L 1 KR 10/11

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 27 KR 280/09
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 10/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Kriterien für die Zuordnung einer Tätigkeit zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der abhängigen Tätigkeit sind grundsätzlich auch im Bereich Film, Funk und Fernsehen anwendbar.
2. Allerdings haben die Gerichte bei der Entscheidung darüber, ob Rechtsbeziehungen zwischen den Rundfunkanstalten und ihren in der Programmgestaltung tätigen Mitarbeitern als Arbeitsverhältnisse einzuordnen sind, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und das daraus resultierende Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der programmgestaltenden Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, zu beachten.
3. Ob eine programmgestaltende Tätigkeit gegeben ist, kann dahin stehen, wenn es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit bereits nach allgemeinen Grundsätzen um eine selbständige Tätigkeit und nicht um eine Beschäftigung handelt.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. November 2010 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers und des Beigeladenen zu 1 im Berufungsverfahren.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als Kameramann für den Beigeladenen zu 1 zwischen dem 7. Juni 2004 und dem 8. Mai 2005 und dem 2. Juli 2005 und dem 24. April 2009 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Der am 1968 geborene Kläger ist für den Beigeladenen zu 1 sowie weitere Auftraggeber als Kameramann tätig.

Am 18. Juni bzw. 2. September 2008 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung im Hinblick auf seine Tätigkeit bei dem Beigeladenen zu 1.

In zwei vorangegangenen Statusfeststellungsverfahren war die Tätigkeit des Klägers beim MDR mit Bescheid vom 22. Januar 2008 als ab 14. September 2007 in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig (keine Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, da hauptberuflich selbstständig) qualifiziert worden, eine Tätigkeit bei der MCS S GmbH im Jahr 2002 als selbstständige.

Auf Nachfrage der Beklagten erklärte der Kläger zu seiner Tätigkeit beim Beigeladenen zu 1, dass mündliche Vereinbarungen – schriftliche Verträge existierten nicht – in der Regel per Telefon erfolgten. Die Disponentin frage an, ob er an dem gewünschten Termin Zeit und Interesse habe, den angebotenen Auftrag zu erledigen. Hierüber entscheide er frei und erhalte keinerlei Weisungen o.ä., einen Auftrag anzunehmen. Versichert sei er über die Künstlersozialkasse. Im Vorfeld werde in der Regel nur das Tageshonorar festgelegt, bei dem telefonischen Kontakt gehe es meist um organisatorische Fragen (Anfangszeiten, Treffpunkte, Technikanforderung etc.). Für seinen Auftraggeber, den Beigeladenen zu 1, erledige er alle Tätigkeiten, die einem TV-Kameramann oblägen, wie die Bedienung der Kamera, d.h. das Ziehen der Schärfe, Ermitteln und Einschalten der Blende, Einschätzen der Beleuchtungssituation und Aufstellen evtl. benötigter Scheinwerfer. Zwar werde die Technik überwiegend vom Auftraggeber eingesetzt, da sich dieser als Technikdienstleister verstehe; wenn benötigt und gewünscht, stelle der Kläger gegen Entgelt aber auch seine eigene Kamera mit Stativ und Mikrofon zur Verfügung. Sämtliche Tätigkeiten führe er höchstpersönlich ohne Angestellte und Hilfskräfte aus. Der Auftraggeber erteile ihm keine Weisungen fachlicher Art. Er sei entscheidungsfrei und auf sich allein gestellt. Dienst- oder Rufbereitschaft werde nicht erwartet. Die Vergütung erfolge per Rechnung und könne je nach Auftrag variieren. Er sei seit ca. 2004 für seinen Auftraggeber tätig, ohne dass eine zeitliche Begrenzung der Auftragserteilung üblich sei. Seither habe er u.a. an der Serie "E , T & Co." mitgewirkt, wofür die Beauftragung ebenfalls kurzfristig erfolge. Außer ihm arbeiteten an dieser Serie regelmäßig acht weitere Kollegen als Kameraleute in einem Pool mit.

Mit Anhörungsschreiben vom 17. Oktober 2008 teilte die Beklagte sowohl dem Kläger als auch dem Beigeladenen zu 1 mit, dass sie die Feststellung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei dem Beigeladenen zu 1 beabsichtige.

