Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 9 AL 216/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 100/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III (in der vom 01.05.2005 bis zum 31.03.2012 geltenden Fassung) für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, der den Eintritt einer Sperrzeit verhindert, liegt im Falle des Abschlusses einer Altersteilzeitvereinbarung dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden und diese Annahme prognostisch auch gerechtfertigt ist (Anschluss an BSG, Urteil vom 21. Juli 2009, Az. B 7 AL 6/08 R).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011, für die die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat.
Der am 1951 geborene Kläger stand von September 1967 bis zum 31. Januar 2011 als Gruppenleiter Auftragsdurchführung bei der Firma D S D GmbH in einem Arbeitsverhältnis. Am 9. Dezember 2003 hatte er mit seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Vertrags über Altersteilzeit vereinbart, dass das bis dahin unbefristete Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis (sogenanntes Blockmodell) fortgeführt wird. In der Beschäftigungsphase ab dem 1. Januar 2007 arbeitete der Kläger weiterhin Vollzeit und begab sich ab dem 16. Januar 2009 in die sogenannte Freistellungsphase. Das Altersteilzeitentgelt wurde mit 50 % der monatlichen Bruttogrundvergütung nach Tarifgruppe 15 Stufe 7 des für die Gesellschaft gültigen Tarifvertrags vereinbart und dieses für die gesamt Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf 90 % des vergleichbaren Netto-Vollzeitarbeitsentgelts aufgestockt. Zudem wurden zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt und eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart, die mit der Gehaltsabrechnung des Ausscheidemonats fällig wurde. Grundlage des Altersteilzeitvertrages war der Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 sowie die Betriebsvereinbarung Nr. 23 vom 1. Juni 1999 der D S D GmbH.
Am 28. Oktober 2010 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsuchend. Diese bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 11. Februar 2011 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 38,96 EUR für 720 Tage. Zugleich ordnete sie mit einem gesonderten Bescheid vom gleichen Tag das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011 an und stellte die Minderung dieses Anspruchs um 180 Tage, somit einem Viertel der Anspruchsdauer, fest. Zur Begründung führte sie aus, dass der zum 31. Januar 2011 ausgelaufene Altersteilzeitvertrag zum gleitenden Übergang in die Altersrente geschlossen worden sei. Diese Möglichkeit habe der Kläger aber noch nicht nutzen wollen, weshalb eine Sperrzeit eintrete.
Hiergegen legte der Kläger am 21. Februar 2011 Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass ihm bei Abgabe der Unterlagen erklärt worden sei, dass es aufgrund des Altersteilzeitvertrags nicht zu einer Sperrzeit oder Anspruchskürzung kommen werde. Diese Aussage habe er als verbindlich angesehen. Zudem sei die Vereinbarung zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung auf Initiative des Arbeitgebers geschlossen worden, um trotz des erforderlichen Personalabbaus im Rahmen von Strukturänderungen langfristig junge Facharbeiter und Absolventen übernehmen zu können.
Die Beklagte hörte hierzu den ehemaligen Arbeitgeber an, der mit Schreiben vom 14. März 2011 mitteilte, dass die Schaffung neuer Rahmenbedingungen in einem sich verändernden Energiemarkt und die Ausrichtung der D S D GmbH auf ein Dienstleistungsunternehmen es erforderlich gemacht habe, das Unternehmen einer sich bis Ende 2003 erstreckenden Geschäftsprozessoptimierung zu unterziehen. Für die sich dabei ergebenen unmittelbaren personellen Konsequenzen seien zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen sozialverträgliche Maßnahmen wie z. B. Vereinbarungen von Altersteilzeitverträgen, einvernehmliche Vertragsbeendigungen und Vorruhestandsvereinbarungen oder Fremdvergabe mit Übernahme von Arbeitnehmern beschlossen worden. Während der Phase der Geschäftsprozessoptimierung sei ein Stellenabbau von 370 Arbeitsplätzen geplant gewesen. Basis für den Abschluss von Altersteilzeitverträgen sei der Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 und die Betriebsvereinbarung 23 vom 1. Juni 1999 gewesen, deren Ziel dahin bestanden habe, das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess entsprechend der gesetzlichen und tarifvertraglichen Möglichkeiten zu erleichtern. Aus diesem Grund habe man auch dem Kläger eine Altersteilzeitregelung angeboten und dessen Antrag auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung positiv beschieden. Nach vorausgegangenen Konsultationen habe letztmalig am 2. Dezember 2003 ein beratendes Gespräch zu den Konditionen der Altersteilzeit stattgefunden, bevor die Vertragspartner mit Datum vom 9. Dezember 2003 den Altersteilzeitvertrag geschlossen hätten. Diese Kontakte hätten kein konkretes Kündigungsverfahren beinhaltet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit gegeben seien. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis zum 31. Januar 2011 durch seine Zustimmung zum Altersteilzeitvertrag ab 1. August 2007 gelöst, ohne konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt zu haben. Durch Altersteilzeit solle älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden. Der Kläger habe sich entschieden, keine Altersrente in Anspruch zu nehmen, sondern sich arbeitslos zu melden. Damit habe er seine Arbeitslosigkeit zumindest grobfahrlässig herbeigeführt. Melde sich der Arbeitslose nach Beendigung seiner Beschäftigung in Altersteilzeit arbeitslos anstatt planmäßig Altersrente zu beziehen, liege kein wichtiger Grund für das Herbeiführen der Arbeitslosigkeit vor.
