Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 6 AS 5509/16 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 116/17 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Heizkosten für Brennstoffe sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in dem Monat zu übernehmen, in dem die Brennstoffe erworben werden (Anschluss an BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R, Rn. 14).
2. Für Energieträger, die im Bundesweiten Heizspiegel - eine Kommunaler Heizspiegel existiert nicht - nicht aufgeführt sind, liegt es nahe. die Werte der Spalte "zu hoch" für den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels zugrunde zu legen (Anschluss an BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12, Rn. 22 ff.)
2. Für Energieträger, die im Bundesweiten Heizspiegel - eine Kommunaler Heizspiegel existiert nicht - nicht aufgeführt sind, liegt es nahe. die Werte der Spalte "zu hoch" für den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels zugrunde zu legen (Anschluss an BSG, Urteil vom 12.06.2013 - B 14 AS 60/12, Rn. 22 ff.)
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 13. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für die Beschwerdeinstanz.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere um die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die 1973 geborene Antragstellerin slowakischer Abstammung und der 1967 geborene Antragsteller bewohnen ein Einfamilienhaus in der A-Straße in A ... Dieses 105 m² große Haus, welches sich auf einem 811 m² großen Grundstück befindet, im Jahr 2004 errichtet und in den Jahren 2013/2014 saniert wurde, stand zunächst im Eigentum des Antragstellers. Es verfügt über ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer sowie eine 43 m² große Küche und ein 22 m² großes Bad. Es wird über drei Kohleöfen mit Holz beheizt und die Warmwasserbereitung erfolgt mit Haushaltsstrom über einen Durchlauferhitzer. Seit dem Jahr 2015 wird die Zwangsversteigerung in das Grundstück durch die O ... Sparkasse B ... betrieben.
Die Antragsteller stehen seit September 2015 im laufenden Leistungsbezug beim Antragsgegner. Mit Bescheid vom 19.10.2015 wurden ihnen Leistungen nach dem SGB II einschließlich Heizkosten und Hausnebenkosten gewährt. Dabei bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 20.10.2015 Heizkosten in Höhe von 713,52 EUR, was nach seinen Arbeitshinweisen einer Angemessenheit für ein Jahr entspreche (monatlich Heizkosten – ohne Warmwasseraufbereitung in Höhe von 49,46 EUR, zuzüglich Warmwasseraufbereitung in Höhe von 10,00 EUR, insgesamt 59,46 EUR monatlich).
Die Antragstellerin bezieht eine monatliche Rente aus der Slowakei in Höhe von 158,40 EUR, worauf 16,05 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind.
Am 06.09.2016 fand die Zwangsversteigerung des Grundstückes A-Straße in A ... beim Amtsgericht Y ... statt. Aus der Terminsbestimmung des Amtsgerichts vom 17.05.2016 ergibt sich, dass es sich bei dem Grundstück um eine genehmigungslos mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaute ehemalige Waldfläche im Außenbereich gem. § 35 Baugesetzbuch (BauGB) handelt, deren Wohnnutzung bestandskräftig untersagt und mit einer amtlichen Rückbauverfügung belastet ist. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 06.09.2016 wurde der Grundbesitz X ... aus R ... zugeschlagen.
Nach einem daraufhin durch die Vermieterin X ... mit den Antragstellern geschlossenen Mietvertrag über das Objekt ab 01.09.2016 sollten diese 386,00 EUR monatlich Nettokaltmiete zahlen und Betriebs- sowie Heizkosten selbst tragen.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller vom 27.09.2016 bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.10.2016 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.10.2017 in Höhe von 615,65 EUR monatlich. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner nur die Regelbedarfe der Antragsteller abzüglich der durch die Antragstellerin bezogenen Rente in anrechenbarer Höhe von 112,35 EUR. Am 29.09.2016 reichten die Antragsteller zudem ein Angebot vom selben Tag über den Kauf von Brikettes in Höhe von 754,20 EUR ein. Kosten der Unterkunft sowie Heizkosten wurden vom Antragsgegner nicht übernommen, da die Antragsteller nicht zulässigerweise unter der genannten Anschrift wohnten. Dagegen legte die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 10.11.2016 Widerspruch ein. Die Antragsteller begehrten die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung. Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2016 zurück. Dagegen haben die Antragsteller Klage zum Sozialgericht Dresden (S 27 AS 286/17 B ER) erhoben.