Der Beigeladene zu 1 führte daraufhin unter dem 24. November 2008 aus, er verstehe sich als künstlerisch-technischer Dienstleister für verschiedenste Auftraggeber (öffentlich-rechtliche Sendeanstalten, private Sender und Produzenten), für die er nur das Rohmaterial erstelle, ohne komplette Sendungen zu produzieren. Sein Aufgabenbereich bei der Produktion eines sendefertigen Beitrags umfasse damit die Erstellung von Bild- und Tonträgern in Form des gedrehten Rohmaterials. Da dieses die Grundlage für alle nachfolgenden Produktionsprozesse bilde, seien die Auftraggeber nicht nur auf die Zuverlässigkeit des Equipments, sondern auch auf die hohen künstlerischen und gestalterischen Fähigkeiten des Personals des Beigeladenen zu 1 angewiesen. Er erhalte den Auftrag, ein Team, bestehend aus Kameramann und Kamera-/Technikassistent inkl. der dafür benötigten Technik, zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen dieser telefonischen Beauftragung würden Treffpunkt und –ort mit dem Autor/Redakteur der geplanten Sendung vereinbart, welcher nicht durch den Beigeladenen zu 1, sondern ebenso wie dieser direkt vom Auftraggeber engagiert werde, die Kontaktdaten des Autors/Redakteurs und das Aufzeichnungsformat. Über Inhalte des zu drehenden Beitrags werde selten gesprochen, oft sei auch unbekannt, wo und wie lange gedreht werde. Die Disponentin des Beigeladenen zu 1 prüfe dann, ob Technik und Personal für den Auftrag verfügbar seien und biete den Auftrag – meistens telefonisch – z.B. dem Kläger an. Diesem würden die bereits bekannten Eckdaten und Informationen weitergegeben, anhand derer er dann allein entscheide, ob er den Auftrag annehme oder nicht. Nehme er den Auftrag an, werde über die Höhe des Honorars verhandelt. Es komme auch vor, dass sich der Autor/Redakteur des Beitrags direkt mit dem Kläger in Verbindung setze, um mit ihm die inhaltlichen und gestalterischen Vorstellungen zu diesem Beitrag zu besprechen. Erforderlichenfalls bestelle der Kläger auch Technik nach, die er nach seiner Einschätzung für die professionelle Erledigung des Auftrags benötige. Am Drehtag selbst sehe er die Verhältnisse am Drehort in der Regel zum ersten Mal und müsse dann selbstständig entscheiden, welche Technik wo und wann zum Einsatz komme. Er sei ohne irgendwelche Weisungen seitens des Beigeladenen zu 1 mit der bildlichen Umsetzung der Vorstellungen des Autors/Redakteurs betraut. Allein seine gestalterischen und künstlerischen Fähigkeiten, sein Engagement und seine Persönlichkeit gäben den Bildern des Beitrags seine ganz persönliche Handschrift. Kein Mitarbeiter des Beigeladenen zu 1 schreibe ihm dabei vor, mit welchen Einstellungsgrößen, Blickrichtungen, Kamerasichten, mit welchen Lichtgestaltungen etc. sich seine Auffassung zu wirtschaftlichen, politischen, sozialen, künstlerischen und anderen Sachfragen unserer Zeit in seinen Bildern widerspiegle. Ihm obliege die Gestaltung seiner Bilder selbstständig im Kontext mit dem Autor/Redakteur. Durch die klägerische Gestaltung, seine ganz spezielle Art der Beobachtung und seine individuelle künstlerische Befähigung seien die Bilder für so programmgestaltende Sendungen wie "E , T & Co." entstanden. Auch in dieser Sendereihe sei der Kläger weder zeitlich noch inhaltlich gebunden noch Weisungsempfänger. Auch wenn er öfters für diese Sendereihe tätig gewesen sei und noch sein werde, sei er nicht in die innerbetrieblichen Abläufe des Beigeladenen zu 1 eingebunden. Würden Aufträge, auch bereits vereinbarte Drehtage, zeitlich verschoben oder fielen aus, habe der Kläger keinen finanziellen Anspruch gegenüber dem Beigeladenen zu 1.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2008 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Kameramann beim Beigeladenen zu 1 seit dem 7. Juni 2004 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde, welches mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung der Versicherungspflicht unterliege. Auch die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) programmgestaltenden Mitarbeiter seien dann abhängig beschäftigt, wenn die Sendeanstalt innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über die Arbeitsleistung verfügen könne. Dasselbe gelte, wenn der Mitarbeiter zwar am Programm gestalterisch mitwirke, dabei aber weitgehenden inhaltlichen Weisungen unterliege. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger gegeben. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit arbeite er zwar nicht am Betriebssitz des Arbeitgebers, doch erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation eines Dritten, nämlich des Kunden seines Auftraggebers. Er unterliege dem Weisungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben sowie der Ausgestaltung seiner Tätigkeit durch Regie und Produktionsleiter. Er sei in der Disposition der Arbeitszeit keineswegs frei, sondern verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Zwar spreche für eine selbstständige Tätigkeit, dass die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, anders sei es jedoch, wenn bei Annahme eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Weisungen zur Art und Weise seiner Tätigkeit würden dem Kläger vom Auftraggeber bzw. dessen Kunden erteilt. Als Vergütung werde ihm ein erfolgsunabhängiges Pauschalhonorar ohne Gewinn- oder Verlustrisiko gezahlt. Die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche technische Ausrüstung werde überwiegend vom Arbeitgeber gestellt. Dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs-, Ausfall- und Krankheitsfall nicht erfolge, stehe der Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht entgegen. Die Selbstständigkeit werde nicht dadurch begründet, dass auf Leistungen verzichtet und überobligationsmäßige Risiken übernommen würden. Die eigene Arbeitskraft werde nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt, da eine Vergütung nach Abnahme der Arbeit erfolge.

