskriterien zu erforschen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte (ausf. dazu Palandt-Ellenberger, BGB, § 133 Rn. 7 ff. m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dessen handelt es sich bei der Erklärung vom 03.11.2005 um einen Verzicht i.S.v. § 46 Abs. 1 SGB I. Die Klägerin hat mit dieser Erklärung unzweifelhaft auf höhere Leistungen für Unterkunft verzichtet.

aa. Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in der vorliegend maßgeblichen Fassung in Art. 1 des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl. I S. 2954 stellen Sozialleistungen i.S.v. § 46 Abs. 1 SGB I und können Leistungsberechtigte auf diese - auch teilweise - verzichten (zum Verzicht auf Leistungsteile BSG, Urt. v. 27.11.1991 - 4 RA 10/91 -, zit. in Juris).

bb. Dem Verzicht steht zunächst nicht der Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2012 entgegen, wonach sie bei Abgabe der Erklärung davon ausgegangen sei, dass ihr höhere Leistungen für Unterkunft nicht zustehen würden. Zwar ist die Annahme eines Verzichts in solchen Fallkonstellationen abzulehnen, in denen tatsächlich oder rechtlich kein Anspruch auf die Leistung besteht (vgl. BSG, Urt. v. 25.07.1995 - 10 RKg 9/94 -, zit. in Juris). Ein solcher Fall ist jedoch vorliegend nicht gegeben. Der Beklagte hat vor dem Umzug der Klägerin mit Schreiben vom 18.10.2005 lediglich ausgeführt, dass in seinem Zuständigkeitsbereich eine Kaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt i.H.v. 306,60 EUR angemessen sei. Dass der Klägerin von Gesetzes wegen keine höheren Leistungen zugestanden haben, war damit nicht verbunden. Ein Verzicht von Sozialleistungen setzt auch nicht voraus, dass der Verzichtende über die konkrete Höhe seines (möglichen) Leistungsanspruch Kenntnis hat, sprich bei Geldleistungen auf einen genauen Betrag verzichtet. Dass die Klägerin die Erklärung möglicherweise nie abgegeben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die im Zuständigkeitsbereich des Beklagten angenommenen Angemessenheitskriterien für unschlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erachtet werden würden (so jedenfalls LSG Bad.-Württ., Urt. v. 22.06.2010 - L 13 AS 4212/08 -, zit. in Juris), mithin ihr gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II höhere Leistungen für Unterkunft zustehen könnten (noch ungeklärt, siehe BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R -, bisher nur als Terminsbericht, abrufbar unter www.bundessozialgericht.de, vorliegend), stellt die Annahme eines Verzichts nicht in Frage, sondern ist allenfalls als Irrtum im Rahmen der Wirksamkeit des Verzichts zu prüfen.

cc. Im Wortlaut der Erklärung vom 03.11.2005 ist zwar nicht ausdrücklich ausgeführt, dass die Klägerin einen Verzicht abgeben wollte, da sie insoweit nur erklärt hat, wie sie den Unterschiedsbetrag von 306,60 EUR und 350,00 EUR decken wolle. Unter Berücksichtigung der Begleitumstände der Erklärung vom 03.11.2005 ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Klägerin eine solche Verzichtserklärung abgeben wollte. Aus den Verwaltungsakten (Schreiben vom 31.12.2005, Bl. 11 f. der Verwaltungsakte sowie Aktenvermerk vom 16.11.2005, Bl. 87 f. der Verwaltungsakte) folgt, dass sie die Erklärung insbesondere deshalb abgegeben hat, um vom Beklagten Maklerkosten und die Kaution zu erhalten. Der Beklagte hat die Gewährung dieser Leistungen davon abhängig gemacht, dass die Klägerin auf höhere Unterkunftsleistungen als von ihm als angemessen erachteten verzichtet. Die Klägerin hat mithin sehr wohl bewusst auf weitergehende Leistungen für Unterkunft verzichtet, um Leistungen zu erlangen, auf die sie von Gesetzes wegen keinen Anspruch gehabt hätte. Denn Maklerkosten als Wohnungsbeschaffungskosten hätten gem. § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der hier geltenden Fassung (jetzt § 22 Abs. 6 SGB II) gegen die Stadt Freiburg geltend gemacht werden müssen und hätten die Kautionskosten lediglich als Ermessensleistungen erbracht werden können. Die Klägerin hat sich somit durch den Verzicht auf die Geltendmachung weiterer Unterkunftskosten einen rechtlichen Vorteil "erkauft", auf den sie keinen Anspruch gehabt hätte. Dies hatte ihr der Beklagte ausweislich der Verwaltungsakten so auch deutlich gemacht.