Am 23.12.2016 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Dresden (SG) gestellt. Sie begehren die vorläufige Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mindestens für die Dauer von sechs Monaten. Die Antragsteller seien aufgrund des mit X ... geschlossenen Mietvertrages zur Zahlung der Miete verpflichtet. Diese hat wegen fehlender Mietzahlungen für September und Oktober 2016 bereits Mahnungen versandt. Davon unabhängig sei die Frage der ordnungsrechtlichen Nutzung der Unterkunft zu beurteilen. Weder der Antragsgegner noch das angerufene Gericht seien zuständig, in die Rolle einer Sonderordnungsbehörde zu schlüpfen und die Unterkunft unter diesem Aspekt zu bewerten. Die Unterkunft werde durch die Antragsteller tatsächlich genutzt und es bestehe ein wirksames Mietvertragsverhältnis. Im Übrigen sei fraglich, ob die Nutzungsuntersagung tatsächlich bestandskräftig sei. Die Antragsteller benötigten darüber hinaus dringend Kohlen, da ihre Reserven aufgebraucht seien.
Der Antragsgegner ist dem Begehren entgegengetreten. Ein wirksamer Mietvertrag mit X ... sei nicht zustande gekommen. Bereits aus der Terminsbestimmung des Amtsgerichts zur Zwangsversteigerung vom 17.05.2016 sei ersichtlich, dass es sich um ein mit einem genehmigungslos errichteten Haus im Außenbereich bebautes Grundstück handele und die Nutzung zu Wohnzwecken bestandskräftig untersagt sowie eine amtliche Rückbauverfügung verhängt worden sei. Daher sei der Mietvertrag ohne Datum, welcher bereits ab 01.09.2016 – und damit noch bevor das Grundstück an X ... zugeschlagen wurde – geschlossen worden sei, nichtig. Die Kosten der Unterkunft und Heizung, die auf einem Mietvertrag beruhten, der ein gesetzliches Verbot verletze, könnten nicht gewährt werden.
Hinsichtlich der beantragten Heizkosten haben die Antragsteller am 11.01.2017 ein weiteres Angebot für den Kauf von Brikettes in Höhe von 708,80 EUR vorgelegt.
Mit Beschluss vom 13.01.2017 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.06.2017 über die bislang bewilligten Leistungen nach dem SGB II hinaus vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache monatlich weitere 16,74 EUR Mehrbedarf zur Erwärmung des Wassers und für den Monat Januar 2017 Kosten für die Heizung in Höhe von 708,80 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag (hinsichtlich der Mietkosten) abgelehnt. Es bestünden Gründe für die Annahme, dass der Mietvertrag sittenwidrig und damit nichtig sei, § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Im Rahmen einer Folgenabwägung werde davon ausgegangen, dass die Vermieterin die ausstehenden Mietzahlungen durch Klage vor dem Amtsgericht durchsetzen müsse, die bisher nicht erhoben sei. Insoweit bestehe auch mangels Vorliegen einer Räumungsklage keine akute Notlage. Hingegen seien der Mehrbedarf für Wassererwärmung sowie die Heizkosten vom Antragsgegner zu übernehmen. Solange die Räumung des Hauses durch die Bauordnungsbehörde nicht betrieben werde, müsse sichergestellt werden, dass der grundlegende Bedarf der Antragsteller gedeckt sei.
Am 25.01.2017 haben die Antragsteller beim SG einen Vollstreckungsantrag gem. § 201 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt. Bereits am 24.01.2017 hat der Beklagte die Auszahlung von 304,74 EUR (anteilige Heizkosten ausgehend von nach seinen Arbeitshinweisen anerkennungsfähigen 50,79 EUR pro Monat für sechs Monate) veranlasst.
Gegen den dem Antragsgegner am 19.01.2017 zugegangenen Beschluss hat dieser am 26.01.2017 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt und beantragt, den Beschluss des SG vom 13.01.2017 aufzuheben, soweit dieser für den Monat Januar 2017 den Betrag von 304,74 EUR für Kosten der Heizung übersteigt. Darüber hinaus hat der Antragsgegner beantragt, die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG auszusetzen, soweit dieser für den Monat Januar 2017 den Betrag von 304,74 EUR für Kosten der Heizung übersteigt. Der Antragsgegner erachte allenfalls Heizkosten in Höhe von 304,74 EUR als angemessen. Damit seien entsprechend seiner Arbeitshinweise die Heizkosten für ein halbes Jahr abgedeckt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin vom 30.01.2017, dass Zweifel an der Statthaftigkeit der Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG bestünden, hat der Antragsgegner seinen Antrag am 07.02.2017 abgeändert. Er wende sich insgesamt gegen die Bewilligung des Mehrbedarfes und der Heizkosten für die Antragsteller. Die 304,74 EUR seien lediglich in Vollziehung des Beschlusses des SG vom 13.01.2017 ausgezahlt worden.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 13.01.2017 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.