Mit Bescheid gleichen Datums stellte die Beklagte auch gegenüber dem Beigeladenen zu 1 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Kameramann im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde.

Hiergegen legte der Kläger am 30. Dezember 2008 Widerspruch ein und machte geltend, dass die Merkmale, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen, nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Künstlerische Aspekte würden von ihm ausschließlich mit dem jeweiligen Autor besprochen, ohne dass der Beigeladene zu 1 hierbei irgendeine Rolle spiele. Der Kläger werde nicht regelmäßig vom Beigeladenen zu 1 beauftragt und trage daher das Ausfallrisiko. Auch arbeite er für eine Vielzahl von Auftraggebern. Das äußere Erscheinungsbild und Auftreten des Klägers – Gewerbeanmeldung, eigenes Briefpapier, Visitenkarten und an die Auftraggeber gestellte Rechnungen - deuteten auf Selbstständigkeit hin. Der Kläger bestimme durch seine ureigene Art der Beobachtung und individuelle von vielen Auftraggebern geschätzte künstlerische Befähigung den Inhalt eines Sendebeitrags wesentlich mit. Schließlich sei die der nunmehrigen Tätigkeit identische Beschäftigung des Klägers bei der MCS S GmbH seinerzeit von der Beklagten als selbstständige Tätigkeit angesehen worden.

Auch der Beigeladene zu 1 legte am 30. Dezember 2008 Widerspruch ein und trug vor, dass die Beklagte die vorgetragenen Tatsachen, die für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprächen, nicht bzw. nicht ausreichend gewürdigt habe, und führte hierbei dieselben Argumente an wie der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 19. Juni 2009 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers und des Beigeladenen zu 1 zurück, wiederholte und vertiefte zur Begründung im Wesentlichen die Ausführungen in den Ausgangsbescheiden. Da es auf das konkrete Beschäftigungsverhältnis ankomme, sei die Tätigkeit für weitere Auftraggeber ebenso irrelevant wie die Beurteilung früherer Auftragsverhältnisse.

Gegen den laut Abgangsvermerk noch am selben Tag zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid, der laut Eingangsstempel am 24. Juni 2009 beim Prozessbevollmächtigten des Klägers einging, hat dieser am 24. Juli 2009 Klage zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhoben und zu deren Begründung ausgeführt, dass in seinem Fall die Merkmale überwögen, die für eine selbstständige Tätigkeit sprächen. Er hat auf das äußere Bild seiner Tätigkeit verwiesen und darauf, dass die Beauftragung stets nur im Einzelfall und durch verschiedenste Auftraggeber erfolge und die Abmachungen bezüglich Drehort, Ausgestaltung der Bilder und Arbeitszeit nicht mit dem Beigeladenen zu 1, sondern allein durch den Kläger mit den jeweiligen Sendeanstalten getroffen würden. Mit dem Beigeladenen zu 1 werde mündlich nur der Tag der Leistungserbringung vereinbart, ohne dass hinsichtlich der Durchführung der Leistungen ein Direktionsrecht bestehe. Der Kläger schulde dem Beigeladenen zu 1 nur die ordnungsgemäße Ablieferung des Werks und sei damit eher einem Werkunternehmer vergleichbar. Schließlich spreche für die selbstständige Tätigkeit auch der Einsatz eigenen Kapitals in Form der vom Kläger selbst angeschafften Kamera.

Auch der Beigeladene zu 1 hat am 24. Juli 2009 Klage zum SG erhoben. Sein unter dem Az. S 27 KR 280/09 anhängiges Verfahren ruht.

Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte gegenüber dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1 am 22. Februar 2010 jeweils einen neuen Bescheid, mit dem unter Abänderung der Ausgangs- und Widerspruchsbescheide festgestellt wurde, dass die vom Kläger in der Zeit vom 7. Juni 2004 bis 18. Mai 2005 und seit dem 2. Juli 2005 ausgeübte Beschäftigung als Kameramann beim Beigeladenen zu 1 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Der Kläger hatte ihr vor Erlass des Bescheides die von ihm im Zeitraum Juli 2004 bis April 2009 der Beigeladenen zu 1 gestellten Rechnungen übersandt, denen sich entnehmen lässt, dass er für seine Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1 täglich 230,00 EUR erhielt und dass Arbeitsort weit überwiegend der L Z war. Hinsichtlich der Rechnungen im Einzelnen wird auf Bl. 118 bis 145 der Akte der Beklagten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 16. November 2010 hat der Beigeladene zu 1 auf gerichtliche Nachfrage erklärt, die Geschäftsbeziehung zum Kläger habe im Jahr 2004 begonnen, als der Beigeladene zu 1 technischer Auftragnehmer für die Sendereihe "E , T & Co." geworden sei, die er habe weiterentwickeln sollen. Zur Bewältigung dieses Projekts habe er den Kläger benötigt und sich auf diesen verlassen, da er schon zuvor an dieser Sendung mitgewirkt habe. Außer Tontechnikern habe der Beigeladene zu 1 keine Festangestellten. Nur letztere könne er anweisen, bestimmte Aufträge auch fertigzustellen. Eine derartige Möglichkeit habe er gegenüber dem Kläger nicht. Es könne bei diesem auch sein, dass er Aufträge nicht annehme oder bereits gebuchte Aufträge wieder absage, wobei er sich selbst um Ersatz kümmere.