Hiergegen hat der Kläger am 11. April 2011 Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er der Altersteilzeitvereinbarung nur zugestimmt habe, um einer betriebsbedingten Kündigung vorzubeugen. Zudem seinen ihm von verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten in Bezug auf eine Sperrzeit fehlerhafte Auskünfte erteilt worden. Er hätte die Zeit zwischen Vollendung des 60. und 65. Lebensjahres bei einer betriebsbedingten Kündigung weder durch Altersteilzeit noch anderweitig sichern können, um bis zum regulären Renteneintritt zu gelangen. Der Rentenversicherungsträger habe ihm vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung im Dezember 2003 mitgeteilt, dass er nur mit einem Abschlag von 18 Prozent Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente habe. Vom etwaigen Eintritt einer Sperrzeit habe er nichts gewusst; dies aber auch nicht abklären lassen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Juli 2012 abgewiesen und ausgeführt, dass die Sperrzeit zu Recht verhängt worden sei. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem er durch Altersteilzeitvereinbarung mit seinem vormaligen Arbeitgeber das unbefristete in ein befristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt habe, wodurch er nach dem Ende der Freistellungsphase beschäftigungslos geworden sei. Diesen Sachverhalt habe er auch bewusst, also in vorsätzlicher Weise, herbeigeführt. Es habe kein wichtiger Grund hierfür vorgelegen. Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes sei es, nahtlos von der Altersteilzeit ohne Umweg über die Beantragung von Arbeitslosengeld in den Rentenbezug zu wechseln. Im Fall des Klägers habe sich die rentenrechtliche Situation in der Zeit zwischen Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrags am 9. Dezember 2003 und dem Ende der Freistellungsphase am 31. Januar 2011 nicht verändert und es sei ihm aufgrund der durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erteilten Auskunft bewusst gewesen, dass er die vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Abs. 1 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) nur abschlagsbehaftet habe beziehen können. Für die Annahme eines zur Halbierung der Sperrzeit führende Härtefall im Sinne von § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Bst b) SGB III sei weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.
Der Kläger hat gegen das am 31. Juli 2012 verkündete und ihm am 7.Januar 2013 zugestellte Urteil am 22. August 2012 Berufung eingelegt. In seiner Berufungsbegründung hat er darauf verwiesen, dass ihm bei Gesprächen am 28. Oktober 2010, 8. November 2010 und 11. Februar 2011 jeweils gesagt worden sei, dass es wegen der Altersteilzeitvereinbarung weder zu einer Kürzung des Arbeitslosengeldes noch zum Eintritt einer Sperrzeit komme. Er habe keineswegs grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Der Antrag auf Altersteilzeit sei ihm von seinem ehemaligen Arbeitgeber angeboten worden, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden, was diese auch in ihrem Schreiben vom 14. März 2011 bestätigt habe. Daher könne ihm kein Vorwurf gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011 zu verpflichten, ihm auch für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 25. April 2011 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des Verwaltungsverfahrens sowie des Widerspruchsbescheids und ist im Übrigen der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei.
Der Senat hat zu den Umständen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch Altersteilzeitvereinbarung vom 9. Dezember 2003 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin R L , Hauptsachbearbeiterin Personal der D S D GmbH. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 2014 verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist statthaft, da Leistungen von mehr als 750,00 EUR streitig sind (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs [SGG]).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Zwar ist die Berufung nach § 151 SGG innerhalb eines nach Zustellung des Urteils einzulegen. Unerheblich ist aber, dass der Kläger bereits am 22. August 2012 gegen das erst am 7. Januar 2013 zugestellte Urteil das Rechtsmittel eingelegt hat. Denn die Berufung hat bereits vor Fristbeginn eingelegt werden können, da es am 31. Juli 2012 verkündet und damit bereits rechtswirksam ergangen war (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, [10. Aufl., 2012], § 151 Rdnr. 9).
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Sperrzeitbescheid vom 11. Februar 2011 in Verbindung mit dem Arbeitslosengeldbescheid vom selben Tag in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011, mit welchen das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs und die Minderung der Anspruchsdauer für die Dauer einer Sperrzeit vom für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011 festgestellt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 18. August 2004 – B 7a/7 AL 94/04 R – SozR 4-4300 § 140 Nr. 2 Rdnr. 5 = JURIS-Dokument Rdnr. 13; weitere Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – L 3 AL 238/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 27) stellen der Sperrzeitbescheid und der am gleichen Tag ergangene Bewilligungsbescheid eine einheitliche Regelung über die teilweise Versagung von Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer dar. Dagegen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht angewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 25. April 2011 festgestellte Sperrzeit und die damit verbundene Teilablehnung von Arbeitslosengeld für die Sperrzeitdauer sowie die Minderung der Anspruchsdauer des bewilligten Arbeitslosengeldes um 180 Tage sind nicht zu beanstanden. Maßgebend sind die Regelungen in § 144 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) in der vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2012 geltende Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 76 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]; im Folgenden: a. F.).