Die Antragsteller wurden angehört, haben aber keinen Antrag gestellt.
Dem Senat lagen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners (Band II) vor.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist überwiegend unbegründet. Das SG hat zu Recht die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Heizkosten und des Mehrbedarfs zur Warmwassererwärmung für die Zeit vom 01.01.2017 bis längstens 30.06.2017 vorläufig angeordnet.
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG vom 13.01.2017 ist zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft. Gegen Entscheidungen der Sozialgerichte findet gemäß § 172 Abs. 1 SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes lag mit dem zunächst am 26.01.2017 gestellten Antrag nicht über den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bestimmten 750,00 EUR. Der Antragsgegner hatte bereits 304,74 EUR Heizkosten und den Mehrbedarf in Höhe von 16,74 EUR für den Monat Januar 2017 an die Antragsteller ausgezahlt. Damit beschränkte sich die Beschwer zunächst auf die Differenz zu den mit Beschluss zur Zahlung verpflichteten 708,80 EUR, also 404,06 EUR. Im Übrigen war der Beschluss nicht angegriffen worden.
Mit der Antragsänderung im Schreiben vom 07.02.2017 hat der Antragsgegner jedoch noch innerhalb der einmonatigen Frist des § 173 Satz 1, 2 SGG seinen Antrag dahingehend umgestellt, dass der gesamte Beschluss des SG aufgehoben werden sollte. Er habe die 304,74 EUR nur in Vollziehung des Beschlusses des SG an die Antragsteller ausgezahlt. Die Beschwer liegt daher bei 809,24 EUR und damit über 750,00 EUR.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach summarischer Prüfung unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
a) Da die Antragsteller keine Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt haben, ist Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich, ob das SG den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu Recht verpflichtet hat, den Antragstellern monatlich weitere 16,74 EUR Mehrbedarf zur Erwärmung des Wassers und Kosten für die Heizung in Höhe von 708,80 EUR zu zahlen.
b) Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG auf vorläufige Bewilligung von Heizkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II und für einen Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung mittels Durchlauferhitzer nach § 21 Abs. 7 SGB II glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigt. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie sind erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie sind auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Der Antragsgegner hat den Antragstellern daher zu Recht mit Bescheid vom 11.10.2016 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
Ihnen steht ein Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Heizkosten zu. Die Antragsteller bewohnen tatsächlich das Haus in der A-Straße in A ... Insofern sind dementsprechend auch die dafür erforderlichen und angemessenen Heizkosten als notwendiger Bedarf anzuerkennen. Ob insoweit eine Verpflichtung der Antragsteller zur Räumung des Hauses wegen ordnungspolizeilicher Anordnungen besteht, spielt für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II keine Rolle, solange sie das Haus tatsächlich bewohnen. Denn dabei kommt es nur auf die tatsächlich bewohnte Unterkunft an. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des SG vom 13.01.2017 Bezug genommen.
aa) Die Heizkosten sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Unter § 22 Abs. 1 SGB II fallen nicht nur laufende Kosten, sondern auch einmalige ohne Beschränkung auf Pauschalen für den jeweiligen Monat (BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R, Rn. 9, 16). Nach der Rechtsprechung des BSG fällt Bedarf für den Erwerb von Brennstoffen in dem Zeitpunkt an, in dem sie erworben werden (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R, Rn 14).