Der Kläger gab an, er arbeite derzeit für ca. zehn bis fünfzehn Firmen, davon zu ca. einem Drittel für den Beigeladenen zu 1. Seine selbstbeschaffte professionelle HD-Kamera habe mit Zusatzausstattung einen Wert zwischen 12.000,00 EUR und 13.000,00 EUR. Mit ihr könne er bestimmte Spezialeffekte, die auch bei "E , T. & Co." benötigt würden, ausführen. Manchmal werde auch nur seine Kamera vom Beigeladenen zu 1 gebucht. Die Sendung "E , T & Co." habe er von Anfang an selbst mitentwickelt und werde deshalb vom Beigeladenen zu 1 auch weiterhin mit diesbezüglichen Aufträgen betraut. Er habe für diese Sendung einen eigenen Bildstil entwickelt, der nach Anweisung der Sendeanstalt auch bei der Weiterentwicklung der Sendereihe habe beibehalten werden sollen. Für den Beigeladenen zu 1 fertige er noch weitere Sendeaufträge. Ihm werde in der Regel das Projekt vorgegeben, wobei er dann selbstständig entscheide, wie er es umsetze. Bei "K l " bespreche er mit dem Redakteur der Sendung, wie die Aufnahmen umgesetzt würden. Ihm werde nur das Thema vorgegeben, die Umsetzung in Bildern obliege ihm selbst. Er entscheide insbesondere, welche Kamera er benutze, ob er aus dem Stativ heraus filme oder aus der Hand bzw. ob ein schneller Schnittwechsel erfolge.

Mit Urteil vom 16. November 2010 hat das SG der Klage stattgegeben und die Bescheide der Beklagten vom 1. Dezember 2008 und 22. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2009 aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger aufgrund seiner Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1 nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sei § 7 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Voraussetzung für das Vorliegen einer Beschäftigung sei nach der Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Dies sei bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Eine selbstständige Tätigkeit sei durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Es sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung für die Bewertung der Tätigkeit maßgebend. Unter Berücksichtigung aller Umstände der vertraglichen und tatsächlichen Verhältnisse sei davon auszugehen, dass der Kläger als Kameramann in keinem sozialversicherungspflichtigen Verhältnis zum Beigeladenen zu 1 stehe, sondern eine selbstständige Tätigkeit ausübe. Dafür spreche, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit stets selbst entscheiden könne, ob er Aufträge des Beigeladenen zu 1 annehme. Für eine selbstständige Tätigkeit spreche auch, dass der Kläger, wenn er einen bereits angenommenen Auftrag wieder absagen müsse, einen Ersatzmann stelle. Der Beigeladene zu 1 übe gegenüber dem Kläger kein Weisungsrecht aus. Er vergebe vielmehr an den Kläger die entsprechenden Aufträge, über deren Umsetzung mittels der Kamera der Kläger allein entscheide. Die Einzelheiten der Aufträge bespreche der Kläger auch nicht mit dem Beigeladenen zu 1, sondern mit dessen Auftraggebern. Auch dabei würden dem Kläger nur die Themen vorgegeben, direkte Anweisungen für die Kameraführung erhalte er nicht. Es sei außerdem zu berücksichtigen, dass er die Sendereihe "E , T & Co." aufgrund eines eigenen Bildstils mitentwickelt habe, den nunmehr auch andere an der Sendereihe mitwirkende Kameraleute umsetzen müssten. Der Kläger sei nicht überwiegend für den Beigeladenen zu 1 tätig. Er habe für seine Tätigkeit zudem eigenes Kapital in Form seiner professionellen HD-Kamera, auch für die genannte Sendereihe, eingesetzt. Er habe die Kamera auch an den Beigeladenen zu 1 verliehen. Das sei für einen Arbeitnehmer untypisch, der nicht in solchem Umfang eigene Arbeitsmittel anschaffe, ohne zu wissen, ob sich diese Anschaffung auch lohne.