dd. Aus der Auslegung der Erklärung folgt auch eindeutig, dass die Klägerin den Verzicht auch im Namen ihres minderjährigen Sohnes abgegeben hat. Dies folgt daraus, dass sie erklärt, wie sie den Betrag über 306,60 EUR und damit für einen Zwei-Personen-Haushalt zu decken gedenkt. Als gesetzliche Vertreterin gem. § 1626 BGB konnte sie eine solche Erklärung auch abgeben.

b. Die Verzichtserklärung ist auch wirksam.

aa. Die Kammer vermag keinen Verstoß gegen § 46 SGB I, insbesondere dessen Absatz 2 zu erkennen. Das Verbot von Umgehungsregelungen gilt als allgemeiner Rechtsgrundsatz und ist durch Auslegung der jeweils einschlägigen Normen sowie der Heranziehung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu ermitteln (Seewald, a.a.O. Rn. 21). Dem Wortlaut nach erfasst § 46 Abs. 2 SGB I sowohl die Rechtsvorschriften, nach denen sich die Beziehungen des Verzichtenden zum Leistungsträger bestimmen als auch die Regelungen, die das Verhältnis zu Dritten gestalten. Unter Zugrundelegung dessen ist kein Verstoß der Verzichtserklärung gegen Rechtsvorschriften zu erkennen.

Der Verzicht ist insbesondere nicht deshalb unwirksam, weil mit ihm auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums verzichtet wird (so OVG Niedersachsen, Beschl. v. 27.03.2003 - 12 ME 52/03 -, zit. in Juris; Bayerisches LSG, Urt. v. 15.03.2007 - L 7 AS 287/06 -, zit. in Juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.08.2007 - L 1 B 37/07 -, zit. in Juris; SG Braunschweig, Urt. v. 23.09.2009 - S 17 AS 2730/08 -, zit. in Juris; SG Freiburg, Urt. v. 31.07.2009 - S 12 AS 2626/07 -, zit. in Juris; einschr. LSG Hessen, Beschl. v. 16.01.2008 - L 9 SO 121/07 ER -, zit. in Juris). Zum einen erfasst § 46 SGB I ohne Einschränkungen den Verzicht auf Sozialleistungen. Zum anderen ist der Verzichtende durch den jederzeitigen Widerruf ausreichend geschützt.

Der Wirksamkeit des Verzichts steht auch nicht entgegen, dass § 22 Abs. 3 SGB II in der hier geltenden Fassung (jetzt § 22 Abs. 6 SGB II) keine Regelungen zu einer "Gegenleistung" des Leistungsempfängers enthält. Die konkrete Form der Leistungsgewährung steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Weder der Gesetzessystematik noch der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass die Leistungen nach § 22 Abs. 3 SGB II gegenleistungsfrei zu erbringen sind. Der Verzicht auf Sozialleistungen ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 SGB I grundsätzlich zulässig und kann ein solcher daher keine unzulässige "Gegenleistung" darstellen.

bb. Die Verzichtserklärung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie wirksam angefochten wurde.

Für eine solche Anfechtung dürfte bereits die Anfechtungsfrist nach § 121 bzw. § 124 BGB verstrichen sein. Weder im Überprüfungsantrag vom 30.10.2009 oder in der Widerspruchsbegründung vom 08.04.2010 noch in den schriftsätzlichen Äußerungen im Klagverfahren haben die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter Angaben zur Erklärung vom 03.11.2005 gemacht. Dies geschah erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2012.

Im Übrigen fehlt es auch am Anfechtungsgrund.