Die angemessenen Heizkosten sind, da kommunale Heizspiegel nicht existieren, nach dem Bundesweiten Heizspiegel zu ermitteln. Das BSG hat mit Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R, Rn. 22 ff. entschieden:
Tenor:
"Der Senat hat ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten ‚Kommunalen Heizspiegeln‘ bzw dem ‚Bundesweiten Heizspiegel‘ entnimmt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen‘, folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden (‚im Regelfall‘). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte ‚zu hoch‘ für Erdgas des ‚Bundesweiten Heizspiegels‘, der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden." Da die von den Antragstellern begehrten Heizkosten den sich aus dem bundesweiten Heizspiegel 2016 für ein Jahr ergebenden Heizkosten nicht über-, sondern deutlich unterschritten (60 m2 x 23,00 EUR/m2 = 1.380,00 EUR), ist es jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden, den Antragstellern die begehrten 708,80 EUR vorläufig zu bewilligen. Zudem entsprechen die Heizkosten den vom Beklagten mit Bescheid vom 20.10.2015 gewährten Heizkosten (713,52 EUR).
bb) Die Antragsteller haben ebenfalls einen Anspruch auf Zahlung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II in Höhe von 16,74 EUR. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird. Das ist vorliegend der Fall. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils 2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs. Die Antragsteller sind Partner einer Bedarfsgemeinschaft und haben daher ab 01.01.2017 einen Regelbedarf in Höhe von 368,00 EUR. Somit beträgt der Mehrbedarf für Warmwassererzeugung monatlich 8,46 EUR pro Person, mithin 16,92 EUR. Da das SG den Antragsgegner zur Zahlung eines Mehrbedarfs von monatlich 16,74 EUR verpflichtet hat, ist der Antragsgegner jedenfalls nicht beschwert.
c) Zu Recht hat das SG einen Anordnungsgrund bejaht. Ein solcher besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können, oder gegenwärtige schwere unzumutbare rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenslage des Betroffenen – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessenslage des Antragsgegners und der Allgemeinheit – muss es unzumutbar erscheinen lassen, den Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Ge-richt über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeit-punkt der Beschwerdeentscheidung. Von diesem Grundsatz ist dann eine Ausnahme zu machen, wenn sich die Behörde wegen der in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verankerten Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht verhält und gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG die einstweilige Anordnung des SG unmittelbar nach ihrem Erlass umsetzt und vorläufig Leistungen gewährt. Es würde in einem solchen Falle gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch analog), keine Ausnahme von dem o.g. Grundsatz zuzulassen. Vielmehr ist in einem derartigen Falle lediglich die Rechtmäßigkeit der Bejahung eines Anordnungsgrundes durch das SG zu prüfen. Im erstinstanzlichen Verfahren beurteilt sich in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung.
Bei den Antragstellern war im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung von einer drohenden Gefahr auszugehen, denn sie hatten durch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 11.01.2017 glaubhaft gemacht, dass Kohlen für die Beheizung des Hauses nicht mehr zur Verfügung standen und sie nicht über finanzielle Mittel zum Erwerb solcher verfügten. Die letzten Reserven waren bereits aufgebraucht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Dr. Anders Weinholtz Wagner
2. Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller für die Beschwerdeinstanz.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), insbesondere um die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung.
Die 1973 geborene Antragstellerin slowakischer Abstammung und der 1967 geborene Antragsteller bewohnen ein Einfamilienhaus in der A-Straße in A ... Dieses 105 m² große Haus, welches sich auf einem 811 m² großen Grundstück befindet, im Jahr 2004 errichtet und in den Jahren 2013/2014 saniert wurde, stand zunächst im Eigentum des Antragstellers. Es verfügt über ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer sowie eine 43 m² große Küche und ein 22 m² großes Bad. Es wird über drei Kohleöfen mit Holz beheizt und die Warmwasserbereitung erfolgt mit Haushaltsstrom über einen Durchlauferhitzer. Seit dem Jahr 2015 wird die Zwangsversteigerung in das Grundstück durch die O ... Sparkasse B ... betrieben.
Die Antragsteller stehen seit September 2015 im laufenden Leistungsbezug beim Antragsgegner. Mit Bescheid vom 19.10.2015 wurden ihnen Leistungen nach dem SGB II einschließlich Heizkosten und Hausnebenkosten gewährt. Dabei bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 20.10.2015 Heizkosten in Höhe von 713,52 EUR, was nach seinen Arbeitshinweisen einer Angemessenheit für ein Jahr entspreche (monatlich Heizkosten – ohne Warmwasseraufbereitung in Höhe von 49,46 EUR, zuzüglich Warmwasseraufbereitung in Höhe von 10,00 EUR, insgesamt 59,46 EUR monatlich).
Die Antragstellerin bezieht eine monatliche Rente aus der Slowakei in Höhe von 158,40 EUR, worauf 16,05 EUR Kranken- und Pflegeversicherung zu zahlen sind.