Gegen das ihr am 20. Dezember 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. Januar 2011 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Auch wenn im Bereich der Filmproduktion durch Outsourcing besonders im Personalbereich Kosten eingespart würden, weshalb Filmproduktionsfirmen viele freie Mitarbeiter beschäftigten, sei für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung der tatsächliche Geschäftsinhalt und die Art der ausgeübten Tätigkeit entscheidend. Kameraleute wie der Kläger seien dem technischen Personal zuzuordnen, denen die organisatorischen Rahmenbedingungen vorgegeben würden. Sie würden daher auch von den Spitzenorganisationen der Sozialversicherung im sogenannten "Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen vom 05.07.2005" als nicht programmgestaltende Mitarbeiter und insoweit abhängig Beschäftigte angesehen. Eine entsprechende Einordnung habe auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgenommen. Dass unbestrittenermaßen die vom Kameramann gelieferten Bilder wesentlicher Faktor für das Gelingen und den Erfolg eines Films und die Versicherten hochqualifiziert seien, führe noch nicht zu einer programmgestaltenden Mitwirkung an der Verwirklichung des vom Auftraggeber und der Produktionsfirma vorgegebenen Konzepts i.S.d. Rechtsprechung des BVerfG. Kameraleuten, die bei der Verwirklichung des Programms mitwirkten, fehle es nämlich am hiernach erforderlichen inhaltlichen Einfluss. Kameraleute und auch Cutter hätten durch die technischen Möglichkeiten, die ihnen bei der Umsetzung eines Projekts zur Verfügung stünden, durchaus Einfluss auf die inhaltliche und ästhetische Gestaltung eines Films oder einer Sendung und setzten mit Phantasie und Kreativität die Vorstellungen des Regisseurs oder verantwortlichen Redakteurs im Rahmen ihrer eigenen gestalterischen Fähigkeiten um, so dass sie insoweit nicht letztlich ausführendes Organ, sondern selbst künstlerisch tätig seien. Der Kläger schulde als Kameramann aber lediglich das Tätigwerden als solcher und kein fertiges Werk, das er, wie im Rahmen eines Werkvertrags üblich, auf eigene Kosten und mit dem Risiko des Verlusts erstellen müsse. Er sei auch nicht, wie bei einem Werkvertrag üblich, den Gewährleistungsansprüchen der Produktionsfirma bei mangelhafter Erfüllung ausgesetzt, sondern werde nach einer vereinbarten Tagespauschale vergütet. Er trage damit kein Unternehmerrisiko. Dass die Beteiligten eine selbstständige Tätigkeit ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder bezahlten Urlaub hätten vereinbaren wollen, hebe die Beschäftigteneigenschaft nicht auf, da die gesetzlichen Mindestansprüche beim Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses unabdingbar seien. Die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber sei kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit, da das Gesetz selbst von der Möglichkeit der Ausübung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse ausgehe. Auch das In-Rechnung-Stellen von Überstunden sei für Selbstständige eher untypisch. Dass auch andere Kameraleute den vom Kläger für die Sendereihe "E , T & Co." entwickelten Bildstil mit umsetzen müssten, belege, dass grundsätzlich jeder Kameramann, der in einem Pool oder einem Team arbeite, stets nur hinsichtlich der technischen Umsetzung weisungsfrei sei, ansonsten aber in eine betriebliche Organisation derartig eingegliedert, dass er in jedem Fall den Vorstellungen des verantwortlichen Redakteurs oder seines Auftraggebers Folge zu leisten habe. Dass dieser von seinem Weisungsrecht nicht zwingend Gebrauch mache, ändere nichts an der bestehenden Rechtsmacht. Alles andere ginge an der Realität vorbei, da letztlich der Redakteur verantwortlich sei für das filmische Konzept. Etwas anderes könne allenfalls dann gelten, wenn ein bestimmter Kameramann wegen seiner künstlerischen Bildsprache ausdrücklich beauftragt werde. Hiervon könne aber bei einem Pool von verschiedenen Kameraleuten nicht ausgegangen werden. Vielmehr gehöre es zur Funktion des Redakteurs, trotz des Einsatzes unterschiedlicher Kameraleute für ein einheitliches Erscheinungsbild der Sendereihe zu sorgen. Schließlich sei noch auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 28. März 2012 – L 8 R 156/09 – verwiesen, das die Auffassung der Beklagten zu den für die Statusentscheidung von Kameraleuten rechtlich relevanten Tätigkeitsmerkmalen bestätige.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. November 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1 hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Der von der Beklagten angeführte "Abgrenzungskatalog" sei für die Entscheidung im Einzelfall irrelevant, wie sich auch aus dem Wortlaut der aktuellen Fassung von 2010 ergebe. Die Bezeichnung "Überstunden" in einzelnen Rechnungen sei irrtümlich erfolgt. Die Beauftragung des Klägers durch den Beigeladenen zu 1 wegen seiner künstlerischen Bildsprache und die diesbezügliche Umsetzungspflicht anderer Kameraleute seien weitere Indizien für die programmgestaltende Tätigkeit des Klägers. Diese folge auch daraus, dass der Kläger bei den Filmaufnahmen journalistisch tätig sei und mit den zu Filmenden Interviews führe. Zudem miete er des Öfteren bei eigener Haftung Technik des Beigeladenen zu 1 an, auch um Aufträge anderer Auftraggeber auszuführen. In Sinne einer selbstständigen Tätigkeit hätten daher das LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 29. Juni 2009 – L 4 R 167/09) und das SG Leipzig (Urteile vom 20. November 2011 – S 8 KR 374/09, vom 23. Mai 2012 – S 8 KR 13/10 und vom 24. April 2012 – S 8 KR 283/11), bei dem sogar eine Auftraggeberidentität vorgelegen habe, entschieden. Entsprechendes gelte für das Urteil des SG Berlin vom 10. April 2013 – S 211 KR 2004/09.