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. ruhte ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hatte, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten lag gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hatte (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Die Sperrzeit begann nach § 144 Abs. 2 SGB III a. F. mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründete, also in Anwendung des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F. mit dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit. Nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a. F. betrug in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 die Dauer der Sperrzeit zwölf Wochen (Regelsperrzeit). Sie verkürzte sich nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst b SGB III a. F. auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, der den Eintritt einer Sperrzeit verhindert, im Falle des Abschlusses einer Altersteilzeitvereinbarung dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden und diese Annahme prognostisch auch gerechtfertigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 18 = JURIS-Dokument Rdnr. 11 ff.; Sächs. LSG, Urteil vom 18. Januar 2012 – L 3 AL 10/09 [n. V.]). Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, mit der Einführung der Altersteilzeit die Praxis der Frühverrentung durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand abzulösen (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 13, unter Verweis auf BR-Drs. 208/96, S. 1, 22). Durch die Altersteilzeit sollte es ermöglicht werden, betriebliche Personalanpassungsmaßnahmen durchzuführen, ohne dass über eine Frühverrentung die Kosten dieser Maßnahmen auf die Solidargemeinschaft der Versicherten abgewälzt werden. War es damit das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die Sozialversicherung und insbesondere die Bundesagentur durch die Einführung der Altersteilzeit zu entlasten, kann einem Arbeitnehmer, der sich entsprechend dieser Gesetzesintention verhält, der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht vorgeworfen werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 14) jedoch nur dann, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich die Rente beantragt werden soll. Denn Ziel des Altersteilzeitgesetzes ist es, eine Nahtlosigkeit zwischen Altersteilzeitbeschäftigung und Rentenbeginn zu erreichen und einen Zwischenschritt über die Arbeitslosigkeit und den Leistungsbezug bei der Bundesagentur gerade zu vermeiden. Erforderlich ist mithin, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Teilzeitvereinbarung die Absicht hat, direkt nach Abschluss der Altersteilzeit ohne "Umweg" über die Beantragung von Arbeitslosengeld Altersrente beziehen zu wollen, und dass prognostisch, das heißt objektiv, von einem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nach der Freistellungsphase der Altersteilzeit auszugehen ist. Die rein subjektive Vorstellung des Arbeitnehmers genügt nicht (ständige Rspr., vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 11 AL 35/03 R – BSGE 92, 74 [82] = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BSG, a. a. O., Rdnr. 14; jeweils m. w. N.).
Für die Prognose ist unter anderem von Bedeutung, ob der Arbeitnehmer davon ausgegangen ist, nach der Altersteilzeit ohne Abschläge eine Altersrente erhalten zu können. Die Beurteilung seines künftigen Verhaltens ist damit aber abhängig von der rentenrechtlichen Situation und davon, ob beziehungsweise wie der Arbeitnehmer diese unter Berücksichtigung welcher Kenntnisse beziehungsweise Nachfragen bei sachkundigen Stellen eingeschätzt hat (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 14). Ferner kann sich ein wichtiger Grund daraus ergeben, dass dem Arbeitnehmer, wenn er nicht die entsprechende Vereinbarung mit der vormaligen Arbeitgeberin getroffen hätte, eine betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte (vgl. BSG, a. a. O., m. w. N.).
Gemessen hieran liegt im Falle des Klägers kein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vor.
a) Wie der Kläger selbst vortrug, hatte er bei Abschluss des Altersteilzeitvertrags aufgrund seines Alters überhaupt keine rechtliche Möglichkeit, eine Altersteilregelung bis zum regulären Renteneintritt zu verlangen. Ihm war auch bewusst, dass ein vorzeitiger Renteneintritt mit erheblichen Abschlägen verbunden gewesen wäre. So gab er an, dass der Rentenversicherungsträger ihm bereits vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung mitgeteilt hatte, dass ein Anspruch auf Altersente nur mit einem Abschlag von 18 Prozent bestehe. Auch die Zeugin L bekundete, dass sich die von der Vereinbarung betroffenen Mitarbeiter bei ihrem Rentenversicherungsträger eine Information beschaffen musste. Der gesprächsführende Mitarbeiter aus der Personalabteilung habe sich bei den Gesprächen eine Renteninformation von dem betroffenen Mitarbeiter vorlegen lassen. Aus diesen Umstände ergibt sich, dass der Kläger bereits nicht vor hatte, unmittelbar im Anschluss an das Blockmodel in Rente zu gehen. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundete der Kläger nochmals, dass er sich damals nicht so richtig überlegt habe, wie es mit 60 Jahren weitergehen solle. Vor diesem Hintergrund stellt das Verhalten des Klägers, das heißt der Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung, keinen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. dar.
b) Soweit der Klägers behauptet, ohne den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung hätte ihm eine betriebsbedingte Kündigung gedroht, vermag auch dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar wurden die Altersteilzeitvereinbarungen zur Vermeidung ansonsten erforderlicher betriebsbedingten Kündigungen durch die D S D GmbH geschlossen. Dem Kläger drohte eine solche betriebsbedingte Kündigung jedoch nicht hinreichend konkret. Dies steht aufgrund der Stellungnahme des ehemaligen Arbeitgebers sowie der Befragung der Zeugin L fest.
Aus der schriftlichen Stellungnahme des früheren Arbeitgebers vom 14. März 2011 ergibt sich, dass zwar im Rahmen einer Geschäftsprozessoptimierung ein Stellenabbau von 370 Arbeitsplätzen erfolgen sollte. Für die sich dabei ergebenen unmittelbaren personellen Konsequenzen waren zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen sozialverträgliche Maßnahmen, wie unter anderem die Vereinbarungen von Altersteilzeitverträgen auf der Basis des Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 und der Betriebsvereinbarung 23 vom 1. Juni 1999, vorgesehen. Ziel sei es gewesen, das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess entsprechend der gesetzlichen und tarifvertraglichen Möglichkeiten zu erleichtern. Insoweit sei auch dem Kläger vom Unternehmen eine Altersteilzeitregelung angeboten worden. Dieses Angebot habe aber kein konkretes Kündigungsverfahren beinhaltet.
