L 8 SF 141/13 E

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 2694/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SF 141/13 E
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Keine Haushaltsführerentschädigung bei Bezug von SGB-II-Leistungen

Ein Beteiligter eines sozialgerichtlichen Verfahrens hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen Nachteilen bei der Haushaltsführung nach § 21 S 1 JVEG (in der bis 31.7.2013 geltenden Fassung), wenn er Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II bezieht, da er nach Sinn und Zweck des JVEG einem Erwerbstätigen gleichsteht.
Die Entschädigung des Antragstellers für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung des 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts am 23. Mai 2013 wird auf - 55,50 Euro - festgesetzt.

Gründe:

I. 1. Über den Antrag auf Festsetzung der Entschädigung durch gerichtlichen Beschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der Senat (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).

2. Die Entschädigung ist auf 55,50 EUR festzusetzen.

Nach § 191 Sozialgerichtsgesetz werden einem Beteiligten auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet, wenn das persönliche Erscheinen – wie hier zu einem Verhandlungstermin – angeordnet ist. Diese umfasst gemäß § 19 JVEG grundsätzlich Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Hier erhält der Antragsteller Fahrtkostenersatz sowie Entschädigung für Zeitversäumnis. Eine – vom Antragsteller insbesondere begehrte – Haushaltsführerentschädigung ist dagegen nicht zu berücksichtigen.

a) Der Fahrtkostenersatz beträgt nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs 0,25 EUR für jeden gefahren Kilometer zur Abgeltung der Betriebskosten und der Abnutzung des Kraftfahrzeugs zuzüglich der aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Zu ersetzen sind dem Antragsteller danach 43,50 EUR. Er hat anlässlich der mündlichen Verhandlung am 23.05.2013 174 km Fahrtstrecke zurückgelegt. Die vom Antragsteller beklagten hohen Spritpreise rechtfertigen keine höhere Entschädigung; Fahrtkostenersatz wird pauschal geleistet. Umstände im Sinne des § 5 Abs. 3 JVEG, die ausnahmsweise eine höhere Fahrtkostenerstattung zulassen, sind nicht ersichtlich. Weder wurden Mehrbeträge an Entschädigung durch höhere Fahrtkosten erspart noch lagen besondere Umstände vor, die höhere Fahrtkosten notwendig machten.

b) Die Entschädigung für Zeitversäumnis beträgt 3,00 EUR je Stunde (§ 20 JVEG) und beträgt hier für den auf 10:15 Uhr bestimmten Termin, der bis 11:15 Uhr dauerte, bei einem objektiv erforderlichen Abgang von der Wohnung um 08:45 Uhr und einer Ankunft in der Wohnung um 12:45 Uhr, insgesamt 12,00 EUR. Die vom Antragsteller jeweils beantragten 3 Stunden Fahrtzeit sind auch angesichts eines 22 Jahre alten Pkw und unter Berücksichtigung der Wetter- und Sichtverhältnisse am 23.05.2013 für eine einfache Strecke von 87 km nicht nachvollziehbar.

c) Ein Tagegeld nach § 6 Abs. 1 JVEG war nicht festzusetzen, da der Antragsteller nicht über acht Stunden von der Wohnung abwesend war (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c Einkommensteuergesetz in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung).

d) Eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung steht dem Antragsteller nicht zu. Nach § 21 Satz 1 JVEG (in der bis 31.07.2013 geltenden und hier weiter anzuwendenden Fassung) erhalten Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, eine zusätzliche Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 12,00 EUR je Stunde, wenn sie nicht erwerbstätig sind.

Zwar ist der Antragsteller nicht erwerbstätig. Als Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist er jedoch nach Sinn und Zweck des § 21 JVEG einem Erwerbstätigen gleichgestellt (vgl. zu einem Bezieher von Erwerbsminderungsrente bereits Senatsbeschluss vom 08.01.2014 – L 8 SF 134/13 E – juris; ferner Sächsisches Landessozialgericht (LSG), Beschluss vom 15.02.2011 – L 6 SF 47/09 ERI – juris RdNr. 42; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.05.2010 – L 2 SF 159/09 – juris; anderer Ansicht: LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.11.2011 – L 4 P 18/09 – juris; Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 18.12.2012 – 5 Ws 63/12 – juris). Denn Sinn der Vorschrift ist es nicht, Beziehern von Erwerbsersatzeinkommen eine weitere Einnahmequelle zu verschaffen, sondern Nachteile bei der Haushaltsführung, die "Nur-Hausfrauen" oder "Nur-Hausmännern" entstehen, auszugleichen, um damit zugleich der Unterbewertung von Arbeit in Haushalt und Familie entgegenzuwirken (vgl. zum Ganzen LSG Berlin-Brandenburg a.a.O. RdNr. 10 ff.).

Auch der Gesetzgeber wollte mit der Einführung des JVEG einschließlich seiner §§ 17, 21 zum 01.07.2004 keine im Vergleich zur Vorgängerregelung im Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (vgl. hierzu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.05.2010 – L 2 SF 159/09 – juris RdNr. 11 ff.) weitergehende Regelung schaffen (so wohl aber LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.11.2011 – L 4 P 18/09 – RdNr. 19), wie im Zuge der Änderung des § 17 JVEG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz nunmehr klargestellt worden ist. Die §§ 17, 21 JVEG sind nämlich mit Wirkung vom 01.08.2013 jeweils um den Satz 2: "Personen, die ein Erwerbsersatzeinkommen beziehen, sind erwerbstätigen Personen gleichzustellen." ergänzt worden. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 17/11471, S. 325) ausdrücklich, dass § 17 und § 21 JVEG "zur Klarstellung" im Sinne der bisherigen überwiegenden Rechtsprechung ergänzt werden sollen, nach der Personen, die ein Erwerbsersatzeinkommen bzw. Lohnersatzleistungen beziehen (z. B. Rente oder Arbeitslosengeld, Leistungen nach dem SGB II), keine Haushaltsführerentschädigung erhalten. III. Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes – hier das Bundessozialgericht – findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).

Dr. Wahl Voigt Salomo
Rechtskraft
Aus
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