Der Beigeladene zu 1 beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beigeladene zu 2 und die mit Beschluss des LSG vom 19. März 2015 Beigeladene zu 4 haben sich nicht in der Sache geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 3 hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich den Ausführungen der Beklagten, insbesondere zum Abgrenzungskatalog vom 7. Juli 2005 angeschlossen. Dieser sei Bestandteil des "Gemeinsamen Rundschreibens der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung vom 05.07.2005 zum Gesetz der Förderung der Selbstständigkeit, Versicherungs-, Beitrags- und Melderechts".

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seine Vorgehensweise bei der Herstellung des Filmmaterials beispielsweise für die MDR-Sendereihe "E , T & Co." erklärt, er stelle für eine Sendung, die 25 Minuten dauere, ungefähr fünf Stunden Filmrohmaterial her. Dabei sei er mit weiteren technischen Mitarbeitern im Z unterwegs und bespreche mit den Tierpflegern, was und wo gefilmt werde. Er stelle den Tierpflegern auch Fragen, die diese dann beantworteten. Seine Fragen würden jedoch aus der fertigen Sendung herausgeschnitten, was am Format der Sendung liege. Die Autoren des MDR entschieden dann, welche Teile des Rohmaterials letztlich für die Sendung verwendet würden. Es gehe in der Sendereihe "E , T & Co." nicht um einen herkömmlichen Tierfilm, sondern vielmehr darum, den Alltag und die Arbeit der Tierpfleger im Z der jeweiligen Woche abzubilden. Vorgaben, welche Tiere und Vorgänge gefilmt würden, erhalte er daher im Wesentlichen nicht vom Sender, sondern vielmehr durch die vor Ort gemachten Angaben der Tierpfleger. Der Beigeladene zu 1 hat angegeben, er sei durchaus auch an der Durchführung der Sendung beteiligt. Wenn beispielweise Tiergeburten anstünden, deren Zeitpunkt gewöhnlich nicht vorhersehbar sei, baue er das gesamte Equipment für den Zeitraum auf. Anweisungen hierzu erhalte er vom Kläger.

Der Senat hat bei der Beklagten die vom Kläger dort mit Schreiben seines damaligen Bevollmächtigten vom 11. Februar 2010 vorgelegten Rechnungen, die er von Juli 2004 bis April 2009 gegenüber dem Beigeladenen zu 1 gestellt hat, nebst einer nach Monaten und Jahren aufgeschlüsselten Aufstellung der jeweiligen Rechnungsbeträge angefordert, beim Kläger eine Aufstellung seiner Gewinne "aus selbstständiger Tätigkeit gem. § 18 EStG als Kameramann" und bei der Künstlersozialkasse die dort der Beitragsberechnung zugrunde gelegten voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommen des Klägers.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten der Beklagten und sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Sie waren Gegenstand der Beratung. Im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und die vom Senat angeforderten Unterlagen, Bezug genommen und verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2009 und den Bescheid vom 22. Februar 2010, mit dem die Beklagte das Bestehen der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt hat und der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, aufgehoben. Mit dem letztgenannten Bescheid hat die Beklagte entsprechend der Rechtsprechung des BSG nicht nur – wie ursprünglich im Bescheid vom 1. Dezember 2008 – über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entschieden, sondern (auch) über die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (vgl. zum Gegenstand des Anfrageverfahrens und zur Unzulässigkeit einer Elementenfeststellung BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R – juris Rn. 14 ff., Urteil vom 4. Juni 2009 – B 12 R 6/08 R – juris Rn. 13 ff.).

Der Kläger stand jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten in den streitigen Zeiträumen nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Beigeladenen zu 1. Das SG hat daher zu Recht festgestellt, dass er aufgrund dieser Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Letzteres war hier nicht der Fall, deshalb hatte die Beklagte gemäß § 7a Abs. 2 SGB IV aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung eine Entscheidigung zu treffen.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist regelmäßig eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rn. 13, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rn. 15, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - juris Rn. 16). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. der selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend, und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R – juris Rn. 15; Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R - juris Rn. 25). Die Abgrenzung und Bewertung der klägerischen Tätigkeit hat dann am Maßstab der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu erfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R - juris Rn. 17).

Diese Kriterien sind grundsätzlich auch im Bereich Film, Funk und Fernsehen anwendbar (Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7 Rn. 196). Allerdings haben die Gerichte bei der Entscheidung darüber, ob die Rechtsbeziehungen zwischen den Rundfunkanstalten und ihren in der Programmgestaltung tätigen Mitarbeitern als Arbeitsverhältnisse einzuordnen sind, die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz [GG]) und das daraus resultierende Recht der Rundfunkanstalten zu beachten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte auch bei der Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der sog. programmgestaltenden Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen. Eine Beeinträchtigung kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Betracht, wenn die verfügbaren Vertragsgestaltungen - wie z.B. Teilzeitbeschäftigungs- oder Befristungsabreden - zur Sicherung der Aktualität und Flexibilität der Berichterstattung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht in gleicher Weise geeignet sind wie die Beschäftigung in freier Mitarbeit (u.a. BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 2000 - 1 BvR 491/93 - juris Rn. 27).