Am 06.09.2016 fand die Zwangsversteigerung des Grundstückes A-Straße in A ... beim Amtsgericht Y ... statt. Aus der Terminsbestimmung des Amtsgerichts vom 17.05.2016 ergibt sich, dass es sich bei dem Grundstück um eine genehmigungslos mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaute ehemalige Waldfläche im Außenbereich gem. § 35 Baugesetzbuch (BauGB) handelt, deren Wohnnutzung bestandskräftig untersagt und mit einer amtlichen Rückbauverfügung belastet ist. Mit Beschluss des Amtsgerichts vom 06.09.2016 wurde der Grundbesitz X ... aus R ... zugeschlagen.
Nach einem daraufhin durch die Vermieterin X ... mit den Antragstellern geschlossenen Mietvertrag über das Objekt ab 01.09.2016 sollten diese 386,00 EUR monatlich Nettokaltmiete zahlen und Betriebs- sowie Heizkosten selbst tragen.
Auf den Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller vom 27.09.2016 bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 11.10.2016 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.11.2016 bis 31.10.2017 in Höhe von 615,65 EUR monatlich. Dabei berücksichtigte der Antragsgegner nur die Regelbedarfe der Antragsteller abzüglich der durch die Antragstellerin bezogenen Rente in anrechenbarer Höhe von 112,35 EUR. Am 29.09.2016 reichten die Antragsteller zudem ein Angebot vom selben Tag über den Kauf von Brikettes in Höhe von 754,20 EUR ein. Kosten der Unterkunft sowie Heizkosten wurden vom Antragsgegner nicht übernommen, da die Antragsteller nicht zulässigerweise unter der genannten Anschrift wohnten. Dagegen legte die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller am 10.11.2016 Widerspruch ein. Die Antragsteller begehrten die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung. Den Widerspruch wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 21.12.2016 zurück. Dagegen haben die Antragsteller Klage zum Sozialgericht Dresden (S 27 AS 286/17 B ER) erhoben.
Am 23.12.2016 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Dresden (SG) gestellt. Sie begehren die vorläufige Gewährung der Kosten für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe bis zur Entscheidung in der Hauptsache, mindestens für die Dauer von sechs Monaten. Die Antragsteller seien aufgrund des mit X ... geschlossenen Mietvertrages zur Zahlung der Miete verpflichtet. Diese hat wegen fehlender Mietzahlungen für September und Oktober 2016 bereits Mahnungen versandt. Davon unabhängig sei die Frage der ordnungsrechtlichen Nutzung der Unterkunft zu beurteilen. Weder der Antragsgegner noch das angerufene Gericht seien zuständig, in die Rolle einer Sonderordnungsbehörde zu schlüpfen und die Unterkunft unter diesem Aspekt zu bewerten. Die Unterkunft werde durch die Antragsteller tatsächlich genutzt und es bestehe ein wirksames Mietvertragsverhältnis. Im Übrigen sei fraglich, ob die Nutzungsuntersagung tatsächlich bestandskräftig sei. Die Antragsteller benötigten darüber hinaus dringend Kohlen, da ihre Reserven aufgebraucht seien.
Der Antragsgegner ist dem Begehren entgegengetreten. Ein wirksamer Mietvertrag mit X ... sei nicht zustande gekommen. Bereits aus der Terminsbestimmung des Amtsgerichts zur Zwangsversteigerung vom 17.05.2016 sei ersichtlich, dass es sich um ein mit einem genehmigungslos errichteten Haus im Außenbereich bebautes Grundstück handele und die Nutzung zu Wohnzwecken bestandskräftig untersagt sowie eine amtliche Rückbauverfügung verhängt worden sei. Daher sei der Mietvertrag ohne Datum, welcher bereits ab 01.09.2016 – und damit noch bevor das Grundstück an X ... zugeschlagen wurde – geschlossen worden sei, nichtig. Die Kosten der Unterkunft und Heizung, die auf einem Mietvertrag beruhten, der ein gesetzliches Verbot verletze, könnten nicht gewährt werden.
Hinsichtlich der beantragten Heizkosten haben die Antragsteller am 11.01.2017 ein weiteres Angebot für den Kauf von Brikettes in Höhe von 708,80 EUR vorgelegt.