Dies bestätigte auch die vom Senat vernommene Zeugin L. Die Zeugin legte nachvollziehbar dar, dass es zwar kein konkretes Konzept für den geplanten Personalabbau gegeben habe, aber der Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen als ein sozialadäquates Mittel angesehen wurde. Hierfür seien gezielt Mitarbeiter angesprochen worden, bei denen es die Möglichkeit gegeben habe, mit dem Auslaufen der Altersteilzeit unmittelbar in Rente zu wechseln. Dies sei Grundbedingung der Gespräche gewesen und insoweit hätten die betroffenen Personen auch Renteninformationen vorgelegen müssen. Von insgesamt 76 angesprochenen Mitarbeitern hätten 63 Mitarbeiter eine Altersteilzeitvereinbarung abgeschlossen. Nach den Angaben der Zeugin habe dem Kläger aber zu keinem Zeitpunkt eine Kündigung gedroht. Zwar wäre es möglicherweise zu Kündigungen gekommen, wenn sich nicht genügen Mitarbeiter für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereit erklärt hätten. Die Zeugin ging aber davon aus, dass aufgrund der dann erforderlichen Sozialauswahl in erster Linie jüngere Mitarbeiter betroffen gewesen wären. Überlegungen hinsichtlich betriebsbedingter Kündigungen und einer Sozialauswahl haben man aber nicht anstellen müssen, da sich genügen Mitarbeiter zum Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereit erklärt hätten. Diejenigen Mitarbeiter, die sich nicht für die Altersteilzeit bereit erklärt hätten, seien im Betrieb verblieben. Teilweise sei ihnen zu einem späteren Zeitpunkt die nochmalige Möglichkeit zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung angeboten worden. Unmissverständlich hat die Zeugin ausgeführt, dass der Kläger im Fall der Verweigerung der Altersteilzeitregelung weiter beschäftigt worden wäre und stattdessen jüngere Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverhältnissen nicht hätten übernommen werden können.
Vor diesem Hintergrund vermögen die vom Kläger angestellten Erwägungen in Bezug auf eine mögliche Kündigung keinen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. zu begründen. Denn es kommt nicht auf die subjektiven Vorstellungen eines Arbeitnehmers zu hypothetischen Entwicklungen ankommt, sondern auf die konkret drohende Kündigung (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 10/11 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 13 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 12; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – L 3 AL 112/11 – info also 2013, 260 = JURIS-Dokument Rdnr. 34). Eine solche war zum Zeitpunkt, als die Altersteilzeitvereinbarung unterschrieben wurde, nicht gegeben, weil der ehemalige Arbeitgeber Überlegungen zur Sozialauswahl im Sinne von § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) noch nicht angestellt hatte.
c) Es liegt auch keine besondere Härte im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III a. F. vor. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 R – SozR 3-4100 § 119 Nr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 22; Sächs. LSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – L 3 AL 238/06 – JURIS-Dokument Rndr. 39; Zur Nachfolgeregelung in § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III: Karmanski, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 159 Rdnr. 159). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere stellt der Eintritt der Sperrzeit objektiv auch keine unverhältnismäßige finanzielle Folge für den Kläger dar. Zum einen war für ihn bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereits ersichtlich, dass er ohne erhebliche Abschläge nicht nahtlos in die Altersrente übergehen konnte. Zum anderen wurde unter § 6 des Altersteilzeitvertrages eine Abfindung vereinbart, die ihm beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auch ausgezahlt wurde.
d) Ein Wegfall der Sperrzeit ergibt auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) und Auskunft (vgl. § 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R – SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 39; m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 29/10 R – SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 323 Anh Rdnr. 28, ff.). Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 166/11 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 31 – JURIS-Dokument Rdnr. 27, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 27. September 2012 – L 3 AS 329/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 32, m. w. N., Hassel, a. a. O., Rdnr. 29).
Diesbezüglich kann dahingestellt bleiben, ob ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger bei Beantragung des Arbeitslosengeldes die Auskunft erteilt hat, dass keine Sperrzeit eintrete. Denn es fehlt jedenfalls am ursächlichen Zusammenhang zwischen der etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten und dem Nachteil des Klägers. Denn der Kläger hatte die Ursache der Sperrzeit bereits mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung gesetzt, so dass eine etwaige fehlerhafte Auskunft bei der späteren Beantragung des Arbeitslosengeldes für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung nicht ursächlich war:
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht die Zahlung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011, für die die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat.
Der am 1951 geborene Kläger stand von September 1967 bis zum 31. Januar 2011 als Gruppenleiter Auftragsdurchführung bei der Firma D S D GmbH in einem Arbeitsverhältnis. Am 9. Dezember 2003 hatte er mit seinem Arbeitgeber im Rahmen eines Vertrags über Altersteilzeit vereinbart, dass das bis dahin unbefristete Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2007 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis (sogenanntes Blockmodell) fortgeführt wird. In der Beschäftigungsphase ab dem 1. Januar 2007 arbeitete der Kläger weiterhin Vollzeit und begab sich ab dem 16. Januar 2009 in die sogenannte Freistellungsphase. Das Altersteilzeitentgelt wurde mit 50 % der monatlichen Bruttogrundvergütung nach Tarifgruppe 15 Stufe 7 des für die Gesellschaft gültigen Tarifvertrags vereinbart und dieses für die gesamt Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses auf 90 % des vergleichbaren Netto-Vollzeitarbeitsentgelts aufgestockt. Zudem wurden zusätzliche Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt und eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbart, die mit der Gehaltsabrechnung des Ausscheidemonats fällig wurde. Grundlage des Altersteilzeitvertrages war der Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 sowie die Betriebsvereinbarung Nr. 23 vom 1. Juni 1999 der D S D GmbH.