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass, auch wenn nach der genannten Rechtsprechung bei programmgestaltenden Mitarbeitern verfassungsrechtliche Erwägungen gegen ihre Einbeziehung in den Kreis der abhängig Beschäftigten der Sendeanstalten sprechen können (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21. Februar 2014 – L 1 KR 57/12 – juris Rn. 25), eine Anerkennung als selbstständige Tätigkeit keine Einordnung dieser Tätigkeit als programmgestaltende Mitarbeit voraussetzt. Für die Frage, ob der Kläger bezüglich der mit dem Beigeladenen zu 1 vereinbarten Tätigkeiten als Selbstständiger oder abhängig Beschäftigter zu beurteilen ist, sind vielmehr zunächst die Verhältnisse während der einzelnen Einsätze maßgeblich. Ergibt sich hieraus unter Beachtung obiger Grundsätze, dass eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, kann dahinstehen, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine programmgestaltende Tätigkeit handelt.

Vorliegend handelt es sich bei der aufgrund der Vereinbarungen des Klägers mit dem Beigeladenen zu 1 ausgeübten Tätigkeit des Klägers in den streitgegenständlichen Zeiträumen um eine selbstständige Tätigkeit, da die Umstände, die für eine solche sprechen, überwiegen.

Auszugehen ist zunächst von den zwischen Kläger und Beigeladenem zu 1 getroffenen Abreden. Diese wurden zwar lediglich mündlich vereinbart, jedoch folgt aus den übereinstimmenden Angaben des Klägers und Beigeladenen zu 1 und den im Februar 2010 an die Beklagte übersandten Rechnungen, dass dem Kläger für jeweils einen Drehtag ein Honorar von 230,00 EUR gezahlt wurde. Da der Kläger keine weiteren Leistungen erhielt und auch keine weiteren Vereinbarungen – etwa hinsichtlich Arbeitszeiten, Arbeitsort oder Vergütung auch für Krankheits- oder Urlaubszeiten getroffen wurden und der Kläger keine finanzielle Entschädigung erhielt, soweit Drehtage ausfielen oder verschoben wurden, ist davon auszugehen, dass Kläger und Beigeladener zu 1 eine selbstständige Tätigkeit vereinbaren wollten.

Allerdings ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht aus dem Gesetz und kann nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Deshalb ist für die Wertung einer Tätigkeit als (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 - B 12 KR 13/07 R - juris RdNr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17), von Bedeutung. Vorliegend ist der Senat jedoch nicht zu der Überzeugung gelangt, dass Kläger und Beigeladener zu 1 im Rahmen ihrer Vertragsgestaltungen zu Unrecht davon ausgingen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1 selbstständig war.

Von Bedeutung ist vor allem, dass der Kläger nicht in einen fremden Betrieb – weder in den des Beigeladenen zu 1 noch in den des jeweiligen Auftraggebers des Beigeladenen zu 1 – eingegliedert und dessen Abläufen unterworfen war. Dies ergibt sich insbesondere aus der von Kläger und Beigeladenem zu 1 im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderten Art und Weise der Erstellung des vom Kläger produzierten Filmmaterials, wonach sich der Kläger zur Erstellung des Film(roh)materials beispielsweise für eine Sendung der MDR-Reihe "E , T & Co." mit weiteren technischen Mitarbeitern im L Z aufhielt und unter Berücksichtigung der Angaben der Tierpfleger selbstständig und ohne Rücksprache mit dem Beigeladenen zu 1 oder dessen Auftraggeber entschied, an welchen Orten (im Z ) welche Inhalte gefilmt wurden. Dabei erstellte er nicht nur das filmische Rohmaterial, sondern lieferte auch die Tonspur, indem er den Tierpflegern Fragen stellte, die diese beantworteten. Zwar wurden die vom Kläger gestellten Fragen letztlich aus dem Rohmaterial herausgeschnitten, die Antworten der Tierpfleger blieben jedoch als (zusammenhängender) Bericht in der Sendung erhalten. Dies korrespondiert auch mit der Angabe des Klägers, dass es sich bei der Sendereihe "E , T & Co." nicht um einen herkömmlichen Tierfilm handelt, sondern es vielmehr darum geht, den Alltag und die Arbeit der Tierpfleger im Z in der jeweiligen Woche abzubilden. Somit nahmen weder Sender bzw. dessen verantwortlicher Redakteur oder Autor noch der Beigeladene zu 1 Einfluss darauf, welche Tiere und Vorgänge gefilmt wurden. Dies ergab sich vielmehr durch die jeweils vor Ort gemachten Angaben der Tierpfleger.