Ein Anfechtungsgrund nach § 123 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Es ist weder eine widerrechtliche Drohung noch eine arglistige Täuschung gegeben. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.2012 vorgetragenen Auffassung des Prozessbevollmächtigten, kann eine arglistige Täuschung nicht darin gesehen werden, dass der Beklagte der Klägerin mitgeteilt hat, dass lediglich ein Kaltmietzins von 5,11 EUR/qm angemessen sei. Eine arglistige Täuschung nach § 123 BGB setzt die vorsätzliche Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Im Hinblick darauf, dass zum Zeitpunkt der Abgabe der Verzichtserklärung als auch im Zeitpunkt der Stellung des Überprüfungsantrags mit Schreiben vom 30.10.2009 selbst die zuständigen Sozialgerichte noch davon ausgegangen sind, dass die Annahme eines angemessenen Kaltmietzins von 5,11 EUR/qm auf einem schlüssigen Konzept i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II beruhe, kann von einer arglistigen Täuschung nicht gesprochen werden. Auch für die Annahme einer widerrechtlichen Drohung seitens des Beklagten sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder von der Klägerin vorgetragen worden. Eine solche ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Beklagte die Maklerkosten und die Mietkaution wohl nur in der gewährten Form geleistet hat, weil die Klägerin auf die vom Beklagten für unangemessen erachteten Kaltmietkosten verzichtet hat.

Ein Erklärungs- oder Inhaltsirrtum nach § 119 Abs. 1 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Soweit ein Irrtum möglicherweise darin erblickt werden kann, dass sich die Beteiligten über die Höhe der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als angemessen zu gewährenden Kaltmietkosten geirrt haben, würde ein solcher Irrtum ein reiner Irrtum über die Rechtslage darstellen, der nicht zur Anfechtung berechtigt.

cc. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass der Beklagte aus anderen Gründen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) gehindert sein soll, sich auf die abgegebene Verzichtserklärung zu berufen. Zwar hat sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Umzug in einer persönlich sehr schwierigen Situation befunden und wollte wohl schnellstmöglich aus ihrer bisherigen Wohnung ausziehen. Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sowohl der bisher zuständige Leistungsträger als auch der Beklagte im Rahmen des Umzugs in einem erheblichen Umfang Unterstützungs- und Beratungsleistungen erbracht haben. Der Beklagte hat darüber hinaus Leistungen an die Klägerin erbracht, auf die sie keinen Anspruch gehabt hätte.

Die Klägerin muss sich mithin an ihrer Erklärung festhalten lassen und hat keinen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten. Darauf, ob die vom Beklagten bis zum 30.04.2009 für angemessen erachteten Unterkunftskosten i.H.v. 5,11 EUR/qm den Kriterien des Bundessozialgerichts zur Schlüssigkeit eines Konzepts zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten gem. § 22 Abs. 1Satz 1 SGB II entsprechen, kommt es nicht an.

2. Für den Zeitraum vom 01.05.2009 bis 31.08.2009 hat die Klägerin einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung unter Berücksichtigung einer Kaltmiete in Höhe von 344,40 EUR monatlich. Der Bescheid des Beklagten vom 10.06.2010 und der Widerspruchsbescheid vom 03.08.2010 werden insoweit aufgehoben, da sie insoweit rechtswidrig sind und die Klägerin in ihren Rechten verletzen.

Gem. § 46 Abs. 2 SGB I ist ein wirksamer Verzicht bis zu seinem Widerruf gültig. Der Widerruf wirkt ex nunc. Mithin hätte sich die Klägerin an ihrer Verzichtserklärung bis zur Stellung des Überprüfungsantrags vom 30.10.2009, der hier als Widerruf ausgelegt wird, festhalten lassen müssen. Der Beklagte hat jedoch mit Erstellung seines neuen Konzepts zur Festsetzung von angemessenen Kaltmieten für Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach SGB II, Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) und Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald ab dem 01.05.2009 auch der Klägerin Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung einer höheren Kaltmiete gewährt und somit deren Verzicht zu ihren Gunsten unberücksichtigt gelassen. Nach Auffassung des Gerichts ist in einem solchen Fall die Unbeachtlichkeit des Verzichts anzunehmen, so dass sich der Beklagte nicht darauf berufen kann, dass der Klägerin aufgrund ihres Verzichts weniger als die gewährten Leistungen zugestanden hätten (und damit die Klage insgesamt hätte abgewiesen werden müssen).

Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der hier maßgeblichen Fassung werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (vgl. nur BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7 b AS 10/06 R -, zit. in Juris). Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen ist die Wohnungsgröße, der Wohnstandard sowie das örtliche Mietniveau (Berlit, in: LPK-SGB II, § 22 Rn. 40 m.w.N.). Bezüglich des Wohnstandards als Faktor im Rahmen der Angemessenheitsprüfung ist darauf abzustellen, ob eine Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (vgl. BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7 b 10/06 R -, a.a.O.). Die Wohnung muss daher im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen liegen (vgl. BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7 b 10/06 R -, a.a.O.). Den räumlichen Vergleichsmaßstab bildet insoweit regelmäßig der Wohnort des Hilfebedürftigen, der sich jedoch nicht stets mit dem kommunalverfassungsrechtlichen Begriff der "Gemeinde" decken muss, sodass im Einzelfall je nach den örtlichen Verhältnissen - insbesondere bei Kleinst-Gemeinden ohne eigenen Wohnungsmarkt - eine Zusammenfassung in größere Vergleichsgebiete geboten sein kann (vgl. BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7 b 10/06 R -, a.a.O.). Bei der Angemessenheitsprüfung ist nicht isoliert auf die einzelnen Faktoren Wohnungsgröße, Ausstattungsstandards und Quadratmeterpreis abzustellen; vielmehr ist die letztendlich aus diesen Faktoren resultierende Höhe der Unterkunftskosten angemessen. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten bestimmt sich daher aus dem Produkt der - abstrakt zu ermittelnden - personenzahlabhängigen Wohnungsgröße und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins pro Quadratmeter (BSG, Urt. v. 27.02.2008 - B 14/7b AS 70/06 R -, zit. in Juris). Diese Ermittlung eines angemessenen Mietzinses hat auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes des Leistungsträgers zu erfolgen (dazu im Einzelnen BSG, Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, zit. in Juris). Da der Hilfebedürftige einen Anspruch auf Deckung seines Unterkunftsbedarfes hat, hat sich die Angemessenheitsprüfung danach auf die Frage zu erstrecken, ob dem Hilfeempfänger eine andere kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zumutbar ist (SG Freiburg, Urt. v. 01.03.2012 - S 7 AS 4477/11 -).

Diesen Vorgaben an die Ermittlungen angemessener Kosten der Unterkunft und Heizung hält das Vorgehen des Beklagten - den vorliegenden Fall betreffend - nach Auffassung der Kammer weitestgehend stand.

a. Die Kammer ist zunächst der Auffassung, dass grundsätzlich und auch im vorliegenden Fall für einen 2-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von 60 qm als angemessen zu erachten ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin einen größeren Wohnbedarf hat, wurden weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich.

b. Nach Auffassung der Kammer ist auch der räumliche Vergleichsmaßstab, den der Beklagte angelegt hat, nicht zu beanstanden. Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung der 18. Kammer des Sozialgerichts Freiburg (Urt. v. 29.11.2010 - S 18 AS 4150/09 -), der 7. Kammer des Sozialgerichts Freiburg (Urt. v. 01.03.2012 - S 7 AS 4477/11 -) und der 12. Kammer des Sozialgerichts Freiburg (Urt. v. 21.09.2010 - S 12 SO 4273/08 -) an. Die Anforderungen des Bundessozialgerichtes, wonach der Vergleichsmaßstab so zu wählen ist, dass Hilfebedürftige im Regelfall ihr soziales Umfeld beibehalten können, sind erfüllt. Der Zuständigkeitsbereich des Beklagten zeichnet sich durch eine Vielzahl von Klein- und Kleinst-Gemeinden aus, die regelmäßig keinen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden können. Die Unterteilung in mehrere etwa gleich große Teilgebiete ist ein adäquates Mittel, dieser Struktur gerecht zu werden. Das Vergleichsgebiet "Hexental/Schneckental" besteht neben der Wohnortgemeinde der Klägerin aus sieben weiteren Gemeinden in einem Umkreis von ca. 13 km. Das Gebiet ist einerseits zwar ländlich geprägt, andererseits liegen sämtliche Gemeinden mit einer maximalen Entfernung von 12 km im näheren Umland der Stadt Freiburg und sind größtenteils durch den öffentlichen Nahverkehr auch gut erschlossen. Landesplanerisch werden die Gemeinde Au dem Verdichtungsraum Freiburg, die Gemeinden Sölden, Wittnau, Schallstadt und Ebringen der Randzone um den Verdichtungsraum und die Gemeinden Horben und Bollschweil dem sogenannten "Ländlichen Raum" zugeordnet.