Mit Beschluss vom 13.01.2017 hat das SG den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 30.06.2017 über die bislang bewilligten Leistungen nach dem SGB II hinaus vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache monatlich weitere 16,74 EUR Mehrbedarf zur Erwärmung des Wassers und für den Monat Januar 2017 Kosten für die Heizung in Höhe von 708,80 EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag (hinsichtlich der Mietkosten) abgelehnt. Es bestünden Gründe für die Annahme, dass der Mietvertrag sittenwidrig und damit nichtig sei, § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Im Rahmen einer Folgenabwägung werde davon ausgegangen, dass die Vermieterin die ausstehenden Mietzahlungen durch Klage vor dem Amtsgericht durchsetzen müsse, die bisher nicht erhoben sei. Insoweit bestehe auch mangels Vorliegen einer Räumungsklage keine akute Notlage. Hingegen seien der Mehrbedarf für Wassererwärmung sowie die Heizkosten vom Antragsgegner zu übernehmen. Solange die Räumung des Hauses durch die Bauordnungsbehörde nicht betrieben werde, müsse sichergestellt werden, dass der grundlegende Bedarf der Antragsteller gedeckt sei.
Am 25.01.2017 haben die Antragsteller beim SG einen Vollstreckungsantrag gem. § 201 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gestellt. Bereits am 24.01.2017 hat der Beklagte die Auszahlung von 304,74 EUR (anteilige Heizkosten ausgehend von nach seinen Arbeitshinweisen anerkennungsfähigen 50,79 EUR pro Monat für sechs Monate) veranlasst.
Gegen den dem Antragsgegner am 19.01.2017 zugegangenen Beschluss hat dieser am 26.01.2017 Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt und beantragt, den Beschluss des SG vom 13.01.2017 aufzuheben, soweit dieser für den Monat Januar 2017 den Betrag von 304,74 EUR für Kosten der Heizung übersteigt. Darüber hinaus hat der Antragsgegner beantragt, die Vollstreckung aus dem Beschluss des SG auszusetzen, soweit dieser für den Monat Januar 2017 den Betrag von 304,74 EUR für Kosten der Heizung übersteigt. Der Antragsgegner erachte allenfalls Heizkosten in Höhe von 304,74 EUR als angemessen. Damit seien entsprechend seiner Arbeitshinweise die Heizkosten für ein halbes Jahr abgedeckt.
Auf den Hinweis der Berichterstatterin vom 30.01.2017, dass Zweifel an der Statthaftigkeit der Beschwerde gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG bestünden, hat der Antragsgegner seinen Antrag am 07.02.2017 abgeändert. Er wende sich insgesamt gegen die Bewilligung des Mehrbedarfes und der Heizkosten für die Antragsteller. Die 304,74 EUR seien lediglich in Vollziehung des Beschlusses des SG vom 13.01.2017 ausgezahlt worden.
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 13.01.2017 aufzuheben und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen.
Die Antragsteller wurden angehört, haben aber keinen Antrag gestellt.
Dem Senat lagen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners (Band II) vor.
II.
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist überwiegend unbegründet. Das SG hat zu Recht die Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Heizkosten und des Mehrbedarfs zur Warmwassererwärmung für die Zeit vom 01.01.2017 bis längstens 30.06.2017 vorläufig angeordnet.
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des SG vom 13.01.2017 ist zulässig.
Die Beschwerde ist statthaft. Gegen Entscheidungen der Sozialgerichte findet gemäß § 172 Abs. 1 SGG die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Die Beschwerde ist nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes lag mit dem zunächst am 26.01.2017 gestellten Antrag nicht über den in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bestimmten 750,00 EUR. Der Antragsgegner hatte bereits 304,74 EUR Heizkosten und den Mehrbedarf in Höhe von 16,74 EUR für den Monat Januar 2017 an die Antragsteller ausgezahlt. Damit beschränkte sich die Beschwer zunächst auf die Differenz zu den mit Beschluss zur Zahlung verpflichteten 708,80 EUR, also 404,06 EUR. Im Übrigen war der Beschluss nicht angegriffen worden.
Mit der Antragsänderung im Schreiben vom 07.02.2017 hat der Antragsgegner jedoch noch innerhalb der einmonatigen Frist des § 173 Satz 1, 2 SGG seinen Antrag dahingehend umgestellt, dass der gesamte Beschluss des SG aufgehoben werden sollte. Er habe die 304,74 EUR nur in Vollziehung des Beschlusses des SG an die Antragsteller ausgezahlt. Die Beschwer liegt daher bei 809,24 EUR und damit über 750,00 EUR.
2. Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach summarischer Prüfung unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 S. 2 SGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt grundsätzlich voraus, dass der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht, § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO).
a) Da die Antragsteller keine Beschwerde gegen den Beschluss des SG eingelegt haben, ist Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich, ob das SG den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtschutzes zu Recht verpflichtet hat, den Antragstellern monatlich weitere 16,74 EUR Mehrbedarf zur Erwärmung des Wassers und Kosten für die Heizung in Höhe von 708,80 EUR zu zahlen.
b) Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG auf vorläufige Bewilligung von Heizkosten nach § 22 Abs. 1 SGB II und für einen Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung mittels Durchlauferhitzer nach § 21 Abs. 7 SGB II glaubhaft gemacht.
Die Antragsteller sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich leistungsberechtigt. Sie haben das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), sie sind erwerbsfähig im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB II (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II), sie haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II) und sie sind auch hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II). Der Antragsgegner hat den Antragstellern daher zu Recht mit Bescheid vom 11.10.2016 Leistungen nach dem SGB II bewilligt.
Ihnen steht ein Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Heizkosten zu. Die Antragsteller bewohnen tatsächlich das Haus in der A-Straße in A ... Insofern sind dementsprechend auch die dafür erforderlichen und angemessenen Heizkosten als notwendiger Bedarf anzuerkennen. Ob insoweit eine Verpflichtung der Antragsteller zur Räumung des Hauses wegen ordnungspolizeilicher Anordnungen besteht, spielt für die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II keine Rolle, solange sie das Haus tatsächlich bewohnen. Denn dabei kommt es nur auf die tatsächlich bewohnte Unterkunft an. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des SG vom 13.01.2017 Bezug genommen.
aa) Die Heizkosten sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB II in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, soweit diese angemessen sind. Unter § 22 Abs. 1 SGB II fallen nicht nur laufende Kosten, sondern auch einmalige ohne Beschränkung auf Pauschalen für den jeweiligen Monat (BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R, Rn. 9, 16). Nach der Rechtsprechung des BSG fällt Bedarf für den Erwerb von Brennstoffen in dem Zeitpunkt an, in dem sie erworben werden (BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R, Rn 14).
Die angemessenen Heizkosten sind, da kommunale Heizspiegel nicht existieren, nach dem Bundesweiten Heizspiegel zu ermitteln. Das BSG hat mit Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 60/12 R, Rn. 22 ff. entschieden:
Tenor:
"Der Senat hat ausgeführt, dass regelmäßig dann von unangemessen hohen Heizkosten auszugehen ist, wenn bestimmte, von den Vorinstanzen in Bezug genommenen Grenzwerte überschritten werden, die der Senat den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten ‚Kommunalen Heizspiegeln‘ bzw dem ‚Bundesweiten Heizspiegel‘ entnimmt (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 21). Dem hat sich der 4. Senat angeschlossen (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 70/08 R - Juris RdNr 19). Dem Grenzwert aus einem (bundesweiten oder kommunalen) Heizkostenspiegel kommt nicht die Funktion einer Quadratmeterhöchstgrenze zu mit der Folge, dass bei unangemessen hohen Heizkosten die Aufwendungen für Heizung bis zu dieser Höhe, aber nur diese übernommen werden müssten. Auch diesem Wert liegt nämlich keine Auswertung von Daten zugrunde, die den Schluss zuließe, es handele sich insoweit um angemessene Kosten. Soweit der Senat (Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22) formuliert hat, der Grundsicherungsempfänger könne im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen‘, folgt hieraus nichts anderes. Wie sich bereits aus dieser Entscheidung des Senats ergibt, markiert der Grenzwert nicht angemessene Heizkosten, sondern gibt einen Hinweis darauf, dass von unangemessenen Heizkosten auszugehen ist; das Überschreiten des Grenzwertes kann lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden (‚im Regelfall‘). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass es dem hilfebedürftigen Leistungsempfänger obliegt vorzutragen, warum seine Aufwendungen gleichwohl als angemessen anzusehen sind (aaO RdNr 23). Insofern führt das Überschreiten des Grenzwertes zu einem Anscheinsbeweis zu Lasten des hilfebedürftigen Leistungsempfängers dahin, dass von unangemessen hohen Kosten auszugehen ist. Lässt sich nicht feststellen, dass im Einzelfall höhere Aufwendungen gleichwohl angemessen sind, treffen ihn die Folgen im Sinne der materiellen Beweislast. Dieser Grenzwert errechnet sich - wie der Senat bereits entschieden hat - aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (dagegen nicht aus der Wohnfläche der konkret innegehabten Wohnung, vgl im Einzelnen BSG aaO RdNr 20) und - weil vorliegend ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den entsprechenden Werten der Spalte ‚zu hoch‘ für Erdgas des ‚Bundesweiten Heizspiegels‘, der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier der Heizspiegel 2010). Da eine Absenkung auch bei Überschreiten des Grenzwertes nur aufgrund einer Angemessenheitsprüfung im Einzelfall erfolgen kann und sich die in Folge dieser Einzelfallprüfung zu zahlenden Heizkosten ohnehin nicht aus dem Heizspiegel (im Sinne eines abstrakt angemessenen Quadratmeterhöchstwerts) ergeben, kommt den Werten des Heizkostenspiegels aus späteren Jahren keine Bedeutung zu. Schließlich liegt nahe, für Energieträger, die im Heizspiegel nicht gesondert aufgeführt sind (Strom, Holz, Solarenergie oä), den jeweils kostenaufwändigsten Energieträger des Heizspiegels vergleichend zugrunde zu legen. Auch dies ist abschließend aber nicht zu entscheiden." Da die von den Antragstellern begehrten Heizkosten den sich aus dem bundesweiten Heizspiegel 2016 für ein Jahr ergebenden Heizkosten nicht über-, sondern deutlich unterschritten (60 m2 x 23,00 EUR/m2 = 1.380,00 EUR), ist es jedenfalls nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden, den Antragstellern die begehrten 708,80 EUR vorläufig zu bewilligen. Zudem entsprechen die Heizkosten den vom Beklagten mit Bescheid vom 20.10.2015 gewährten Heizkosten (713,52 EUR).
bb) Die Antragsteller haben ebenfalls einen Anspruch auf Zahlung des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II in Höhe von 16,74 EUR. Danach wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird. Das ist vorliegend der Fall. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils 2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs. Die Antragsteller sind Partner einer Bedarfsgemeinschaft und haben daher ab 01.01.2017 einen Regelbedarf in Höhe von 368,00 EUR. Somit beträgt der Mehrbedarf für Warmwassererzeugung monatlich 8,46 EUR pro Person, mithin 16,92 EUR. Da das SG den Antragsgegner zur Zahlung eines Mehrbedarfs von monatlich 16,74 EUR verpflichtet hat, ist der Antragsgegner jedenfalls nicht beschwert.
c) Zu Recht hat das SG einen Anordnungsgrund bejaht. Ein solcher besteht, wenn der Betroffene bei Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache Gefahr laufen würde, seine Rechte nicht mehr realisieren zu können, oder gegenwärtige schwere unzumutbare rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erlitte. Die individuelle Interessenslage des Betroffenen – unter Umständen auch unter Berücksichtigung der Interessenslage des Antragsgegners und der Allgemeinheit – muss es unzumutbar erscheinen lassen, den Betroffenen zur Durchsetzung seines Anspruchs auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen.
In einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren beurteilt sich das Vorliegen eines Anordnungsgrundes grundsätzlich nach dem Zeitpunkt, in dem das Ge-richt über den Antrag entscheidet. Im Beschwerdeverfahren ist dies grundsätzlich der Zeit-punkt der Beschwerdeentscheidung. Von diesem Grundsatz ist dann eine Ausnahme zu machen, wenn sich die Behörde wegen der in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verankerten Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht verhält und gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 SGG die einstweilige Anordnung des SG unmittelbar nach ihrem Erlass umsetzt und vorläufig Leistungen gewährt. Es würde in einem solchen Falle gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch analog), keine Ausnahme von dem o.g. Grundsatz zuzulassen. Vielmehr ist in einem derartigen Falle lediglich die Rechtmäßigkeit der Bejahung eines Anordnungsgrundes durch das SG zu prüfen. Im erstinstanzlichen Verfahren beurteilt sich in einem auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten Verfahren das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung.
Bei den Antragstellern war im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung von einer drohenden Gefahr auszugehen, denn sie hatten durch die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vom 11.01.2017 glaubhaft gemacht, dass Kohlen für die Beheizung des Hauses nicht mehr zur Verfügung standen und sie nicht über finanzielle Mittel zum Erwerb solcher verfügten. Die letzten Reserven waren bereits aufgebraucht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Dr. Anders Weinholtz Wagner
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