Hieraus folgt auch, dass der Kläger bei der Ausübung seiner Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1 im Wesentlichen weisungsfrei war. Der Beigeladene zu 1 stellte zwar teilweise technisches Equipment und war, soweit für dessen Bedienung erforderlich, ebenfalls vor Ort, erteilte jedoch dem Kläger keine Weisungen, sondern nutzte vielmehr das von ihm gestellte Equipment nach den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben des Klägers und Beigeladenen zu 1 entsprechend den Weisungen des Klägers. Hinzu kommt, dass der Kläger nicht nur die technische Ausstattung des Beigeladenen zu 1 nutzte, sondern teilweise auch seine professionelle HD-Kamera im Wert von ca. 12.000,00 EUR bis 13.000,00 EUR gegen ein gesondertes Entgelt (u.a.) an den Beigeladenen zu 1 vermietete.

Dass der Kläger ein Unternehmerrisiko in nur eingeschränktem Maße trug, da er ein festes Honorar für jeweils einen Drehtag (allerdings nur, soweit Drehtage nicht ausfielen oder verschoben wurden) erhielt und seine Arbeitskraft in der Regel nicht mit der Gefahr eines Verlustes einsetzte, wiegt demgegenüber nach Ansicht des Senates weniger schwer. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass der Kläger seine professionelle HD-Kamera im Wert von ca. 12.000,00 EUR bis 13.000,00 EUR gegen ein gesondertes Entgelt (auch) an den Beigeladenen zu 1 vermietet hat und (auch) insoweit unternehmerisch auf eigenes Risiko gehandelt hat.

Dass der Kläger gleichgelagerte Tätigkeiten, wie er sie für den Beigeladenen zu 1 ausübte hat, auch für andere Auftraggeber ausübte und deren Bewertung als abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, ist ohne ausschlaggebende Bedeutung für die Beantwortung der Frage, ob der Kläger beim Beigeladenen zu 1 abhängig beschäftigt war oder nicht. Denn für die Qualifizierung als (abhängige) Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ist immer nur das einzelne Auftragsverhältnis zu betrachten und die Beurteilung, ob eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, ist grundsätzlich getrennt für die jeweilige Tätigkeit vorzunehmen. So können hauptberuflich abhängig beschäftigte Arbeitnehmer neben ihrem Arbeitsverhältnis einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen, wie auch hauptberuflich Selbstständige neben ihrer selbstständigen Tätigkeit einer (Ne-ben-)Beschäftigung bei einem Arbeitgeber nachgehen können; Beschäftigte können für mehrere Auftraggeber (abhängig) beschäftigt tätig sein (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 16. Dezember 2014 - L 11 R 2387/13 - juris Rn. 38 und vom 21. Oktober 2014 - L 11 R 487/13 - juris Rn. 41 unter Hinweis auf Urteile vom 18. Juli 2013 - L 11 R 1083/12 - und vom 17. Januar 2012 - L 11 R 1138/10 -, jeweils juris). Der Umfang der jeweiligen Tätigkeitsanteile ist dabei nicht schon für die Frage nach einer (abhängigen) Beschäftigung relevant, sondern erlangt Bedeutung erst für die daran eventuell anknüpfende Frage, ob hieraus eine Versicherungs- und Beitragspflicht resultiert (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 31. Juli 2015 - L 1 KR 37/10 - juris Rn. 31). Dementsprechend ist nicht relevant, dass die Beklagte in einem früheren Statusfeststellungsverfahren die Tätigkeit des Klägers beim MDR als in der Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig qualifiziert und die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung indes wegen hauptberuflicher Selbstständigkeit verneint hat. Daher kommt es auf die vom SG herangezogene Erwägung, dass der Kläger für ca. zehn Auftraggeber tätig sei und im Jahr 2009 nur zu einem Drittel für den Beigeladenen zu 1, für die Abgrenzung nicht entscheidend an.

Soweit das SG als für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkt anführt, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit selbst entscheiden könne, ob er Aufträge des Beigeladenen zu 1 annehme oder ablehne, ist dies ebenfalls kein ausschlaggebender Gesichtspunkt. Dieses Ablehnungsrecht, von dem der Kläger nach seinen eigenen Angaben und denen des Beigeladenen zu 1 auch Gebrauch gemacht hat, kann ebenso wie die Möglichkeit, bereits übernommene Aufträge wieder zurückzugeben, nicht als Argument für eine selbstständige oder abhängige Tätigkeit gewertet werden. Das Recht, Arbeitsangebote abzulehnen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97- juris Rn. 20), folgt vielmehr daraus, dass für die Beurteilung allein auf die Ausgestaltung des einzelnen Einsatzes abzustellen ist.

Nach alledem ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass in dem streitgegenständlichen Zeitraum zwischen dem 7. Juni 2004 und dem 8. Mai 2005 und dem 2. Juli 2005 und dem 24. April 2009 nicht vom Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung des Klägers beim Beigeladenen zu 1 auszugehen ist, so dass auch keine Versicherungspflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. § 197a SGG findet keine Anwendung, da die kostenrechtliche Privilegierung des Klägers nach § 183 SGG sich auf alle Beteiligten – auch die kostenrechtlich nicht privilegierten – des Berufungsrechtszugs erstreckt (BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006 – B 2 U 391/05 B – juris Rn. 17).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Klotzbücher Schanzenbach Protz
Rechtskraft
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