c. Für die Frage, ob ein schlüssiges Konzept vorliegt, kommt es nach Auffassung der Kammer unter Anschluss an die Entscheidung der 7. Kammer des Sozialgerichts Freiburg (Urt. v. 01.03.2012 - S 7 AS 4477/11) nicht darauf an, ob das gesamte Konzept schlüssig ist. Ausreichend ist vielmehr, dass ein klar und eindeutig abgrenzbarer Teil des Konzeptes, welcher allein maßgebend für die Entscheidung eines konkreten Falles ist, den Anforderungen des Bundessozialgerichts an ein schlüssiges Konzept genügt. In seinem Konzept zur Festsetzung von angemessenen Kaltmieten für Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen nach SGB II, SGB XII und AsylbLG im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald unterteilt der Beklagte seinen räumlichen Zuständigkeitsbereich in sieben Raumschaften und diese nochmals jeweils in 1- bis 4-Personen-Haushalte und hat er auf dieser Basis Kaltmieten unter Auswertung der Daten sämtlicher Bestandsfälle von Leistungsbeziehern nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG mit Stand Oktober 2008 ermittelt. Vorliegend kommt es daher aus Sicht der Kammer allein darauf an, ob das klar und eindeutig abgrenzbare Teilkonzept "Raumschaft Hexental/Schneckental für einen 2-Personenhaushalt" schlüssig ist.

Ein schlüssiges Konzept liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dann vor, wenn der Ersteller planmäßig vorgegangen ist im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum sowie für sämtliche Anwendungsfälle und nicht nur punktuell im Einzelfall (BSG, Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, zit. in Juris). Zusammengefasst ergeben sich folgende Voraussetzungen an die Schlüssigkeitsanforderungen des Konzeptes (BSG, Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, a.a.O.):

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), - es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, - Angaben über den Beobachtungszeitraum, - Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), - Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, - Validität der Datenerhebung, - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und - Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Daran gemessen weist das Konzept des Beklagten zur Ermittlung angemessener Kaltmieten - den vorliegenden Fall betreffend - keine durchgreifenden methodischen Fehler auf.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (vgl. BSG, Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, a.a.O.) kann ein schlüssiges Konzept sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, das heißt der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen. Dies ist nach Auffassung der Kammer so zu verstehen, dass die Behörde dann, wenn sie - wie hier der Beklagte- zwar nicht den Gesamtwohnungsbestand aber auch nicht nur Wohnungen einfachen Standards heranzieht, nicht zwingend den Spannenoberwert als angemessene Kaltmiete ansetzen muss, sondern andere schlüssige Überlegungen heranziehen kann.

Vorliegend hat der Beklagte alle Bestandswohnungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG erfasst und daraus einen Durchschnittswert gebildet, den er als angemessenen Quadratmeterpreis im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II für Wohnungen in seinem Zuständigkeitsbereich ansieht. Zwar stellt dieser Datenbestand nicht den Gesamtbestand der zur Verfügung stehenden Wohnungen dar; es handelt sich jedoch trotz der Tatsache, dass in diesen Wohnungen nur Leistungsbezieher nach dem SGB II, dem SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz wohnen, auch nicht nur um solche einfachen Standards. Dies folgt schon daraus, dass unter den vom Beklagten erfassten Wohnungen auch solche sind, die Personen bewohnen, die erstmals Leistungen beantragen oder denen aus sonstigen Gründen ein Umzug nicht zumutbar ist, was zur Folge hat, dass im herangezogenen Datenbestand des Beklagten auch Wohnungen gehobenen Standards zu finden sind. Im Hinblick darauf ist die Kammer der Auffassung, dass der Beklagte grundsätzlich nicht daran gehindert ist, einen Durchschnittswert für den Quadratmeterpreis aus diesem Datenbestand zu ermitteln und diesen als angemessen in seinem Zuständigkeitsbereich anzusetzen.

Dass 60 qm große Wohnungen zu einem Kaltmietpreis von 340,80 EUR pro Monat in der Raumschaft Hexental/Schneckental zur Verfügung standen, hat die Kontrolle, die der Beklagte in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 anhand der Wohnungsangebote in den einschlägigen Anzeigenblättern vorgenommen hat, gezeigt. Die Kammer sieht keine Veranlassung, diese Angaben in Zweifel zu ziehen.

Bei der vom Beklagten ermittelten Datengrundlage sind alle Bestandswohnungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG erfasst und kann mit diesem Datenbestand zulässigerweise ein als angemessen anzusehender durchschnittlicher Mietpreis pro Quadratmeter errechnet werden. Insbesondere vermag die Kammer auch nicht zu erkennen, dass in dem vom Beklagten herangezogenen Datenbestand Wohnungen in nennenswerter Zahl und damit den als angemessen ermittelten Wert statistisch verfälschend enthalten sind, die lediglich gefälligkeitshalber oder aus sonstigen Gründen unangemessen niedrig vermietet sind.