Am 28. Oktober 2010 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitsuchend. Diese bewilligte ihm daraufhin mit Bescheid vom 11. Februar 2011 Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag von 38,96 EUR für 720 Tage. Zugleich ordnete sie mit einem gesonderten Bescheid vom gleichen Tag das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld wegen des Eintritts einer Sperrzeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011 an und stellte die Minderung dieses Anspruchs um 180 Tage, somit einem Viertel der Anspruchsdauer, fest. Zur Begründung führte sie aus, dass der zum 31. Januar 2011 ausgelaufene Altersteilzeitvertrag zum gleitenden Übergang in die Altersrente geschlossen worden sei. Diese Möglichkeit habe der Kläger aber noch nicht nutzen wollen, weshalb eine Sperrzeit eintrete.
Hiergegen legte der Kläger am 21. Februar 2011 Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass ihm bei Abgabe der Unterlagen erklärt worden sei, dass es aufgrund des Altersteilzeitvertrags nicht zu einer Sperrzeit oder Anspruchskürzung kommen werde. Diese Aussage habe er als verbindlich angesehen. Zudem sei die Vereinbarung zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung auf Initiative des Arbeitgebers geschlossen worden, um trotz des erforderlichen Personalabbaus im Rahmen von Strukturänderungen langfristig junge Facharbeiter und Absolventen übernehmen zu können.
Die Beklagte hörte hierzu den ehemaligen Arbeitgeber an, der mit Schreiben vom 14. März 2011 mitteilte, dass die Schaffung neuer Rahmenbedingungen in einem sich verändernden Energiemarkt und die Ausrichtung der D S D GmbH auf ein Dienstleistungsunternehmen es erforderlich gemacht habe, das Unternehmen einer sich bis Ende 2003 erstreckenden Geschäftsprozessoptimierung zu unterziehen. Für die sich dabei ergebenen unmittelbaren personellen Konsequenzen seien zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen sozialverträgliche Maßnahmen wie z. B. Vereinbarungen von Altersteilzeitverträgen, einvernehmliche Vertragsbeendigungen und Vorruhestandsvereinbarungen oder Fremdvergabe mit Übernahme von Arbeitnehmern beschlossen worden. Während der Phase der Geschäftsprozessoptimierung sei ein Stellenabbau von 370 Arbeitsplätzen geplant gewesen. Basis für den Abschluss von Altersteilzeitverträgen sei der Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 und die Betriebsvereinbarung 23 vom 1. Juni 1999 gewesen, deren Ziel dahin bestanden habe, das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess entsprechend der gesetzlichen und tarifvertraglichen Möglichkeiten zu erleichtern. Aus diesem Grund habe man auch dem Kläger eine Altersteilzeitregelung angeboten und dessen Antrag auf Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung positiv beschieden. Nach vorausgegangenen Konsultationen habe letztmalig am 2. Dezember 2003 ein beratendes Gespräch zu den Konditionen der Altersteilzeit stattgefunden, bevor die Vertragspartner mit Datum vom 9. Dezember 2003 den Altersteilzeitvertrag geschlossen hätten. Diese Kontakte hätten kein konkretes Kündigungsverfahren beinhaltet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da die Voraussetzungen für die Verhängung einer Sperrzeit gegeben seien. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis zum 31. Januar 2011 durch seine Zustimmung zum Altersteilzeitvertrag ab 1. August 2007 gelöst, ohne konkrete Aussicht auf eine unmittelbar anschließende Dauerbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber gehabt zu haben. Durch Altersteilzeit solle älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden. Der Kläger habe sich entschieden, keine Altersrente in Anspruch zu nehmen, sondern sich arbeitslos zu melden. Damit habe er seine Arbeitslosigkeit zumindest grobfahrlässig herbeigeführt. Melde sich der Arbeitslose nach Beendigung seiner Beschäftigung in Altersteilzeit arbeitslos anstatt planmäßig Altersrente zu beziehen, liege kein wichtiger Grund für das Herbeiführen der Arbeitslosigkeit vor.