Da auf diese Weise alle Bestandswohnungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG in der Raumschaft "Hexental/Schneckental" und Wohnungen für einen 2-Personenhaushalt betreffend erfasst sind und daraus ein zulässiger Durchschnittswert gebildet wurde, ist nach Auffassung der Kammer auch hinreichende Bestimmtheit des Untersuchungsgegenstandes gegeben.

Weiter ist die Kammer der Auffassung, dass der Beklagte im Hinblick auf die Einwohnerzahl von weit weniger als 300.000 in seinem Zuständigkeitsbereich mit der Erfassung von insgesamt 3226 Wohnungen für die Ermittlung des angemessenen Mietpreises einen ausreichend repräsentativen Datenbestand herangezogen hat, der auch für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels ausreichen würde (so ausdrücklich SG Freiburg, Urt. v. 01.03.2012 - S 7 AS 4477/11 -).

Auch der Umstand, dass der Beklagte lediglich Wohnungen von Beziehern von SGB II, SGB XII und AsylbLG-Leistungen herangezogen hat und somit einen "Transferleistungsempfänger-Mietspiegel" konzipiert haben dürfte, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Die Heranziehung nur dieses Marktsegments genügt der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 22.09.2009 - B 4 AS 18/09 R -, a.a.O.), wonach gezielt Wohnungen einfachen Standards ausgewertet werden können. Nachvollziehbar ist auch, dass die gesamte Datenbasis, wie sie der Beklagte erhoben hat, ganz überwiegend, jedoch nicht ausschließlich Wohnungen einfachen Standards enthalten dürfte. Zwar mögen von der Datenerhebung auch solche Leistungsbezieher erfasst seien, die aufgrund von Mietsenkungsverfahren in Wohnungen zu einem geringeren Quadratmeterpreis gezogen sind als dies nach der nunmehr vorliegenden statistischen Erfassung notwendig gewesen wäre. Zwar mag auch aufgrund dieses Umstandes bei einer künftigen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung an neue Gegebenheiten infolge der Berücksichtigung von Bestandswohnungen von Leistungsbeziehern nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG nicht gänzlich auszuschließen sein, dass der Quadratmeterpreis nach unten zu korrigieren wäre. Andererseits ist jedoch davon auszugehen, dass dann auch Bestandswohnungen neu hinzu gekommener Leistungsbezieher, die bisher nicht in der Statistik erfasst waren und die im Hinblick auf die Bestandsschutzregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in Wohnungen gehobeneren Standards mit der Folge wohnen, über der Angemessenheitsgrenze liegende Mieten entrichten zu müssen, neu in die Statistik aufgenommen werden müssen und auf diese Weise ein gewisser Ausgleich stattfindet. In diesem Zusammenhang ist es letztlich sogar nicht auszuschließen, dass sich hierdurch möglicherweise sogar ein höherer Angemessenheitswert ergibt. In diesem Zusammenhang ist auch festzustellen, dass das Konzept des Beklagten eine jährliche Überprüfung dergestalt vorsieht, dass die festgesetzten angemessenen Mieten anhand des tatsächlichen Wohnungsangebotes in den einschlägigen Anzeigenblättern in den Monaten Oktober bis Dezember auf ihre Realität hin überprüft werden und eine Korrektur der Mietobergrenzen dann vorgenommen wird, wenn sich aufgrund der jährlichen Nachhaltung zeigt, dass eine Wohnraumversorgung im Rahmen der Mietsenkungsverfahren (anders als bisher) nicht mehr innerhalb von 10 Monaten erfolgen kann. Dieses Verfahren führt nach Auffassung der Kammer ebenfalls zu dem Ergebnis, dass zumindest keine nennenswerte Absenkung eintreten kann.

Die Kammer hat jedoch insofern Bedenken bezüglich der Schlüssigkeit des Konzepts, als der Beklagte Wohnungen ab einem Mietzins von 8,00 EUR/qm ausgenommen hat. Der Beklagte hat ausgehend von einem wohl für nicht mehr angemessen erachteten Quadratmeterpreis von 8,00 EUR sämtliche Daten gefiltert und ist so zum Ausschluss von insgesamt 5 % für das gesamte Konzept gelangt. Für das Gericht ist eine solche Kappung ohne konkrete Feststellung, dass hierbei die Grenze zu Wohnungen im unteren Segment zu ziehen ist, allerdings nicht nachvollziehbar. Die vorgelegten Datengrundlagen zeigen, dass der auf diese Weise aussortierte Anteil je nach Raumschaft erheblich schwankt (auf bis zu 13,7 %). Dies legt den Schluss nahe, dass innerhalb des Landkreises deutliche Strukturunterschiede bestehen, so dass ein einheitlicher Grenzwert von 8,00 EUR ungeeignet sein könnte. Je nach Anzahl der herausgenommenen Wohnungen kann sich daraus eine wesentliche Veränderung des Durchschnittspreises ergeben. Im Übrigen ist eine generelle Kappung "nach oben" auch deshalb nicht ohne weiteres nachvollziehbar, weil eine solche "nach unten" nicht vorgenommen wurde. Dies gilt umso mehr, als auch hier teilweise erhebliche Unterschiede bestehen (beispielsweise Quadratmeterpreise von 1,88 EUR am Wohnort der Klägerin). Wenn der Beklagte hinsichtlich seiner Datengrundlage allein auf das Marktsegment der Transferleistungsbezieher abstellt, dann muss er sich auch insgesamt daran orientieren und kann nicht ohne weitere Begründung bestimmte Wohnungen wieder herausnehmen.

Dies führt jedoch vorliegend nicht dazu, dass mittels des Konzepts des Beklagten nicht die Angemessenheit der Wohnung der Klägerin i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt werden könnte. Die Kammer sieht sich vorliegend in der Lage, auf der Grundlage des vom Beklagten vorgelegten Datenmaterials die Angemessenheitsgrenzen am Wohnort der Klägerin für einen 2-Personen-Haushalt zu bestimmen (vgl. dazu SG Freiburg, Urt. v. 01.03.2012 – S 7 AS 4477/11 -; zur Ermittlung durch die Instanzgerichte BSG, Urt. v. 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - , Terminsbericht abrufbar unter www.bundessozialgericht.de). Die Kammer schließt sich dabei der Auffassung der 7. Kammer des Sozialgerichts Freiburg im Urteil vom 01.03.2012 (S 7 AS 4477/11) an und ermittelt den für den Personenkreis "2-Personenhaushalt in der Raumschaft Hexental/Schneckental" angemessenen Kaltmietzins unter Einbezug der vom Beklagten für dieses Segment nicht berücksichtigten Wohnungen mit einer Miete von über 8,00 EUR/qm. Nach Auffassung der Kammer kann so ein Konzept zur Bestimmung der angemessenen Miete i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II geschaffen werden, welches den Schlüssigkeitskriterien des Bundessozialgerichts entspricht.

Nach dem vorgelegten Datenmaterial hat der Beklagte für den vorgenannten Personenkreis insgesamt 48 Wohnungen ermittelt, von denen eine Wohnung (8,49 EUR/qm) herausgenommen wurde. Der Beklagte hat anschließend die durchschnittliche Mietpreise der übrigen 47 Wohnungen ermittelt, diese summiert (266,96 EUR) und anschließend durch die Anzahl der einbezogenen 47 Wohnungen geteilt, woraus sich der angenommene Quadratmeterpreis von 5,68 EUR ergab. Unter Einbezug der Wohnung mit einem Quadratmeterpreis von 8,49 EUR ergibt sich folgendes: 266,96 EUR + 8,48 EUR = 275,44 EUR: 48 =5,73833333 EUR, gerundet 5,74 EUR. Daraus ergibt sich für die Klägerin ein angemessener Kaltmietzins von 344,40 EUR.

Die Klägerin hat daher für den Zeitraum 01.05.2009 bis 31.10.2009 einen Anspruch auf Gewährung von Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung einer monatlichen Kaltmiete i.H.v. 344,40 EUR. Ein Anspruch auf die Berücksichtigung höherer Kaltmietkosten bzw. der tatsächlichen Kaltmiete i.H.v. 365,00 EUR besteht nicht; die Klage ist insoweit ebenfalls abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Da die Klägerin lediglich in einem sehr geringen Umfang obsiegt hat, ist eine Kostenquotelung nicht angebracht.
Rechtskraft
Aus
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