Hiergegen hat der Kläger am 11. April 2011 Klage erhoben und darauf verwiesen, dass er der Altersteilzeitvereinbarung nur zugestimmt habe, um einer betriebsbedingten Kündigung vorzubeugen. Zudem seinen ihm von verschiedenen Mitarbeitern der Beklagten in Bezug auf eine Sperrzeit fehlerhafte Auskünfte erteilt worden. Er hätte die Zeit zwischen Vollendung des 60. und 65. Lebensjahres bei einer betriebsbedingten Kündigung weder durch Altersteilzeit noch anderweitig sichern können, um bis zum regulären Renteneintritt zu gelangen. Der Rentenversicherungsträger habe ihm vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung im Dezember 2003 mitgeteilt, dass er nur mit einem Abschlag von 18 Prozent Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente habe. Vom etwaigen Eintritt einer Sperrzeit habe er nichts gewusst; dies aber auch nicht abklären lassen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Juli 2012 abgewiesen und ausgeführt, dass die Sperrzeit zu Recht verhängt worden sei. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem er durch Altersteilzeitvereinbarung mit seinem vormaligen Arbeitgeber das unbefristete in ein befristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt habe, wodurch er nach dem Ende der Freistellungsphase beschäftigungslos geworden sei. Diesen Sachverhalt habe er auch bewusst, also in vorsätzlicher Weise, herbeigeführt. Es habe kein wichtiger Grund hierfür vorgelegen. Sinn und Zweck des Altersteilzeitgesetzes sei es, nahtlos von der Altersteilzeit ohne Umweg über die Beantragung von Arbeitslosengeld in den Rentenbezug zu wechseln. Im Fall des Klägers habe sich die rentenrechtliche Situation in der Zeit zwischen Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrags am 9. Dezember 2003 und dem Ende der Freistellungsphase am 31. Januar 2011 nicht verändert und es sei ihm aufgrund der durch den zuständigen Rentenversicherungsträger erteilten Auskunft bewusst gewesen, dass er die vorgezogene Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Abs. 1 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) nur abschlagsbehaftet habe beziehen können. Für die Annahme eines zur Halbierung der Sperrzeit führende Härtefall im Sinne von § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Bst b) SGB III sei weder etwas vorgetragen noch sonst erkennbar.
Der Kläger hat gegen das am 31. Juli 2012 verkündete und ihm am 7.Januar 2013 zugestellte Urteil am 22. August 2012 Berufung eingelegt. In seiner Berufungsbegründung hat er darauf verwiesen, dass ihm bei Gesprächen am 28. Oktober 2010, 8. November 2010 und 11. Februar 2011 jeweils gesagt worden sei, dass es wegen der Altersteilzeitvereinbarung weder zu einer Kürzung des Arbeitslosengeldes noch zum Eintritt einer Sperrzeit komme. Er habe keineswegs grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Der Antrag auf Altersteilzeit sei ihm von seinem ehemaligen Arbeitgeber angeboten worden, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden, was diese auch in ihrem Schreiben vom 14. März 2011 bestätigt habe. Daher könne ihm kein Vorwurf gemacht werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011 zu verpflichten, ihm auch für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 25. April 2011 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt des Verwaltungsverfahrens sowie des Widerspruchsbescheids und ist im Übrigen der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei.
Der Senat hat zu den Umständen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers durch Altersteilzeitvereinbarung vom 9. Dezember 2003 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin R L , Hauptsachbearbeiterin Personal der D S D GmbH. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13. Februar 2014 verwiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung des Klägers ist statthaft, da Leistungen von mehr als 750,00 EUR streitig sind (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuchs [SGG]).
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Zwar ist die Berufung nach § 151 SGG innerhalb eines nach Zustellung des Urteils einzulegen. Unerheblich ist aber, dass der Kläger bereits am 22. August 2012 gegen das erst am 7. Januar 2013 zugestellte Urteil das Rechtsmittel eingelegt hat. Denn die Berufung hat bereits vor Fristbeginn eingelegt werden können, da es am 31. Juli 2012 verkündet und damit bereits rechtswirksam ergangen war (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, [10. Aufl., 2012], § 151 Rdnr. 9).
II. Die Berufung ist jedoch unbegründet.
1. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist der Sperrzeitbescheid vom 11. Februar 2011 in Verbindung mit dem Arbeitslosengeldbescheid vom selben Tag in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. März 2011, mit welchen das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs und die Minderung der Anspruchsdauer für die Dauer einer Sperrzeit vom für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 25. April 2011 festgestellt wurden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 18. August 2004 – B 7a/7 AL 94/04 R – SozR 4-4300 § 140 Nr. 2 Rdnr. 5 = JURIS-Dokument Rdnr. 13; weitere Nachweise bei Sächs. LSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – L 3 AL 238/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 27) stellen der Sperrzeitbescheid und der am gleichen Tag ergangene Bewilligungsbescheid eine einheitliche Regelung über die teilweise Versagung von Arbeitslosengeld für die Dauer der Sperrzeit und die Minderung der Anspruchsdauer dar. Dagegen ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG zulässig.
2. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht angewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die für die Zeit vom 1. Februar 2011 bis 25. April 2011 festgestellte Sperrzeit und die damit verbundene Teilablehnung von Arbeitslosengeld für die Sperrzeitdauer sowie die Minderung der Anspruchsdauer des bewilligten Arbeitslosengeldes um 180 Tage sind nicht zu beanstanden. Maßgebend sind die Regelungen in § 144 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch (SGB III) in der vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2012 geltende Fassung (vgl. Artikel 1 Nr. 76 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl. I S. 2848]; im Folgenden: a. F.).
Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. ruhte ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hatte, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Versicherungswidriges Verhalten lag gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F. vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hatte (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Die Sperrzeit begann nach § 144 Abs. 2 SGB III a. F. mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründete, also in Anwendung des § 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III a. F. mit dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit. Nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a. F. betrug in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 die Dauer der Sperrzeit zwölf Wochen (Regelsperrzeit). Sie verkürzte sich nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst b SGB III a. F. auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses, der den Eintritt einer Sperrzeit verhindert, im Falle des Abschlusses einer Altersteilzeitvereinbarung dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden und diese Annahme prognostisch auch gerechtfertigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 18 = JURIS-Dokument Rdnr. 11 ff.; Sächs. LSG, Urteil vom 18. Januar 2012 – L 3 AL 10/09 [n. V.]). Erklärtes Ziel des Gesetzgebers war es, mit der Einführung der Altersteilzeit die Praxis der Frühverrentung durch eine neue sozialverträgliche Möglichkeit eines gleitenden Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand abzulösen (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 13, unter Verweis auf BR-Drs. 208/96, S. 1, 22). Durch die Altersteilzeit sollte es ermöglicht werden, betriebliche Personalanpassungsmaßnahmen durchzuführen, ohne dass über eine Frühverrentung die Kosten dieser Maßnahmen auf die Solidargemeinschaft der Versicherten abgewälzt werden. War es damit das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die Sozialversicherung und insbesondere die Bundesagentur durch die Einführung der Altersteilzeit zu entlasten, kann einem Arbeitnehmer, der sich entsprechend dieser Gesetzesintention verhält, der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht vorgeworfen werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 14) jedoch nur dann, wenn nach der Altersteilzeit auch tatsächlich die Rente beantragt werden soll. Denn Ziel des Altersteilzeitgesetzes ist es, eine Nahtlosigkeit zwischen Altersteilzeitbeschäftigung und Rentenbeginn zu erreichen und einen Zwischenschritt über die Arbeitslosigkeit und den Leistungsbezug bei der Bundesagentur gerade zu vermeiden. Erforderlich ist mithin, dass der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Abschlusses der Teilzeitvereinbarung die Absicht hat, direkt nach Abschluss der Altersteilzeit ohne "Umweg" über die Beantragung von Arbeitslosengeld Altersrente beziehen zu wollen, und dass prognostisch, das heißt objektiv, von einem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben nach der Freistellungsphase der Altersteilzeit auszugehen ist. Die rein subjektive Vorstellung des Arbeitnehmers genügt nicht (ständige Rspr., vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 11 AL 35/03 R – BSGE 92, 74 [82] = SozR 4-4300 § 144 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 19; BSG, a. a. O., Rdnr. 14; jeweils m. w. N.).
Für die Prognose ist unter anderem von Bedeutung, ob der Arbeitnehmer davon ausgegangen ist, nach der Altersteilzeit ohne Abschläge eine Altersrente erhalten zu können. Die Beurteilung seines künftigen Verhaltens ist damit aber abhängig von der rentenrechtlichen Situation und davon, ob beziehungsweise wie der Arbeitnehmer diese unter Berücksichtigung welcher Kenntnisse beziehungsweise Nachfragen bei sachkundigen Stellen eingeschätzt hat (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 14). Ferner kann sich ein wichtiger Grund daraus ergeben, dass dem Arbeitnehmer, wenn er nicht die entsprechende Vereinbarung mit der vormaligen Arbeitgeberin getroffen hätte, eine betriebsbedingte Kündigung gedroht hätte (vgl. BSG, a. a. O., m. w. N.).
Gemessen hieran liegt im Falle des Klägers kein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vor.
a) Wie der Kläger selbst vortrug, hatte er bei Abschluss des Altersteilzeitvertrags aufgrund seines Alters überhaupt keine rechtliche Möglichkeit, eine Altersteilregelung bis zum regulären Renteneintritt zu verlangen. Ihm war auch bewusst, dass ein vorzeitiger Renteneintritt mit erheblichen Abschlägen verbunden gewesen wäre. So gab er an, dass der Rentenversicherungsträger ihm bereits vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung mitgeteilt hatte, dass ein Anspruch auf Altersente nur mit einem Abschlag von 18 Prozent bestehe. Auch die Zeugin L bekundete, dass sich die von der Vereinbarung betroffenen Mitarbeiter bei ihrem Rentenversicherungsträger eine Information beschaffen musste. Der gesprächsführende Mitarbeiter aus der Personalabteilung habe sich bei den Gesprächen eine Renteninformation von dem betroffenen Mitarbeiter vorlegen lassen. Aus diesen Umstände ergibt sich, dass der Kläger bereits nicht vor hatte, unmittelbar im Anschluss an das Blockmodel in Rente zu gehen. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bekundete der Kläger nochmals, dass er sich damals nicht so richtig überlegt habe, wie es mit 60 Jahren weitergehen solle. Vor diesem Hintergrund stellt das Verhalten des Klägers, das heißt der Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung, keinen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. dar.
b) Soweit der Klägers behauptet, ohne den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung hätte ihm eine betriebsbedingte Kündigung gedroht, vermag auch dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen. Zwar wurden die Altersteilzeitvereinbarungen zur Vermeidung ansonsten erforderlicher betriebsbedingten Kündigungen durch die D S D GmbH geschlossen. Dem Kläger drohte eine solche betriebsbedingte Kündigung jedoch nicht hinreichend konkret. Dies steht aufgrund der Stellungnahme des ehemaligen Arbeitgebers sowie der Befragung der Zeugin L fest.
Aus der schriftlichen Stellungnahme des früheren Arbeitgebers vom 14. März 2011 ergibt sich, dass zwar im Rahmen einer Geschäftsprozessoptimierung ein Stellenabbau von 370 Arbeitsplätzen erfolgen sollte. Für die sich dabei ergebenen unmittelbaren personellen Konsequenzen waren zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen sozialverträgliche Maßnahmen, wie unter anderem die Vereinbarungen von Altersteilzeitverträgen auf der Basis des Altersteilzeit-Tarifvertrag der Tarifgruppe Energie vom 25. Juni 1998 und der Betriebsvereinbarung 23 vom 1. Juni 1999, vorgesehen. Ziel sei es gewesen, das Ausscheiden älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess entsprechend der gesetzlichen und tarifvertraglichen Möglichkeiten zu erleichtern. Insoweit sei auch dem Kläger vom Unternehmen eine Altersteilzeitregelung angeboten worden. Dieses Angebot habe aber kein konkretes Kündigungsverfahren beinhaltet.
Dies bestätigte auch die vom Senat vernommene Zeugin L. Die Zeugin legte nachvollziehbar dar, dass es zwar kein konkretes Konzept für den geplanten Personalabbau gegeben habe, aber der Abschluss von Altersteilzeitvereinbarungen als ein sozialadäquates Mittel angesehen wurde. Hierfür seien gezielt Mitarbeiter angesprochen worden, bei denen es die Möglichkeit gegeben habe, mit dem Auslaufen der Altersteilzeit unmittelbar in Rente zu wechseln. Dies sei Grundbedingung der Gespräche gewesen und insoweit hätten die betroffenen Personen auch Renteninformationen vorgelegen müssen. Von insgesamt 76 angesprochenen Mitarbeitern hätten 63 Mitarbeiter eine Altersteilzeitvereinbarung abgeschlossen. Nach den Angaben der Zeugin habe dem Kläger aber zu keinem Zeitpunkt eine Kündigung gedroht. Zwar wäre es möglicherweise zu Kündigungen gekommen, wenn sich nicht genügen Mitarbeiter für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereit erklärt hätten. Die Zeugin ging aber davon aus, dass aufgrund der dann erforderlichen Sozialauswahl in erster Linie jüngere Mitarbeiter betroffen gewesen wären. Überlegungen hinsichtlich betriebsbedingter Kündigungen und einer Sozialauswahl haben man aber nicht anstellen müssen, da sich genügen Mitarbeiter zum Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereit erklärt hätten. Diejenigen Mitarbeiter, die sich nicht für die Altersteilzeit bereit erklärt hätten, seien im Betrieb verblieben. Teilweise sei ihnen zu einem späteren Zeitpunkt die nochmalige Möglichkeit zum Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung angeboten worden. Unmissverständlich hat die Zeugin ausgeführt, dass der Kläger im Fall der Verweigerung der Altersteilzeitregelung weiter beschäftigt worden wäre und stattdessen jüngere Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverhältnissen nicht hätten übernommen werden können.
Vor diesem Hintergrund vermögen die vom Kläger angestellten Erwägungen in Bezug auf eine mögliche Kündigung keinen wichtigen Grund im Sinne von § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a. F. zu begründen. Denn es kommt nicht auf die subjektiven Vorstellungen eines Arbeitnehmers zu hypothetischen Entwicklungen ankommt, sondern auf die konkret drohende Kündigung (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 10/11 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 13 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 12; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 24. Januar 2013 – L 3 AL 112/11 – info also 2013, 260 = JURIS-Dokument Rdnr. 34). Eine solche war zum Zeitpunkt, als die Altersteilzeitvereinbarung unterschrieben wurde, nicht gegeben, weil der ehemalige Arbeitgeber Überlegungen zur Sozialauswahl im Sinne von § 1 Abs. 3 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) noch nicht angestellt hatte.
c) Es liegt auch keine besondere Härte im Sinne des § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III a. F. vor. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 26. März 1998 – B 11 AL 49/97 R – SozR 3-4100 § 119 Nr. 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 22; Sächs. LSG, Urteil vom 7. Mai 2009 – L 3 AL 238/06 – JURIS-Dokument Rndr. 39; Zur Nachfolgeregelung in § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III: Karmanski, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 159 Rdnr. 159). Anhaltspunkte hierfür sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere stellt der Eintritt der Sperrzeit objektiv auch keine unverhältnismäßige finanzielle Folge für den Kläger dar. Zum einen war für ihn bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung bereits ersichtlich, dass er ohne erhebliche Abschläge nicht nahtlos in die Altersrente übergehen konnte. Zum anderen wurde unter § 6 des Altersteilzeitvertrages eine Abfindung vereinbart, die ihm beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auch ausgezahlt wurde.
d) Ein Wegfall der Sperrzeit ergibt auch nicht aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes oder Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]) und Auskunft (vgl. § 15 SGB I), verletzt hat. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R – SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 39; m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 29/10 R – SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [6. Aufl., 2012], § 323 Anh Rdnr. 28, ff.). Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012 – B 4 AS 166/11 R – SozR 4-4200 § 7 Nr. 31 – JURIS-Dokument Rdnr. 27, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 27. September 2012 – L 3 AS 329/09 – JURIS-Dokument Rdnr. 32, m. w. N., Hassel, a. a. O., Rdnr. 29).
Diesbezüglich kann dahingestellt bleiben, ob ein Mitarbeiter der Beklagten dem Kläger bei Beantragung des Arbeitslosengeldes die Auskunft erteilt hat, dass keine Sperrzeit eintrete. Denn es fehlt jedenfalls am ursächlichen Zusammenhang zwischen der etwaigen Pflichtverletzung der Beklagten und dem Nachteil des Klägers. Denn der Kläger hatte die Ursache der Sperrzeit bereits mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung gesetzt, so dass eine etwaige fehlerhafte Auskunft bei der späteren Beantragung des Arbeitslosengeldes für den Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung nicht ursächlich war:
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Krewer
Rechtskraft
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